Bundestagswahl 2009 Positionen zu 10 Kernthemen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
www.voeb.de
Bundestagswahl 2009 Positionen zu 10 Kernthemen www.voeb.de
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen Inhaltsübersicht 1. Strukturdebatte über Landesbanken . . .. . . . .. . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2. Bankenaufsicht in Deutschland und in der EU . . .. . . . .. . . . .. . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Erleichterung der Refinanzierung von Kreditinstituten . . .. . . . .. . . . .. . . .. . . . .. . . . . . . . . 5 4. Fortentwicklung der Bilanzierungsregeln . . .. . . . .. . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 6 5. Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen . . .. . . . .. . . . . .. . .. . . . .. . . . . . . . . .. 7 6. Finanzmarktkrise: Neue Regulierung mit Augenmaß . . .. . . . . .. . . .. . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . 8 7. Verbraucherschutz am mündigen Kunden ausrichten . . .. . . . .. . . . . .. . .. . . . .. . . . . . . . . .. 9 8. EU-Zahlungsverkehr: Migration zu SEPA-Verfahren . . .. . . . . .. . . .. . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . 10 9. Bessere Rahmenbedingungen für PPP . . . .. . . . .. . . .. . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 11 10. Förderpolitik an demografischer Entwicklung ausrichten . . .. . . . .. . . . .. . . .. . .. . . . . . 12 Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 2
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 1. Strukturdebatte über Landesbanken Die Finanzmarktkrise hat auch die Frage nach einer Konsolidierung im deutschen Bankensektor aufge- worfen. Dabei sind insbesondere die Landesbanken Fusionsforderungen aus dem politischen Raum aus- gesetzt. Die entsprechenden Modellüberlegungen reichen bis hin zur Schaffung einer einzigen, zentra- len Landesbank. VÖB-Positionen den Rückzugs ausländischer Anbieter aus dem deut- schen Bankenmarkt sind sie als regional verwurzelte Geschäftsmodell geht vor Fusionsmodell Banken Garanten für die Befriedigung der Finanzie- Weder die Größe einer Bank noch die Rechtsform, rungsbedürfnisse deutscher mittelständischer Unter- sondern einzig ein langfristig orientiertes, tragfähi- nehmen. Daneben sind, wie das Beispiel der Porsche ges Geschäftsmodell entscheidet über den Markter- AG zeigt, auch deutsche Großunternehmen auf die folg. Eine während der Finanzmarktkrise vollzogene Finanzierung durch Landesbanken angewiesen. Konzentration der Landesbanken auf eine, zwei oder drei überregionale Großbanken würde keines Fusionen: für Landesbanken kein der bestehenden Probleme lösen. Denn aus der Tabuthema Addition von Bilanzsummen, Mitarbeitern und Der für den deutschen Bankenmarkt geforderte Standorten allein entsteht noch keine schlagkräfti- Konzentrationsprozess ist bei den Landesbanken gere Bank. Vielmehr müssen, wenn ein Konzentra- bereits seit Jahren im Gange. Beispiele hierfür sind tionsprozess erfolgreich gestaltet werden soll, zahl- die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die reiche Vorarbeiten geleistet werden, was unter Zeit- DekaBank, die HSH Nordbank AG sowie zuletzt druck stehende Lösungen ausschließt. Letztlich wer- die erfolgreiche Integration der SachsenLB und der den die Eigentümer der Landesbanken darüber ent- Landesbank Rheinland-Pfalz in die LBBW. Die scheiden, welche Lösung für ihre Bank die Beste ist. Landesbanken haben trotz der Krise ihre individuel- len Geschäftsmodelle in enger Abstimmung mit Gefahr der Kreditklemme durch ihren Eigentümern konsequent weiterentwickelt. Konzentrationsprozess Dort, wo die Schaffung größerer Einheiten den Wie die gegenwärtige Großfusion im Privatbanken- Markterfolg der Landesbanken befördern kann, sektor zeigt, führt der Zusammenschluss von Ban- werden Fusionen auch künftig kein Tabuthema sein. ken zwangsläufig zum Wegfall bestehender Geschäftsbeziehungen und zu einer Verkürzung der Kreditlinien. Dies wirkt sich in der aktuellen Wirt- schaftslage, in der eine Renationalisierung des Bank- geschäfts stattfindet, vor allem auf die Unterneh- mensfinanzierung negativ aus. Die Landesbanken halten bei der Finanzierung deutscher Unterneh- men einen Marktanteil von rund 20 Prozent. Ange- sichts des von deutschen Banken zu kompensieren- Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 3
