Boden-Dauerbeobachtung in Schleswig-Holstein - Boden - lebendig, unverzichtbar und stark unter Druck
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Herausgeber: Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) Geologischer Dienst Hamburger Chaussee 25 24220 Flintbek Tel: 0 43 47 / 704-0 www.schleswig-holstein.de/llur Ansprechpartner: Dr. Karen Klüver Telefon 04347 704-549 karen.kluever@llur.landsh.de Autoren: Dr. Karen Klüver Dr. Dirk-Christian Elsner Dr. Marek Filipinski Dr. Eckhard Cordsen Matthias Gieske Titelfotos (Fotoautoren): Obere Reihe: Bodenprofil im Pürckhauer (Erdbohrstock) (Foto: Dr. Marek Filipinski, LLUR) 2. Reihe links: Bodenbestimmung durch Fingerprobe (Foto: Carsten Peters, LLUR) 2. Reihe rechts: Stechzylinderentnahme in einer Profilgrube (Foto: Dr. Marek Filipinski, LLUR) 3. Reihe links: Aufbereitung einer Bodenprobe im Labor. (Foto: Landeslabor Schleswig-Holstein/Nack) 3. Reihe Mitte: Bestimmung der Korngrößenverteilung im Boden (Foto: Landeslabor Schleswig-Holstein/Nack) 3. Reihe rechts: Erfassung von Regenwürmern im Boden (Foto: IFAB Institut für Angewandte Bodenbiologie GmbH, Hamburg) PDF der Broschüre im Internet www.schleswig-holstein.de/llur unter „Broschüren/Karten“ ⇒ Geologie/Boden Schriftenreihe: LLUR SH – GB 24 ISBN 978-3-937937-98-4 Juli 2020 Herstellung: Pirwitz Druck & Design, Kiel Diese Broschüre wurde auf Recyclingpapier hergestellt. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswig-holsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zu Gunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zur verwenden. Die Landesregierung im Internet: www.landesregierung.schleswig-holstein.de
Inhalt Vorwort ..................................................................................................................................................................4 Was ist Boden? ................................................................................................................................................5 Zum vorsorgenden Schutz des Bodens: Boden-Dauerbeobachtung ....................7 Basis-Boden-Dauerbeobachtung................................................................................................................9 Intensiv-Boden-Dauerbeobachtung ...........................................................................................................9 Standorte in Schleswig-Holstein .......................................................................................................13 Verändert sich der Boden? – Erkenntnisse aus der Basis-Boden-Dauerbeobachtung .................................................14 Humus im Boden – Ein wichtiger ökonomischer wie ökologischer Faktor........................................14 Wie steht es mit Schwermetallen und Arsen im Boden? ......................................................................15 Woher stammen organische Schadstoffe im Boden? ...........................................................................16 Der Boden lebt – Biologische Untersuchungen....................................................................17 Regenwürmer und Kleinringelwürmer – Zersetzer der organischen Substanz.................................18 Bodenmikroorganismen – ein Heer von Arbeitern im Boden .............................................................19 Pflanzen – Zeiger für Bodenbeschaffenheit und Bodenzustand..........................................................20 Flechten – Zeigerarten für Luftgüte und Klimawandel ..........................................................................21 Stoffausträge – Intensiv-Boden-Dauerbeobachtung .........................................................23 Ökologisch und ökonomisch problematisch – Nährstoffausträge ......................................................23 Austräge von Schwermetallen und Arsen ...............................................................................................29 Boden-Dauerbeobachtung – Ergebnisse für die Umwelt..............................................31 Ausblick ..............................................................................................................................................................33 Literaturverzeichnis.....................................................................................................................................34 Anhang................................................................................................................................................................36 3
Vorwort Böden erfüllen eine Vielzahl von Funktionen für Dauerbeobachtung hat sich für den vorsorgen- den Naturhaushalt und für verschiedene Nut- den Bodenschutz zu einem unverzichtbaren In- zungsoptionen der Gesellschaft. Gleichzeitig strument entwickelt. sind Böden leicht zerstörbar und nicht vermehr- bar. Daher muss die begrenzte Ressource Bo- Da sich Veränderungen des Bodens systembe- den im Widerstreit der unterschiedlichen An- dingt nur sehr langsam zeigen, bedarf es lang- sprüche so eingesetzt werden, dass sie ihre fristiger Messreihen zur statistischen Absiche- Schutz- und Nutzungsfunktionen optimal erfül- rung der Veränderungstendenzen. Die gewon- len kann. nenen Erkenntnisse liefern über den Boden- schutz hinaus auch Antworten für vielfältige Fra- Um Nutzungsansprüchen und Schutzerforder- gestellungen der Umwelt- und Klimapolitik. nissen gleichermaßen gerecht zu werden, ist es erforderlich, die komplexen Eigenschaften von Dank gilt den Grundeigentümern, die durch Böden und die Faktoren, die die bodenbilden- ihre Kooperationsbereitschaft die Boden-Dau- den Prozesse steuern, zu verstehen und schädli- erbeobachtung des Landes in dieser Qualität che Einwirkungen auf den Boden zu erkennen. und Aussagekraft erst möglich machen. Diese Erkenntnisse sind die Voraussetzung für die Prognose von Entwicklungen und die Erar- beitung von Schutzstrategien. Mit der Boden-Dauerbeobachtung wurde 1989 Abteilungsleiterin Geologie und Boden eine wichtige Grundlagenarbeit begonnen, die – Geologischer Dienst – die Abteilung Geologie und Boden des LLUR Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und als Obere Bodenschutzbehörde bis heute kom- ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein petent und zuverlässig weiterführt. Die Boden- 4
