CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...

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CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
Triesdorfer
   CHRONIK

                                                               25 Jahre Umweltsicherung
 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung

                1993 – 2018

               Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung   I
CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
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                                                                                                                 Seite
                 Grußworte Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V. .....................................1
                 Grußworte der Hochschulleitung
                 Vizepräsidentin Professorin Dr. Sabine Homann-Wenig..................................2
                 Grußworte des Dekans
                 Professor Dr. habil. Michael Rudner............................................................3
                 Entstehung und Entwicklung des Studiengangs Umweltsicherung...................4
                 Geobotanik: Biodiversität in der Kulturlandschaft.........................................7
                 Einsatz von Geo-Informationssystemen im Masterstudiengang UT..................8
                 Gewässerökologische Exkursion der HSWT ins Oberrheingebiet......................9
                 Vorstellung des Lehrgebietes Gewässerkunde / Gewässerökologie /
                 Wasserwirtschaft................................................................................... 11
                 Die Sorptivität von Böden....................................................................... 12
                 Kapillare Filmbewässerung zur Steigerung der Wassernutzungseffizienz
                 von Pflanzen......................................................................................... 13
                 Nachweis von Säugetieren in der Gemarkung Weidenbach: Ergebnis bei
                 „klassischer Vorgehensweise”.................................................................. 13
                 DNA-Barcoding...................................................................................... 14
                 Biologische Methanisierung auf Hausmülldeponien..................................... 16
                 Mikrobielle Karbonisierung...................................................................... 17
                 Nitratgehalte an Triesdorfer Sickerwasser-Messstelle unter studentischer
                 Beobachtung........................................................................................ 18
                 Spurenanalytik von Cadmium, Molybdän und Blei aus standardisierten
                 Graskulturen auf Grundlage der VDI-Richtlinie 3957 Blatt 2 mittels Atom-
                 absorptions-Spektrometrie...................................................................... 20
                 Transalpine Mobilität und Kulturtransfer - Bestimmung von Strontium und
                 Blei in archäologischen Zahn- und Knochenproben mit Hilfe der Atom-
                 emmissions- und Atomabsorptions-Spektrometrie...................................... 21
                 Digitalisierung selbst erarbeiten: Sensoren, Cloud und Mikrocontroller.......... 22
                 Erfahrungsaustausch „Große Kläranlagen” des DWA-Landesverband Bayern.. 24
                 Solare Trocknung in einem Weiterbildungsprojekt für Afrika......................... 25
                 Einsatz von Brennwerttechnik bei biogenen Festbrennstoffen....................... 27
                 Jenni-Sonnenhäuser mit Einbindung in ein Micro-Nahwärmenetz
                 in Weißenburg....................................................................................... 29
                 Windturbinen: Hardware-in-the-loop (HIL) Generator und Biegeprüfstände... 31
                 Erneuerbare Energien als Grundbaustein für ein nachhaltiges
                 Wirtschaftssystem................................................................................. 34
                 Stromgestehungskosten Erneuerbarer Energien:
                 Zunehmend wettbewerbsfähig................................................................. 40
                 Impressionen von der Eröffnung des Studiengangs 1993............................ 42
                 Zuletzt................................................................................................. 43
                 Impressum........................................................................................... 45
CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
Grussworte Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V.

                                                                                                               25 Jahre Umweltsicherung
Liebe Leserinnen und Leser,

die Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V.
(Alumniverband und Förderverein) freut sich
ganz besonders, dass der Studiengang Umwelt-
sicherung inzwischen seit 25 Jahren in Triesdorf
angeboten wird und sich an der „Grünen Hoch-
schule” fest etabliert hat. Deshalb waren wir als
Absolventenverband gerne bereit, in Zusammen-
arbeit mit der Fakultät Umweltingenieurwesen
diese Sonderbeilage herauszugeben, die Ihnen
die Entwicklung der Fakultät und deren wissen-
schaftliche Arbeitsfelder aufzeigen möchte.

Mit der Einrichtung des neuen Studienganges
Umweltsicherung - Boden und Wasser hat die FH
Weihenstephan 1993 erstmals die alleinige Ori-
                                                    V.l. Geschäftsführerin Gabriele Sichler-Stadler und
entierung auf die Landwirtschaft verlassen und
                                                    Vorsitzende Susanne Gast                       Foto: privat
sich zwei Bereichen zugewandt, die trotzdem eng
mit der Landwirtschaft verbunden sind. Die He-      Wir gratulieren dem Studiengang Umweltsiche-
rausforderung damals bestand darin, dass eine       rung und wünschen ihm auch in Zukunft viele
möglichst enge Verzahnung zwischen der Aus-         wissbegierige „Umsis” (Studenten der Umwelt-
bildung und den offenen Fragen der regionalen       sicherung), die sich in Triesdorf wohl fühlen und
Wirtschaft gelingt. Ziel war es, umweltrelevante    in unserem Absolventenverband der Vereinigung
Themen neben die Lebensmittel- und Rohstoff-        Ehemaliger Triesdorfer ein Bindeglied zu ihrem
produktion zu stellen. Dass dies gelungen ist,      Hochschulstandort erkennen. Einer weiteren
zeigen die Entwicklung der Fakultät Umweltin-       Zusammenarbeit mit allen Studiengängen der
genieurwesen und der Studiengang Umweltsi-          Fakultät Umweltingenieurwesen (UT) sehen wir
cherung in seiner Einzigartigkeit in besonderem     mit Freude entgegen.
Maße. Herzlichen Dank allen Professoren/innen,
                                                    Triesdorf im Oktober 2018
Dozenten/innen und Mitarbeiter/innen der HSWT.
Sie haben maßgeblich zu diesem Erfolg beige-        Susanne Gast, Vorsitzende
tragen.                                             Gabriele Sichler-Stadler, Geschäftsführerin

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                                              Foto: Carolin Dommel                    Foto: Carolin Büttner

                                          Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung                      1
CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
Grussworte Vizepräsidentin Prof. Dr. Sabine Homann-Wenig
25 Jahre Umweltsicherung

                           Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,         feiern konnte, und der Studiengang Wasser-
                                                                              technologie, der dieses Jubiläum im kommen-
                           die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf steht       den Jahr begehen wird. Und seit Frühjahr 2017
                           mit ihrem bayernweit (und auch darüber hinaus)     haben unsere Absolventinnen und Absolventen
                           einzigartigen Fächerspektrum für die angewand-     zudem die Möglichkeit, direkt hier bei uns den
                           ten Lebenswissenschaften und die „grünen”          Master-Studiengang Umweltingenieurwesen
                           Technologien. Hier am Campus in Triesdorf          anzuschließen.
                           besteht seit nunmehr 25 Jahren ein sehr erfolg-
                           reicher Studiengang, der sich die Erhaltung und    Wenn wir heute auf eine erfolgreiche Entwicklung
                           den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundla-      der Fakultät Umweltingenieurwesen am Campus
                           gen zur Aufgabe gemacht hat: der Studiengang       Triesdorf zurückblicken, dann ist dies zugleich
                           Umweltsicherung. Zu uns kommen junge Men-          auch ein Blick in die Zukunft. Es ist ein Blick in
                           schen, die sich für Natur und Artenvielfalt, für   eine Zukunft, die für uns zahlreiche Herausforde-
                           Ökologie und Nachhaltigkeit interessieren – und    rungen und Chancen bereithält. Nie zuvor waren
                           die sich als Ingenieurinnen und Ingenieure den     die Fragen von Klimaschutz und nachhaltiger
                           Herausforderungen unserer Zeit stellen wollen.     Ressourcennutzung, die Fragen nach der Erhal-
                                                                              tung unserer natürlichen Lebensgrundlagen so
                           Dabei hat sich das Konzept eines thematisch        drängend – und in der öffentlichen Wahrnehmung
                           breit angelegten, aber konsequent natur- und       so präsent – wie heute. Und gerade die räumliche
                           ingenieurwissenschaftlich aufgebauten Stu-         Nähe zur Fakultät Landwirtschaft, Lebensmittel
                           diums bewährt. Unsere Absolventinnen und           und Ernährung hier am Campus bietet zusätzli-
                           Absolventen sind befähigt, unterschiedlichste      che Chancen zum konstruktiven Dialog. Längst
                           Tätigkeitsfelder – von der Abfallwirtschaft über   sind Umweltschutz und landwirtschaftliche Nut-
                           den Bodenschutz und die Altlastensanierung bis     zung keine Gegensätze mehr, sondern Themen,
                           hin zur Umweltplanung und zum betrieblichen        an denen wir gemeinsam und fachübergreifend
                           Umweltschutz – abzudecken. Von Arbeitgebern        arbeiten.
                           besonders geschätzt wird die Praxisnähe des Stu-
                           diums in Triesdorf. Unsere Absolventen arbeiten    Umso mehr freue ich mich, dass wir Ihnen mit
                           heute in Behörden, Unternehmen und Ingenieur-      diesem Heft Einblick geben können in die The-
                           büros, einige sind den Weg in wissenschaftliche    men, die die Fakultät Umweltingenieurwesen
                           Forschungsinstitute gegangen, manche leben         beschäftigen!
                           und arbeiten heute im Ausland.
                                                                              Triesdorf im Oktober 2018
                           Innerhalb der Fakultät haben sich in den letzten
                           Jahren konsequenterweise zwei weitere, nah         Prof. Dr. Sabine Homann-Wenig
                           verwandte Bachelorstudiengänge etabliert: der      Vizepräsidentin Studium und Weiterbildung
                           Studiengang Technologie Erneuerbarer Energien,     der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
                           der in diesem Herbst sein 10jähriges Bestehen