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 2. Bankenaufsicht in Deutschland und in der EU Unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise wird im politischen Raum die Forderung nach einer europäi- schen Finanzaufsicht erhoben. Zudem wird die duale Bankenaufsicht in Deutschland, das heißt die Arbeitsteilung zwischen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Bundesbank, auf den Prüfstand gestellt. VÖB-Positionen Zudem wären die neuen Behörden, sofern sie mit Regelsetzungskompetenzen ausgestattet werden, Kooperation besser als „Super- demokratisch nicht legitimierte und parlamenta- Aufsichtsbehörde“ risch nicht kontrollierbare Schattenregulierer. Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass ein integrier- ter europäischer Finanzmarkt eine verbesserte Bewährte duale Aufsichtsstruktur Kooperation der europäischen Aufsichtsbehörden erhalten erfordert. Wir unterstützen daher die geplante Die duale Struktur der deutschen Bankenaufsicht Schaffung von Aufseherkollegien, in denen Heimat- hat sich bewährt und gerade in der Krise ihre Ent- land- und Gastlandbehörden grenzüberschreitend scheidungs- und Handlungsfähigkeit unter Beweis tätiger Institute eng zusammenarbeiten. Die ver- gestellt. Reibungsverluste durch „Doppelaufsicht“ stärkte Kooperation der europäischen Aufseher konnten durch die im Februar 2008 vereinbarte sowie eine verbesserte Krisenprävention erfordern Arbeitsteilung zwischen BaFin und Bundesbank hingegen keine zentrale EU-Bankaufsichtsbehörde. deutlich verringert werden. Die erwogene aus- Denn bislang konnte nicht stichhaltig begründet schließliche Ansiedlung der Bankenaufsicht bei der werden, dass eine bürokratische, zentralisierte Bundesbank würde die Frage aufwerfen, wie das „Super-Aufsichtsbehörde“ insbesondere in Krisen- hoheitliche Handeln im Rahmen der „gewerbepoli- zeiten leistungsfähiger ist, als der gegenwärtig prak- zeilichen“ Aufsicht über die Banken weiterhin der tizierte, auch unter Subsidiaritätsgesichtspunkten notwendigen parlamentarischen Kontrolle unter- richtige dezentrale Ansatz. Dazu kämen kaum lös- worfen werden könnte, ohne die EG-vertraglich ver- bare praktische Probleme, wie zum Beispiel die ver- ankerte Unabhängigkeit der Zentralbanken in Frage waltungs- und insolvenzrechtliche Einbettung einer zu stellen. Die Ausgliederung der Bankenaufsicht solchen Institution. Das deutsche Bankensystem aus der BaFin würde zudem die Abkehr von dem darf nicht in die Hände einer europäischen Regulie- erst mit Gründung der BaFin aufgenommenen Kon- rungsbürokratie gegeben werden. zept der Allfinanzaufsicht bedeuten. Wir fordern daher die Fortsetzung dieser erfolgreichen Praxis. Keine Aufwertung der Level-3-Komitees Auch die Aufwertung der so genannten Level-3- Komitees CEBS, CESR und CEIOPS zu unabhän- gigen europäischen Behörden lehnen wir ab. Denn die vorgesehenen EU-weiten hoheitlichen Eingriffs- befugnisse werden vom EG-Vertrag nicht gedeckt. Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 4
