COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen
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COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit DLH-Geschäftsstelle: Leukämien und Lymphomen e.V. Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn Tel.: 0228-33 88 9 200 E-Mail: info@leukaemie-hilfe.de Unter der Schirmherrschaft von Fax: 0228-33 88 9 222 Internet: www.leukaemie-hilfe.de Mitglied bei COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen Aufbereitung der Vorträge „COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen“ auf der Mitgliederfortbildungsveran- staltung der DLH am 12. März 2022 und „COVID-19 und Impfung: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen“ auf der DLH-Fortbildungsveranstaltung am 5. Dezember 2022, Referentin: Prof. Dr. Marie von Lilienfeld-Toal, Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin II, Hämatologische und Internistische Onkologie, AG „Infektionen in der Hämatologie/Onkologie“, Am Klinikum 1, 07747 Jena [Erläuterungen zu Fachbegriffen und Abkürzungen siehe Textende] Einleitung Bei einigen Patienten kommt es nach COVID-19 Seit Anfang 2020 verbreitet sich weltweit das zu einem Long- bzw. Post-COVID-Syndrom, Corona-Virus SARS-CoV-2, das die Erkrankung d.h. Beschwerden, die auch noch 4 bzw. 12 Wo- COVID-19 hervorruft. Aufgrund seiner hohen chen nach Beginn der SARS-CoV-2-Infektion Wandlungsfähigkeit sind bereits verschiedene anhalten. Charakteristisch sind Atemwegsbe- Virusvarianten aufgetreten, zu nennen sind Al- schwerden mit u.a. Atemnot und chronischem pha, Beta, Gamma, Delta und Omikron - wobei Husten, chronische Erschöpfung (Fatigue), Ein- sich bei Omikron bereits mehrere Untervarianten bußen in den Bereichen Aufmerksamkeit, Ler- finden. So verbreitete sich seit Ende 2022 die O- nen und Gedächtnis, Sprache, Bewegung sowie mikron-Variante XBB.1.5 in den USA; auch in Wahrnehmen und Erkennen von Menschen Europa und Deutschland steigen die Zahlen. (neurokognitive Störungen), Gewichtsverlust Diese Virusvarianten unterscheiden sich bezüg- und die Störung weiterer Organe wie Herz, Nie- lich der Übertragbarkeit und der Schwere der Er- ren, Leber und Magen-Darm-Trakt. krankung, die sie hervorrufen. So werden die O- mikron-Varianten und insbesondere die Variante Im Vergleich zu Gesunden haben Krebspatien- XBB.1.5 am schnellsten verbreitet, während ten ein höheres Risiko, an COVID-19 zu erkran- Delta die schwersten Erkrankungen und die ken. Zudem verläuft bei ihnen die Erkrankung höchste Zahl an Hospitalisierungen und Aufnah- häufig schwerer als bei Gesunden einschließlich men auf die Intensivstation hervorgerufen hat. der Möglichkeit, an der Erkrankung zu verster- Erstaunlich ist dabei, dass die Virusvarianten nur ben. Dies trifft insbesondere auf Patienten mit für einen kurzen Zeitraum nebeneinander auftre- hämatologischen Krebserkrankungen zu. Unter ten und sodann eine Variante das Krankheitsge- diesen wiederum sind besonders jene Patienten schehen in einem lokalen Bereich dominiert. betroffen, deren B-Zellen erkrankt sind und bei denen diese veränderten B-Zellen im Zuge einer SARS-CoV-2 infiziert primär die Atemwege, wo- Therapie abgebaut werden. Weiterhin treten bei bei die Variante Delta eher das tiefe Lungenge- Krebspatienten mit Long- bzw. Post-COVID ins- webe und die Variante Omikron eher die oberen besondere chronische Erschöpfung und Atem- Atemwege befällt. So werden beispielsweise not als Symptome auf. von Delta die Lungenbläschen teilweise zerstört, sodass es zu einer erheblichen Sauerstoffunter- Anhand des Krankheitsgeschehens in den letz- versorgung kommen kann; entsprechend müs- ten Jahren ist davon auszugehen, dass SARS- sen die Erkrankten beatmet werden. Weiterhin CoV-2 wie auch andere die Atemwege befal- werden auch das Herz-Kreislauf-System, die lende Viren sich nicht mehr verdrängen lässt. Es Nieren, der Magen-Darm-Trakt und das Gehirn wird voraussichtlich in Deutschland heimisch infiziert mit den entsprechenden Schäden am werden und immer wieder COVID-19-Erkran- Gewebe. kungen auslösen, ohne dabei das gesamte Krankheitsgeschehen zu beherrschen. So wur- COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