Was ist Boden? Boden ist – vereinfacht ausgedrückt – die obers- ze) ist für den Menschen nicht sichtbar. Es ent- te, dünne Haut der Erde. Sie hat sich zum Teil steht infolgedessen oftmals der Eindruck, dass über einen Zeitraum von mehreren Jahrtausen- es sich bei Boden im Wesentlichen nur um leb- den entwickelt. Im Gegensatz zu tiefer liegen- loses Material handelt. Erst ein genauerer Blick den und unbelebten Schichten des Untergrun- zeigt das vielfältige Leben im Boden sowie auch des ist der Boden der Lebensraum für eine Viel- die allein schon optisch gut zu erkennenden zahl von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen. Unterschiede zwischen den einzelnen Bodenty- Ein Großteil der Organismen (Bakterien und Pil- pen bzw. Bodenprofilen in Schleswig-Holstein. Die natürliche Entwicklung des Bodens wird entscheidend durch den jeweiligen Naturraum des Landes bestimmt. In Schleswig-Holstein werden von Ost nach West die Naturräume Östliches Hügelland (Jungmoränen), Niedere Geest (Vorgeest), Hohe Geest (Altmoränen) und die Marschen unterschieden. Vor allem das sehr unterschiedliche Ausgangs- material in diesen Naturräumen beeinflusst die Bodenentwicklung. Sandiges Material nimmt eine andere Entwicklung als lehmiges oder to- niges Ausgangsmaterial. Auch Faktoren wie Grund- und Stauwasser, Niederschlagshöhe und –verteilung, Temperatur und Vegetation beeinflussen die Bodenentwicklung. Darüber hinaus greift nicht zuletzt der Mensch durch vielfältige Nutzungen in den Boden ein. Die genannten Faktoren bestimmen die natürli- chen Standorteigenschaften des Bodens, wie beispielsweise Luftversorgung, Wasserversor- gung, Wärmehaushalt, natürliche Nährstoffvor- räte, Durchwurzelbarkeit, Wasserdurchlässig- keit und Bindungsvermögen für Nähr- und Abbildung 1: Parabraunerde, Boden vor allem des Schadstoffe. Diese Standorteigenschaften stel- östlichen Hügellandes (Foto: Dr. Marek len wiederum die Grundlage für die land- und Filipinski) forstwirtschaftliche sowie gärtnerische Nut- zung dar. Neben dieser wirtschaftlichen Nutzung leistet der Boden jedoch noch deutlich mehr für Mensch und Umwelt. Boden reinigt das Nie- derschlagswasser bei der Passage durch die Bodensäule und verhindert die Verschmut- zung des Grundwassers. Dies ist umso bedeu- tender, da das Trinkwasser in Schleswig-Hol- stein zu 100 Prozent aus Grundwasser gewon- nen wird. Diese Fähigkeit des Bodens ist – und dies darf nie vergessen werden – letztlich be- grenzt. Der Boden verändert sich bei fortdau- Abbildung 2: Gley-Podsol, typischer Boden der erndem Eintrag. Gehalte im Boden können so Vorgeest (BDF09) (Foto: Dr. Marek weit ansteigen, dass die Stoffe letztlich ver- Filipinski) stärkt wieder freigesetzt werden. Der Boden 5
Abbildung 5: Niedermoor, Boden der Niederungen (Foto: Dr. Marek Filipinski) entwickelt sich von einer Senke zu einer Quel- le von Nähr- und Schadstoffen. Die freiwer- denden Stoffe können über die Nutzpflanzen oder das Trinkwasser bis in die menschliche Nahrung gelangen und zu gesundheitlichen Risiken führen. Da zudem der zunehmende Verbrauch von Flächen (Siedlungen, Gewerbe- Abbildung 3: Braunerde, verbreiteter Boden des Östlichen Hügellandes, der und Industrieflächen, Verkehrswege, etc.) und Vorgeest und der Hohen Geest (Foto: Dr. Marek Filipinski) der Abbau von Rohstoffen (Sand, Kies, Ton, Kalk, etc.) den natürlich gewachsenen Boden und somit den Boden als Schutzschicht für das Grundwasser zerstört und die Flächen für Grundwasserneubildung reduziert, ist es umso dringlicher, den nicht versiegelten, intakten Boden zu schützen. Abbildung 4: Kalkmarsch, Boden des Naturraums Marsch (BDF06) (Foto: Dr. Marek Filipinski) 6
Zum vorsorgenden Schutz des Bodens: Boden-Dauerbeobachtung Der zunehmende Flächenverbrauch sowie die im Zusammenhang mit der Bodennutzung und steigende intensive Bodennutzung rückten den der Bodenbewirtschaftung erwachsen. Schutz des Bodens schon vor Jahrzehnten ins öffentliche Bewusstsein. In der Bodenschutz- Um möglichst frühzeitig die Veränderungen des konzeption der Bundesregierung von 1985, Bodens zu erfassen, wurden in Schleswig-Hol- dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bo- stein schon Ende der achtziger Jahre die ersten denveränderungen und zur Sanierung von Alt- Boden-Dauerbeobachtungsflächen eingerichtet. lasten von 1998, der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung von 1999 sowie auf Lan- Die wesentlichen Ziele der Boden-Dauerbeob- desebene dem Landesbodenschutz- und Alt- achtung sind: lastengesetz von 2002 werden Ziele formuliert • die Beschreibung des aktuellen Zustandes und vor allem Anforderungen bei Nutzung des bei Einrichtung der Boden-Dauerbeobach- Bodens festgelegt. Das wesentliche Ziel ist der tungsfläche, Erhalt der Grundfunktionen des Bodens, d.h. • die langfristige Überwachung der Verände- der biologischen, chemischen und physikali- rungen durch Wiederholungsuntersuchungen schen Eigenschaften, um letztlich Mensch, Tier, und Pflanze und Grundwasser vor Belastungen zu • die Ableitung von Prognosen für die zukünfti- schützen. ge Entwicklung des Bodens. Neue Herausforderungen auch an den Boden Da wesentliche Veränderungen des Bodens nur und seine Bewirtschaftung sind die Einflüsse, sehr langsam ablaufen, ist für ihre Erfassung ein die der fortschreitende Klimawandel mit sich langfristiges Untersuchungsprogramm erforder- bringt. Änderungen des Bodenwasserhaushalts lich. Über viele Jahrzehnte hinweg werden da- und der Bodentemperatur sowie zunehmende her in der Boden-Dauerbeobachtung kontinu- Bodenerosion sind unmittelbare Auswirkungen, ierlich Beobachtungen nach festgelegter, mög- aus denen weitreichende Folgen für viele Bo- lichst durchgehender Methodik durchgeführt deneigenschaften und Bodenfunktionen auch (SAG 1991, Barth et al. 2000). Abbildung 6: Entnahme von Stechzylindern (Foto: Dr. Marek Filipinski) 7
Abbildung 7: Übersicht der Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Schleswig-Holstein (Karte: Bodenkundliche Hauptnaturräume, Entwurf: B. Burbaum, Layout K. Litzbach) BDF 01 - List/Sylt BDF21 - Speicherkoog Dithmarschen BDF 02 - Süderlügum BDF22 - Hindorf BDF 04 - Goldelund BDF23 - Bokhorst BDF 05 - Gintoft BDF24 - Bornhöved BDF 06 - Sönke-Nissen-Koog BDF25 - Kudensee/Landscheide BDF 07 - Pobüller Bauernholz BDF26 - Bad Bramstedt BDF 08 - Havetoftloit BDF27 - Lebatz/Tankenrade BDF 09 - Schub BDF28 - Groß Offenseth-Aspern BDF 10 - Holzdorf BDF29 - Lübeck/Niederbüssau BDF 11 - Lehmsiek BDF30 - Altendeich/Neuendorf BDF 12 - Vadersdorf/Fehmarn BDF31 - Pinneberg BDF 13 - St. Peter-Ording BDF32 - Hahnheide BDF 14 - Meggerdorf BDF33 - Hellbachtal BDF 15 - Achterwehr BDF35 - Lindhöft 1 BDF 16 - Schönberg/Schwartbuck BDF36 - Lindhöft 2 BDF 17 - Dannau BDF37 - Hamburger Hallig BDF 18 - Heringsdorf BDF38 - Witsum/Föhr BDF 19 - Mörel/Nindorf BDF39 - Hevenbruch BDF 20 - Wüstenfelde 8
