Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz

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Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
SPM-Koll VIII_CoverWeb_SPM VIII – KOLL 14.11.18 09:22 Seite 1

                                                         SPM
                                                                                         Kolloquium — colloque Bern 2018
                                                                                                                                                    AS – Archäologie Schweiz
                                                                                                                                                    SAM – Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die
                                                                                                                                                    Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit
                                                                                                                                                    SBV – Schweizerischer Burgenverein
                                                                                                                                                    (Herausgeber)

                                                                                                                                                    Die Schweiz von 1350 bis 1850
                                                                                                                                                    im Spiegel
                                                                                                                                                    archäologischer Quellen

                                                                                         Die Schweiz von 1350 bis 1850 — La Suisse de 1350 à 1850
                                                                                                                                                    AS – Archéologie Suisse
                                                                                                                                                    SAM – Groupe de travail suisse pour l’archéologie
                                                                                                                                                    du Moyen Age et de l’époque moderne
                                                                                                                                                    SBV – Association suisse Châteaux forts
                                                                                                                                                    (éditeurs)

                                                                                                                                                    La Suisse de 1350 à 1850
                                                                                                                                                    à travers les sources
                                                                                                                                                    archéologiques

                                                                                                                                                    Akten des Kolloquiums
                                                                                                                                                    Actes du Colloque
                                                                                                                                                    Bern, 25.–26.1.2018

                                                                                                                                                    Verlag Archäologie Schweiz
                                                                                          SPM

                                                                                                                                                    Basel 2018
                                                                ISBN 978-3-908006-48-0
Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
Umschlag:    Dudelsackbläser vom so genannten Holbein-Brunnen. Werk eines unbekannten Künstlers, um 1545. Sandstein mit farbiger Fassung. Höhe 91 cm. Heute Basel,
             Historisches Museum, Inv. 1910.132. Umzeichnung Archäologie Baselland, S. Schäfer.
             Schellen-Under. Schaffhauser Spielkarte. Schaffhausen, um 1800. Holzschnitt, schablonenkoloriert. Drucker David Hurter; Bearbeitung I. D. Zeder.
Couverture: Joueur de cornemuse de la fontaine dite de Holbein. Oeuvre d’un artiste inconnu, ver 1545. Grès avec décor polychrome. Hauteur 91 cm. Aujourd’hui à Bâle,
            Musée Historique, Inv. 1910.132. Dessin Archéologie Baselland, S. Schäfer.
             Schellen-Under (Under de grelot). Carte à jouer de Schaffhouse. Schaffheouse, vers 1800. Gravure sur bois peinte au pochoir. Imprimeur David Hurter. Infogra-
             phie I. D. Zeder.

Wissenschaftliche Leitung / Direction scientifique : Steuerungsgruppe SPM VIII (s. S. 7), im Auftrag der Wissenschaftlichen
Kommission der Archäologie Schweiz / sur mandat de la Commission Scientifique d’Archéologie Suisse.

Die Umsetzung dieser Internet-Publikation wurde unterstützt durch die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozial-
wissenschaften SAGW. Der Band ist gratis online verfügbar unter www.archaeologie-schweiz ▻ Publikationen ▻ Online-Publi-
kationen.
La réalisation de cette publication éléctronique a été largement soutenue par l’Académie des Sciences humaines et sociales
ASSH. Le volume est mis à disposition en ligne gratuitement sur www.archeologie-suisse.ch ▻ Publications ▻ Publications en
ligne.

Hardcopy produziert mit Unterstützung der Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Archäologie des Mittelalters und der
Neuzeit. / Version imprimée réalisée avec le soutien du Groupe de Travail pour l’Archéologie du Moyen Age et de l’Epoque
moderne.

Bestelladresse für die gedruckte und gebundene Version:
Archäologie Schweiz, Petersgraben 51, CH-4051 Basel, admin@archaeologie-schweiz.ch
Adresse de commande pour la version imprimée et reliée:
Archéologie Suisse, Petersgraben 51, CH-4051 Bâle, admin@archeologie-suisse.ch

Projektleitung / Direction du projet : Urs Niffeler.
Redaktion / Rédaction :                Catherine Leuzinger-Piccand (Beitrag Liboutet/Vanetti); Urs Niffeler (übrige Teile).
Druckvorstufe / Prépresse :            Isabelle D. Zeder.

Copyright by Archäologie Schweiz, Basel 2018.
ISBN 978-3-908006-48-0
Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
Inhaltsverzeichnis – Table de matière – Indice

Dank        ....................................................7                                              Zur Chronologie und Typologie der Wohnbauten
                                                                                                               Graubündens im Zeitraum von 1350 bis 1850
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7       Mathias Seifert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .115

                                                                                                               Alpnutzung in Spätmittelalter und Frühneuzeit
1. Siedlungen – Habitat                                                                                        am Beispiel Andermatt UR
                                                                                                                   Brigitte Andres und Christian Auf der Maur . . . . . . . . . . . . . . .129
         1.1 Städte – Villes
                                                                                                               Der Oberwalliser Wohnbau in Spätmittelalter und
Basel – Transformationen einer Stadt                                                                           Neuzeit. Das Bespiel Schnydrighaus in Mund,
         Frank Löbbecke, Martin Möhle,
                                                                                                               Gemeinde Naters
                                                                                                                   Werner Bellwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139
         Christoph Matt und Marco Bernasconi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

