Berliner Ärzt:innen - Stadt, Land, Medizin: Haben Großstädter:innen andere Bedarfe?
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Berliner MITGLIEDERZEITSCHRIFT ÄRZTEKAMMER BERLIN AUSGABE 11 / 2021 Ärzt:innen Stadt, Land, Medizin: Haben Großstädter:innen andere Bedarfe?
BERLINER ÄRZT:INNEN EDITORIAL AUSGABE 11 / 2021 Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland hat vor allem die erste Welle der Corona-Pandemie gut bewältigt. Mit einer hohen Versorgungskapazität hat sich das deutsche Gesundheitssystem Dr. med. Klaus-Peter Spies bewährt: Viele Erkrankte wurden ambulant versorgt und die Kliniken konnten sich ist Facharzt für Innere Medizin auf die schwer Erkrankten konzentrieren. Weshalb dann eine Diskussion über eine und Mitglied des Vorstandes Veränderung der Versorgung? Es ist offenkundig, dass wir in Zukunft einen Arzt- der Ärztekammer Berlin. Foto: Kathleen Friedrich mangel bekommen werden. Auch wenn über die Jahre die Zahl der Ärzt:innen gestiegen ist, manifestiert sich der gesellschaftliche Wandel auch in der Medizin. Ganz gleich, ob Frau oder Mann: Viele Ärzt:innen sind nicht mehr bereit, mehr als 50 Stunden in der Woche zu arbeiten. Die Teilzeitarbeit nimmt zu. So haben wir zwar mehr Mediziner:innen, aber gleichzeitig einen stetigen Rückgang an Arztstunden. Vielfach gibt es bereits Programme zur Förderung der Landärzt:innen und nun gibt es auch einen Ruf nach einem „Stadtarzt“. In beiden Fällen handelt es sich für mich um ein anderes Wort für „Hausarzt“. Der Rückgang der hausärztlichen Versorgung durch Allgemeinmediziner:innen und hausärztliche Internist:innen hat auch Berlin erreicht. In den kommenden fünf Jahren wird etwa ein Drittel der hausärztlich tätigen Ärzt:innen das Rentenalter erreichen. Die Initiative der Kassen- ärztlichen Vereinigung Berlin zur Verbesserung der hausärztlichen Versorgung in drei Bezirken ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Positiv ist, dass in diesem Programm anfangs angestellte Kolleg:innen diese Praxen später übernehmen kön- nen. Es zeigt aber auch, dass die Gegebenheiten Ärzt:innen eher abschrecken. Viele zögern, nach der Ausbildung in die Patientenversorgung oder gar in die Selbst- ständigkeit zu gehen und das damit verbundene unternehmerische Risiko ein- zugehen. Die zunehmende Bürokratie tut ihr Übriges, zum Beispiel das Vorhaben, kostenneutral zusätzliche Strukturänderungen wie verschärfte Hygieneregeln oder die Digitalisierung im Gesundheitswesen einzuführen. So wird auch die fachärztliche Versorgung leiden! Zudem haben wir einen von der Politik kaum bemerkten Notstand im Bereich der Medizinischen Fachangestellten (MFA). Auch hier besteht ein Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und adäquater Honorierung. Während im stationären Bereich inzwischen Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden, sind die Forderungen aus der Ärzteschaft zugunsten der MFA nicht gehört worden. Es wäre allerdings falsch, den Sicherstellungsauftrag infrage zu stellen. Sollte dieser aufgegeben werden, erwarte ich eine Kommerzialisierung auch im ambulanten Bereich, wie wir das bereits seit einigen Jahren in Teilen des stationären Bereichs kritisieren. Es wird Zeit, dass sich die Vertreter:innen der stationären und am- bulanten Medizin zusammenfinden und gemeinsam ein Konzept entwickeln, um die Sektorengrenzen zu überwinden. Ziel muss es sein, gemeinsam freie Ressour- cen zu finden, dies aber auch mit einer Stimme gegenüber den Leistungsträgern zu vertreten. Ihr 3
Inhalt EDITORIAL AUS DER KAMMER Begrüßung von Klaus-Peter Spies 3 „Probleme da lösen, wo sie herkommen!“ 28 Eindrücke von der Verabschiedung von Günther Jonitz KURZ NOTIERT 3 Fragen an 29 Aktuelles / Nachrichten 6 Günther Jonitz Weichenstellungen 30 AUS DER KAMMER für die Berliner Ärzt:innenschaft Bericht von der Delegiertenversammlung Weiterbildung 20 am 22. September 2021 Gute Weiterbildung und digitale Pinnwände Von Ole Eggert Bericht vom Treffen der Assistentensprecherinnen und -sprecher am 4. Oktober 2021 Versorgungsabgaben, Kapitalanlageergebnis 32 Von Iris Hilgemeier und Versorgungsleistungen steigen weiter Bericht von der Vertreterversammlung Veranstaltungen der Weiterbildung 21 am 30. September 2021 Von Michaela Thiele Medizinische Fachangestellte 22 Informationen zur Ausbildung und Weiterqualifizierung POLITIK & PRAXIS Ärztliche Fortbildungen 24 CIRS Berlin: Der aktuelle Fall 34 Veranstaltungskalender Fehlende Anwesenheit einer Ärztin oder der Ärztekammer Berlin eines Arztes im Aufwachraum Neue Schnittstelle 27 127.000 Menschen sterben in Deutschland an 35 für den Fortbildungsnachweis den Folgen ihres Tabakkonsums Leser:innenbriefe 36 Personalien 37 Zum Gedenken an Sigrid Kemmerling Die fotografische Begleitung des Titelthemas Im aktuellen Titelthema wird gefragt, ob bei der medizini- KULTUR & GESCHICHTE schen Primärversorgung von Großstädter:innen spezielle Bedarfe eine Rolle spielen. Dazu hat OSTKREUZ-Fotograf Virchow-Jahr 2021 38 Heinrich Holtgreve das Team der Hausarztpraxis Friedrichs- Virchow und die Rassenkunde felde begleitet und dessen Arbeitsalltag dokumentiert. Von Philipp Osten Titelbild Allgemeinärztin Dipl.-Med. Kerstin Groß auf dem Weg zu Impressum 40 einem Hausbesuch im Berliner Ortsteil Friedrichsfelde-Ost. 4
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 IM FOKUS Stadt, Land, Medizin: 10 Haben Großstädter:innen andere Bedarfe? Die Allgemeinmedizin und auch die hausärztliche Versorgung werden häufig mit der Tätigkeit als Land ärztin der Landarzt assoziiert. Allerdings leben in Deutschland die meisten Menschen in der Stadt – mit zunehmender Tendenz. Daraus ergeben sich spezielle Herausforderungen für deren medizinische Versorgung. Von Julia Frisch und Wolfram Herrmann Dipl.-Med. Juliane Schöne ist eine von vier Ärzt:innen der Hausarztpraxis Fried- richsfelde. 5
