GASMARKT SCHWEIZ 2017 - EVU Partners

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GASMARKT SCHWEIZ 2017 - EVU Partners
GASMARKT
SCHWEIZ 2017
GASMARKT SCHWEIZ 2017 - EVU Partners
Vorwort

VORWORT
Sehr geehrte Leserinnen und Leser

Nach den vielen positiven Rückmeldungen auf unsere ersten beiden Gasmarktstudien in den Jahren 2013 und
2015 haben wir uns entschlossen, die Studie unter Berücksichtigung von aktuellen Fragestellungen erneut zu
aktualisieren. Dabei haben wir das bewährte Konzept mit Fokusthemen und einem Interview mit einer Schlüs-
selperson der Branche beibehalten. Insbesondere haben wir uns dabei auch für die zeitliche Entwicklung der
Meinung der Studienteilnehmenden interessiert. Wir freuen uns, Ihnen die dritte Ausgabe unserer Gasmarktstu-
die vorlegen zu können. Gemeinsam mit den Gasversorgungsunternehmen aller Druckstufen sowie branchenna-
hen Dritten haben wir die aktuelle Situation der schweizerischen Gasbranche untersucht. Wir haben uns dabei
auf die Themenbereiche Marktöffnung und Regulierung, Marktstruktur und Wettbewerb sowie unternehmeri-
sches Verhalten fokussiert.

Seit der Inkraftsetzung der Verbändevereinbarung (VV) im        Mit der «Gasmarktstudie Schweiz 2017» wollen wir die er­
Jahr 2012 haben sich die Rahmenbedingungen in der schwei­       warteten Entwicklungen und Tendenzen im schweizerischen
zerischen Gaswirtschaft wesentlich verändert. Die Gasver­       Gasmarkt aus Sicht von Entscheidungsträgern der Gasver­
sorgungsunternehmen wurden durch den Zerfall der Han­           sorgungsbranche abfragen. Die Resultate sollen dazu die­
delspreise gefordert und mussten flexibler auf die sich         nen, die eigene Einschätzung im Kontext der Branche zu
wandelnden Kundenbedürfnisse im Segment der marktzu­            überprüfen, Chancen und Risiken zu erkennen sowie daraus
gangsberechtigten Kunden reagieren. Zudem sind erste            allfällige Handlungsoptionen für das eigene Unternehmen
Tendenzen eines zunehmenden Wettbewerbs innerhalb der           abzuleiten.
Gasbranche zu erkennen.
                                                                An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich bei allen Studien­
Auch nachdem durch das Bundesamt für Energie (BFE)              teilnehmenden und wünschen Ihnen eine interessante Lektü­
mehrere Grundlagenstudien veröffentlicht wurden, bestehen       re mit spannenden Erkenntnissen zum Schweizer Gasmarkt.
nach wie vor grosse Unsicherheiten bezüglich der Ausgestal­
tung eines zukünftigen Gasversorgungsgesetzes (GasVG).
Insbesondere die Themen der Integration des Transitge­
schäfts in die Tarifierung, die Ausgestaltung eines Entry /
Exit-Systems (EES) mit City-Gates, die vollständige vertikale
Integration bis zum Endkunden und der Umfang der markt­
zugangsberechtigten Kundensegmente werden aus Sicht
der Gasbranche von zentraler Bedeutung sein. Vor diesem
Hintergrund ist eine einvernehmliche Weiterentwicklung der
Verbändevereinbarung (VV2) zwischen der Gasbranche und
der Industrie und damit auch die Implementierung von neu­       Nico Waldmeier                   Sven Schlittler
en Marktregeln (MACH2) in die Ferne gerückt.                    Partner                          Leitender Berater

                                                                                                                           3
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Schlüsselerkenntnisse

SCHLÜSSELERKENNTNISSE DER STUDIE
MARKTÖFFNUNG UND REGULIERUNG                                     Generell liegen diese Einschätzungen jedoch deutlich unter­
Die Gasversorgungsunternehmen scheinen von der derzeiti­         halb der Wechselquoten von Industrie- und Gewerbekunden
gen vertraglich ausgehandelten Regulierung (Verbändever­         in Deutschland (2015: 11.8 %). Langfristig kann davon ausge­
einbarung) grundsätzlich nur gering betroffen zu sein. Dabei     gangen werden, dass sich die schweizerische Wechselquote
ist jedoch zu berücksichtigen, dass mittlere und grössere        dem Niveau in Deutschland annähern wird.
Gasversorgungsunternehmen tendenziell leicht stärker be­         Aufgrund von marktseitigen Initiativen einzelner schweizeri­
einflusst sind.                                                  scher Gasversorgungsunternehmen und der damit gemach­
Im Kontext einer möglichen Einführung eines Gasversorgungs­      ten Erfahrungen erwarten die Unternehmen zukünftig den
gesetzes schätzen die Studienteilnehmenden eine weiterfüh­       grössten Wettbewerbsdruck aus der schweizerischen Gas­
rende Marktöffnung gegenüber dem Status quo als realistisch      branche. Eine mögliche Entsolidarisierung der Branche, ins­
ein. Sowohl deren Ausprägung als auch eine mögliche Marktzu­     besondere bei Beschaffungs- und Vertriebsthemen, würde
gangsgrenze sind dabei noch offen. Eine qualifizierte Mehrheit   dadurch begünstigt. Diese Einschätzung wird auch dadurch
der Studienteilnehmenden – wenn auch in einer deutlich gerin­    gestützt, dass kooperative Zusammenarbeitsmodelle gegen­
geren Ausprägung als im Jahr 2015 – geht von einer schrittwei­   über der letzten Umfrage deutlich an Zustimmung verloren
sen Marktöffnung in Anlehnung an den Strommarkt aus.             haben. Vielmehr erwarten die Studienteilnehmenden in den
Mit Inkraftsetzung einer gesetzlichen Regulierung erwarten       kommenden Jahren vermehrt eine Spezialisierung der Gas­
die Studienteilnehmenden eine einheitliche Kapitalverzinsung     versorgungsunternehmen (bspw. Aufgabe von Vertriebsaktivi­
über alle Netzebenen. Anzumerken ist, dass sich im Vergleich     täten bei marktzugangsberechtigten Kunden).
zur Situation im Jahr 2015 die Meinungen der Studienteilneh­     Die Mehrheit der Studienteilnehmenden erwartet im Rahmen
menden stärker am Status quo orientieren. Dabei erwarten         der Einführung eines Gasversorgungsgesetzes eine Konsoli­
die Gasversorgungsunternehmen eine differenzierte Betrach­       dierung der vorgelagerten Netzebene in Anlehnung an die Zu­
tung zwischen den Netzebenen und zwischen den einzelnen          sammenführung des Übertragungsnetzes bei der Stromver­
Unternehmen der lokalen Stufe. Aufgrund eines ungünstige­        sorgung.
ren Risikoprofils von Gas erwarten die Unternehmen im Ver­
gleich zum Strom einen höheren Kapitalkostensatz.                UNTERNEHMERISCHES VERHALTEN
Die Studienteilnehmenden erwarten aufgrund von möglichen         Im Hinblick auf eine langfristig erfolgreiche Positionierung
Transaktionskosten und der sich dadurch verschlechternden        steht eine stärkere Ausrichtung der Strategie und Organisati­
Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Gassubstituten die Beibe­         on auf ein sich wandelndes Umfeld im Zentrum der Überle­
haltung des heutigen City-Gate-Modells. Nur im Falle einer       gungen der Gasversorgungsunternehmen. Während die Wich­
vollständigen Marktöffnung soll ein umfassendes Entry / Exit­-   tigkeit von Beschaffungs- und Vertriebsthemen gegenüber
System (bis zum Endkunden) zur Anwendung gelangen.               der letzten Umfrage generell zugenommen hat, scheinen
Aufgrund von sich tendenziell verschlechternden Rahmenbe­        netzseitige Themen eine geringere Bedeutung zu haben.
dingungen für fossile Energieträger ist die langfristige Wirt­   Eine Entsolidarisierung innerhalb der Branche zeigt sich insbe­
schaftlichkeit einer Gasversorgung unsicher. Deshalb wünscht     sondere bei Beschaffungs- und Handelsthemen. Die Gasver­
sich die Mehrheit der Studienteilnehmenden im Rahmen des         sorgungsunternehmen beabsichtigen, entweder die eigenen
Gasversorgungsgesetzes höhere Flexibilitäten bezüglich der       Fähigkeiten auszubauen oder entsprechende Kompetenzen
kalkulatorischen Nutzungsdauern der Infrastruktur, um loka­      mit geeigneten Kooperationen (inkl. mit bestehenden Liefe­
le Gegebenheiten finanziell besser abbilden zu können.           ranten) zu erschliessen.
Bezüglich einer möglichen vollständigen Integration des          Die Gasversorgungsunternehmen verfolgen aufgrund der un­
Transitgeschäfts in die schweizerischen Netznutzungsentgel­      klaren langfristigen Rentabilität des Gasgeschäfts eine zurück­
te zeigt sich grundsätzlich ein ausgeglichenes Bild. Insbeson­   haltende Netzentwicklungsstrategie. Der vertriebliche Fokus
dere mittlere Gasversorgungsunternehmen sprechen sich            liegt daher auf der Akquisition von Neukunden im bestehen­
tendenziell für eine Integration aus.                            den Netzgebiet (Verdichtung). Die Akquisition von Neukunden
                                                                 ausserhalb des bestehenden Netzgebietes (gas-to-gas-Wett­
MARKTSTRUKTUR UND WETTBEWERB                                     bewerb) hat gegenüber der letzten Umfrage an Bedeutung
Für das nach den geltenden Regeln der Verbändevereinba­          verloren. Eine Mehrheit der Unternehmen verfolgt jedoch
rung marktzugangsberechtigte Kundensegment wird für den          nach wie vor eine passive Strategie und strebt eine langfristi­
Gesamtmarkt in den kommenden fünf Jahren eine mengen­            ge Bindung der bestehenden Kunden an.
basierte jährliche Wechselquote von 2.4 % (2015: 3.5 %) erwar­   Die Studienteilnehmenden sind der Meinung, dass Innovatio­
tet. Die prognostizierten jährlichen eigenen Kundenverluste      nen insbesondere im Bereich der Kundenbetreuung sowie bei
liegen mit 1.9 % (2015: 3. 3%) tiefer. Die Unternehmen schät­    neuen Produkten und Services angestrebt werden sollen. Da­
zen somit die eigenen Fähigkeiten zur Kundenbindung besser       bei zeigt sich, dass vielfach die Geschäftsleitung für Innovati­
ein als diejenigen der anderen Gasversorgungsunternehmen.        onsthemen verantwortlich ist.