                             2     Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
Grussworte Dekan Prof. Dr. habil. Michael Rudner

                                                                                                   25 Jahre Umweltsicherung
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,         ist die Kooperation mit der Landwirtschaft un-
                                                   erlässlich. Projekte wie „Raum für Vielfalt” oder
der Klimawandel, die Energiewende, die Qualität    „Schnittmuster ‒ Mahdmosaik” und „Vielfalt in
des Grundwassers und der Biodiversitätsver-        einer grünlanddominierten Landschaft” haben
lust haben die politische Diskussion der letzten   einen sehr engen Bezug zur Landwirtschaft und
Jahre geprägt. Losgelöst vom tagesaktuellen        werden von den Kollegen der Fakultät Landwirt-
Geschehen befasst sich die Fakultät Umwelt-        schaft, Lebensmittel und Ernährung (LT) mit
ingenieurwesen (UT) der Hochschule Weihen-         entwickelt und begleitet.
stephan-Triesdorf seit vielen Jahren mit diesem
Themenbereich mit dem Ziel junge Menschen          Unsere Themen reichen von der Wertschöp-
so auszubilden, dass sie für die Probleme, die     fungskette (z.B. effiziente Bewässerung, So-
auf unsere Gesellschaft zukommen, nachhaltige      lartrocknung) über Regelprozesse in der Umwelt
Lösungen ausarbeiten können.                       (Sorptivität von Böden, Nitrat im Sickerwasser)
                                                   bis zur Umsetzung Europäischer Richtlinien
Zwei Jubiläen standen im Jahr 2018 an – 25         (Wasserrahmenrichtlinie). Energieeffizienz und
Jahre Studiengang Umweltsicherung und 10           nachhaltige Energieversorgung sind weitere
Jahre Studiengang Technologie Erneuerbarer         bedeutende Themenfelder, z.B. Kraft-Wärme-
Energien. Das dritte Jubiläum feiern wir 2019      (Kälte-)­Kopplung, Brennwerttechnik für biogene
mit 10 Jahren Studiengang Wassertechnologie.       Festbrennstoffe, mikrobielle Karbonisierung, In-
Die ersten Absolventen des Master-Studiengangs     telligente (Micro-)Wärmenetze oder der Sektor-
Umweltingenieurwesen, der sich für alle drei       Kopplung im Fokus der Ressourcenschonung.
Bachelor-Studiengänge als Fortsetzung eignet,      Mit der Entwicklung neuer Methoden und ihrer
wurden ebenfalls 2018 ins Berufsleben entlas-      Anwendung in der Lehre bleiben wir stets an der
sen. In allen Studiengängen der Fakultät UT        aktuellen Entwicklung im Fachbereich (z.B. DNA-
wird Ökologie groß geschrieben, ohne dass die      Barcoding, Digitalisierung in der Messtechnik).
Technik zu kurz käme.
                                                   Ich freue mich, Ihnen mit dem vorliegenden Heft
Und so lautet unser Wahlspruch „Umwelt und         eine aktuelle Übersicht zu den Aktivitäten der
Technik im Einklang”.                              Fakultät UT vorlegen zu können. Ich möchte da-
                                                   her der Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer e.V.
In den letzten beiden Jahren haben wir den Di-
                                                   (VET) meinen aufrichtigen Dank aussprechen
alog mit der Landwirtschaft intensiviert. Im Be-
                                                   für die intensive und tatkräftige Unterstützung
reich der nachhaltigen Ressourcennutzung bieten
                                                   von der ersten Idee bis zur Umsetzung des The-
sich viele Berührungspunkte, ob Bewässerung,
                                                   menheftes. Ohne die Vereinigung wäre dies nicht
Bioenergie oder Biodiversität, um nur einige zu
                                                   möglich gewesen.
nennen. Wir wollen die Stärken, die der Standort
Triesdorf bietet, nutzen und gemeinsam mit den     Triesdorf im Oktober 2018
Landwirten Wege finden, Natur und Umwelt den
nötigen Raum für eine nachhaltige Entwicklung      Prof. Dr. habil. Michael Rudner
zu geben. Diese Entwicklung soll nicht auf iso-
lierte Schutzgebiete beschränkt sein, sondern in   Dekan der Fakultät Umweltingenieurwesen
der Kulturlandschaft insgesamt ablaufen. Dazu

                                         Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung            3
CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
Entstehung und Entwicklung des Studiengangs
25 Jahre Umweltsicherung
                                                    Umweltsicherung
                                                 Prof. Dr. Rainer Hartmann, Lehrgebiet Chemie

                           Im Oktober 1993 fiel der Startschuss für den ers-
                           ten Jahrgang des Studiengangs Umweltsicherung
                           mit einer feierlichen Eröffnung durch den dama-
                           ligen Bayerischen Staatsministers für Unterricht,
                           Kultus, Wissenschaft und Kunst Hans Zehetmair
                           im Beisein von Präsident Prof. Dr. Josef Herz der
                           Fachhochschule Weihenstephan und vielen Eh-
                           rengästen. Damit war die Umweltsicherung nach
                           einer „Trächtigkeitsdauer” von über vier Jahren
                           und mit vielen Komplikationen endlich geboren.

