Börsenmonitor November 2021 - Fiduka
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Börsenmonitor November 2021 Nach der kurzen Korrektur im Septem- Goldener Oktober an den Aktienbörsen: ber schwingen sich die Börsen in den Mit einer Fortsetzung im November, die alle USA und Europa abermals zu Höchst- europäischen und amerikanischen Hauptindi- ständen auf. Im vierten Quartal steigen zes auf neue Allzeit-Höchstwerte gehievt hat. der DAX bisher um über 5%, Stoxx600 Wie fast immer preschten die US-Börsen auf 6,8% und Dow Jones in Euro 7,4%. Der dem Weg nach oben voran, aber DAX und der Anschub nach dem Rücksetzer im Sep- europäische Hauptaktienindex Stoxx600 folg- tember kommt erneut von der ausge- ten zügig nach. Der Rücksetzer im September sprochen guten Ertragslage der Unter- hatte DAX und Dow Jones auf zwischenzeitli- nehmen, deren Gewinnerwartungen im che Tiefs 7,6% bzw. 5,7% unter ihre August- Zuge der Quartalsberichterstattung Rekordhochs gedrückt. Aber die Delle wurde weiter nach oben angepasst werden. so schnell wieder ausgebügelt, dass sie bei den Anlegern schon wieder vergessen ist. Kaum ei- Die technisch überkaufte Marktsitua- nen Monat später erreichte der Dow Jones be- tion bei Aktien wurde mit der Septem- reits wieder ein neues Hoch, gefolgt von na- ber-Blitzkorrektur kaum abgebaut. hezu täglich neuen Rekorden, zuletzt am ver- Dagegen sind an den gegenüber stei- gangenen Montag bei 36.566 DOW-Punkten. genden Inflationsraten lange Zeit re- Der DAX erreichte seinen neuen Rekord da- sistenten Zinsmärkten in den USA die raufhin am Donnerstag bei 16.114 Punkten. kurz- und mittelfristigen Renditen an- gesprungen. Die Zinsstrukturkurve hat Seit Quartalsbeginn liegt er damit 5,4% im sich deutlich verflacht. Plus, knapp hinter dem europäischen Stoxx600 mit plus 6,8% und dem Dow Jones, dessen Wertzuwachs seit September in Euro Die US-Notenbank hat wie erwartet im bei 7,4% liegt. Die besten Aktien im vierten November den (sehr langsamen) Rück- Quartal kommen in den USA aus den Branchen zug aus den Anleihenkäufen eingelei- Rohstoffe (DuPont), zyklischen Konsumwerten tet. Für Aktien spricht trotzdem weiter, wie Autos (Tesla, Ford) und Technologie (Nvi- dass Zinsanlagen nach Inflation zu re- dia, Qualcomm, Microsoft). In Europa stehen alem Vermögensverzehr führen.
ebenfalls Konsumwerte einschließlich Luxus- dann aber einen Gewinnrückgang von 4% zum güter und Automobile (LVMH, L`Oreal, Daim- starken ersten Quartal 2021. Anschließend ler), Finanzwerte (HSBC, UBS) und auch die rechnet der Marktkonsens mit unveränderten rarer gesäten Technologiewerte (Infineon, ST Gewinnen im zweiten und dritten Quartal, Micro, ASML) ganz vorne. Schlusslichter sind letztlich also für die kommenden Monate mit auf beiden Seiten des Atlantiks die Telekom- einer Stagnation der Unternehmensgewinne. Konzerne (AT&T, T-Mobile USA sowie Deut- Mehr Dynamik wird dann für das vierte Quartal sche Telekom) und in Europa wegen steigen- vorhergesagt, so dass die Gewinne europäi- der Corona-Infektionszahlen die Reise- und scher Aktiengesellschaften im Durchschnitt Freizeitbranche. Zu den enttäuschenden Ak- 2020 um knapp 8% ansteigen sollen, genauso tien zählen unter den sonstigen größeren Ti- viel wie in den USA (S&P500-Index), wobei teln auch IBM und Paypal nach enttäuschender dort die größeren Aktienrückkäufe einen Teil – Berichterstattung, sowie in Europa - trotz ei- voraussichtlich etwa die Hälfte – zum Gewinn- nes erneut