Basis-Boden-Dauerbeobachtung bonaten, austauschbaren Kationen, pflanzen- Bei der Einrichtung der Flächen im Rahmen der verfügbaren Nährelementen (Phosphor, Kalium, Basis-Boden-Dauerbeobachtung (Standorte sie- Magnesium) sowie Eisen, Mangan und Alumini- he Abbildung 7) wurde eine erste Beschrei- um im Oxalat- und Dithionitauszug werden bung des Bodenzustandes vorgenommen. Sie auch Schwermetalle und Arsen im Königswas- erfolgte an einem für die Boden-Dauerbeob- ser-Aufschluss, im Ammoniumnitrat-Auszug achtungsfläche repräsentativen Bodenprofil (Acker) sowie als Gesamtgehalte gemessen. und ergänzend an Bodenprobenentnahmen auf Eine Zwischeninventur erfolgt jeweils sechs Jah- der Fläche bis zu zwei Metern unter Gelände- ren nach der Hauptinventur mit reduziertem oberfläche (Grundinventur). Neben der ausführ- Untersuchungsumfang. Neben Analysen auf lichen Feldansprache werden bodenchemische Trockenrohdichte, Wasserspannung, Wasser- und -physikalische Untersuchungen im Labor leitfähigkeit, dem Gehalt an organischem Koh- durchgeführt. Zudem wird seit Beginn der Bo- lenstoff, Gesamtstickstoff, pH-Wert, Gehalten an den-Dauerbeobachtung für jede Boden-Dauer- Carbonaten und Nährelementen (siehe oben) beobachtungsfläche (BDF) eine Schlagkartei werden Schwermetalle und Arsen als Gesamt- geführt, in der die Bewirtschaftung detailliert gehalte gemessen. und fortlaufend dokumentiert wird. An Standor- ten mit Grundwassereinfluss werden zudem alle Die Entnahmepunkte für die Bodenproben (DB) 14 Tage an einem in der Nähe befindlichen Be- im Rahmen der Boden-Dauerbeobachtung lie- obachtungsbrunnen die Wasserstände ermit- gen auf den Flächendiagonalen (siehe Abbil- telt. dung 8). Bei Wiederholungsbeprobungen wer- den diese Punkte um einen Meter im Uhrzeiger- Die langfristige Überwachung von Veränderun- sinn versetzt, um weiterhin ungestörte Boden- gen des Bodens erfolgt durch regelmäßige proben entnehmen zu können. Nach einem Wiederholungsuntersuchungen am Oberbo- festgelegten Mischschema werden drei Misch- den. Seit der Erstuntersuchung im Rahmen der proben generiert, um Angaben zur boden- und Grundinventur wurden alle Boden-Dauerbeob- probenahmebedingten Streuung der Ergebnis- achtungsflächen 1999 und 2009 erneut unter- se zu erhalten. Ziel der Basis-Boden-Dauerbe- sucht. Es wurden ausschließlich Oberböden un- obachtung ist die Beschreibung der Beschaf- tersucht, da davon ausgegangen wird, dass sich fenheit und des Zustands des Bodens (Merk- Veränderungen des Bodens durch äußere Ein- malsdokumentation) (siehe auch LLUR 2017 a). flüsse im Wesentlichen in den oberen Schichten wiederfinden werden. Ackerland wird in der Re- Zunehmende Probleme im bodenstrukturellen gel bis zu einer Tiefe von maximal dreißig Zenti- Bereich erfordern darüber hinaus die Doku- metern unter Geländeoberfläche, Grünland bis mentation bodenphysikalischer Kennwerte auch zu einer Tiefe von fünf Zentimetern untersucht. im Unterboden, die verstärkt in Angriff genom- Unter Wald werden die organische Auflage und men werden soll. der mineralische Oberboden getrennt vonein- ander beprobt, der mineralische Oberboden in der Regel bis zu einer Tiefe von fünf Zentime- Intensiv-Boden-Dauerbeobachtung tern. Seit 2013 wird das bis dahin zehnjährige Seit 2003 wurden fünf Basis-Boden-Dauerbeob- Untersuchungsintervall in eine Haupt- und eine achtungsflächen zu Intensiv-Boden-Dauerbeob- Zwischeninventur unterteilt und hierdurch an achtungsflächen (I-BDF) ausgebaut, eine Grün- die Untersuchungstermine der biologischen land- sowie vier Ackerflächen. Sie repräsentieren Untersuchungen (Bodenmikrobiologie, Vegeta- die vier schleswig-holsteinischen Naturräume tionskunde, Bodenzoologie) angepasst – alle 12 Östliches Hügelland, Niedere Geest (Vorgeest), bzw. 6 Jahre. Hohe Geest und Marsch (siehe Abbildung 7). Ein vollständiges Untersuchungsspektrum in Zusätzlich zu den bodenphysikalischen und bo- der Basis-Boden-Dauerbeobachtung erfolgt zur denchemischen Untersuchungen im Rahmen Hauptinventur alle zwölf Jahre. Neben Analysen der Basis-Boden-Dauerbeobachtung alle 6 Jah- auf Korngrößenverteilung, Trockenrohdichte, re erfolgen an diesen Standorten jährliche Un- Wasserspannung, Wasserleitfähigkeit, dem Ge- tersuchungen an Bodenproben. Das Kennwert- halt an organischem Kohlenstoff und Gesamt- spektrum für die Intensiv-Boden-Dauerbeob- stickstoff, dem pH-Wert, den Gehalten an Car- achtung umfasst neben Analysen auf Trocken- 9
rohdichte, dem Gehalt an organischem Kohlen- ckerwassermenge im Herbst und Winter dar. Je stoff, Gesamtstickstoff, pH-Wert, Gehalten an höher die mineralisierte Stickstoffmenge zu die- Carbonaten und pflanzenverfügbaren Nährele- sem Zeitpunkt ist, desto größer ist auch die menten (Kalium, Phosphor, Magnesium) auch Wahrscheinlichkeit von Auswaschungsverlusten. Schwermetalle und Arsen im Ammoniumnitrat- Auszug (Acker) sowie im Königswasser-Auf- Um Stoffflüsse zu erfassen, werden des Weite- schluss. ren Einträge über die Luft (Deposition) sowie Austräge durch Ernteentzug und Sickerwasser Zur Einschätzung des Stickstoff-Austragspotenti- erfasst sowie die Einträge durch mineralische als werden darüber hinaus Bodenproben in un- und organische Düngung ermittelt. Ziel ist es, mittelbarer Nähe der Intensiv-Boden-Dauerbe- die ablaufenden Stoffflüsse und -mengen im obachtungsflächen entnommen und auf den Boden zu berechnen und zu dokumentieren Gehalt an verfügbarem mineralisierten Stickstoff (siehe auch LLUR 2017 b). (Nmin) analysiert. Die Probenentnahme erfolgt in den Tiefen 0-30, 30-60 und 60-90 cm unter Zur Ermittlung des Nährstoffaustrages mit dem Geländeoberfläche. Sie wird jährlich an drei Ter- Sickerwasser werden Saugkerzen eingesetzt minen zu Vegetationsbeginn Ende März, nach (siehe Abbildung 9 und 10). Saugkerzen wer- der Ernte von Ackerkulturen im August/Septem- den so eingebaut, dass sie in direktem Kontakt ber und zum Ende der Vegetationsperiode im mit den Poren im Boden stehen. Durch Unter- November durchgeführt. Der Termin zum Ende druck wird Bodenlösung über die Saugkerzen der Vegetationsperiode stellt die Menge an ver- und unter der Bearbeitungstiefe verlegte Lei- fügbarem Stickstoff zu Beginn der Periode ver- tungen bis in die Sammelbehälter am Feldrand minderter Evapotranspiration sowie erhöhter Si- transportiert (siehe Abbildung 8 und Abbil- Abbildung 8: Schema einer Basis-Boden-Dauerbeobachtungsfläche, mit zusätzlicher Saugkerzen- und Depositionsmessanlage ausge- baut zur Intensiv-Boden-Dauerbeobachtung (CAU 2010) 10