KURZ NOTIERT Leitungswechsel und neue Strukturen Informationen über Veränderungen bei Aus Berliner Krankenhäusern Leitungspositionen und Abteilungsstruk turen in Ihrem Hause senden Sie bitte an: wurden uns folgende Änderungen T 030 408 06-36 36 gemeldet: E redaktion@aekb.de Vivantes Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum Medizinische Klinikum Neukölln und Wenckebach-Klinikum Hochschule Brandenburg Ab Januar 2022 wird Thomas Wüstner Seit 1. September 2021 ist Stephan Prof. Dr. med. Joachim Wachtlin, neuer Geschäftsführender Direktor Schenk neuer Pflegedirektor im Vivan- Chefarzt der Augenheilkunde des des Vivantes Klinikum Neukölln. Er tes Auguste-Viktoria-Klinikum und Sankt Gertrauden-Krankenhauses, folgt auf Detlev Corsepius, der die Wenckebach-Klinikum. Er folgt auf ist aufgrund besonderer Verdienste Interimsleitung übernommen hatte. Sabrina Kurowski, die Vivantes in in Wissenschaft, Lehre und Forschung Wüstner war zuletzt und seit 2014 Richtung Charité verlassen hat. Ste- zum außerplanmäßigen Professor für Geschäftsführer des gemeinnützigen phan Schenk ist gelernter Gesundheits- Augenheilkunde an der Medizinischen Krankenhaus St. Elisabeth und St. Bar- und Krankenpfleger mit Erfahrung in Hochschule Brandenburg ernannt bara Halle (Saale) und der MVZ Elisa- Intensiv-, Notfallpflege und Dialyse. worden. Nach seiner Promotion 1994 beth Ambulant gGmbH, die Teil des Er übernahm bereits vor seinem Stu- sowie Habilitation ist Wachtlin seit Elisabeth Vinzenz Verbundes sind. dium der Betriebswirtschaft für Ge- 2007 am Sankt Gertrauden-Kranken- Von 1999 bis 2002 hat Wüstner in sundheits- und Sozialeinrichtungen haus tätig. Bereits seit 2018 lehrt er Bautzen Betriebswirtschaft mit dem in Witten/Herdecke und an der Tech- an der Medizinischen Hochschule Schwerpunkt öffentliche Wirtschaft nischen Universität Kaiserslautern die Brandenburg. Sein wissenschaft- studiert. Zwischen 2002 und 2011 war erste leitende Funktion in der Pflege. licher Schwerpunkt umfasst die er an verschiedenen Standorten für In seiner letzten Position war er als Diagnostik und konservative sowie die HELIOS Kliniken GmbH und die leitender Pflegedirektor der AMEOS mikrochirurgische Therapie von Rhön-Klinikum AG als Geschäftsführer Klinika Oberhausen an drei Stand- Makula-, Netzhaut- und Glaskörper- tätig. ∕ orten tätig. ∕ erkrankungen. ∕ Anzeige 6
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 Social Media Intervention Instagram und Twitter Arzt SUCHT Hilfe – Das Interventionspro- Suchtproblematik gramm der Ärztekammer Kennen Sie schon die Social-Media-Kanäle der Berlin berät und begleitet Ärztekammer Berlin? ∕ bei Ärztinnen und Ärztinnen und Ärzte mit Ärzten problematischem Subs- → www.instagram.com/aekberlin tanzkonsum professionell → www.twitter.com/aekberlin Suchen Sie Hilfe, und kollegial. Suchen Sie Hilfe, Beratung, Unter- Beratung, stützung? Nutzen Sie die Unterstützung? Möglichkeit, um mit uns in Kontakt zu kommen: E kontakt-suchtpro- gramm@aekb.de Weitere Informationen finden Sie auf der Website → www.aekb.de/sucht- intervention Foto: Ina Schoenenburg, OSTKREUZ / Ärztekammer Berlin Anzeigen 7
KURZ NOTIERT Akademische Gedenkfeier für Prof. Dr. med. Harald Mau „Was ein Mensch an Gutem in die Welt hinausgibt, geht nicht verloren.“ (Albert Schweitzer) Am 24. September 2021 fand aufgrund der COVID-19-Pan- demie mit einem Jahr Verschiebung die akademische Trauer- Foto: Dr. med. Susanne von der Heydt feier für Prof. Dr. med. Harald Mau im Albrecht Kossel-Hörsaal der Charité – Universitätsmedizin Berlin statt. Der ehemalige Universitätsprofessor, Dekan und langjährige Leiter der Klinik für Kinderchirurgie der Charité war am 4. September Dr. med. Petra Degenhardt erinnerte an Harald Mau als Chef, 2020 verstorben. als verantwortungsvollen Weiterbildenden in seiner kinder- chirurgischen Abteilung, als Lehrer im OP und am Krankenbett Zusammengekommen waren der jetzige und der vorherige der vielen kleinen Patient:innen, aber auch als menschliches Vorstand der Charité, die Familie mit Freund:innen und Weg- Vorbild, dem nichts wichtiger war als die interdisziplinäre, gefährt:innen, aber auch zahlreiche Kinderchirurg:innen, die zugewandte Versorgung der Kleinsten. Sie zitierte Elie Wiesel: über ganz Deutschland verteilt sind, von Harald Mau gelernt „Ohne Erinnerung gibt es keine Kultur. Ohne Erinnerung gäbe haben und bis heute von ihm geprägt wurden. es keine Zivilisation, keine Gesellschaft, keine Zukunft.“ Prof. Dr. Dres. h.c. Manfred Erhardt und Prof. Dr. med. Karl Begleitet wurde die Gedenkfeier durch Klavierstücke von Max Einhäupl erinnerten an die Charité im Wandel der Zeit William Byrd, Johann Sebastian Bach und Fred Hersch. Sie und an die Geschehnisse während der Vereinigung von Ost erzeugten einen großartigen Klang im Albrecht Kossel-Hör- und West.“ Sie beschrieben die Hürden, die Harald Mau saal und nahmen die Anwesenden mit auf eine wertvolle Er- nahm, und seine moderierende Haltung, aber auch seine innerungsreise an die gemeinsame Zeit und an unvergess- zuweilen klaren Positionen. Beide Professoren verliehen liche Erlebnisse mit Harald Mau. ∕ ihrer Überzeugung Ausdruck, dass es ohne Harald Mau die Charité, wie sie heute dasteht, wahrscheinlich nicht mehr geben würde. Dr. med. Susanne von der Heydt Anzeige Musik- und Kulturfestival Mitmachen beim Doc‘s Arts Nachdem das weltweit erste Musik- und Kulturfestival für Ärzt:innen und Angehörige medizinischer Berufe corona- bedingt mehrfach verschoben wurde, findet es nun vom 16. bis 19. Juni 2022 in Goslar statt. Sie sind Mediziner:in oder im medizinischen Bereich tätig und musizieren gern? Dann melden Sie sich an. Nähere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Interessierte online unter → www.docs-arts.de. Doc’s Arts ist ein teilnehmerfinanziertes, nicht gewinn- orientiertes Festival. 8
BERLINER ÄRZT:INNEN Anzeige AUSGABE 11 / 2021 Sagen Sie uns Ihre Meinung zu den Artikeln in „Berliner Ärzt:innen“. Was gefällt Ihnen, was nicht und vor allem, welche Themen fehlen Ihnen? Schreiben Sie uns: E redaktion@aekb.de Spendenaufruf Ärztinnen und Ärzte helfen Ärztinnen und Ärzten in Not Die Hartmannbund-Stiftung „Ärzte helfen Ärzten“ unterstützt Arztfamilien* in schwierigen Lebenslagen und stellt damit ein einmaliges Hilfswerk innerhalb der Ärzt:innenschaft dar. Wir helfen: → Kindern in Not geratener Ärztinnen und Ärzte → Halbwaisen und Waisen aus Arztfamilien → Ärztinnen und Ärzte in besonders schweren Lebenslagen Wir bieten: → Kollegiale Solidarität → Finanzielle Unterstützung für Schul- und Studienausbildung → Förderung berufsrelevanter Fortbildungen → Schnelle und unbürokratische Hilfe Helfen Sie mit, diese unverzichtbare Hilfe auf- recht zu erhalten! Unterstützen Sie mit Ihrer Spende Kolleginnen und Kollegen in Not. Vielen Dank! Spendenkonto: Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG Düsseldorf IBAN DE88 3006 0601 0001 4869 42 BIC DAAEDEDDXXX Online-Spende: *Satzungsgemäß unterstützt die Stiftung in Not geratene Ärztinnen und Ärzte der Human-, Zahn- und Tiermedizin. 9
IM FOKUS Stadt, Land, Medizin: Haben Großstädter:innen andere Bedarfe? Die Allgemeinmedizin und auch die hausärzt liche Versorgung werden häufig mit der Tätigkeit als Landärztin oder Land- arzt assoziiert. Allerdings leben in Deutschland die meisten Menschen in der Stadt. Daraus ergeben sich spezielle Herausfor derungen für deren medi zinische Versorgung. Text: Julia Frisch und Prof. Dr. med. Wolfram Herrmann Fotos: Heinrich Holtgreve, OSTKREUZ / Ärztekammer Berlin 10
