Monitor Digitale Verwaltung #5 - Nationaler Normenkontrollrat ...
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Wozu dieser Monitor? Bei der Digitalisierung seiner Verwaltung hängt Deutschland hinterher. Im Digital Economy and Society Index der EU, aber auch in anderen Rankings, belegt Deutschland seit Jahren hintere Plätze1. Was anfänglich ggf. le- diglich als „statistische Peinlichkeit“ angesehen wurde, ist zwischenzeitlich zu einer veritablen Herausforderung geworden. Maßstäbe setzten nicht nur andere Staaten. Vor allem die Nutzererfahrung im privatwirtschaftlichen Bereich unterscheidet sich zunehmend von der im öffentlichen Sektor. Schließlich führt die Corona-Krise allen vor Augen, wie groß die strukturellen Defizite sind und wie sehr die Handlungs- und Zukunftsfähigkeit unseres Landes von der Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Hand abhängen. In den letzten Jahren hat in der Politik das Problembewusstsein zugenommen. Das zum Ende der letzten Legis- laturperiode verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Bund, Länder und Gemeinden, bis Ende des Jahres 2022 „ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten“ und diese „mit- einander zu einem Portalverbund zu verknüpfen“. Bis 2023 muss dies für die wichtigsten Leistungen sogar euro- paweit geschehen (Single Digital Gateway Verordnung der EU). Zuletzt hat der Bund zusätzliche 3 Mrd. Euro für die Umsetzung des OZG bereitgestellt. Die Voraussetzungen, bis zum Ende der OZG-Umsetzungsfrist spürbare Erfolge bei der Verwaltungsdigitalisie- rung zu erzielen, sind besser als jemals zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. Trotz großer Motivation und hohen Engagements der Beteiligten ist der Erfolg aber nach wie vor ungewiss. Viele der eingeleiteten Maß- nahmen hat der NKR in den letzten Jahren wiederholt eingefordert und detailliert beschrieben 2. Es ist ihm des- halb ein wichtiges Anliegen, die Umsetzung eng zu begleiten und den Umsetzungsstand regelmäßig zu bewerten. Der Monitor Digitale Verwaltung fasst diese Beobachtungen zusammen und wird regelmäßig aktualisiert. Von der nächsten Krise eingeholt Deutschland tut sich schwer, die Digitalisierung im öffentlichen Sektor voranzutreiben. Schon die Flüchtlings- krise hatte die Dringlichkeit aufgezeigt. Noch schonungsloser deckt aber die aktuelle Krise auf, wieviel Nachhol- bedarf tatsächlich noch besteht. Deutschland ist „mütend“ – müde und wütend, sowohl mit Blick auf die Krisen- bewältigung als auch auf die Langsamkeit des Struktur- und Kulturwandels im öffentlichen Sektor. Das zehrt am Selbstbild und am Vertrauen in Staat und Politik. Angesichts der doppelten Systemrelevanz, die eine moderne, digitale Verwaltung für Krisenbewältigung und Politikvertrauen hat, stellt sich die Frage, was strategisch getan werden muss, um die Modernisierungsfähigkeit der öffentlichen Hand substantiell zu stärken. Deutschland sucht nicht nur seinen Impfpass, sondern auch nach Ansätzen, wie es Abläufe vereinfachen und Entwicklungen be- schleunigen kann. Die OZG-Umsetzung könnte einen Beitrag leisten, kämpft aber selbst mit den eigenen Kom- plexitätsproblemen. Hinkt hinterher 94 Schulunterricht 79 Verwaltung 50 Gut aufgestellt 4 Gesundheitsbereich 44 keine Angabe 2 Arbeitswelt 37 0 20 40 60 80 100 % 0 20 40 60 80 100 % Abb. 1a3: Frage 2020: „Wenn Sie an den Stand der Digi- Abb. 1b: Frage 2020: „Wo in welchem Bereich hat die talisierung in Deutschland denken: Wie ist es im staatli- Corona-Krise vor allem Nachholbedarf bei der Digitali- chen Bereich, z.B. bei Ämtern, Behörden oder generell sierung aufgezeigt? im öffentlichen Dienst?“ 1 Eine Darstellung der einschlägigen Indizes und E-Government-Rankings findet sich auf Seite 20f. dieses Dokuments. 2 Eine Übersicht der Veröffentlichungen des NKR findet sich auf Seite 22 dieses Dokuments. 3 Eigene Darstellung NKR, Daten aus European Center for Digital Competitiveness 2021, Digitalreport 2021, Berlin, S. 13 und 17. 1
Deutschland muss einfacher werden Die Pandemie hat das Land noch immer fest im Griff. Zwar sind Erleichterungen absehbar, doch noch herrscht Krisenstimmung. Ein ungutes Gefühl hat sich einge- Deutschland ist unzu- stellt. Von Infektionswelle zu Infektionswelle schwand das Vertrauen, dass Staat und Verwaltung in der Lage sind, schnell, konsequent, nachvollziehbar und prag- frieden mit sich selbst, matisch zu handeln. Dabei arbeiten viele im öffentlichen Dienst am Limit und be- mit komplizierten Ab- mühen sich redlich, Bürgern und Unternehmen durch die Krise zu helfen. Das En- gagement ist da. Doch müssen wir in aller Demut feststellen, dass das Ergebnis stimmungs- und Ent- trotz des immensen Ressourceneinsatzes oft hinter den Erwartungen zurückbleibt. scheidungsstrukturen, Deutschland ist unzufrieden mit sich selbst. Unzufrieden mit einer mangelnden mit aufwändigen Lö- strategischen Weitsicht, mit komplizierten Abstimmungs- und Entscheidungs- strukturen, mit aufwändigen Lösungen und bürokratischen Abläufen – allen voran, sungen und bürokra- mit der fehlenden Digitalisierung in Verwaltung, Bildungs- und Gesundheitswesen. tischen Abläufen. In Das Selbstbild eines gut organisierten und gut regierten Landes hat sichtbare Risse bekommen. In der Krise wird deutlich, was auch in „normalen“ Zeiten immer öfter der Krise wird deut- Sorgen bereitet: Deutschland ist, denkt und handelt zu kompliziert. lich, was auch in Wer komplizierte Herausforderungen mit komplizierten Strukturen und einer kom- „normalen“ Zeiten plizierten Rechtslage lösen möchte, kommt schnell an seine Grenzen – so engagiert immer öfter Sorge be- er oder sie auch sein mögen. Deutschland steckt – in der Pandemiebekämpfung genauso wie bei der Verwaltungsdigitalisierung – in einer Komplexitätsfalle. Da reitet: Deutschland hilft auch kein Aufbauteam aus Estland. Das nötige technische und fachliche Know- ist, denkt und handelt How existiert auch hierzulande; motiviertes Personal sowieso. Was schmerzt und woran auch Entwicklungshelfer aus Estland schnell verzweifeln würden, sind die zu kompliziert. komplizierten Abstimmungsmechanismen und aufwändigen Kooperationskon- strukte zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Diese Komplexität aufzulösen, muss das langfristige Ziel einer Digitalisierungs- und Modernisierungsstrategie sein. Dabei sollte jedoch das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden. Vereinheitlichung, Zentralisierung und Konsolidierung können an der richtigen Stelle und der richtigen Dosierung helfen, die Dinge zu vereinfachen. Eine nachhaltige Lösung sind sie aber nur dann, wenn Eigenverantwortung, Einfallsreichtum und Wettbewerb nicht auf der Strecke bleiben. Beispiel Kontaktnachverfolgung: Während der Ruf nach einem einheitlichen und flächendeckenden Einsatz der Software SORMAS verständ- lich ist, ist es genauso auch der Hinweis, dass viele Gesundheitsämter bereits gut funk- tionierende Systeme zur Kontaktnachverfolgung haben und es vielmehr auf die Ein- Komplexität aufzulö- heitlichkeit der Schnittstellen und Datenstandards ankommt. Gleiches zeigt sich bei sen, muss das lang- der Diskussion um die Luca-App. Die Politik wünscht sich