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 3. Erleichterungen der Refinanzierung von Kreditinstituten Die Finanzmarktkrise hat die Refinanzierungssituation der meisten Banken deutlich verschärft. Dies macht, auf der Grundlage des vorhandenen EU-Regulierungsrahmens, wirksame Abhilfemaßnahmen erforderlich. VÖB-Positionen le neue Informationspflichten kritisch an den beste- henden aufsichtsrechtlichen Pflichten zu messen. Einheitlicher europäischer Falls neue Informationspflichten für notwendig Haftungsmaßstab notwendig gehalten werden, müssen diese in das System der Unterschiedliche Haftungsregime für Wertpapier- bestehenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen emissionen in Europa behindern grenzüberschrei- eingepasst werden. tende Refinanzierungsgeschäfte. Neben den mittler- weile in weiten Teilen vereinheitlichten aufsichts- Grenze für Nutzung ungedeckter rechtlichen Vorschriften, müssen Banken bei Wert- Bankschuldverschreibungen erhöhen papieremissionen auch die zivilrechtlichen Haf- Die Grenze für ungedeckte Bankschuldverschrei- tungsvorschriften im jeweiligen EU-Mitgliedstaat bungen als notenbankfähige Sicherheiten sollte von beachten. Dieser kann über die aufsichtsrechtlichen 50 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro angeho- Vorschriften hinausgehen und auch inhaltlich ben werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) unterschiedlich ausfallen. Dies führt zu Haftungsri- hat durch Änderung der Bedingungen des Risiko- siken der Banken und erschwert erheblich grenz- kontrollrahmens für ungedeckte Bankschuldver- überschreitende Angebote von Wertpapieren. Wir schreibungen eine Entscheidung mit wesentlicher fordern daher ein einheitliches europäisches Haf- Auswirkung für die Landesbanken getroffen. Nach tungsregime für grenzüberschreitende Wertpapier- den neuen Vorschriften müssen Geschäftspartner, emissionen. deren Portfolio bei der EZB zehn Prozent oder mehr ungedeckte Bankschuldverschreibungen eines ein- Neue Prospekt- und Informationspflichten zelnen Emittenten enthält, die gleichzeitig einen erfordern Augenmaß Marktwert von 50 Millionen Euro übersteigen, Derzeit werden in der EU erweiterte Prospekt- und einen Bewertungsabschlag vornehmen. Für die Lan- Informationspflichten für Emittenten von Wertpa- desbanken könne daher die Emission ungedeckter pieren diskutiert. So soll ein zusätzliches Kurzdoku- Schuldverschreibungen schwieriger werden, da klei- ment eingeführt werden, das über die wesentlichen nere und mittlere Institute keine größeren Volumi- Produkteigenschaften informiert. Hierbei muss na ungedeckter Schuldverschreibungen eines Emit- beachtet werden, dass es bereits umfangreiche auf- tenten mehr erwerben werden. Das Refinanzie- sichtsrechtliche Anforderungen an Prospekte für rungsinstrument der EZB wird zudem nicht mehr Wertpapieremissionen gibt. Ein bloßes Mehr an in dem bisherigen Maß genutzt werden können. Informationen verbessert die Transparenz an den Kapitalmärkten nicht. Wir fordern daher, eventuel- Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 5
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 4. Fortentwicklung der Bilanzierungsregeln Die Finanzmarktkrise hat auch die Frage nach Änderungen der internationalen Bilanzierungsstandards IAS/IFRS aufgeworfen, um die Folgen der Finanzkrise für die Kreditinstitute und in der Folge auch für die Realwirtschaft abzumildern. VÖB-Positionen derten Änderungen des IAS 39 noch für das Geschäftsjahr 2009. Nachhaltige Fortentwicklung der inter- nationalen Rechnungslegungsvorschriften Intensivere Interessenvertretung Das Gesetz zur Fortentwicklung der Stabilisierung Deutschlands beim IASB des Finanzmarktes in Deutschland (FMStFG) soll Im Juni 2007 ist Prof. Hans-Georg Bruns aus dem mit Maßnahmen zur kurzfristigen Bereinigung von Vorstand (Board) des IASB ausgeschieden. Er war Bilanzen zur weiteren Stabilisierung des deutschen die deutsche Stimme im Entscheidungsgremium. Finanzmarktes beitragen. Mit gleichem Nachdruck Dieser Platz konnte bisher nicht durch einen deut- und Dringlichkeit müssen die internationalen Rech- schen Unternehmensvertreter besetzt werden. Viel- nungslegungsvorschriften