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 Prof. Dr. med. Wolfram Herrmann hat anhand dreier zentraler Eigenschaften von Städten ein Rahmenkonzept zur urbanen Social Prescribing Primärversorgung entwickelt. „Kiezmedizin“ nennt der Pro- fessor für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Versorgungs- ist ein Interventionsansatz, bei dem Patientinnen und forschung am Institut für Allgemeinmedizin der Charité – Patienten von den in der Primärversorgung tätigen Be- Universitätsmedizin Berlin das, was ihm als „urbane Primär- rufsgruppen in Hinblick auf ihre nichtmedizinischen (ins- versorgung“ in Berlin vorschwebt. Kern der Primärversor- besondere sozialen, emotionalen oder alltäglichen/all- gung ist dabei die wohnortnahe allgemeinmedizinische tagspraktischen) Bedürfnisse an passende Unterstützungs- Versorgung. Das bedeutet seiner Ansicht nach nicht nur, angebote vor Ort vermittelt werden.2 dass die Bedarfsplanung noch viel kleinräumiger als bisher alle Stadtteile Berlins auf Über- und Unterversorgung hin abklopfen müsste. Vielmehr müssten auch die Ärzt:innen noch mehr als bisher den familiären, sozialen und ökonomi- schen Hintergrund ihrer Patient:innen beachten und, wenn ergeben sich für Hausärzt:innen einerseits größere Auf- nötig, diese an entsprechende Hilfseinrichtungen oder Ämter gaben in Koordination und Quartärprävention [15], an überweisen. „Social Prescribing“ heißt das Konzept, das dererseits besteht die Gefahr der Marginalisierung haus- sich Herrmann gut für Berlin vorstellen könnte. ärztlicher Tätigkeit inmitten eines Überangebotes von Spezialist:innen aller Art. Insgesamt, so Herrmann, ergeben sich in der Stadt spezielle Herausforderungen an die allgemeinmedizinische Versor- Die Fragmentierung zeigt sich auch in der Zusammenarbeit gung – aufgrund der höheren Bevölkerungsdichte, der grö- zwischen Public Health und Primärversorgung. In Deutsch- ßeren Heterogenität der Bevölkerung und der besonders land sind der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) und die fragmentierten gesundheitlichen und sozialen Versorgung. Primärversorgung streng getrennt [16]. Aufgrund des demo- Welche Auswirkungen besonders die Fragmentierung und grafischen Wandels und der Veränderung der Morbiditäts- der bunte Mix an sozialen Schichten, Kulturen und Lebens- muster hin zu nicht-übertragbaren Erkrankungen empfiehlt weisen aus seiner Sicht haben, erklärt er anhand des Rahmen- die World Health Organization (WHO) schon lange, die bei- konzepts, das sich gerade in der Veröffentlichung befindet den Bereiche mehr zu vernetzen. Unterstützt wird die WHO und die wissenschaftliche Basis für diesen Beitrag liefert.1 von den Autor:innen von „Primary Care and Public Health: Exploring Integration to Improve Population Health“3, die Fragmentierte Versorgung in der Stadt sich dafür aussprechen, Mitarbeitende auf lokaler Ebene Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass vor allem sowie Ressourcen und Daten zu verbinden, gemeinsame ländliche Bereiche Versorgungsprobleme mit einem be- Forschungs- und Lernnetzwerke zu bilden und im Bereich grenzten Angebot an Hausärzt:innen haben, ist auf ganz der Aus- und Weiterbildung zusammenzuarbeiten. Dies ist Deutschland bezogen die Quote der Hausärzt:innen pro bisher in Deutschland nicht umgesetzt. Einwohner:innen in städtischen Regionen sogar etwas niedri- ger als in ländlichen Regionen. Vor allem in sozial benach- Heterogenere Bevölkerung in der Stadt teiligten Gebieten existiert in Städten häufig eine hausärzt- Als zweiten wichtigen Einflussfaktor nennt Herrmann die liche Unterversorgung. Beispielhaft hierfür ist der Planungs- städtische Bevölkerungsstruktur. „Die soziale Heterogenität raum Klixstraße in Berlin-Reinickendorf: Die soziale Situa- der Bevölkerung ist ein Kernaspekt von Stadt“, konstatiert tion ist problematisch. Hier leben 8.149 Menschen, darunter 1.334 ab 65 Jahren [11]. Aktuell gibt es in diesem Planungs- raum keine Hausarztpraxis und auch keine Facharztpraxis, sondern nur eine Zahnarztpraxis. Im Planungsraum Klix- straße liegt also eindeutig eine Unterversorgung vor. 1 Das Rahmenkonzept soll im Originalien-Ergänzungsband III/2021 der MMW – Fortschritte der Medizin veröffentlicht werden, der der Neben regionaler Fehlverteilung von Hausärzt:innen gibt MMW 21-22 am 16. Dezember 2021 beiliegen wird. Eine Übersicht der Quellen erhalten Interessierte bei Prof. Dr. med. Wolfram es im städtischen Bereich zudem eine Fehlverteilung von Herrmann: E wolfram.herrmann@charité.de. Hausärzt:innen und Spezialist:innen: So stehen in der Kassen- 2 Polley, M., Fleming, J., Anfilogoff, T., Carpenter, A., Kimberlee, ärztlichen Vereinigung Berlin (KV Berlin) 2.994 hausärztlich R., Bertotti, M., Dixon, M., Drinkwater, C., McGregor, A., Poole, tätigen Ärzt:innen (einschließlich Kinder- und Jugendmedizin) J., Pilkington, K. and Wheatley, J. (2017) Making sense of social prescribing. Social Prescribing Network, London. Available from: auf 2.702 Sitzen 7.274 fachärztlich tätige Kolleg:innen (ein- → http://eprints.uwe.ac.uk/33145 schließlich Psychotherapeut:innen) auf 5.634 Sitzen gegen- 3 Primary Care and Public Health: Exploring Integration to Improve über [13]. (…) Aufgrund dieses stark spezialisierten Angebots Population Health: → https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24851288 11
IM FOKUS er in dem Konzept und verweist unter anderem auf die in der Stadt größer ist als auf dem Land. Sie spüren häufig unterschiedlichen Kulturen, die Mikrosozialstruktur und „Minority Stress“: Stress aufgrund des Erlebens als stig- den sozioökonomischen Status der städtischen Bewoh- matisierte Minderheit [27]. Das Coming-out in der Haus- ner:innen. Besondere Herausforderungen der allgemein- arztpraxis ist da noch ein zusätzlicher Stressfaktor [vgl. u. medizinischen Versorgung von Menschen mit Migrations- a. 28]. Die Bedürfnisse von Transmenschen werden in der hintergrund sind unter anderem die sprachliche Verstän- hausärztlichen Versorgung häufig nicht erfüllt [29] und digung und die Vernachlässigung des soziokulturellen Hin- Intersexualität ist trotz der vergleichsweise großen Prävalenz tergrundes der Patient:innen [21]. Laut Yuriy Nesterko und ein in der hausärztlichen Wissenschaft und Praxis igno- Heide Glaesmer ist Sprachmittlung ist in Deutschland in riertes Thema. der Primärversorgung kein Standard [22]. Heterogener als auf dem Land ist ebenfalls die Mikrosozial- Ein weiterer Heterogenitätsaspekt sind sexuelle Orientierung struktur im urbanen Bereich: Haushalte sind kleiner, es gibt und Geschlechtsidentität. Verlässliche Zahlen zur gesund- mehr Wohngemeinschaftsformen und Patchworkfamilien. heitlichen Lage lesbischer, schwuler, bisexueller, Trans-, inter- So sind in Berlin laut dem Mikrozensus von 2018 mehr als und asexueller Menschen (LGBTI) existieren laut Herrmann die Hälfte der Haushalte Einpersonenhaushalte. Damit leben in Deutschland nicht. Allerdings ist anzunehmen, dass der 29,6 Prozent der Bevölkerung in einem Einpersonenhaushalt. Anteil von LGBTI Menschen in der hausärztlichen Versorgung 29,3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind alleinlebend Kerstin Groß auf Hausbesuch bei einer Patientin, die die Hausärztin schon seit vielen Jahren betreut. 12