der Einfachheit halber eine fristige Ziel jeder Digi- einheitliche Lösung und nimmt in Kauf, dass damit gleichwertigen Lösungen der Marktzugang erschwert und innovationsfödernder Wettbewerb eingeschränkt wird. talisierungs- und Mo- Die Alternative bestünde in der einheitlichen und verbindlichen Definition von Schnitt- dernisierungsstrategie stellen und Austauschformaten, die Vielfalt erlauben, ohne im Chaos zu versinken (vgl. sein. Standardisierung IRIS-Gateway des Innovationsverbundes Öffentliche Gesundheit). ist der Schlüssel zur Standards sind der Schlüssel zur Komplexitätsreduktion. Sie geben Orientierung und senken Transaktionskosten. Damit Standardisierung funktioniert, muss sie zügig erfol- Komplexitätsreduk- gen und verbindlich sein. Nötig sind schlanke Standardfestsetzungsstrukturen sowie tion. Sie gibt Orientie- die konsequente Einbindung von Praktikern in die Erstellung und Anwendung. Wir rung und senkt Trans- brauchen eine Standardisierungsplattform, die – gerade im OZG-Kontext – alle Stan- dardisierungsbemühungen bündelt und auf ein industrielles Niveau hebt. Die Deut- aktionskosten. sche Industrienorm DIN kann Vorbild sein. Denn im Industriebereich ist Deutschland Standardisierungsweltmeister. 2
Gesamtbetrachtung und Kernbotschaften – Monitor #5 1. Außer Spesen, noch nicht viel gewesen. Die OZG-Umsetzung wechselt von der Aufwärmphase in die Leistungsphase. Jetzt wird sich zeigen, ob sich der gewählte Ansatz bewährt und wie schnell in der Fläche skaliert werden kann. Der Erfolg des OZG ist weiterhin ungewiss. Anzuerkennen ist: In keiner Legislaturperiode ist so viel zur Digitalisierung der Verwaltung unternommen worden, wie in dieser. Das OZG hat eine erhebliche Trotz der sich aus- Dynamik ausgelöst. Der Wille und die Bereitschaft, Verwaltungsleistungen zu digitalisieren, ist mit wenigen Ausnahmen überall vorhanden. Trotzdem drängt breitenden Skepsis es immer mehr ins Bewusstsein, dass die Dynamik nicht reichen wird, um die besteht weiterhin die OZG-Zielsetzung der flächendeckenden Digitalisierung von 575 Verwaltungs- leistungen bis Ende 2022 zu erreichen. Zwar gehen erste Onlinelösungen an den Hoffnung, dass 2021 Start, die großen Stückzahlen und vor allem die flächendeckende Umsetzung den Wechsel von der stehen aber weiterhin aus. Bisher sind 71 Leistungen aus dem OZG-Programm Aufwärm- in die Leis- online. Davon sind 14 Leistungen des Bundes flächendeckend verfügbar. tungsphase der OZG- Vier Jahre nach Verabschiedung des OZG zeigt sich, dass der Großteil der bisher erreichten Umsetzungs-Meilensteine vor allem Ergebnisse bei der Fortentwick- Umsetzung markiert. lung der Programmstrukturen und der Schaffung weiterer Verfahrensgrundla- Den Beweis der Flä- gen umfasst. Zuletzt haben die Abstimmungen zur Verwendung der Konjunk- chendeckung und turpaketsmittel, zum OZG-Dachabkommen und den zugehörigen Einzelvere- einbarungen Kraft gekostet. Gleiches gilt für die Feinjustierung der Konzepte Skalierungsfähigkeit von Portalverbund, Unternehmenskonto und eID oder der Einer-für-Alle-Leis- muss die derzeitige tungen (EfA) sowie für aufwändige Grundlagenbeschlüsse wie dem Registermo- OZG-Governance- dernisierungsgesetz. Der Aufbau leistungsfähiger Governance-Strukturen ist wichtig. Wie groß der Koordinierungsaufwand aber tatsächlich ist und wieviel Struktur aber noch Zeit und Kraft der begleitende Struktur- und Kulturwandel wirklich kosten, ist erbringen. massiv unterschätzt worden. Trotz der sich ausbreitenden Skepsis besteht weiterhin die Hoffnung, dass 2021 den Wechsel von der Aufwärm- in die Leistungsphase der OZG-Umsetzung markiert. Der Bund hat angekündigt, die 115 Bundesleistungen bis Ende des Jahres digitalisiert zu haben. Föderal sollen in diesem Jahr über 200 EfA-Leistungen zur Nachnutzung zur Verfügung stehen. In welchem Maße und bis wann diese dann flächendeckend eingesetzt werden, ist noch unklar. Es ist allen Beteiligten zu wünschen, dass sich die Investitionen in die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen gelohnt haben und jetzt der Umsetzungsturbo gezündet werden kann. Wenn sich die geschaffenen Strukturen längerfristig als so leistungsfähig herausstellen, dass jetzt Jahr für Jahr zunehmend mehr Leistungen zur Verfügung stehen, wäre das OZG auch dann ein Erfolg, wenn die formale OZG-Frist nicht mehr eingehalten werden kann. Den Beweis der Flächendeckung und Skalierungsfähigkeit muss die derzeitige OZG-Governance-Struktur aber noch erbringen (vgl. Abb. 2). Wie schnell das Abarbeiten des OZG-Leistungskatalogs erfolgen wird, hängt jetzt vor allem von der Ressourcenlage und den Umsetzungsstrukturen in den Entwicklungsgemeinschaften und vor Ort ab. Hier ist von Engpässen und damit auch von Projektrisiken auszugehen. Obwohl viele Infor- mationen zum OZG zur Verfügung gestellt werden, stehen die Kommunen weiterhin vor der Herausforde- rung, ob und wie sie EfA-Lösungen nutzen können. Zu welchen Konditionen können Lösungen übernommen werden und welche Individualisierungsmöglichkeiten bestehen, um trotz der Einheitlichkeit einer EfA-Lö- sung den verbleibenden lokalen Unterschieden gerecht zu werden? Es bleibt kompliziert. Zunehmend sind Stimmen zu hören, die vor einer koordinativen Überforderung warnen und nach Vereinfachungen rufen. Zu- letzt appellierten die KGSt und einzelne Kommunalvertreter, Verwaltungsleistungen, die im Auftrag des Bun- des bzw. als s.g. übertragene Aufgaben erbracht werden, gar nicht mehr dezentral verantworten und digitali- sieren zu müssen, sondern dafür zentrale Lösungen zu schaffen (vgl. „Dresdner Forderungen“). Dieser Appell für eine sinnvolle Weiterentwicklung der föderalen Aufgabenverteilung ist bemerkenswert. Angesichts der Herausforderungen im öffentlichen Sektor – nicht nur bei der Digitalisierung – aber auch dringend erforderlich. 3
2. Trotz positiver Entwicklungen ist die Nachhaltigkeit der gegenwärtigen OZG-Strategie fraglich. Die deutsche Verwaltungsdigitalisierung muss schnellstmöglich in Richtung industrieller Pro- duktionsmuster weiterentwickelt werden. Dafür braucht es zusätzliche Strategiekapazitäten. Die OZG-Frist ist absehbar nicht zu halten. Die gegenwärtigen Governance-Strukturen erzeugen erhebliche Orientierungs- und Koordinierungsaufwände. Hinzu kommt die Skepsis, ob das eher planwirtschaftlich aus- gerichtete EfA-Prinzip zu bedarfsgerechten, dauerhaft innovativen und wirtschaftlich angemessenen Lösun- gen führt. Somit stellt sich trotz der im Grundsatz positiven Entwicklungen der letzten Jahre die Frage, wie nachhaltig die derzeitige OZG-Strategie ist. Zumal viele OZG-Leistungen zunächst – bis die Registermoder- nisierung ihre Wirkung entfaltet – nur den Reifegrad 3 erreichen können (Nachweise als Scan) und schon jetzt ein erheblicher Weiterentwicklungsbedarf erkennbar ist. Außerdem beschreibt auch Reifegrad 4 (Registerab- fragen statt Scan-Nachweise) noch nicht das Ende der Entwicklung. Diese wird in Zukunft noch viel stärker in Richtung antragsloser, individualisierter und automatisierter Leistungserbringung gehen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, all jene Bemühungen zu stärken, die Transaktionskosten und