Vom Lagerbau zum Stadthaus.                                                                                    Innerschweizer Holzbau
                                                                                                                   Ulrike Gollnick und Christoph Rösch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147
Die bauliche Entwicklung des Städtchens Werdenberg
(Grabs SG) im 14. und frühen 15. Jh.
         Carolin Krumm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29
                                                                                                               Bauernhäuser aus Altholzbeständen –
                                                                                                               eine Erscheinung des Taunerwesens im 18./19. Jh.?
                                                                                                                   Katharina König . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .161
Städtischer Wohnbau am Beispiel Zug
         Anette JeanRichard und Christoph Rösch . . . . . . . . . . . . . . . . . .37
                                                                                                               Archéologie du « village vigneron » : l’exemple
Freiburg: Rue Neuveville 46,                                                                                   du Vignoble neuchâtelois (15e–17e siècles).
ein spezieller Typ von Gerbereigebäude                                                                         Comment le développement de l’économie viticole
         Christian Kündig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .49
                                                                                                               du 15e au 17e siècle a durablement influencé le
                                                                                                               paysage, l’urbanisme et l’architecture de la région
                                                                                                                   Christian de Reynier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .175
Murten: Ein Dachstuhltyp zu Wohnbauten
ab dem frühen 16. Jh.
         Christian Kündig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53
                                                                                                                   1.3 Sonderbauten und Infrastruktur –
Bossonnens FR: Von der mittelalterlichen Burg                                                                      Bâtiments spécialisés et infrastructures
bis zur Artillerieplattform
         Christian Kündig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57        Münzstätten im archäologischen Befund
                                                                                                                   Rahel C. Ackermann und Christoph Ph. Matt . . . . . . . . . . . . . .189
Saint-Ursanne, premières investigations
en archéologie urbaine dans le Jura                                                                            Die gemeineidgenössischen, bernischen und vorder-
         Sébastien Saltel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63    österreichischen Landvogteischlösser des Aargaus
                                                                                                                   Peter Frey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .195

         1.2 Ländliche Siedlungen – Habitat rural                                                              Baden AG: vom Wildbad zum Kurort
                                                                                                                   Andrea Schaer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .197
Der städtische Einfluss auf die Haus- und
Siedlungsentwicklung im Basler Untertanengebiet                                                                Bad Weissenburg und das Badewesen
(Kanton Baselland ohne Laufental)                                                                              im Berner Oberland
         Anita Springer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69          Volker Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .207

Hochstudbauten im Aargau.                                                                                      Bauarchäologische und bauhistorische Unter-
Typologische Entwicklung vom 16. Jh. bis 19. Jh.                                                               suchungen am Escher- und am Linthkanal
         Cecilie Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79       Jakob Obrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .217

Alles unter Schutt und Asche.                                                                                  Das ehemalige Gasthaus Ochsen in Flüelen UR:
Ofenkachelfunde des 14.–18. Jh. in Brandhorizonten                                                             Gasthof, Kaufhaus und Sust an der Gotthardroute.
von Fricktaler Bauerndörfern                                                                                   Ein stattlicher Bau am Übergang zwischen Land
         David Wälchli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93     und See
                                                                                                                   Ulrike Gollnick und Christian Auf der Maur . . . . . . . . . . . . . .229
Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen
         Moritz Flury-Rova . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107

                                                                                                                                                                                                                    3
Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
Le pavillon de chasse de Guillaume de La Baume :                                                        3. Glaubenswelt – Croyances
une source d’inspiration pour le Canton de Fribourg
     Rocco Tettamanti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .237
                                                                                                             3.1 Bauten und Zeichen –
Pour une relecture du statut économique du Canton                                                            Bâtiments et symboles
de Vaud à l’époque moderne : les cas du fer et des
fours à chaux du Jura-Nord vaudois                                                                      Die Mikwe von Lengnau AG
                                                                                                             Peter Frey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .397
     Alice Vanetti et Marion Liboutet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .239

                                                                                                        Das «Cappeli» im Berner Stockental
                                                                                                             Volker Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .399
2. Materielle Kultur – Culture matérielle
                                                                                                        Ermitages religieux des environs de la ville de Fribourg
Laufenburg-Siechebifang – ein aussergewöhnlicher                                                        (15e–19e siècles) : un patrimoine à redécouvrir
Fundkomplex aus dem 15. Jh.                                                                                  Ludovic Bender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .407
Ein Einblick in das Inventar des ehemaligen
Laufenburger Siechenhauses                                                                              Aménager un temple réformé en terres neuchâteloises
     Reto Bucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .255   (1530–1850). Apports de l’archéologie
                                                                                                             Jacques Bujard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .417
Bunte Schüsseln, schlichte Tassen. Gefässkeramik-
entwicklung in der Nordostschweiz (1350–1850)                                                           An Holzbauten beobachtete Zeichen
     Valentin Homberger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .271        von Praktiken der Volksfrömmigkeit
                                                                                                             Ulrike Gollnick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .427
Ein geschlossenes Geschirrensemble des 18. Jh.
aus Winterthur
     Annamaria Matter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .283             3.2 Bestattungen – Sépultures
Alles im grünen Bereich. Die Haushaltskeramik                                                           Grabbeigaben im Gebiet der Deutschschweiz
vom Bauschänzli in Zürich, datiert vor 1662                                                                  Martina Kaelin-Gisler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .431
     Jonathan Frey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297
                                                                                                        Die Bestattungen im Kanton Bern im Wandel der Zeit.
Spätmittelalterliche und neuzeitliche Keramik-                                                          Interdisziplinäre Betrachtungen zu den Gräbern und
komplexe im Kanton Zug                                                                                  Verstorbenen
     Eva Roth Heege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .309           Amelie Alterauge und Sandra Lösch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .441

Reperti ceramici in Ticino dal 1350 al 1850:                                                            Evolution des ensembles funéraires de la fin du
prime considerazioni                                                                                    Moyen-Âge au début du 20e siècle. Quelques exemples
     Maria-Isabella Angelino . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .325         de fouilles récentes dans les cantons de Vaud et de
                                                                                                        Neuchâtel
L’atelier de potiers de Bulle-rue de la Poterne                                                              Lucie Steiner et Sophie Thorimbert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .457
(1765–1895). Etat de la recherche
     Gilles Bourgarel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .337    Temple de Daillens VD : sépultures découvertes
                                                                                                        dans le chœur désaffecté – un cas d’école
L’évolution du vaisselier genevois entre 1350 et 1850                                                        Anna Pedrucci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .469
     Michelle Joguin Regelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .361