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Conclusions clés

CONCLUSIONS CLÉS DE L’ÉTUDE
OUVERTURE DU MARCHÉ ET RÉGLEMENTATION                                 Allemagne dans l’industrie et les arts et métiers (2015 : 11,8 %).
Les entreprises gazières semblent actuellement être globale­          À long terme, on peut estimer que le taux de changement en
ment peu touchées par la réglementation contractuelle négo­           Suisse se rapprochera de celui de l’Allemagne.
ciée par la branche (convention de branche). Il faut toutefois        Compte tenu des initiatives libérales prises par certains ac­
tenir compte du fait que l’impact tend à être légèrement plus         teurs gaziers suisses et de l’expérience acquise dans ce cont­
grand pour les moyennes et grandes entreprises.                       exte, les entreprises estiment que le gros de la pression con­
Dans le contexte de la possible introduction d’une loi sur            currentielle viendra du secteur gazier suisse lui-même. Ceci
l’approvisionnement en gaz, les participants à l’étude esti­          favoriserait une éventuelle désolidarisation au sein de la bran­
ment réaliste que le marché va continuer de s’ouvrir. Dans            che, notamment en ce qui concerne les achats et la distributi­
quelle mesure et avec quel seuil d’accès au marché, cela res­         on. Cette appréciation est étayée par le fait que les modèles
te encore ouvert. Une majorité qualifiée des participants, tou­       coopératifs ont perdu beaucoup de terrain par rapport à la
tefois nettement moins solide qu’en 2015, table sur une ou­           dernière enquête. Pour les années à venir, les participants à
verture graduelle sur le modèle du marché de l’électricité.           l’étude tablent plutôt sur une spécialisation des entreprises
Avec l’entrée en vigueur de la loi sur l’approvisionnement en         gazières, par exemple via l’abandon des activités de vente
gaz, les participants à l’étude comptent sur une rémunération         pour les clients éligibles.
uniforme du capital pour tous les niveaux de réseau. Il convi­        La majorité des participants s’attendent à une consolidation
ent de noter ici que, par rapport à la situation qui prévalait en     des niveaux de réseau en amont à la suite de l’entrée en vi­
2015, les avis des participants vont davantage dans le sens du        gueur de la loi sur l’approvisionnement en gaz, sur le modèle
statu quo. Les entreprises gazières attendent un traitement           des concentrations observées au niveau du réseau de trans­
différencié entre les niveaux de réseau et entre les différentes      port dans le secteur de l’électricité.
entreprises du niveau local. Vu le profil de risque défavorable
du gaz, elles s’attendent à un coût pondéré du capital supéri­        TENDANCES AU NIVEAU DES ENTREPRISES
eur à celui du secteur de l’électricité.                              Pour garantir un positionnement efficace et fructueux à long
Compte tenu de possibles coûts de transaction et de la perte          terme, les entreprises gazières centrent leur stratégie et leur
de compétitivité qui en découlerait pour le gaz par rapport à         organisation sur un contexte en pleine mutation. Alors que les
ses substituts, les participants à l’étude plaident pour le main­     thèmes touchant aux achats et à la vente ont globalement
tien du modèle de citygate actuel. C’est uniquement à l’ouver­        gagné en importance par rapport à la dernière enquête, les
ture complète du marché qu’il faut passer à un système                thèmes touchant aux réseaux semblent avoir cédé du terrain.
entrée-sortie intégral (jusqu’au client final).                       Une désolidarisation au sein de la branche se manifeste sur­
Vu la tendance à la détérioration des conditions-cadre pour           tout sur les thèmes touchant aux achats et aux ventes. Les
les agents énergétiques fossiles, des incertitudes pèsent sur         entreprises gazières ont l’intention de développer leurs prop­
la compétitivité à long terme de l’approvisionnement en gaz.          res capacités, ou alors de s’assurer les compétences néces­
Aussi la majorité des participants à l’étude souhaitent-ils da­       saires par le biais de coopérations, y compris avec les fournis­
vantage de flexibilité dans le cadre de la loi sur l’approvisi­       seurs actuels.
onnement en gaz concernant la durée d’utilisation calculée de         Compte tenu des incertitudes qui pèsent sur la rentabilité à
l’infrastructure, afin de pouvoir garantir une meilleure adapta­      terme de leur activité, les entreprises gazières conduisent une
tion aux conditions financières locales.                              stratégie prudente en matière de développement du réseau.
Le tableau général est équilibré concernant la possible in­           Les activités de vente se focalisent de ce fait plutôt sur l’acqui­
tégration totale du transit dans la rétribution de l’utilisation du   sition de nouveaux clients dans les réseaux existants (densifi­
réseau en Suisse. Ce sont en particulier les entreprises gaziè­       cation). L’acquisition de nouveaux clients hors du réseau pro­
res de taille moyenne qui tendent à vouloir une intégration.          pre (concurrence gaz-gaz) a perdu en importance par rapport
                                                                      à la dernière enquête. Une majorité des entreprises continu­
STRUCTURE DU MARCHÉ ET CONCURRENCE                                    ent actuellement de suivre une stratégie passive et s’attachent
Pour le segment de la clientèle actuellement éligible à l’accès       avant tout à fidéliser durablement la clientèle.
au marché selon les règles en vigueur de la convention de             Les participants à l’étude sont d’avis qu’il faudrait innover en
branche, on s’attend pour l’ensemble du marché à un taux an­          particulier dans le domaine de l’encadrement de la clientèle
nuel de changement de fournisseur de 2,4 % (2015 : 3,5 %)             ainsi que sur le front des nouveaux produits et services. Il ap­
dans les cinq prochaines années. Les départs annuels de cli­          paraît que, dans de nombreux cas, les thèmes touchant à l’in­
ents sont inférieurs (pronostics : 1,9 %, contre 3,3 % en 2015).      novation sont du ressort de la direction.
Ces entreprises estiment donc que leur capacité de fidélisation
de la clientèle est supérieure à celle des autres entreprises
gazières. De manière générale, ces appréciations sont toute­
fois nettement inférieures au taux de changement observé en