Abbildung 9: Saugkerze mit Transportleitungen (Foto: LLUR) Abbildung 10: Einbau einer Saugkerze im Boden (Foto: LLUR) Pumpe Transportleitungen Sammelbehälter Manometer Abbildung 11: Metallbehälter mit Sammelbehältern und Transportleitungen (Foto: LLUR) dung 11). Die Einbautiefe der Saugkerzen und melgefäßen erfolgt wöchentlich. In der Boden- Transportleitungen beträgt 75 cm. Durch diese lösung werden die Gehalte an Stickstoff, Phos- Tiefe ist sichergestellt, dass die Bewirtschaftung phor und Kalium bestimmt und seit 2012 – zur der Fläche ohne Beeinträchtigung durch die Erfassung der Schadstoffsituation – zusätzlich eingebauten Apparaturen weitergeführt wer- die Gehalte an Schwermetallen und weiteren den kann. Die Probenentnahme aus den Sam- Elementen. 11
Niederschlagssammler Bulk-Depositionssammler Niederschlagsmessgerät Abbildung 12: Niederschlags- und Depositionsmessanlage (Foto: LLUR) Jede Intensiv-Boden-Dauerbeobachtungsfläche Schwermetalle und Arsen im Erntegut sowie in ist mit einer Depositionsmessstelle ausgestattet, Wirtschaftsdüngern und seit 2015 auch in mine- die Niederschläge und Einträge aus der Luft ralischen Kali-, Phosphor- und Kalkdüngern (nasse Deposition und Gesamtdeposition) er- analysiert. fasst (siehe Abbildung 12). Die in der Depositi- onsmessstelle gewonnenen Proben werden in Um den Wasserhaushalt im Boden beurteilen zu gleicher Weise auf ihre Gehalte an Nähr- und können, wurde 2017 und 2018 an jeweils einer Schadstoffen untersucht wie die Sickerwasser- Intensiv-Boden-Dauerbeobachtungsfläche ein proben. bodenhydrologischer Messplatz eingerichtet. In zwei Tiefen, d. h. in 60 cm sowie in 100 bzw. 110 Zur Ermittlung der bewirtschaftungsbedingten cm Bodentiefe, wurden Sensoren eingebaut, die Ein- und Austräge von Nährstoffen werden ei- Bodenfeuchte, Bodentemperatur und Wasser- nerseits die Anwendungsmengen und Gehalte spannung, also die Bindungsintensität des Was- im auszubringenden Dünger sowie andererseits sers im Boden, messen. Durch diese Daten wird die Erntemengen und Gehalte im Erntegut un- es möglich sein, Veränderungen des Bodenwas- tersucht. Seit 2012 werden zur Erfassung der serhaushaltes – auch im Hinblick auf Auswirkun- Schadstoffein- und -austräge ergänzend gen des Klimawandels – zu dokumentieren. 12
Standorte in Schleswig-Holstein Seit 1989 – schwerpunktmäßig bis 1993 – wur- liegen achtundzwanzig auf landwirtschaftlich den 39 Boden-Dauerbeobachtungsflächen genutzten Flächen, fünf in Wäldern, drei auf Flä- (BDF) in Schleswig-Holstein eingerichtet. Der- chen mit natürlicher Entwicklung (Sukzession) zeit werden noch 37 BDF davon betrieben – und eine Fläche wird als Baumschule genutzt. verteilt über das gesamte Landesgebiet (siehe Abbildung 7 und Anhang 1). Für eine langfristige Verfügbarkeit dieser Stand- orte als Boden-Dauerbeobachtungsflächen wer- Die jeweils eintausend Quadratmeter großen den mit den Landwirten und Eigentümern Ge- Flächen wurden auf Standorten eingerichtet, stattungsverträge abgeschlossen, um Betre- die die unterschiedlichen Böden im Land, ihre tungs- und Probenentnahmerechte abzusichern Ausgangsmaterialien und Nutzungen wider- sowie Bewirtschaftungsdaten erfassen zu las- spiegeln. Von den Untersuchungsstandorten sen. Abbildung 13: Intensiver Ackerbau in der Marsch (BDF 06) (Foto: Dr. Marek Filipinski) Abbildung 15: Sukzessionsfläche im Dünengebiet auf Sylt (BDF 01) (Foto: Dr. Marek Filipinski) Abbildung 14: Naturwald im Östlichen Hügelland (BDF 39) (Foto: Dr. Marek Filipinski) 13
Verändert sich der Boden? – Erkenntnisse aus der Basis-Boden-Dauerbeobachtung Welche Entwicklungstendenzen oder gegebe- In zunehmender Weise darf im Hinblick auf den nenfalls auch Belastungssituationen lassen sich Klimawandel ein weiterer Punkt nicht uner- in Schleswig-Holstein feststellen? Im Rahmen wähnt bleiben: Boden speichert im Humus Koh- der Basis-Boden-Dauerbeobachtung wurden lenstoff. Kohlenstoff ist Bestandteil von Kohlen- unter anderem die Gehalte an Humus sowie dioxid, das als eines der Treibhausgase in der Schwermetallen und Arsen und ergänzend an Atmosphäre die Erderwärmung verstärkt. Hu- einzelnen Terminen auch die Gehalte an orga- mus wirkt somit als Kohlenstoffspeicher und nischen Schadstoffen untersucht und ausgewer- dementsprechend dem Klimawandel entgegen. tet. Bei der Bedeutung, die der Humus aufgrund der oben genannten Funktionen für die Umwelt Humus im Boden – hat, sollte auf einen konsequenten Erhalt der Ein wichtiger ökonomischer wie Humusgehalte im Boden geachtet werden. Bei ökologischer Faktor! der Landbewirtschaftung muss daher eine aus- Humus ist die fein zersetzte organische Sub- reichende Humusversorgung durch Zufuhr von stanz aus abgestorbenen tierischen und pflanz- organischer Substanz in Form von z. B. Wirt- lichen Stoffen im Boden. Humus erhöht das schaftsdünger, Ernte- und Wurzelresten, Zwi- Vermögen des Bodens Wasser, Nähr- und schenfruchtanbau, etc. sichergestellt werden. Schadstoffe zu speichern und verhindert einen Dies ist vor allem zwingend notwendig, da be- Nähr- und Schadstoffeintrag in das Grundwas- fürchtet wird, dass der Klimawandel durch zu- ser. Humus verbessert die Bodenstruktur und nehmende Erwärmung zusätzlich zur Beschleu- sorgt für ein günstiges Luft-/Wasserverhältnis nigung von Umsetzungsprozessen und damit für Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen im Bo- zur Freisetzung von Kohlendioxid aus dem Bo- den. den beiträgt. Abbildung 16: Mengen an organi- schem Kohlenstoff (Corg – oben) und Gesamtstickstoff (N – unten) im mi- neralischen Ober- boden der Boden- art Lehm (Ap, max. 0-30 cm) von Standorten der Bo- den-Dauerbeob- achtung unter Ackernutzung 14