2 den Ende 2022 die Erkrankungen der Atem- Proteinimpfstoffe wege dominiert von den Grippeviren, gefolgt Ein Proteinimpfstoff enthält das Protein bzw. vom Respiratorischen Synzytial-Virus und den Teile des Proteins, das für einen Krankheitserre- Rhino-Viren. SARS-CoV-2 war von untergeord- ger typisch ist; im Falle von SARS-CoV-2 han- neter Bedeutung. Damit sind die für die Vermei- delt es sich um das Spike-Protein. Da die im- dung einer Atemwegsinfektion zu wählenden munaktivierende Wirkung eines Proteins in der Strategien jeweils an die konkreten Gegeben- Regel relativ schwach ist, beinhaltet der Impf- heiten anzupassen. stoff zusätzlich einen Hilfsstoff (Adjuvans). Wird der Impfstoff gespritzt, wird das Spike-Protein von den Zellen des Immunsystems aufgenom- men und auf den Zellmembranen präsentiert. Es Impfstoffe und Impfungen kommt zur Aktivierung des Immunsystems. Weltweit sind verschiedene Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 und somit COVID-19 zugelassen. Totimpfstoffe Hierbei sind RNA-Impfstoffe, Vektorimpfstoffe, Ein Totimpfstoff enthält das abgetötete Virus Proteinimpfstoffe und Totimpfstoffe zu unter- oder abgetötete Teile des Virus sowie einen scheiden, die wie folgt charakterisiert sind: Hilfsstoff. Wird der Impfstoff gespritzt, wird das abgetötete Virus (bzw. Teile davon) von den Zel- RNA-Impfstoffe len des Immunsystems aufgenommen und auf Die RNA-Impfstoffe enthalten eine Abschrift den Zellmembranen präsentiert. Es kommt zur (mRNA) des Gens bzw. von Teilen des Gens, Aktivierung des Immunsystems. das die „Bauanleitung“ für eine charakteristische Proteinstruktur des Virus - im Falle von SARS- Bivalente Impfstoffe CoV-2 das Spike-Protein - enthält. Eingehüllt ist Da sich die Spike-Proteine der Omikron-Varian- die mRNA in eine Lipidhülle. Wird der Impfstoff ten von SARS-CoV-2 teilweise deutlich von den gespritzt, verschmilzt die Lipidhülle mit der Zell- Spike-Proteinen der übrigen Virusvarianten un- membran der betroffenen Zellen. Es kommt zur terscheiden, war von einem nur unzureichenden Freisetzung der mRNA in die Zellen, jedoch ge- Ansprechen der Impfung mit den zunächst ent- langt die mRNA nach den bisherigen Erkennt- wickelten Impfstoffen gegen die Infektion mit nissen nicht in den Zellkern und kann somit nicht den Omikron-Varianten auszugehen. Entspre- in die Erbanlagen übergehen. Die mRNA veran- chend wurden an die Omikron-Varianten BA.1 lasst die Zellen, das Spike-Protein oder Teile sowie BA.4 und BA.5 angepasste mRNA-Impf- des Spike-Proteins zu bilden und freizusetzen. stoffe entwickelt und mit den mRNA-Impfstoffen In der Folge wird das Spike-Protein von den Zel- gegen das Originalvirus zu bivalenten Impfstof- len des Immunsystems aufgenommen und auf fen kombiniert. den Zellmembranen präsentiert. Es kommt zur Aktivierung des Immunsystems. Neue Impfstoffe Aktuell befinden sich weitere Impfstoffe in der Vektorimpfstoffe Entwicklung. Von Interesse ist insbesondere für Die Vektorimpfstoffe beinhalten eine cDNA, wel- Menschen mit Blutkrebserkrankungen ein Impf- che die „Bauanleitung“ für das Spike-Protein stoff, der am Universitätsklinikum Tübingen ent- oder Teile des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 wickelt wurde und gezielt eine Antwort der T-Zel- enthält. Eingehüllt ist die cDNA in ein die len hervorruft. menschlichen Zellen befallendes, aber nicht mehr vermehrungsfähiges Virus (Vektorvirus). In Europa zugelassene Impfstoffe Wird der Impfstoff gespritzt, infiziert das Vektor- In Europa und somit in Deutschland sind, Stand virus die Zellen und setzt die SARS-CoV-2- Februar 2023, folgende Impfstoffe zugelassen cDNA in die Zellen frei. Die cDNA gelangt in den und erhältlich: Zellkern. Sie wird jedoch nicht in das menschli- che Erbgut integriert. Im Zellkern erfolgt die Um- mRNA-Impfstoffe schreibung der cDNA in eine mRNA. In den Zel- • Comirnaty® (BioNTech) len wird sodann das Spike-Protein gebildet und • Spikevax® (Moderna) freigesetzt. In der Folge wird das Spike-Protein von den Zellen des Immunsystems aufgenom- Bivalente mRNA-Impfstoffe men und auf den Zellmembranen präsentiert. Es • Comirnaty Original/Omicron BA.1® kommt zur Aktivierung des Immunsystems. (BioNTech) • Comirnaty® Original/Omicron BA.4/BA.5® (BioNTech) • Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1® (Moderna) COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