Koordi- nierungsaufwände senken, die Schnelligkeit von Softwareentwicklungen erhöhen, ihre Nachnutzung verein- fachen und gleichzeitig Innovationskraft und Wettbewerb aufrechterhalten. Nach Auffassung des NKR erfor- dert dies noch mehr strategische Aufmerksamkeit für Fragen der Standardisierung und des Architekturma- nagments, der Bereitstellung von Plattformen und Verbindungsmechanismen (Middleware) sowie für die ver- einfachte Beschaffung bzw. die Nachnutzung standardisierter Lösungen. Das deutsche Gesamtsystem Ver- waltungsdigitalisierung muss schnellstmöglich in Richtung industrieller Produktionsmuster weiterentwickelt werden. Sonst bleibt die OZG-Umsetzung – bei ehrlicher Wertschätzung für Einsatz und Motivation aller Beteiligten – auf Dauer eine Bastelwerkstatt und wird nur schwerlich mit den Entwicklungen des Privatsek- tors und anderer Staaten mithalten können. Dabei kommt den Orientierung gebenden, Transaktionskosten senkenden und Skalierung fördernden Eigen- schaften von Plattformen besondere Bedeutung zu. Diskussionswürdig ist einerseits eine Informations- und Beschaffungsplattform, die es Softwareproduzenten und IT-Anbietern jeglicher Art erleichtert, standardi- sierte, hochkompatible Lösungen zu entwickeln und den verschiedenen Verwaltungen aller Ebenen auf ein- fache Weise anzubieten (vgl. Abb. 4 u. 5 sowie fortiss 2021: Verwaltung.Digitalisierung.Plattform). Anderer- seits bieten Betriebsplattformen, wie sie verschiedene Bundesländer gerade entwi- ckeln bzw. schon bereithalten, die Grundlage, um Onlineleistungen auf Basis modul- arisierter Basis- und parametrisierbarer Fachanwendungen anzubieten und schnell in angeschlossene Verwaltungen auszurollen. In die gleiche Richtung weisen Micro- Für eine nachhalti- service-Ansätze und Low-Code-Plattformen, die es einzelnen Verwaltungen ermög- gere OZG-Strategie lichen, sofort lauffähige Onlineleistungen auf Basis vorgefertigter Bausteine mit ver- hältnismäßig geringem Aufwand selbst zu gestalten. ist es wichtig, all jene Teil einer verstärkten Strategiearbeit sollte es daher sein, diese Plattformansätze Bemühungen zu stär- systematisch voranzutreiben und in eine Gesamtarchitektur einzubetten. Die Ein- ken, die Transaktions- richtung des föderalen Architekturboards und die Absicht, ein mehrschichtiges kosten und Koordi- Plattformsystem zu entwickeln, sind wichtige Schritte. Gleichwohl sind die Steue- rungs- und Arbeitsgremien des OZG, allen voran der IT-Planungsrat, stark mit nierungsaufwände akuten operativen Fragestellungen ausgelastet. Wichtige Dinge tendieren dazu, hin- senken, die Schnellig- ter dringlichen Dingen zurückstecken zu müssen. In Ermangelung einer ausreichend ausgestatteten FITKO als der operativen Arbeitseinheit des IT-Planungsrates, hängt keit von Softwareent- die Klärung wichtiger Grundsatzfragen noch zu sehr von den Vorarbeiten und der wicklungen erhöhen, zufälligen Ressourcenausstattung einzelner Länder ab. Arbeits- und Strategiefähig- ihre Nachnutzung keit gehen jedoch Hand in Hand. Während der Bund über die Einrichtung eines Di- gitalministeriums nachdenkt, wäre es aus Sicht des NKR gewinnbringender, in eine vereinfachen und Digitalisierungsagentur zu investieren, die ihren Namen verdient. In Hochrechnung gleichzeitig Innovati- der Mitarbeiterzahlen vergleichbarer Einrichtungen anderer Länder müsste eine onskraft und Wettbe- deutsche Digitalisierungsagentur viele hunderte Mitarbeiter beschäftigen. Die ver- teilten Mitarbeiterressourcen in Bund, Ländern und Kommunen sind dafür kein Er- werb aufrechthalten. satz und können nicht jene Schlagkraft aufbringen, die mit der Bündelung selbst nur eines Bruchteils dieser Ressourcen einherginge. 4
3. Nutzerfreundlichkeit und Effizienzgewinne lassen sich nur durch ein modernes Datenmanage- ment erreichen. Registermodernisierung und Co. sind in Bedeutung und Dimension mit dem OZG vergleichbar. Die Umsetzung muss energischer vorangetrieben werden. Jenseits der formellen Anforderungen hängt der materielle Erfolg des OZG von zwei Faktoren ab: Der Akzep- tanz durch die Nutzer und der Aufwandsentlastung für die öffentliche Hand. Nutzerfreundlich und effizient sind Onlineleistungen dann, wenn die notwendigen Daten nicht immer wieder händisch eingegeben und Nachweise rausgesucht und in Papierform oder als Scan verarbeitet werden müssen. Aus diesem Grund be- inhaltet Reifegrad 4 der OZG-Umsetzung die Verwirklichung des Once-Only-Prinzips. Nutzerdaten und Nachweise sollen mit Zustimmung des Antragstellers durch Registerabfragen ersetzt werden. Auch zukünf- tige Automatisierungspotentiale lassen sich nur mit einem vernünftigen Datenmanagement erschließen. Das zu ermöglichen, ist leichter gesagt, als getan. In der Breite der Verwaltungslandschaft sind weder Register, Onlineantragsverfahren noch Fachverfahren derzeit in der Lage, das Once-Only-Prinzip tatsächlich umzuset- zen. Dies gilt ebenso für den separaten Bereich der Statistik, insbesondere den Zensus. Erforderlich ist zu- nächst die Ertüchtigung des öffentlichen Datenmanagements. Kern ist die Registermodernisierung. Hinzu kommt die Notwendigkeit der Datenfeldstandardisierung und Rechtsanpassung. Während die OZG-Umsetzung bereits ins vierte Jahr geht, steht die Registermodernisierung noch ganz am Anfang. Als Erfolg darf gelten, dass vor Ablauf der Legislaturperiode zwei Gesetze auf den Weg gebracht worden sind, die in ihrer Bedeutung und Dimension an das OZG heranreichen. Das Registermodernisierungs- gesetz wie auch das Unternehmensbasisregistergesetz bilden erste rechtliche Grundlagen für die Nutzbarma- chung von Registerdaten. Beide Gesetze enthalten Konfliktpotential und offene Fragen, die die Geset- zesumsetzung zu einer Herausforderung machen. Hinzu treten weitere laufende oder noch ausstehende Re- gisterprojekte und Rechtsänderungen (AZR, Zensus, Bildung, Gebäude). Die erforderliche Gesamtkoordinie- rung der Einzelprojekte ist allerdings noch unterentwickelt. Angesichts der Bedeutung und Größe der Auf- gabe bedarf es zur erfolgreichen Umsetzung ähnlicher Programmstrukturen, Personalressourcen und politi- scher Aufmerksamkeit wie für das OZG selbst. Um das volle Potential der Registermodernisierung zu heben, sind zudem flankierende Anstrengungen auf dem Gebiet der Standardisierung und Rechtsanpassung nötig. Um Registerdaten nutzen zu können, müssen diese inhaltlich und technisch zu dem passen, was digitale Verwaltungsverfahren als Input verlangen. Dies beruht auf rechtlichen Vorgaben und fachlichen Definitionen, die – wie z.B. beim Einkommensbegriff – bisher über Rechtsbereiche hinweg nur unzureichend harmonisiert und auf die verfüg- bare Datenbasis abgestimmt worden sind. In der Folge können Registerdaten vielleicht technisch erschlossen und sogar Personen und Unternehmen eindeutig zugeordnet werden. Ob sie auch inhaltlich geeignet sind, den bisherigen Papier- nachweis zu ersetzen, ist nicht ohne weitere gegeben. Erforderlich ist ein Mat- Die erforderliche Ge- ching der Datenbestände über die Datenfelder der Onlineverfahren bis hin zu den samtkoordinierung rechtlichen Definitionen der zu Grunde liegenden Gesetze. der Registermoderni- Benötigt wird ein „Metadaten-Repository“, eine Übersicht, die aufzeigt, in wel- sierung ist noch un- chen Registern, welche Daten, in welcher Weise vorliegen und abgerufen werden können. Grundlage könnte die Verwaltungsdateninformationsplattform des Sta- terentwickeln. Ange- tistischen Bundesamtes sein. Ein weiteres Hilfsmittel ist das Föderale Informati- sichts der Bedeutung onsmanagement (FIM). Mit Hilfe der FIM-Bausteine „FIM-Prozesse“ und „FIM- Formulare“ kann der Matchingprozess zwischen Verfahrensanforderungen und der Aufgabe bedarf es Datenbeständen erleichtert werden. Dafür muss FIM in Kombination mit der zur erfolgreichen Um- technischen Datenfeld-Standardisierung (XÖV) der Koordinierungsstelle IT- setzung ähnlicher Standards (KoSIT) spürbar vorangetrieben und zum festen Bestandteil jeder Ver- fahrens- und Gesetzesmodellierung werden. Insbesondere der geplante Digital- Programmstrukturen, tauglichkeitscheck für Gesetze muss die Frage des Datenmatchings und der Re- Personalressourcen gisterabfrage als Schwerpunkt haben. und politischer Auf- Der NKR wird in Kürze ein Gutachten zur Harmonisierung bzw. standardisierten merksamkeit wie für Modularisierung des Einkommensbegriffs veröffentlichen und weitere Empfeh- lungen für eine höhere Digitalisierungstauglichkeit des Rechts vorlegen. das OZG selbst. 5
Abb. 2: Viel Digitalisierungsverantwortliche und komplexe Umsetzungsstrukturen - Funktioniert das? (Stand 1.5.2021) 6
14 OZG- FEDERFÜHRUNG FEDERFÜHRUNG OZG- PLANUNG KONZEPTION OZG-LEISTUNG FLÄCHENDECKUNG GEÄNDERTE SDG-UMSETZUNG THEMENFELDER BUND LAND LEISTUNGEN ABGESCHLOSSEN ABGESCHLOSSEN ONLINE ERREICHT GESETZE ERREICHT (2023) BMAS Arbeit & Ruhestand NW 27 12 9 4 1 0 0 / 11 ( 8 Bund / 19 L&K) ( 7 Bund / 5 L&K) ( 2 Bund / 7 L&K) ( 1 Bund / 3 L&K) ( 1 Bund / 0 L&K) BMI Bauen & Wohnen MV 48 27 10 7 2 1 0/1 ( 4 Bund / 44 L&K) ( 4 Bund / 23 L&K) ( 2 Bund / 8 L&K) ( 2 Bund / 5 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) BMBF Bildung ST 24 8 4 1 0 0 0/6 ( 3 Bund / 21 L&K) ( 3 Bund / 5 L&K) ( 2 Bund / 2 L&K) ( 0 Bund / 1 L&K) ( 0 Bund / 0 L&K) AA Ein- und 16 12 7 4 2 BB 0 0/0 Auswanderung ( 6 Bund / 10 L&K) ( 6 Bund / 6 L&K) ( 4 Bund / 3 L&K) ( 2 Bund / 2 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) Engagement & BMI 30 11 8 3 2 KSV NW ( 3 Bund / 27 L&K) 0 0/0 Hobbies ( 3 Bund / 8 L&K) ( 2 Bund / 6 L&K) ( 2 Bund / 1 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) BMFSFJ Familie & Kind HB 24 11 5 4 0 1 0/0 ( 3 Bund / 21 L&K) ( 3 Bund / 8 L&K) ( 1 Bund / 4 L&K) ( 0 Bund / 4 L&K) ( 0 Bund / 0 L&K) Forschung & BMI BY 21 9 7 4 0 0 0/1 Förderung ( 8 Bund / 13 L&K) ( 8 Bund / 1 L&K) ( 5 Bund / 2 L&K) ( 3 Bund / 1 L&K) ( 0 Bund / 0 L&K) BMG Gesundheit NI 25 21 11 5 0 0 0 / 10 ( 7 Bund / 18 L&K) ( 7 Bund / 14 L&K) ( 3 Bund / 8 L&K) ( 1 Bund / 4 L&K) ( 0 Bund / 0 L&K) BMVI Mobilität & Reisen HE BW 48 44 25 18 0 0 0/9 ( 33 Bund / 15 L&K) ( 32 Bund / 12 L&K) ( 23 Bund / 2 L&K) ( 12 Bund / 6 L&K) ( 0 Bund / 0 L&K) BMI Querschnitts- 18 5 5 2 2 BE 0 0/6 leistungen ( 4 Bund / 14 L&K) ( 4 Bund / 1 L&K) ( 3 Bund / 2 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) ( 0 Bund / 0 L&K) BMJV Recht & Ordnung SN 7 6 2 1 0 0 0/0 (1 Bund / 6 L&K) ( 1 Bund / 5 L&K) ( 1 Bund / 1 L&K) ( 0 Bund / 1 L&K) ( 0 Bund / 0 L&K) BMF Steuern & Zoll HE 23 20 11 2 2 0 0/2 ( 12 Bund / 11 L&K) ( 12 Bund / 8 L&K) ( 5 Bund / 6 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) BMU Umwelt SH RP 32 26 5 5 0 0 0/5 ( 6 Bund / 26 L&K) ( 6 Bund / 20 L&K) ( 3 Bund / 2 L&K) ( 3 Bund / 2 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) Unternehmensführung BMWi HH 46 32 13 11 3 0 0 / 22 und -entwicklung ( 17 Bund / 29 L&K) ( 16 Bund / 16 L&K) ( 9 Bund / 4 L&K) ( 4 Bund / 7 L&K) ( 2 Bund / 0 L&K) Zahlen BMI / Darstellung NKR (Stand 01.05.2021) 575 244* 122 71 14 2 0 / 73 Bund = „Bundesleistungen“ | L&K = „Landes- und Kommunalleistungen“ ( 115 Bund / 460 L&K) ( 112 Bund / 132 L&K) ( 65 Bund / 57 L&K) ( 34 Bund / 37 L&K) ( 14 Bund / 0 L&K) * 38 Leistungen werden außerhalb des OZG Programms umgesetzt, 148 Leistungen sind als Priorität 4 zurückgestellt. Die Gesamtzahl ist daher größer als die Zahl der aktuell in den Themenfeldern bearbeiteten Leistungen. Abb. 3: Stand der OZG-Umsetzung – Umsetzung vorangeschritten, Leistungsphase eingeleitet, Flächendeckung offen. (Stand 1.5.2021) 7
Aktuelle Ideen Es tut sich was. und Initiativen Jetzt Diskussion intensivieren und Entscheidungen treffen! Bürgerinnen und Bürger Unternehmen „FIT-Store“-Konzept weiterentwickelt §§ vielfältige, aber hochgradig Bund / IT-PLR 5 u. 6 standardisierte Anwendungslandschaft OZG für Basiskomponenten, Front-End-Dienste, Standardisierungs- Portalverbund Fachverfahren und Registervernetzung gremium Bundesportal Landesportale Kommunalportale (inkl. API-Management, Open Source, Software-Module, Lösungs- und Code- Digitaler Repository, Standard-AGBs) Servicestandard dezentral, modular, flexibel, nachnutzbar, Entwicklerportal wettbewerbs- und innovationsfreundlich, Gemeinsame Service- und Integrationsplattform wirtschaftlich, nachhaltig Testplattform (technischer Intermediär reduziert Komplexität und vereinfacht Kommunikation zwischen Verbundpartnern) Entwicklungs- User- Service- interface Postfach gemeinschaften Konto Dezentrale Architektur- und Lösungsvarianten Private Lösungsanbieter Einfache Antrags- Bezahlen Öffentliche Nachnutzung assistent KI- Lösungsanbieter Standardisierter Funktion Lösungen Start-Ups Register- Fach- abfrage verfahren … E-Akte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter moderne Registerlandschaft des Bundes der Länder der Kommunen Abb. 4: Innovation, Wettbewerb und Nachnutzbarkeit durch Standardisierung – Elemente und Prinzipien einer föderalen E-Government-Architektur (Vorschlag NKR mit Hinweis auf aktuelle Entwicklungen, Stand 1.5.2021) 8
Vergaberecht Private Bundesverwaltung APP-STORE FÜR DIE VERWALTUNG Lösungsanbieter Erleichtert Orientierung, vereinfacht Beschaffung und Nachnutzung, senkt Transaktionskosten, harmonisiert Technik, sichert dezentrale Vielfalt / Innovation / Wettbewerb durch verbindliche Standards für: Design – Interoperabilität - Lizenz-/Vertragsrecht (Standart-AGB) Öffentliche Landesverwaltung Lösungsanbieter ABRUFEN EINSTELLEN standardisierte Einstellen Kommunalverwaltung passende Lösungen einfach finden und ZugangZugang für jeden für jeden Anbieter | klare Anbieter Start-Ups beschaffen | gesicherte Interoperabilität | Produktbeschreibungen Rahmenbedingungen | saubere (teil)automatisierte Kompatibilitätsprüfung Schnitt- Konformität mit Servicestandard | Dokumentationen stellendokus | Support für Entwickler | Klarer Anforerungsrahmen vereinfachtes Vertragsmanagement Lizenzbedingungen (teil-)automatische Zertifizierung / QS Support für Entwickler Mittelbare Verwaltung / Supportbedingungen Open Source Selbstverwaltung Versionierungsregeln | Abwärtskompatibilität | Release- / Updatemanagement | Anpassungen bei rechtlichen Änderungen z.B. im Fachrecht … PFLEGEN UND WARTEN … App-Store berücksichtigt Architekturanforderungen und hält passgenaue Lösungen bereit. Entwicklungsumgebungen und Testplattformen erleichtern standardkonforme Entwicklung. Gemeinsame (virtuelle) Service- und Integrationsplattform als Grundlage für Plattformföderation Entwicklungsumgebung(en) Landesplattformen Kommunalplattformen Cloudlösungen Fachverfahrensverbünde öffentliche Rechenzentren … Testplattform(en) Gemeinsame Basisdienste, Registerverbund Digitaler Servicestandard, Architekturmanagement Abb. 5: Austausch- und Beschaffungsplattform für standardisierte IT-Lösungen – Elemente und Prinzipien eines App-Store für die Verwaltung (Vorschlag NKR, Stand 1.9.2020) 9
