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CFP: Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024): Die
Autonomie der Literatur (15.07.2023)
Discussion published by Jan Borkowski on Thursday, September 8, 2022

Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024)

Themenschwerpunk "Die Autonomie der Literatur" (English version below)

Wenngleich der Begriff der Autonomie vor allem mit älteren Traditionen der philosophischen
Ästhetik von Schiller bis Adorno assoziiert wird, spielt er auch in der aktuellen
Literaturwissenschaft noch (oder wieder) eine prominente und vielfach kontroverse Rolle. Die
Annahme, dass im späten 18. Jahrhundert die gesellschaftliche Ausdifferenzierung zu einer
Autonomisierung der Literatur geführt habe, genießt zwar weitreichende Akzeptanz, aber:
"the nature and scope of this autonomy has always been under debate" (van Rooden 2015,
167). In jüngerer Zeit sind nicht nur geläufige Annahmen über die Herausbildung der
Autonomieästhetik in die Kritik geraten (vgl. Porter 2010; Kivy 2012; Axelsson et al. 2021),
sondern die Vorstellung von der Autonomie der modernen Literatur ist auch grundsätzlich als
eine 'purifizierende' Selbststilisierung der programmatischen Moderne kritisiert worden, mit
der die vielfältigen Heteronomien der modernen Literatur verdeckt werden (vgl. Hahn 2013
sowie Albers et al. 2022). In Diskussionen über den (angeblichen) Bedeutungsverlust der
Literatur in der Gegenwart wird die Autonomie der Literatur mal als Teil des Problems, mal
als Lösung präsentiert (vgl. van Rooden 2015, 167f.; Jusdanis 2005). Die Idee, dass einzelne
literarische Werke – im Unterschied zum System der Literatur – autonom seien, ist vielfach
als Bestandteil einer metaphysisch fundierten Ästhetik kritisiert worden. Aber auch in
jüngster Zeit wird der Begriff der Autonomie genutzt, um einen Anspruch literarischer Werke
zu bezeichnen, der beim Interpretieren und Bewerten dieser Werke respektiert werden
müsse.

Das JLT-Heft soll an diese neueren Diskussionen anschließen und vor allem zwei Ziele
verfolgen: Die Vermutung liegt nahe, dass die Debatten um die Autonomie der Literatur zum
Teil auf unterschiedlichen Verwendungen des Begriffs 'Autonomie' beruhen. Ein Ziel des Hefts
besteht deshalb darin, zur Klärung des Begriffs der Autonomie in Bezug auf Literaturtheorie

Citation: Jan Borkowski. CFP: Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024): Die Autonomie der Literatur (15.07.2023). H-
Germanistik. 09-08-2022.
https://networks.h-net.org/node/79435/discussions/10770460/cfp-journal-literary-theory-bd-18-nr-1-2024-die-autonomie-der
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beizutragen. Dabei kann auch diskutiert werden, ob der Autonomiebegriff sich überhaupt zur
Analyse der modernen Literatur eignet oder zu vieldeutig und vorbelastet ist. Zweitens laden
wir dazu ein, die Debatte um die Autonomie oder Heteronomie von Literatur weiterzuführen.
Dabei sind auch Beiträge willkommen, die an verschiedene einschlägige Theorien – etwa
Adornos, Bourdieus oder Luhmanns – anschließen. Sie sollten aber nicht nur die kanonischen
Positionen in Erinnerung rufen, sondern auf neuere Herausforderungen, wie sie in aktuellen
theoretischen und historisch-empirischen Ansätzen diskutiert werden, reagieren.

Fragen, an denen sich Beiträge orientieren könnten, lauten wie folgt:

(1) Inwieweit sollte das Konzept der Autonomie für die literaturwissenschaftliche Hermeneutik
sowie die Literaturgeschichtsschreibung und -theorie noch eine Rolle spielen? Wie ließe sich
diese Autonomie bestimmen und was würde es bedeuten, sie in der Auseinandersetzung mit
einem Werk (oder einer Gattung) zu respektieren?

(2) Der Begriff der Autonomie wird meist zur Beschreibung des modernen Literatursystems
verwendet, aber er besitzt zugleich evaluative Konnotationen, die sich nur schwer ganz
ausblenden lassen. Ist diese Komplexität oder thickness des Begriffs als produktiv
anzusehen? Oder sollten die Begriffe Autonomie/Heteronomie durch neutralere, mehr
symmetrische Begriffe ersetzt werden?