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 und alleinstehend ohne ledige Kinder; in der Bevölkerung ein zentraler Einflussfaktor auf Gesundheit und Krankheit. ab 65 Jahren sind es sogar 42,3 Prozent. 3,8 Prozent der Den sozialen Problemen im städtischen Bereich stehen Männer mit Kind(ern) unter 18 Jahren und 24 Prozent der gleichzeitig eine Vielzahl von sozialen Angeboten gegen- Frauen mit Kind(ern) unter 18 Jahren sind alleinerziehend über, die die Hausärzt:innen jedoch häufig nicht mehr [30]. (…) Dies bedeutet veränderte Anforderungen an eine überblicken können. Sozioökonomische Probleme sind praktische Familienmedizin. Das soziale Umfeld muss bei demnach relevant für die tägliche Arbeit in der hausärzt- der Anamnese mit berücksichtigt werden. Dafür, das ist lichen Primärversorgung in der Stadt. Allerdings existieren Herrmann bewusst, benötigen die Kolleg:innen aber auch in Deutschland bisher kaum systematische Ansätze, wie mehr Zeit. diese in der Hausarztpraxis adressiert werden können. Heterogenität des sozioökonomischen Status in der Als dritten Einflussfaktor greift das Papier die Bevölke- Stadt rungsdichte in der Stadt auf. Die – unabhängig vom sozialen Die soziale Lage entscheidet unter anderem auch über die Status – mit einer höheren Mortalität assoziiert ist [40]. Lebenserwartung. Männer haben in Steglitz-Zehlendorf eine Gründe dafür sind unter anderem umweltbezogene Ge- Lebenserwartung von 80 Jahren, während in Berlin-Mitte sundheitsprobleme [41] sowie eine höhere Kriminalitäts- die Lebenserwartung von Männern mit 76,7 Jahren um rate [42]. Zudem spielt die Bevölkerungsdichte eine wich- 3,3 Jahre kürzer ist [35, 36]. Der sozioökonomische Status ist tige Rolle bei der Übertragung von Infektionskrankheiten. „In der gesamten Zeit gab es noch keinen langweiligen Tag. Wer kann das schon von seinem Job sagen?“ In der Stadt prallen unterschiedliche Kulturen und Lebenskonzepte aufeinander. Das ist nicht zuletzt für Ärzt:innen eine Herausforderung. Dipl.-Med. Kerstin Groß ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und betreibt eine Hausarztpraxis in Berlin Lichtenberg. Im Interview mit Stella Hombach berichten sie und ihre Kolleg:innen, was sie in ihrem Alltag erleben. SH Über die Herausforderungen sich. Dem 80-jährigen Rentner mit der ärztlichen Versorgung auf Herzinsuffizienz müssen Sie anders dem Land wurde in den vergangenen begegnen als der alleinerziehenden Jahren viel berichtet. Was für Probleme Mutter mit zwei Kindern. Anderer- birgt die Großstadt? seits gibt es auch in unserem Stadt- KG Überalterung und Multimorbi- bezirk eine zunehmende Diversität dität sind die ersten Dinge, die der Kulturkreise – häufig verbunden mir für unseren Bezirk Lichtenberg ein- mit Sprachbarrieren, welche eine zu- fallen. Der Mangel an Hausärzt:innen sätzliche Herausforderung für das Arzt- wird immer mehr spürbar. Damit un- Patienten-Gespräch darstellen. Dies terscheiden wir uns vermutlich gar erfordert patientenspezifische Heran- nicht so sehr vom Land. Was in der gehensweisen. SH Stella Hombach Stadt hinzukommt, sind die immer Journalistin und freie Autorin unterschiedlicher werdenden Lebens- Was meinen Sie mit patientenspe- Foto: privat konzepte. Lichtenberg gehört in Berlin zifischen Herangehensweisen? zwar zu den Außenbezirken, die Gentri- KG Die älteren Patient:innen möch- fizierung ist jedoch auch hier bereits ten in der Regel eine Ärztin oder spürbar. einen Arzt, die oder der ihnen sagt, was sie haben und was sie jetzt tun sollen. Die Patient:innen werden also Jüngere bevorzugen hingegen ein Ge- diverser. spräch auf Augenhöhe und wollen über KG Dipl.-Med. Kerstin Groß KG Genau. Diese „Buntheit“ ist ihre Behandlung mitentscheiden. Das Fachärztin für Allgemeinmedizin natürlich spannend, sie bringt Bild des allwissenden Arztes hat in die- Foto: Heinrich Holtgreve jedoch auch Herausforderungen mit ser Generation ausgedient. → 13
IM FOKUS KG Immer öfter müssen wir unsere ein Medikament, die andere muss sich Patient:innen auch in Englisch eine Bandage besorgen und wieder je- beraten. Persönlich bin ich da sehr mand anderes sollte seine Beschwer- froh, dass ich mittlerweile mit so vielen den noch mal beim Facharzt abklären tollen jungen Kollegen:innen zusam- lassen. Damit die Sprache in der Nach- menarbeite. Ich spreche zwar Englisch. versorgung kein Hindernis wird, wäre MB Maximiliane Bauer Den anderen Dreien fällt das jedoch eine Übersetzerin bzw. ein Übersetzer Fachärztin für Allgemeinmedizin deutlich leichter. wichtig. Foto: privat MJ Bei vielen Patient:innen kommen Eine Art Lotsin oder Lotse, die wir allerdings mit Englisch oder oder der die Person durch das Spanisch nicht weiter. Beispielsweise Gesundheitssystem navigiert. gibt es große Communitys aus dem MJ Das wäre toll – und wo wir schon Nahen und Fernen Osten. Hier muss bei „wünsch Dir was“ sind, brau- ich häufig Familienangehörige oder chen wir so eine Person ehrlich gesagt MJ Dr. med. Malte Joswig Freund:innen der Patient:innen bitten nicht nur auf der sprachlichen, sondern Arzt in Weiterbildung zum zu übersetzen. Aber auch die sind na- auch auf der sozialen Ebene. In der Arzt- Facharzt für Allgemeinmedizin türlich keine professionellen Dolmet- praxis fangen wir derzeit tatsächlich Foto: privat scher:innen und haben selbst oft noch viele politische Missstände auf, die mit eine Sprachbarriere. Bei diesen Be- Gesundheit im Grunde nichts zu tun suchen bleibt daher einiges vage und haben. Ich sage nur steigende Mieten. ich bin mir oft unsicher, ob der Pa- tient oder die Patientin meine Erklä- Das müssen Sie erklären. rung versteht. Solche Gespräche dau- MJ Die Beschwerden der Patient:in- ern natürlich – und das, während auf nen haben oft soziale Ursachen: der anderen Seite der Tür das Warte- verdichtete Arbeitszeiten, Angst, die DK Daryna Kechur Medizinstudentin zimmer immer voller wird. Da muss nächste Miete nicht mehr bezahlen zu an der LMU München man lernen, die Ruhe zu bewahren. können oder auch der ständige Draht- Foto: privat seilakt, Kinderbetreuung und Beruf in MB Zu der Sprache kommen mit- Einklang zu bringen. Manchmal kom- unter auch unterschiedliche kul- men auch alle Probleme zusammen. → turelle Codes. In manchen Kulturen Der Stress, der dadurch entsteht, stehen Bauchschmerzen mitunter schlägt sich irgendwann körperlich MB Meiner Ansicht nach betrifft dies nicht für Bauchschmerzen, sondern nieder. auch nicht mehr nur die Art, wie beschreiben eine psychische Belastung, Ärzt:innen und Patient:innen mitein- die der betroffenen Person „Magen- MB In den vergangenen Jahren ha- ander reden, sondern auch das Fach- schmerzen“ verursacht. Wenn man ben Somatisierungen meinem arztwissen selbst. Wie Frau Groß mein- das weiß, ist es sinnvoll, direkt nach Empfinden nach stark zugenommen. te, werden unsere Patient:innen und