CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
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Triesdorfer CHRONIK 25 Jahre Umweltsicherung Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 – 2018 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung I
Inhalt Inhaltsverzeichnis Seite Grußworte Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V. .....................................1 Grußworte der Hochschulleitung Vizepräsidentin Professorin Dr. Sabine Homann-Wenig..................................2 Grußworte des Dekans Professor Dr. habil. Michael Rudner............................................................3 Entstehung und Entwicklung des Studiengangs Umweltsicherung...................4 Geobotanik: Biodiversität in der Kulturlandschaft.........................................7 Einsatz von Geo-Informationssystemen im Masterstudiengang UT..................8 Gewässerökologische Exkursion der HSWT ins Oberrheingebiet......................9 Vorstellung des Lehrgebietes Gewässerkunde / Gewässerökologie / Wasserwirtschaft................................................................................... 11 Die Sorptivität von Böden....................................................................... 12 Kapillare Filmbewässerung zur Steigerung der Wassernutzungseffizienz von Pflanzen......................................................................................... 13 Nachweis von Säugetieren in der Gemarkung Weidenbach: Ergebnis bei „klassischer Vorgehensweise”.................................................................. 13 DNA-Barcoding...................................................................................... 14 Biologische Methanisierung auf Hausmülldeponien..................................... 16 Mikrobielle Karbonisierung...................................................................... 17 Nitratgehalte an Triesdorfer Sickerwasser-Messstelle unter studentischer Beobachtung........................................................................................ 18 Spurenanalytik von Cadmium, Molybdän und Blei aus standardisierten Graskulturen auf Grundlage der VDI-Richtlinie 3957 Blatt 2 mittels Atom- absorptions-Spektrometrie...................................................................... 20 Transalpine Mobilität und Kulturtransfer - Bestimmung von Strontium und Blei in archäologischen Zahn- und Knochenproben mit Hilfe der Atom- emmissions- und Atomabsorptions-Spektrometrie...................................... 21 Digitalisierung selbst erarbeiten: Sensoren, Cloud und Mikrocontroller.......... 22 Erfahrungsaustausch „Große Kläranlagen” des DWA-Landesverband Bayern.. 24 Solare Trocknung in einem Weiterbildungsprojekt für Afrika......................... 25 Einsatz von Brennwerttechnik bei biogenen Festbrennstoffen....................... 27 Jenni-Sonnenhäuser mit Einbindung in ein Micro-Nahwärmenetz in Weißenburg....................................................................................... 29 Windturbinen: Hardware-in-the-loop (HIL) Generator und Biegeprüfstände... 31 Erneuerbare Energien als Grundbaustein für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem................................................................................. 34 Stromgestehungskosten Erneuerbarer Energien: Zunehmend wettbewerbsfähig................................................................. 40 Impressionen von der Eröffnung des Studiengangs 1993............................ 42 Zuletzt................................................................................................. 43 Impressum........................................................................................... 45
Grussworte Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V. 25 Jahre Umweltsicherung Liebe Leserinnen und Leser, die Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V. (Alumniverband und Förderverein) freut sich ganz besonders, dass der Studiengang Umwelt- sicherung inzwischen seit 25 Jahren in Triesdorf angeboten wird und sich an der „Grünen Hoch- schule” fest etabliert hat. Deshalb waren wir als Absolventenverband gerne bereit, in Zusammen- arbeit mit der Fakultät Umweltingenieurwesen diese Sonderbeilage herauszugeben, die Ihnen die Entwicklung der Fakultät und deren wissen- schaftliche Arbeitsfelder aufzeigen möchte. Mit der Einrichtung des neuen Studienganges Umweltsicherung - Boden und Wasser hat die FH Weihenstephan 1993 erstmals die alleinige Ori- V.l. Geschäftsführerin Gabriele Sichler-Stadler und entierung auf die Landwirtschaft verlassen und Vorsitzende Susanne Gast Foto: privat sich zwei Bereichen zugewandt, die trotzdem eng mit der Landwirtschaft verbunden sind. Die He- Wir gratulieren dem Studiengang Umweltsiche- rausforderung damals bestand darin, dass eine rung und wünschen ihm auch in Zukunft viele möglichst enge Verzahnung zwischen der Aus- wissbegierige „Umsis” (Studenten der Umwelt- bildung und den offenen Fragen der regionalen sicherung), die sich in Triesdorf wohl fühlen und Wirtschaft gelingt. Ziel war es, umweltrelevante in unserem Absolventenverband der Vereinigung Themen neben die Lebensmittel- und Rohstoff- Ehemaliger Triesdorfer ein Bindeglied zu ihrem produktion zu stellen. Dass dies gelungen ist, Hochschulstandort erkennen. Einer weiteren zeigen die Entwicklung der Fakultät Umweltin- Zusammenarbeit mit allen Studiengängen der genieurwesen und der Studiengang Umweltsi- Fakultät Umweltingenieurwesen (UT) sehen wir cherung in seiner Einzigartigkeit in besonderem mit Freude entgegen. Maße. Herzlichen Dank allen Professoren/innen, Triesdorf im Oktober 2018 Dozenten/innen und Mitarbeiter/innen der HSWT. Sie haben maßgeblich zu diesem Erfolg beige- Susanne Gast, Vorsitzende tragen. Gabriele Sichler-Stadler, Geschäftsführerin Logo VET-Newsletter HSWT Triesdorfer Hütte Foto: Carolin Dommel Foto: Carolin Büttner Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1
