Qualitätskultur - Möglichkeiten, Grenzen und Spannungsfelder - Netzwerk Musikhochschulen
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Qualitätskultur - Möglichkeiten, Grenzen und Spannungsfelder Vortrag am 6. QM-Workshop des Netzwerks Musikhochschulen zum Thema „Qualitätssicherung an Musikhochschulen - von der Sisyphusarbeit zur Qualitätskultur“ 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 1
Was ist Qualitätskultur? Besprechungskultur, Führungskultur, Integrationskultur,… Qualitätskultur Bedeutet das Suffix „Kultur“ qua se etwas „Gutes“? vgl. Wilhelm 2016 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 2
Konstrukt Kultur Unterschiedliche Kulturkonzepte Edgar Schein Drei Ebenen: sichtbare Elemente (Artefakte und Symbole, beobachtbares Verhalten), öffentlich propagierte Werte und die verborgene Ebene der Grundannahmen Die Grundannahmen sind die Grundlage für das Handeln und formen die Kultur Geert Hofstede Kultur als Menge typischer Eigenschaften auf den vier Ebenen Symbole, Helden, Werte und Rituale Die Handlungspraktiken sind auf allen vier Ebenen angesiedelt Johannes Rüegg-Stürm Aktiver Einfluss auf Kulturmuster durch Sprache Gareth Morgan Organisationen sind sozial konstruierte Wirklichkeiten, die in der symbolischen und subjektiven Art der Interpretation der Realität sichtbar wird vgl. Ehlers 2008 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 3
Konstrukt Kultur Kultur ist dynamisch und wird durch das aktive Handeln der Akteure beeinflusst. Sie umfasst ….. Auf drei Ebenen: Geteilte Sichtbare Regeln, Prozesse, Verhaltensweisen, Symbole Lebenspraxis Gemeinsame Sichtbare und veröffentlichte Werte und Überzeugungen Gewohnheiten Interaktionen im Unausgesprochene, einer Reflexion schwer zugängliche sozialen Gefüge Überzeugungen Vgl. z.B. Ehlers 2008, Hörning & Reuter 2008, Reckwitz 2004 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 4
Habitus Für das Verständnis der unausgesprochenen Überzeugungen ist der Begriff des Habitus hilfreich: Grundhaltung des Menschen zur Welt und zu sich selbst Über Erfahrungen erworbene Schemata, die Möglichkeiten und Grenzen des Denkens und Handelns bestimmen: Wahrnehmung der sozialen Praxis, Einordnung der Praxis und Handlungsschemata Vgl. z.B. Frick 2017, Fuchs-Heinritz & König 2014, Hörning & Reuter 2004 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 5
Wirksamkeit des Habitus Aktive Wirksamkeit: Handeln Gesellschaftliche Strukturen Passive Wirksamkeit: Erfahrung Gesellschaftliche Strukturen Vgl. z.B. Frick 2017, Fuchs-Heinritz & König 2014, Hörning & Reuter 2004 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 6
Kultur hat Einfluss auf Qualitätsverständnis Vielfalt der Betrachtungen von Qualität Qualitätsdimensionen nach Harvey Qualitätsdimensionen nach Garvin Qualität als Exklusivität Transzendenzansatz Qualität als Perfektion Orientierung am Produkt Orientierung am Design Qualität als Zweckmäßigkeit im Kundenorientierung Sinne der Kundenzufriedenheit Qualität als adäquater Wert-Ansatz Gegenwert Qualität als In der Regel nicht nur Auswahl Transformationsprozess einer der Dimensionen Vgl. Harvey 2009, Berings 2010 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 7
Unterschiedliche Zugänge zur Qualitätskultur Der Fokus auf unterschiedliche Kulturebenen und unterschiedlicher Qualitätsdimensionen führt zu unterschiedlichen Zugängen zur Qualitätskultur. Orientierung an der externen Qualitätssicherung Mess- und gestaltbare Organisationsdimension Hilfsmittel zur Qualitätsverbesserung Fokus auf dem hochschulischen Diskurs vgl. Wilhelm 2016 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 8
