Coronakrise in Frankreich: Aktuelle Situation und Maßnahmen der Regierung - NAVIGATOR WEBINAR 3. April 2020 - DIHK
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Coronakrise in Frankreich: Aktuelle Situation und Maßnahmen der Regierung NAVIGATOR WEBINAR 3. April 2020 Patrick Brandmaier, Geschäftsführer AHK Frankreich 1
COVID-19 - Allgemeine Situation in Frankreich • Rasche Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie. Die Regionen Grand-Est und Île-de-France sind besonders betroffen. • Seit 15. März sind alle nicht für die Grundversorgung der Bevölkerung maßgeblichen Geschäfte, Restaurants und Vergnügungsstätten in ganz Frankreich geschlossen. • Seit 16. März sind Kitas, Kindergärten, Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen bis 3. Mai 2020 geschlossen. • Seit 17. März wurde eine weitgehende Ausgangssperre für zunächst 15 Tage verhängt, die aber nach einem Notstandsgesetz um bis zu zwei Monate verlängert werden kann, derzeit gilt sie bis zum 15. April. • Alle Einrichtungen für die Deckung der Grundbedürfnisse bleiben geöffnet. Verwaltungseinrichtungen, Versorgungsunternehmen sowie der öffentliche Verkehr halten ihren Betrieb in reduzierter Form aufrecht. 2
Personen- und Warenverkehr • Die Außengrenzen des Schengen-Raums sind für einen Zeitraum von 30 Tagen geschlossen. Die deutsch-französische Grenze ist für den Personen- und Warenverkehr offen, es wurden aber verstärkte Kontrollen eingeführt. Seit dem 20. März 2020 ist ein Grenzübertritt grundsätzlich nur noch an bestimmten Grenzübergängen möglich. • Die gesamte Logistikkette des Güterverkehrs bleibt mobilisiert (Straßentransport, Häfen, Massenverteilung, Großhändler, Lebensmittelindustrie), um die Kontinuität der industriellen Tätigkeit des Landes zu gewährleisten. • Berufspendler müssen allerdings entsprechende Nachweise der Arbeitgeber mitführen, aus denen sich die Notwendigkeit des Grenzübertritts ergibt (Ausgangsbescheinigung, Pendlerbescheinigung). • Eine Mitarbeiterentsendung nach Frankreich ist generell möglich. Unternehmen müssen jedoch nachweisen können, dass diese Entsendung wirklich notwendig ist (Arbeitsauftrag, Entsendebescheinigungen). 3
Auswirkungen auf die französische Wirtschaft • Die wirtschaftlichen Aussichten für 2020 haben sich eingetrübt. Derzeit geht die Regierung von einem Rückgang des BIPs von 1-2% aus, das kann sich aber bei einer Verlängerung der Maßnahmen verschlechtern. Bei einer Ausgangssperre von insgesamt 45 Tagen bis Ende April hat das Marktforschungsinstitut Xerfi am 24. März die Prognose auf ein Minus von 3,5% für 2020 gesenkt. • Eine Neuverschuldung von bis zu 7% des BIP wird für 2020 erwartet, die Gesamtschuldenlast wird dadurch bei deutlich über 100% des BIP liegen. • Einige Sektoren in Frankreich sind in großem Maße direkt von den Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und dem Nachfrageeinbruch betroffen, darunter die gesamte Veranstaltungsbranche, Hotellerie, Reiseveranstalter, Gaststätten, Luftfahrt und Verkehr per Bus und Bahn. • Viele Firmen leiden unter der Unterbrechung von internationalen Lieferketten und Instabilität durch den Ausfall von Mitarbeitern. 4
Auswirkungen auf die französische Wirtschaft • Starker Rückgang der Auslandsnachfrage, insbesondere in wichtigen französischen Branchen wie Kosmetik, Parfum, Wein, Spirituosen und Luxusartikel. • Das französische Wirtschaftsministerium schätzt, dass derzeit die industrielle Kapazität nur zu 25% ausgelastet ist. • Zu erwarten ist eine Investitionszurückhaltung der Unternehmen und bei Privathaushalten; Aufschiebung größerer Anschaffungen und weniger Ausgaben für Maschinen, Kfz, langlebige Konsumgüter und Luxusprodukte. • Unternehmen sind angehalten ihre Mitarbeiter via Telearbeit aus dem Home Office arbeiten zu lassen. Einige Unternehmen haben ihren Betrieb oder ihre Produktion eingestellt und Kurzarbeit angemeldet. • Die Regierung gibt an, dass am 2. April 2020 rund 400.000 Unternehmen für insgesamt 4 Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld beantragt haben. 5