Grussworte Vizepräsidentin Prof. Dr. Sabine Homann-Wenig 25 Jahre Umweltsicherung Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, feiern konnte, und der Studiengang Wasser- technologie, der dieses Jubiläum im kommen- die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf steht den Jahr begehen wird. Und seit Frühjahr 2017 mit ihrem bayernweit (und auch darüber hinaus) haben unsere Absolventinnen und Absolventen einzigartigen Fächerspektrum für die angewand- zudem die Möglichkeit, direkt hier bei uns den ten Lebenswissenschaften und die „grünen” Master-Studiengang Umweltingenieurwesen Technologien. Hier am Campus in Triesdorf anzuschließen. besteht seit nunmehr 25 Jahren ein sehr erfolg- reicher Studiengang, der sich die Erhaltung und Wenn wir heute auf eine erfolgreiche Entwicklung den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundla- der Fakultät Umweltingenieurwesen am Campus gen zur Aufgabe gemacht hat: der Studiengang Triesdorf zurückblicken, dann ist dies zugleich Umweltsicherung. Zu uns kommen junge Men- auch ein Blick in die Zukunft. Es ist ein Blick in schen, die sich für Natur und Artenvielfalt, für eine Zukunft, die für uns zahlreiche Herausforde- Ökologie und Nachhaltigkeit interessieren – und rungen und Chancen bereithält. Nie zuvor waren die sich als Ingenieurinnen und Ingenieure den die Fragen von Klimaschutz und nachhaltiger Herausforderungen unserer Zeit stellen wollen. Ressourcennutzung, die Fragen nach der Erhal- tung unserer natürlichen Lebensgrundlagen so Dabei hat sich das Konzept eines thematisch drängend – und in der öffentlichen Wahrnehmung breit angelegten, aber konsequent natur- und so präsent – wie heute. Und gerade die räumliche ingenieurwissenschaftlich aufgebauten Stu- Nähe zur Fakultät Landwirtschaft, Lebensmittel diums bewährt. Unsere Absolventinnen und und Ernährung hier am Campus bietet zusätzli- Absolventen sind befähigt, unterschiedlichste che Chancen zum konstruktiven Dialog. Längst Tätigkeitsfelder – von der Abfallwirtschaft über sind Umweltschutz und landwirtschaftliche Nut- den Bodenschutz und die Altlastensanierung bis zung keine Gegensätze mehr, sondern Themen, hin zur Umweltplanung und zum betrieblichen an denen wir gemeinsam und fachübergreifend Umweltschutz – abzudecken. Von Arbeitgebern arbeiten. besonders geschätzt wird die Praxisnähe des Stu- diums in Triesdorf. Unsere Absolventen arbeiten Umso mehr freue ich mich, dass wir Ihnen mit heute in Behörden, Unternehmen und Ingenieur- diesem Heft Einblick geben können in die The- büros, einige sind den Weg in wissenschaftliche men, die die Fakultät Umweltingenieurwesen Forschungsinstitute gegangen, manche leben beschäftigen! und arbeiten heute im Ausland. Triesdorf im Oktober 2018 Innerhalb der Fakultät haben sich in den letzten Jahren konsequenterweise zwei weitere, nah Prof. Dr. Sabine Homann-Wenig verwandte Bachelorstudiengänge etabliert: der Vizepräsidentin Studium und Weiterbildung Studiengang Technologie Erneuerbarer Energien, der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf der in diesem Herbst sein 10jähriges Bestehen 2 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Grussworte Dekan Prof. Dr. habil. Michael Rudner 25 Jahre Umweltsicherung Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, ist die Kooperation mit der Landwirtschaft un- erlässlich. Projekte wie „Raum für Vielfalt” oder der Klimawandel, die Energiewende, die Qualität „Schnittmuster ‒ Mahdmosaik” und „Vielfalt in des Grundwassers und der Biodiversitätsver- einer grünlanddominierten Landschaft” haben lust haben die politische Diskussion der letzten einen sehr engen Bezug zur Landwirtschaft und Jahre geprägt. Losgelöst vom tagesaktuellen werden von den Kollegen der Fakultät Landwirt- Geschehen befasst sich die Fakultät Umwelt- schaft, Lebensmittel und Ernährung (LT) mit ingenieurwesen (UT) der Hochschule Weihen- entwickelt und begleitet. stephan-Triesdorf seit vielen Jahren mit diesem Themenbereich mit dem Ziel junge Menschen Unsere Themen reichen von der Wertschöp- so auszubilden, dass sie für die Probleme, die fungskette (z.B. effiziente Bewässerung, So- auf unsere Gesellschaft zukommen, nachhaltige lartrocknung) über Regelprozesse in der Umwelt Lösungen ausarbeiten können. (Sorptivität von Böden, Nitrat im Sickerwasser) bis zur Umsetzung Europäischer Richtlinien Zwei Jubiläen standen im Jahr 2018 an – 25 (Wasserrahmenrichtlinie). Energieeffizienz und Jahre Studiengang Umweltsicherung und 10 nachhaltige Energieversorgung sind weitere Jahre Studiengang Technologie Erneuerbarer bedeutende Themenfelder, z.B. Kraft-Wärme- Energien. Das dritte Jubiläum feiern wir 2019 (Kälte-)Kopplung, Brennwerttechnik für biogene mit 10 Jahren Studiengang Wassertechnologie. Festbrennstoffe, mikrobielle Karbonisierung, In- Die ersten Absolventen des Master-Studiengangs telligente (Micro-)Wärmenetze oder der Sektor- Umweltingenieurwesen, der sich für alle drei Kopplung im Fokus der Ressourcenschonung. Bachelor-Studiengänge als Fortsetzung eignet, Mit der Entwicklung neuer Methoden und ihrer wurden ebenfalls 2018 ins Berufsleben entlas- Anwendung in der Lehre bleiben wir stets an der sen. In allen Studiengängen der Fakultät UT aktuellen Entwicklung im Fachbereich (z.B. DNA- wird Ökologie groß geschrieben, ohne dass die Barcoding, Digitalisierung in der Messtechnik). Technik zu kurz käme. Ich freue mich, Ihnen mit dem vorliegenden Heft Und so lautet unser Wahlspruch „Umwelt und eine aktuelle Übersicht zu den Aktivitäten der Technik im Einklang”. Fakultät UT vorlegen zu können. Ich möchte da- her der Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V. In den letzten beiden Jahren haben wir den Di- (VET) meinen aufrichtigen Dank aussprechen alog mit der Landwirtschaft intensiviert. Im Be- für die intensive und tatkräftige Unterstützung reich der nachhaltigen Ressourcennutzung bieten von der ersten Idee bis zur Umsetzung des The- sich viele Berührungspunkte, ob Bewässerung, menheftes. Ohne die Vereinigung wäre dies nicht Bioenergie oder Biodiversität, um nur einige zu möglich gewesen. nennen. Wir wollen die Stärken, die der Standort Triesdorf bietet, nutzen und gemeinsam mit den Triesdorf im Oktober 2018 Landwirten Wege finden, Natur und Umwelt den nötigen Raum für eine nachhaltige Entwicklung Prof. Dr. habil. Michael Rudner zu geben. Diese Entwicklung soll nicht auf iso- lierte Schutzgebiete beschränkt sein, sondern in Dekan der Fakultät Umweltingenieurwesen der Kulturlandschaft insgesamt ablaufen. Dazu Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 3