Qualitätskultur – Haben und Sein „Die Hochschule hat eine Qualitätskultur“ „Die Hochschule ist Qualitätskultur“ Implementierung möglich Konkretes Handeln und Sichtbare Elemente (Strukturen, Ziele) Verhalten in Organisationen Kriterien zur Bewertung - Messung Relevante Frage: in welcher Ausprägung liegt sie vor (fördernd oder hemmend)? ein Wert an sich ambivalent Vgl. Harvey & Stensaker 2008, Ehlers 2008, Jonach & Gramlinger 2017 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 9
Grenzen Zu positive Erwartung des Einsatzes von Qualitätskultur als Hilfsmittel zur Qualitätsverbesserung Risiko, „eine“ Qualitätskultur implementieren zu wollen Vgl. Jonach & Gramlinger 2017, Ehlers 2008, Weiler 2013 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 10
Beispiele für Spannungsfelder Externe Rahmenbedingungen Notwendigkeit von Innovation Kontrolle durch externe Kreativität in Forschung und Kunst Qualitätssicherung Gestaltung von Freiräumen Prüfkriterien in Selbststeuerung Akkreditierungsverfahren Rechenschaftslegung Zunahme an Diversität Trend zur Standardisierung Zunahme an Unterschieden Einhaltung von nationalen und (Internationalisierung, Durchlässigkeit) internationalen Standards Anrechnung und Anerkennung Standards als Gütesiegel Vgl. Frick 2017 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 11
Beispiele für Spannungsfelder Interne Rahmenbedingungen Qualitätsdiskussion Erfolgskriterien Diskurs und Reflexion Leistungskennzahlen als Zeitaufwand Qualitätsindikatoren Prinzipielles Problem der Messbarkeit in der Bildung Zunahme an Diversität Trend zur Standardisierung Berücksichtigung unterschiedlicher Gestaltung effizienter Prozesse Zielgruppen in Studium&Lehre Begrenzte Ressourcen Entwicklungen in der Lehre (Medien, Didaktik) Transformationsprozesse Formale Leistungserhebung Pädagogische Förderung von Hervorbringung von Exzellenz Entwicklung Formale Prüfungen Summative Evaluationen Vgl. Frick 2017 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 12
Möglichkeiten Qualitätskultur IST konstituierendes Element einer Organisation. Die Fragen nach Möglichkeiten lauten daher A) Wie kann Qualitätskultur zu einem fördernden Element entwickelt werden ? B) Wie kann die Qualitätskultur fördern ? Vgl. Ehlers 2008 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 13
A) Wie kann Qualitätskultur ein förderndes Element werden? Partizipation Einbindung der Hochschulmitglieder Wechsel Top-Down und Bottom-Up Transparenz Kommunikation und Diskurs Zeitfenster schaffen Offenheit gegenüber Fehlern, Bereitschaft zu kritischem Diskurs Trennung zwischen Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement Vgl. Ehlers 2008, Weiler 2013, Boentert 2013, EUA 2006, Vettori 2016 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 14
A) Wie kann Qualitätskultur ein förderndes Element werden? Berücksichtigung von Diversität Offenheit für andere Zugänge Weniger ausgefeilte Regelungsmechanismen: Schaffen von Balance zwischen Effektivität und Freiräumen in den Prozessen Systemische Herangehensweise Bereitschaft zu Wandel fördern mit Respekt gegenüber Traditionen Systematische Bereitstellung von geeigneten Austauschforen Vgl. Frick 2017, Berings 2010, Ehlers 2008, Vettori 2012 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 15
B) Wie kann Qualitätskultur fördern ? Mikroebene Weiterentwicklung in der Lehre Sich einlassen auf vielfältige Zielgruppen (Internationalität, Stars und Amateure) Umgang mit dem Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher/ künstlerischer und pädagogischer Bildung Persönliche Weiterentwicklung 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 16
B) Wie kann Qualitätskultur fördern ? Mesoebene Schaffen geeigneter Rahmenbedingungen durch die Hochschulen Gestaltung fördernder Strukturen Schaffung von leistungsbereichsübergreifenden Foren für den gemeinsamen Aushandlungsprozess des Qualitätsverständnisses Mut zur Deregulierung und Formulierung von Standards, die Dezentralisierung und Individualität zulassen Entkoppelung von Evaluationsergebnissen und Mittelzuwendung 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 17