Auswirkungen auf die französische Wirtschaft Einige wenige Positivmeldungen von Unternehmen, die ihre Produktion umstellen und sich der Krise anpassen: • Ein Konsortium von vier großen, französischen Unternehmen bauen Beatmungsgeräte: PSA, Valeo, Schneider Electric und Air Liquide • Die Parfumfabriken der Luxusholding LVMH produzieren Desinfektionsmittel. • Das Haute Couture Unternehmen Chanel stellt Schutzmasken her. • Der Sporthersteller Decathlon spendet seine Taucherbrillen für Krankenhäuser, die diese als Beatmungsmasken nutzen. • Viele BioTech Unternehmen entwickeln Coronavirus Schnelltests. 6
Unterstützungsmaßnahmen der Regierung Für Unternehmen, die durch die Coronakrise sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden, hat die französische Regierung folgende Maßnahmen festgelegt: • Aufschub von Fristen für die Zahlung von sozialen und steuerlichen Abgaben. • Die staatliche Investitionbank Bpifrance kann Bankkreditlinien (12-18 Monate) und Darlehen mit 3-7 J. Laufzeit für Unternehmen bis zu 90% garantieren. • Die Aufrechterhaltung der Beschäftigung in den Unternehmen durch die vereinfachte und verstärkte Kurzarbeitsregelung („activité partielle“). • Anerkennung des Coronavirus durch den Staat und die lokalen Behörden als Fall von höherer Gewalt („force majeure“). Folglich werden bei allen staatlichen und kommunalen Beschaffungsverträgen keine Verzugsstrafen verhängt. • Die Aussetzung der Wasser-, Gas-, Strom- und Mietkosten für die am meisten in Schwierigkeiten geratenen Kleinunternehmen sowie die Aussetzung ihrer Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. 7
Steuerliche Entlastungsmaßnahmen • Möglichkeit der Ratenzahlung für Unternehmen für die nächsten fälligen direkten Steuer (Körperschaftssteuervorauszahlung, Lohnsteuer). Hierfür wurde ein Formular bereitgestellt, das ausgefüllt per E-Mail an das jeweilige Finanzamt zurückgesendet werden kann. Die Stundung der ausstehenden Steuer erfolgt ohne Prüfung weiterer Nachweise für eine Dauer von drei Monaten und hat keine Strafzuschläge zur Folge. Auch kann eine Rückerstattung der Steuern für März beantragt werden. In diesem Fall müssen die besonderen Schwierigkeiten (Umsatzeinbruch, andere ausstehende Forderungen etc.) im Antrag dargelegt werden. • Für Selbständige ist es möglich, die Höhe der Einkommenssteuer anzupassen und die Zahlung der Steuerraten bis zu dreimal zu verschieben. 8
Beantragung von Kurzarbeit Wenn ein Unternehmen aufgrund von mangelnder Aktivität zur Schließung gezwungen ist, wenn Unternehmen in Sektoren aktiv sind, deren Tätigkeit nicht durch Telearbeit ausgeübt werden kann (Baugewerbe, Lebensmittelvertrieb, Industrie) oder deren Arbeitsplatz sich in einer Sperrzone befindet (Baustelle, Hauptsitz), gibt es die Möglichkeit , Arbeitnehmer aufgrund außergewöhnlicher Umstände in Kurzarbeit zu versetzen. Bei Kurzarbeit werden die Arbeitnehmer für den Einkommensverlust entschädigt, der durch die Verkürzung ihrer Arbeitszeit verursacht wird. Der Staat hilft den Arbeitgebern, diese Entschädigung zu finanzieren. In diesem Fall wird der Arbeitsvertrag ausgesetzt, aber die Arbeitnehmer erhalten eine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Der Staat gibt den von diesen Maßnahmen betroffenen Unternehmen 30 Tage Zeit, um ihre Kurzaktivität zu deklarieren. Die AHK Frankreich hilft bei der Beantragung des Kurzarbeitergeldes. Der Antrag kann hier herunterladen werden. 9
Kurzarbeit für deutsche Unternehmen ohne Betriebsstätte in Frankreich möglich! • Appell der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer an das französische Arbeitsministerium • Deutsche Unternehmen ohne Betriebsstätte in Frankreich können ab sofort den Einsatz von Kurzarbeit für französische Mitarbeiter beantragen und auf staatliche Hilfe zählen. • Staatliche Hilfe für Tausende von ausländischen Kleinunternehmen und deren rund 17.000 französischen Mitarbeitern in Frankreich. 10
Nützliche Informationen AHK Frankreich 18 rue Balard F- 75015 Paris E-Mail: ahk@francoallemand.com Die Rechtsabteilung hilft bei den Themen Mitarbeiterentsendung, steuerliche Entlastungsmaßnahmen und Kurzarbeitergeld für deutsche Unternehmen in Frankreich. Kontakt: tmatthes@francoallemand.com Sonderseite Coronavirus Frankreich: www.francoallemand.com/coronavirus 11
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