3 • Spikevax bivalent Original/Omicron Zellen der Lunge, des Herzens, des Magen- BA.4-5 ® (Moderna) Darm-Trakts und des zentralen Nervensystems befindet. Diese Bindung ermöglicht die Virusauf- Vektorimpfstoffe nahme in die Zellen und in der Folge die Bildung • Vaxzevria® (Astra Zeneca) und Freisetzung neuer Viren. Im Zuge der nicht- • Jcovden (COVID19 Vaccine Janssen)® zellulären (humoralen) Immunantwort werden (Janssen-Cilag) von den aktivierten B-Zellen bzw. den aus diesen hervorgegangenen Plasmazellen neutralisie- Proteinimpfstoffe rende Antikörper gebildet. Diese neutralisieren- • Nuvaxovid® (Novavax) den Antikörper binden an die Spike-Proteine und • VidPrevtyn Beta® (Sanofi Pasteur) blockieren so die Bindung des Virus an den Re- zeptor ACE2. Entsprechend wird das Virus nicht Totimpfstoffe von den menschlichen Zellen aufgenommen. Die • COVID-19 Vaccine (inactivated, adjuvan- Virusvermehrung unterbleibt. ted) Valneva® (Valneva Austria) In diesem Zusammenhang ist das Auftreten von SARS-CoV-2-Varianten von Bedeutung. Geimpft Eine Übersicht über die Impfstoffe mit Stand vom wird Anfang 2023 mit der mRNA, der cDNA und Februar 2023 gibt Tabelle 1. den Proteinen zu dem Spike-Protein sowie den abgetöteten Viren des Viruswildtyps, der Anfang Aktivierung der Immunantwort 2020 aufgetreten ist, sowie mit der mRNA zu den In Folge der Impfung gegen SARS-CoV-2 kommt Spike-Proteinen der Omikron-Varianten BA.1, es in den Lymphknoten durch die Immunzellen, BA.4 und BA.5, die im Verlauf von 2022 das die das Spike-Protein präsentieren, zu einer Krankheitsgeschehen beherrschten. Die Erfah- nicht-zellulären (humoralen) und zu einer zellulä- rung zeigt, dass die aufgrund der Impfung gebil- ren Immunantwort. B-Zellen sowie CD4-positive deten neutralisierenden Antikörper das Spike- und CD8-positive T-Zellen werden aktiviert, in- Protein des Wildtyps sehr gut erkennen und das dem das Spike-Protein an Rezeptoren auf diesen Virus neutralisieren; hingegen ist die Wirkung ge- Zellen bindet. gen die übrigen Varianten von SARS-Cov-2 auf- grund der abweichenden Oberflächenstruktur der Im Falle einer Infektion mit SARS-CoV-2 kommt Spike-Proteine verringert. Entsprechend verrin- es zur Bindung des Spike-Proteins an den Re- gert sich die Bindung der neutralisierenden Anti- zeptor ACE2, der sich auf den Oberflächen von körper, so dass die Virusaufnahme und -vermeh- rung weniger effektiv unterbunden wird. Tabelle 1: Übersicht über die COVID-19-Impfstoffe (Stand Februar 2023) Handelsname Freiname Impfstofftyp Hersteller Zulassung in Europa Comirnaty® BNT162b2 RNA-Impfstoff BioNTech Ja Comirnaty Original/Omicron BNT162b2 Biva- bivalenter RNA-Impf- BioNTech Ja BA.4/BA.5® lent stoff Comirnaty Original/Omicron bivalenter RNA-Impf- BioNTech Ja BA.1® stoff Spikevax® m-RNA1273 RNA-Impfstoff Moderna Ja Spikevax bivalent Origi- mRNA-1273.214 bivalenter RNA-Impf- Moderna Ja nal/Omicron BA.4-5® stoff Spikevax bivalent Origi- bivalenter RNA-Impf- Moderna Ja nal/Omicron BA.1® stoff Vaxzevria® ChAdOx1nCoV19 Vektorimpfstoff AstraZeneca Ja Jcovden (COVID-19 Vaccine Ad26.COV2.S Vektorimpfstoff Janssen-Cilag International Ja Janssen)® Nuvaxovid® NVX-CoV2373 Proteinimpfstoff Novavax Ja VidPrevtyn Beta® Proteinimpfstoff Sanofi Pasteur Ja COVID-19 Vaccine (inacti- Totimpfstoff Valneva Austria GmbH Ja vated, adjuvanted) Valneva® Sputnik V® Gam-COVID-Vac Vektorimpfstoff Biocad (Russland) Nein COVID-19 Vaccine (inacti- Totimpfstoff Valneva Austria Ja vated, adjuvanted) Valneva® Covilo BBIBP-CorV Totimpfstoff Sinopharm (China) Nein CoronaVac CoronaVac Totimpfstoff Sinovac Biotech (China) Nein Covaxin Covaxin Totimpfstoff Bharat Biotech Internatio- Nein nal (Indien) COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
4 Im Zuge der zellulären Immunantwort töten die Vor diesem Hintergrund setzt sich Anfang 2023 aktivierten T-Zellen die Zellen ab, die das SARS- eine wirksame Impfung gegen SARS-CoV-2 aus CoV-2-Virus produzieren und freisetzen, und stop- einer Grundimmunisierung und einer Auffri- pen so die Virusvermehrung. schung zusammen. Insbesondere bei Menschen mit einer schlechten Impfreaktion sollten weitere Die neutralisierenden Antikörper lassen sich labor- Boosterungen angeschlossen werden. Hierbei kön- technisch einfach im Blut bestimmen. Auch ihre nen die neuen bivalenten Impfstoffe zu Einsatz Wirkung gegen die SARS-CoV-2-Varianten kann kommen. erfasst werden. Hingegen ist die Aktivität der T-Zel- len nur schwer zu messen. Neben den in Europa zugelassenen Impfstoffen sind auch die seitens der Weltgesundheitsorga- nisation (WHO) akzeptieren Impfstoffe Sputnik® (in Russland entwickelt) sowie CoronaVac und Allgemeine Effektivität der Impfung BBIBP-CorV (beide in China entwickelt) effektiv und Die in Europa in 2021 und 2022 zugelassenen Impf- bieten bei regelrechter Durchführung der Impfun- stoffe ausschließlich gegen den Wildtyp von SARS- gen Schutz gegen schwere COVID-19-Erkrankun- CoV-2 zeigen kurz nach der Impfung eine gute gen. Entsprechend brauchen