angehobenen Ausblicks - BASF zuwachs je Aktie beitragen werden. und, wegen des Preisverfalls beim Eisenerz, Rio Tinto. Der jüngste Rekordsprung der Ak- Wie realistisch sind die Gewinnprogno- tienmärkte ist Gewinn- und Liquiditätsgetrie- sen? Angesichts vorsichtiger gewordener Aus- ben. Denn noch pumpen die Notenbanken Mo- blicke der Unternehmen und des von den Vor- nat für Monat immense Geldmittel über Anlei- ständen immer wieder erwähnten Gegenwinds henkäufe in die Märkte. Aber es wird in den aus Mangel an Vorprodukten, verteuerten kommenden Monaten weniger werden. Rohstoffen und Vormaterialien und in den USA besonders schnell steigender Lohnkosten, Unternehmensgewinne sind wieder im stellt sich die Frage wann diese Engpässe und Aufwind, aber wie lange hält das noch? Kostenfaktoren nachhaltig auf die Ertragslage Der Treibsatz für die jüngste Aufwärtsbewe- durchschlagen. Letztendlich wird das nicht gung an den Börsen ist ein erneuter Anstieg vermeidbar sein. Die Gewinnmargen befinden der Gewinnrevisionen im Zuge der Firmenbe- sich auf einem Hochpunkt und sind kaum noch richte zum dritten Quartal. Besonders in den USA steigerbar. und weltweit vor allem im Technologiesektor (ASML, So konnten zwei der drei großen deutschen Microsoft, Google, SAP) und bei den Banken (US- Autokonzerne, nämlich Daimler und BMW, für Konzerne und europäische Institute) fielen die das dritte Quartal noch einmal über anstei- Geschäftsergebnisse deutlich besser als erwartet gende Gewinne berichten, obwohl ihr Absatz aus. Im repräsentativen amerikanischen zweistellig im Rückwärtsgang fuhr. Steigende S&P500-Index übertrafen mehr als 80% aller Ergebnisse bei rückläufigem Verkauf sind in Aktiengesellschaften die Marktprognosen, in der mengenabhängigen und margenschwa- Europa waren es unter der Gruppe der Top- chen Autoindustrie äußerst ungewöhnlich und Börsenfirmen (Stoxx600-Index) mit 57% im- aktuell nur dem Umstand steigender Preise für merhin über die Hälfte und mehr als im lang- Neu- und Gebrauchtwagen, sowie wegfallen- jährigen Durchschnitt von 52%. Im Vorfeld der der Rabatte und Marketingaktionen zu verdan- Zwischenberichte waren über mehrere Wo- ken. Wegen des Halbleitermangels und ande- chen im August und September die Gewinn- rer fehlender Zulieferteile können ohnehin prognosen für die nächsten Quartale nicht nicht mehr Fahrzeuge produziert und an den mehr angehoben worden. Prompt setzte im Mann gebracht werden. Die Lieferfristen für September die Blitz-Konsolidierung an den Ak- einzelne Modelle überschreiten mittlerweile ein tienbörsen ein. Jahr. Dazu kommt ein dank niedriger Zinsen und Kreditausfällen überaus ertragsstarkes Fi- Aktuell ist die Gewinnerwartung für die euro- nanzdienstleistungsgeschäft. Diese günstige päischen Stoxx600-Unternehmen im dritten Konstellation wird bei steigenden Zinsen und Quartal auf plus 50% zum Vorjahr angestie- sich abkühlender Weltkonjunktur nicht dauer- gen. Und im vierten Quartal wird jetzt mit 36% haft anhalten. Ertragszuwachs ein um 4% höheres Plus prog- nostiziert als noch vor der Berichtssaison. Für Auch in anderen Branchen häufen sich die das erste Quartal 2022 erwartet der Markt Warnungen vor angespannten Liefer- und