Tabak und Tabakpfeifen in der Schweiz
     Andreas Heege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .371
                                                                                                        4. Umwelt und Naturressourcen –
                                                                                                        Environnement et ressources naturelles
Konjunkturen und Kleingeldwanderung.
Kirchenfunde des 16.–19. Jh.                                                                            Klima und extreme Naturereignisse in der Schweiz,
     Benedikt Zäch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .383   1350–1850. Nutzen und Potenziale historischer und
                                                                                                        naturwissenschaftlicher Klimaforschung für die
Plomben und Marken                                                                                      Archäologie
     Rahel C. Ackermann und Benedikt Zäch . . . . . . . . . . . . . . . . . .391                             Christian Rohr und Chantal Camenisch . . . . . . . . . . . . . . . . . .479

                                                                                                        Landwirtschaft und Umwelt im Spiegel
                                                                                                        archäobiologischer Funde – Materialvorlage
                                                                                                             Marlu Kühn, Sabine Deschler-Erb und Simone Häberle . . . . .489

4
Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
Abkürzungen – Abréviations – Abbreviazioni

AAS         Annuaire d’Archéologie Suisse                         AS et al. 2011 AS et al. (Hrsg.; 2011) Archäologie Schweiz AS/
ABBS        Archäologische Bodenforschung des Kantons Basel-                     Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Archäo-
            Stadt                                                                logie des Mittelalters und der Neuzeit SAM/
ADSO        Archäologie und Denkmalpflege im Kanton Solo-                        Schweizerischer Burgenverein SBV (Hrsg.; 2011)
            thurn                                                                SPM – Siedlungsbefunde und Fundkomplexe der
AF          Archéologie Fribourgeoise                                            Zeit zwischen 800 und 1350. Akten des Kollo-
AiZ         Archäologie im Kanton Zürich                                         quiums zur Mittelalterarchäologie in der Schweiz,
AKBE        Archäologie im Kanton Bern                                           Frauenfeld, 28.–29.10.2010. Basel. – Archéologie
AM          Archeologia Medievale                                                Suisse AS/Groupe de travail suisse pour l’archéolo-
ArchBE      Archäologie Bern – Archéologie bernoise. Jahrbuch                    gie du Moyen Âge et de l’époque moderne SAM/
            des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern                        Association suisse Châteaux forts SBV (éds.; 2011)
as.         archäologie schweiz – archéologie suisse – archeo-                   SPM – Habitat et mobilier archéologiques de la
            logia svizzera                                                       période entre 800 et 1350. Actes du colloque
ASA         Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde                           «Archéologie du Moyen Âge en Suisse», Frauen-
ASSPA       Annuaire de la Société Suisse de Préhistoire et                      feld, 28.–29.10. 2010. Bâle.
            d’Archéologie – Annuario della Società Svizzera di    SPM VII        Urs Niffeler (Projektleitung u. Red.), Reto Marti et
            Preistoria e di Archeologia                                          al. (wissenschaftl. Leitung) SPM VII, Archäologie
BSSI        Bollettino Storico della Svizzera Italiana                           der Zeit von 800 bis 1350 – L’archéologie de la
BZ          Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertums-                     période entre 800 et 1350 – L’archeologia del
            kunde                                                                periodo tra l’800 ed il 1350. Basel 2014.
CAF         Cahiers d’Archéologie Fribourgeoise, Fribourg
CAR         Cahiers d’Archéologie Romande, Lausanne
ENr.        Ereignisnummer                                        Kantone – Cantons – Cantoni
FA          Freiburger Archäologie
FHA         Freiburger Hefte für Archäologie                      AG            Aargau
HLS         Historisches Lexikon der Schweiz                      AI            Appenzell Innerrhoden
HS          Helvetia Sacra                                        AR            Appenzell Ausserrhoden
ISOS        Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der     BE            Bern
            Schweiz von nationaler Bedeutung                      BL            Basel-Landschaft
JbAB        Jahresbericht der Archäologischen Bodenforschung      BS            Basel-Stadt
            Basel-Stadt                                           FR            Fribourg
JbADG       Jahresbericht des Archäologischen Dienstes Grau-      GE            Genève
            bünden und der Denkmalpflege Graubünden               GL            Glarus
JbAS        Jahrbuch der Archäologie Schweiz                      GR            Graubünden
JbHGL       Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern         JU            Jura
            (1983–2001); Historische Gesellschaft Luzern, Ar-     LU            Luzern
            chäologie, Denkmalpflege, Geschichte (seit 2002)      NE            Neuchâtel
JbHVFL      Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürsten-    NW            Nidwalden
            tum Liechtenstein                                     OW            Obwalden
JbSGUF      Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur-     SG            St. Gallen
            und Frühgeschichte                                    SH            Schaffhausen
KA          Kantonsarchäologie                                    SO            Solothurn
KDM         Die Kunstdenkmäler des Kantons …                      SZ            Schwyz
KdS         Die Kunstdenkmäler der Schweiz                        TG            Thurgau
RHV         Revue historique vaudoise                             TI            Ticino
SBKAM       Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Ar-       UR            Uri
            chäologie des Mittelalters                            VD            Vaud
SAEF/AAKF   Service archéologique de l’Etat de Fribourg/Amt       VS            Valais
            für Archäologie des Kantons Freiburg                  ZG            Zug
SCA         Service Cantonal d’Archéologie                        ZH            Zürich
SPM         Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum Mittelalter –
            La Suisse du Paléolithique au Moyen-Age – La Sviz-    FL            Fürstentum Liechtenstein
            zera dal Paleolitico al Medioevo
ZA          Zürcher Archäologie
ZD          Zürcher Denkmalpflege, Stadt Zürich, Bericht
ZAK         Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und
            Kunstgeschichte
ZAM         Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters

                                                                                                                                   5
Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen
                                                                                                                     Moritz Flury-Rova