vollständig geimpfte Grundimmunisierung gegen SARS-CoV-2. In der Menschen aus anderen Ländern - wie beispiels- Regel werden für diese Grundimmunisierung zwei weise Flüchtlinge aus der Ukraine - keine neue Impfdosen im Abstand von ca. einem Monat verab- Grundimmunisierung gegen SARS-CoV-2, sondern reicht. Die Wirksamkeit bezüglich der Vermeidung lediglich Auffrisch-Impfungen. Bei ungeimpften einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung liegt Menschen muss hingegen eine Grundimmunisie- zwischen ca. 67% für den Impfstoff Jcovden (CO- rung erfolgen. VID-19 Vaccine Janssen)® und ca. 94% für den Impfstoff Comirnaty®. Für alle Impfstoffe beträgt die Wirksamkeit gegen eine schwere Erkrankung und gegebenenfalls den Tod über 90%. Jedoch Effektivität der Impfung bei Men- nimmt die Wirksamkeit relativ rasch ab. So beträgt schen mit Krebs ca. drei Monate nach der Impfung die Wirksamkeit Auch bei den meisten Menschen mit Krebs ist die von Vaxzevria® gegen eine schwere Erkrankung Impfung gegen SARS-CoV-2 - bestehend aus durch die SARS-CoV-2-Variante Delta noch ca. Grundimmunisierung und Auffrisch-Impfung - 42%. Bei Comirnaty® beträgt dieser Wert ca. 62%. effektiv. So liegt die Wirksamkeit der Grundimmu- Im Falle der Variante Omikron sind es sogar nur nisierung gegen eine symptomatische COVID-19- noch ca. 35%. Somit nimmt über die Zeit die Wirk- Erkrankung bei Verwendung des Impfstoffs Comir- samkeit der Impfung gegen die Virusvariante Omik- naty® bei 62-72% und bei Verwendung des Impf- ron deutlich rascher ab als gegen die Variante Delta stoffs Spikevax® bei 85%. Wie auch bei nicht an und ist nach 6 Monaten fast erloschen. Wird sodann Krebs Erkrankten beträgt die Wirksamkeit gegen ein weiteres (in der Regel drittes) Mal geimpft, eine schwere Erkrankung und gegebenenfalls den kommt es - unabhängig von der Virusvariante - zu Tod bei allen Impfstoffen über 90%. Durch eine Auf- einem Anstieg der Impfwirksamkeit. Dies nennt frisch-Impfung lässt sich - unabhängig von den ver- man „Booster-Effekt“ [von engl. „booster“ = Verstär- wendeten Impfstoffen - die Wirksamkeit verstärken. ker]. Auch nach der Auffrisch-Impfung kommt es er- Generell scheinen die RNA-Impfstoffe die wirk- neut zu einer Abnahme der Wirkung, wobei die samsten Impfstoffe zu sein. Stärke der Abnahme von der Virusvariante be- stimmt wird. Daher ist an weitere Auffrischimpfun- Weitere Auffrisch-Impfungen sind bei Menschen gen im Abstand von sechs Monaten und langfristig mit Krebs dringend anzuraten, da diese Patienten an die ein- bis zweimalige Impfung pro Jahr zu den- in der Regel eher als ansonsten Gesunde an CO- ken. Sofern zwischenzeitlich eine Covid-19-Infek- VID-19 erkranken, die Erkrankung schwerer ver- tion auftritt, ist dies wie eine Impfung zu werten. läuft und sich die Wirksamkeit der Impfung deutlich schneller als bei Gesunden verringert. Daher sollte Das Konzept aus Grundimmunisierung und Auf- insbesondere bei hohen Inzidenzen die nächste frisch-Impfung nach ca. drei Monaten (sog. Booster-Impfung ca. sechs Monate nach der letzten „Prime-Boost-Konzept“) zeigt für alle Impfstoffkom- Auffrischung erfolgen, während bei niedrigen Inzi- binationen eine gute Wirkung. In der Tendenz ist denzen die Auffrischung herausgezögert werden der Booster-Effekt der RNA-Impfstoffe Comirnaty® kann. In jedem Fall sollte rechtzeitig vor Ereignis- und Spikevax® am stärksten. Die Wirkung dieser sen mit einer hohen Personen- und / oder Teilneh- Boosterung gegen eine schwere COVID-19-Er- merzahl wie z.B. Familienfeiern eine Boosterung krankung liegt bei ca. 94%. vorgenommen werden. Hierbei können an spezifi- sche Virusvarianten angepasste Impfstoffe wie die COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
5 bispezifischen Impfstoffe verwendet werden, da Generell stellen bei Menschen mit Krebs ein hohes nach deren Verimpfung ein höherer Antikörpertiter Alter (> 70 Jahre), männliches Geschlecht, eine ak- gegen die Omikron-Varianten von SARS-CoV-2 zu tive oder unkontrollierte Krebserkrankung sowie die verzeichnen war als bei Verwendung des Origi- Krebstherapie selbst Risikofaktoren für ein nalimpfstoffs. Zudem waren die Nebenwirkungen schlechteres Ansprechen auf die SARS-CoV-2- der bivalenten und Originalimpfstoffe vergleichbar. Impfung dar. So kommt es zu einer deutlichen Re- duzierung der Impfwirkung bei Therapien mit B- Weiterhin können neue SARS-CoV-2-Varianten Zell-hemmenden und -abtötenden Medikamenten wie z.B. die Omikron-Variante XBB.1.5 der Immun- wie Rituximab, Obinutuzumab, Ibrutinib, Veneto- abwehr