Häufig wird die Besorgnis geäußert, dass der Wie steht es mit Schwermetallen Humusgehalt durch intensive Bewirtschaftung und Arsen im Boden? verringert wird. Können wir solche Veränderun- Von Natur aus kommen Schwermetalle (z. B. gen im Humusgehalt des Oberbodens feststel- Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Queck- len? Antworten liefern die Ergebnisse der Bo- silber, Zink) und Arsen in schleswig-holsteini- den-Dauerbeobachtung. schen Böden nur in Spuren vor. Einige Schwer- metalle sind für viele Lebewesen lebensnotwen- Anhand der Untersuchungen zur Boden-Dauer- dig, wie z. B. Kupfer und Zink. Sie gehören so- beobachtung können in lehmigen wie auch in mit zu den essentiellen (lebensnotwendigen) sandigen Böden, die seit Beginn des Monito- Spurenelementen. Andere Schwermetalle wie rings ausschließlich unter Ackernutzung oder Cadmium, Blei oder Quecksilber werden nicht unter Grünlandnutzung standen, keine generel- benötigt, sind dementsprechend nicht essen- len Veränderungen der Vorräte an organischem tielle Schwermetalle. Sowohl essentielle als Kohlenstoff sowie auch Stickstoff im minerali- auch nicht essentielle Schwermetalle können schen Oberboden in Schleswig-Holstein festge- bei Mensch, Tier und Pflanze sowie auch Mikro- stellt werden. Die berechneten Mengen an or- organismen schon in leicht erhöhten Konzentra- ganischem Kohlenstoff und Gesamtstickstoff tionen Schäden hervorrufen. Eine Belastung sind beispielhaft an lehmigen Oberböden unter des Bodens und somit der dort wachsenden Ackernutzung (siehe Abbildung 16) dargestellt. Kulturpflanzen sowie auch des Grundwassers ist Derzeit ist in mineralischen Böden nicht von ei- daher schon im Vorwege zu vermeiden. nem generellen Humusschwund auszugehen. Auch die C/N-Verhältnisse zeigen über die Jah- Schwermetalle und Arsen werden über die Luft re keine Veränderungen. Das C/N-Verhältnis ist sowie über mineralische und organische Dün- ein Maß für die Humusqualität im Boden. Je en- ger und Pflanzenschutzmittel in den Boden ein- ger des C/N-Verhältnis ist, desto größer ist in getragen. Sinkende pH-Werte im Boden führen Mineralböden der Huminsäureanteil der organi- zudem zu einer Mobilisierung (Freisetzung) und schen Substanz und desto höher ist die Nähr- ggf. zu einer Verlagerung bis in das Grundwas- stoffspeicherkapazität. Werte unter 10 weisen ser. auf eine gute Humusqualität hin. Bei Werten von C/N > 25 erfolgt aufgrund von Stickstoff- Im Hinblick auf die Situation in Schleswig-Hol- mangel eine Festlegung von Stickstoff im Bo- stein zeigen die Gesamtgehalte an den o. g. den, so dass die Verfügbarkeit von Stickstoff re- Schwermetallen und Arsen in der Regel bei san- duziert und der Abbau organischer Substanz digem Bodenausgangsmaterial sehr geringe behindert ist. Während auf lehmigen Acker- Werte, zum Teil unterhalb der Bestimmungs- standorten seit Beginn der Boden-Dauerbeob- grenze. Lehmige Böden sowie Böden aus Mar- achtung C/N-Verhältnisse von 8-10 ermittelt schensediment weisen durch das Ausgangsma- wurden, sind auf sandigen Böden teilweise terial bedingt im landesweiten Vergleich für Ar- deutlich höhere Werte zu finden. Insbesondere sen sowie die Schwermetalle Chrom, Nickel auf Böden des Bodentyps Podsol liegen die und Zink deutlich höhere Gehalte auf, die aber C/N-Verhältnisse zum Teil zwischen 17 und 20. nicht im Besorgnis erregenden Bereich liegen. Insgesamt sind die Gehalte an Schwermetallen Bei Nutzungsänderung, d. h. Grünlandumbruch und Arsen in Böden Schleswig-Holsteins sowie und nachfolgender Ackernutzung, ist aufgrund ihre Veränderungen als gering zu bezeichnen. der starken Mineralisierung nach dem Umbruch Aufgrund der nach wie vor begrenzten Anzahl sowie der verstärkten Bodenbearbeitung unter an Untersuchungszyklen bedürfen die ermittel- Ackernutzung eine Abnahme des Humusvorra- ten Änderungen in den Gehalten zur statisti- tes vorprogrammiert. Es stellt sich langfristig ein schen Absicherung der Ergebnisse weiterer Un- niedrigerer, der Bewirtschaftung entsprechen- tersuchungen. der Humusvorrat ein. 15
Woher stammen organische Schadstoffe im Boden? Die in der Umwelt nachgewiesenen organi- - Polychlorierte Dibenzodioxine (PCDD) und schen Schadstoffe umfassen eine Vielzahl von Polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) unterschiedlichen Stoffgruppen. Sie stammen - Dioxinähnliche Polychlorierte Biphenyle zum weit überwiegenden Teil aus anthropoge- (dl-PCB), seit 2009 nen, d. h. durch den Menschen verursachte Quellen, nur zum geringen Teil entstehen sie Die ermittelten Gehalte an organischen Schad- natürlicherweise, z. B. durch Waldbrände und stoffen sind weit überwiegend sehr gering, häu- Vulkanismus. Eine Vielzahl von organischen fig liegen sie unterhalb der Bestimmungsgren- Schadstoffen gelangt durch unvollständige, also ze. Sie sind nahezu identisch mit den landes- unter Sauerstoffmangel ablaufende Verbren- weiten Hintergrundwerten stofflich gering be- nungsprozesse fossiler Brennstoffe, unter ande- einflusster Böden Schleswig-Holsteins (siehe rem Kohle und Erdöl, sowie Holz in die Umwelt. auch LLUR 2011). Bei der Differenzierung der Vor allem Industrieanlagen, Kraftfahrzeuge und Schadstoffgehalte nach Bodenarten weisen die Heizungsanlagen können organische Schadstof- untersuchten Böden aus Torf in der Regel die fe ausstoßen. Aber auch industriell hergestellte höchsten Gehalte auf. Dies liegt aber im erwar- Endprodukte sind potentielle Quellen, z. B. lö- teten Bereich, da die Torfe mit dem hohen An- semittelhaltige Produkte, teerölhaltige Anstri- teil an organischer Substanz besonders hohe che, Schmierstoffe. Bindungskapazitäten aufweisen. Die in der Bun- des-Bodenschutz- und Altlastenverordnung ge- Problematisch sind organische Schadstoffe auf- nannten Werte und Anforderungen werden – grund ihrer vielfältigen gesundheitsgefährden- bis auf sehr wenige Einzelfälle – deutlich unter- den Wirkung. Sie können unter anderem krebs- schritten. Eine statistisch abgesicherte Ände- erregend sein oder das Immunsystem schädi- rung der Gehalte an organischen Schadstoffen gen. Viele organische Schadstoffe weisen eine im Zeitverlauf ist aufgrund der sehr niedrigen hohe Langlebigkeit auf und können sich in Bo- Gehalte sowie der insgesamt nach wie vor rela- den, Grund- und Oberflächenwasser sowie in tiv geringen Anzahl an Befunden nicht möglich. Mensch, Tier und Pflanze anreichern. Die gemessenen Werte dokumentieren jedoch gut das landesweit sehr niedrige Belastungsni- Untersuchungen auf organische Schadstoffe im veau mit organischen Stoffen in Böden. Die Boden von Boden-Dauerbeobachtungsflächen Fortführung der Untersuchungen in weiteren wurden erstmalig 1990 durchgeführt. In den Abständen ist im Sinne eines Frühwarnsystems Jahren 1999, 2009 sowie im Zeitraum 2014 – dennoch erforderlich. 2017 wurden diese Untersuchungen wieder- holt. Im Fokus der im Rahmen der Boden-Dau- Zum Programmstart sind zusätzlich Pflanzen- erbeobachtung erfolgten Untersuchungen ste- schutzmittel in die Untersuchungen einbezogen hen die nachfolgend aufgeführten Stoffe: worden. Bei einem Großteil dieser Untersu- chungen lagen die Werte unterhalb der Bestim- - Polycyclische Aromatische Kohlenwasser- mungsgrenzen, sodass die Untersuchungen auf stoffe (PAK16) Pflanzenschutzmittel im Bodenmaterial gegen- - Polychlorierte Biphenyle (PCB6) wärtig eingestellt sind. 16