Der Bohlenständerbau tritt heute im Kanton St. Gallen kaum      a
in Erscheinung. In den Städten stehen neben den Steinbauten
und den vielen verputzten Holzbauten ab und zu Sichtfach-
werkgebäude. Die ländlichen Hauslandschaften sind im
Wesentlichen vom Blockbau geprägt; im Toggenburg, im
Rheintal (inkl. Werdenberg) und im Sarganserland ist fast
nur Blockbau zu sehen, im Fürstenland nimmt gegen den
Bodensee und gegen den Thurgau die Fachwerkbauweise
zu. Hier sowie im untersten Toggenburg sind sehr vereinzelt,
im ehemaligen Seebezirk (v. a. Gemeinden Rapperswil-Jona
und Eschenbach) etwas öfter Bohlenständerbauten zu ver-
zeichnen. Doch der Schein trügt in zweifacher Hinsicht.
Erstens sind in den letztgenannten Gebieten mehr Bohlen-
ständerbauten vorhanden, sie treten aber aufgrund von
Verkleidungen nicht in Erscheinung; es scheint, dass, wohl
aufgrund der relativ dünnwandigen Konstruktion, die Boh-
lenständerbauten öfter verkleidet wurden als Block- und
Fachwerkbauten. Zweitens lässt sich aufgrund der in den
letzten 30 Jahren erfolgten baugeschichtlichen Untersuchun-
gen fast im ganzen Kanton eine ältere Schicht von Bohlen-
ständerbauten nachweisen.
Der vorliegende Artikel versucht einen Überblick über die
Verbreitung der Bohlenständerbauweise zu geben. Er stützt       b
sich dabei im Wesentlichen auf die Berichte über Baufor-
schungen von Peter Albertin, Arnold Flammer, Laurenz
Hungerbühler und Hermann Obrist. Die Übersicht kann
aufgrund der Quellenlage natürlich nur sehr beschränkt als
repräsentativ gelten. Sie gliedert sich nach Baugattungen.

Burgen
Bei den gemauerten Burgen tritt die Bohlenständerbauweise
natürlich höchstens im Innenausbau auf. Am markantesten
ist dies im Hof zu Wil der Fall. Angrenzend an den älteren
Turm und innerhalb der Umfassungsmauer entstand um              Abb. 1. Oberriet SG, Burg/Zehntenhaus mit Aufbau in Ständerbauweise von 1537.
1400 ein über vier Geschosse sich erstreckender Ausbau in       a Ansicht von Südosten um 1940/50; b Bohlenausfachung auf der Nordseite, 1976.
Bohlenständerbauweise.1 In Rapperswil, Neu-Altstätten und       Foto H. Schmidt, Bad Ragaz (a); Foto M. Kaiser, St. Gallen (b).
wohl auch andernorts sind gotische Stabwände als Binnen-
wände zu verzeichnen. In Rapperswil wurde beim habsbur-
gischen Wiederaufbau 1394 praktisch der ganze Innenausbau       grösste Teil des Aufbaus ist heute eine Fachwerkkonstruktion,
derart angefertigt, erhalten haben sich einige Reste im zwei-   zwei Kompartimente hingegen weisen liegende Bohlenfüllun-
ten Obergeschoss.2                                              gen auf, versteift durch geschosshohe Streben, die mit den
Interessanter für den Bohlenständerbau als Konstruktion         Ständern überblattet sind. Ursprünglich war der ganze hölzer-
sind bescheidenere Herrschaftsbauten mit einer Holzkon-         ne Aufbau eine reine Bohlenständerkonstruktion, die 1642
struktion über Steinsockel. Bei der «Burg» (oder Zehnten-       grösstenteils durch Fachwerk ersetzt wurde.3
haus) Oberriet im St. Galler Rheintal erhebt sich über einem    In einem Zug als Mischform von Fachwerk- und Bohlen-
hohen gemauerten Sockel ein dendrochronologisch auf 1537        ständerbauweise entstand dagegen unweit davon der auf
datiertes Geschoss in Ständerbauweise, das eine Bohlen-         einem älteren Steinsockel 1578 errichtete hölzerne Aufbau
balkendecke mit der Jahreszahl 1539 enthält (Abb. 1). Der       der 1228 erstmals erwähnten Burg Rebstein.4

M. Flury-Rova, Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen                                                                                      107
Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
Abb. 2. Niederhelfenschwil SG, Schloss Zuckenriet mit Aufbau in Ständerbauweise   Abb. 3. Rapperswil SG, Hintergasse 12–14, undatierter Bohlenständerbau, bei
von 1474. Aufnahme von Südwesten 1974. Foto B. Anderes, Rapperswil.               der Renovation 1991 wieder sichtbar gemacht. Foto M. Flury-Rova 2017.