trotz Impfung entgehen. Auch ist nicht be- clax, Ruxolitinib und Daratumumab. Hiervon sind kannt, wann die nächsten besorgniserregenden Vi- mehr als 50% der Patienten mit einer entsprechen- rusvarianten auftreten und wie rasch Impfstoffe ge- den Therapie betroffen. Eine mäßige Reduktion der gen diese entwickelt und zugelassen werden kön- Impfwirkung rufen konventionelle ambulante Che- nen. motherapien und konventionelle Steroide (Corti- son) hervor. Hiervon betroffen sind weniger als 50% Auch hilft die Impfung gegen Long- bzw. Post-CO- der Patienten mit einer entsprechenden Therapie. VID. So liegt bei den ungeimpften Krebspatienten Im Vergleich hierzu beeinflussen Lenalidomid, Po- der Anteil der Patienten mit Long- bzw. Post-COVID malidomid und bestimmte Tyrosinkinaseinhibitoren bei 17,2%, bei den teilweise geimpften Krebspati- (z.B. solche zur Behandlung der CML) kaum die enten bei 15,2% und bei den vollständig geimpften Impfwirkung. Krebspatienten bei 6,7%. Keinen Einfluss auf den Impferfolg bei Patienten Somit sollte Wert auf eine möglichst starke Immun- hat hingegen der Zeitpunkt der Impfung. Diese antwort durch die regelmäßige Nutzung der vor- kann während oder außerhalb einer Chemothera- handenen Impfstoffe gelegt werden. Nur wenn pie erfolgen. Zu empfehlen ist, die Krebsbehand- eine COVID-19-Erkrankung aufgetreten ist, kann lung standardisiert und wie ursprünglich geplant auf eine zeitnahe Auffrisch-Impfung verzichtet wer- durchzuführen und die SARS-CoV-2-Impfungen in den. Die Erkrankung ersetzt in diesem Fall die Imp- den Therapieplan einzupassen. Lediglich in weni- fung. gen seltenen Fällen - wie z.B. vor dem Beginn der Therapie einer nicht sofort behandlungsbedürftigen Diese Impfempfehlungen gelten insbesondere für Erkrankung - kann die Krebstherapie für die Durch- Patienten mit hämatologischen Krebserkran- führung der SARS-CoV-2-Impfung verzögert be- kungen. Während nach drei bis sechs Monaten die gonnen werden. Jedoch sollte nach einer stark im- Impfung bei 62% der Erkrankten mit soliden Tumo- munsuppressiven Therapie wie z.B. einer Chemo- ren noch wirksam ist, liegt dieser Wert bei hämato- therapie bei Akuter Myeloischer Leukämie (AML) logischen Krebserkrankungen bei ca. 35%. Beson- mit der SARS-CoV-2-Impfung gewartet werden, bis ders betroffen sind Patienten mit akuten Leukä- sich das Blutbild gebessert hat. mien, Patienten unter einer aktiven Krebsbehand- lung und Patienten mit einer B-Zell-abbauenden Im Falle einer Dauerbehandlung mit Medikamen- Therapie. ten, die die B-Zellen hemmen bzw. abbauen - wie z.B. Rituximab, Obinutuzumab oder Ibrutinib -, Das Prime-Boost-Konzept für Menschen mit sollte trotz dieser Behandlung eine SARS-CoV-2- Krebs ist in der Onkopedia-Leitlinie „Coronavirus- Impfung erfolgen, da es bei ca. 30% der Patienten Infektion (COVID-19) bei Patient*innen mit Blut- zur Bildung von Antikörpern kommt und bei mehr und Krebserkrankungen“ festgehalten. Hier wird für als 50% der Betroffenen das T-Zell-System deutlich Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen aktiviert wird. schweren COVID-19-Verlauf und ohne Risiko für ein Impfversagen die Impfung, eventuell mit einer Zudem können Impfungen gegen SARS-CoV-2 weiteren Auffrisch-Impfung, empfohlen. Im Falle und Grippe gleichzeitig vorgenommen werden. von Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf und einem erhöhten Während allgemein in der Bevölkerung die Zahl der Risiko für ein Impfversagen wird geraten, zunächst T-Zellen mit dem Gehalt der Antikörper IgG im die Impfung durchzuführen und bei einer fehlenden Blut korreliert, verschiebt sich bei Patienten mit Produktion neutralisierender Antikörper ein weite- Blutkrebserkrankungen dieses Verhältnis. So fin- res Mal zu impfen oder als vorbeugende Maß- den sich bei Patienten unter einer Erhaltungsthera- nahme (Prä-Expositionsprophylaxe) neutralisie- pie mit B-Zell-abbauenden Medikamenten verrin- rende Antikörper als Medikament zuzuführen. gerte Mengen an Antikörpern gegen SARS-CoV-2, während nach einer allogenen Stammzelltransplan- COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