möglichen seelischen Problemen zu damit auch die Beschwerden immer fragen. KG Das Gefühl habe ich auch. Gene- diverser. Mit häufigen Erkrankungen rell sind diese Probleme jedoch wie etwa Bluthochdruck, Diabetes und MJ Gut wäre an dieser Stelle eine nichts Neues. Ich betreibe diese Praxis Arthrosen kenne ich mich natürlich Dolmetscherin oder ein Dolmet- seit nunmehr 26 Jahren. Nach der Wen- aus; was die Nebenwirkungen der neu- scher, die oder der sich mit der jewei- de 1990 verloren viele Menschen in un- esten Drogen angeht, muss ich mich ligen Kultur auskennt, das Gespräch serem Stadtbezirk ihre Arbeit. Lebens- jedoch belesen. übersetzt und den Termin gegebenen- läufe wurden infrage gestellt. Dies falls nachbereitet. führte zu vergleichbaren Herausfor- Wie gehen Sie damit um? derungen an unsere Arbeit, wie von MB Ich spreche das offen an, ver- Was meinen Sie mit Frau Bauer und Herrn Joswig darge- weise gegebenenfalls an eine „Nachbereiten“? stellt. Die Pandemie sowie die damit Kollegin bzw. einen Kollegen oder MJ Mit dem Arztbesuch ist der verbundenen Belastungen scheinen recherchiere selbst und informiere oder die Erkrankte ja meist heute erneut die psychischen Symp- meinen Patienten im Nachhinein. nicht geheilt. Der eine braucht danach tome ansteigen zu lassen. 14
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 Was können Sie als Ärzt:innen hier oder die Patientin beim Herrichten der die Zusammenarbeit mit anderen tun? Medikamentenbox oder bei der Ein- Kolleg:innen tatsächlich eine unheim- MJ Wir können eigentlich nur das nahme der Medikamente Hilfe benö- liche Bereicherung. Wir können uns Symptom behandeln. Auf die tigt. Natürlich könnten die Betroffenen gegenseitig entlasten und untereinan- 48-Stunden-Woche oder mangelnde ihre Arzneien auch in der Apotheke der beraten. Auf dem Land sind viele Kitabetreuung haben wir ja keinen durchchecken lassen, die meisten Ärzt:innen noch als Einzelkämpfer:innen Einfluss. Mitunter hilft auch eine Krank- wissen das nur nicht. unterwegs. Das stelle ich mir äußerst schreibung. So lassen sich einzelne anstrengend vor. Stressoren zumindest kurzfristig aus- MB Schwierig ist momentan auch die schalten und die Person kann sich kör- Überlastung der Berufsgruppen, Was motiviert Sie, den Job jeden Tag perlich und psychisch etwas erholen. mit denen wir eng zusammenarbeiten, immer wieder auf Neue zu machen? wie Physiotherapieeinrichtungen oder MB Wir haben jetzt natürlich vor KG Ich versuche in erster Linie mei- Pflegedienste. Vor Kurzem hatte ich allem über die Schwierigkeiten nen Patient:innen zunächst zu- eine Patientin mit starken Wasserein- geredet. Neben all den Problemen ist zuhören – auch wenn dies der EBM lagerungen in den Beinen. Ich verord- der Kontakt zu so vielen unterschied- (Einheitliche Bewertungsmaßstab) nete Kompressionsverbände, die immer lichen Menschen, der Einblick in die in- betriebswirtschaftlich nicht unterstützt. morgens durch Fachpersonal ange- dividuellen Biografien und die Mög- Zuhören ist die Voraussetzung, um legt werden müssen. Unsere Medizi- lichkeit, unterstützend zur Seite zu ihnen die Zusammenhänge erläutern nische Fachangestellte rief fünf ver- stehen, einfach unheimlich toll. Persön- und mit ihnen ins Gespräch gehen zu schiedene Pflegedienste an – aufgrund lich finde ich das sehr bereichernd. können. Das ist jedoch nicht immer von Personalmangel konnte keiner die einfach. Einige Menschen pilgern tat- Versorgung unserer Patientin überneh- KG Das kann ich unterschreiben. sächlich monatelang von Facharzt zu men. Wir mussten sie schließlich ins Ich betreibe die Praxis mittler- Facharzt, um herauszufinden, was sie Krankenhaus einweisen. weile seit 1995. Über die Zeit habe ich eigentlich haben. Die Spezialisierung zu vielen meiner Patient:innen nicht der Medizin ist generell zwar eine enorme KG Heute werden die Pfleger:innen nur eine sehr gute Beziehung entwi- Bereicherung, im Arbeitsalltag kann sie durch den Arbeitsstress tatsäch- ckelt, ich konnte oft auch mitverfolgen, jedoch auch belasten. lich selbst krank. In meinen Anfangs- wie sie aufwachsen oder älter gewor- jahren war das anders. Die personelle den sind und was sie aus ihrem Leben Weil eine Person fehlt, die den Ausstattung der Pflegedienste war bes- gemacht haben. Das ist toll! Und was Überblick hat? ser. Dadurch war eine bedarfsgerechte soll ich sagen: In der gesamten Zeit KG Genau diese Rolle nimmt der Sicherstellung der Pflege im häuslichen gab es noch keinen langweiligen Tag. Hausarzt ein. Dies wird durch Umfeld möglich. Wer kann das schon von seinem Job das Fortschreiten der Spezialisierung sagen? ∕ immer anspruchsvoller. Besonders Daryna Kechur, Sie absolvieren bei auffällig ist das bei unseren älteren Frau Groß gerade Ihre Famulatur. Patient:innen. Über die Jahre sam- Wenn Sie all das hören, haben Sie meln viele von ihnen ganze Paletten da noch Lust auf den Job? von Tabletten an. Ursache hierfür ist DK Auf jeden Fall! Für mich als Medi- teilweise eine mangelnde Abstimmung zinstudentin ist die Praxis wirk- zwischen den behandelnden Ärzt:innen. lich toll. Nicht nur, weil ich das Team sehr schätze, durch die Diversität der Woran merken Sie das? Patient:innen lerne ich unheimlich viel. KG Dies bekomme ich oft bei Haus- In München, wo ich herkomme, arbei- besuchen mit. In der Medikamen- tete ich zuvor in einer Klinik und dort tenbox liegen teilweise falsche Tabletten habe ich nicht annähernd so viele un- oder welche, die falsch dosiert sind. terschiedliche Fälle gesehen wie hier. Manchmal stehen die Packungen auch Dass der Beruf nicht einfach ist, das ungeöffnet neben dem Kühlschrank. war mir von vornherein klar. Unsere Aufgabe ist es dann zu kontrol- lieren, ob einige Medikamente vielleicht MB Ein Vorteil, den wir in der Stadt wieder abgesetzt werden können. Mit- haben, sind übrigens unsere unter schauen wir auch, ob der Patient Gemeinschaftspraxen. Für mich ist 15
