COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen

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COVID-19:
                                                         Aktuelles für Menschen
                                                         mit Krebserkrankungen
   Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen
     zur Unterstützung von Erwachsenen mit            DLH-Geschäftsstelle:
        Leukämien und Lymphomen e.V.                  Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn
                                                      Tel.: 0228-33 88 9 200          E-Mail: info@leukaemie-hilfe.de
          Unter der Schirmherrschaft von              Fax: 0228-33 88 9 222           Internet: www.leukaemie-hilfe.de

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COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen
Aufbereitung der Vorträge „COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen“ auf der Mitgliederfortbildungsveran-
staltung der DLH am 12. März 2022 und „COVID-19 und Impfung: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen“ auf der
DLH-Fortbildungsveranstaltung am 5. Dezember 2022, Referentin: Prof. Dr. Marie von Lilienfeld-Toal, Universitätsklinikum
Jena, Klinik für Innere Medizin II, Hämatologische und Internistische Onkologie, AG „Infektionen in der Hämatologie/Onkologie“,
Am Klinikum 1, 07747 Jena
[Erläuterungen zu Fachbegriffen und Abkürzungen siehe Textende]

Einleitung                                                           Bei einigen Patienten kommt es nach COVID-19
Seit Anfang 2020 verbreitet sich weltweit das                        zu einem Long- bzw. Post-COVID-Syndrom,
Corona-Virus SARS-CoV-2, das die Erkrankung                          d.h. Beschwerden, die auch noch 4 bzw. 12 Wo-
COVID-19 hervorruft. Aufgrund seiner hohen                           chen nach Beginn der SARS-CoV-2-Infektion
Wandlungsfähigkeit sind bereits verschiedene                         anhalten. Charakteristisch sind Atemwegsbe-
Virusvarianten aufgetreten, zu nennen sind Al-                       schwerden mit u.a. Atemnot und chronischem
pha, Beta, Gamma, Delta und Omikron - wobei                          Husten, chronische Erschöpfung (Fatigue), Ein-
sich bei Omikron bereits mehrere Untervarianten                      bußen in den Bereichen Aufmerksamkeit, Ler-
finden. So verbreitete sich seit Ende 2022 die O-                    nen und Gedächtnis, Sprache, Bewegung sowie
mikron-Variante XBB.1.5 in den USA; auch in                          Wahrnehmen und Erkennen von Menschen
Europa und Deutschland steigen die Zahlen.                           (neurokognitive Störungen), Gewichtsverlust
Diese Virusvarianten unterscheiden sich bezüg-                       und die Störung weiterer Organe wie Herz, Nie-
lich der Übertragbarkeit und der Schwere der Er-                     ren, Leber und Magen-Darm-Trakt.
krankung, die sie hervorrufen. So werden die O-
mikron-Varianten und insbesondere die Variante                       Im Vergleich zu Gesunden haben Krebspatien-
XBB.1.5 am schnellsten verbreitet, während                           ten ein höheres Risiko, an COVID-19 zu erkran-
Delta die schwersten Erkrankungen und die                            ken. Zudem verläuft bei ihnen die Erkrankung
höchste Zahl an Hospitalisierungen und Aufnah-                       häufig schwerer als bei Gesunden einschließlich
men auf die Intensivstation hervorgerufen hat.                       der Möglichkeit, an der Erkrankung zu verster-
Erstaunlich ist dabei, dass die Virusvarianten nur                   ben. Dies trifft insbesondere auf Patienten mit
für einen kurzen Zeitraum nebeneinander auftre-                      hämatologischen Krebserkrankungen zu. Unter
ten und sodann eine Variante das Krankheitsge-                       diesen wiederum sind besonders jene Patienten
schehen in einem lokalen Bereich dominiert.                          betroffen, deren B-Zellen erkrankt sind und bei
                                                                     denen diese veränderten B-Zellen im Zuge einer
SARS-CoV-2 infiziert primär die Atemwege, wo-                        Therapie abgebaut werden. Weiterhin treten bei
bei die Variante Delta eher das tiefe Lungenge-                      Krebspatienten mit Long- bzw. Post-COVID ins-
webe und die Variante Omikron eher die oberen                        besondere chronische Erschöpfung und Atem-
Atemwege befällt. So werden beispielsweise                           not als Symptome auf.
von Delta die Lungenbläschen teilweise zerstört,
sodass es zu einer erheblichen Sauerstoffunter-                      Anhand des Krankheitsgeschehens in den letz-
versorgung kommen kann; entsprechend müs-                            ten Jahren ist davon auszugehen, dass SARS-
sen die Erkrankten beatmet werden. Weiterhin                         CoV-2 wie auch andere die Atemwege befal-
werden auch das Herz-Kreislauf-System, die                           lende Viren sich nicht mehr verdrängen lässt. Es
Nieren, der Magen-Darm-Trakt und das Gehirn                          wird voraussichtlich in Deutschland heimisch
infiziert mit den entsprechenden Schäden am                          werden und immer wieder COVID-19-Erkran-
Gewebe.                                                              kungen auslösen, ohne dabei das gesamte
                                                                     Krankheitsgeschehen zu beherrschen. So wur-