Abb. 6: Digitaler Servicestandard für die Umsetzung des OZG (vgl. NKR-Gutachten 2016 „E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann.“, Stand: 1.9.2020) 10
Abb. 7: Umsetzungsstand der Verwaltungsdigitalisierung auf Basis der Empfehlungen des NKR-Gutachtens „E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann“ (Stand 1.5.2021). 11
Detailbetrachtung I. Verbindlichkeit, Zusammenarbeit, Steuerung Sachstand Bewertung Das OZG verpflichtet die Verwaltung, ihre Leistungen Das OZG setzt zwar eine verbindliche Zielmarke, doch bis Ende 2022 digital anzubieten. Die europäische SDG- sind immer häufiger Stimmen von Experten und Ent- Verordnung verlangt eine grenzüberschreitende In- scheidern zu hören, die es nicht mehr als realistisch teroperabilität von 73 dieser Leistungen bis 2023. Hin- einschätzen, alle 575 Leistungen bis Ende 2022 flächen- sichtlich einer föderal arbeitsteiligen Vorgehensweise deckend zu digitalisieren. Leistungen der Priorität 4 besteht Einigkeit. Der OZG-Umsetzungskatalog wurde sind bereits zurückgestellt. Prioritär müssten ohnehin vom IT-Planungsrat beschlossen und definiert, welche die SDG-Leistungen digitalisiert werden, da die SDG- 575 Leistungen konkret umgesetzt werden sollen. Das Verordnung im Gegensatz zum OZG einen individuel- zwischenzeitlich konkretisierte OZG-Reifegradmodell len Rechtsanspruch auf Onlineleistungen begründet definiert, dass Leistungen dann OZG konform digitali- und eine Nichtumsetzung auch Sanktionen der EU- siert wurden, wenn sie inkl. aller Nachweise vollständig Kommission nach sich ziehen kann. Transparenz über online beantragt und Bescheide elektronisch zugestellt mögliche Priorisierungsentscheidungen besteht derzeit werden können (Reifegrad 3 von 4). aber nicht. Die OZG-Leistungen sind in 14 Themenfeldern zusam- Die Verteilung der Federführerschaft für alle OZG- mengefasst und werden in s.g. Entwicklungsgemein- Leistungen auf die Länder ist ein Erfolg. Die Durchfüh- schaften digitalisiert, die federführend von einem Bun- rung von Digitalisierungslaboren ist eine methodische desministerium und einem Bundesland geleitet wer- Innovation, die sich bewährt hat. Selbst unter den Be- den. Auch die Kommunalen Spitzenverbände verant- dingungen der Corona-Krise war es möglich, Digitali- worten ein Themenfeld. Nachdem alle Themenfelder sierungslabore vollständig online und damit ortsunab- verteilt worden sind, konnten die Planungs- und Um- hängig durchzuführen. In dem Maße, wie die designori- setzungsarbeiten für 244 Leistungen stark vorange- entierte Labormethode zum Standard wird, sollte sie trieben werden. Für Leistungen- bzw. Leistungsbündel jedoch selbst stärker standardisiert werden. Dies bein- der Priorität 1 wurden Digitalisierungslabore durchge- haltet die Vorgabe bestimmter Designprinzipien und ! führt, bei denen Bund, Länder und Kommunen eng zu- die Aufbereitung bewährter Praktiken zu gängigen Pro- sammenarbeiten. In den Laboren werden insbesondere zessbausteinen; gebraucht wird ein „Design System“, auch Nutzer frühzeitig einbezogen. Ergebnis dieser das mit dem Digitalen Servicestandard verbunden wird Vorarbeiten sind Planungen, wie Lösungsskizzen in (vgl. Abb. 6). Zugleich bedarf es eines stärkeren Augen- lauffähige Anwendungen überführt werden können merks auf die technischen Fragen der Lösungsentwick- (Klick-Dummies, Prototypen). Zudem sollen Rechtsan- lung. Eine systematische Standardisierung und Modu- passungen identifiziert werden, die den digitalen Voll- larisierung sowie die Verwendung offener Schnittstel- zug erleichtern. Aus Prototypen werden von den jewei- len und Datenformate ist Voraussetzung für eine spä- ligen Federführern anschließend betreibbare Software- tere Nachnutzbarkeit der Referenzimplementierun- Lösungen entwickelt (Minimal Viable Product), die da- gen. Erste Festlegungen dazu finden sich in den EfA- nach auch von anderen Verwaltungen als s.g. Einer-für- Mindestanforderungen. Das vielversprechendste Nach- Alle-Leistungen (EfA) übernommen werden sollen. nutzungsszenario besteht derzeit in der Nutzung von Zuletzt wurden EfA-Mindestanforderungen definiert, „Software as a Service“, sodass die Übernahme in die die eine Nachnutzung erleichtern sollen. eigene Betriebsumgebung entfällt. Der Umsetzungsstand wird dokumentiert. Auf der Anhand der auf den unterschiedlichen Informations- OZG-Informationsplattform ist er – nach Registrierung plattformen dokumentierten Informationen lässt sich – online einsehbar. Dort werden auch die bisherigen Ar- der OZG/SDG-Umsetzungsstand noch nicht belastbar beitsergebnisse zugänglich gemacht. Dies geschieht in ermitteln. In Konkretisierung des EfA-Prinzips wurde Eigenverantwortung der Themenfeldfederführer. das interne OZG-Monitoring durch Schärfung der Steu- Übernahmefähige Entwicklungsergebnisse werden erungsindikatoren verbessert. Dadurch wird sich die dort auf dem OZG-Marktplatz präsentiert, um poten- Steuerungsfähigkeit von Bund und Ländern erhöhen. tiellen Nachnutzern die Orientierung zu erleichtern. Seit Ende 2020 bietet die Bundesregierung ein zusätzli- ches, öffentliches Projektmonitoring in Form des OZG- Dashboards an. Der Aspekt der Flächendeckung wird Die Aussagekraft des OZG-Dashboards ist noch irre- führend und muss zügig angepasst werden. Bilanziert werden dürfen nur Leistungen in Reifegrad 3 oder 4, die flächendeckend verfügbar sind. Wichtiger noch ist aber ! bisher an keiner Stelle abgebildet. Die Bundesregierung die verlässliche Dokumentation der einzelnen Entwick- arbeitet an einer Verbesserung des Projektmonito- lungsprojekte, um potentiellen Nachnutzern bessere rings, sowohl intern als auch in Bezug auf das OZG- Orientierung zu geben. Der OZG-Marktplatz erfüllt 12