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Standpunkt

    Biogas Aufbereitungs­
    anlage ARA Werdhölzli

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Standpunkt

MARKTEINSCHÄTZUNG UND ZUKUNFTSPROGNOSE
INTERVIEW MIT JÖRG WILD

Die schweizerische Gasbranche ist stark in Bewegung                 anderen Energieträgern beeinträchtigen könnte. Ein zukünfti­
und mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfron­               ges GasVG sollte aus meiner Sicht primär das marktwirt­
tiert. Jörg Wild, CEO Energie 360° AG, nimmt Stellung zur           schaftliche Verhalten der Gasversorger fördern und die Stoss­
Energiestrategie 2050, zum geplanten Gasversorgungs­                richtungen der Energiestrategie 2050 unterstützen. Trotzdem
gesetz (GasVG), zur zukünftigen Ausprägung des Ko­                  sollte es aber so schlank wie möglich aufgesetzt sein. Die
operationsverhaltens und des Wettbewerbs sowie zu den               meisten Themen lassen sich nach dem Subsidiaritätsprinzip
­zukünftigen Erfolgsthemen und den Stossrichtungen der              mit entsprechenden Branchenlösungen regeln. Die schweize­
 Energie 360° AG.                                                   rische Gaswirtschaft konnte in der Vergangenheit bereits
                                                                    mehrfach erfolgreich aufzeigen, dass sie tragfähige Lösungen
                                                                    (bspw. Verbändevereinbarung, lokales Netznutzungsmodell
                                                                    (NEMO)) entwickeln und zeitnah umsetzen kann.

                                                                    «Ein zukünftiges GasVG soll das markt­
                                                                    wirtschaftliche Verhalten der Gasversor­
                                                                    ger fördern und möglichst schlank aufge­
                                                                    setzt sein.»

                                Jörg Wild
                                CEO Energie 360° AG                 Die Mehrheit der Umfrageteilnehmenden geht nach
                                                                    wie vor von einer sequenziellen Marktöffnung in An-
                                                                    lehnung an den Strommarkt aus. In welcher Ausprä-
                                                                    gung wird Ihrer Ansicht nach der Gasmarkt mit In-
                                                                    krafttreten des GasVG geöffnet und wo sehen Sie eine
Wie beurteilen Sie den Einfluss der Energiestrategie                zweckmässige Marktzugangsgrenze?
2050 des Bundes auf die Schweizer Gasindustrie?                     Diese Frage sollte nicht nur aus der Perspektive des gasinter­
Überwiegen die Chancen oder die Risiken für die Gas-                nen Wettbewerbs, sondern unter Berücksichtigung aller
versorger?                                                          Energieträger beantwortet werden. Gas befindet sich über ei­
Die Energiestrategie 2050 ist ein Generationenprojekt, ein          nen längeren Zeitraum betrachtet dauerhaft in einem Substi­
langfristiger und systematischer Umbau unserer Energiesys­          tutionswettbewerb mit anderen Energieträgern. Nur mit wirt­
teme. Dieser Umbau wird massgeblich vom Technologiewan­             schaftlich attraktiven Konditionen ist es für Gasversorger
del und von Innovationen geprägt sein. Auch wenn die Ener­          überhaupt möglich, neue Kunden zu gewinnen und bestehen­
giestrategie 2050 langfristig zu einer stärkeren Elektrifizierung   de Kunden zu halten. Es gibt keine Erschliessungs- und Ver­
führen wird, ergeben sich auch für Gasversorger entspre­            sorgungspflicht wie beim Wasser oder beim Strom.
chende Chancen. Sie müssen aber offen für zukünftige Verän­         Bei einer regulatorisch bedingten Verteuerung der Gasversor­
derungen sein. Von gewissen Elementen der aktuellen Ener­           gung besteht somit die Gefahr, dass bestehende Kunden zu
giesysteme werden wir uns verabschieden, andere werden wir          anderen Energieträgern wechseln. Diese Kunden tragen nicht
umgestalten und wieder andere werden wir neu entwickeln.            mehr zur Amortisation der Infrastruktur bei. Aufgrund der
Mit dem Ziel einer erneuerbaren Energieversorgung werden            langen Investitionszyklen kann dies dazu führen, dass beste­
wir gemeinsam über Jahrzehnte kontinuierlich an diesem              hende Fixkosten einer immer kleiner werdenden Kundenzahl
Umbau arbeiten. Die Gasversorgung ist heute ein massgebli­          belastet werden müssen. Dies würde die Wettbewerbsfähig­
ches Element der Energiesysteme und weist auch ein lang­            keit von Gas gegenüber anderen Energieträgern weiter redu­
fristiges Entwicklungspotenzial auf. Dabei denke ich insbe­         zieren. Die Gasversorger sind somit gezwungen, auch ohne
sondere an die Infrastruktur, welche einen wesentlichen             gesetzliche Regulierung wirtschaftlich attraktive Konditionen
Beitrag an eine erneuerbare Energieversorgung leisten kann.         anzubieten. Sie müssen sich bereits heute marktorientiert
                                                                    verhalten.
Das grosse Thema der kommenden Jahre wird das                       Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist es mir ein An­
geplante GasVG sein. Welches sind Ihre zentralen An-                liegen, dass eine Marktöffnung für einen gas-to-gas Wettbe­
liegen bezüglich der Ausgestaltung der zukünftigen                  werb umsichtig gestaltet wird. Wenn durch die Marktöffnung
gesetzlichen Grundlagen?                                            die Wettbewerbsfähigkeit von Gas gegenüber anderen Ener­
Generell besteht die Gefahr einer Überregulierung, welche           gieträgern beeinträchtigt würde, wäre dies kontraproduktiv.
schlussendlich die Wettbewerbsfähigkeit von Gas gegenüber