6 tation die Zahl der aktivierten T-Zellen vermindert der Impfung Antikörper gebildet haben, zu Durch- ist. bruchinfektionen kommen. Der Hintergrund hierfür ist, dass die bislang genutzten Impfstoffe auf dem Besondere Nebenwirkungen der Impfung gegen Wildtyp von SARS-CoV-2 sowie auf den Omikron- SARS-CoV-2 sind bei Menschen mit Krebs nicht Varianten BA.1, BA.4 und BA.5 basieren. Entspre- zu verzeichnen. Insbesondere kommt es nicht zu chend werden von den geimpften Menschen neut- gehäuften Rückfällen oder Reaktivierungen der ralisierende Antikörper gegen diese Virus-Varian- Krebserkrankung im Zusammenhang mit einer ten gebildet. Diese Antikörper vermögen jedoch SARS-CoV-2-Impfung. Es kann - wie auch bei an- nicht immer auch neue Virusvarianten wie die O- sonsten Gesunden - zu einer reaktiven Schwellung mikron-Variante XBB.1.5 zu neutralisieren, sodass der Lymphknoten unter der Achsel oder im Halsbe- es trotz Impfung zu einer COVID-19-Erkrankung reich auf der Seite des geimpften Arms kommen. kommen kann. Darüber hinaus ist wahrscheinlich, Vor weitergehenden Untersuchungen sollte einige dass selbst bei Krebspatienten ohne neutralisie- Wochen abgewartet werden, da es in der Regel rende Antikörper - beispielsweise aufgrund einer zum Rückgang der Lymphknotenschwellungen Rituximab-Therapie - die Zellen des T-Zell-Systems kommt. Bei ca. 10% der allogen stammzelltrans- aktiviert wurden und somit eine Impfwirkung vor- plantierten Patienten können vorübergehend Blut- liegt. Aktuell wird seitens der Experten diskutiert, ob bildveränderungen oder eine (Verstärkung der) die aktivierten T-Zellen möglicherweise effektiver Spender-gegen-Empfänger-Reaktion (Graft-ver- gegen COVID-19 sind als die neutralisierenden An- sus-Host-Disease, GvHD) auftreten. Zudem kön- tikörper. Somit könnten sie sogar wichtiger für die nen sich Hautveränderungen nach einer Strahlen- Krankheitsbekämpfung sein als die Antikörper. therapie entzünden (radiation recall). Alle genann- ten Veränderungen können aber auch - und dann in einem deutlich stärken Ausmaß - bei einer CO- VID-19-Erkrankung auftreten. Diese möglichen Fol- Neue Therapien geerscheinungen sprechen also nicht gegen eine In Europa wurden verschiedene Arzneimittel zur SARS-CoV-2-Impfung. Behandlung von COVID-19 zugelassen, die in Deutschland verfügbar sind. Ihre Anwendung sollte Auch bei autoimmun ausgelösten Veränderungen sich jedoch auf Patienten beschränken, bei denen des Blutbildes wie Aplastischer Anämie oder Im- ein hohes Risiko für eine COVID-19-Erkrankung - munthrombozytopenie (ITP) kommt es durch die z.B. aufgrund einer ausbleibenden Antikörperbil- Impfung nicht gehäuft zu einer Verschlechterung dung trotz vierfacher SARS-CoV-2-Impfung - be- der Erkrankung. Jedoch können vorübergehende steht. Zu diesen Arzneimitteln zählen Antikörper so- Verschiebungen im Blutbild auftreten. Hier sollte wie antivirale Medikamente, die die Vermehrung vor weiteren Untersuchungen abgewartet werden, der Viren in den menschlichen Zellen unterbinden. ob sich die Abweichungen zurückentwickeln. Diese Antikörper und Medikamente sind in der Frühphase von COVID-19 einzusetzen, d.h. die Grundsätzlich ist von einer Überprüfung der Impf- Therapie sollte innerhalb der ersten fünf Tage der wirkung anhand der Bestimmung der Antikörper Erkrankung beginnen. Dabei wirken die Medika- gegen SARS-CoV-2 abzuraten, da die neutralisie- mente gegen alle Virusvarianten, während die Anti- rende Aktivität der vorhandenen Antikörper im La- körper passend zu der lokal dominierenden Virus- bor nicht routinemäßig erfasst wird und bislang variante gewählt werden müssen. Eine Übersicht keine genaue Kenntnis bezüglich des Verhältnisses über die Antikörper und Medikamente geben die zwischen der Menge der Antikörper und dem Aus- Tabellen 2 und 3. maß der Schutzwirkung gegenüber COVID-19 vor- liegt. So kann es auch bei Menschen, die in Folge Tabelle 2: Übersicht über Antikörper gegen COVID-19 (Stand Februar 2023) Handelsname Freiname Anwen- Wirkdauer Hersteller Wirksamkeit ge- Zulas- dung gen Omikron sung in Europa Evusheld® Tixagevimab / Injektion ca. 6 Monate AstraZeneca Keine Wirkung ge- Ja Cilgavimab gen die Omikron- Variante XBB.1.5 Xevudy® Sotrovimab Injektion wenige Wochen GlaxoSmith- Keine Wirkung ge- Ja Kline / Vir gen die Omikron- Variante BA.2 Ronapreve® Casirivimab / Injektion Nicht mehr ge- Regeneron Nein Ja Imdevimab geben COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