B) Wie kann Qualitätskultur fördern ? Makroebene Akkreditierungsorgane und Geldgeber Entschlackung der Regelungsdichte in der externen Qualitätssicherung Annahme der Herausforderung, die Qualitätsdimension der eigentlichen Kernprozesse immer im Blick zu haben Kritische Reflexion der Ausrichtung auf Exzellenz und deren Rechenschaftslegung für die Verteilung von Mitteln 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 18
Wir sind gefordert als Finanzierungsgeber über eine kritische Reflexion der Steuerungsmechanismen, als Mitglieder in Akkreditierungskommissionen über eine realistische Einschätzung dessen, was Qualitätsstandards bewirken können, als Hochschulleitungen über die Bereitstellung von Ressourcen und Strukturen zur notwendigen Auseinandersetzung mit Qualität, als Studiengangsleitungen über die Einbindung diverser Interessengruppen bei der Gestaltung der Programme, als Mitglieder der Verwaltung in der zurückhaltenden und gemeinsam mit Vertreter/innen der Kernprozesse ausgehandelten Konzeption von Managementprozessen, als Lehrende in der ständigen Auseinandersetzung damit, was gute Lehre bedeutet und wie sie persönlich zu erreichen ist, und nicht zuletzt als Studierende/Lernende in dem Bewusstsein, dass die Qualität des eigenen Bildungsprozesses ganz wesentlich von eigenen Anstrengungen geprägt ist. 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 19
Literatur Berings, D. (2010): Reflection on quality culture as a substantial element of quality management in higher education. Online Zugriff am 10.10.18: http://www.aic.lv/bolona/2010/Sem09-10/EUA_QUA_forum4/III.7_-_Berings.pdf Boentert, A. (2013): Qualitätskultur durch Kommunikation. Das Beispiel der Fachhochschule Münster. In: Zeitschrift für Hochschulentwicklung, Jg.8, Nr.2, 125-137. Graz. Bourdieu, P. (1982): Die feinen Unterschiede. Zur Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt: Suhrkamp. Donzallaz, D. (2014): Vom „Schwachsinn“ zur Qualitätskultur – Tipps für den Umgang mit Problemen beim Aufbau von QM-Systemen in Universitäten. In: Nickel, Sigrun (Hrsg.): Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen: Erfahrungen aus der Hochschulpraxis. CHE-Arbeitspapier Nr. 163, Gütersloh, 27-38. Ehlers, U.D. (2008): Qualitätskultur für bessere Bildung. Hochschulen auf dem Weg von einer Kontroll- zu einer Qualitätskultur. In: Bildungsforschung, Jahrgang 5, Ausgabe 1. Frankfurt am Main: Deutsches Institut für internationale pädagogische Forschung. EUA European University Association (2006): Qualiy Culture in European Universities: A Bottom Up Approach. Report on the three Rounds of the Quality Culture Project. 2002-2006. Brüssel. Online Zugriff am 10.10.18: http://kokybe.vdu.lt/wp- content/uploads/2015/01/EUA_QC-in-universities-bottom-up.pdf Frick, M. (2017): Qualitätskultur – Möglichkeiten, Grenzen und Spannungsfelder aus Sicht einer Fachhochschule. In: AQ Austria (Hrsg.): Qualitätskultur Ein Blick in die gelebte Praxis der Hochschulen. Beiträge zur 4. AQ Austria Jahrestagung 2016 (S. 55-67). Wien: facultas. Hanselmann, P.G (2005): Wirkungen des Qualitätsmanagements: Qualitätskultur durch Qualitätsmanagement-Systeme. Aufsatz. Berlin. Online-Zugriff am 10.10.18: http://www.bagfw.de/uploads/media/2005-06-01_Aufsatz_Wirkungen_QM_QKultur.pdf Harvey, L. (2009): Deconstructing Quality Culture. Working Paper. Online Zugriff am 10.10.18: http://www.qualityresearchinternational.com/Harvey%20papers/Deconstructing%20quality%20culture%20EAIR%20Vilnius%202009 .pdf 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 20
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Vielen Dank für Ihr Interesse Kontakt: m.frick@hs-doepfer.de 27.09.2018 HSD Hochschule Döpfer, Prof. Dr. M. Frick 22
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