                           Zunächst möchte ich von 1993 noch etwas weiter
                           zurückgehen. Der Hochschulstandort Triesdorf,
                           der in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts
                           mehrfach auf der Kippe stand, war nach einem
                           Beschluss des Bayerischen Landtags 1978 zu-         Abb.1: Staatsminister Hans Zehetmair im Gespräch mit
                           nächst einmal gesichert. Ab Mitte der 80er Jahre    Studenten des neuen Studiengangs       Foto: J. Albright
                           wurde aber klar, dass Triesdorf auf Dauer nicht
                           mit nur einem Studiengang, dem der Landwirt-        Groningen in den Niederlanden geknüpft. Beide
                           schaft überleben konnte. 1984/85 entstand das       Standorte boten schon seit längerem erfolgrei-
                           Studienangebot Vieh- und Fleischwirtschaft, zu-     che Studiengänge im Bereich Umweltschutz an.
                           nächst als Schwerpunkt, später als Studienrich-     Die Kontakte erwiesen sich als sehr hilfreich. Im
                           tung, der aber von den Studentenzahlen nie für      Laufe des Wintersemesters 1989/90 war dann
                           einen entscheidenden Zuwachs sorgen konnte.         ein Konzept für einen Studiengang Umweltsiche-
                           Die Idee, einen Studiengang Fischereibiologie zu    rung mit den drei Säulen Ökologie, Ökonomie,
                           entwickeln, wurde nicht weiter verfolgt. Ebenso     Technik entstanden, das sehr modern war, weil
                           gelang es damals nicht, einen Studiengang im        hier schon das Fächerangebot in Form von Mo-
                           Bereich Ernährung einzuführen. Die Anzahl der       dulfächern geplant war.
                           Studierenden betrug Mitte der 80er Jahre etwa
                                                                               Um die Akzeptanz des Studiengangs bei zu-
                           350 und die Zahl der Professoren und Mitarbeiter
                                                                               künftigen Arbeitgebern zu erkunden, wurde
                           lag bei 20. Heute liegt die Zahl der Studieren-
                                                                               im Mai 1990 eine Anhörung mit Vertretern aus
                           den bei über 2.100 und die der Professoren und
                           Mitarbeiter bei über 320.                           Wissenschaft, Verwaltung und Industrie zu dem
                                                                               geplanten Studiengang durchgeführt. Das Echo
                           Doch zurück zur Umweltsicherung: Die „Urzeu-        war überwiegend positiv. Allerdings wurde die-
                           gung” des Studiengangs fand mehr als 3.000 km       ses Studiengangskonzept nicht von allen Seiten
                           entfernt auf der Kanareninsel Gomera im Februar     wohlwollend betrachtet. Die FH Nürnberg sah
                           1989 statt. Ein Professor machte dort mit seiner    darin Konkurrenz zu ihrem Studienangebot im
                           Frau Wanderferien in der vorlesungsfreien Zeit.     Bereich der Umweltökonomie und dem FB Lan-
                           In einer etwas schlaflosen Nacht kam ihm die        despflege in Freising war der ökologische Teil
                           Idee, einen Studiengang im Bereich Umwelt-          zu stark vertreten. Im Sommersemester 1991
                           schutz, Umweltchemie mit Umweltanalytik zu          beschloss der Senat der Fachhochschule Weihen-
                           entwickeln. Zurück in Triesdorf diskutierte er      stephan die Studienordnung für einen Studien-
                           die Idee mit Professor Dr. P. Miotk. Die beiden     gang Umweltsicherung mit den Schwerpunkten
                           entwickelten dann ein erstes Konzept für einen      Umweltmanagement und Umwelttechnologie
                           Studiengang Umweltschutz und stellten es im         mit gestutzten ökologischen Flügeln. Dieser
                           Fachbereich (FB) – heute Fakultät – vor. Eine       Studiengang wurde vom Ministerium auf Emp-
                           Arbeitsgruppe mit den Professoren Dr. W. Feige,     fehlung seines wissenschaftlichen Beirats mit
                           Dr. F. Gückel, Dr. R. Hartmann, Dr. P. Miotk, Dr.   der Begründung „zu breit gefächert” abgelehnt.
                           O. Seibert und Dr. H. Ströbel (alle inzwischen im   Man befürchtete die Ausbildung von „Universal-
                           Ruhestand) machte sich daraufhin an die Arbeit.     Dilettanten” statt Umweltspezialisten. Außerdem
                           Dabei wurden auch Kontakte nach Bingen und          werde die Umweltökonomie schon in Nürnberg

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CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
angeboten. Grundsätzlich begrüßte der Beirat        zügig besetzt werden. Als erster der neu zu beru-

                                                                                                         25 Jahre Umweltsicherung
einen zweiten Studiengang mit der Ausrichtung       fenden Professoren konnte Prof. Dr. W. Ruck für
Umweltsicherung. In Triesdorf solle jedoch etwas    das Lehrgebiet „Chemie und Umweltanalytik” zu
entwickelt werden, was aus dem Mutterstudien-       Beginn des Wintersemesters 1993/94 sein Amt
gang Landwirtschaft hervorginge und die Berei-      antreten. Mit Prof. Dr. U. Asmus für das Lehrge-
che Boden und Wasser stärker berücksichtige.        biet „Geobotanik und Vegetationskunde” erhielt
                                                    der neue Studiengang weitere Verstärkung. Zum
Für den FB in Triesdorf bedeutete diese Entschei-   Wintersemester 1994/95 wurde mit Prof. Dr. A.
dung eine Zäsur, die die weitere Zusammenarbeit     Bittner - Lehrgebiet „Verfahrenstechnik” auch der
im FB stark belastete. Während bis dahin der        umwelttechnische Bereich besetzt werden. Mit
gesamte Fachbereich an einem Strang gegen           Prof. Dr. A. Alf für das Lehrgebiet „Hydrologie und
äußere Widerstände in die gleiche Richtung ge-      Gewässerschutz” sowie Prof. Dr. W. Pyka für das
zogen hatte, änderte sich das nun: Es gab zwar      Lehrgebiet „Bodentechnologie und Bodenschutz”
noch immer einen Strick, aber es wurde nun in       wurden zum Sommersemester 1995 die Fächer
unterschiedliche Richtungen gezogen. Obwohl es      der Schwerpunkte Boden und Wasser abgedeckt.
nach dem Votum des Beirats kaum eine Chance         Nach dem Wechsel von Prof. Dr. W. Ruck an die
für ein Konzept mit starken umweltökonomischen      Universität Lüneburg Mitte 1997 konnte Prof.
Anteilen gab, mochten einige Kollegen nicht da-     Dr. R. Huth zum Wintersemester 1997/98 für
von lassen. So entstanden zwei neue Konzepte:       das Lehrgebiet „Chemie und Umweltanalytik”
„Umweltsicherung – Boden, Wasser, Abfall” auf       gewonnen werden.
der einen und „Umweltmanagement” auf der
anderen Seite.

Wie zu erwarten, sprach sich der wissenschaft-
liche Beirat einstimmig für einen Studiengang
„Umweltsicherung – Boden, Wasser, Abfall”
aus und bot dabei seine Mithilfe an. Auf dieser
Basis wurde schließlich der Studiengang Um-
weltsicherung – Boden und Wasser konzipiert.
Für die Entwicklung wurden auch Kontakte zur
Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH)
in Zürich sowie zur Geoökologie an der Uni Bay-
reuth genutzt. Hierbei haben sich besonders die
Kollegen Miotk und Feige, der damals die Boden-
kunde vertrat, stark engagiert. Der Schwerpunkt
Abfall kam erst später hinzu.

Nach seiner Genehmigung durch das Ministerium
Anfang des Jahres 1993 konnte der neue Stu-         Abb. 2: Die Mitglieder des neuen Fachbereichs
diengang im Wintersemester 1993/94 endlich          Umweltsicherung                            Foto: HSWT
beginnen. Bei der Unterstützung für den Studi-
engang sind besonders der Bezirk Mittelfranken      Der schon von Beginn an vorgesehene Schwer-
und sein damaliger Kurator für Triesdorf, der
                                                    punkt Abfall wurde schließlich zum Wintersemes-
spätere Landtags- und Bundestagsabgeordnete
                                                    ter 1996/97 eingeführt. Bis zur Berufung von
Josef Göppel besonders hervorzuheben. Er sorg-
                                                    Prof. Dr. G. Lautenschlager für das Lehrgebiet
te immer für Rückenwind für die Umweltsiche-
                                                    „Abfallwirtschaft” im Wintersemester 1998/99
rung und letztlich hat der Bezirk Mittelfranken
                                                    musste der Schwerpunkt durch Lehrbeauftragte
durch die Vorfinanzierung nötiger Baumaßnah-
                                                    vertreten werden. Schließlich wurde auch der
men (A-Gebäude) den Beginn des Studiums im
                                                    offizielle Name des Studiengangs vereinfacht,
Wintersemester 1993/94 dann erst ermöglicht.
                                                    von „Umweltsicherung – Boden und Wasser” zur
                                                    „Umweltsicherung”.
Aufbauphase von 1993 – 1998

60 Studierende gehörten dann aus 545 Bewer-         Dank der Vorfinanzierung durch den Bezirk
bungen zu den Auserwählten, die als Pioniere        Mittelfranken erfolgte der Um- und Ausbau der
im neuen Studiengang zum Wintersemester             FH-Abteilung Triesdorf für den Studiengang
1993/94 starten konnten. Nun mussten die ent-       Umweltsicherung in den Jahren 1994 bis 1997
sprechenden Professoren- und Mitarbeiterstellen     relativ zügig. Mit der Fertigstellung des Techni-