Ebenfalls in Mischbauweise errichtet war der Kernbau des                          In St. Gallen und Rapperswil sind nach den Stadtbränden von
Schlosses Dottenwil (Gde. Wittenbach) von 1543: Das Stän-                         1418 bzw. 1350 verbreitet Wiederaufbaumassnahmen nach-
dergerüst füllten mehrheitlich Bollensteinausfachungen, im                        zuweisen; in beiden Städten scheint es sich grundsätzlich um
ersten Obergeschoss fanden sich aber Bohlen, die aussen mit                       Bohlenständerbauten zu handeln.7 Ebenso sind in Wil die
Tonplatten verkleidet und verputzt waren, so dass sich diese                      frühen Holzbauten in Bohlenständerbauweise erstellt.8 Ein-
Gefache optisch nicht von den ausgemauerten Gefachen unter-                       zuschränken ist, dass die städtischen (im Gegensatz zu den
schieden. Die Erweiterung 1597 erfolgte rein in Fachwerk.5                        ländlichen) Bohlenständerbauten zuweilen nicht reine Bohlen-
In der Art vergleichbar, aber noch deutlich interessanter ist                     ständerkonstruktionen waren, sondern auch andere Wand-
Schloss Zuckenriet (Abb. 2). Der gemauerte Sockel stammt                          füllungen, insbesondere Lehm-Flechtwerk, enthielten.9
von einer auf die Zeit um 1280 zurückgehenden Burg von                            In Wil und in der Stadt St. Gallen ist ab dem späten 15. Jh.
Ministerialen der Abtei St. Gallen. Nach einem Brand wurde                        Fachwerk verbreitet. In Wil ist das 1467 errichtete Haus
dem Sockel 1474 ein Aufbau in Ständerbauweise aufgesetzt.                         Marktgasse 37 der erste Fachwerkbau. In St. Gallen wurden
Während Nord- und Ostfassade von Anfang an eine Ausfa-                            im letzten Drittel des 15. Jh. die Bohlenständerbauten an der
chung in Tuffstein hatten, weisen einige Ständer an der Süd-                      Schmiedgasse 18 («Bäumli» um 1467), an der Spisergasse 24
und Westfassade eine Doppelnut für Bohlenwände auf. Es                            (1475) und an der Schwertgasse 19/21 (um 1500) in Fachwerk
konnte nicht eruiert werden, ob diese Bohlen (insbesondere                        aufgestockt, bzw. vergrössert; frühe Sichtbacksteinausfachun-
wohl für die Räume in der Südwestecke auf beiden Geschos-                         gen haben die Häuser Webergasse 15 (wohl um 1450–70)
sen) eingefügt waren und später ersetzt wurden (wie in Ober-                      und Schwertgasse 23 (1529), letzteres noch in Kombination
riet), oder ob es sich um eine Planänderung während der                           mit Bohlen in Stube und Nebenstube.10 In Rapperswil erfolgte
Bauzeit handelt.6                                                                 der Wechsel zum Fachwerk offenbar etwas später. Im Haus
                                                                                  zum Engel (Engelplatz 1) weist ein Bohlenständerbau von
                                                                                  1576 Fachwerkausfachungen von 1583 auf, sei es als Planände-
Stadt                                                                             rung oder frühe Reparatur; 1589 folgte an der Kluggasse 19
                                                                                  der erste nachgewiesene Fachwerkbau in der Altstadt.11
In den Städten im Kanton St. Gallen bestehen grosse Unter-                        In der Kleinststadt Werdenberg sind ab 1375 verbreitet Boh-
schiede bezüglich der Bauforschung. Nur in St. Gallen, Wil                        lenständerbauten fassbar.12 Bis heute wurden unter den ins-
und Rapperswil wurden bei Umbauten in der Regel Bau-                              gesamt rund 35 Bauten des Städtchens bei 25 Gebäuden
untersuchungen vorgenommen.                                                       Bohlenständerbauten festgestellt. Im 16. Jh. treten Bohlen-

108                                                                                                  M. Flury-Rova, Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen
Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen - Archäologie Schweiz
Abb. 4. Wil SG, Toggenburgerstrasse 14, Bohlenständerbau von 1491. Querschnitt IGA/H. Obrist 2009, Umzeichnung R. Tschirky, Trogen.

ständerbauweise, Fachwerk und Blockbauweise nebeneinan-
der auf. Auffällig ist hierbei vor allem die Blockbauweise, die
in den grossen Städten des Kantons keine Rolle spielt.
Auf die Typologie der Bohlenständerbauten kann hier nur
ganz vereinfacht eingegangen werden. Es handelt sich fast
durchwegs um traufständige, zweigeschossige Mehrreihen-
Ständerbauten in Geschossbauweise. Bei einer deutlichen
Mehrheit ruht der Ständerbau auf einem massiven Erdge-
schoss, über das er wenig oder bis zur Ausbildung einer Laube
auskragt. Hochständergerüste kommen neben einstöckigen
Unterbaugerüsten vor. In Wil z. B. wurden an der Toggen-
burgerstrasse 12–14 im selben Jahr 1482 direkt nebeneinan-
der zwei Bohlenständerbauten erstellt, von denen jeder eine
der beiden Varianten verkörpert (Abb. 4).13
Schliesslich sei noch auf zwei etwas spezielle Objekte in Alt-                     Abb. 5. Will SG, Tonhallestrasse 7. Bohlenwand mit Kielbogentüre im 1. Oberge-
stätten hingewiesen: Am Haus Engelgasse 8 ist nur im 1. Ober-                      schoss. Foto IGA Zürich/H. Obrist 1995.
geschoss eine eingeschossige Bohlenständerkonstruktion
sichtbar.14 Die Häuser Rathausplatz 3 und 5 zeichnen sich
dadurch aus, dass von den beiden 1689 miteinander errichte-                        ser war in der Regel nicht sehr viel erhalten. Entsprechend
ten Häusern das eine ein reiner Fachwerkbau ist, das andere                        spärlich sind bauliche Einzelheiten oder Bauschmuck. Zu
aber eine Mischform mit Bohlenständerkonstruktion (samt                            nennen ist eine Kielbogentüre an Tonhallenstrasse 7 in Wil
Bohlenbalkendecke) im gassenseitigen Stubenbereich und                             (um 1500), die direkt in die Wandbohlen eingeschnitten ist
Fachwerkkonstruktion im hinter Teil gegen den Hof auf-                             (Abb. 5). Etwas ergiebiger sind Stabwände, die zwar nicht
weist.15 Auffällig ist dabei – im Vergleich mit St. Gallen, Wil                    direkt mit der Bohlenständerbauweise verknüpft sind, aber
und Rapperswil – nicht nur die Mischbauweise, sondern vor                          doch schliesslich demselben Prinzip folgen. So steht eine auf
allem auch das späte Baudatum.                                                     1467 datierte Wand mit stehenden Bohlen, die mit einer
Von der ursprünglichen Bausubstanz der oben genannten, in                          Kreuzigungsdarstellung bemalt ist, in einem Wiler Fachwerk-
den letzten Jahren veränderten und dabei untersuchten Häu-                         haus.16 Eine kleine Trouvaille war die Stabwand im Alten

M. Flury-Rova, Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen                                                                                                         109
Abb. 6. Rapperswil SG, Alter Schwanen an der Marktgasse. Stabwand von 1405      Abb. 7. Walenstadt SG, Berschis, Schulhausstrasse 6–8, Bohlenständerbau von
im 1. Obergeschoss. Ansicht vom Vorraum mit geschnitztem Kielbogenbortal. Foto   1417. Ansicht von Südosten. Foto P. Albertin, Winterthur, 2005.
IBID Winterthur/M. Flury-Rova 1999.

a                                                                                Schwanen in Rapperswil (Abb. 6).17 Die auf 1405 datierte
                                                                                 Wand in dem gemauerten Haus hatte 12 cm dicke Bohlen in
                                                                                 doppelter Nut; auf der Zimmerseite trugen sie eine gotische
                                                                                 Rankenbemalung. Besonders kunstvoll war das nur noch zur
                                                                                 Hälfte vorhandene, reich geschnitzte Kielbogenportal. Zu
                                                                                 diesem Raum gehörte über einem zierlichen Fries eine Boh-
                                                                                 len-Balken-Decke. Solche, natürlich nicht auf Bohlenständer-
                                                                                 bauten beschränkt, sind sowohl in der gewölbten wie in der
                                                                                 geraden Form weit verbreitet.