kurzfristig und nachhaltig mehr wurden mit Wirkung ab Juli 2009 zwei US- fortentwickelt werden. Wir fordern politische amerikanische Analysten in den Board berufen. Unterstützung für unsere Petiten insbesondere Damit dominiert die transatlantische Philosophie gegenüber dem Ausschuss für die internationale des Fair Value-Accounting jede weitere Aktivität des Rechnungslegung (International Accounting Stan- IASB. Wir halten es daher für sehr wichtig, dass dards Board – IASB). ein deutscher Unternehmensvertreter wieder einen Platz im IASB-Board einnimmt. Kurzfristige Änderungen in IAS 39 erforderlich Vorschläge zur kurzfristigen Änderung des Bilanzie- rungsstandards IAS 39, Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten, hatten wir Ende April 2009 der Bundesregierung gemeinsam mit den anderen Verbänden des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) unterbreitet. Wir fordern darin die generelle Mög- lichkeit zur Reklassifizierung aus der fünften Kate- gorie „Fair Value Option“ und die Lockerung der Reklassifizierung aus der Kategorie „Held-to- Maturity“. Zwar plant der IASB die grundlegende Überarbeitung des IAS 39, doch erwarten wir, dass er sowohl inhaltlich als auch zeitlich unseren Wün- schen nicht nachkommt. Wir benötigen die gefor- Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 6
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 5. Verbesserungen der steuerlichen Rahmenbedingungen Aus der Finanzmarktkrise resultierenden große haushaltspolitische Herausforderungen, die den gesetz- geberischen Handlungsspielraum empfindlich einschränken. Gleichwohl kann der Staat sich keinen Still- stand bei den Reformbemühungen im Steuerrecht leisten. Dies betrifft insbesondere die Unternehmens- besteuerung und die Besteuerung von Privatpersonen. An Stelle einer umfassenden Steuerreform sind jetzt einzelne, zielgenaue Maßnahmen zwingend erforderlich. VÖB-Positionen Steuersachen nach dem Muster der OECD wird sukzessive durch den Abschluss bilateraler Verträge, Neuordnung der Unternehmensteuer insbesondere den Doppelbesteuerungsabkommen, Die mit der Unternehmensteuerreform 2008 einge- auszufüllen sein. Dabei muss darauf geachtet wer- führte Zinsschranke wirkt krisenverschärfend und den, dass die nationale Gesetzgebung diesen völker- erfasst deutlich mehr Unternehmen als vom Gesetz- rechtlichen Verträgen nicht widerspricht. Gerade geber beabsichtigt. Eine grundlegende Revision die- für den Bankensektor gilt es, eine Gleichberechti- ser Norm ist daher dringend geboten. Die Regelung gung der Rahmenbedingungen im Wettbewerb um zur Beschränkung des körperschaftsteuerlichen Ver- den Kunden herzustellen. Ausgewogenheit zwischen lustabzugs bei Anteilsübertragungen (§ 8c KStG) Auskunfts- und Kontrollbefugnissen des Fiskus und bedeutet enorme Belastungen für Unternehmen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ist neu zu konzipieren. Überdacht werden muss des Bankkunden ist notwendig. Dazu gehört, dass ferner die Mindestbesteuerung, die einen Ausgleich bereits existierende Kontrollinstrumente und -befug- tatsächlich erlittener Verluste nur eingeschränkt nisse bei sich ändernden internationalen Rahmen- zulässt. Das steuerliche Nettoprinzip als grundle- bedingungen auch gegebenenfalls wieder eingestellt gende Maxime muss wieder vollständig zur Geltung werden. Die EU-Zinsrichtlinie muss maßvoll weiter- kommen. entwickelt werden. Insgesamt gesehen sollten Ge- schäftsbeziehungen zum Ausland erleichtert und Beseitigung der kalten Progression nicht durch steuerliche Sanktionsmöglichkeiten Die Besteuerung der Steuerpflichtigen leidet an der zum Kampf gegen Steuerbetrug diskriminiert wer- „kalten Progression“. Dabei führen inflationsbe- den. dingte Lohnsteigerungen zu einem automatischen Höherrücken im Steuertarif und somit zu einem höheren Zugriff des Fiskus, dem kein Zugewinn an Leistungsfähigkeit beim Steuerpflichtigen gegen- über steht. Diesem leistungsfeindlichen Effekt muss durch eine inflationsbereinigte Anpassung des Tarifs begegnet werden. Internationale Zusammenarbeit Der auf dem Gipfel der G20 im April 2009 gefun- dene Konsens über einen Informationsaustausch in Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 7