                                         Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung                  5
CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
kums (im Gebäude B) 1998 verfügte nun auch          •   Für die Studierenden bedeutete es
25 Jahre Umweltsicherung
                           die Verfahrenstechnik über geeignete Räume für          noch mehr Wahlfreiheit, eine geringere
                           die notwendigen Praktika.                               Präsensstundenzahl an der Hochschule
                                                                                   und mehr Zeit für eigenes Vor- und
                           Etablierung eines eigenen Fachbereichs                  Nachbereiten der Vorlesungen.
                           Ein wichtiger Schritt für die weitere Entwicklung   Nach der Umstellung vom Diplom- zum Bache-
                           des Studienganges war die Bildung eines eige-       lorstudium bekam die Umweltsicherung nun
                           nen Fachbereichs im Sommersemester 2001;            ihrerseits Zuwachs. Im Wintersemester 2008/09
                           die erste Studienreform zum Wintersemester          starteten der Bachelorstudiengang „Technologie
                           01/02 folgte.                                       Erneuerbarer Energien” und ein Jahr später der
                           Neben den sechs für den Studiengang berufenen       Bachelorstudiengang „Wassertechnologie”. Zum
                           Professoren schlossen sich auch die Professoren     Wintersemester 2009/2010 wurde dann die
                           Dr. R. Hartmann und Dr. P. Miotk dem neuen          Fakultät Umweltsicherung dem entsprechend in
                           Fachbereich an, da ihre Lehrtätigkeiten überwie-    Umweltingenieurwesen umbenannt. Im Som-
                           gend im Studiengang Umweltsicherung lagen.          mersemester 2010 kam ein Master-Studiengang
                           Die Arbeit in der kleineren Einheit des neuen       Energiemanagement und Energietechnik – eine
                           Fachbereichs erwies sich als deutlich effektiver.   Kooperation mit der Hochschule Ansbach und der
                           Durch die einheitlichere Interessenlage konnte      TH Nürnberg – hinzu. Seit dem Sommersemester
                           die weitere Entwicklung zügiger durchgeführt        2017 bietet die Fakultät Umweltingenieurwesen
                           werden.                                             nun einen eigenen Masterstudiengang „Umwelt-
                                                                               ingenieurwesen” an. In diesem Zusammenhang
                           Die Studienreform 2001/2002 erbrachte folgen-       wurden auch die drei Bachelorstudiengänge einer
                           de Veränderungen:                                   ersten Reform unterzogen.
                           • Fächer, die zu den Schwerpunkten Abfall,
                               Boden und Wasser führten, wurden ver-           Das Personalkarussell hat sich in dieser Zeit
                               stärkt auch schon im Grundstudium und im        ebenfalls weiter gedreht. Die Lehrgebiete Or-
                               mittleren Studienabschnitt angeboten            ganische Chemie, Biochemie und Mikrobiologie
                           • Die Pflichtfächer wurden zu Gunsten von           werden seit Wintersemester 2006/07 von Frau
                               Wahlpflichtfächern reduziert                    Prof. Dr. H. Rosenthal vertreten. Frau Prof. Dr. S.
                           • Die Projektstudien des letzten Studien-           Homann-Wenig wurde für den Bereich der Wirt-
                               abschnitts wurden als eigenes Fach              schaftswissenschaften berufen. Zusätzlich wurde
                               ausgewiesen, um ihre Bedeutung noch             für die neuen Studiengänge und damit auch
                               stärker herauszustellen                         mehr Studierende natürlich wieder Verstärkun-
                           • Im letzten Studienabschnitt gab es nur            gen benötigt: die Professoren Dr.-Ing. Dr. phil.
                               noch Schwerpunkte und Unterschwer-              B. Ehrmaier, Dr.-Ing. N. Huber, Dr. St. Schädlich
                               punkte                                          und Dr.-Ing. R. M. Schaidhauf für den Bereich der
                                                                               „Technologie Erneuerbarer Energien” und für die
                           Insgesamt wurde den Studierenden mit dieser         „Wassertechnologie” die Professoren Dr. O. Christ
                           Reform ermöglicht, stärker ihr eigenes Studien-     und Dr. F. Kolb. Durch diese Verstärkung konnte
                           profil zu entwickeln.                               auch das Lehrangebot in der Umweltsicherung
                                                                               weiter ausgebaut werden.
                           Mit Bologna zu weiteren Studienangeboten
                                                                               Inzwischen befinden sich die ersten bereits der
                           Der Bologna-Prozess verschonte auch die             vor über 20 Jahren berufenen Professoren im
                           Hochschule Weihenstephan-Triesdorf nicht. Im        wohlverdienten Ruhestand. Seit Wintersemester
                           Wintersemester 2008/09 begann so der erste          2013/14 werden die Lehrgebiete von Prof. Dr. U.
                           Bachelor-Jahrgang.                                  Asmus von Prof. Dr. habil. M. Rudner vertreten,
                                                                               die von Prof. Dr. A. Alf seit Sommersemester
                           Was bedeutete nun diese Umstellung?                 2014 von Prof. Dr. A. Hoffmann. Auch die Ökolo-
                           • Das Studium wurde von 8 Semestern im Di-          gie hat mit Prof. Dr. M. Döring ein neues Gesicht.
                             plomstudiengang auf 7 Semester umgestellt,        Der Generationswechsel ist also in vollem Gange.
                             wobei ein Praxissemester entfiel.
                           • Es wurde nicht mehr mit Semesterwochen-           Mit der Fertigstellung des aktuell letzten Bau-
                             stunden (SWS), sondern in Kreditpunkten           abschnitts (Gebäude E) im Ausbau des Campus
                             gerechnet, wobei vier SWS meistens fünf           Triesdorf im Jahre 2013 hat auch die Umweltsi-
                             Kreditpunkte ergaben.                             cherung neue moderne Laborräume, ein zweites

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CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
Technikum und Hörsäle erhalten, was zu einer      Bestehens als Erfolgsmodell erwiesen, sowohl

                                                                                                    25 Jahre Umweltsicherung
weiteren Verbesserung der Studienbedingungen      was das Interesse bei den Studierenden angeht
beitrug. Insgesamt gesehen, hat sich der Studi-   als auch was die Nachfrage bei den Arbeitgebern
engang Umweltsicherung in den 25 Jahren seines    betrifft.

         Geobotanik: Biodiversität in der Kulturlandschaft
                       Prof. Dr. habil. Michael Rudner, Geobotanik

Geobotanik zählt mit der Tierökologie und der     gen unterschiedlicher Hersteller so gut wie keine
Gewässerkunde zu den drei ökologisch ausge-       Samen im Boden keimfähig erhalten bleiben. Bei
richteten Professuren am Campus Triesdorf. In     mehrjährigen Blühmischungen wurde gezeigt,
der Lehre wird der Bereich der Botanik über       dass sich die Bestände in Abhängigkeit von den
die Vegetationskunde bis zur Umweltplanung        Bodenverhältnissen sehr unterschiedlich entwi-
abgedeckt. Die Forschungsprojekte drehen sich     ckeln. Grundlage für unsere Analysen sind eigene
um die Biodiversität und ihre Verteilung in der   Erhebungen im Freiland zusammen mit vorhan-
Landschaft. Bachelorarbeiten ziehen einen Bo-     denen Kartenwerken und Luftbildauswertungen.
gen vom Monitoring von Ausgleichsmaßnahmen        Nachweise werden i.d.R. statistisch abgesichert.
(hier v.a. Grünlandrenaturierung) über den
Einfluss der Gewinnung erneuerbarer Energien      Die Biodiversität in der Kulturlandschaft mit ihren
(PV-Anlagen, Niederwald, KUP) bis zu Blühmi-      verschiedenen Facetten ist unser Hauptanliegen.
schungen und Ackerwildkräutern. So konnten wir    Wir suchen hier den Dialog mit Landwirten,
feststellen, dass von einjährigen Blühmischun-    Kommunen, Wasserzweckverbände und Planern.