Entstehung und Entwicklung des Studiengangs 25 Jahre Umweltsicherung Umweltsicherung Prof. Dr. Rainer Hartmann, Lehrgebiet Chemie Im Oktober 1993 fiel der Startschuss für den ers- ten Jahrgang des Studiengangs Umweltsicherung mit einer feierlichen Eröffnung durch den dama- ligen Bayerischen Staatsministers für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst Hans Zehetmair im Beisein von Präsident Prof. Dr. Josef Herz der Fachhochschule Weihenstephan und vielen Eh- rengästen. Damit war die Umweltsicherung nach einer „Trächtigkeitsdauer” von über vier Jahren und mit vielen Komplikationen endlich geboren. Zunächst möchte ich von 1993 noch etwas weiter zurückgehen. Der Hochschulstandort Triesdorf, der in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts mehrfach auf der Kippe stand, war nach einem Beschluss des Bayerischen Landtags 1978 zu- Abb.1: Staatsminister Hans Zehetmair im Gespräch mit nächst einmal gesichert. Ab Mitte der 80er Jahre Studenten des neuen Studiengangs Foto: J. Albright wurde aber klar, dass Triesdorf auf Dauer nicht mit nur einem Studiengang, dem der Landwirt- Groningen in den Niederlanden geknüpft. Beide schaft überleben konnte. 1984/85 entstand das Standorte boten schon seit längerem erfolgrei- Studienangebot Vieh- und Fleischwirtschaft, zu- che Studiengänge im Bereich Umweltschutz an. nächst als Schwerpunkt, später als Studienrich- Die Kontakte erwiesen sich als sehr hilfreich. Im tung, der aber von den Studentenzahlen nie für Laufe des Wintersemesters 1989/90 war dann einen entscheidenden Zuwachs sorgen konnte. ein Konzept für einen Studiengang Umweltsiche- Die Idee, einen Studiengang Fischereibiologie zu rung mit den drei Säulen Ökologie, Ökonomie, entwickeln, wurde nicht weiter verfolgt. Ebenso Technik entstanden, das sehr modern war, weil gelang es damals nicht, einen Studiengang im hier schon das Fächerangebot in Form von Mo- Bereich Ernährung einzuführen. Die Anzahl der dulfächern geplant war. Studierenden betrug Mitte der 80er Jahre etwa Um die Akzeptanz des Studiengangs bei zu- 350 und die Zahl der Professoren und Mitarbeiter künftigen Arbeitgebern zu erkunden, wurde lag bei 20. Heute liegt die Zahl der Studieren- im Mai 1990 eine Anhörung mit Vertretern aus den bei über 2.100 und die der Professoren und Mitarbeiter bei über 320. Wissenschaft, Verwaltung und Industrie zu dem geplanten Studiengang durchgeführt. Das Echo Doch zurück zur Umweltsicherung: Die „Urzeu- war überwiegend positiv. Allerdings wurde die- gung” des Studiengangs fand mehr als 3.000 km ses Studiengangskonzept nicht von allen Seiten entfernt auf der Kanareninsel Gomera im Februar wohlwollend betrachtet. Die FH Nürnberg sah 1989 statt. Ein Professor machte dort mit seiner darin Konkurrenz zu ihrem Studienangebot im Frau Wanderferien in der vorlesungsfreien Zeit. Bereich der Umweltökonomie und dem FB Lan- In einer etwas schlaflosen Nacht kam ihm die despflege in Freising war der ökologische Teil Idee, einen Studiengang im Bereich Umwelt- zu stark vertreten. Im Sommersemester 1991 schutz, Umweltchemie mit Umweltanalytik zu beschloss der Senat der Fachhochschule Weihen- entwickeln. Zurück in Triesdorf diskutierte er stephan die Studienordnung für einen Studien- die Idee mit Professor Dr. P. Miotk. Die beiden gang Umweltsicherung mit den Schwerpunkten entwickelten dann ein erstes Konzept für einen Umweltmanagement und Umwelttechnologie Studiengang Umweltschutz und stellten es im mit gestutzten ökologischen Flügeln. Dieser Fachbereich (FB) – heute Fakultät – vor. Eine Studiengang wurde vom Ministerium auf Emp- Arbeitsgruppe mit den Professoren Dr. W. Feige, fehlung seines wissenschaftlichen Beirats mit Dr. F. Gückel, Dr. R. Hartmann, Dr. P. Miotk, Dr. der Begründung „zu breit gefächert” abgelehnt. O. Seibert und Dr. H. Ströbel (alle inzwischen im Man befürchtete die Ausbildung von „Universal- Ruhestand) machte sich daraufhin an die Arbeit. Dilettanten” statt Umweltspezialisten. Außerdem Dabei wurden auch Kontakte nach Bingen und werde die Umweltökonomie schon in Nürnberg 4 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
angeboten. Grundsätzlich begrüßte der Beirat zügig besetzt werden. Als erster der neu zu beru- 25 Jahre Umweltsicherung einen zweiten Studiengang mit der Ausrichtung fenden Professoren konnte Prof. Dr. W. Ruck für Umweltsicherung. In Triesdorf solle jedoch etwas das Lehrgebiet „Chemie und Umweltanalytik” zu entwickelt werden, was aus dem Mutterstudien- Beginn des Wintersemesters 1993/94 sein Amt gang Landwirtschaft hervorginge und die Berei- antreten. Mit Prof. Dr. U. Asmus für das Lehrge- che Boden und Wasser stärker berücksichtige. biet „Geobotanik und Vegetationskunde” erhielt der neue Studiengang weitere Verstärkung. Zum Für den FB in Triesdorf bedeutete diese Entschei- Wintersemester 1994/95 wurde mit Prof. Dr. A. dung eine Zäsur, die die weitere Zusammenarbeit Bittner - Lehrgebiet „Verfahrenstechnik” auch der im FB stark belastete. Während bis dahin der umwelttechnische Bereich besetzt werden. Mit gesamte Fachbereich an einem Strang gegen Prof. Dr. A. Alf für das Lehrgebiet „Hydrologie und äußere Widerstände in die gleiche Richtung ge- Gewässerschutz” sowie Prof. Dr. W. Pyka für das zogen hatte, änderte sich das nun: Es gab zwar Lehrgebiet „Bodentechnologie und Bodenschutz” noch immer einen Strick, aber es wurde nun in wurden zum Sommersemester 1995 die Fächer unterschiedliche Richtungen gezogen. Obwohl es der Schwerpunkte Boden und Wasser abgedeckt. nach dem Votum des Beirats kaum eine Chance Nach dem Wechsel von Prof. Dr. W. Ruck an die für ein Konzept mit starken umweltökonomischen Universität Lüneburg Mitte 1997 konnte Prof. Anteilen gab, mochten einige Kollegen nicht da- Dr. R. Huth zum Wintersemester 1997/98 für von lassen. So entstanden zwei neue Konzepte: das Lehrgebiet „Chemie und Umweltanalytik” „Umweltsicherung – Boden, Wasser, Abfall” auf gewonnen werden. der einen und „Umweltmanagement” auf der anderen Seite. Wie zu erwarten, sprach sich der wissenschaft- liche Beirat einstimmig für einen Studiengang „Umweltsicherung – Boden, Wasser, Abfall” aus und bot dabei seine Mithilfe an. Auf dieser Basis wurde schließlich der Studiengang Um- weltsicherung – Boden und Wasser konzipiert. Für die Entwicklung wurden auch Kontakte zur Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich sowie zur Geoökologie an der Uni Bay- reuth genutzt. Hierbei haben sich besonders die Kollegen Miotk und Feige, der damals die Boden- kunde vertrat, stark engagiert. Der Schwerpunkt Abfall kam erst später hinzu. Nach seiner Genehmigung durch das Ministerium Anfang des Jahres 1993 konnte der neue Stu- Abb. 2: Die Mitglieder des neuen Fachbereichs diengang im Wintersemester 1993/94 endlich Umweltsicherung Foto: HSWT beginnen. Bei der Unterstützung für den Studi- engang sind besonders der Bezirk Mittelfranken Der schon von Beginn an vorgesehene Schwer- und sein damaliger Kurator für Triesdorf, der punkt Abfall wurde schließlich zum Wintersemes- spätere Landtags- und Bundestagsabgeordnete ter 1996/97 eingeführt. Bis zur Berufung von Josef Göppel besonders hervorzuheben. Er sorg- Prof. Dr. G. Lautenschlager für das Lehrgebiet te immer für Rückenwind für die Umweltsiche- „Abfallwirtschaft” im Wintersemester 1998/99 rung und letztlich hat der Bezirk Mittelfranken musste der Schwerpunkt durch Lehrbeauftragte durch die Vorfinanzierung nötiger Baumaßnah- vertreten werden. Schließlich wurde auch der men (A-Gebäude) den Beginn des Studiums im offizielle Name des Studiengangs vereinfacht, Wintersemester 1993/94 dann erst ermöglicht. von „Umweltsicherung – Boden und Wasser” zur „Umweltsicherung”. Aufbauphase von 1993 – 1998 60 Studierende gehörten dann aus 545 Bewer- Dank der Vorfinanzierung durch den Bezirk bungen zu den Auserwählten, die als Pioniere Mittelfranken erfolgte der Um- und Ausbau der im neuen Studiengang zum Wintersemester FH-Abteilung Triesdorf für den Studiengang 1993/94 starten konnten. Nun mussten die ent- Umweltsicherung in den Jahren 1994 bis 1997 sprechenden Professoren- und Mitarbeiterstellen relativ zügig. Mit der Fertigstellung des Techni- Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 5