Der Boden lebt – Biologische Untersuchungen Während eine Reihe von Tieren im Boden noch logischer, vegetationskundlicher und flechten- mit dem bloßen Auge zu erkennen sind, z. B. kundlicher Untersuchungen, ist vor mehr als Regenwürmer, Insektenlarven und Asseln, wer- 20 Jahren begonnen worden. Bodenmikrobio- den Millionen von Bodenorganismen aufgrund logische Untersuchungen werden alle drei Jah- ihrer geringen Größe nicht mehr wahrgenom- re und vegetationskundliche sowie bodenzoo- men. Dennoch sind sie für die notwendigen logische Untersuchungen alle sechs Jahre Umsetzungs- und Abbauprozesse im Boden un- durchgeführt. Seit 2011 konzentrieren sich ve- ersetzlich. Ohne das Zutun von Bodentieren getationskundliche Untersuchungen ausschließ- und Bodenmikroorganismen würde sich organi- lich auf Forst-, extensiv bewirtschaftete Grün- sches Material Jahr um Jahr anreichern und wie land- und auf Sukzessionsstandorte. eine organische Schicht den Mineralboden be- decken. Eine Zersetzung und Mineralisierung Alle biologischen Untersuchungszeitpunkte von abgestorbenen Pflanzen und Tieren, ein werden aufeinander abgestimmt. Ein vollständi- Abbau von organischen Schadstoffen und der ges Untersuchungsintervall von sechs Jahren Aufbau von Humus würden nicht mehr stattfin- beginnt mit der vegetationskundlichen Untersu- den. chung, die alle sechs Jahre etwa von März bis September zweimal im Jahr durchgeführt wird Die Art und Intensität der Umsetzungs- und Ab- und somit die Vegetationszusammensetzung im bauprozesse ist abhängig von den jeweiligen Frühjahr und im Sommer erfasst. Gegebenheiten am Standort, z. B. Feuchtigkeit, Durchlüftung, pH-Wert des Bodens, Tempera- Im Herbst des selben Jahres - und somit eben- tur, Art und Zusammensetzung der zersetzba- falls alle 6 Jahre - werden in der direkten Um- ren organischen Substanz und von der Bewirt- gebung dieser Flächen Bodentiere gefangen. schaftung. Im Umkehrschluss zeigen Vorkom- Dies geschieht meist im Oktober oder Novem- men, Art, Anzahl und Aktivität dieser Organis- ber, da sonst eine Vernässung des Bodens den men die Beschaffenheit, den Zustand und die Fang der Bodentiere beeinträchtigen könnte. Entwicklung des Bodens sowie des gesamten Standortes an. Im zeitigen Frühjahr darauf – jedoch alle drei Jahre - erfolgt die Probenentnahme für boden- Auch der Vegetation kommt in diesem Sinne mikrobiologische Untersuchungen. Die Proben- insbesondere auf naturnahen Standorten und in entnahme findet meist von Anfang bis Ende Wäldern eine diesbezügliche Funktion zu: Auf- März zeitnah nach Ansteigen der Temperaturen grund einer starken Abhängigkeit von bzw. be- statt, so dass die Mikroorganismen sich noch sonderen Toleranz gegenüber bestimmten Um- weitgehend in der Winterruhe befinden. weltfaktoren wie z. B. Licht, Feuchtigkeit oder Salzgehalt kommen bestimmte Pflanzen natürli- Um sicherzustellen, dass sich die Erhebungen cherweise vorzugsweise dort vor, wo diese Fak- nicht gegenseitig beeinflussen, werden für jede toren stärker gegeben sind. Diese Pflanzen sind Untersuchung jeweils unterschiedliche Stellen sogenannte Zeigerpflanzen. in der direkten Umgebung bzw. auf den Boden- Dauerbeobachtungsflächen selbst nach festge- Mit der Durchführung biologischer Untersu- legten Schemata aufgesucht (Abbildung 17) chungen an Boden-Dauerbeobachtungsflä- und dokumentiert. chen, d. h. bodenzoologischer, bodenmikrobio- 17
Abbildung 17: Schema der Flä- chen für boden- biologische und vegetationskundli- che Untersuchun- gen an Boden- Dauerbeobach- tungsflächen Regenwürmer und Auf landwirtschaftlich genutzten Boden-Dauer- Kleinringelwürmer – Zersetzer der beobachtungsflächen reagieren Regen- und organischen Substanz Kleinringelwürmer empfindlich auf Bewirtschaf- Es lohnt sich, einmal genauer hinzuschauen. Die tungsmaßnahmen. Sehr ungünstig wirkt sich Lebensgemeinschaft der Tiere im Boden kann der Einsatz des Pfluges auf tiefgrabende Tiere nicht in ihrer gesamten Vielfalt untersucht wer- aus. Umgebrochene Grünlandflächen verlieren den. Stellvertretend werden daher zwei Tier- innerhalb kurzer Zeit bedeutende Teile ihrer Re- gruppen ausgewählt, die an wesentlichen Bo- genwurmpopulationen. Auch ausbleibende denprozessen wie Streuzersetzung und Gefüge- Kalkgaben führen durch die natürliche Versaue- bildung beteiligt sind: Regenwürmer und Klein- rung zu einer deutlichen Reaktion der Bodentie- ringelwürmer. Sie bilden in bestimmten Arten- re. Nicht nur Regenwürmer verschwinden, son- kombinationen und Siedlungsdichten die soge- dern auch das Artenspektrum der Kleinringel- nannten Zersetzergesellschaften/Bodenlebens- würmer verändert sich gravierend. Umgekehrt gemeinschaften. können ein Verzicht auf den Pflugeinsatz und eine Kalkung die oben gezeigten Auswirkungen Bislang sind auf den Boden-Dauerbeobach- wieder rückgängig machen. Kurzfristige Nut- tungsflächen bis zu fünf bodenzoologische Un- zungsänderungen sind aus Sicht der Erstellung tersuchungen durchgeführt worden. Die Ergeb- langfristiger Zeitreihen zwar unerfreulich, da sie nisse dokumentieren kurzfristige, gegebenen- langfristige Einflüsse wie zum Beispiel die Kli- falls auch langfristige Veränderungen der Bo- maerwärmung überlagern, sie werfen aber ein denlebensgemeinschaften. Licht darauf, wie sich alle Einflüsse in ihrer Ge- 18
samtheit auf das Bodenleben und auf den sind dabei sehr stark von der Bewirtschaftung Standort auswirken können und zeigen, dass sie und der Witterung abhängig. Da nicht die sai- teilweise auch wieder reversibel sind. sonalen, sondern die langfristigen Veränderun- gen der bodenmikrobiologischen Kennwerte Auf nicht landwirtschaftlich genutzten Boden- ermittelt werden sollen, werden die Untersu- Dauerbeobachtungsflächen treten Bewirtschaf- chungen alle drei Jahre exakt zum Ausgang des tungseinflüsse zurück und Standorteigenschaf- Winters zu Beginn der Vegetationsperiode un- ten sowie diffuse anthropogene Einflüsse stär- ter genauer Dokumentation der Bewirtschaf- ker zutage. Punktuell ergeben sich Hinweise auf tungs- und der Witterungsverhältnisse durchge- den Einfluss klimatischer Veränderungen, die führt. Bislang sind auf den Boden-Dauerbeob- aber eine weitere Beobachtung erfordern. Die achtungsflächen jeweils bis zu sieben bodenmi- bisherigen Auswertungen zeigen, dass frühes- krobiologische Untersuchungen durchgeführt tens ab der dritten Untersuchungsperiode lang- worden. fristige Veränderungen belegbar sind, die sich von kurzfristigen Schwankungen abgrenzen las- Die Auswertung der bisherigen Datengrundla- sen. ge lässt erste Entwicklungstendenzen erkennen. So ist der Gehalt an organischem Kohlenstoff Bei Sukzessionen wird deutlich, dass sich paral- im Boden trotz Zunahme der organischen Dün- lel zu den Pflanzengesellschaften auch die Zer- gung