                                                                                                                                7
Standpunkt

Durch eine Marktöffnung werden sich die Spielregeln             Energie 360° AG hat in den letzten Jahren eine Diver-
nachhaltig verändern und die Gasversorger werden                sifikation in Richtung erneuerbarer Energien ange-
vermehrt auch im Wettbewerb zueinander stehen.                  strebt. Sie verfolgt die Vision des führenden Energie-
Demgegenüber arbeiten sie bei zentralen Themen                  versorgers für ökologisch sinnvolle Wärmelösungen.
wie bspw. bei der Erdgasbeschaffung nach wie vor                Gleichwohl basiert ein hoher Anteil des Ertrags nach
eng zusammen. Eine Differenzierung im gas-to-gas                wie vor aus dem Verkauf von fossilem Erdgas. Wie
Wettbewerb beim Energiepreis ist dadurch aber stark             passt dies zusammen?
eingeschränkt. Wie wird sich die Branche Ihrer Mei-             Analog zur Energiestrategie 2050 erfolgt auch dieser Umbau
nung nach in diesem Spannungsfeld von Kooperation               nicht von heute auf morgen. Aus dem ehemaligen reinen Gas­
und Wettbewerb («Coopetition») in den kommenden                 versorger «Erdgas Zürich» ein innovatives, breit aufgestelltes
Jahren verändern?                                               und auf erneuerbaren Energien basierendes Energiedienst­
Die gegenwärtige preisliche Differenzierung bei den Endkun­     leistungsunternehmen zu machen, braucht seine Zeit. Wir
den beruht auf unternehmensspezifischen Aspekten, welche        sind stolz auf das in kurzer Zeit Erreichte und werden unseren
massgeblich auch von der Netztopologie und den angeschlos­      eingeschlagenen Weg weiter beschreiten.
senen Kunden bestimmt werden. Durch ein konsequentes            Erdgas wird aber – obwohl fossil – auch in der zukünftigen
Unbundling im Rahmen einer Marktöffnung werden sich aber        Energiewelt eine Rolle spielen. Man bedenke beispielsweise,
die eigentlichen Energiepreise stärker angleichen. Um sich      welche Mengen an CO2 und Feinstaub durch den Ersatz von
gleichwohl differenzieren zu können, sind die Gasversorger      Öl- mit Gasheizungen eingespart werden könnten. Ausser­
gezwungen, sich zukünftig vermehrt über andere Themen wie       dem ist Erdgas ein praktischer und vergleichsweise preiswer­
beispielsweise Dienstleistungsqualität, Kundennähe, Image       ter Energieträger. Für viele Kundinnen und Kunden ist es des­
oder Produkt-Bundles zu differenzieren. Insbesondere das        halb heute eine gute Lösung. Aber natürlich bieten wir heute
Thema Digitalisierung wird zukünftig einen hohen Stellenwert    immer auch Alternativen zu Erdgas an. Auch das Gas selbst
haben. Gleichzeitig kann es von den Gasversorgungsunter­        wird sich weiter verändern. So werden wir den Anteil an er­
nehmen kaum alleine gestemmt werden. Dies wird zwangs­          neuerbarem Gas im Netz stetig weiter erhöhen.
läufig zu neuen Kooperationen (allenfalls auch mit neuen und
möglicherweise branchenfremden Marktteilnehmern) führen.
                                                                «Energie 360° AG will sich zukünftig noch
Wie geht Energie 360° AG mit diesem Spannungsfeld
                                                                stärker als kundenorientiertes Unterneh­
um und wie wird sie sich in diesem veränderten Mark-
tumfeld positionieren?
                                                                men mit einem Fokus auf ‹Smart Energy›
Energie 360° AG will sich zukünftig noch stärker als kunden­    und ‹Smart Solutions› positionieren.»
orientiertes Unternehmen mit einem Fokus auf «Smart Ener­
gy» und «Smart Solutions» positionieren. Dabei wollen wir
gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden individuelle         Unsere diesjährige Umfrage zeigt, dass viele Gasver-
Angebote entwickeln – egal ob es um Wärme / Kälte, Prozes­      sorger in den Bereichen der Kundenbetreuung sowie
senergie, Netzdienstleistungen oder Mobilität geht. Es soll     der Produkte und Services gegenüber den Kundinnen
jeweils die beste Lösung für die Kundschaft entwickelt und      und Kunden ein hohes Innovations- und Erfolgspo-
umgesetzt werden. Wir wollen zusammen mit unseren Kun­          tenzial sehen. Wie geht Energie 360° AG mit dem The-
dinnen und Kunden die für sie optimalen Lösungen in der         ma Innovation um?
neuen Energiewelt finden.                                       Innovation ist uns ein zentrales Anliegen und durchdringt un­
                                                                ser Unternehmen auf allen Ebenen. Wesentliche innovative
                                                                Themen wie beispielsweise bei den Energiedienstleistungen
«Aufgrund des Substitutionswettbewerbs                          sind auf Geschäftsleitungsstufe verankert. Zudem haben wir
                                                                mit dem «Smart Energy Innovationsfonds» ein auf Innovation
sind die Gasversorger bereits heute ge­
                                                                ausgerichtetes Gefäss geschaffen, um ganz gezielt Beteili­
zwungen, auch ohne gesetzliche Regulie­                         gungen an Start-up-Unternehmen einzugehen und somit ei­
rung wirtschaftlich attraktive Konditionen                      nen direkten Zugang zu innovativen Geschäftsmodellen und
anzubieten.»                                                    Technologien zu erhalten, welche die Zukunft der Energiewelt
                                                                verändern. Energie 360° AG beabsichtigt, langfristige Part­
                                                                nerschaften mit diesen Start-ups zu etablieren, um vom ge­
Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?                   genseitigen Wissensaustausch profitieren zu können, so dass
Ein Ziel von Energie 360° AG ist es, zukünftig noch mehr Wär­   neue und innovative Geschäftsideen gefördert werden.
meverbünde in der ganzen Schweiz zu betreiben. Aktuell er­
neuert und erweitert Energie 360° AG den Wärmeverbund
«Breiti» in Embrach. Durch dieses Projekt reduziert die Ge­
meinde ihren CO2-Ausstoss um 530 Tonnen pro Jahr.

8
Standpunkt

Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach erneuerbare
Gase und welchen Weg verfolgt Energie 360° AG in                 «Nur innovative und agile Unternehmen,
diesem Bereich?                                                  welche die Bedürfnisse der Kundinnen
Erneuerbare Gase und die bestehende Infrastruktur werden         und Kunden erkennen und in entspre­
eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der Energiestrate­
                                                                 chenden Lösungen umsetzen, werden eine
gie 2050 spielen. Dies gilt insbesondere für die beiden Berei­
che der Energiespeicherung und des -transports.
                                                                 langfristige Daseinsberechtigung haben.»
Auch wird das Potenzial aus Bioabfällen sowie aus kommuna­
len und industriellen Kläranlagen heute bei weitem nicht voll
ausgeschöpft. Energie 360° AG unterstützt den konsequenten       Wo sehen Sie die zentralen Herausforderungen für
Ausbau der Biogasproduktion in der Schweiz. Ausserdem ar­        die Gasbranche in den kommenden Jahren?
beiten wir mit unseren Partnerinnen und Partnern an Zu­          Die bedeutendste Herausforderung aller Energieversorger
kunftstechnologien wie Power-to-Gas. Mit dieser Innovation       wird der smarte und erneuerbare Umbau unserer Energiesys­
lässt sich beispielsweise die Gewinnung von Biogas in beste­     teme sein. Nur innovative und agile Unternehmen, welche die
henden Anlagen deutlich steigern.                                Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden erkennen und in ent­
                                                                 sprechende Lösungen umsetzen, werden eine langfristige
                                                                 Daseinsberechtigung haben.
«Erneuerbare Gase und die bestehende In­                         Aus Sicht der Gasunternehmen werden in den kommenden
                                                                 Jahren zusätzlich insbesondere die Ausgestaltung der Markt­
frastruktur werden eine wesentliche Rolle
                                                                 öffnung und der Regulierung sowie eine mögliche weitere
bei der Umsetzung der Energiestrategie                           Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen wie bei­
2050 spielen.»                                                   spielsweise durch Lenkungsabgaben und durch Energiericht­
                                                                 pläne relevante Themen sein.