IM FOKUS Stadtteilpraxen und Social Prescribing Bedürfnisse oder Belastungen festgestellt, werden sie an Ein fertiges Konzept, wie die Primärversorgung mit den eine Fachkraft mit „Link-Working-Funktion“ überwiesen. genannten Herausforderungen einer Millionenstadt fertig Diese versucht dann herauszufinden, welche Maßnahmen werden könnte, hat Wolfram Herrmann nicht. „Darüber müs- der bzw. dem Betroffenen helfen können und vermittelt sen wir einen Diskurs starten“, sagt er. Das Handwerkszeug sie oder ihn an konkrete, unterstützende Angebote in der und zahlreiche Modelle gibt es in seinen Augen bereits, etwa Region. Die Fachkraft ist außerdem für das „Netzwerk- Stadtteilpraxen, in denen verschiedene Professionen, bei- management“ zuständig: Sie pflegt Kontakte zu allen mög- spielsweise Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen und Sozial- lichen Akteur:innen und aktualisiert die Übersicht der Kiez- arbeiter:innen, mit stark lokaler Ausrichtung zusammen- Angebote. arbeiten. Zudem sollten, so Herrmann, Medizinstudierende bereits Das Gesundheitskollektiv in Neukölln, das Ende dieses in der Ausbildung sensibilisiert und mit ihnen unbekannten Jahres endlich seinen Neubau im Rollbergkiez (siehe Stadtteilen sowie dem Lebensumfeld von Patient:innen kon- BÄ 02/2020) beziehen will, verfolgt laut Herrmann zum Bei- frontiert werden. Dies bietet den Studierenden die Möglich- spiel einen solchen Ansatz. Favorisiert wird von ihm auch das keit, den Einfluss des Lebensumfeldes und des sozioökono- eingangs erwähnte Social Prescribing, das „soziale Rezept“, mischen Status auf Gesundheit und Krankheit von Menschen welches folgendermaßen funktioniert: Werden bei Pati- direkt zu erleben. So lernen sie auch neue Modelle hausärzt- ent:innen nichtmedizinische, aber gesundheitsrelevante licher Versorgung in der Stadt kennen. links Zurück in der Praxis. unten Der Empfang ist der Dreh- und Angelpunkt der Hausarztpraxis. Hier begrüßt Arzthelferin Frau Martin alle Ankommenden und kümmert sich um die Aufnahme der Patient:innen. 16
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 Routinemessung: Der Patient kommt regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen. Er gehört zu den ersten Patienten der Praxis und ist mit ihr älter geworden. Unterstützungen gegen den Mangel zu helfen. Doch für nachhaltige Unterstützung fehle ihnen Bei Hausärzt:innen, Gesundheitsämtern, Anbieter:innen oft die dafür notwendige Zeit, so Ruppert. sozialer Leistungen und in Berliner Bezirken dürfte Herr- mann mit seiner Forderung nach einer besseren Vernet- Primäres Ziel der KV Berlin ist es deshalb, zunächst dem Haus- zung und größeren Beachtung sozialer Probleme offene arztmangel – vor allem in den östlichen Berliner Bezirken – Türen einrennen. Dass Patient:innen bisweilen eher an abzuhelfen. Dazu hat sie verschiedene Förderprogramme5 Einsamkeit, Arbeitslosigkeit oder Überforderung im Beruf aufgelegt und plant, ab der zweiten Jahreshälfte 2022 eigene oder in der Familie leiden als an Krankheiten, haben die Einrichtungen zu betreiben. Für Ruppert ist es „absolut denk- allermeisten Ärzte schon erlebt, so auch Dr. med. Burkhard bar“, dass in einer solchen KV-Praxis auch ein multiprofes- Ruppert, Vorstandsvorsitzender der KV Berlin: „Als Pädia- sioneller Ansatz verfolgt wird. ter weiß ich, wie wichtig psychosoziale Aspekte sind.“ Viele der ärztlichen Kolleg:innen würden sich intensiv bemühen, 5 → www.kvberlin.de → Für Praxen → Zulassung / Niederlassung → den Menschen auch bei nicht-somatischen Beschwerden Fördermöglichkeiten 17
IM FOKUS Soziale Gesundheit Rahmenbedingungen Dr. med. Bernhard Malinowski ist einer von 14 Hausärzt:in- nen, die der Verein „soziale Gesundheit“ mit Sozialarbeit In Deutschland sind der ambulante und der stationäre unterstützt. Jeden Donnerstag fährt eine Sozialarbeiterin Sektor grundsätzlich getrennt. Die Professionen sind in zu dem Allgemeinmediziner und seinen beiden Kolleginnen kleine oder Kleinstunternehmen aufgesplittert: ange- nach Hohenschönhausen. Dort bietet sie eigene Sprechstun- fangen bei inhabergeführten Einzel- und Gemeinschafts- den für die Patient:innen an. „Für sie haben wir ein Zimmer praxen bis hin zu Hebammen, Pflegediensten und Apo- eingerichtet“, sagt Malinowski. Über die Hilfe in persona und theken. Kooperationen zwischen Haus- und Fachärzt:innen vor Ort ist der Hausarzt, der seit 30 Jahren im Berliner Norden sowie anderen Professionen sind letztlich freiwillig. Eine praktiziert, heilfroh. Er ist gemeinsam mit den Menschen Vergütung für Teamarbeit sowie Vorgaben im Bereich im Kiez alt geworden und betreut manche Familien schon der Fortbildung oder der Qualitätssicherung und -kontrolle in der dritten Generation. Die Sozialarbeiterin wisse genau, sind bislang nicht vorgesehen. Die Konsequenz daraus wo und wie die Menschen zum Beispiel Überbrückungshilfen ist, dass Kooperationen oftmals eher zufällig und nicht oder einen Schwerbehindertenausweis beantragen können. als Strukturmerkmal stattfinden. Parallel dazu und nicht Er selbst, so Malinowski, könne eine solche Arbeit neben strukturell verbunden existieren derzeit zahlreiche mit der Patientenversorgung nicht leisten, „ich habe nur Medizin öffentlichen Mitteln finanzierte Beratungs- und Betreu- studiert“. ungsangebote unterschiedlicher gemeinnütziger Träger. Für den Hausarzt bedeutet die Sozialarbeiterin in der Praxis eine enorme Entlastung. Das Gute: Sie prüfe, was die Pati- ent:innen brauchen, und könne so den Ärzt:innen gezielt sagen, welche ausgefüllten Anträge sie dann noch von ihnen Praktische Ansätze benötige. Durch die Berichte der Sozialarbeiterin wisse man Schon vor einigen Jahren hatte die KV Berlin dem Bezirk jetzt auch, „wo wir Ärzte bei den Patienten vielleicht noch Neukölln Unterstützung beim Aufbau eines Familien-Gesund- einmal ‚nachschieben‘ müssen“, so Malinowski. Früher habe heitszentrums in der südlichen Hermannstraße zugesichert. man den Patient:innen zwar auch schon an Hilfsangebote Unter einem Dach wollte der Bezirk medizinische Grund- weiterverwiesen oder zu Behörden geschickt. Doch das „ist versorgung und psychosoziale Beratungs- und Unterstüt- ins Leere gelaufen“, weil sich die Menschen dann doch vor zungsangebote zusammenfassen. Geplant waren Sitze für dem Weg gescheut hätten. Die Sprechstunde in der Praxis Allgemeinärzt:innen, Pädiater:innen und Gynäkolog:innen werde hingegen gerne angenommen, „weil die Patienten sowie Büros für das Gesundheitsamt, das Jugendamt und Erziehungsberatungsstellen. Die ursprünglichen Pläne, in ein Aldi-Bauprojekt einzuziehen, haben sich laut Falko Liecke, stellvertretender Bezirksbürgermeister und Stadtrat für Jugend und Gesundheit, jedoch zerschlagen. Begraben hat der CDU-Politiker das Projekt aber noch nicht. Er ist weiter auf der Suche nach einem Standort. Zudem gehört Neukölln zu den Bezirken, die Sozialarbeit in Kinderarztpraxen finanzieren. So bieten aktuell zwei Sozialarbeiterinnen in zwei Praxen Sprechstunden an, die kleine Patient:innen und ihre Eltern nutzen können. Mögliche Hilfs- und Unterstützungsangebote sollen die Menschen so schneller als bisher erreichen. „Meine Vision ist, dass irgend- wann alle Kinderarztpraxen, bei denen es geht, an die Sozial- arbeit angedockt werden“, sagt Liecke. Ob das klappt, hängt natürlich davon ab, „wie viel Geld wir vom Senat bekommen“. Rund 25.000 Euro würden die beiden Sozialarbeiterinnen den Bezirk Neukölln ab 2022 kosten, so Liecke. Für interpro- Maximiliane Bauer in ihrem Sprechzimmer beim Ultraschall mit fessionelle Ansätze in der Patientenversorgung müsse auf einer Patientin. Neben der Grundversorgung, Vorsorge- und Senatsebene der Wille da sein, damit Geld fließe. Liecke fürch- speziellen ärztlichen Untersuchungen, gehören unter anderem tet jedoch, dass wegen der Haushaltslöcher eher Kürzungen auch Disease-Management-Programme zu den medizinischen bei den Finanzmitteln zu erwarten sind. Leistungen der Praxis. 18