kums (im Gebäude B) 1998 verfügte nun auch • Für die Studierenden bedeutete es 25 Jahre Umweltsicherung die Verfahrenstechnik über geeignete Räume für noch mehr Wahlfreiheit, eine geringere die notwendigen Praktika. Präsensstundenzahl an der Hochschule und mehr Zeit für eigenes Vor- und Etablierung eines eigenen Fachbereichs Nachbereiten der Vorlesungen. Ein wichtiger Schritt für die weitere Entwicklung Nach der Umstellung vom Diplom- zum Bache- des Studienganges war die Bildung eines eige- lorstudium bekam die Umweltsicherung nun nen Fachbereichs im Sommersemester 2001; ihrerseits Zuwachs. Im Wintersemester 2008/09 die erste Studienreform zum Wintersemester starteten der Bachelorstudiengang „Technologie 01/02 folgte. Erneuerbarer Energien” und ein Jahr später der Neben den sechs für den Studiengang berufenen Bachelorstudiengang „Wassertechnologie”. Zum Professoren schlossen sich auch die Professoren Wintersemester 2009/2010 wurde dann die Dr. R. Hartmann und Dr. P. Miotk dem neuen Fakultät Umweltsicherung dem entsprechend in Fachbereich an, da ihre Lehrtätigkeiten überwie- Umweltingenieurwesen umbenannt. Im Som- gend im Studiengang Umweltsicherung lagen. mersemester 2010 kam ein Master-Studiengang Die Arbeit in der kleineren Einheit des neuen Energiemanagement und Energietechnik – eine Fachbereichs erwies sich als deutlich effektiver. Kooperation mit der Hochschule Ansbach und der Durch die einheitlichere Interessenlage konnte TH Nürnberg – hinzu. Seit dem Sommersemester die weitere Entwicklung zügiger durchgeführt 2017 bietet die Fakultät Umweltingenieurwesen werden. nun einen eigenen Masterstudiengang „Umwelt- ingenieurwesen” an. In diesem Zusammenhang Die Studienreform 2001/2002 erbrachte folgen- wurden auch die drei Bachelorstudiengänge einer de Veränderungen: ersten Reform unterzogen. • Fächer, die zu den Schwerpunkten Abfall, Boden und Wasser führten, wurden ver- Das Personalkarussell hat sich in dieser Zeit stärkt auch schon im Grundstudium und im ebenfalls weiter gedreht. Die Lehrgebiete Or- mittleren Studienabschnitt angeboten ganische Chemie, Biochemie und Mikrobiologie • Die Pflichtfächer wurden zu Gunsten von werden seit Wintersemester 2006/07 von Frau Wahlpflichtfächern reduziert Prof. Dr. H. Rosenthal vertreten. Frau Prof. Dr. S. • Die Projektstudien des letzten Studien- Homann-Wenig wurde für den Bereich der Wirt- abschnitts wurden als eigenes Fach schaftswissenschaften berufen. Zusätzlich wurde ausgewiesen, um ihre Bedeutung noch für die neuen Studiengänge und damit auch stärker herauszustellen mehr Studierende natürlich wieder Verstärkun- • Im letzten Studienabschnitt gab es nur gen benötigt: die Professoren Dr.-Ing. Dr. phil. noch Schwerpunkte und Unterschwer- B. Ehrmaier, Dr.-Ing. N. Huber, Dr. St. Schädlich punkte und Dr.-Ing. R. M. Schaidhauf für den Bereich der „Technologie Erneuerbarer Energien” und für die Insgesamt wurde den Studierenden mit dieser „Wassertechnologie” die Professoren Dr. O. Christ Reform ermöglicht, stärker ihr eigenes Studien- und Dr. F. Kolb. Durch diese Verstärkung konnte profil zu entwickeln. auch das Lehrangebot in der Umweltsicherung weiter ausgebaut werden. Mit Bologna zu weiteren Studienangeboten Inzwischen befinden sich die ersten bereits der Der Bologna-Prozess verschonte auch die vor über 20 Jahren berufenen Professoren im Hochschule Weihenstephan-Triesdorf nicht. Im wohlverdienten Ruhestand. Seit Wintersemester Wintersemester 2008/09 begann so der erste 2013/14 werden die Lehrgebiete von Prof. Dr. U. Bachelor-Jahrgang. Asmus von Prof. Dr. habil. M. Rudner vertreten, die von Prof. Dr. A. Alf seit Sommersemester Was bedeutete nun diese Umstellung? 2014 von Prof. Dr. A. Hoffmann. Auch die Ökolo- • Das Studium wurde von 8 Semestern im Di- gie hat mit Prof. Dr. M. Döring ein neues Gesicht. plomstudiengang auf 7 Semester umgestellt, Der Generationswechsel ist also in vollem Gange. wobei ein Praxissemester entfiel. • Es wurde nicht mehr mit Semesterwochen- Mit der Fertigstellung des aktuell letzten Bau- stunden (SWS), sondern in Kreditpunkten abschnitts (Gebäude E) im Ausbau des Campus gerechnet, wobei vier SWS meistens fünf Triesdorf im Jahre 2013 hat auch die Umweltsi- Kreditpunkte ergaben. cherung neue moderne Laborräume, ein zweites 6 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Technikum und Hörsäle erhalten, was zu einer Bestehens als Erfolgsmodell erwiesen, sowohl 25 Jahre Umweltsicherung weiteren Verbesserung der Studienbedingungen was das Interesse bei den Studierenden angeht beitrug. Insgesamt gesehen, hat sich der Studi- als auch was die Nachfrage bei den Arbeitgebern engang Umweltsicherung in den 25 Jahren seines betrifft. Geobotanik: Biodiversität in der Kulturlandschaft Prof. Dr. habil. Michael Rudner, Geobotanik Geobotanik zählt mit der Tierökologie und der gen unterschiedlicher Hersteller so gut wie keine Gewässerkunde zu den drei ökologisch ausge- Samen im Boden keimfähig erhalten bleiben. Bei richteten Professuren am Campus Triesdorf. In mehrjährigen Blühmischungen wurde gezeigt, der Lehre wird der Bereich der Botanik über dass sich die Bestände in Abhängigkeit von den die Vegetationskunde bis zur Umweltplanung Bodenverhältnissen sehr unterschiedlich entwi- abgedeckt. Die Forschungsprojekte drehen sich ckeln. Grundlage für unsere Analysen sind eigene um die Biodiversität und ihre Verteilung in der Erhebungen im Freiland zusammen mit vorhan- Landschaft. Bachelorarbeiten ziehen einen Bo- denen Kartenwerken und Luftbildauswertungen. gen vom Monitoring von Ausgleichsmaßnahmen Nachweise werden i.d.R. statistisch abgesichert. (hier v.a. Grünlandrenaturierung) über den Einfluss der Gewinnung erneuerbarer Energien Die Biodiversität in der Kulturlandschaft mit ihren (PV-Anlagen, Niederwald, KUP) bis zu Blühmi- verschiedenen Facetten ist unser Hauptanliegen. schungen und Ackerwildkräutern. So konnten wir Wir suchen hier den Dialog mit Landwirten, feststellen, dass von einjährigen Blühmischun- Kommunen, Wasserzweckverbände und Planern. Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 7