Dashboard. Zusätzlich betreiben die KGSt und die diesen Zweck nur sehr eingeschränkt, da aussagekräf- Kommunalen Spitzenverbände eigene OZG-Informa- tige Informationen zur Beschaffenheit und den Nach- tionsportale. nutzungskonditionen der verfügbaren Lösung fehlen. ! Ende April 2021 stehen gut 71 Onlineleistungen im Eine zunehmende Zahl der OZG-Leistungen befinden Reifegrad 3 bzw. 4, d.h. OZG-konform als lokale Refe- sich nach der Planungs- jetzt in der Phase eines „ange- renzimplementierungen zur Verfügung. 122 Leistungen strengten Abarbeitens“. Bis Ende 2021 sollen gut 200 befinden sich in der Umsetzungs- und 37 in der Kon- föderale Referenzimplementierungen zur Verfügung zeptionsphase. 183 Leistungen wurden noch nicht be- stehen. Wie stark die Nachnutzung dieser Leistungen gonnen. 148 Leistungen der Priorität 4 werden nicht ausfallen wird, ist noch unklar. „BAföG-Digital“ ist bis- berücksichtigt. 38 Verwaltungsleistungen werden au- her die einzige föderale EfA-Entwicklung, die dem- ßerhalb des OZG-Reportings umgesetzt (vgl. Abb. 3). nächst flächendeckend implementiert sein soll. Ge- Die Leistungen des Bundes sollen bereits 2021 fertig stärkt wird das EfA-Prinzip durch das OZG- sein. Entsprechend fokussiert ist die Prioritätensetzung Dachabkommen. Die abgeleiteten Einzelvereinbarun- der Bundesministerien. Aufgrund ihrer Nutzerrelevanz gen helfen, die Steuerungsverantwortung der Bundes- rücken zunehmend die föderalen Leistungen in den Fo- ressorts zu stärken und ein Projektmonitoring anhand kus. In Konkretisierung des EfA-Prinzips werden ver- klarer Steuerungsindikatoren aufzusetzen. Die Ab- bindlichkeitssteigernde Einzelvereinbarungen mit den stimmung der Vereinbarungen hat viel Kraft und Auf- Themenfeldverantwortlichen, d.h. Land und Bundesre- merksamkeit gefordert, da dieser Art der Mehrebenen- sort, geschlossen. Einzelne Ressorts müssen ihre Rolle koordinierung für Viele ungewohnt ist und mitunter im föderalen OZG-Kontext aber noch finden. Bedenken und Widerstände hervorruft. Der im Koalitionsvertrag angekündigte Digitalisie- Positiv hervorzuheben ist, dass Bund, Länder und Kom- rungspakt von Bund, Ländern und Kommunen („ver- munen zu einer produktiven und vertrauensvollen Zu- trauensvolle Zusammenarbeit“, „Verteilung der not- sammenarbeit gelangt sind, auch jenseits der rein for- wendigen Investitionskosten“) ist bisher nicht konkre- malen Verpflichtung zur OZG-Umsetzung. Dieser neue tisiert. Allerdings gewinnt die föderale IT-Kooperation durch FITKO und die zugehörige Änderung des IT- Geist der Zusammenarbeit hat sich trotz vieler Heraus- forderungen als belastbar herausgestellt. Zunehmend ✓ Staatsvertrages an Verbindlichkeit. Neu hinzugekom- bildet sich eine positive gemeinsame Erzählung heraus, men ist der „Servicestandard für die Umsetzung des die aufzeigt, welche Chancen mit verstärkter Koopera- OZG“, der Gestaltungsprinzipien für gute Digitalleis- tion einhergehen. Der OZG-Servicestandard ist dafür tungen definiert (vgl. Abb. 6). Zusätzliche Verbindlich- ein weiteres Vehikel. Er verdeutlicht Zielsetzung und keit erzeugen die OZG-Verwaltungsvereinbarung zwi- Prinzipen guter Verwaltungsdigitalisierung und sollte schen Bund und Ländern (Dachabkommen), die daraus mit der Zeit einen größeren Verbindlichkeitsgrad er- abgeleiteten Einzelvereinbarungen mit den Themen- halten. In Teilen wird diese Verbindlichkeit bereits feldverantwortlichen sowie die EfA-Mindestanforde- durch die weiteren förmlichen Vereinbarungen zwi- rungen. schen Bund und Ländern erreicht. Verwaltungsdigitalisierung und OZG-Umsetzung sind IT-Planungsrat und IT-Rat als die zentralen Koordinie- nicht nur fachlich anspruchsvoll, sie finden auch in ei- rungsgremien haben an Professionalität gewonnen. nem komplexen organisatorischen Umfeld und in Durch OZG-Dachabkommen und Co. verbessert sich mehrstufigen Governance-Strukturen statt. Darin potentiell die Steuerungsfähigkeit, da Verantwortlich- nehmen einzelne Organisationen wie der IT- keiten eindeutiger benannt und Meilensteine verbindli- Planungsrat, der IT-Rat, die FITKO, das BMI und das cher geprüft werden können. Gleichzeitig erhöhen sich Kanzleramt gewisse Schlüsselstellungen ein; über be- aber der Komplexitätsgrad und „Betriebsaufwand“ der sondere Durchgriffsrechte oder herausgestellte Steue- OZG-Governance weiter. Wie Koordinierung erleich- rungsressourcen verfügen sie bisher aber nicht. Besse- tert, Orientierung verbessert und Selbststeuerung des rung verspricht das geschärfte Projektmonitoring, das Gesamtsystems erhöht werden können, ist eine wich- im Zuge des OZG-Dachabkommens aufgebaut wird tige strategische Frage, von deren Beantwortung und z.B. die Auszahlung der 3 Mrd. Euro aus dem Kon- junkturpaket an das Erreichen konkreter Meilensteine knüpft. Schnelligkeit und Nachhaltigkeit der OZG-Umsetzung abhängen. Für diese Strategiearbeit sollte in Zukunft mehr Raum geschaffen werden. ! II. Organisation, Finanzierung, Personalressourcen Sachstand Bewertung Die OZG-Gesamtkoordinierung liegt beim BMI, das für Trotz Aufstockung fährt das vorhandene Personal un- diese Aufgabe bereits Ende 2018 40 zusätzliche Stellen ter Volllast. Weitere Mitarbeiter wären nötig, um Über- erhalten hat. Nach einer langwierigen Auswahlphase lastungen zu vermeiden. Die Kompensation des anhal- 13
sind nun alle Stellen besetzt. Auch das Kanzleramt hat tenden Personalbedarfs wird noch zu sehr durch ex- seine Koordinierungsressourcen aufgestockt. Zusätz- terne Kräfte kompensiert. Angesichts der großen lich arbeiten unzählige externe Berater an der OZG- Transformationsaufgaben, die mit OZG, Registermo- Umsetzung. Nicht immer ist ersichtlich, worin das spe- dernisierung und Co. einhergehen, wird der Personal- zielle Know-How besteht und warum die übernomme- bedarf weiter wachsen. Die internen Personalressour- nen Aufgaben nicht von Verwaltungsmitarbeitern erle- cen sollten daher systematisch aufgestockt werden, digt werden könnten. um externe Kräfte entbehrlich zu machen. Die FITKO – als gemeinsame Bund-Länder-Anstalt und Die FITKO kann der organisatorische Nukleus einer ef- Arbeitseinheit des IT-Planungsrates – unterstützt bei fektiven föderalen IT-Zusammenarbeit sein. Gerade im der OZG-Koordinierung und kümmert sich auch um Hinblick auf die Architektur- und Standardisierungs- Standardisierungs- und Architekturfragen. Nach einer frage wirkt die FITKO bereits heute segensreich. Die ! langwierigen Anlaufphase befindet sich die FITKO Mitarbeiterzahlen reichen dafür aber nicht aus. Die noch immer im Aufbau und verfügt erst über 33 der 44 kleinteilige und kräftezehrende Diskussion um die vorgesehenen Mitarbeiter. Grund hierfür ist eine an- Stellenausstattung der FITKO ist ein Armutszeugnis haltende Auseinandersetzung um den Stellenplan der und zeigt, dass ihre Notwendigkeit und Bedeutung FITKO, der von den Landeshaushältern in Frage gestellt noch nicht überall verstanden worden sind. Zumal ver- wird, obwohl er durch den IT-Planungsrat längst ver- gleichbare Einheiten führender Digital-Nationen über bindlich beschlossen worden ist. ein Vielfaches des Personals verfügen! Die Ressourcenlage und der Organisationsgrad in den Es ist fraglich, ob die begrenzten Ressourcen in den Ländern und Kommunen verbessern sich, sind aber Ländern ausreichen, um die notwendigen Arbeiten in nach wie vor sehr unterschiedlich. Während einige Län- der zur Verfügung stehenden Zeit sachgerecht erledi- der erhebliche Anstrengungen unternehmen, um ge- gen zu können. Dies gilt umso mehr, als auch die Kom- eignete Organisationsformen und ausreichend viele munen die bevorstehenden Aufgaben häufig nicht aus Mitarbeiter zu finden, sind andere Länder noch nicht dem Bestand leisten können und expliziter Unterstüt- ausreichend aufgestellt. Um Klarheit über die Leis- zung seitens der Länder bedürfen. Der jetzt laufende tungsfähigkeit des Gesamtsystems zu erhalten, werden „Kassensturz“ ist überfällig. Eine ehrliche Bestandsauf- derzeit die Umsetzungsressourcen je Themenfeld er- nahme ist eine Chance organisatorische Umsetzungs- mittelt. engpässe zu identifizieren und zu beheben. Finanziert wird die OZG-Umsetzung anteilig durch Mit Bereitstellung der „Konjunkturmilliarden“ zeigt der Bund und Länder. Dem IT-Planungsrat stand bisher ein Bund einen klaren Umsetzungswillen. Fehlendes Geld Digitalisierungs-Budget von 180 Mio. Euro zur Verfü- kann kurzfristig kein Grund mehr für Verzögerungen gung. Der Bund hatte für diese Legislaturperiode 500 sein. Allerdings wirft die offene Frage der langfristigen Mio. Euro eingeplant. Im Zuge der Konjunkturmaßnah- Finanzierung schon ihre Schatten voraus. Um die Ge- men hat er noch einmal 3 Mrd. Euro für die OZG- schwindigkeit der OZG-Umsetzung zu erhöhen, liegt es Umsetzung und 0,3 Mrd. Euro für die Registermoderni- nahe, vor allem EfA-Entwicklungen fördern zu wollen. sierung aufgebracht. Die 3 Mrd. Euro fließen zu 50% in Bedingung der Förderung muss aber gleichzeitig sein, ! die föderalen und zu 20% in die OZG-Leistungen des dass die IT-Lösungen offen gestaltet und „Einer-für- Bundes. 