und Reduzierung der Bodenbearbeitung setzergesellschaften/Bodenlebensgemeinschaf- bis auf wenige Ausnahmen nahezu konstant ge- ten entwickeln (Alterung von Dünen, Aussüßen blieben. Dagegen haben die mikrobielle Bio- von neu eingedeichtem Land). masse sowie der Anteil der Biomasse am Ge- halt an organischem Kohlenstoff entsprechend Einige Zersetzergesellschaften/Bodenlebensge- der Verfügbarkeit von Nahrung für die Mikroor- meinschaften sind artenreicher geworden oder ganismen auf den Flächen deutlich zugenom- sie haben ihren Lebensraum weiter in die Tiefe men. Dies weist auf Veränderungen des Koh- ausgedehnt, wie die tiefgrabenden Regenwür- lenstoff- und des Stickstoffkreislaufs im Boden mer. Besonders hervorzuheben sind einige hin. Möglicherweise spielt das sich verändernde Feuchtstandorte, auf denen sich im Zuge gerin- Klima und eine damit verbundene zunehmende gerer Bewirtschaftungsintensität feuchtelieben- Feuchte und Temperatur in Schleswig-Holstein de Arten verstärkt etablieren konnten, was eine wesentliche Rolle. zeigt, wie sich der Erfolg von Naturschutzmaß- nahmen auch anhand bodenzoologischer Un- Auch die unterschiedliche Nutzung der Flächen tersuchungsergebnisse belegen lässt (IFAB hat einen deutlichen Einfluss auf die Mikrobio- 2014). logie. So haben Ackerstandorte mit Wechsel- fruchtfolge und lehmigen Bodenarten mehr Mi- kroorganismen als Monokulturen oder stark ge- Bodenmikroorganismen – düngte Sonderkulturen und extensiv genutztes ein Heer von Arbeitern im Boden Grünland generell höhere mikrobielle Biomas- Ohne Mikroorganismen im Boden würde es kei- sen als intensiv genutztes Grünland (FIENCKE ET nen Um- und auch keinen Abbau organischer AL.). Diese langfristig erhobenen mikrobiellen Stoffe geben. Auch die mikrobielle Bindung Parameter sollen zukünftig in Kombination mit des Luftstickstoffs und Umsetzungsprozesse mi- weiteren Daten, z. B. aus bodenzoologischen neralischer Stickstoffverbindungen würden und vegetationskundlichen Untersuchungen, zu nicht stattfinden. Mikroorganismen sind somit einem ganzheitlichen ökologischen Bewer- Hauptfunktionsträger einer Vielzahl von Prozes- tungssystem integriert werden, um den ökolo- sen im Boden. gischen Zustand eines Standortes zu erfassen und einzuordnen und die Standorte entspre- Die mikrobiologischen Eigenschaften des Bo- chend des vorsorgenden Bodenschutzes stand- dens schwanken im Jahresverlauf deutlich und ortgerecht zu nutzen (WOLOSZCZYK, P. 2019). 19
Pflanzen – Zeiger für Bodenbeschaffenheit und Bodenzustand Da viele Pflanzen spezifische Ansprüche an ih- Auf Waldstandorten bewirkt der Holzeinschlag ren Standort stellen, weisen ihre Anwesenheit, aufgrund der deutlichen Erhöhung des Licht- ihre Häufigkeit, aber auch ihr Fernbleiben in einfalls entsprechende Veränderungen in der der Pflanzendecke auf bestimmte Bodenfakto- Bodenvegetation. Auf einer Boden-Dauerbe- ren hin. So kommen einzelne Pflanzenarten bei obachtungsfläche ist eine Tendenz zur zuneh- bestimmten Wasser- und Stickstoffverhältnissen menden Versauerung der oberen Bodenhori- gehäuft vor. In gut ausgeprägten artenreichen zonte festzustellen. Auch kurzfristige Einflüsse Pflanzengemeinschaften finden sich meist meh- wie kalte Winter, späte Fröste und Stürme zie- rere Zeigerarten, so dass die Ansprache be- hen Veränderungen in der Vegetation nach stimmter Bodenfaktoren wie beispielsweise der sich. pH-Wert, die Bodenfeuchte oder der Nährstoff- haushalt durch die Aufnahme der Vegetation Die Boden-Dauerbeobachtungsfläche auf Sylt mit relativ großer Genauigkeit erfolgen kann. liegt in einem Dünengebiet. In Meeresnähe be- Den Arten kommt somit eine ausgeprägte Indi- finden sich noch Pflanzengesellschaften, die katorfunktion zu. In gut ausgeprägten artenrei- auf nährstoffreichere Böden mit einem höheren chen Pflanzengemeinschaften finden sich meist pH-Wert angewiesen sind. Hier sind Pflanzen- mehrere Zeigerarten, so dass vegetationskund- gesellschaften der Weißdüne mit Strandhafer liche Untersuchungen auch komplexe Standort- zu finden. Je weiter sich die Pflanzendecke verhältnisse wie zum Beispiel eine Kombination vom Meer entfernt, desto mehr zeichnet sie die aus pH-Wert, Bodenfeuchte oder Nährstoff- saurer und ärmer an Nährstoffen werdenden haushalt gut abbilden können. Standortverhältnisse nach. Weißdünen werden von Graudünen abgelöst und diese von Braun- Vegetationskundliche Untersuchungen werden dünen. In letzterer breiten sich die Zwerg- in Schleswig-Holstein seit Anfang der neunziger strauchheiden aus Krähenbeere aus (BRANDT Jahre zunächst an allen eingerichteten Boden- 2016). Es zeigt sich, dass durch fortschreitende Dauerbeobachtungsflächen in Abhängigkeit Nährstoffverarmung und Versauerung des Bo- von den zu erwartenden Veränderungen alle dens die Vegetation der Weißdüne zuneh- drei bis sechs Jahre durchgeführt. Die Pflanzen- mend verdrängt wird und sich verstärkt Grau- decke liefert zahlreiche Informationen zu Stand- und letztlich Braundünen ausbreiten. ort- und Bodeneigenschaften, die sonst nur durch aufwändige Messungen zu erzielen sind. Der Boden der Boden-Dauerbeobachtungsflä- Auf ackerbaulich genutzten Flächen und auf in- che 21 auf einer ehemaligen Salzwiese im Spei- tensiv genutztem Grünland ist dies jedoch nicht cherkoog Dithmarschen trocknet mit zuneh- der Fall, da die Bewirtschaftungsmaßnahmen mender Sukzession (Abfolge der natürlichen die natürlichen Bodeneigenschaften überla- Besiedlung) ab und süßt aus. Waren kurz nach gern, so dass hier die vegetationskundlichen der Eindeichung vor rund 40 Jahren noch salz- Untersuchungen eingestellt wurden. Die Bo- tolerante Pflanzen anwesend, so sind diese auf- den-Dauerbeobachtungsflächen im Wald, auf grund fehlender Überflutungen weitgehend extensiv genutztem Grünland sowie auf Flächen verschwunden. Heute haben sich ausdauernde mit natürlicher Vegetation werden dagegen Ruderalfluren nährstoffreicher Böden mit nur weiterhin untersucht, da sich hier die oben ge- sehr zögerlicher Gehölzentwicklung etabliert, nannten Standorteigenschaften sehr gut aus die, vermutlich aufgrund der regelmäßigen Be- der Vegetation ablesen lassen. Die Untersu- weidung durch Rehe, immer größere Anteile chungen finden auf diesen Flächen seit 2012 an Gräsern aufweisen. Zudem deuten vermin- zeitlich gestaffelt alle sechs Jahre statt. derte Zeigerwerte der Pflanzen beim Stickstoff- gehalt darauf hin, dass die Nährstoffe zuneh- Folgende Entwicklungen und Tendenzen sind mend in der Streu und der entstehenden Hu- für Flächen unter extensiver Grünlandnutzung, musauflage festgelegt werden (BRANDT 2016). Wald und natürlicher Vegetation festzustellen: 20