Einsatz von Geo‐Informationssystemen 25 Jahre Umweltsicherung im Masterstudiengang UT Prof. Dr. habil. Michael Rudner, Geobotanik und Landschaftsplanung Im Bereich Umweltmonitoring gewinnt der ein aktuelles Luftbild herangezogen. In einem Einsatz von Geo-Informationssystemen (GIS) ersten Schritt kann daraus eine Vegetationskarte zur raumbezogenen Datenhaltung sowie zur erstellt sowie eine Karte der mittleren Artenzah- Verknüpfung und Auswertung dieser Geodaten len pro 25 m²-Raster abgeleitet werden. Etwas weiter an Bedeutung. In der Lehrveranstaltung GIS- anspruchsvoller ist es, eine Karte der Artenzahlen basierte Raumanalyse im Studienschwerpunkt pro Rasterfeld für verschiedene Rasterfeldgrößen Umweltmonitoring vermitteln wir daher die abzuleiten (Abb. 1). Methoden der Landschaftsbewertung mit GIS. Neben der Theorie und EDV-Übungen Hierbei muss berücksichtigt werden, welche im Wintersemester ist im Sommersemester Arten in mehreren Vegetationseinheiten vor- ein Projekt aus den Bereichen Boden oder kommen, z.B. in der Feuchtwiese und in der Biodiversität zu bearbeiten. benachbarten Hochstaudenflur und wie viele Arten bei welcher Flächengröße zu finden sind. Im Bereich Boden wird für einen Landschafts- Für ein feines Raster (1 m Zellenbreite) ergeben ausschnitt eine Bodenkarte angefertigt. Die Daten hierzu werden vor Ort erhoben. Auf der sich damit ganz andere Artenzahlen als für ein Grundlage eines digitalen Höhenmodells wird ein grobes Raster (Abb. 2). Mit dieser Methode soll topografischer Feuchteindex ermittelt und mit herausgefunden werden, wo besonders artenrei- Anzeichen für Staunässe in den Bodenprofilen che Abschnitte in der untersuchten Landschaft verglichen. liegen. Im Bereich Biodiversität wird eine Karte der bio- In den kommenden Jahren soll dann der Einfluss logischen Vielfalt der Gefäßpflanzen erarbeitet. von Standortbedingungen mit in die Analyse Grundlage ist die Aufnahme von Vegetationsda- aufgenommen werden, etwa das Relief oder der ten. Zur Begrenzung der Vegetationstypen wird Grundwasserflurabstand. Abb. 1: Schema zum Vorgehen bei der Analyse der Biodiversität in der Landschaft 8 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
25 Jahre Umweltsicherung Abb. 2: Vegetationskarte Kappelwasen (links) und Rasterkarte zu Artenzahl pro 100 m² im gekennzeichneten Ausschnitt (rechts) Gewässerökologische Exkursion der HSWT ins Oberrheingebiet Prof. Dr. Andreas Hoffmann, Gewässerökologie und Wasserwirtschaft Vom 13. bis 14. Juni 2018 führten Studierende des Masterstudiengangs „Umweltingenieurwe- sen” und des 6. Semesters des Bachelorstudi- engangs „Umweltsicherung” im Schwerpunkt „Sanierung und Renaturierung von Gewässern” eine gewässerökologische Exkursion ins Ober- rheingebiet durch. Erstes Ziel der Exkursion war die Rastatter Rheinaue, welche mit einer Fläche von 845 ha zu den größten Naturschutz- gebieten in Baden-Württemberg gehört. Nach der Ausweisung als Naturschutzgebiet im Jahr 1984 erfolgte die Ausweisung als Flora-Fauna- Habitat-Gebiet im Jahr 2001 und seit 2008 ist es nach dem Ramsar-Abkommen auch Bestandteil der international bedeutsamen Feuchtgebiete. Oberhalb Rastatt, zwischen Basel und Iffezheim, ist der Rhein durch Staustufen reguliert und von seiner Aue abgetrennt worden. Erst im Bereich Rastatt kann der Rhein wieder über die Ufer tre- Abb. 1: Auwald Rastatt bei Hochwasser Foto: HSWT ten und die Auen regelmäßig überschwemmen. Als eine der letzten intakten Überflutungsauen am Oberrhein ist das Gebiet (Abb. 1) durch Mit insgesamt fast 15 Mio. EUR wurden die artenreiche Auwälder, große Altwasser, feuchte Rhein- und die Murg-Aue durch verschiedene Hochstaudensäume und artenreiche Wiesenge- Maßnahmen und Einzelprojekte aufgewertet, um sellschaften geprägt. die natürliche Auendynamik wieder herzustellen und die Lebensbedingungen für die auentypi- Dr. J. Armbruster vom Referat 56 „Naturschutz schen Tier- und Pflanzenarten zu verbessern. In und Landschaftspflege” des Regierungsprä- Speyer informierten sich die Studierenden über sidiums Karlsruhe stellte den Studierenden Planung und Betrieb von Hochwasserschutzan- das Gebiet und das von 2011 bis 2015 dort lagen am Rhein. Der Leiter der Deichmeisterei/ durchgeführte LIFE+-Naturschutzprojekt vor. Neubaugruppe Hochwasserschutz der Struktur- Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 9
und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) in haltung führte zu einer allgemeinen Akzeptanz 25 Jahre Umweltsicherung Speyer, Dipl.-Ing. Koch, stellte unterschiedliche des Vorhabens. Höhepunkt der Exkursion war Vorhaben zum Hochwasserschutz am rheinland- die Fahrt auf dem Rhein mit der MS „Burgund” pfälzischen Oberrhein vor, insbesondere die (Abb. 2), dem Mess- und Untersuchungsschiff Hochwasserrückhaltungen in großflächigen des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz. Poldern und verschiedene Deichrückverle- Die „schwimmende Messstation” wird auf den gungen. Vorort wurde die 2013 fertiggestellte schiffbaren Flüssen Rhein, Mosel und Saar zur Hochwasserrückhaltung Mechtersheim, die in allgemeinen Gewässeraufsicht eingesetzt. Die der Rheinniederung zwischen Germersheim und umfangreiche Laborausstattung ermöglicht eine Speyer liegt und eine Rückhaltefläche von rund detaillierte physikalische, chemische und biolo- 145 ha umfasst, besichtigt. In diesem gesteu- gische Untersuchung der Wasserbeschaffenheit erten Polder können zukünftig bei Hochwasser und die der Schwebstoffe und Sedimente. Leider bis zu 3,6 Mio. m³ Rheinwasser vorübergehend war auf Grund der leichten Hochwasserführung zurückgehalten werden. Die Flutung erfolgt, des Rheins zum Zeitpunkt der Exkursion keine wenn der Abfluss des Rheins am Pegel Worms 5.500 m³/s überschreitet, was im statistischen biologische Probenahme von der Rheinsohle mit Mittel alle 20 bis 25 Jahre auftreten kann. An dem Bodengreifer möglich. den unterschiedlichen Stationen, die im Ge- Die Studierenden bekamen einen Einblick in lände angefahren wurden, verdeutlichten Herr die Besonderheiten der Gewässerökologie des Vogel und seine Mitarbeiter von der SGD Süd Rheins vermittelt. Die aquatische Lebensge- die Besonderheiten bei den Einlass- und Aus- meinschaft des Rheins ist sehr stark durch nicht- lassbauwerken der Hochwasserrückhaltung und heimische, invasive Arten überformt, so dass in wiesen auf das intensive Moderationsverfahren bei der Umsetzung des Planfeststellungsverfah- manchen Gewässerabschnitten mehr als 70% ren hin. Zum einen