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 6. Finanzmarktkrise: Neue Regulierung mit Augenmaß Auf internationaler Ebene werden derzeit die aus der Finanzmarktkrise zu ziehenden Konsequenzen dis- kutiert. Die G20-Staaten haben im April 2009 weitreichende Beschlüsse zur Neuordnung der Finanz- marktaufsicht gefasst. Der öffentliche Erwartungsdruck, die Finanzmärkte strenger zu regulieren, ist groß. Die Beschlüsse der G20 sehen daher im Wesentlichen Reregulierung und Verschärfungen des bestehenden Regelwerks vor. VÖB-Positionen Agenda der EU sein. Wir fordern maßvolle, auf sorgfältigen Analysen basierende, global abgestimm- Schwachstellen beseitigen te regulatorische Reaktionen auf die Finanzmarkt- Die Überprüfung, ob eine mangelhafte Beaufsichti- krise. Opportun erscheinende regulatorische gung von Märkten, Marktteilnehmern oder Finanz- Schnellschüsse können sich als folgenreiche Rohr- produkten die Finanzmarktkrise ausgelöst oder krepierer erweisen. Wird das bankaufsichtliche Kor- deren Ausbreitung befördert hat, ist ohne Zweifel sett zu eng geschnürt, werden die Banken ihre notwendig. Ebenso notwendig ist es, identifizierte Schlüsselfunktion in der Volkswirtschaft nicht dau- Schwachstellen dauerhaft zu beseitigen. erhaft wahrnehmen können. Neue Regulierung erst nach strenger Nationales „Gold-Plating“ unterlassen Kosten-Nutzen-Abwägung Unterschiedliche regulatorische Belastungen verzer- Regulierung belastet die Marktteilnehmer. Höhere ren den Wettbewerb. Um international faire Bedin- Eigenkapitalanforderungen, organisatorische Aufla- gungen sicherzustellen, ist eine global einheitliche gen, Geschäftsbeschränkungen oder -verbote min- Umsetzung der G20-Empfehlungen notwendig. dern die Ertragskraft der Institute. Auf lange Sicht Die EU-Rechtsetzung darf insoweit keine Insellö- können aber nur ertragskräftige Banken eine stabiles sungen schaffen, nationale regulatorische Alleingän- Finanzsystem gewährleisten. Regulierung verursacht ge müssen vermieden werden. Dies gilt auch für das zudem volkswirtschaftliche Folgekosten. Höhere so genannte „gold-plating“, das heißt die Verschär- Eigenkapitalanforderungen für Banken beschränken fung internationaler Regelungen auf einzelstaatli- unmittelbar den Kreditvergabespielraum der Insti- cher Ebene. tute. Prohibitive regulatorische Belastungen für die im Rahmen der Finanzmarktkrise im Fokus stehen- den Verbriefungspositionen verhindern eine vorteil- hafte Risikodiversifikation im Finanzsystem und Eigenkapitalentlastungen zu Gunsten einer verbes- serten Kreditversorgung. Jeder regulatorische Ein- griff sollte daher gut begründet werden. Dies erfor- dert eine sorgfältige Analyse von Aufwand und Nut- zen. Eile ist bei Eingriffen in das komplexe Finanz- system dagegen kein guter Berater. Wesentlicher Orientierungspunkt sollte die „better regulation“- Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 8
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 7. Verbraucherschutz am mündigen Kunden ausrichten Verbraucherschutz ist Kundenschutz und wird daher von den Banken unter dem Leitbild des mündigen Verbrauchers aktiv unterstützt. Überzogener Verbraucherschutz wirkt dagegen kontraproduktiv und erzeugt Kosten, die letztlich alle Bankkunden belasten. VÖB-Positionen Regulierung muss einem tatsächlichen Schutzbedürfnis entsprechen Keine Sammelklagen nach Die Anlageberatung erfolgt seit der Umsetzung der US-amerikanischem Vorbild EU-Vorgaben (MiFID) umfangreich und verbrau- In Deutschland besteht