Wertschöpfungsketten, Arbeitskräftemangel, beschäftigung, Konjunktursituation und Infla- steigenden Transportkosten und hohen Vor- tion eine Entscheidung über eine erste Zinsan- materialpreisen. Viele Unternehmen sind der hebung an. Einige Ökonomen von Investment- Auffassung, dass sich diese Bremsfaktoren im banken rechnen fest damit und erwarten sogar vierten Quartal weiter verschärfen und bis weit zwei Zinsanhebungen im kommenden Jahr. in das Jahr 2022 hinein anhalten werden. Der Halbleitermangel wird sich wohl sogar noch In Europa dürfte eine Rückkehr zu einer „nor- länger, über das gesamte nächste Jahr hinzie- malisierten“ Zinspolitik noch länger auf sich hen und nicht komplett auflösen. Die Progno- warten lassen. Vorerst will die EZB ihr PEPP sen für die Unternehmensgewinne im nächsten Pandemie Notfall-Programm im Umfang von Jahr sehen also bei realistischer Betrachtung insgesamt 1,85 Billionen EUR und monatlich zu optimistisch aus. 80 Mrd. EUR, leicht um 10 bis 15 Mrd. EUR ge- kürzt (EZB-Präsidentin Lagarde nennt es „Re- Das sehr langsame Ende der ultralocke- kalibrierung“), weiter umsetzen, voraussicht- ren Geldpolitik: Die Notenbanken wählen lie- lich bis Ende März 2022. Im Anschluss daran ber die Formulierung Rückkehr zu einer „nor- ist in Europa ein komplett neu formatiertes malisierten“ Geldpolitik, die kann dann aus ih- quantitatives Programm wahrscheinlich, also rer Sicht immer noch expansiv sein. Die Altlast noch länger keine Leitzinsanhebung. für die Geldhüter begann bereits im Septem- ber 2007. Die US-Notenbank (Fed) senkte we- Die Abkehr von der ultra-expansiven Geldpoli- gen Problemen am Hypothekenmarkt in kurzer tik findet also nur in Trippelschritten statt. Un- Abfolge den Leitzins von 5,25% bis auf 2% im terschiedliche Inflationsraten machen die EZB September 2008 ab. Nach der Lehman-Pleite etwas geduldiger als die US-Fed. Im Euroraum im selben Monat musste sie erneut reagieren lag die Kerninflation im September bei 1,9%, und senkte ihn in zwei Schritten bis auf Null im Tendenz steigend, in den USA im Oktober Dezember 2008. schon bei 4,6%, in die Höhe getrieben durch boomende Energie- und Gebrauchtwagen- Nachdem die Zinspolitik ausgeschöpft war, preise. Die schnellten im Oktober um 30% startete der damalige Fed-Chef Ben Bernanke bzw. gut 26% gegenüber dem Vorjahr nach kurze Zeit später die quantitative Lockerung, oben und sind zusammen für etwa 3%-Punkte den Ankauf von Anleihen in großem Stil. An- der Gesamtteuerung von 6,2% einschließlich dere Notenbanken folgten, auch die Europäi- Energie und Nahrungsmitteln verantwortlich. sche Zentralbank (EZB), und die Geldflut an den Kapitalmärkten nahm mit Ausnahme einer Auf keinen Fall wollen die Zentralbanken das restriktiven Phase der Fed von Dezember 2015 zarte Pflänzchen Konjunktur durch ein zu bis Juni 2019 (unter Janet Yellen und ab Feb- schnelles Umschwenken auf einen restriktiven ruar 2018 Jerome Powell) immer weiter zu, Kurs gefährden. Lieber warten die Geldhüter motiviert und angeheizt durch Krisen wie die bei der Fed ab, bis sich die Inflation mit Stabi- Euro-Staatsschuldenkrise und zuletzt die lisierung der Energie- und Rohstoffpreise, oder Corona-Pandemie. Insgesamt ergoss sich so auch bei den Gebrauchtwagen, wieder von seit 2009 ein Tsunami von 23 Billionen USD selbst beruhigt. Die Öl- und Energiepreise am über die Kapitalmärkte. Weltmarkt sind von den Zentralbanken kaum beeinflussbar. Für die Amerikaner steht ohne- Damit soll jetzt Schluss sein, aber nicht über hin das Erreichen maximaler Beschäftigung als Nacht, sondern fein portioniert soll den Märk- Ziel gegenüber der Geldwertstabilität im Vor- ten jeden Monat etwas weniger neues Geld be- dergrund. Mit Glück lässt