Eine wichtige Einschränkung ist die derzeit fehlende             Herr Wild, wir bedanken uns für Ihre Zeit und das spannende
Anerkennung von Biogas als erneuerbare Energie.                  Gespräch.
Bei einer Anerkennung könnten bestehende Ölhei-
zungen im Rahmen der Mustervorschriften der Kan-
tone im Energiebereich (MuKEn) mit einer Biogas-
heizung auf der Basis von erneuerbaren Energien
ersetzt werden. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Schwie-
rigkeiten bei der Anerkennung von Biogas als erneu-
erbare Energie?
Wie bereits gesagt, kann die Substitution von Öl- mit Gashei­
zungen bereits einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Reduktion
leisten. Diese Reduktion könnte mit einem höheren Biogasan­
teil noch deutlich ausgeweitet werden.
Biogas als erneuerbarer Energieträger wird aber leider nicht
als mögliche Lösung im Sinne der MuKEn anerkannt, weil ge­
wisse Voraussetzungen für eine Anerkennung von Biogas als
erneuerbare Energie aus Sicht der Vollzugbehörden aktuell
noch nicht erfüllt sind. Dabei geht es insbesondere um die
Möglichkeit der Gewährleistung, dass während der ganzen
Laufzeit der Gasheizung auch tatsächlich Biogas verwendet
wird. Durch die vom Verband der Schweizerischen Gasindust­
rie (VSG) angestrebte Erhöhung des erneuerbaren Anteils im
allgemeinen Gasmix auf 30 % kann diese Thematik allenfalls
entschärft werden. Auf jeden Fall muss mit den Kantonen eine
Lösung gefunden werden.

                                                                                                                          9
Marktöffnung und Regulierung

                                                      Unterschiedlicher ­Einfluss der
                                                      ­Verbändevereinbarung auf die GVU

     Einheitliche Bestimmung des Kapital­
     kostensatzes für alle Netzebenen

                                                                  Höhere Flexibilität
                                                                  ­bezüglich den Nutzungs­
                                                                   dauern der Infrastruktur

           Beibehaltung City-­
           Gates bei nicht
           ­vollständiger Markt­
            liberalisierung

                                                       Sequenzielle Markt­
                                                       öffnung analog Strom

10
Marktöffnung und Regulierung

VERBÄNDEVEREINBARUNG

Wie stark ist Ihr Unternehmen von der derzeit vertraglich ausgehandelten ­ Regulierung
(gemäss Verbändevereinbarung) betroffen? Verfügt Ihr Unternehmen über gasmarktzugangs-
berechtigte Endkunden?

Die Mehrheit der Entscheidungsträger
                                                                                                                           Abbildung 11
(64 %) innerhalb der Gasbranche erwar­
tete bei der ersten Umfrage im Jahr 2013,
dass die vertraglich ausgehandelte Re­
gulierung (Verbändevereinbarung) einen       2013 3.75
tendenziell eher hohen bis äusserst ho­
hen Einfluss auf ihr Unternehmen haben
wird (Abbildung 1). Aufgrund der mit der
Verbändevereinbarung gemachten Erfah­        2015 3.25
rungen haben die Studienteilnehmenden
ihre Meinung bereits bei der Umfrage
2015 revidiert. Deren mittlere Einschät­
zung wurde bei der Umfrage 2017 be­
                                             2017 3.25
stätigt. So stellt die Mehrheit der Stu­
dienteilnehmenden (59 %) der aktuellen
Umfrage einen eher geringen bis äussert        Äusserst            Gering              Eher                 Eher                 Hoch
geringen Einfluss des aktuellen Regulie­       gering                                 gering                hoch

rungs­regime auf ihr Unter­nehmen fest.
Erwartungsgemäss sehen sich mittlere
und grössere Gasversorgungsunternehmen 2, welche die meis­     Anzumerken ist, dass vereinzelte kleine Gasversorgungs­
ten der von der Verbändevereinbarung betroffenen Grossver­     unternehmen von einem äusserst hohen E     ­ influss auf die ei­
braucher im Kundenportfolio haben, stärker mit den Auswir­     gene Unternehmung ausgehen. In der Regel verfügen diese
kungen der aktuellen Regulierung konfrontiert als kleinere     Gasversorgungsunternehmen über marktzugangsberechtige
Gasversorgungsunternehmen. So liegt die durchschnittliche      Kunden und müssen die Anforderungen im Zusammenhang
Einschätzung der mittleren und grösseren Gasversorgungsun­     mit der Kalkulation und Publikation der Netzentgelte mit we­
ternehmen mit «eher hoch» über derjenigen der kleineren Gas­   niger personellen Ressourcen aber mit den gleichen Auflagen
versorgungsunternehmen mit «eher gering».                      wie mittlere und grössere Gasversorgungsunternehmen er­
                                                               füllen. Zudem wären sie durch einen Kundenverlust verhält­
                                                 Abbildung 2   nismässig wesentlich stärker betroffen.
                                                               Die grosse Mehrheit der an der Studie teilnehmenden Gasver­
                                                               sorgungsunternehmen verfügt nach den derzeitigen Bedin­
                                                               gungen der Verbändevereinbarung 3 über marktzugangsbe­
                                         16%                   rechtigte Endkunden (Abbildung 2). In Verbindung zur Frage
                                                               bezüglich des Einflusses der Verbändevereinbarung auf das
                                                               Gasversorgungsunternehmen (vgl. Abbildung 1) zeigt sich, dass
                                                               obwohl die Unternehmen mehrheitlich über marktzugangsbe­
                                                               rechtigte Kunden verfügen, der Einfluss der Verbändevereinba­
                                                               rung als eher gering wahrgenommen wird (vgl. Abbildung 1).
                                                               Die Verbändevereinbarung schreibt lokalen Gasversorgungs­
                                                               unternehmen mit marktzugangsberechtigten Kunden vor,
                                                               ihre Netznutzungsentgelte 4 zu publizieren. Derzeit veröffentli­
                                                               chen lediglich 34 von 87 lokalen Gasversorgungsunternehmen
                                                               (39 %) ein Netznutzungsentgelt. Im Umkehrschluss bedeutet
                    84%
                                                               dies, dass die Ergebnisse der vorliegenden Studie primär die
                                                               Einschätzungen von Unternehmen mit marktzugangsberech­
                                                               tigten Kunden reflektieren.
                          Ja      Nein

                                                               1
                                                                 Gewichtete Mittelwerte über alle Studienteilnehmenden.
                                                               2
                                                                 Gasversorgungsunternehmen mit einem Absatz über 250 GWh.
                                                               3
                                                                 Kunden mit einem maximalen Kapazitätsbedarf grösser als 150 Nm3/h und
                                                                 dem primären Verwendungszweck als Prozessenergie.
                                                               4
                                                                  Quelle: KSDL / Jahresstatistik VSG.

                                                                                                                                        11
Marktöffnung und Regulierung

MARKTÖFFNUNG

In welcher Ausprägung wird der Markt mit Inkrafttreten eines möglichen GasVG voraussicht-
lich geöffnet?

Die Mehrheit der Gasversorgungsunter­
                                                                                                                                        Abbildung 3
nehmen (47 %) geht davon aus, dass
analog zur schrittweisen Öffnung des
schweizerischen Strommarktes eine               Gleichzeitige und                22.6%
sequenzielle Marktöffnung auch in der           vollständige
                                                Marktöffnung über
Gasversorgung umgesetzt wird (Abbil­            alle Kundensegmente             15.8%
dung 3). Deren Zustimmung ist aber­ge­
genüber der letzten Umfrage im Jahr             Sequenzielle Marktöff-          58.5%
2015 deutlich gesunken. Hingegen stieg          nung in Teilschritten
                                                (analog schweizerischer
die Zustimmung für eine vollständige            Strommarkt)                      47.4%
Marktöffnung für Grosskunden bei gleich­
zeitiger Grundversorgung ohne Markt­                                            15.1%
                                                Vollständige Marktöffnung
zugang im Retailsegment (35 %) signifi­         für Grosskunden/Grundver-
                                                sorgung ohne Marktzugang
kant an. Während sich kleinere und              im Retailsegment                35.1%
mittlere Gasversorgungsunter­nehmen      5