ist der Überflutungsraum aller gefundenen Individuen zu nichtheimischen durch intensive Landwirtschaft mit einem hohen Arten gehören. Ein weiteres Problem ist die Erhö- Anteil an Gemüsebau geprägt, so dass Ent- hung der Wassertemperatur durch Einleitung von schädigungsregelungen für die Landwirtschaft warmem Kühlwasser aus den Großkraftwerken notwendig waren. Zum anderen befand sich entlang des Rheins, was ebenfalls zu Verschie- das Naturschutzgebiet „Mechtersheimer Tongru- bungen in der Besiedlung durch Arten führt und ben” im geplanten Überflutungsraum und erst das Auftreten von Sauerstoffdefiziten verbunden dessen Herausnahme aus der geplanten Rück- mit Fischsterben befördert. Abb. 2: Mess- und Untersuchungsschiff MS „Burgund” des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz Foto: HSWT 10 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Vorstellung des Lehrgebietes 25 Jahre Umweltsicherung Gewässerkunde – Gewässerökologie – Wasserwirtschaft Prof. Dr. Andreas Hoffmann, Gewässerökologie Mit Einführung der Europäischen Wasserrah- durch die menschliche Nutzung der Oberflächen- menrichtlinie im Jahre 2000 stand die Wasser- gewässer und den angrenzenden Auenbereichen wirtschaft in Deutschland und in den anderen herrühren. Dazu zählen stoffliche Belastungen Mitgliedstaaten der EU vor neuen Herausfor- durch Nährstoffe, Xenobiotika (insbesondere derungen. War früher die Überwachung und Pflanzenschutzmittel, aber auch Mikroplastik), Bewirtschaftung unserer Gewässer streng an die Veränderung der aquatischen Lebensgemein- administrative Grenzen gebunden, steht jetzt schaften durch die Etablierung gebietsfremder das Gewässer von der Quelle bis zur Mündung Arten (Neobiota), die hydromorphologische mit samt seinem Einzugsgebiet im Fokus. Dies Degradation (d.h. strukturelle Verarmung durch bedingt eine stärkere Zusammenarbeit der Begradigung, Aufstau etc.), sowie der Einfluss Wasserbehörden sowohl auf nationaler als auch des Klimawandels auf die heimischen Gewässer. internationaler Ebene. Durch die Bewertung Seeinterne Therapiemaßnahmen und Möglich- einer Anzahl unterschiedlicher aquatischer Orga- keiten der Sanierungen des Einzugsgebiets bei nismengruppen bei der Gewässerüberwachung stehenden Gewässern sowie strukturelle Verbes- rückte die Ökologie stärker in den Mittelpunkt serungsmaßnahmen und deren Auswirkungen der Betrachtung. Im Rahmen der beiden Studien- auf den ökologischen Zustand bei Fließgewässern gänge Umweltsicherung und Wassertechnologie stehen im Mittelpunkt der Veranstaltungen zur wird den Studierenden durch eine Vielzahl von Sanierung und Renaturierung von Gewässern. Veranstaltungen des Lehrgebiets „Gewässer- Durch eine Vielzahl an Exkursionen und Gelän- kunde/Gewässerökologie/Wasserwirtschaft” depraktika werden die theoretisch vermittelten grundlegende und vertiefende Kenntnisse zu Kenntnisse durch praxisnahe Übungen vertieft. Ökologie, Schutz und Nutzung unserer heimi- Durch Einbindung von externen Lehrbeauftrag- schen Gewässer vermittelt. Beginnend mit einem ten (Wasserwirtschaftsämtern, Ingenieurbüros) Überblick über die Struktur und Funktion von bekommen die Studierenden schon frühzeitig Lebensgemeinschaften von Still- und Fließge- Einblick in die berufliche Praxis. Durch die Mög- wässern erwerben die Studierende Kenntnisse zu lichkeit der Mitarbeit an langfristig angelegten den ökologischen Ansprüchen der verschiedenen Untersuchungen zur Wiederbesiedlung von rena- Indikatororganismen, sowie den Methoden zur turierten Fließgewässerabschnitten (Abb. 1) und Bestimmung von Gewässergüte- und Zustands- der Erfolgskontrolle von umgesetzten Renaturie- indikatoren. Auf Basis dieses grundlegenden rungsmaßnahmen sind die Studierenden gut ge- Wissens zur Ökologie limnischer Systeme wird rüstet, um Aufgaben der Gewässerüberwachung ein vertiefter Einblick in die Umsetzung der EG- und –bewertung, ferner der Maßnahmenplanung Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) vermittelt und -umsetzung bei den Umwelt- und Wasser- und in die Wirkung von Belastungsfaktoren, die behörden oder Ingenieurbüros zu übernehmen. Abb. 1: Untersuchungsstrecke des renaturierten Kochers bei Unterkochen/Aalen (BW) im Frühjahr 2015 (links), im Frühjahr 2017 (rechts) Foto: HSWT Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 11
Die Sorptivität von Böden 25 Jahre Umweltsicherung Prof. Dr. Wilhelm Pyka, Hydrogeologie und Bodenschutz Die Infiltration von Niederschlagswasser in den S ist die Sorptivität [cm h-1/2], t die Zeit [h] und Boden ist ein wichtiger Prozess im Wasserkreis- A ein Versuchsparameter [cm/h], der mit der hy- lauf. Böden, die gute Infiltrationsbedingungen draulischen Leitfähigkeit verknüpft ist. Im Lehr- aufweisen, sind in der Lage, Wasser zeitweise zu gebiet Bodentechnologie wird zurzeit an einer speichern, fördern die Grundwasserneubildung, Labormethode gearbeitet, die eine verlässliche verringern den Oberflächenabfluss und damit die Bestimmung der Sorptivität anhand ungestörter Erosion. Das Infiltrationsvermögen wird dabei Bodenproben erlaubt und darüber hinaus die von zahlreichen Einflussgrößen bestimmt. Eine Möglichkeit eröffnet, dieselben Proben zur Varia- wichtige Rolle spielen beispielsweise ein stabiles tion der Randbedingungen (z.B. Anfangswasser- Bodengefüge oder der Schutz der Bodenober- gehalt) und für weitergehende Untersuchungen fläche durch die Vegetation. Typischerweise ist (z.B. Wasserspannungskurve, Porosität, Gefü- das Infiltrationsgeschehen während eines Nie- gestabilität) zu verwenden. Als methodischer derschlagsereignisses dadurch geprägt, dass zu Versuchsansatz soll eine modifizierte Apparatur Beginn eine hohe Infiltrationsrate zu verzeich- nach Enslin-Neff [1] zum Einsatz kommen (Abb. nen ist, die im weiteren Verlauf kontinuierlich 1). Normalerweise dient dieses Messgerät zur abnimmt. Während der Anfangsphase wird die Bestimmung des Wasseraufnahmevermögens Infiltrationsrate zunächst von Kapillarkräften von Böden in der Geotechnik als wichtiger Kenn- bestimmt und zunehmend von der hydraulischen wert bindiger Böden. Im neuen Zusammenhang Leitfähigkeit abgelöst. soll diese Methode gerade die Anfangsphase der Versickerung quantitativ erfassen und detaillierte Nach PHILIP (1957) lässt sich der Infiltrations- Untersuchungen in Bodenprofilen an ungestörten verlauf bzw. die Infiltrationsrate i [cm/h] mit Bodenproben ermöglichen. nachfolgender Gleichung beschreiben: Abb. 1: Modifizierte Messapparatur nach Enslin-Neff [1] Literatur: [1]: Neff, H.K. (2005): Der Wasseraufnahmeversuch nach ENSLIN-NEFF in der erd- und grundbautechnischen Praxis. 5. Österreichische Geotechniktagung am 21.02. und 22.02. 