7 Tabelle 3: Übersicht über virushemmende Medikamente gegen COVID-19 (Stand Februar 2023) Handelsname Freiname Anwen- Reduzierung des Hersteller Wirksam- Zulassung dung Risikos einer keit gegen in Europa schweren Er- alle Virus- krankung varianten Paxlovid® Nirmatrelvir Tablette 90% Pfizer Ja Ja und Ritonavir 5 Tage Veklury® Remdesivir Injektion 87% Gilead Sci- Ja Ja 5 – 10 Tage ences Lagevrio® Molnupiravir Tablette 30% MSD Ja Ja 5 Tage Therapie bei Risikopatienten Verwendet werden hierbei die aufgereinigten Die Therapie zur Vermeidung eines schweren Antikörper von Genesenen oder monoklonale COVID-19-Verlaufs bei Patienten mit einem er- Antikörper. Zu beachten ist jeweils die SARS- höhten Risiko für einen schweren Krankheitsver- CoV-2-Variante, die lokal dominiert und gegen lauf ist in der Onkopedia-Leitlinie „Coronavirus- die die Antikörper wirken sollen. So konnten ge- Infektion (COVID-19) bei Patient*innen mit Blut- gen die Variante Delta verschiedene Antikörper und Krebserkrankungen“ festgehalten. Ausge- eingesetzt werden. Bei der Variante Omikron hend von einer symptomatischen Erkrankung zeigten Anfang März 2022 lediglich die über ca. und dem positiven Nachweis von SARS-CoV-2 ein halbes Jahr wirksame Antikörperkombination mittels PCR-Test wird bei einem leichten Krank- Tixagevimab / Cilgavimab (Evusheld®, Astra- heitsverlauf ohne Sauerstoffbedarf und ohne Zeneca) und der über einen kurzen Zeitraum Krankenhausaufnahme die Anwendung von mo- wirksame Antikörper Sotrovimab (Xevudy®, Gla- noklonalen Antikörpern (je nach lokal dominie- xoSmithKline) eine - wenn auch im Vergleich zu render SARS-CoV-2-Variante) oder der virus- anderen Virusvarianten verminderte - Wirkung. hemmenden Arzneimittel Nirmatrelvir + Ritona- Laut Erkenntnissen Ende März 2022 hat Sotro- vir, Remdesivir oder Molnupiravir empfohlen. vimab die neutralisierende Wirkung gegen die O- Eine gute Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 ein- mikron-Variante BA.2 verloren. Anfang 2023 er- schließlich der Omikron-Varianten hat das viren- wies sich die bis zu diesem Zeitpunkt wirksame hemmende Medikament Nirmatrelvir + Ritona- Antikörperkombination Tixagevimab / Cilgavimab vir. Gegen die ursprünglichen SARS-CoV-2-Va- als wirkungslos gegen die Omikron-Variante rianten helfen auch die monoklonalen Antikörper XBB.1.5. und Remdesivir. Gering ist jedoch der Effekt von Molnupiravir. Alle Medikamente können ambu- Medikamente lant angewendet werden, jedoch erfordert die In- Seit Januar 2022 ist für die Behandlung COVID- jektion der monoklonalen Antikörper und von 19-Erkrankter mit einem erhöhten Risiko für ei- Remdesivir den Aufenthalt in einer medizini- nen schweren Erkrankungsverlauf das Medika- schen Einrichtung. Hingegen sollen bei einem ment Paxlovid® (Pfizer), das über 5 Tage in Tab- mittelschweren Krankheitsverlauf und der Auf- lettenform eingenommen wird, in Europa zuge- nahme der Patienten ins Krankenhaus blutver- lassen. Paxlovid® enthält die Wirkstoffe Nir- dünnende Medikamente und weitere, an die matrelvir + Ritonavir, wobei Nirmatrelvir speziell Krankheitssituation der Patienten angepasste die SARS-CoV-2-Vermehrung hemmt und Ri- Arzneimittel eingesetzt werden. tonavir dessen Wirkung verstärkt. Nirmatrelvir + Ritonavir reduzieren das Risiko einer Kranken- Antikörper hauseinweisung oder des Todes um fast 90% bei Bei Patienten ohne eigene oder mit einer sehr ge- allen Patientenuntergruppen und bei Patienten ringen eigenen Antikörperbildung und einem sehr über 65 Jahren um 73%, wobei der Nutzen für äl- hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkran- tere Patienten und ungeimpfte Patienten beson- kung können Antikörper als passive Immunisie- ders groß ist. Jedoch zeigt Nirmatrelvir + Ritona- rung und somit als Vorbeugung zum Einsatz vir Wechselwirkungen mit einer Vielzahl anderer kommen. Empfohlen wird eine Antikörperbe- Arzneimittel und ist entsprechend nur einge- handlung bei diesen Patienten, wenn diese Kon- schränkt anwendbar. Im Bereich der Krebsarz- takt mit einer erkrankten Person hatten. In die- neimittel sind die Wirkstoffe Neratinib (gegen sem Fall spricht man von einer Post-Expositions- Brustkrebs) und Venetoclax (gegen Chronische prophylaxe. Lymphatische Leukämie und Akute Myeloische Leukämie) betroffen. Weiterhin kann Nirmatrelvir + Ritonavir die Wirkstoffspiegel verschiedener COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