sich vielleicht ja bei- reitgestellt werden. Die US Federal Reserve des erreichen. macht jetzt den Anfang und wird ihr monatli- ches 120 Mrd. USD Kaufprogramm jeden Mo- Bewegung an den US-Zinsmärkten: Lange nat um 15 Mrd. USD abschmelzen, also über Zeit haben sich die Zinsen von den rasant zu- acht Monate hinweg bis Ende Juni nächsten nehmenden Inflationsraten in den USA unbe- Jahres. Ab Juli 2022 stünde dann je nach Ar- eindruckt gezeigt. Die Anleihenmärkte haben beitsmarktlage, mit dem priorisierten Ziel Voll- der Fed ihre Prognose nur vorübergehend hö- herer Preissteigerungen abgenommen. Seit
kurzem, besonders nach Veröffentlichung der möglich, die wäre dann das Sahnehäubchen in Erzeuger- und Konsumentenpreisentwicklung diesem starken Börsenjahr. im Oktober (Jahresraten +8,9% bzw. +6,2% und +4,6% Kerninflation) gibt es aber Bewe- Die Zeiten eines immer weiterlaufenden linea- gung an den Zinsmärkten. ren Kursaufschwungs dürften anschließend fürs erste vorbei sein. Ein denkbarer neuer Im- Nicht einhellig nach oben, vielmehr in einer puls wäre eine Wachstumsbeschleunigung der deutlichen Verschiebung der Zinsstruktur- Weltwirtschaft. Momentan werden die volks- kurve. Die ist erheblich flacher geworden, aber wirtschaftlichen Prognosen nach unten korri- trotzdem noch ein gutes Stück von einem in- giert. Möglicherweise müssen wir angesichts vertierten Verlauf entfernt, bei dem die kurz- ausgeschöpfter fiskalischer „Bazookas“ und ei- fristigen Zinsen über den langfristigen liegen ner Geldpolitik, die sich nächstes Jahr mehr und der in der Historie als Hinweis auf eine der Preisstabilität zuwenden muss, etwas län- möglicherweise bevorstehende Rezession in- ger auf eine nachhaltige Beschleunigung der terpretiert wird. Der Anstieg vollzog sich in den Weltkonjunktur warten. Auch Corona könnte vergangenen Wochen bei zweijährigen US-Pa- da einen Strich durch die Rechnung machen. pieren, deren Rendite von 0,35% auf 0,54% angestiegen ist und bei fünfjährigen Anleihen, die jetzt bei 1,26% nach 1,07% notieren. Gleichzeitig sind die Zinsen für dreissigjährige FIDUKA, 12.11.2021 Treasuries von 2,17% auf 1,93% gefallen. Bei den kurz- und mittelfristigen Papieren wird also eine restriktivere Geldpolitik der Fed ein- gepreist. Die aufgezogenen Wolken am Aktienhim- mel haben sich noch nicht verzogen: Die Börsen schnuppern weiter Höhenluft. Dass die zunehmend dünner wird ist angesichts der gu- ten Quartalsbilanzen und üppig sprudelnder Unternehmensgewinne kaum zu merken. Ja, Aktien bieten als Sachwerte einen gewissen Inflationsschutz, aber nur solange die Noten- banken nicht allzu fest auf die Bremsen treten und die Unternehmen Kostensteigerungen über die Preise abwälzen können. Eine weitere Bewertungsausweitung von Ak- tien ist bei steigendem Zinstrend und brö- ckelnden Konjunkturaussichten kaum auf län- gere Dauer durchhaltbar. US-Aktien (S&P500- Index) sind mit dem 21,4-fachen der Gewinn- erwartungen für 2022 bewertet, europäische Titel (Stoxx600) mit einem Gewinnmultiplika- tor von 16,0 im Vergleich dazu noch günstig. Stockende Gewinnprognosen bedeuten früher oder später auch stagnierende Börsen, vor al- lem in einem allmählich restriktiver werdenden monetären Umfeld. Und bei wachsender Unsi- cherheit werden im nächsten Jahr auch die Schwankungen an den Märkten wieder zuneh- men. Vorher ist natürlich im euphorisierten Jahr 2021 auch eine Weihnachtsrally noch
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