30% gehen an Infrastrukturprojekte. Hinzu Alle-Monopole“ vermieden werden. Positiv ist, dass kommen weitere Mittel der Länder. Gleichwohl wird die EfA-Mindestanforderungen offene und standardi- bereits danach gefragt, wie die Finanzierung nach 2022 sierte Schnittstellen einfordern. Wie sehr dies tatsäch- aussehen soll. lich beachtet wird, ist offen. Das im BMI eingerichtete Digital Innovation Team DIT und Digital Service 4 Germany verfolgen ähnliche (DIT) soll der Bundesverwaltung helfen, Methoden der Ansätze. Es böte sich an, beide Initiativen zu verbin- agilen Softwareentwicklung und des Design Thinking den. Bund und Länder sollten zudem entscheiden, wel- anzuwenden. Die Initiative Tech4Germany, gefördert che Einrichtung in Deutschland die Rolle einer Digitali- vom Kanzleramt, unterstützt die Bundesverwaltung da- sierungsagentur nach internationalem Vorbild über- bei, innerhalb kurzer Fristen bestimmte Digitalisie- nehmen könnte. Ausgehend von den Zahlen anderer rungsprojekte durchzuführen. Während DIT aus der Länder müsste eine deutsche Digitalisierungsagentur Verwaltung in die Verwaltung wirken soll, schafft es viele hunderte Mitarbeiter beschäftigen. Konsequent Tech4Germany, IT-Talente aus dem Privatsektor zu ge- wäre es, die FITKO in diese Richtung weiterzuentwi- winnen und in den Austausch mit der Verwaltung zu ckeln und ggf. mit den beiden Bundes-Einheiten DIT bringen. Zuletzt hat das Kanzleramt entschieden, und Digital Service 4Germany sowie ähnlichen Einrich- Tech4Germany als inhouse GmbH zu übernehmen und tungen in Ländern und Kommunen zu verzahnen (vir- dauerhaft zu finanzieren. Beim Digital Service 4 Ger- tuelle Gesamtorganisation). Eine solche Organisation ! many sollen in Zukunft bis zu 100 Mitarbeiter an Digi- könnte unter dem Banner des Digitalen Servicestan- talisierungsprojekten der Bundesregierung arbeiten. dards zu einem Kraftzentrum der Verwaltungsdigitali- DIT wurde zwischenzeitlich von einem Aufbauprojekt sierung werden – und die derzeitige Abhängigkeit von in eine feste Referatsstruktur überführt. externen Beratern senken helfen. 14
III. Nutzerorientierung, Rechtsanpassungen, Datenschutz Sachstand Bewertung Damit digitale Verwaltungsangebote auch tatsächlich Auch wenn das OZG dazu keinerlei Vorgaben macht, ist genutzt werden, müssen sie möglichst einfach und die Nutzerfreundlichkeit die entscheidende Voraus- nutzerfreundlich gestaltet werden. In den OZG- setzung für Akzeptanz und Erfolg jeglicher Digitalange- Themenfeldlaboren wird der Nutzer- und der Verwal- tungsperspektive viel Raum gegeben. Durch interdis- bote. Mit dem Digitalen Servicestandard (Abb. 6) liegt nun ein allgemeiner Referenzpunkt vor, der den Aspekt ziplinär besetzte Workshops, an denen Vertreter aus der Nutzerorientierung und fortlaufenden Qualitäts- Bund, Ländern und Kommunen unter Hinzunahme von kontrolle ins Zentrum rückt und Prinzipien für das De- Nutzern offen und kreativ zusammenarbeiten, wird die sign von digitalen Verwaltungsleistungen definiert. Der Verwaltung stärker als bisher üblich dazu angeregt, Be- Servicestandard sollte Ausgangspunkt jedes Entwick- stehendes zu überdenken, um einfachere und prakti- lungsprozesses sein und in Zukunft größere Verbind- kablere Lösungen zu finden. Den Vorgaben der SDG- lichkeit erhalten. Neben Nutzerfeedbacks bedarf es ! VO folgend, soll die Qualität von Onlineleistungen in auch der Messung und Analyse des Nutzerverhaltens Zukunft kontinuierlich überprüft und Nutzerfeedback (z.B. Abbrüche). Dafür werden heute noch zu wenige eingeholt werden. Dies wird für alle OZG-Leistungen Daten gesammelt. Sinnvoll wäre ein Mindest-Datenset gelten. Die Ergebnisse sollen öffentlich einsehbar sein. für alle Leistungen. Nur wer misst, kann (nach)steuern. Wie weitreichend die Vereinfachungsvorschläge sind, Verwaltungsleistungen vor ihrer Digitalisierung zu ver- hängt derzeit weitestgehend vom Zufall ab, d.h. von der einfachen, ist eine altbekannte Forderung. Die bisher individuellen Zusammensetzung der Entwicklungsge- gesammelten rechtlichen Änderungswünsche wurden meinschaften und der Ambition ihrer Federführer. Je bisher jedoch nicht in Gesetzgebungsvorhaben über- weitreichender die Änderungswünsche gegenüber dem führt. In der Regel war es möglich, den Mindestreife- Status quo sind, desto umfangreicher fallen die gesetz- grad 3 für OZG-Leistungen auch ohne Rechtsanpassun- lichen Änderungsbedarfe und technischen Umset- gen umzusetzen. Dennoch gilt: Je umsetzungsorien- zungsmaßnahmen aus. Die Entwicklungsgemeinschaf- tierter das Recht angepasst wird, desto mehr „Beinfrei- ten sind beauftragt, diese Bedarfe zu dokumentieren. Es heit“ haben die Designer und Techniker bei der Gestal- obliegt dann den Federführern, sie umzusetzen und ggf. tung nutzerfreundlicher und praxistauglicher Lösun- Rechtsänderungen zu veranlassen. Zwischenzeitlich gen. Die identifizierten Rechtsänderungen sollten von wurden mehr als 40 Rechtsänderungswünsche gesam- zuständigen Ministerien baldmöglichst angegangen melt. werden. Das geplante Normenscreening wird nicht weiterver- Unverständlich ist, warum die generelle Abschaffung folgt. Die Bundesregierung hatte sich vorgenommen, der Schriftform so kategorisch ausgeschlossen wird. alle bestehenden Gesetze erneut auf ihre Digitaltaug- Denn auch die Ankündigung, Schriftformerfordernisse lichkeit zu überprüfen und entbehrliche Unter- im Zuge der OZG-Umsetzungs-Gesetze abzuschaffen, schriftserfordernisse und Papiernachweise zu strei- wurde nicht erfüllt. So wurde beim Gesetz zur Digitali- chen. Da das Normenscreening der letzten Legislatur sierung von Familienleistungen die Schriftform beibe- nur mäßigen Erfolg hatte (individuelles Ringen um jede halten. Für Online-Elterngeldanträge ist somit der neue einzelne Schriftform), wurde vorgeschlagen, die Be- Personalausweis Pflicht, obwohl seine Nutzbarkeit mä- weislast des Normenscreenings einfach umzudrehen ßig ist. Dies ist einer der Gründe, warum die digitale („Die Schriftform ist abgeschafft, es sei denn …“). Der Nutzungsquote im Gesetzentwurf nur auf 40% ge- generellen Abschaffung der Schriftform hat die Bun- schätzt wurde, obwohl 80% erreichbar wären. Wie sehr desregierung