8 Medikamente aus den Bereichen der Hämatolo- krankung - und insbesondere Patienten mit Blut- gie und Onkologie erhöhen. Hierzu zählen be- krebserkrankungen sowie hoher Wahrscheinlich- stimmte Krebs-Arzneimittel, das Immunsystem keit einer nur geringen Impfreaktion - geraten, schwächende Arzneimittel (wie z.B. Ciclosporin), alle Allgemeinmaßnahmen - wie Abstand hal- Antibiotika, blutverdünnende Arzneimittel und Ty- ten, Hygiene beachten, im Alltag Maske tragen, rosinkinaseinhibitoren. Wird Nirmatrelvir + Ri- Lüften sowie Nutzung der Antikörper-Selbsttests tonavir zusammen mit diesen Medikamenten an- und der Corona-Warn-App - anzuwenden. Au- gewendet, sollten die Wirkstoffspiegel während ßerdem sollte ein Nestschutz aufgebaut wer- der Behandlung kontrolliert und mögliche Neben- den, indem die Personen, mit denen sie engeren wirkungen beachtet werden. Kontakt haben, sich impfen und boostern lassen. Insbesondere sollte das Tragen von FFP2-Mas- Seit Anfang 2022 ist für die Behandlung der ge- ken eine Selbstverständlichkeit sein. Zudem nannten Risikopatienten ebenfalls Molnupiravir sollte auf eine gute allgemeine Gesundheit, (Lagevrio®, MSD) in Europa zugelassen. Molnu- eine sehr gute Kontrolle der hämatologisch- piravir wird über 5 Tage in Tablettenform verab- onkologischen Erkrankung und einen ausrei- reicht und hemmt die Virusvermehrung, indem es chenden Vitamin D-Spiegel von ca. 50 ng/ml eine Anhäufung von Fehlern in der viralen Blut geachtet werden. Auch macht es Sinn, be- Erbsubstanz auslöst. Molnupiravir reduziert das reits im Vorfeld einer COVID-19-Erkrankung mit Risiko einer Krankenhauseinweisung oder des den behandelnden Ärzten die im Krankheitsfall Todes um ca. 50% bei allen Patientenuntergrup- anzuwendende Therapie mit Antikörpern oder pen. antiviralen Medikamenten sowie gegebenenfalls einer Blutverdünnung zu besprechen und sich zu informieren, an welche Einrichtung man sich im Krankheitsfall für die Therapie wenden muss. Im Vorbeugung, Nestschutz und Hygi- Falle von COVID-19 sollten bei ambulanter Be- handlung die Sauerstoffsättigung des Blutes kon- enemaßnahmen trolliert sowie allgemeine pflegende Maßnahmen In einer COVID-19-Erkrankungssituation mit ho- ergriffen werden. her Inzidenz wird Menschen mit einer Krebser- Glossar cDNA (complementary DNA, komplementäre DNA) mittels des Enzyms Reverse Transkriptase aus RNA synthetisierte DNA allogene Stammzelltransplantation Stammzelltransplantation mit Zellen eines Familien- Endemie oder Fremdspenders Infektionskrankheit, die in einer Region heimisch ist und an der ein größerer Teil der Bevölkerung regelmä- B-Zellen ßig erkrankt Zellen des Immunsystems; sie dienen der Antikörper- bildung Immunsuppressiv das Immunsystem unterdrückend bivalenter Impfstoff Impfstoff aus zwei eine Immunantwort auslösenden Inzidenz Komponenten Häufigkeit von auftretenden Krankheitsfällen pro 100.000 Einwohner Booster-Effekt Verstärkungseffekt Lipid Fett Booster-Impfung Auffrischimpfung mRNA (messenger RNA, Boten-RNA) Abschrift eines Gens, die im Zellkern gebildet und in CD4-positive T-Zellen der Zelle in das entsprechende Protein umgesetzt wird T-Lymphozyten mit Oberflächenstruktur CD4; T-Hel- ferzellen monoklonale Antikörper Antikörper, die von einer Zelllinie (Zellklon) produziert CD8-positive T-Zellen werden, die auf einem einzelnen B-Lymphozyten be- T-Lymphozyten mit Oberflächenstruktur CD8; eine ruht; monoklonale Antikörper sind gegen eine einzelne Untergruppe der CD8-positiven T-Zellen sind die zyto- Oberflächenstruktur (z.B. auf der Virusoberfläche) ge- toxischen T-Zellen, die eine besondere Rolle bei der richtet Abtötung von körpereigenen Zellen, die von Viren be- fallen sind, spielen COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
9 IgG Antikörper vom Typ Immunglobulin-G monovalenter Impfstoff Impfstoff aus einer eine Immunantwort auslösenden Komponente neurokognitive Störung Einbußen in den Bereichen Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtnis, Sprache, Wahrnehmen und Erken- nen von Menschen, Bewegung neutralisierende Antikörper Antikörper, die die Aufnahme eines bestimmten Virus in die Zellen verhindern; diese Blockade erfolgt durch die Bindung der Antikörper an bestimmte Virusstruktu- ren Pandemie Infektionskrankheit, die die ganze Welt betrifft und sich über Kontinente hinweg, aber zeitlich begrenzt aus- breitet Prime-Boost-Konzept Konzept aus Grundimmunisierung und Auffrischimp- fung Protein Eiweiß Rezeptor ACE2 Protein auf den Oberflächen von Zellen der Lunge, des Herzens, des Magen-Darm-Trakts und des zent- ralen Nervensystems; die Bindung eines Virus an die- sen Rezeptor führt zur Virusaufnahme in die Zellen und in der Folge zur Bildung und Freisetzung neuer Viren Vektorvirus Nicht mehr vermehrungsfähiges Virus, das als Hülle für die DNA oder RNA in einem Impfstoff verwendet wird. Es setzt die DNA oder RNA in die Zellen frei, löst aber selbst keine Infektion aus. Häufig werden Adeno- viren als Vektorviren genutzt. COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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