Flechten – Zeigerarten für Luftgüte und Klimawandel Flechten sind eine Lebensgemeinschaft aus ten jedoch sehr empfindlich. Wachstum und Pilz- und Algenpartner (Symbiose) und können Vermehrung werden beeinträchtigt, die Flech- aufgrund dieser Lebensweise auch extreme tenzusammensetzung wandelt sich als Ergebnis Standorte wie Oberflächen von Steinen, Bäu- veränderter Standortbedingungen. Was sonst men, Mauern oder Dächer besiedeln. Auf Ein- mühsam durch Messungen einzelner Stoffe er- träge aus der Luft, z. B. Stäube, Schwefeldioxid, fasst und in ihrer Gesamtwirkung abgeschätzt Ammoniak, Stickoxide, Schwermetalle, bzw. werden muss, ist an den Flechten sofort sicht- eine schlechte Qualität der Luft oder auch Tem- und messbar. peraturänderungen reagieren zahlreiche Flech- Abbildung 18: Flechtenbewuchs an einer Stieleiche im Umland der BDF 05 Gintoft (Nordostangeln) (Abel & Zimmer 2010) Die Flechtenkartierung wurde an Boden-Dauer- den Ergebnissen wird ein Gradient in den Luft- beobachtungsflächen in den Jahren 1992 bis güteklassen zwischen dem flechtenreicheren 2009 auf den Flächen bzw. an Bäumen in der Norden Schleswig-Holsteins mit einer verhält- Umgebung durchgeführt (siehe auch Abbil- nismäßig geringen Hintergrundbelastung durch dung 18). Das Ziel war, nicht nur die Luftgüte, Immissionen und der südlichen Landeshälfte sondern auch klimatisch bedingte Veränderun- deutlich, wo sich stärkere Beeinträchtigungen gen an den Standorten als Ergänzung zu den bis hin zu sehr hoher Luftbelastung und Flech- Bodenuntersuchungen zu dokumentieren. Aus tenarmut abzeichnen (siehe Abbildung 19). 21
Abbildung 19: Karte der aus den Flechtenuntersu- chungen abgelei- teten Luftgüteklas- sen an den Boden- Dauerbeobach- tungsflächen von 2003 – 2005 (ZIMMER & ABEL, 2008) Im Hinblick auf Temperaturänderungen zeigen bildung 20). Diese Veränderungen sind im We- die Untersuchungen eine Abnahme an Kühle sentlichen dem zunehmenden Temperaturan- anzeigenden Arten und einen deutlichen An- stieg in Schleswig-Holstein zuzuschreiben. stieg an Wärme anzeigenden Arten (siehe Ab- Abbildung 20: Die Veränderung des Gesamtarten- spektrums zwi- schen 1992 und 2005, bezogen auf die Temperatur- werte nach Wirth 1991 und van Herk et al. 2002 (ZIMMER & ABEL, 2008) 22
Stoffausträge – Intensiv-Boden-Dauerbeobachtung Wenn die Speicherkapazität für Stoffe im Boden richtigen Zeitpunkt bereitstellt. So klar das Ziel überschritten ist und keine Aufnahme durch die auch ist, so schwierig ist es in der Praxis umzu- Pflanzen erfolgt, werden Nährstoffe sowie auch setzen. Nährstoffauswaschung hängt wesentlich ggf. Schadstoffe unweigerlich mit dem Sicker- von der Höhe und den Zeitpunkten der ausge- wasser in den Untergrund verlagert. Um unter brachten Düngermengen ab, jedoch auch von anderem diese Verluste mengenmäßig zu erfas- der durch Mineralisierung freigesetzten Nähr- sen, wird die Intensiv-Boden-Dauerbeobach- stoffmenge aus Boden, Wirtschaftsdünger, Ern- tung durchgeführt. Sie dient der kontinuierli- tegut, etc. sowie der Witterung und der Sicker- chen Beobachtung des Bodens in seiner Was- wassermenge. ser- und Stoffdynamik. Eine vergleichende Betrachtung der nachfol- Stickstoff gend kurz dargestellten Untersuchungsergeb- Stickstoff ist ein essentielles Hauptnährelement nisse zum Gehalt und der Verteilung des mine- für Pflanzen. Ein Mangel an Stickstoff reduziert ralisierten Stickstoffs (Nmin) bis in 90 cm Boden- den Ertrag der Kulturpflanze deutlich. Stickstoff tiefe sowie auch zu den Nähr- und Schadstoff- wird somit im Rahmen der Bewirtschaftung ent- austrägen mit dem Sickerwasser zeigen deutli- sprechend der Ertragserwartung zum Teil inten- che Unterschiede zwischen den Intensiv-Boden- siv gedüngt. Stickstoffüberschüsse, d. h. Stick- Dauerbeobachtungsflächen (siehe Abbildung stoffmengen im Boden, die über den Bedarf 21 bis 23). der Pflanzen hinausgehen, verbleiben jedoch nicht lange im Boden. Insbesondere Nitrat, die Hauptfraktion des mineralisierten, pflanzenver- Ökologisch und ökonomisch fügbaren Stickstoffs (Nmin), wird kaum gebun- problematisch – Nährstoffausträge den und dementsprechend schnell mit dem Nährstoffausträge insgesamt, d. h. neben Stick- Sickerwasser aus dem Boden ausgetragen. stoff auch Phosphor und Kalium, sind nicht nur eine Belastung für die Umwelt, sondern letztlich Es gilt: Je höher der Nmin-Gehalt im Boden, je auch ein ökonomischer Verlust für den Bewirt- sandiger und somit durchlässiger der Boden schafter. Ziel muss daher eine Bewirtschaftung und je geringer die N-Aufnahme ist, desto sein, die der Kulturpflanze die benötigten Nähr- höher ist die Wahrscheinlichkeit des N-Austrags stoffe für den angestrebten Ertrag in ausrei- und der Grundwassergefährdung. chender, aber nicht überhöhter Menge zum Abbildung 21: Eine ganzjährige Bodenbedeckung durch z. B. Wei- denutzung redu- ziert Nährstoffver- luste. (Foto: Dr. Marek Filipinski) 23
Abbildung 22: Eine hohe Auswaschungsgefährdung ist insbesondere im Herbst bei keiner oder kaum vorhandener Pflanzendecke durch ansteigende Sickerwassermengen gegeben. (Foto: Dr. Marek Filipinski) Doch welche Mengen an Stickstoff im Boden pro Liter (mg/l). Um langfristig eine gute Grund- sind zu welchem Zeitpunkt im Jahr für die Um- wasser- und Trinkwasserqualität zu erhalten, welt noch tolerierbar? wird daher angestrebt, 50 mg Nitrat/l auch im Sickerwasser nicht zu überschreiten. Aus dieser Eine sehr hohe Auswaschungsgefährdung ist Vorgabe wurden je nach Bodenart und Sicker- insbesondere am Ende der Vegetationsperiode wassermenge eines Standortes maximal tole- im Herbst gegeben, wenn nur noch wenig rierbare Herbst-Nmin-Werte abgeleitet Stickstoff aufgenommen, aber gleichzeitig ver- (s. Tab. 1). Da sandige Böden aufgrund ihrer stärkt Sickerwasser gebildet wird. Die Qualitäts- hohen Wasserdurchlässigkeit stark auswa- norm für das Grundwasser in Bezug auf den Ni- schungsgefährdet sind, gelten hier folgerichtig tratgehalt beträgt nach den Vorgaben der EG- entsprechend verschärfte Werte. Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) 50 Milligramm Tabelle 1: Tolerierbare Stickstoffgehalte im Boden am Ende der Vegetationsperiode für durchschnittliche Niederschläge in Schles- wig-Holstein (Melur 2012) Sand (Mittelsand, Grobsand, Feinsand und schluffiger Sand) 20 kg N/ha lehmiger Sand (lehmiger Sand und toniger Sand) 30 kg N/ha Lehm/Ton (sandiger Lehm, schluffiger Lehm, toniger Lehm, lehmiger Schluff, schluffiger Ton und Ton) 40 kg N/ha 24
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