                                        Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung              7
CHRONIK Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung 1993 - 2018 I - Landwirtschaftliche ...
Einsatz von Geo‐Informationssystemen
25 Jahre Umweltsicherung
                                                        im Masterstudiengang UT
                                    Prof. Dr. habil. Michael Rudner, Geobotanik und Landschaftsplanung
                           Im Bereich Umweltmonitoring gewinnt der                      ein aktuelles Luftbild herangezogen. In einem
                           Einsatz von Geo-Informationssystemen (GIS)                   ersten Schritt kann daraus eine Vegetationskarte
                           zur raumbezogenen Datenhaltung sowie zur                     erstellt sowie eine Karte der mittleren Artenzah-
                           Verknüpfung und Auswertung dieser Geodaten                   len pro 25 m²-Raster abgeleitet werden. Etwas
                           weiter an Bedeutung. In der Lehrveranstaltung GIS-           anspruchsvoller ist es, eine Karte der Artenzahlen
                           basierte Raumanalyse im Studienschwerpunkt                   pro Rasterfeld für verschiedene Rasterfeldgrößen
                           Umweltmonitoring vermitteln wir daher die                    abzuleiten (Abb. 1).
                           Methoden der Landschaftsbewertung mit
                           GIS. Neben der Theorie und EDV-Übungen                       Hierbei muss berücksichtigt werden, welche
                           im Wintersemester ist im Sommersemester                      Arten in mehreren Vegetationseinheiten vor-
                           ein Projekt aus den Bereichen Boden oder                     kommen, z.B. in der Feuchtwiese und in der
                           Biodiversität zu bearbeiten.                                 benachbarten Hochstaudenflur und wie viele
                                                                                        Arten bei welcher Flächengröße zu finden sind.
                           Im Bereich Boden wird für einen Landschafts-
                                                                                        Für ein feines Raster (1 m Zellenbreite) ergeben
                           ausschnitt eine Bodenkarte angefertigt. Die
                           Daten hierzu werden vor Ort erhoben. Auf der                 sich damit ganz andere Artenzahlen als für ein
                           Grundlage eines digitalen Höhenmodells wird ein              grobes Raster (Abb. 2). Mit dieser Methode soll
                           topografischer Feuchteindex ermittelt und mit                herausgefunden werden, wo besonders artenrei-
                           Anzeichen für Staunässe in den Bodenprofilen                 che Abschnitte in der untersuchten Landschaft
                           verglichen.                                                  liegen.

                           Im Bereich Biodiversität wird eine Karte der bio-            In den kommenden Jahren soll dann der Einfluss
                           logischen Vielfalt der Gefäßpflanzen erarbeitet.             von Standortbedingungen mit in die Analyse
                           Grundlage ist die Aufnahme von Vegetationsda-                aufgenommen werden, etwa das Relief oder der
                           ten. Zur Begrenzung der Vegetationstypen wird                Grundwasserflurabstand.

                           Abb. 1: Schema zum Vorgehen bei der Analyse der Biodiversität in der Landschaft

                             8      Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
25 Jahre Umweltsicherung
Abb. 2: Vegetationskarte Kappelwasen (links) und Rasterkarte zu Artenzahl pro 100 m² im gekennzeichneten Ausschnitt
(rechts)

                 Gewässerökologische Exkursion der HSWT
                           ins Oberrheingebiet
        Prof. Dr. Andreas Hoffmann, Gewässerökologie und Wasserwirtschaft

Vom 13. bis 14. Juni 2018 führten Studierende
des Masterstudiengangs „Umweltingenieurwe-
sen” und des 6. Semesters des Bachelorstudi-
engangs „Umweltsicherung” im Schwerpunkt
„Sanierung und Renaturierung von Gewässern”
eine gewässerökologische Exkursion ins Ober-
rheingebiet durch. Erstes Ziel der Exkursion
war die Rastatter Rheinaue, welche mit einer
Fläche von 845 ha zu den größten Naturschutz-
gebieten in Baden-Württemberg gehört. Nach
der Ausweisung als Naturschutzgebiet im Jahr
1984 erfolgte die Ausweisung als Flora-Fauna-
Habitat-Gebiet im Jahr 2001 und seit 2008 ist es
nach dem Ramsar-Abkommen auch Bestandteil
der international bedeutsamen Feuchtgebiete.
Oberhalb Rastatt, zwischen Basel und Iffezheim,
ist der Rhein durch Staustufen reguliert und von
seiner Aue abgetrennt worden. Erst im Bereich
Rastatt kann der Rhein wieder über die Ufer tre-              Abb. 1: Auwald Rastatt bei Hochwasser       Foto: HSWT
ten und die Auen regelmäßig überschwemmen.
Als eine der letzten intakten Überflutungsauen
am Oberrhein ist das Gebiet (Abb. 1) durch                    Mit insgesamt fast 15 Mio. EUR wurden die
artenreiche Auwälder, große Altwasser, feuchte                Rhein- und die Murg-Aue durch verschiedene
Hochstaudensäume und artenreiche Wiesenge-                    Maßnahmen und Einzelprojekte aufgewertet, um
sellschaften geprägt.                                         die natürliche Auendynamik wieder herzustellen
                                                              und die Lebensbedingungen für die auentypi-
Dr. J. Armbruster vom Referat 56 „Naturschutz                 schen Tier- und Pflanzenarten zu verbessern. In
und Landschaftspflege” des Regierungsprä-                     Speyer informierten sich die Studierenden über
sidiums Karlsruhe stellte den Studierenden                    Planung und Betrieb von Hochwasserschutzan-
das Gebiet und das von 2011 bis 2015 dort                     lagen am Rhein. Der Leiter der Deichmeisterei/
durchgeführte LIFE+-Naturschutzprojekt vor.                   Neubaugruppe Hochwasserschutz der Struktur-

                                                Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung                        9
und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) in                 haltung führte zu einer allgemeinen Akzeptanz
25 Jahre Umweltsicherung
                           Speyer, Dipl.-Ing. Koch, stellte unterschiedliche          des Vorhabens. Höhepunkt der Exkursion war
                           Vorhaben zum Hochwasserschutz am rheinland-                die Fahrt auf dem Rhein mit der MS „Burgund”
                           pfälzischen Oberrhein vor, insbesondere die                (Abb. 2), dem Mess- und Untersuchungsschiff
                           Hochwasserrückhaltungen in großflächigen                   des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz.
                           Poldern und verschiedene Deichrückverle-                   Die „schwimmende Messstation” wird auf den
                           gungen. Vorort wurde die 2013 fertiggestellte              schiffbaren Flüssen Rhein, Mosel und Saar zur
                           Hochwasserrückhaltung Mechtersheim, die in                 allgemeinen Gewässeraufsicht eingesetzt. Die
                           der Rheinniederung zwischen Germersheim und                umfangreiche Laborausstattung ermöglicht eine
                           Speyer liegt und eine Rückhaltefläche von rund             detaillierte physikalische, chemische und biolo-
                           145 ha umfasst, besichtigt. In diesem gesteu-
                                                                                      gische Untersuchung der Wasserbeschaffenheit
                           erten Polder können zukünftig bei Hochwasser
                                                                                      und die der Schwebstoffe und Sedimente. Leider
                           bis zu 3,6 Mio. m³ Rheinwasser vorübergehend
                                                                                      war auf Grund der leichten Hochwasserführung
                           zurückgehalten werden. Die Flutung erfolgt,
                                                                                      des Rheins zum Zeitpunkt der Exkursion keine
                           wenn der Abfluss des Rheins am Pegel Worms
                           5.500 m³/s überschreitet, was im statistischen             biologische Probenahme von der Rheinsohle mit
                           Mittel alle 20 bis 25 Jahre auftreten kann. An             dem Bodengreifer möglich.
                           den unterschiedlichen Stationen, die im Ge-                Die Studierenden bekamen einen Einblick in
                           lände angefahren wurden, verdeutlichten Herr
                                                                                      die Besonderheiten der Gewässerökologie des
                           Vogel und seine Mitarbeiter von der SGD Süd
                                                                                      Rheins vermittelt. Die aquatische Lebensge-
                           die Besonderheiten bei den Einlass- und Aus-
                                                                                      meinschaft des Rheins ist sehr stark durch nicht-
                           lassbauwerken der Hochwasserrückhaltung und
                                                                                      heimische, invasive Arten überformt, so dass in
                           wiesen auf das intensive Moderationsverfahren
                           bei der Umsetzung des Planfeststellungsverfah-             manchen Gewässerabschnitten mehr als 70%
                           ren hin. Zum einen ist der Überflutungsraum                aller gefundenen Individuen zu nichtheimischen
                           durch intensive Landwirtschaft mit einem hohen             Arten gehören. Ein weiteres Problem ist die Erhö-
                           Anteil an Gemüsebau geprägt, so dass Ent-                  hung der Wassertemperatur durch Einleitung von
                           schädigungsregelungen für die Landwirtschaft               warmem Kühlwasser aus den Großkraftwerken
                           notwendig waren. Zum anderen befand sich                   entlang des Rheins, was ebenfalls zu Verschie-
                           das Naturschutzgebiet „Mechtersheimer Tongru-              bungen in der Besiedlung durch Arten führt und
                           ben” im geplanten Überflutungsraum und erst                das Auftreten von Sauerstoffdefiziten verbunden
                           dessen Herausnahme aus der geplanten Rück-                 mit Fischsterben befördert.