eine Absage erteilt. Sie sieht es als un- die Nutzungsquote steigen kann (um das Neunzehnfa- möglich an. Eine solche Generalsklausel würde die „Er- che), zeigt die Senkung der Authentifizierungsschwelle kennbarkeit der Rechtslage für die Betroffenen er- bei der Online-KFZ-Anmeldung, die in BY wegen der schweren“ und sei „nicht wünschenswert“. Corona-Lage vorrübergehend ermöglicht wurde. Ausweislich des Koalitionsvertrages und bestärkt durch Dass aufgrund mangelnder Motivation der Bundesmi- Empfehlungen des Digitalrates sollen zukünftige Ge- nisterien, keine Pilotverfahren für den Digital-Check setze frühzeitig auf ihre Digitaltauglichkeit geprüft gefunden werden konnten, ist bedauerlich. Dies gilt werden. Als Orientierung wird auf einen Digitaltaug- auch für die Entscheidung, in dieser Legislaturperiode lichkeits-Check im dänischen Gesetzgebungsverfahren von der generellen Einführung eines Digital-Checks ab- verwiesen. Auch der E-Government-Prüfleitfaden von zusehen. Das stattdessen im BMI aufgesetzte Konzep- NKR und IT-Planungsrat verfolgt ein solches Ziel. Das tionsprojekt plant, bis zu Beginn der nächsten Legisla- ! Digitalkabinett hat im Herbst 2019 entschieden, den turperiode Vorschläge für einen Digital-Check auszuar- Digital-Check anhand zweier Piloten zu erproben. Zu- beiten. Aufgegriffen werden sollten dabei Erkenntnisse letzt hat NRW beschlossen, einen Digital-Check in sei- des laufenden NKR-Projekts zur digitalisierungstaug- nem Gesetzgebungsverfahren zu verankern. lichen Gestaltung von Rechtsbegriffen. 15
Voraussetzung für ein hohes Maß an Nutzerfreund- Während die OZG-Umsetzung bereits ins vierte Jahr lichkeit ist die Verwirklichung des Once-Only-Prin- geht, steht die Registermodernisierung noch ganz am zips. Daten von Bürgern und Unternehmen sollen von Anfang. Als Erfolg darf gelten, dass vor Ablauf der Le- der Verwaltung leichter genutzt und nicht immer wie- gislaturperiode zwei wesentliche Gesetze auf den Weg der aufs Neue angegeben werden müssen. Erforderlich gebracht worden sind. Beide Gesetze enthalten Kon- ist die Ertüchtigung des öffentlichen Datenmanage- fliktpotential und offene Fragen, die die Geset- ments. Kern ist die Registermodernisierung. Hinzu zesumsetzung zu einer Herausforderung machen. Wei- kommt die Notwendigkeit der Datenfeldstandardisie- tere Rechtsanpassungen sind nötig. Die Gesamtkoordi- rung und Rechtsanpassung. Das Registermodernisie- nierung der einzelnen Teilprojekte der Registermoder- rungsgesetz wie auch das Unternehmensbasisregis- tergesetz bilden erste rechtliche Grundlagen für die nisierung ist noch unterentwickelt. Angesichts der Be- deutung und Größe der Aufgabe (insbesondere Quali- Nutzbarmachung von Registerdaten. Hinzu treten wei- tätssicherung und Konsolidierung der Datenbestände) ! tere laufende oder noch ausstehende Registerprojekte bedarf es zur erfolgreichen Umsetzung ähnlicher Pro- und Rechtsänderungen (AZR, Zensus, Bildung, Ge- grammstrukturen, Personalressourcen und politi- bäude). Zuletzt hatte der IT-Planungsrat ein „Zielbild scher Aufmerksamkeit wie für das OZG selbst. Um Re- Registermodernisierung“ beschlossen. Zum Register- gisterdaten nutzen zu können, müssen diese inhaltlich modernisierungsgesetz und den datenschutzrechtli- und technisch zu dem passen, was digitale Verwal- chen Fragestellungen rund um die Verwendung der tungsverfahren als Input verlangen. Erforderlich ist ein Steueridentifikationsnummer als einheitlichem Perso- bewusstes Matching der Datenbestände über die Da- nenkennzeichen hat der NKR ausführlich Stellung ge- tenfelder der Onlineverfahren bis hin zu den rechtli- nommen und einen „Faktencheck“ erstellt. chen Definitionen der zu Grunde liegenden Gesetze. IV. Architekturmanagement, Infrastruktur, Standardisierung Sachstand Bewertung Die OZG-Leistungen werden erst dann zugänglich, Die Verknüpfung bestehender Portale folgt der prag- wenn sie im Portalverbund, d.h. den verknüpften Ver- matischen Logik, auf Bestehendem aufzubauen. Die waltungsportalen von Bund, Ländern und Kommunen, bloße Verlinkung bleibt in Sachen Nutzerfreundlich- verfügbar gemacht werden. Das Bundesportal ist nach keit gegenüber einem stärker integrierten Ansatz je- einer längeren Testphase zwischenzeitlich in den Re- doch unterlegen. Dies gilt insbesondere für Unterneh- gelbetrieb übergegangen. Prinzipiell abrufbar sind auch men, die bundesweit gleichartige Onlinelösungen er- die Leistungen von 13 der 16 Länder. Die Verknüpfung warten. Mit der vereinfachten Verknüpfungsfunktion der Portale wird durch eine Such- und Weiterleitungs- wird das Ziel, mit drei Klicks zur Leistung zu kommen, funktion ermöglicht. Auf eine stärkere Integration der nicht erreicht. Auch die Integration von Spezialporta- Portale wird verzichtet. Eine entsprechende Umset- len wird bisher nicht aktiv verfolgt. Der Zerfaserung zungslösung hatte sich als zu komplex herausgestellt. des Portalverbundes und der digitalen Verwaltungsan- Offen ist die Frage, wie stark Portale für Bürger mit de- gebote muss begegnet werden. Auch Auffindbarkeit, nen für die Wirtschaft verschmolzen und inwiefern Form und Präsentation der Onlineleistungen bestim- auch spezifische Fachportale integriert werden. men über den OZG-Erfolg. Der Zugang zum Portalverbund soll über Servicekonten Es ist noch nicht absehbar, ob es gelingt und im Auf- erfolgen. Darin sollen Bürger und Unternehmen unter- wand angemessen ist, die Bürgerkonten untereinander schiedliche Möglichkeiten erhalten, sich für digitale An- und europaweit kompatibel zu machen, anstatt sich gebote auszuweisen sowie ihre Daten verwalten und zwischen Bund und Ländern auf eine einheitliche Infra- freigeben zu können. Bund und Länder entwickeln ver- strukturlösung zu einigen. Der Verbund interoperabler schiedene Bürgerkonten, die untereinander und auch EU-weit interoperabel sein müssen. Zwischenzeitlich sind Bund und Länder den Forderungen aus der Wirt- schaft gefolgt und arbeiten an einem bundesweit ein- Bürgerkonten sollte bis 2021 lauffähig sein. Notwendig gewordene Gesetzesänderungen sind zwischenzeitlich erfolgt, trotzdem führen weitere offene Fragen zu Ver- zögerungen. Dass es demgegenüber ein einheitliches ! heitlichen Unternehmenskonto auf Basis der Elster- Unternehmenskonto geben soll, ist eine gute Nach- Infrastruktur der Steuerverwaltung. Als Ergänzung zum richt. Es soll auf der Elster-Infrastruktur basieren und Servicekonto soll ein bundeseinheitliches Daten- 2022 zur Verfügung stehen. Auch hier sind etliche De- schutzcockpit angeboten werden. tailfragen noch offen. Laut Koalitionsvertrag soll der elektronische Personal- Es gibt einen enormen Bedarf nach einer sicheren, ver- ausweis (ePA) zu einem universellen, sicheren und ein- breiteten und nutzerfreundlichen digitalen Authentifi- fach einsetzbaren Authentifizierungsmedium werden, zierungsmöglichkeit, gerade auch im privatwirtschaftli- das auch im privatwirtschaftlichen Bereich Anwendung chen Bereich. Parallele Entwicklungen sollten vermie- findet. Angesichts fehlender Nutzerfreundlichkeit des den werden, um Bürger nicht mit mehreren, wechsel- 16
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