(3) Was ist der Kontrastbegriff zu 'Autonomie der Literatur'? Eine naheliegende Antwort
lautet: 'Heteronomie der Literatur'. Unter Heteronomie können aber sowohl politisches
Engagement (oder commitment) als auch die Abhängigkeit vom Markt, von bestimmten
Institutionen oder sogar Formen der Zensur verstanden werden. Zudem wird autonome
Literatur manchmal auch mit realistischer und referentieller Literatur kontrastiert. Wie ist
diese Polyvalenz zu erklären, und welche dieser Oppositionen sind konsistent und sinnvoll?

(4) Sowohl Bourdieus als auch Luhmanns Theorien über die Autonomie der modernen
Literatur sind vielfach für historische Fallstudien genutzt worden (vgl. etwa Joch et al. 2009;
Werber 2011; Amlinger 2021). Müssen und können diese Theorien weiterentwickelt werden,
um neuen Entwicklungen der Literatur oder neuen Einsichten – etwa über die heteronomen
Seiten der Literatur – Rechnung zu tragen?

(5) Wie lassen sich neuere Entwicklungen in der Soziologie auf die Frage nach der Autonomie
der Literatur beziehen – so etwa die Praxistheorie, die soziale Netzwerkanalyse oder neue
Ansätze der Differenzierungstheorie? Welche neuen Perspektiven auf Begriff und Phänomen
der Autonomie der Literatur eröffnen diese Ansätze?

Citation: Jan Borkowski. CFP: Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024): Die Autonomie der Literatur (15.07.2023). H-
Germanistik. 09-08-2022.
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Literatur

Albers, Irene/Marcus Hahn/Frederic Ponten (Hg.), Heteronomieästhetik der Moderne,
Berlin/Boston 2022.

Amlinger, Carolin, Schreiben. Eine Soziologie literarischer Arbeit, Berlin 2021.

Axelsson, Karl/Camilla Flodin/Mattias Pirholt (Hg.), Beyond Autonomy in Eighteenth-Century
British and German Aesthetics, London 2021.

Hahn, Marcus, Heteronomieästhetik der Moderne. Eine Skizze, Zeitschrift für
Kulturwissenschaft 7:1 (2013), 23–35.

Joch, Markus et al. (Hg.), Mediale Erregungen? Autonomie und Aufmerksamkeit im Literatur-
und Kulturbetrieb der Gegenwart, Tübingen 2009.

Jusdanis, Gregory, Two Cheers for Aesthetic Autonomy, Cultural Critique 61 (2005), 22–54.

Kivy, Peter, What Really Happened in the Eighteenth Century: The 'Modern System' Re-
examined (Again), British Journal of Aesthetics 52:1 (2012), 61–74.

Porter, James I., Why Art Has Never Been Autonomous, Arethusa 43:2 (2010), 165–180.

Van Rooden, Aukje, Reconsidering Literary Autonomy: From an Individual Towards a
Relational Paradigm, Journal of the History of Ideas 76:2 (2015), 167–190.

Citation: Jan Borkowski. CFP: Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024): Die Autonomie der Literatur (15.07.2023). H-
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Werber, Niels (Hg.), Systemtheoretische Literaturwissenschaft. Begriffe – Methoden –
Anwendungen, Berlin/New York 2011.

Journal of Literary Theory Vol. 18, No. 1 (2024)

Special Issue "The Autonomy of Literature"

Although the concept of autonomy has primarily been associated with older traditions of
philosophical aesthetics from Schiller to Adorno, it still (or once again) plays a prominent and
often controversial role in literary theory. Despite a broadly-held acceptance of the
assumption that a societal differentiation in the late 18th century led to an autonomy of
literature, "the nature and scope of this autonomy has always been under debate" (van
Rooden 2015, 167). Recently, not only the widespread assumptions about the formation of
the aesthetics of autonomy have come under criticism (cf. Porter 2010; Kivy 2012; Axelsson
et al. 2021): The presumed 'autonomy' of modern literature has also been fundamentally
criticized as a 'purifying' self-stylization of programmatic modernism, which conceals the
heteronomies of modern literature (cf. Hahn 2013; Albers et al. 2022). In discussions about
literature's (alleged) loss of importance in the present, the autonomy of literature is viewed
as both part of the problem and part of the solution (cf. van Rooden 2019, 167sq.; Jusdanis
2005). Indeed, the idea that individual literary works – as opposed to literature as a system or
field – are autonomous is frequently criticized as an extension of a metaphysically-rooted
aesthetics. However, in recent times the concept of autonomy continues to be employed to
refer to specific claims of literary texts that ought to be respected in the process of

Citation: Jan Borkowski. CFP: Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024): Die Autonomie der Literatur (15.07.2023). H-
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interpretation and evaluation.