seit Jahren ein austariertes cherorientiert. Die Anforderungen hieran werden System der Rechtsdurchsetzung mit zahlreichen kol- derzeit durch neue gesetzliche Regelungen weiter lektiven und individuellen Rechtsschutzmöglichkei- erhöht. Dokumentations- und Aufzeichnungs- ten für Verbraucher. Dennoch wird in der EU ein pflichten sollen dabei unterschiedslos auf alle Kun- zusätzliches kollektives Rechtsschutzinstrument dengruppen Anwendung finden. Allerdings verfü- gefordert. Vor dem Hintergrund der zweifelhaften gen institutionelle Anleger über weiter reichende Erfahrungen mit der „class action“ im US-amerika- Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit nischen Recht und der Unvereinbarkeit solcher Finanzprodukten als Privatanleger. Wir lehnen Gruppenklagen mit dem deutschen Zivilprozess- daher die geplante Erstreckung der Neuregelungen rechts lehnen wir die Übernahme dieser Praxis in auch auf institutionelle Kunden ab, da dies über das europäisches Recht, und sei es auch nur teilweise, erforderliche Schutzniveau hinaus geht. klar ab. Einlagensicherungssystematik Informationspflichten im Übermaß beibehalten Die Unterrichtung des Kunden ist, auch im Bereich Der im Bankensektor bestehende Schutz der Spar- Finanzdienstleistungen, ein wichtiges Element des und Giroeinlagen von Bankkunden ist in Deutsch- Verbraucherschutzes. Entscheidend ist dabei nicht land, auch im internationalen Vergleich, mustergül- die Anhäufung von Informationen, sondern das tig. Die Sicherungseinrichtungen haben ihre Zuver- Zur-Verfügung-Stellen der für die Produktentschei- lässigkeit und Leistungsfähigkeit in der Finanz- dung des Kunden wesentlichen Informationen. Lei- marktkrise klar unter Beweis gestellt. Vorstellungen, der haben die gesetzlichen Unterrichtungspflichten unser bewährtes System durch eine Zwangsverein- in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. heitlichung der Sicherungssysteme weiter zu verbes- Hieraus resultiert, zum Beispiel beim Fernabsatz, sern, führen daher in die Irre und gehen letztlich zu eine exorbitante Informationsflut. Zielgruppenori- Lasten der Bankkunden. Dies gilt vor allem dann, entierte Informationen würden dagegen die Pro- wenn ein Einheitssystem auch Risiken von Kapital- duktverständlichkeit erhöhen und damit auch für marktteilnehmern abdecken müsste, die ganz andere den Kunden einen Mehrwert darstellen. Risikoprofile aufweisen als Banken und zudem deut- lich weniger strengen Aufsichtsregeln unterliegen. Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 9
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 8. EU-Zahlungsverkehr: Migration zu SEPA-Verfahren In Deutschland werden jährlich rund sieben Milliarden Lastschriften verarbeitet. Das sind 38 Prozent aller Lastschriften in der EU. Ein Grund für diesen hohen Marktanteil liegt darin, dass Kartenzahlungen und Schecks in Deutschland per Lastschrift verrechnet werden. Im Zuge der Schaffung eines einheitlichen EU- Zahlungsverkehrsraums (SEPA) soll nun auch die Lastschrift in entsprechende europäische Verfahren überführt werden. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist ein den deutschen Zahlungsverkehr scho- nendes, behutsames Migrationsverfahren. VÖB-Positionen Unternehmen und Verbraucher angemessen berück- sichtigt. Die Migration auf die neuen SEPA-Verfah- Umwandlung deutscher ren ist für die Marktteilnehmer mit Gesamtkosten Einzugsermächtigungen klären in Milliardenhöhe verbunden. Ein Standortnachteil Mit den neuen SEPA-Verfahren für nationale und für deutsche Unternehmen in einem wachsenden grenzüberschreitende Lastschriften und Überwei- europäischen Binnenmarkt muss verhindert wer- sungen steht ein einheitlicher europäischer Standard den. Die Abschaltung bewährter nationaler Zah- zur Verfügung. Dies begrüßen wir. Unternehmen lungsverkehrsverfahren darf nicht einseitig in Recht- können