                           Abb. 2: Mess- und Untersuchungsschiff MS „Burgund” des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz    Foto: HSWT

                            10      Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Vorstellung des Lehrgebietes

                                                                                                                  25 Jahre Umweltsicherung
    Gewässerkunde – Gewässerökologie – Wasserwirtschaft
                        Prof. Dr. Andreas Hoffmann, Gewässerökologie
Mit Einführung der Europäischen Wasserrah-                 durch die menschliche Nutzung der Oberflächen-
menrichtlinie im Jahre 2000 stand die Wasser-              gewässer und den angrenzenden Auenbereichen
wirtschaft in Deutschland und in den anderen               herrühren. Dazu zählen stoffliche Belastungen
Mitgliedstaaten der EU vor neuen Herausfor-                durch Nährstoffe, Xenobiotika (insbesondere
derungen. War früher die Überwachung und                   Pflanzenschutzmittel, aber auch Mikroplastik),
Bewirtschaftung unserer Gewässer streng an                 die Veränderung der aquatischen Lebensgemein-
administrative Grenzen gebunden, steht jetzt               schaften durch die Etablierung gebietsfremder
das Gewässer von der Quelle bis zur Mündung                Arten (Neobiota), die hydromorphologische
mit samt seinem Einzugsgebiet im Fokus. Dies               Degradation (d.h. strukturelle Verarmung durch
bedingt eine stärkere Zusammenarbeit der                   Begradigung, Aufstau etc.), sowie der Einfluss
Wasserbehörden sowohl auf nationaler als auch              des Klimawandels auf die heimischen Gewässer.
internationaler Ebene. Durch die Bewertung                 Seeinterne Therapiemaßnahmen und Möglich-
einer Anzahl unterschiedlicher aquatischer Orga-           keiten der Sanierungen des Einzugsgebiets bei
nismengruppen bei der Gewässerüberwachung                  stehenden Gewässern sowie strukturelle Verbes-
rückte die Ökologie stärker in den Mittelpunkt             serungsmaßnahmen und deren Auswirkungen
der Betrachtung. Im Rahmen der beiden Studien-             auf den ökologischen Zustand bei Fließgewässern
gänge Umweltsicherung und Wassertechnologie                stehen im Mittelpunkt der Veranstaltungen zur
wird den Studierenden durch eine Vielzahl von              Sanierung und Renaturierung von Gewässern.
Veranstaltungen des Lehrgebiets „Gewässer-                 Durch eine Vielzahl an Exkursionen und Gelän-
kunde/Gewässerökologie/Wasserwirtschaft”                   depraktika werden die theoretisch vermittelten
grundlegende und vertiefende Kenntnisse zu                 Kenntnisse durch praxisnahe Übungen vertieft.
Ökologie, Schutz und Nutzung unserer heimi-                Durch Einbindung von externen Lehrbeauftrag-
schen Gewässer vermittelt. Beginnend mit einem             ten (Wasserwirtschaftsämtern, Ingenieurbüros)
Überblick über die Struktur und Funktion von               bekommen die Studierenden schon frühzeitig
Lebensgemeinschaften von Still- und Fließge-               Einblick in die berufliche Praxis. Durch die Mög-
wässern erwerben die Studierende Kenntnisse zu             lichkeit der Mitarbeit an langfristig angelegten
den ökologischen Ansprüchen der verschiedenen              Untersuchungen zur Wiederbesiedlung von rena-
Indikatororganismen, sowie den Methoden zur                turierten Fließgewässerabschnitten (Abb. 1) und
Bestimmung von Gewässergüte- und Zustands-                 der Erfolgskontrolle von umgesetzten Renaturie-
indikatoren. Auf Basis dieses grundlegenden                rungsmaßnahmen sind die Studierenden gut ge-
Wissens zur Ökologie limnischer Systeme wird               rüstet, um Aufgaben der Gewässerüberwachung
ein vertiefter Einblick in die Umsetzung der EG-           und –bewertung, ferner der Maßnahmenplanung
Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) vermittelt                und -umsetzung bei den Umwelt- und Wasser-
und in die Wirkung von Belastungsfaktoren, die             behörden oder Ingenieurbüros zu übernehmen.

Abb. 1: Untersuchungsstrecke des renaturierten Kochers bei Unterkochen/Aalen (BW) im Frühjahr 2015 (links), im
Frühjahr 2017 (rechts)                                                                                  Foto: HSWT

                                               Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung                    11
Die Sorptivität von Böden
25 Jahre Umweltsicherung
                                             Prof. Dr. Wilhelm Pyka, Hydrogeologie und Bodenschutz
                           Die Infiltration von Niederschlagswasser in den            S ist die Sorptivität [cm h-1/2], t die Zeit [h] und
                           Boden ist ein wichtiger Prozess im Wasserkreis-            A ein Versuchsparameter [cm/h], der mit der hy-
                           lauf. Böden, die gute Infiltrationsbedingungen             draulischen Leitfähigkeit verknüpft ist. Im Lehr-
                           aufweisen, sind in der Lage, Wasser zeitweise zu           gebiet Bodentechnologie wird zurzeit an einer
                           speichern, fördern die Grundwasserneubildung,              Labormethode gearbeitet, die eine verlässliche
                           verringern den Oberflächenabfluss und damit die            Bestimmung der Sorptivität anhand ungestörter
                           Erosion. Das Infiltrationsvermögen wird dabei              Bodenproben erlaubt und darüber hinaus die
                           von zahlreichen Einflussgrößen bestimmt. Eine              Möglichkeit eröffnet, dieselben Proben zur Varia-
                           wichtige Rolle spielen beispielsweise ein stabiles         tion der Randbedingungen (z.B. Anfangswasser-
                           Bodengefüge oder der Schutz der Bodenober-                 gehalt) und für weitergehende Untersuchungen
                           fläche durch die Vegetation. Typischerweise ist            (z.B. Wasserspannungskurve, Porosität, Gefü-
                           das Infiltrationsgeschehen während eines Nie-              gestabilität) zu verwenden. Als methodischer
                           derschlagsereignisses dadurch geprägt, dass zu             Versuchsansatz soll eine modifizierte Apparatur
                           Beginn eine hohe Infiltrationsrate zu verzeich-            nach Enslin-Neff [1] zum Einsatz kommen (Abb.
                           nen ist, die im weiteren Verlauf kontinuierlich            1). Normalerweise dient dieses Messgerät zur
                           abnimmt. Während der Anfangsphase wird die                 Bestimmung des Wasseraufnahmevermögens
                           Infiltrationsrate zunächst von Kapillarkräften             von Böden in der Geotechnik als wichtiger Kenn-
                           bestimmt und zunehmend von der hydraulischen               wert bindiger Böden. Im neuen Zusammenhang
                           Leitfähigkeit abgelöst.                                    soll diese Methode gerade die Anfangsphase der
                                                                                      Versickerung quantitativ erfassen und detaillierte
                           Nach PHILIP (1957) lässt sich der Infiltrations-           Untersuchungen in Bodenprofilen an ungestörten
                           verlauf bzw. die Infiltrationsrate i [cm/h] mit            Bodenproben ermöglichen.
                           nachfolgender Gleichung beschreiben:

                           Abb. 1: Modifizierte Messapparatur nach Enslin-Neff [1]

                           Literatur:
                           [1]: Neff, H.K. (2005): Der Wasseraufnahmeversuch nach ENSLIN-NEFF in der erd- und grundbautechnischen Praxis.
                                5. Österreichische Geotechniktagung am 21.02. und 22.02. 2005, Wien

                            12      Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Kapillare Filmbewässerung zur Steigerung der

                                                                                                               25 Jahre Umweltsicherung
                Wassernutzungseffizienz von Pflanzen
                      Prof. Dr.-Ing. Frank Kolb, Wassertechnologie

Durch die zunehmende Ausprägung des Klima-
wandels und die dadurch bedingten Veränderun-
gen in den Niederschlagsereignissen ist davon
auszugehen, dass die bewässerten Flächenan-
teile in der Nahrungsmittelproduktion in den
nächsten Jahren steigen werden.