The proposed issue of the Journal of Literary Theory will follow up on these discussions to
primarily pursue two goals: Recent debates surrounding the autonomy of literature, in part,
seem to be driven by very different usages of the term 'autonomy'. Therefore, one goal of
this issue is to contribute to clarifying the term 'autonomy' with respect to literary theory. In
this context, it is worth considering whether the concept of autonomy is an indispensable
component of modern literature, or whether it is too ambiguous to be of use. Second, with
the issue proposed we aim at continuing the debate surrounding the autonomy or
heteronomy of literature. Herein, we welcome contributions that expand on a variety of
pertinent theories, including those by Adorno, Bourdieu or Luhmann. This does not mean that
submissions should simply revisit canonical positions; rather, we invite contributors to
(critically) respond to new challenges as they appear in current theoretical, historical, and
empirical approaches.

Questions which contributions might address include, but are not limited to, the following:

(1) To what extent should the concept of autonomy in literary hermeneutics, as well as in
literary history and literary theory, still play a role? How could this autonomy be defined and
what would respecting this concept entail in terms of analysing a literary work (or a genre)?

(2) The concept of autonomy is frequently employed as a description of the field of modern
literature, but it also contains evaluative connotations, which are difficult to set aside
entirely. Can this complexity or thickness of the concept of autonomy be viewed as
productive? Or should the concept of autonomy/heteronomy be substituted with more neutral
or symmetrical terminology?

(3) What is the antonym of 'autonomy of literature'? One self-evident answer is 'heteronomy
of literature'. However, heteronomy can be understood as a political engagement or
commitment as well as a dependence on the market, on specific institutions, or even as
forms of censorship. Additionally, autonomous literature is occasionally contrasted with
realistic or referential literature. How can this polyvalence be explained and which of these
oppositions are consistent and applicable?

(4) Both Bourdieu's and Luhmann's theories on the autonomy of modern literature have been
frequently used to support historical case studies (e.g., Joch et al. 2009; Werber 2011;
Amlinger 2021). Should and can these theories be further advanced as a means to account

Citation: Jan Borkowski. CFP: Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024): Die Autonomie der Literatur (15.07.2023). H-
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for new developments in literature or to incorporate new insights, such as those on the
heteronomous aspects of literature?

(5) How can more recent developments in sociology be connected to the question of the
autonomy of literature, namely practice theory, social network analysis, or new approaches
to differentiation theory? Which new perspectives regarding the terminology or the
phenomenon of the autonomy of literature result from these approaches?

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theories and concepts, as well as articles on particular literary theories. Case studies, i.e.
studies on specific authors, works, or problems of literary history, are accepted only if they
adopt a predominantly systematic perspective, contribute to the reconstruction of the history
of literary theory, or pursue innovative methods. Moreover, the Journal of Literary Theory
contains work reviewing and outlining trends of theoretical debates in literary theory and
related disciplines.

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References

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British and German Aesthetics, London 2021.

Hahn, Marcus, Heteronomieästhetik der Moderne. Eine Skizze, Zeitschrift für
Kulturwissenschaft 7:1 (2013), 23–35.

Joch, Markus et al. (eds.), Mediale Erregungen? Autonomie und Aufmerksamkeit im Literatur-

Citation: Jan Borkowski. CFP: Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 1 (2024): Die Autonomie der Literatur (15.07.2023). H-
Germanistik. 09-08-2022.
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examined (Again), British Journal of Aesthetics 52:1 (2012), 61–74.

Porter, James I., Why Art Has Never Been Autonomous, Arethusa 43:2 (2010), 165–180.

Van Rooden, Aukje, Reconsidering Literary Autonomy: From an Individual Towards a
Relational Paradigm, Journal of the History of Ideas 76:2 (2015), 167–190.

Werber, Niels (ed.), Systemtheoretische Literaturwissenschaft. Begriffe – Methoden –
Anwendungen, Berlin/New York 2011.

Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo –
Alexander Nebrig – Johannes Schmidt

Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Johannes Schmidt] betreut – editorial-
germanistik@mail.h-net.msu.edu

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