in zweiter Priorität auch eine gleichzei­                                        3.8%
                                                Beibehaltung bestehender
tige und vollständige Marktöffnung über         Regelung im Rahmen der
alle Kundensegmente vorstellen kön­             Verbändevereinbarung
                                                (VV2)                           1.8%
nen, spielt dies bei Gasversorgungsun­
ternehmen ab 500 GWh eine eher unter­                                        0%         10%         20%       30%        40%       50%        60%
geordnete Rolle. Vielmehr sehen diese
                                                                                   2015     2017
Unternehmen in zwei­     ter Prio­
                                 rität die
Möglichkeit einer Teilmarkt­  öffnung für
Grosskunden und einer Grund­versor­gung­
ohne Marktzugang im Retailsegment. Gemäss Branchenver­                  Grundsätzlich stellt sich im Fall einer sequenziellen oder teil­
tretern ist diese Haltung vor dem Hintergrund zu interpretie­           weisen Marktöffnung die Frage nach den Kriterien für die De­
ren, dass sich Gas bereits heute in einer Wettbewerbssituation          finition der Marktzugangsgrenze. Derzeit befindet sich diese
mit anderen Energieträgern befindet und eine vollständige               gemäss Verbändevereinbarung bei 150 Nm3/h. Dies entspricht
Marktöffnung aufgrund der damit verbundenen zusätzlichen                bei einer mittleren Benutzungsdauer einem Energiebedarf
Aufgaben (z.B. Lieferantenwechselprozesse) primär zu höhe­              von rund 4.5 GWh.7 Erste Aussagen von Seiten des Bundesamtes
ren Transaktionskosten führen würde. Dadurch könnte die Kon­            für Energie (BFE) vor Branchenvertretern zeigen eine mögliche
kurrenzfähigkeit von Gas gegenüber anderen Energieträgern               Marktzugangsgrenze in Anlehnung an den Strommarkt bei
(insb. Heizöl) negativ beeinflusst werden. Ziel der Branche             0.1 GWh. Dies würde faktisch einer vollständigen Marktöff­
könnte es somit sein, eine weiterführende Marktöffnung mit              nung sehr nahe kommen, da bereits ein Kunde mit Verbrauchs­
einem kosteneffizienten (Teil-)Monopol im Retailsegment                 profil IV (Mehrfamilienhaus mit einer Kesselleistung von
auszugestalten. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass eine              55 kW) marktzugangsberechtigt wäre. Die Ausgestaltung der
vergleichbare Entwicklung wie im Strommarkt resultiert. Die             Marktöffnung bzw. der Marktzugangsgrenze wird in den Dis­
Gasversorgungsunternehmen hätten einen Anreiz, unattrakti­              kussionen im Hinblick auf ein GasVG eine wichtige Rolle spie­
ve Bedingungen (bspw. aus Langfristverträgen) nach Möglich­             len. Mögliche Einflussfaktoren auf die Ausgestaltung der
keit den grundversorgten Kunden anzulasten und Vorteile den             Marktzugangsgrenze sind die aufgrund von auslaufenden
Kunden im Wettbewerb weiterzureichen.                                   Langfristverträgen gewonnene Flexibilität der Gasversorgung­s­
Beim Strom ist die Regulierung der Grundversorgung bis heute            unternehmen sowie die erwarteten Transaktionskosten von
nicht abschliessend geklärt. Nach entsprechender Rechtspre­             Lieferantenwechselprozessen.
chung des Bundesgerichts zur sogenannten Durchschnitts­
preismethode (zwischen grund- und marktversorgten Kunden)
wurden zwischenzeitlich politische Vorstösse zur gesetzgebe­
rischen Korrektur der geltenden Grundversorgungsregulie­
rung lanciert.6 Im Falle einer vergleichbaren Grundversorgung
beim Gas wären aus diesen Diskussionen und der damit ver­               5
                                                                          Gasversorgungsunternehmen mit einem Absatz bis 1’000 GWh.
bundenen Rechtsunsicherheit zumindest die notwendigen                   6
                                                                          Vgl. «Wie weiter mit der Regulierung der Grundversorgung?»,
Lehren zu ziehen.                                                          EVU Partners AG (2017), erhältlich unter www.evupartners.ch.
                                                                           7
                                                                               Kapazität (150 Nm3/h) × Heizwert (10 kWh/Nm3) × Benutzungsdauer (3’000 h).

12
Marktöffnung und Regulierung

ENTRY / EXIT-SYSTEM

Die Grundlagenstudien des BFE empfehlen insbesondere bei einer vollständigen Marktöff-
nung die Einführung eines Entry / Exit-Systems (EES) mit vollständiger vertikaler Integration
(inkl. lokale Netzebene). Welche Ausgestaltung eines EES ist aus Ihrer Sicht in Abhängigkeit
zu möglichen Marktöffnungsmodellen sinnvoll?

Die Weitergabe der vorgelagerten Netzkosten kann entweder                 die Branche dadurch einen finanziellen Nachteil im Wettbe­
durch das Entry / Exit-System im City-Gate-Modell 8 oder durch            werb primär gegenüber Substitu­ten. Aus diesem Grund kom­
ein umfassendes Entry / Exit-System mit vollständiger Inte­               men die Studienteilnehmenden zum Schluss (Abbildung 4),
gration (inkl. dem lokalen Verteilnetz) erfolgen. Der wesentli­           dass ein umfassendes Entry / Exit-System erst mit einer voll­
che Unterschied zwischen den beiden Varianten liegt darin,                ständigen Marktöffnung über alle Kunden umgesetzt werden
dass bei der City-Gate-Lösung der Kostenblock der Exit-Tarife             soll. Bei allen anderen Ausprägungen der Marktöffnung soll
vom Energielieferanten bzw. bei vollständiger Integration                 nach Meinung der Studienteilnehmenden das derzeit geltende
durch die lokalen Verteilnetzbetreiber als vorgelagerte Netz­             City-­Gate-Modell (inkl. Verschachtelungseffekten) angewen­
kosten getragen werden. Je nach Ausgestaltung besteht beim                det werden.
City-Gate-Modell ein gewisses Diskri­
minierungspotenzial gegenüber neuen
                                                                                                                                           Abbildung 4
Marktteilnehmenden, weil diese insbe­
sondere beim Markteintritt keinen Vor­
teil über Verschachtelungseffekte und
                                                                                57%
dadurch einen gewichteten Wettbewerbs­           Beibehaltung bestehender
nachteil haben könnten. Eine Möglich­            Regelung im Rahmen der
                                                                                29%
                                                 Verbändevereinbarung
keit zur Reduktion dieses Potenzials             (VV2)
besteht in der Ausgestaltung des City-­                                         14%
Gate-Modells auf Basis von kunden­
spezifischen Einzelbuchungen (allfällig                                         47%
nur für die marktzugangsberechtigten             Vollständige Marktöffnung
Kundensegmente). Dies führt aber ten­            für Grosskunden/Grundver-
                                                                                24%
                                                 sorgung ohne Marktzugang
denziell zu vertraglich-technischen Ka­          im Retailsegment
pazitätsengpässen. Während die tatsäch­                                         29%
lich physischen Mengen deutlich unter
der möglichen technischen Kapazität                                             43%
bleiben, übersteigen die summierten              Sequenzielle Marktöffnung
                                                 in Teilschritten (analog
Einzelbuchungen die technische Kapa­             schweizerischer                20%
zität. Dies kann in Abhängigkeit zu den          Strommarkt)
Vorgaben bezüglich des Engpassma­                                               38%
nagements verschiedene, teilweise markt­
eingreifende Massnahmen9 nach sich                                              17%
ziehen. Demgegenüber steht ein voll­             Gleichzeitige und
ständig integriertes Entry / Exit-System.        vollständige Marktöffnung
                                                                                6%
                                                 über alle Kundensegmente
Dabei erfolgt die Buchung durch den
Verteilnetzbetreiber und den Kunden                                             77%

wird ein einheitliches Netznutzungsent­
                                                                             0%                20%                40%            60%             80%
gelt verrechnet. Alle Kunden profitieren
unabhängig vom Energieliefe­ranten von                                            EES mit City-Gate (Nutzung von Verschachtelungseffekten)
einem möglichen Verschachtelungsef­                                               EES mit City-Gate (Einzelbuchungsmodell)
fekt. Dieses Modell vermeidet zwar                                                EES mit vollständiger Integration
mögliche Diskriminierungen und ver­
tragliche Engpässe, führt aber mögli­
cherweise zu hohen Transaktionskos­
ten, welche primär die angestammten Ver­       teilnetzbetreiber
betreffen. Auch wenn diese Kosten solidarisch an die jeweili­
gen Netznutzer weiterverrechnet werden können, befürchtet

                                                                             8
                                                                                bergangspunkt zwischen der vorgelagerten und der lokalen Netzebene
                                                                               Ü
                                                                               (Übergabepunkt vor der Stadt).
                                                                             9
                                                                               Bspw. Verauktionierung der gesamten Kapazitäten am Übergabepunkt bei
                                                                                Überschreitung einer festgelegten Auslastung.