2005, Wien 12 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Kapillare Filmbewässerung zur Steigerung der 25 Jahre Umweltsicherung Wassernutzungseffizienz von Pflanzen Prof. Dr.-Ing. Frank Kolb, Wassertechnologie Durch die zunehmende Ausprägung des Klima- wandels und die dadurch bedingten Veränderun- gen in den Niederschlagsereignissen ist davon auszugehen, dass die bewässerten Flächenan- teile in der Nahrungsmittelproduktion in den nächsten Jahren steigen werden. Die aktuell eingesetzten Bewässerungssysteme bewirken eine Durchfeuchtung des Unterbodens bis zur Oberfläche, wodurch Bewässerungswas- seranteile durch die Evaporation verdunstet werden. Hinzu kommt, dass durch die tropfen- förmige Abgabe des Bewässerungswassers eine Durchsickerung des Unterbodens und somit eine Auswaschung von Mineralstoffen erfolgen kann. Diese beiden Mechanismen können das Nähr- stoff- und Ionengleichgewicht im Boden nach- haltig beeinflussen. Bei der Filmbewässerung (Abb. 1) werden nur geringe Sickerwasseranteile generiert, da die Flüssigkeit nahezu vollständig im Kapillargewebe gebunden ist und somit fast uneingeschränkt den Pflanzen für ihre physio- Abb. 1: Feldversuch mit der Filmbewässerung – Abgedeckte logische Entwicklung zur Verfügung gestellt Salatreihe nach der Pflanzung mit einer Schlagbreite von ca. werden kann. 50 m Foto: W. Patzwahl Nachweis von Säugetieren in der Gemarkung Weidenbach: Ergebnis bei „klassischer“ Vorgehensweise F. Kässner, J. Matern, B. Naumann, B. Schulze, U. Unterbichler, J. Weihermüller, L. Weisspfennig, Prof. Dr. Martin Döring, Zoologie / Ökologie Heckenzüge gliedern die Kulturlandschaft nicht wurden in diesen beiden Arbeiten mindestens nur angenehm für das menschliche Auge, son- 12 bodengebundene Säugetierarten, darunter dern sind vor allem wichtige Rückzugsräume und 5 Fleischfresser vom großen Rotfuchs bis hin zu Biotopverbindungskorridore für Tiere. Zwei Ba- den kleinen Spitzmausarten. chelorarbeiten aus dem Sommersemester 2017 sollten das Vorkommen von Säugetieren entlang Spitzmäuse führen aufgrund ihres Stoffwechsels von Heckenzügen in der Gemarkung Weidenbach und damit Nahrungsbedarfs stets ein „Leben am mit Hilfe von Foto- und Lebendfallen belegen [1]. Limit”, was im Sommerhalbjahr leichter fällt. Um Hierbei ging es nicht nur um die gesellschaft- insbesondere Aufschluss über das Vorkommen lich und politisch geforderte Erhaltung bzw. dieser kleinen fleischfressenden Nützlinge zu Förderung der Artenvielfalt, sondern auch um erhalten, die lebend nicht leicht bestimmbar mögliche positive Effekte für die Landwirtschaft sind, wurden o. g. Vorarbeiten ab dem Win- durch Helfer in Sachen Schädlingsbekämpfung tersemester 2017/18 in einem PLV-Projekt mit im Acker- und Grünland auf ökologische Weise. Foto- und Lebendfallen wie bisher fortgesetzt Das Ergebnis war respektabel: Nachgewiesen [2] und die herkömmliche Artbestimmung durch Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 13
Haarprobennahme um molekularbiologische werden; nachfolgende Bilder (Abb. 1a/b) veran- 25 Jahre Umweltsicherung Methoden erweitert. Auch für das Auge schwer schaulichen die Problematik. unterscheidbare Arten sollten so sicher erkannt Abb. 1a: Infrarot-(IR)-Fotoaufnahme eines Stein-/ Baummaders [1] Abb. 1b: Haarprobennahme bei einer Spitzmaus [2] Welche Art könnte (nur) nach Augenschein zweifelsfrei (!) so nachgewiesen werden? Literatur: [1] Matern, J. (2017): Vorkommen von Säugern entlang des Heckenzuges zwischen Ziegelacker und Rangacker in Triesdorf, Bachelorarbeit Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf [2] Kässner, F.; B. Schulze, J. Weihermüller und L. Weißpfennig (2018): (Klein-)Säuger in der Kulturlandschaft, PLV- Projekt Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf DNA‐Barcoding Sarina Reichardt, Renate Herrmann, Prof. Dr. Heidrun Rosenthal, Mikrobiologie Die Bestimmung von Organismen ist bei „großen” aus dem Gen für die mitochondriale Cytochrom- Tieren wie zum Beispiel einem Elefanten anhand Coxidase (COI). Die Variation der Basenabfolge von äußeren (morphologischen) Kennzeichen in der Barcode-Sequenz ist zwischen gleichen/ ziemlich einfach. Bestehen Zweifel kann ein aus- ähnlichen Arten gering, zwischen verschiedenen gewiesener Experte, ein sogenannter Taxonom, Arten höher. DNA-Sequenzen sind in umfang- zu Rate gezogen werden. Taxonomen, die sich reichen Datenbanken verschiedener Projekte mit bestimmten Organismengruppen gut aus- wie dem Barcoding Fauna Bavarica (BFB), dem kennen, sind aber eine aussterbende Spezies. German Barcode of Life (GBOL) oder dem Inter- Was also, wenn Kleinstlebewesen einer Gewäs- national Barcode of Life (iBol) hinterlegt. Diese serprobe bestimmt werden müssen oder wenn Datenbanken sind frei zugänglich und können nur Gewebeproben zur Verfügung stehen? für den Abgleich eigener Proben genutzt wer- den. Der Abgleich der DNA-Sequenz und damit Glücklicherweise gibt es eine alternative Methode Bestimmung der Art ist allerdings der letzte zur Bestimmung - das sog. Barcoding. Ein DNA- Schritt. Als erstes werden am PCR-Arbeitsplatz Barcode bei Tieren ist eine charakteristische im Molekularbiologie-Labor (Abb. 1) wenige Mi- DNA-Sequenz von 600 bis 800 Basenpaaren krogramm an DNA aus den Proben isoliert. 14 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
isolierte DNA wird dann über die Polymerase 25 Jahre Umweltsicherung Kettenreaktion (PCR) vervielfältigt und die DNA zur Sequenzierung in ein akkreditiertes Labor geschickt. Innerhalb von zwei Tagen liegen die Ergebnisse in Form eines DNA-Barcodes vor, die einen Abgleich mit den Datenbanken und damit die Bestimmung ermöglichen. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit etablierte Reichardt (2018) [1] die Methode zum Barcoding von Mäusen. Die Haare wurden im Rahmen des PLV-Projektes „Erfassung von (Klein-)Säugern entlang Heckenzügen” [2][3] von lebenden Mäu- sen mittels einer Pinzette entnommen. In Abb. 2 ist ein Abgleich exemplarisch dar- Abb. 1: Die Werkbank PCR UV2-Workstation gestellt. So konnte für eine Haarprobe eine 100%ige Übereinstimmung mit der Feldspitz- Um an DNA-haltiges Gewebe von Tieren zu maus (Crocidura leucodon [Hermann, 1780]) kommen, reichen einige Haare aus. Wichtig ist, und eine 99,65%ige Übereinstimmung mit der dass dabei Haarwurzeln mit entnommen wer- Gartenspitzmaus (Crocidura suaveolens [Pallas, den, da nur dort diese DNA enthalten ist. Die 1811] ermittelt werden. Abb. 2: Artnachweis einer lebenden Maus ermittelt über die Datenbank BOLD des International Barcode of Life (iBol) Literatur: [1] Reichardt, S. (2018): Maus-Barcoding, Bachelorarbeit, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf [2] Kässner, F.; B. Schulze, J. Weihermüller und L. Weißpfennig (2018): (Klein-)Säuger in der Kulturlandschaft, PLV- Projekt Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf [3] Matern, J. (2017): Vorkommen von Säugern entlang des Heckenzuges zwischen Ziegelacker und Rangacker in Triesdorf, Bachelorarbeit Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 15