                                                                                 Land bis 1500
                                                                                 Mit der genannten Ausnahme in Altstätten von 1689 sind in
                                                                                 den Städten bisher keine Bohlenständerbauten aus der Zeit
                                                                                 nach 1600 aufgetaucht. Anders sieht es bei den ländlichen
                                                                                 Gebieten aus, jedenfalls in manchen von ihnen. Zuerst aber
                                                                                 zu den ältesten Bohlenständerbauten auf dem Land. Voraus-
b                                                                                zuschicken ist, dass im Kanton St. Gallen überhaupt erst rund
                                                                                 15 Bauernhäuser vor 1500 datiert sind. Davon sind die eine
                                                                                 Hälfte Block-, die andere Hälfte Bohlenständerbauten. Die
                                                                                 Letzteren verteilen sich über fast den ganzen Kanton (Wald-
                                                                                 kirch, Wittenbach, Berneck, Balgach [2 ×], Mels, Walenstadt/
                                                                                 Berschis, Wattwil; Abb. 7–9). Weisse Flecken sind das obere
                                                                                 Toggenburg, das Oberrheintal sowie die Regionen Werden-
                                                                                 berg und See-Gaster.
                                                                                 Anders als Bohlenständerbauten findet man Blockbauten aus
                                                                                 dem 15. Jh. nur im oberen Toggenburg und in der Region
                                                                                 Werdenberg. Im Toggenburg ist der älteste das auf 1449
                                                                                 datierte Geburtshaus Huldrych Zwinglis in Wildhaus,18 drei
                                                                                 weitere aus der Zeit bis 1500 stehen in der Gemeinde Ness-
                                                                                 lau, alles giebelständige Tätschdachhäuser. Im Werdenberg
                                                                                 befindet sich das Walserhaus auf Palfris, mit Datum 1410
                                                                                 das bisher älteste Bauernhaus des Kantons, sowie ein Block-
                                                                                 bau mit gemauertem Stock von 1477 in Sax.19 Es sind dies
Abb. 8. Mels SG, Wangserstrasse 24, Mehrreihen-Bohlenständerbau von 1444.        genau die Gebiete, in denen Bohlenständerbauten fehlen. Es
a Südostfassade vor dem Abbruch 2010; b Querschnitt Südost-Nordwest, 2010.       sei somit die These gewagt, dass das Toggenburg oberhalb
Foto und Zeichnung P. Albertin, Winterthur, Umzeichnung R. Tschirky, Trogen.     Wattwil bereits im 15. Jh. (und wohl seit jeher) ein reines

110                                                                                                 M. Flury-Rova, Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen
Städtli Werdenberg und mit dem dreiraumtiefen Grundriss
                                                                                   bleibt der Melser Bau wie derjenige aus Wattwil (1455, heute
                                                                                   im Freilichtmuseum Ballenberg; Abb. 9) vorläufig ein Son-
                                                                                   derling im Kanton.