                                                                                                                                                       13
Marktöffnung und Regulierung

KAPITALVERZINSUNG

Erwarten Sie im Rahmen eines möglichen GasVG die Beibehaltung der heutigen unterneh-
mensspezifischen Differenzierungen bei den lokalen Verteilnetzbetreibern?

Im Gegensatz zum einheitlichen Kapitalkostensatz für alle              Zudem wird erwartet, dass die derzeit geltenden unternehme­
Netzebenen in der Stromversorgung wird in der Gasversor­               rischen Freiheitsgrade bei der Kapitalverzinsung der lokalen
gung im Bereich der Kapitalverzinsung zwischen den vorgela­            Netze wegfallen werden. Auffällig sind die Unterschiede ge­
gerten und lokalen Netzebenen unterschieden. Während in                genüber der Umfrage im Jahr 2015. Die Meinungen der Studi­
der aktuellen Entgeltperiode (2016 / 17) in den vorgelagerten          enteilnehmenden orientieren sich zwischenzeitlich wieder
Netzebenen für alle Netzbetreiber ein einheitlicher Kapital­           vermehrt am Status quo (Abbildung 5). Als mögliche Begrün­
kostensatz von 4.90 % gilt, können lokale Netzbetreiber auf­           dung für die Beibehaltung der heutigen Differenzierung der
grund unterschiedlicher finanzieller und sachlicher Voraus­            Kapitalkostensätze bei den lokalen Netzen wurde das un­
setzungen eine unternehmensspezifische Kapitalverzinsung               terschiedliche Risikoprofil zwischen den Netzebenen bzw.
unter Verwendung von individuellen Parametern definieren.              zwischen den einzelnen Gasversorgungsunternehmen ge­
Dies führt zu einer grossen Spannweite der angewendeten                nannt.
Kapitalkostensätze. Zudem liegt der ge­
mäss «Nemo-Manual» empfohlene lo­
                                                                                                                                     Abbildung 5
kale Kapitalkostensatz mit 5.14 % höher
als der Kapitalkostensatz aus der ein­
vernehmlichen Regelung zwischen den
Hochdrucknetzbetreibern und dem Preis­
                                                                     2015        82%                                                   18%
überwacher für die vorgelagerten Net­
ze. Eine höhere Kapitalverzinsung auf           Einheitlicher
                                                Kapitalkostensatz
der lokalen Ebene ist aufgrund des un­          zwischen
terschiedlichen Risikoprofiles der ein­         vorgelagerten und
                                                lokalen Netzen
zelnen Netzebenen begründbar.
Die Mehrheit der Studienteilnehmen­                                  2017        59%                                                   41%

den geht davon aus, dass im Rahmen
der gesetzlichen Regulierung (GasVG)
eine einheitliche Kapitalverzinsung über
alle Netzebenen der Gasversorgung ana­
log der Stromversorgung umgesetzt wird.                              2015        24%                                                   76%
                                                Beibehaltung
                                                 einer unterneh-
                                                 mensspezifischen
                                                 Spannweite beim
                                                 Kapitalkostensatz
                                                 auf der lokalen
                                                 Netzebene
                                                                     2017        41%                                                   59%

                                                                            0%     10%   20%     30%   40%   50%   60%   70%   80%   90% 100%

                                                                                  Ja      Nein

14
Marktöffnung und Regulierung

KAPITALKOSTENSATZ

In welchem Bereich sollte Ihrer Meinung nach der angemessene Kapitalkostensatz für die
Festlegung der (lokalen) Netznutzungsentgelte liegen? Zum Vergleich: Der Kapitalkostensatz
für das schweizerische Stromnetz (Übertragungs- und Verteilnetz) beträgt aktuell 3.83 %
(2017).

Gemäss der einvernehmlichen Regelung10 zwischen den Hoch­                 0.20 % über dem Niveau der Kapitalverzinsung beim Strom
drucknetzbetreibern und dem Preisüberwacher wurde als ange­               befindet.
messene Übergangslösung bis zum Inkrafttreten eines GasVG                 Die Marktumfrage zeigt (Abbildung 6), dass die Branche für
ein Risikozuschlag für die vorgelagerten Netze in der Höhe                die vorgelagerten Netze eine Kapitalverzinsung von 4.38 % als
von 0.20 % auf der Kapitalverzinsung beim Strom ve­reinbart.              angemessen beurteilt. Dieser Wert liegt einerseits über der
Aufgrund des historisch tiefen Zinsniveaus hat der Bundesrat              mit dem Preisüberwacher vereinbarten Lösung. Andererseits
                                                                                                         liegt dieser Wert aber deutlich unter der
                                                                                                         Einschätzung im Jahr 2015. Möglicher­
                                                                                       Abbildung 6
                                                                                                         weise wurden die Meinungen der Studie­n­
        6.0
                                                                                                         teilnehmenden durch die Diskussionen
                                                                                                         im Strombereich und die Vereinbarung
                                                                                                         zwischen den Hochdrucknetzbetreibern
                                                                                                         und dem Preisüberwacher beeinflusst.
        5.0                                                                                              Im Gegensatz dazu reduzierte sich der
                                                                                                         Kapitalkostensatz für die lokalen Netze
                                                                                                         nur marginal auf 4.98 % und liegt somit
        4.0                                                                                              deutlich über dem Kapitalkostensatz
                                                                                                         beim Strom. Bei der näheren Betrach­
   Kapitalzinssatz Netzentgelte (%)