jedoch bislang mit der SEPA-Lastschrift setzungsakten der Europäischen Kommission festge- noch nicht alle Anwendungsmöglichkeiten der schrieben werden, sondern kann nur unter Berück- bestehenden nationalen Lastschriftverfahren nut- sichtigung bestehender nationaler Marktgegeben- zen. Zudem gibt es in Deutschland derzeit noch heiten und nach Vereinbarung passender Migrati- keine einheitliche gesetzliche Lösung für die onsszenarien vollzogen werden. Umwandlung von Millionen bestehender Einzugs- ermächtigungen in rechtsgültige SEPA-Mandate. Dessen ungeachtet werden auf europäischer Ebene Zeitpläne zur Ablösung der bestehenden nationalen Zahlungsverkehrsverfahren diskutiert. Wir teilen insofern die Auffassung des Deutschen Bundestages, dass beim schrittweisen Übergang zu EU-Zahlungs- verfahren die bewährten und kostengünstigen natio- nalen Zahlverfahren so lange erhalten bleiben müs- sen, bis auf EU-Ebene äquivalenter Ersatz geschaf- fen ist. Marktteilnehmer in Migration einbinden Im Sinne einer sachgerechten Problemlösung for- dern wir, die deutschen Marktteilnehmer an die Entscheidungsfindung über Art und Weise sowie den Termin für die Abschaltung der nationalen Ver- fahren zu beteiligen. Nur dadurch wird der hohe Nutzungsgrad von Lastschriften durch deutsche Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 10
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 9. Bessere Rahmenbedingungen für PPP Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz hat 2005 die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP) oder Public Private Partnerships (PPP) in Deutschland nur teilweise erleichtert. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD wurden 2005 eine Reihe weiterer Vorschläge zur Verbesse- rung der Rahmenbedingungen für PPP vereinbart. Sie dienen der Zielsetzung der Bundesregierung, den Anteil der PPP-Projekte an öffentlichen Beschaffungen von derzeit vier Prozent auf künftig 15 Prozent zu erhöhen. VÖB-Positionen Ausrichtung der ÖPP Deutschland AG auf den Prüfstand stellen PPP-Vereinfachungsgesetz verabschieden Die neue PPP-Gesellschaft des Bundes und der Pri- Nachdem wir uns aktiv für PPP-Projekte als aner- vatwirtschaft, die ÖPP Deutschland AG, hat kannte und erfolgreiche Instrumente öffentlicher Anfang 2009 ihre Tätigkeit aufgenommen. Eine Beschaffung oder Infrastrukturmodernisierung ein- funktionierende PPP-Gesellschaft benötigt eine res- gesetzt haben, fordern wir nun weitere Schritte. Es sortübergreifende Unterstützung durch die zustän- kommt jetzt darauf an, die letzten rechtlichen Dis- digen Bundesministerien und sorgt für eine einver- kriminierungen dieser effizienten Realisierungsvari- nehmliche Abstimmung mit den Ländern. Dort ante öffentlicher Investitionen zu beseitigen. Hierzu bereits bestehende, funktionierende Strukturen und ist die zügige Umsetzung der im Entschließungsan- Beratungseinheiten, wie zum Beispiel die Initiative trag „Faire Wettbewerbsbedingungen für Öffentlich Partner-Regio, dürfen durch die Tätigkeit der ÖPP Private Partnerschaften“ des Deutschen Bundestages Deutschland AG nicht beeinträchtigt werden. Dies formulierten Maßnahmen erforderlich. Dazu gehört gilt ebenfalls für die Verkehrsinfrastrukturfinanzie- ein Modellversuch zur Aufdeckung von umsatzsteu- rungsgesellschaft des Bundes (VIFG). PPP-Struktu- erlichen Ungleichbehandlungen von PPP-Projekten ren in Form einer privatrechtlichen Gesellschaft mit der Zielsetzung, diese Benachteiligungen außer- müssen gerade für mittelständische Problemlagen halb des Umsatzsteuerrechts durch geeignete Instru- zugänglich sein und diese zu einem ihrer Arbeits- mente und Lösungsansätze auszugleichen. schwerpunkte machen. Zu diesem Zweck muss die Das bereits mehrfach angekündigte PPP-Ver- Gesellschaft mit projekt- und praxiserprobtem Per- einfachungsgesetz ist überfällig und sollte nun auf sonal ausgestattet werden. der Grundlage des am 17. Juni 2009 vom Bundes- kabinett vorgelegten Formulierungsvorschlags zügig umgesetzt werden. Mit diesem Gesetz soll die PPP- Variante die ihr angemessene Bedeutung in der Beschaffungsrealität der Bundeshaushaltsordnung erlangen und durch eine Novellierung des Fernstra- ßenbauprivatfinanzierungsgesetzes (FStrPrivFinG) die Entwicklung und Gestaltung von Verkehrsinfra- strukturprojekten weiter entwickelt werden. Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 11