Die aktuell eingesetzten Bewässerungssysteme
bewirken eine Durchfeuchtung des Unterbodens
bis zur Oberfläche, wodurch Bewässerungswas-
seranteile durch die Evaporation verdunstet
werden. Hinzu kommt, dass durch die tropfen-
förmige Abgabe des Bewässerungswassers eine
Durchsickerung des Unterbodens und somit eine
Auswaschung von Mineralstoffen erfolgen kann.

Diese beiden Mechanismen können das Nähr-
stoff- und Ionengleichgewicht im Boden nach-
haltig beeinflussen. Bei der Filmbewässerung
(Abb. 1) werden nur geringe Sickerwasseranteile
generiert, da die Flüssigkeit nahezu vollständig
im Kapillargewebe gebunden ist und somit fast
uneingeschränkt den Pflanzen für ihre physio-       Abb. 1: Feldversuch mit der Filmbewässerung – Abgedeckte
logische Entwicklung zur Verfügung gestellt         Salatreihe nach der Pflanzung mit einer Schlagbreite von ca.
werden kann.                                        50 m                                    Foto: W. Patzwahl

   Nachweis von Säugetieren in der Gemarkung Weidenbach:
         Ergebnis bei „klassischer“ Vorgehensweise
  F. Kässner, J. Matern, B. Naumann, B. Schulze, U. Unterbichler, J. Weihermüller,
             L. Weisspfennig, Prof. Dr. Martin Döring, Zoologie / Ökologie

Heckenzüge gliedern die Kulturlandschaft nicht      wurden in diesen beiden Arbeiten mindestens
nur angenehm für das menschliche Auge, son-         12 bodengebundene Säugetierarten, darunter
dern sind vor allem wichtige Rückzugsräume und      5 Fleischfresser vom großen Rotfuchs bis hin zu
Biotopverbindungskorridore für Tiere. Zwei Ba-      den kleinen Spitzmausarten.
chelorarbeiten aus dem Sommersemester 2017
sollten das Vorkommen von Säugetieren entlang       Spitzmäuse führen aufgrund ihres Stoffwechsels
von Heckenzügen in der Gemarkung Weidenbach         und damit Nahrungsbedarfs stets ein „Leben am
mit Hilfe von Foto- und Lebendfallen belegen [1].   Limit”, was im Sommerhalbjahr leichter fällt. Um
Hierbei ging es nicht nur um die gesellschaft-      insbesondere Aufschluss über das Vorkommen
lich und politisch geforderte Erhaltung bzw.        dieser kleinen fleischfressenden Nützlinge zu
Förderung der Artenvielfalt, sondern auch um        erhalten, die lebend nicht leicht bestimmbar
mögliche positive Effekte für die Landwirtschaft    sind, wurden o. g. Vorarbeiten ab dem Win-
durch Helfer in Sachen Schädlingsbekämpfung         tersemester 2017/18 in einem PLV-Projekt mit
im Acker- und Grünland auf ökologische Weise.       Foto- und Lebendfallen wie bisher fortgesetzt
Das Ergebnis war respektabel: Nachgewiesen          [2] und die herkömmliche Artbestimmung durch

                                         Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung                      13
Haarprobennahme um molekularbiologische                        werden; nachfolgende Bilder (Abb. 1a/b) veran-
25 Jahre Umweltsicherung
                           Methoden erweitert. Auch für das Auge schwer                   schaulichen die Problematik.
                           unterscheidbare Arten sollten so sicher erkannt

                           Abb. 1a: Infrarot-(IR)-Fotoaufnahme eines Stein-/ Baummaders [1]                Abb. 1b: Haarprobennahme bei einer
                                                                                                           Spitzmaus [2]
                           Welche Art könnte (nur) nach Augenschein zweifelsfrei (!) so nachgewiesen werden?

                           Literatur:
                           [1] Matern, J. (2017): Vorkommen von Säugern entlang des Heckenzuges zwischen Ziegelacker und Rangacker in
                               Triesdorf, Bachelorarbeit Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
                           [2] Kässner, F.; B. Schulze, J. Weihermüller und L. Weißpfennig (2018): (Klein-)Säuger in der Kulturlandschaft, PLV-
                               Projekt Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

                                                                        DNA‐Barcoding
                             Sarina Reichardt, Renate Herrmann, Prof. Dr. Heidrun Rosenthal, Mikrobiologie

                           Die Bestimmung von Organismen ist bei „großen”                 aus dem Gen für die mitochondriale Cytochrom-
                           Tieren wie zum Beispiel einem Elefanten anhand                 Coxidase (COI). Die Variation der Basenabfolge
                           von äußeren (morphologischen) Kennzeichen                      in der Barcode-Sequenz ist zwischen gleichen/
                           ziemlich einfach. Bestehen Zweifel kann ein aus-               ähnlichen Arten gering, zwischen verschiedenen
                           gewiesener Experte, ein sogenannter Taxonom,                   Arten höher. DNA-Sequenzen sind in umfang-
                           zu Rate gezogen werden. Taxonomen, die sich                    reichen Datenbanken verschiedener Projekte
                           mit bestimmten Organismengruppen gut aus-                      wie dem Barcoding Fauna Bavarica (BFB), dem
                           kennen, sind aber eine aussterbende Spezies.                   German Barcode of Life (GBOL) oder dem Inter-
                           Was also, wenn Kleinstlebewesen einer Gewäs-                   national Barcode of Life (iBol) hinterlegt. Diese
                           serprobe bestimmt werden müssen oder wenn                      Datenbanken sind frei zugänglich und können
                           nur Gewebeproben zur Verfügung stehen?                         für den Abgleich eigener Proben genutzt wer-
                                                                                          den. Der Abgleich der DNA-Sequenz und damit
                           Glücklicherweise gibt es eine alternative Methode              Bestimmung der Art ist allerdings der letzte
                           zur Bestimmung - das sog. Barcoding. Ein DNA-                  Schritt. Als erstes werden am PCR-Arbeitsplatz
                           Barcode bei Tieren ist eine charakteristische                  im Molekularbiologie-Labor (Abb. 1) wenige Mi-
                           DNA-Sequenz von 600 bis 800 Basenpaaren                        krogramm an DNA aus den Proben isoliert.

                            14       Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
isolierte DNA wird dann über die Polymerase

                                                                                                                       25 Jahre Umweltsicherung
                                                               Kettenreaktion (PCR) vervielfältigt und die DNA
                                                               zur Sequenzierung in ein akkreditiertes Labor
                                                               geschickt. Innerhalb von zwei Tagen liegen die
                                                               Ergebnisse in Form eines DNA-Barcodes vor, die
                                                               einen Abgleich mit den Datenbanken und damit
                                                               die Bestimmung ermöglichen.

                                                               Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit etablierte
                                                               Reichardt (2018) [1] die Methode zum Barcoding
                                                               von Mäusen. Die Haare wurden im Rahmen des
                                                               PLV-Projektes „Erfassung von (Klein-)Säugern
                                                               entlang Heckenzügen” [2][3] von lebenden Mäu-
                                                               sen mittels einer Pinzette entnommen.

                                                               In Abb. 2 ist ein Abgleich exemplarisch dar-
Abb. 1: Die Werkbank PCR UV2-Workstation                       gestellt. So konnte für eine Haarprobe eine
                                                               100%ige Übereinstimmung mit der Feldspitz-
Um an DNA-haltiges Gewebe von Tieren zu                        maus (Crocidura leucodon [Hermann, 1780])
kommen, reichen einige Haare aus. Wichtig ist,                 und eine 99,65%ige Übereinstimmung mit der
dass dabei Haarwurzeln mit entnommen wer-                      Gartenspitzmaus (Crocidura suaveolens [Pallas,
den, da nur dort diese DNA enthalten ist. Die                  1811] ermittelt werden.