                                                                                   Land nach 1500
                                                                                   Die weitere Entwicklung verläuft unterschiedlich. Im Sargan-
                                                                                   serland ist abgesehen von einem städtisch anmutenden, auf
                                                                                   1579 datierten Gebäude in Tscherlach mit einem Bohlen-
                                                                                   ständerteil24 kein weiterer Bohlenständerbau bekannt. Im
                                                                                   Gaster, im Obertoggenburg, in Werdenberg und im Ober-
                                                                                   rheintal sind gar keine Bohlenständerbauten nachgewiesen.
                                                                                   Mit aller gebotenen Vorsicht kann vermutet werden, dass –
Abb. 9. Wattwil SG, Egeten 937. Bohlenständerbau von 1455 während den Vor-         nach einer frühen Schicht von Bohlenständerbauten vor
bereitungen zur Translozierung in den Ballenberg. Foto Archiv kantonale Denkmal-
pflege um 1989.
                                                                                   1500 – sich hier in der südöstlichen Hälfte des Kantons ein
                                                                                   Blockbaugebiet abzeichnet, das die beiden Appenzell (ausser
                                                                                   dem ausserrhodischen Vorderland) mit einschliesst. Dieselbe
                                                                                   Ablösung von Bohlenständerbauten durch Blockbauten beob-
Blockbaugebiet war und mit ihm die hinter der Wasserscheide                        achtete Peter Albertin bereits für das liechtensteinische Rhein-
bei Wildhaus anschliessenden Hänge des Werdenberg. Ob-                             tal der Zeit um 1500.25
wohl sich in der Region Werdenberg auch in der Talsohle –                          In der nordwestlichen Hälfte des Kantons hingegen wurden
abgesehen einer einzelnen, wohl wiederverwendeten Kam-                             Bohlenständerbauten bis ins 18., teilweise sogar bis ins 19. Jh.
mer20 – bisher überhaupt keine ländlichen Bohlenständerbau-                        errichtet. Typisch für das Unterrheintal, angrenzend an das
ten fanden, ist dies wohl doch mit Vorsicht zu interpretieren,                     Appenzell-Ausserrhodische Vorderland, sind viele Häuser in
da östlich des Rheins im Fürstentum Liechtenstein die Holz-                        Mischbauweise, bei denen der vordere Teil mit Stuben und
bauten des 15. Jh. durchwegs Bohlenständerbauten waren.21                          Kammern in Blockbauweise, der hintere mit Küche und Vor-
Die Lücke in der Region See-Gaster ist ebenfalls mit Vorsicht                      räumen als Bohlenständerbau ausgeführt ist.26 Angesichts
zu interpretieren. Mindestens in der Linthebene und am                             der Wertigkeit der Räume ist man geneigt anzunehmen, dass
Obersee dürften im 15. Jh. sehr wohl Bohlenständerbauten                           der für die Stuben verwendete Blockbau als wertvoller und
errichtet worden sein, denn einerseits sind im angrenzenden                        besser galt und wohl teurer war. Zwar ist je nach Dicke der
Zürcher Oberland für die Zeit vor 1500 nur Bohlenständer-                          Bohlen die Holzersparnis des Ständerbaus nicht erheblich,
bauten nachgewiesen,22 anderseits ist der älteste datierte Bau                     sicher aber waren dafür weniger lange Hölzer als für Block-
der Region ebenfalls ein Bohlenständerbau (Wagen 1566).                            bauten notwendig.
Gemeinsam ist den frühen ländlichen Bohlenständerbauten                            Im Unterrheintal und in der östlichen Hälfte des Fürsten-
im Kanton St. Gallen, dass sie zweigeschossig und in Ge-                           landes (östlich von Gossau ungefähr) ist die Bohlenständer-
schossbauweise errichtet sind, die Ständer also über beide                         bauweise vor allem ein Merkmal älterer, traufständiger Bauten
Geschosse bis zum Dachwerk durchlaufen. Mit Ausnahme der                           aus dem 16. und 17. Jh. Daneben gibt es hier Blockbauten,
beiden Häuser, die ehemals in Wattwil und Mels standen,                            vor allem an den Hängen gegen Appenzell-Ausserrhoden
weisen alle den typischen alpenländischen Grundriss mit                            hin und dann vereinzelt schon im 16., verstärkt im 17. und
Stube und Nebenstube und dahinter liegender Küche auf. Die-                        schliesslich vorherrschend im 18. Jh. Fachwerkbauten. Als be-
ser asymmetrische Grundriss schliesst bis ins Dach hinein-                         sonders interessanter, wenn auch aussergewöhnlicher Bohlen-
laufende Hochständer von vornherein aus, auch das Gebäude                          ständerbau sei ein 1997 transloziertes Haus aus Anschwilen
in Mels hatte keine solchen, wohl aber – als bisher einziges –                     (Gemeinde Gaiserwald) genannt (Abb. 10). Erbaut 1518 als
das Haus in Wattwil. Das Dach ist bei allen anderen also                           traufständiger Bohlenständerbau, wurde es 1616 auf der Gie-
immer eine konstruktive Einheit für sich. Bezüglich Ausrich-                       belseite verlängert, wieder in Bohlenständerbauweise. Dabei
tung des Dachs ist sowohl in der Rheintaler (Balgach/ Bern-                        wurde erstaunlicherweise das Dach nicht einfach verlängert,
eck) wie in der Sarganserländer (Mels/ Berschis) Gruppe je                         sondern mit gedrehter Firstrichtung ein neues, breitgelager-
sowohl die giebel- wie die traufständige Variante vertreten.                       tes und stark über die Hauptfassade vorkragendes Dach mit
Am eindrücklichsten präsentierte sich der weitgehend unver-                        einer Firstkammer aufgesetzt.27
fälscht erhaltene Bau von 1444 in Mels, der 2010 abgebrochen                       Westlich von Gossau und das Thurtal hinauf bis Bütschwil
wurde (Abb. 8).23 Es handelte sich um ein traufständiges,                          hingegen sind bisher wenig alte Bohlenständerbauten nach-
dreiraumtiefes Gebäude. Im bis unters Dach offenen Mittel-                         gewiesen, dafür umso mehr aus dem 18. Jh. (Abb. 11).28 Zu
teil befand sich die Küche, beidseits davon die je traufseitig                     diesem – bisher allerdings nur durch ganz wenige Dendro-
ausgerichteten Wohnteile mit Stube und Nebenstube. Der                             daten gesicherten – Befund passt, dass in den angrenzenden
Bau wies besonders breite, dekorativ geschnittene Kopf- und                        thurgauischen Gebieten Bohlenständerbauten teilweise bis
Fussbänder auf. Mit seiner Verwandtschaft zu Bauten im                             in den Anfang des 19. Jh. vorherrschend sind.29

M. Flury-Rova, Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen                                                                                            111
Heute noch am ausgeprägtesten als Bohlenständer-Region                            cher Oberlandes, wo in den benachbarten Gemeinden Wald
tritt der ehemalige Seebezirk in Erscheinung, das Gebiet am                       ZH und Fischenthal noch diverse Bohlenständer-Neubauten
Obersee von Rapperswil über Eschenbach bis Goldingen.                             nach 1812 nachgewiesen sind.32 Wie im Unterrheintal ist
Armin Eberle stellte fest, dass in Eschenbach und Rappers-                        auch im Seebezirk neben dem reinen Bohlenständerbau die
wil-Jona die Bohlenständerbauten gegenüber den Blockbau-                          Mischbauweise mit Vorderhaus in Blockbauweise, Hinter-
ten in der Mehrzahl sind und in Goldingen etwa die Hälfte                         haus und Dach in Bohlenständerbauweise verbreitet.33
ausmachen.30 Der älteste datierte Bohlenständerbau ist der
Wurmsbacherhof in Wagen, ein Flarz, dessen älteste Teile                                                                          Moritz Flury-Rova
auf 1566 zurückgehen (Abb. 12). Ein Bohlenständerbau in                                                                   Kantonale Denkmalpflege
Goldingen von 1815 ist der jüngste datierte im Kanton.31                                                                     St. Leonhardstrasse 40
Ähnlich wie im Fürstenland mit dem angrenzenden Thurgau                                                                             9001 St. Gallen
entspricht dieser Befund dem Bauernhausbestand des Zür-                                                                          moritz.flury@sg.ch