Bundestagswahl 2009 – VÖB-Positionen zu 10 Kernthemen 10. Förderpolitik an demographischer Entwicklung ausrichten Alterungsprozesse und Bevölkerungsrückgang sind Folgen des demographischen Wandels, der in eini- gen deutschen Regionen bereits heute deutlich spürbar ist. Die wirtschaftlichen Folgen dieses Wandels schlagen sich auch im Bankgeschäft nieder, sowohl in den Produkten für die ältere Bevölkerung als auch in den Immobilienmärkten oder bei Infrastrukturfinanzierungen. VÖB- Positionen desländer kann es verschiedenartige Anforderungen geben. Langfristige Förderstrategie erforderlich Ein verantwortungsvoller Umgang mit öffentli- Die Förderbanken des Bundes und der Länder neh- chen Mitteln bedingt einerseits bereichsübergreifen- men besondere öffentliche Aufgaben wahr, die mit de Konzepte, die auch in Zusammenhang mit Wirt- der Umsetzung von Förderpolitik den regionalen schaftsförderung gesehen werden sollten. Anderer- Interessen ihrer öffentlich-rechtlichen Eigentümer seits ist selektive Förderpolitik gefragt, die jedoch entsprechen. Dazu gehört auch ihr Auftrag, soziale nichts mit Ungleichbehandlung bestimmter Ziel- und wirtschaftsstrukturelle Verwerfungen abzumil- gruppen zu tun hat. Hier ist die Politik gefordert, dern. Bevölkerungsrückgang und Alterung werden Zukunftskonzepte für die Regionen aufzustellen künftig zu sehr ungleichen Entwicklungen in den und Prioritäten zu setzen. Erst auf dieser Grundlage Regionen führen. Da der demografische Wandel kann Förderung die gewünschte Wirkung erzielen. bereits unumkehrbar ist, wird eine langfristige und Effiziente Förderung erfordert Förderflexibilität effektive Förderstrategie benötigt, die die demogra- statt Fördervielfalt. phisch bedingten Entwicklungen abfedern, ausglei- chen und steuern kann. Darin besteht die Chance, zukünftige Lebensverhältnisse vorausschauend zu gestalten. Gezielte Förderung durch selektive Betrachtung An den erwarteten Folgen des demografischen Wan- dels muss sich die Förderpolitik des Bundes und der Länder orientieren. Das betrifft in besonderer Weise die Handlungsfelder Wohnungsbauförderung und Stadtentwicklung, die Versorgung in der Fläche mit sozialer sowie medizinischer Infrastruktur, aber auch die Anforderungen an die technische Infrastruktur. Prosperierende Regionen verlangen hierbei andere Antworten als schrumpfende Landesteile. Auch innerhalb einzelner Regionen beziehungsweise Bun- Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands 12
Für alle Fragen und weitergehenden Informationen zu diesen und weiteren finanzpolitischen Themenstellun- gen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung Wir freuen uns auf den Dialog mit Ihnen. Ihre Ansprechpartner: Karl-Heinz Boos, Dr. Stephan Rabe, Hauptgeschäftsführer Direktor Presse/Kommunikation/Politik Telefon (030) 81 92-200 Telefon (030) 81 92-160 karl-heinz.boos@voeb.de stephan.rabe@voeb.de Berlin, 24. Juni 2009 Weitere Informationen finden Sie auch unter www.voeb.de. Herausgeber: Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB Bereich Presse/Kommunikation/Politik Lennéstraße 11, 10785 Berlin Telefon (0 30) 81 92-0 Telefax (0 30) 81 92-2 22 E-Mail: presse@voeb.de Internet: www.voeb.de Titelfote: Günter Schneider, Berlin Herstellung: DCM Druck Center Meckenheim GmbH Veröffentlichung am 24. Juni 2009
www.voeb.de
Sie können auch lesen