Abb. 2: Artnachweis einer lebenden Maus ermittelt über die Datenbank BOLD des International Barcode of Life (iBol)

Literatur:
[1] Reichardt, S. (2018): Maus-Barcoding, Bachelorarbeit, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
[2] Kässner, F.; B. Schulze, J. Weihermüller und L. Weißpfennig (2018): (Klein-)Säuger in der Kulturlandschaft, PLV-
    Projekt Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
[3] Matern, J. (2017): Vorkommen von Säugern entlang des Heckenzuges zwischen Ziegelacker und Rangacker in
    Triesdorf, Bachelorarbeit Fachbereich Zoologie/Ökologie, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

                                                 Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung                        15
Biologische Methanisierung auf Hausmülldeponien
25 Jahre Umweltsicherung
                                               Prof. Dr.-Ing. Gert Lautenschlager, Abfallwirtschaft

                           Seit 2005 ist nur noch die Deponierung von Ab-      Im Gegensatz zu bisherigen PtG-Verfahren, die
                           fällen mit sehr geringen organischen Anteilen       einen äußerst hohen Methangehalt anstreben
                           zulässig. Seitdem gehen auf allen deutschen         (CH4 > 97 Vol.-%), um das Gas ins deutsche
                           Hausmülldeponien die produzierten Gasmengen         Erdgasnetz einspeisen zu können, sind die An-
                           und auch die Methangehalte kontinuierlich zu-       forderungen für eine Nutzung in den BHKWs von
                           rück. Werden bestimmte Mengen und Konzentra-        Deponien deutlich niedriger. Methangehalte von
                           tionen (35 – 40 Vol.-%) an Methan unterschrit-      40 – 45% sind völlig ausreichend. Die PtG-Anlage
                           ten, ist eine Verwertung in Blockheizkraftwerken    kann technisch wesentlich einfacher ausgeführt
                           (BHKW) nicht mehr möglich. Das Deponiegas           werden, was mit erheblichen Kosteneinspa-
                           muss dann zur Umwandlung des stark klimage-         rungen einhergeht. Die Wirtschaftlichkeit des
                           fährdenden Methans ohne weitere Nutzung über        PtG-Verfahrens verbessert sich außerdem noch
                           Fackeln verbrannt werden.                           dadurch, dass durch die Methananreicherung
                                                                               auch das im Deponiegas vorhandene Methan
                                                                               weiterhin energetisch sinnvoll genutzt werden
                                                                               kann. Ferner besteht die Option, die Deponie als
                                                                               großen Gasspeicher zu nutzen.

                                                                               Zunächst soll die Methansynthese im Labormaß-
                                                                               stab erprobt werden. Das Deponiegas wird über
                                                                               eine Gasmischung aus CO2, CH4 und N2 simuliert.
                                                                               H2 wird aus Flaschen bezogen. In einem ge-
                                                                               rührten, begasten und temperierten Bioreaktor
                                                                               sollen Mikroorganismen (Archaee-Bakterien)
                                                                               bei Temperaturen von 40 bis 70°C das über das
                                                                               Deponiegas zugeführte CO2 und den eingedüs-
                                                                               ten H2 gemäß Gleichung (1) in CH4 umwandeln.
                                                                               Eine entsprechende Versuchseinrichtung wurde
                                                                               im Labor bereits aufgebaut (Abb. 1). Erste Ver-
                                                                               suchsreihen mit Reinkulturen wurden bereits
                                                                               durchgeführt. Da diese Mikroorganismen sehr
                                                                               sensibel auf Verunreinigungen reagieren, sind
                                                                               weitere Untersuchungen mit Mischkulturen ge-
                                                                               plant. Ziel der Laborversuche ist ein optimierter
                           Abb. 1: Labor-Versuchsaufbau          Foto: HSWT   Reaktorbetrieb mit maximaler Methanausbeute.

                                                                               Nach erfolgreichem Abschluss der Laboruntersu-
                           Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines        chungen sind Versuche mit realem Deponiegas
                           Verfahrens, mit dem der Methangehalt im De-         unter praxisnahen Bedingungen auf einer Haus-
                           poniegas so weit angehoben werden kann, dass        mülldeponie geplant.
                           es weiter im BHKW verwertet werden kann. Die
                           Methananreicherung soll nach dem Prinzip Power
                           to Gas (PtG) erfolgen, d.h. mit überschüssigem
                           Ökostrom wird Wasserstoff H2 elektrolytisch
                           erzeugt, der zusammen mit CO2 aus dem De-
                           poniegas gemäß Gleichung (1) zu Methan CH4
                           umgewandelt wird:

                                                     4 H2 + CO2 ↔ CH4 + 2 H2O ΔHR = -164,9 kJ/mol (1)

                            16      Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung
Mikrobielle Karbonisierung

                                                                                                         25 Jahre Umweltsicherung
                   Prof. Dr. Rudolf Huth, Chemie und Umweltanalytik,
                      sowie Biomasse-Institut Triesdorf-Ansbach

1. Einführung und Problemstellung                  (Wassergehalt, Glühverlust, pH-Wert, Ammo-
                                                   nium- sowie Nitratkonzentration) ermittelt. Die
Biokohle wird bereits seit einigen Jahren in der
                                                   Bestimmung von pH-Wert mit der pH-Elektrode
Literatur als Bodenverbesserer diskutiert und
                                                   sowie Ammonium- und Nitratkonzentration
auch in der Praxis angewendet. An der großen
                                                   (photometrisch) erfolgt in CaCl2-Extrakten [3].
Oberfläche der Biokohle werden Nährstoffe wie
Nitrat sehr gut adsorbiert und wirken daher als
Depot für die Nährstoffversorgung von Pflanzen.
Dies kann letztlich zu einem geringeren Ver-
brauch an Düngemitteln beitragen und das Trink-
wasser vor einer Nitratüberfrachtung schützen.
Zudem wirkt die dem Boden zugesetzte Biokohle
der Nährstoffabschwemmung bei Starkregener-
eignissen entgegen und verhindert somit die
Humusabnahme [1].

Biokohle kann aus organischem Abfallmaterial
durch Pyrolyse, Hydrothermale Karbonisierung
(HTC) oder Vapothermale Karbonisierung (VTC)
hergestellt werden. Ein neues, bisher noch kaum
untersuchtes Verfahren ist die Mikrobielle Kar-
bonisierung.

Als Mikrobiellen Karbonisierung wird die Umset-
zung von organischer Biomasse und biogenen
Reststoffen innerhalb eines mesophilen und an-     Abb. 1: Abgedeckte Dewar-Gefäße mit Thermoelementen
oxischen Milieus unter Zugabe von ausgewählten
Mikroorganismen bezeichnet [2].

Unter anaeroben Bedingungen wandeln Mikro-         3. Ergebnisse
organismen lignin- und eiweißhaltige Stoffe zu
komplexen Huminstoffen um. Dabei entsteht nur      Zu Beginn läuft der Abbauprozess des organi-
wenig CO2, der Kohlenstoff bleibt weitestgehend    schen Materials aerob ab, was mit einem Tem-
im Substrat. Die Mikrobielle Karbonisierung soll   peraturanstieg auf ca. 55°C einhergeht, bevor
gegenüber der oxischen Kompostierung schneller     dieser nach ca. 4 Wochen in einen anaeroben
vonstatten gehen und mit deutlich geringeren       Verlauf übergeht. In dieser Phase liegt die
Geruchsbelästigungen verbunden sein.               Temperatur bei ca. 26,5°C. Rund 88 % der an-
                                                   fänglichen Kohlenstoff-Masse (GV 79 % nach 11
2. Versuchsaufbau                                  Wochen von GV 90 % zu Beginn) verbleiben im
                                                   Produkt und werden nicht in CO2 umgewandelt.
Im Labor wurden Hopfenrebhäcksel (80 Mas-          Im Eluat nimmt der Nitratgehalt ab, während der
sen-%), Silage (10 Massen-%) sowie Gärrest         Ammoniumgehalt deutlich ansteigt, je länger die
(10 Massen-%) miteinander vermischt und leicht     Umwandlung der Biomasse andauert (Abb. 2).
verdichtet in Dewar-Gefäße gefüllt. Jedes Gefäß
wird mit einem Thermoelement zur Temperatur-       4. Fazit
aufzeichnung versehen. Die Dewar-Gefäße wer-
den mit Alu-Folie abgedeckt, um ein Austrocknen    Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Mikro-
der Versuchsansätze zu verhindern (Abb. 1).        bielle Karbonisierung in sehr kurzer Zeit ein
                                                   Biokohle-Produkt ergibt, das vermutlich ähnlich
In einem Zeitraum von 11 Wochen werden die         wie Kompost eingesetzt werden kann. Anwen-
Temperaturen in den Dewar-Gefäßen aufge-           dungsversuche in der Landwirtschaft sollen die
zeichnet. Zu Beginn und nach jeweils 4, 8 sowie    Einsatzfähigkeit des Produktes unter Beweis
11 Wochen werden charakteristische Parameter       stellen.

                                         Jubiläumsausgabe 25 Jahre Umweltsicherung               17
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