Anmerkungen
1     Bericht IGA Archäologie Konservierung, Zürich/ Hermann Obrist zur           18 Flury-Rova, Zwinglis Geburtshaus in Wildhaus. Ein aussergewöhnliches
      2. Bauetappe 2010, S. 4, Archiv KDP (Kantonale Denkmalpflege) SG.              mittelalterliches Holzhaus. Artikel des Autors in Vorbereitung für das
2     Bericht Peter Albertin 2015, Archiv KDP SG.                                    Toggenburger Jahrbuch 2019.
3     Freundliche Mitteilung von Peter Albertin, Winterthur (Bauforschung         19 Bericht Laurenz Hungerbühler 2013, Archiv KDP SG; in dieser Publi-
      zurzeit im Gang).                                                              kation Beitrag C. Krumm.
4     Bericht Peter Albertin 2011, S. 20, Archiv KDP SG.                          20 Zehntenhaus Salez; C. Krumm, Rätsel um einen Bau des Spätmittelal-
5     Berichte Arnold Flammer 1997 und 1998, beide Archiv KDP SG;                    ters. Werdenberger Jahrbuch 30, 2017, 228–241.
      A. Flammer, Zur Geschichte des Schlosses Dottenwil. Wittenbach 1998.        21 C. Herrmann, Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein,
6     Berichte Arnold Flammer 2007, Peter Albertin 2015, beide Archiv                Neue Ausgabe. 1, Das Unterland, 40. Bern 2013.
      KDP SG.                                                                     22 B. Frei, Die Bauernhäuser des Kantons Zürich. 2, Das Zürcher Ober-
7     In Rapperswil: Engelplatz 12: 1353; Herrenberg 35/ 37: 1355; Herren-           land, 58–77. Basel/Baden 2002.
      berg 40: 1355; Marktgasse 4: 1356; Marktgasse 20: 1354 (alle Berichte       23 Bericht Peter Albertin 2010, Archiv KDP SG.
      Peter Albertin, Archiv KDP SG). – In St. Gallen z. B. Kirchgasse 2: 1460;   24 Dorfstrasse 1, Bericht Peter Albertin 2006, Archiv KDP SG.
      Schmiedgasse 18: 1421; Schwertgasse 19/21: 1467; Spisergasse 18: 1421;      25 Freundlicher Hinweis von Peter Albertin, Winterthur.
      Spisergasse 24–32: 1418–22; Webergasse 26: 1446; Zeughausgasse 20:          26 Bauernhausforschung SG, Manuskript Kapitel Hauslandschaft Rhein-
      1470 (Denkmalpflege und Archäologie im Kanton St. Gallen 1986–                 tal-Werdenberg von Armin Eberle; im Appenzeller Vorderland v. a. im
      1996, 223–243. St. Gallen 1999; Denkmalpflege und Archäologie im               17. Jh., dazu I. Hermann, Die Bauernhäuser beider Appenzell, 89f.
      Kanton St. Gallen 1997–2003, 268f.281–283. St. Gallen 2005).                   Basel/ Herisau 2004. Vergleichbares stellte Peter Albertin im liechten-
8     Berichte IGA/Hermann Obrist zu Marktgasse 28, 32, Toggenburger-                steinischen Rheintal fest.
      strasse 12, 14, 22; Bericht Laurenz Hungerbühler 1992 zu Marktgas-          27 Bericht Arnold Flammer 1995, Archiv KDP SG.
      se 20; alle Archiv KDP SG.                                                  28 Nach Armin Eberle, Bauernhausforschung SG, Manuskript Kapitel
9     dazu auch B. Moser, Spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Holzbau-         Hauslandschaft Toggenburg, sind in Bütschwil und Lütisburg rund ein
      ten im Kanton Zug. Der Bohlenständerbau, 13. Zug 2015.                         Drittel der Bauernhäuser Bohlenständerbauten.
10    Freundliche Hinweise von Arnold Flammer und Laurenz Hungerbüh-              29 E. Tanner, Die Bauernhäuser des Kantons Thurgau, 96f.510f. Basel
      ler, beide St. Gallen.                                                         1998. Die Ablösung des Bohlenständerbaus durch Fachwerk wird vor-
11    Berichte Peter Albertin 2007 und 2013, Archiv KDP SG.                          sichtig als eine von West nach Ost verlaufende Bewegung im Verlauf
12    s. dazu in dieser Publikation Beitrag C. Krumm.                                vom 16. bis ins 18. Jh. beschrieben.
13    Bericht IGA/Hermann Obrist 2011, Archiv KDP SG.                             30 Bauernhausforschung SG, Manuskript Kapitel Hauslandschaft See-
14    Ortsbildinventar Daniel Studer 2018, Archiv KDP SG. Es ist anzunehmen,         Gaster von Armin Eberle.
      dass in den ähnlichen Nachbarhäusern noch mehr Bohlenständerkon-            31 Bauernhausforschung SG, Manuskript Monographie Goldingen, Vor-
      struktionen verborgen sind.                                                    dermülistrasse 1, von Armin Eberle.
15    Bericht Peter Albertin 2015, Archiv KDP SG.                                 32 Frei 2002 (wie Anm. 22), 62.
16    Denkmalpflege und Archäologie im Kanton St. Gallen 2004–2008,               33 z. B. Hintergoldingen, Haus Hintergoldingerstrasse 45 von 1773, Bau-
      270f. St. Gallen 2009.                                                         ernhausforschung SG, Manuskript Monographie Hintergoldingen von
17    Bericht Institut für Bauforschung, Inventarisation und Dokumentation,          Armin Eberle.
      Winterthur/Moritz Flury-Rova 2000, Archiv KDP SG.

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Abb. 10. Gaiserwald SG, Anschwilen 14. Bohlenständerbau von 1518 mit Erweiterung 1616. Fassade vor der Translozierung nach Oberhelfenschwil. Zeichnung A. Flammer 1994,
Umzeichnung R. Tschirky, Trogen.

Abb. 11. Oberbüren SG, Im Dorf 3. Bohlenständerbau des 18. Jh., noch ohne die         Abb. 12. Rapperswil-Jona SG, Wagen, Wurmsbacherhof, Bohlenständerbau von
später üblichen Verkleidungen. Ölbild von Georg Wilhelm Issel (1785–1870), Foto       1566. Foto B. Boari 1977.
M. Kaiser.

M. Flury-Rova, Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen                                                                                                               113
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