                                                                                                         tung zeigt sich, dass tendenziell kleinere
                                                                                                         und mittlere Gasversorgungsunterneh­
        3.0
                                                                                                         men12 einen höheren Kapitalkostensatz
                                                                                                        als angemessen beurteilen. Die höheren
                                                                                                        Werte basieren auf den Meinungen von
        2.0                                                                                             Studienteilnehmenden, w     ­ elche auch im
                                                                                                        Rahmen eines GasVG von einer diffe­
                                                                                                        renzierten Kapitalverzinsung zwischen
        1.0
                                                                                                        vorgelagerten und lokalen Netzen aus­
                                                                                                        gehen. Demgegenüber beurteilen Stu­
                                                                                                        dienteilnehmende, welche von einem
                   4.90    4.38           5.10    4.98                 5.00       4.49                  ­Verzicht auf eine Differenzierung der Ka­
        0.0
                 Kapitalkostensatz      Kapitalkostensatz     Einheitlicher Kapitalkostensatz
                                                                                                         pi­talkostensätze ausgehen, einen ein­
                vorgelagerte Netze   lokale Netze (Standard)  der Gasnetze (vorgelagerte und             heitlichen Kapitalkostensatz von 4.49 %
                                                                    lokale Netzebene)
                                                                                                        für alle Netzebenen als angemessen.
              2015         2017        Aktueller WACC Stromnetze                                        Anzumerken ist, dass die jeweiligen
                                                                                                        Einzelmeinungen eine hohe Spannwei­
                                                                                                        te zwischen 3.5 % und 6.5 % aufweisen.
im Jahr 2015 jedoch entschieden, die Vorgaben für die Be­                 Mehrere Studienteilnehmende haben als Begründung für eine
rechnung des Kapitalkostensatzes (WACC) für Investi­tionen in             höhere Kapitalverzinsung beim Gas die unterschiedlichen Ri­
Stromnetze anzupassen. In der Folge hat das Eid­genössische               sikoprofile genannt. Dabei steht die zunehmende Substitution
Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika­                   von Gas (z. B. durch Wärme oder Strom) sowie eine gegenüber
tion (UVEK) den WACC für das Tarifjahr 2017 von 4.70 % auf                dem Strom signifikant höhere Volatilität bei den Absatzmen­
3.83 % reduziert. Aufgrund dieser veränderten A     ­ usgangslage         gen aufgrund der ausgeprägten Temperaturabhängigkeit für
und einer unterschiedlichen Auffassung bezüglich der Um­                  ein grundsätzlich höheres unternehmerisches Risiko im Vor­
setzung bei den Gasnetzen wurde eine Zusatzvereinbarung11                 dergrund der Überlegungen. Nicht zu vernachlässigen sind
zur einvernehmlichen Regelung notwendig. Diese besagt,                    auch mögliche langfristige Effekte im Kontext der Energie­
dass der Kapitalkostensatz ab der Entgeltperiode 2017 / 18                strategie 2050 sowie der neuen CO2-Gesetzgebung.
jährlich um 0.20 %, resp. für die Entgeltperiode 2019 / 20 um
0.27 % sinkt und ab der Entgeltperiode 2020 / 21 auf 4.03 % lie­
                                                                          10
                                                                             Einvernehmliche Regelung «Netzentgelte des schweizerischen
gen. Dies entspricht dem ursprünglichen Risikoaufschlag von
                                                                              ­Hochdruck-Erdgasnetzes», PUE (2014).
0.20 % gegenüber dem Kapitalkostensatz beim Strom. Dabei                  11
                                                                               Zusatzvereinbarung zur einvernehmlichen Regelung vom Oktober 2014,
gilt jedoch, dass sich der Kapitalkostensatz für die Gasnetze                   PUE (2016).
während des ganzen Anpassungszeitraums im Minimum                         12
                                                                                Gasversorgungsunternehmen mit einem Absatz bis 1'000 GWh.

                                                                                                                                                15
Marktöffnung und Regulierung

TRANSITGAS-TRANSPORTSYSTEM

Die Grundlagenstudien des BFE empfehlen in Anlehnung an den Strombereich und den euro-
päischen Ordnungsrahmen die vollständige Integration des Transitgeschäfts bei der Ermitt-
lung der Netzkosten. Teilen Sie diese Meinung?

Das heutige Transitgas-Transportsys­
                                                                                                                         Abbildung 7
tem hat massgeblich die heutige Markt­
stellung des Erdgases in der Schweiz
geprägt. Herzstück davon ist die 292 km
lange Transitgasleitung, die zwischen
                                               Alle Umfrageteilnehmer
Wallbach (AG) und dem Griespass (VS)                                        51%                                            49%
die Schweiz durchquert und den Import
von rund drei Vierteln des in der Schweiz
verbrauchten Erdgases ermöglicht. Der
überwiegende Anteil der Kapazität (rund
                                               GVU (Absatzmenge
90 %)13 wird dabei für den eigentlichen        >1’000 GWh)                  30%                                            70%
Transit verwendet und durch die Flux­
Suisse vermarktet. Daneben besteht auch
bei den dem Binnenmarkt zugewiesenen
Kapazitäten die Möglichkeit, nachfrage­
                                               GVU (Absatzmenge
gesteuert (d. h. ausserhalb der Heiz­          250–1’000 GWh)               63%                                            37%
periode) gewisse Kapazitäten zu ver­
markten. Für die Entgeltermittlung der
überregionalen Zone Schweiz werden
die anteiligen Kosten der Swissgas AG
                                               GVU (Absatzmenge
am Transitgas-System im Verhältnis der
Marktöffnung und Regulierung

NUTZUNGSDAUERN

Aufgrund sich aktuell tendenziell verschlechternder Rahmenbedingungen (Energiegesetzge-
bung, MuKEn, Energierichtpläne) sind die langfristigen Ertragsmöglichkeiten der Netzinfra-
struktur von Erdgas nicht gesichert. Würden Sie es begrüssen, wenn im Rahmen der Erarbei-
tung des GasVG die bestehenden Nutzungsdauern überprüft werden bzw. den Unternehmen
hinsichtlich der Abschreibungsdauer mehr Flexibilität zugestanden wird?

Gemäss den letzten beiden Umfragen erwarteten rund 80 %                   Eine deutliche Mehrheit der Studienteilnehmenden (71 %) wür­
der Studienteilnehmenden in den kommenden Jahren eine                     de es begrüssen, wenn das GasVG den Gasversorgungsun­
weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Gas.                   ternehmen entsprechende Flexibilitäten zu­gestehen würde (Ab­
Darunter fallen eine generelle Verschärfung im rechtlichen                bildung 8). Dabei steht im Fokus, dass die regulatorischen
Umfeld (bspw. Energiestrategie 2050), verbindliche Richtlinien            Vorgaben grosszügige Bandbreiten bei den Nutzungsdauern
(bspw. Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich                   vorsehen sollen. Jedes Unternehmen soll aufgrund seiner indi­
(MuKEn)) sowie eine weitere Anhebung der Lenkungsabgaben                  viduellen Ausgangslage und Einschät­zung die Nutzungsdauern
auf fossilen Brennstoffen (CO2-Gesetzgebung). Mit diesen recht­           selber definieren können.
lichen Massnahmen soll langfristig der
fossile Energieverbrauch in der Schweiz
                                                                                                                             Abbildung 8
reduziert werden. Es stellt sich für die
Gasversorgungsunternehmen die Fra­
ge, ob der langfristige Ertragshorizont             Nein, die heutigen Vorgaben
                                                    orientieren sich an der
von Investitionen in die Gasinfrastruktur           technischen Lebensdauer der
noch wirtschaftlich ren­tabel ausgestaltet          Netze und haben sich bewährt.          22%

werden kann. Insbeson­   dere im Haus­              Ja, anstelle der heute fixen                                       29%
                                                    Nutzungsdauern (von welchen
haltsbereich werden fossile Anwendun­               aber bei ausreichender
gen sukzessive verdrängt, so dass auf­              Begründung abgewichen
                                                    werden kann) sollen im
grund rückläufiger Absatzmen­    gen die            Rahmen der Erarbeitung des
spezifischen Netzkosten für die verblei­            GasVG grosszügige
                                                    Bandbreiten zur Anwendung          12%
benden Kunden ansteigen. Eine ver­                  gelangen.
gleichbare Entwicklung ist bei den Was­             Ja, die heutigen Nutzungsdauern
serversorgungen erkennbar, wobei sich               sollten zumindest für Neuanlagen
                                                    verkürzt werden können.
die Wasserversorgung im Vergleich zur
Gasversorgung in einem natürlichen Mo­              Ja, die Unternehmen sollen künftig
                                                                                                          37%
                                                    frei sein, die Nutzungsdauern gemäss
nopol und nicht im Substitutionswettbe­             individuellen Gesichtspunkten
werb befindet. Vor diesem Hintergrund               festlegen zu können.

stellt sich die Frage, ob im Rahmen der
Erarbeitung des GasVG den Unterneh­
men zukünftig eine höhere Flexibilität bezüglich den Nut­
zungsdauern16 zugestanden werden soll. Beispielsweise wä­
ren neue Gasleitungen und -stationen zwar technisch
weiterhin langfristig nutzbar, deren effektiver wirtschaftlicher
Betrieb jedoch mittelfristig unsicher.

                                                                     16
                                                                           eispielsweise beträgt die branchenübliche (kommerzielle) Nutzungsdauer
                                                                          B
                                                                          einer Gasleitung rund 50 Jahre.

                                                                                                                                               17
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