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 Seit Beginn der Pandemie ge- hören auch PCR-Abstriche zum Arbeitsalltag in der Praxis. Je nach Schwere der Symptome schließt sich eine körperliche Untersuchung an, die Daryna Kechur hier durchführt. wissen, dass wir ihnen nichts aufschwatzen. Sie kommen lieber zu uns in die Praxis, als aufs Amt zu gehen“, berichtet der Allgemeinarzt. Der Verein kann das Projekt mithilfe der Lotto-Stiftung Berlin derzeit in neun Hausarztpraxen anbieten. 1,5 Stellen für Julia Frisch Prof. Dr. med. Sozialarbeit werden für drei Jahre finanziert. Allerdings läuft Wolfram Herrmann der Förderzeitraum bereits Ende 2022 schon wieder aus. Freie Journalistin Dr. Martyna Voß vom Verein „soziale Gesundheit“ wünscht Foto: privat Foto: Baar/Charité sich, dass Angebote wie die Sozialarbeit in den Arztpraxen über den Projektstatus hinauskommen. Eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln würde sich lohnen, so Voß. Würden etwa ältere, oft einsame Berlinerinnen und Berliner früh- zeitig beraten werden, hätte dies vermutlich weniger Arzt- 4. Workshop Kiezmedizin besuche und geringere Pflegegrade zur Folge. Das Kosten- Nutzen-Verhältnis sei also sehr gut, so Voß. Für eine Debatte über Stadtmedizin und das vorge- schlagene Rahmenkonzept findet am 9. Februar 2022 In Teampraxen mit verschiedenen Professionen und starker der 4. Kiezmedizinworkshop des Instituts für Allgemein- lokaler Ausrichtung sieht auch der Versorgungsforscher medizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin statt. Wolfram Herrmann einen Lösungsansatz für städtische Anmeldungen sind ab dem 15. Dezember 2021 möglich. Versorgungsprobleme. Zudem fordert er eine systemati- sche Auseinandersetzung mit urbaner Primärversorgung Weitergehende Informationen finden Sie unter und mehr gezielte Forschung, um über die wissenschaft- → https://allgemeinmedizin.charite.de/ liche Allgemeinmedizin die Zukunft der urbanen Primär- terminankuendigungen/. versorgung mitzugestalten. ∕ 19
AUS DER KAMMER WEITERBILDUNG Gute Weiterbildung und digitale Pinnwände Bericht vom Treffen der Assistentensprecherinnen und -sprecher am 4. Oktober 2021 Videokonferenzen, Diskussionen in virtuellen Kleingruppen, Notizen auf Online- Pinnwänden: Der Zuwachs an digitaler Kompetenz während der letzten anderthalb Jahre war auch beim jüngsten Treffen der Assistentensprecher:innen offensichtlich. An einem Montagabend Anfang Oktober kamen so 17 Weiterbildungsassistent:in- nen sowie Vertreter:innen aus dem Ehren- und Hauptamt der Ärztekammer Berlin zusammen, um über organisatorische und allgemeine Fragen der Weiterbildung zu sprechen. „Wie machen wir die Weiterbildung besser, in den Kliniken Wie organisieren sich die Assistentensprecher:innen? und in den Praxen Berlins?“ Mit dieser Frage begrüßte Für die Zusammenarbeit in den Kleingruppen hatten Antje Präsident PD Dr. med. Peter Bobbert die Teilnehmenden. Koch und Silja Cronemeyer, stellvertretende Leiterin der Mit der Weiterbildungsordnung liefere die Ärztekammer Abteilung Weiterbildung / Ärztliche Berufsausübung, soge- Berlin den Rahmen der Weiterbildung. Doch dieser Rah- nannte Padlets, digitale Pinnwände, mit den wichtigsten men müsse mit Leben gefüllt werden, und zwar sowohl Fragen zur Organisation der Assistentensprecher:innen von den Weiterbildungsbefugten als auch von denen, die vorbereitet: sich weiterbilden lassen. Deshalb sei der Austausch mit den Assistentensprecher:innen so bedeutsam: Was läuft → Was sind Ihre Aufgaben als Assistentensprecher:innen? gut? Was könnte besser laufen? Die regelmäßigen Treffen → Wie sind die Rahmenbedingungen? seien wichtig, um nachjustieren zu können. → Welche Kommunikationswege nutzen Sie in Ihrer Klinik? → Vor welchen Herausforderungen stehen Sie als Assis- Dr. med. Klaus Thierse (Marburger Bund) ergänzte: tentensprecher:in in Ihrer Klinik? „Wenn Sie Fragen haben, sprechen Sie uns an. Es ist in unserem Interesse, Ihnen zu helfen.“ Neben Bobbert und Für den Austausch in den drei Teilgruppensitzungen Thierse nahmen aus den Reihen des Vorstandes Dr. med. hatten die Teilnehmenden etwa eine halbe Stunde Zeit. Klaus-Peter Spies (Allianz Berliner Ärzte – MEDI Berlin), Sie nutzten diese engagiert und bis zur letzten Minute, Dr. med. Thomas Werner (Marburger Bund), Dr. med. um von ihren Erfahrungen in den Kliniken zu berichten Kathleen Chaoui (Allianz Berliner Ärzte – MEDI Berlin), und wichtige Punkte im Padlet zu notieren. Im Anschluss Dr. med. Christian Messer (Allianz Berliner Ärzte – MEDI stellte jeweils eine Person aus jeder Kleingruppe die Berlin) und Dr. med. Laura Schaad (Marburger Bund) an „Essentials“, die Kernaussagen vor. Häufig sei es die dem Treffen teil. Aufgabe der Assistentensprecher:innen, Dienstpläne für die Assistent:innen zu erstellen und die Zusammenarbeit Die Leiterin der Abteilung Weiterbildung / Ärztliche Beruf mit anderen Abteilungen zu koordinieren, berichtete sausübung, Dr. med. Antje Koch, eröffnete nach einer eine Teilnehmerin. Ein weiterer Eindruck sei, dass der kurzen Vorstellungsrunde mit einem Blick auf die Agenda Organisationsgrad der Assistentensprecher:innen stark den inhaltlichen Teil der Veranstaltung. Die Assisten- variiere, abhängig unter anderem von der Größe der Ein- tensprecher:innen hatten sich gewünscht, das Thema richtung. Auch wie oft und in welcher Form kommuniziert „Organisation der Assistentensprecher:innen in den werde, unterscheide sich von Abteilung zu Abteilung. Der Kliniken“ zu vertiefen. Die erste Hälfte der Veranstaltung einhellige Wunsch der Teilnehmenden: mehr Transparenz diente denn auch dem organisierten Austausch zu diesem und eine bessere Vernetzung untereinander. Auch sei es Thema in Kleingruppen; in der zweiten Hälfte blieb Zeit für wichtig, verlässlich in Besprechungen der Klinikleitung die Beantwortung der vorab zugesandten Fragen. eingebunden zu werden. 20