Biologische Methanisierung auf Hausmülldeponien 25 Jahre Umweltsicherung Prof. Dr.-Ing. Gert Lautenschlager, Abfallwirtschaft Seit 2005 ist nur noch die Deponierung von Ab- Im Gegensatz zu bisherigen PtG-Verfahren, die fällen mit sehr geringen organischen Anteilen einen äußerst hohen Methangehalt anstreben zulässig. Seitdem gehen auf allen deutschen (CH4 > 97 Vol.-%), um das Gas ins deutsche Hausmülldeponien die produzierten Gasmengen Erdgasnetz einspeisen zu können, sind die An- und auch die Methangehalte kontinuierlich zu- forderungen für eine Nutzung in den BHKWs von rück. Werden bestimmte Mengen und Konzentra- Deponien deutlich niedriger. Methangehalte von tionen (35 – 40 Vol.-%) an Methan unterschrit- 40 – 45% sind völlig ausreichend. Die PtG-Anlage ten, ist eine Verwertung in Blockheizkraftwerken kann technisch wesentlich einfacher ausgeführt (BHKW) nicht mehr möglich. Das Deponiegas werden, was mit erheblichen Kosteneinspa- muss dann zur Umwandlung des stark klimage- rungen einhergeht. Die Wirtschaftlichkeit des fährdenden Methans ohne weitere Nutzung über PtG-Verfahrens verbessert sich außerdem noch Fackeln verbrannt werden. dadurch, dass durch die Methananreicherung auch das im Deponiegas vorhandene Methan weiterhin energetisch sinnvoll genutzt werden kann. Ferner besteht die Option, die Deponie als großen Gasspeicher zu nutzen. Zunächst soll die Methansynthese im Labormaß- stab erprobt werden. Das Deponiegas wird über eine Gasmischung aus CO2, CH4 und N2 simuliert. H2 wird aus Flaschen bezogen. In einem ge- rührten, begasten und temperierten Bioreaktor sollen Mikroorganismen (Archaee-Bakterien) bei Temperaturen von 40 bis 70°C das über das Deponiegas zugeführte CO2 und den eingedüs- ten H2 gemäß Gleichung (1) in CH4 umwandeln. Eine entsprechende Versuchseinrichtung wurde im Labor bereits aufgebaut (Abb. 1). Erste Ver- suchsreihen mit Reinkulturen wurden bereits durchgeführt. Da diese Mikroorganismen sehr sensibel auf Verunreinigungen reagieren, sind weitere Untersuchungen mit Mischkulturen ge- plant. Ziel der Laborversuche ist ein optimierter Abb. 1: Labor-Versuchsaufbau Foto: HSWT Reaktorbetrieb mit maximaler Methanausbeute. Nach erfolgreichem Abschluss der Laboruntersu- Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines chungen sind Versuche mit realem Deponiegas Verfahrens, mit dem der Methangehalt im De- unter praxisnahen Bedingungen auf einer Haus- poniegas so weit angehoben werden kann, dass mülldeponie geplant. es weiter im BHKW verwertet werden kann. Die Methananreicherung soll nach dem Prinzip Power to Gas (PtG) erfolgen, d.h. mit überschüssigem Ökostrom wird Wasserstoff H2 elektrolytisch erzeugt, der zusammen mit CO2 aus dem De- poniegas gemäß Gleichung (1) zu Methan CH4 umgewandelt wird: 4 H2 + CO2 ↔ CH4 + 2 H2O ΔHR = -164,9 kJ/mol (1) 16 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Mikrobielle Karbonisierung 25 Jahre Umweltsicherung Prof. Dr. Rudolf Huth, Chemie und Umweltanalytik, sowie Biomasse-Institut Triesdorf-Ansbach 1. Einführung und Problemstellung (Wassergehalt, Glühverlust, pH-Wert, Ammo- nium- sowie Nitratkonzentration) ermittelt. Die Biokohle wird bereits seit einigen Jahren in der Bestimmung von pH-Wert mit der pH-Elektrode Literatur als Bodenverbesserer diskutiert und sowie Ammonium- und Nitratkonzentration auch in der Praxis angewendet. An der großen (photometrisch) erfolgt in CaCl2-Extrakten [3]. Oberfläche der Biokohle werden Nährstoffe wie Nitrat sehr gut adsorbiert und wirken daher als Depot für die Nährstoffversorgung von Pflanzen. Dies kann letztlich zu einem geringeren Ver- brauch an Düngemitteln beitragen und das Trink- wasser vor einer Nitratüberfrachtung schützen. Zudem wirkt die dem Boden zugesetzte Biokohle der Nährstoffabschwemmung bei Starkregener- eignissen entgegen und verhindert somit die Humusabnahme [1]. Biokohle kann aus organischem Abfallmaterial durch Pyrolyse, Hydrothermale Karbonisierung (HTC) oder Vapothermale Karbonisierung (VTC) hergestellt werden. Ein neues, bisher noch kaum untersuchtes Verfahren ist die Mikrobielle Kar- bonisierung. Als Mikrobiellen Karbonisierung wird die Umset- zung von organischer Biomasse und biogenen Reststoffen innerhalb eines mesophilen und an- Abb. 1: Abgedeckte Dewar-Gefäße mit Thermoelementen oxischen Milieus unter Zugabe von ausgewählten Mikroorganismen bezeichnet [2]. Unter anaeroben Bedingungen wandeln Mikro- 3. Ergebnisse organismen lignin- und eiweißhaltige Stoffe zu komplexen Huminstoffen um. Dabei entsteht nur Zu Beginn läuft der Abbauprozess des organi- wenig CO2, der Kohlenstoff bleibt weitestgehend schen Materials aerob ab, was mit einem Tem- im Substrat. Die Mikrobielle Karbonisierung soll peraturanstieg auf ca. 55°C einhergeht, bevor gegenüber der oxischen Kompostierung schneller dieser nach ca. 4 Wochen in einen anaeroben vonstatten gehen und mit deutlich geringeren Verlauf übergeht. In dieser Phase liegt die Geruchsbelästigungen verbunden sein. Temperatur bei ca. 26,5°C. Rund 88 % der an- fänglichen Kohlenstoff-Masse (GV 79 % nach 11 2. Versuchsaufbau Wochen von GV 90 % zu Beginn) verbleiben im Produkt und werden nicht in CO2 umgewandelt. Im Labor wurden Hopfenrebhäcksel (80 Mas- Im Eluat nimmt der Nitratgehalt ab, während der sen-%), Silage (10 Massen-%) sowie Gärrest Ammoniumgehalt deutlich ansteigt, je länger die (10 Massen-%) miteinander vermischt und leicht Umwandlung der Biomasse andauert (Abb. 2). verdichtet in Dewar-Gefäße gefüllt. Jedes Gefäß wird mit einem Thermoelement zur Temperatur- 4. Fazit aufzeichnung versehen. Die Dewar-Gefäße wer- den mit Alu-Folie abgedeckt, um ein Austrocknen Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Mikro- der Versuchsansätze zu verhindern (Abb. 1). bielle Karbonisierung in sehr kurzer Zeit ein Biokohle-Produkt ergibt, das vermutlich ähnlich In einem Zeitraum von 11 Wochen werden die wie Kompost eingesetzt werden kann. Anwen- Temperaturen in den Dewar-Gefäßen aufge- dungsversuche in der Landwirtschaft sollen die zeichnet. Zu Beginn und nach jeweils 4, 8 sowie Einsatzfähigkeit des Produktes unter Beweis 11 Wochen werden charakteristische Parameter stellen. Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 17
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