BERLINER ÄRZT:INNEN AUSGABE 11 / 2021 Eine Teilnehmerin brachte die Frage ein, wie Assistenten- der Weiterzubildende bestimmte Fähigkeiten erworben sprecher:innen die eigene Position stärken können. Hilf- hat, nicht dass sie oder er eine bestimmte Anzahl an reich seien Strukturen, auf die man sich berufen könne. Weiterbildungsinhalten absolviert hat: „Das ist ein Para- Eine Idee dazu formulierte Schaad: „Ein Leitfaden könnte digmenwechsel und der entscheidende Unterschied zum Orientierung liefern – für die Assistentensprecher:innen, bisherigen Vorgehen.“ aber auch für die Klinikleitung. Darin könnten mögliche Aufgaben, Kompetenzen und Kommunikationswege Weitere Fragen aus dem Kreis der Teilnehmenden be- beschrieben werden.“ Werner unterstützte den Ansatz: zogen sich auf die Anerkennung von wissenschaftlichem „Bestimmte Ämter in den Kliniken sind nicht definiert. Arbeiten auf die Weiterbildung (Koch: „Lassen Sie sich ein Ein gemeinsam erarbeitetes Papier, nicht von der Ärzte- detailliertes Zeugnis geben!“), auf die Rettungsstellen- kammer, sondern von den Assistentensprecher:innen, rotation („Es müssen sechs Monate am Stück absolviert kann da ein Anfang sein.“ Die Ärztekammer Berlin könne werden.“) und auf Rügemöglichkeiten bei stockender koordinieren und bei der Kommunikation unterstützen. Weiterbildung („Wenn Sie einen Grund sehen, sich zu beschweren, dann beschweren Sie sich. Wir können die Wartezeiten, Weiterbildungsordnung und Qualität der Weiterbildung nur so gut überprüfen, wie wir Anerkennung wissenschaftlicher Tätigkeiten darüber informiert sind, wenn etwas nicht gut läuft.“). Im zweiten Teil der Veranstaltung beantworteten Koch In diesem Zusammenhang wies Thierse auf das Angebot und die Mitglieder des Vorstandes die vorab gestellten des Ombudsmannes der Ärztekammer Berlin hin. Fragen der Teilnehmenden, etwa zu den Wartezeiten auf Facharztprüfungen. Laut Koch sei nicht der Termin selbst Schließlich verabschiedete Koch die Teilnehmenden mit das Problem, allerdings nehme die Bearbeitung der An- Dank für die lebendige Zusammenarbeit in den Klein- träge viel Zeit in Anspruch. Oft müssten auch Unterlagen gruppen und den konstruktiven Austausch. Das nächste nachgefordert werden. Häufig nachgefragt wurde im Treffen findet am 21. Februar 2022 statt. ∕ Vorfeld auch, ab wann die neue Weiterbildungsordnung (WBO) in Kraft tritt. Nach der Verabschiedung durch die Delegiertenversammlung am 22. September liege der Ball nun bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung (SenGPG), so Koch. Sie erhoffe sich eine Genehmigung im ersten Halbjahr 2022 – dann könne auch das neue eLogbuch aktiviert werden. Iris Hilgemeier Auf die Frage, wie nach der neuen WBO Kompetenzen Referentin für Kommunikation definiert und abgefragt werden, ging Thierse ein: „Wir Abteilung Digitalisierung / Kommunikation, wollten weg von den Zahlen und Zeiten.“ Im Kern beschei- Ärztekammer Berlin nige der Weiterbildungsbefugte zukünftig, dass die oder Foto: privat Veranstaltungen Train the Trainer-Seminare 1,5-tägiges Fortbildungsseminar für Weiterbildungsbefugte, die Befugtenseminare sich formal und didaktisch in Bezug auf die Weiterbildung fort- bilden möchten. Die Seminare finden in Präsenz bzw. alternativ 1-stündiges Seminar für Neubefugte online statt. und Interessierte. Die Seminare finden in Präsenz bzw. alternativ online statt. Termine: Ambulant Fr., 05.11.2021 von 15–19 Uhr Termine: Mi., 01.12.2021 (online) Sa., 06.11.2021 von 9–15 Uhr Mi., 19.01.2022 Anmeldung: → kw-allgemeinmedizin.berlin → Train the Mi., 27.04.2022 Trainer-Seminare für Weiterbildungs befugte Mi., 24.08.2022 Mi., 30.11.2022 Stationär Fr., 26.11.2021 von 15–19 Uhr Zeit: 18–19 Uhr Sa., 27.11.2021 von 9–15 Uhr Anmeldung: E befugtenseminare@aekb.de Anmeldung: E befugtenseminare@aekb.de 21
AUS DER KAMMER MEDIZINISCHE FACHANGESTELLTE Ausbildungsplatzbörse der Weiterqualifizierung durch Fortbildung Ärztekammer Berlin Nicht-ärztliche:r Praxisassistent:in – Refresher 2021 Sie suchen eine:n Auszubildende:n? Die Ärztekammer Berlin bietet 2021 weitere Fortbildungskurse Auf der Ausbildungsplatzbörse der Ärztekammer Berlin für Medi- „Nicht-ärztliche:r Praxisassistent:in – Refresher“ entsprechend zinische Fachangestellte können Sie Ihr Ausbildungsplatzangebot der Delegationsvereinbarung zwischen den Krankenkassen und kostenfrei inserieren. den Kassenärztlichen Vereinigungen an. Sie haben die Möglichkeit, Ihre Anzeige auf unserer Website Termin: Aktuelle Termine entnehmen Sie bitte unter → www.aekb.de/mfa mithilfe eines Eingabeformulars unserer Website. aufzugeben. Umfang: 16 Stunden Nach Prüfung wird Ihre Anzeige veröffentlicht. Anmeldeunterlagen sowie weiterführende Informationen Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Website sowie finden Sie auf unserer Website. Gerne geben wir Ihnen unter unter T 030 408 06 - 26 26. T 030 408 06 - 26 36 Auskunft. Stellenbörse der Weiterqualifizierung durch Fortbildung Ärztekammer Berlin für Nicht-ärztliche:r Praxisassistent:in 2022 Medizinisches Assistenzpersonal Die Ärztekammer Berlin plant, im kommenden Jahr einen weite- ren Fortbildungskurs „Nicht-ärztliche:r Praxisassistent:in“ Sie suchen medizinisches Assistenzpersonal? nach dem Curriculum der Bundesärztekammer anzubieten. Unsere Stellenbörse für ausgelerntes medizinisches Assistenzper- Der Fortbildungskurs richtet sich an hausärztlich und fachärztlich sonal richtet sich an Kammermitglieder in eigener Niederlassung. berufserfahrenes Assistenzpersonal und entspricht den Vorgaben der zwischen den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Ver- Auf unserer Website haben Sie als Kammermitglied die Möglich- einigungen getroffenen Delegationsvereinbarung. keit, kostenfrei eine Anzeige für eine freie Arbeitsstelle in Ihrer Niederlassung aufzugeben. Die Kursveranstaltung findet in den Räumen der Ärztekammer Berlin, Friedrichstraße 16 in 10969 Berlin statt. Die Anmeldeunter- Das entsprechende Formular sowie weitere Informationen finden lagen sowie weiterführende Informationen werden demnächst Sie unter → www.aekb.de/mfa. auf unserer Website eingestellt. Die Zahl der Teilnehmenden ist begrenzt, gerne können Sie sich bereits jetzt vormerken lassen: E medf@aekb.de oder T 030 408 06 - 26 36. Förderprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ Ihre Meinung ist uns wichtig! Informieren Sie sich, ob Ihr aktuelles Ausbildungsplatzangebot förderfähig ist. Gerne möchten wir unser Qualifizierungs- und Fortbildungsange- Das Förderprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ unterstützt bot für Medizinische Fachangestellte (MFA) und Arzthelfer:innen kleine und mittlere Unternehmen, die von der Corona-Krise in noch stärker am Praxisalltag ausrichten. erheblichem Umfang getroffen sind und dennoch ihr Ausbildungs niveau halten oder erhöhen. Wir freuen uns daher sehr, wenn Sie sich einen Moment Zeit für die Beantwortung der folgenden Fragen nehmen: Die Umsetzung erfolgt durch die Bundesagentur für Arbeit. 1. Welche Themen sind als Fortbildung für Medizinische Fachange- Die Antragsunterlagen sowie weitere Informationen erhalten stellte besonders wichtig und interessant? Sie auf der Seite der Bundesagentur für Arbeit. Fragen richten 2. Welchen zeitlichen Umfang sollte eine Fortbildung idealerweise Sie gerne an die Hotline des Arbeitgeber-Service unter haben? 0800 455 55 20 (gebührenfrei). 3. Welche Wochentage sind für eine Fortbildungsveranstaltung besonders geeignet? Auf unserer Website → www.aekb.de/mfa finden Sie unter „Aktuelle Informationen“ Verlinkungen zu allen wichtigen Seiten, Bitte senden Sie Ihre Ideen und Vorschläge an: E medf@aekb.de. die das Förderprogramm betreffen. Vielen Dank! 22
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