                                                             COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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den Ende 2022 die Erkrankungen der Atem-                      Proteinimpfstoffe
wege dominiert von den Grippeviren, gefolgt                   Ein Proteinimpfstoff enthält das Protein bzw.
vom Respiratorischen Synzytial-Virus und den                  Teile des Proteins, das für einen Krankheitserre-
Rhino-Viren. SARS-CoV-2 war von untergeord-                   ger typisch ist; im Falle von SARS-CoV-2 han-
neter Bedeutung. Damit sind die für die Vermei-               delt es sich um das Spike-Protein. Da die im-
dung einer Atemwegsinfektion zu wählenden                     munaktivierende Wirkung eines Proteins in der
Strategien jeweils an die konkreten Gegeben-                  Regel relativ schwach ist, beinhaltet der Impf-
heiten anzupassen.                                            stoff zusätzlich einen Hilfsstoff (Adjuvans). Wird
                                                              der Impfstoff gespritzt, wird das Spike-Protein
                                                              von den Zellen des Immunsystems aufgenom-
                                                              men und auf den Zellmembranen präsentiert. Es
Impfstoffe und Impfungen                                      kommt zur Aktivierung des Immunsystems.
Weltweit sind verschiedene Impfstoffe gegen
SARS-CoV-2 und somit COVID-19 zugelassen.                     Totimpfstoffe
Hierbei sind RNA-Impfstoffe, Vektorimpfstoffe,                Ein Totimpfstoff enthält das abgetötete Virus
Proteinimpfstoffe und Totimpfstoffe zu unter-                 oder abgetötete Teile des Virus sowie einen
scheiden, die wie folgt charakterisiert sind:                 Hilfsstoff. Wird der Impfstoff gespritzt, wird das
                                                              abgetötete Virus (bzw. Teile davon) von den Zel-
RNA-Impfstoffe                                                len des Immunsystems aufgenommen und auf
Die RNA-Impfstoffe enthalten eine Abschrift                   den Zellmembranen präsentiert. Es kommt zur
(mRNA) des Gens bzw. von Teilen des Gens,                     Aktivierung des Immunsystems.
das die „Bauanleitung“ für eine charakteristische
Proteinstruktur des Virus - im Falle von SARS-                Bivalente Impfstoffe
CoV-2 das Spike-Protein - enthält. Eingehüllt ist             Da sich die Spike-Proteine der Omikron-Varian-
die mRNA in eine Lipidhülle. Wird der Impfstoff               ten von SARS-CoV-2 teilweise deutlich von den
gespritzt, verschmilzt die Lipidhülle mit der Zell-           Spike-Proteinen der übrigen Virusvarianten un-
membran der betroffenen Zellen. Es kommt zur                  terscheiden, war von einem nur unzureichenden
Freisetzung der mRNA in die Zellen, jedoch ge-                Ansprechen der Impfung mit den zunächst ent-
langt die mRNA nach den bisherigen Erkennt-                   wickelten Impfstoffen gegen die Infektion mit
nissen nicht in den Zellkern und kann somit nicht             den Omikron-Varianten auszugehen. Entspre-
in die Erbanlagen übergehen. Die mRNA veran-                  chend wurden an die Omikron-Varianten BA.1
lasst die Zellen, das Spike-Protein oder Teile                sowie BA.4 und BA.5 angepasste mRNA-Impf-
des Spike-Proteins zu bilden und freizusetzen.                stoffe entwickelt und mit den mRNA-Impfstoffen
In der Folge wird das Spike-Protein von den Zel-              gegen das Originalvirus zu bivalenten Impfstof-
len des Immunsystems aufgenommen und auf                      fen kombiniert.
den Zellmembranen präsentiert. Es kommt zur
Aktivierung des Immunsystems.                                 Neue Impfstoffe
                                                              Aktuell befinden sich weitere Impfstoffe in der
Vektorimpfstoffe                                              Entwicklung. Von Interesse ist insbesondere für
Die Vektorimpfstoffe beinhalten eine cDNA, wel-               Menschen mit Blutkrebserkrankungen ein Impf-
che die „Bauanleitung“ für das Spike-Protein                  stoff, der am Universitätsklinikum Tübingen ent-
oder Teile des Spike-Proteins von SARS-CoV-2                  wickelt wurde und gezielt eine Antwort der T-Zel-
enthält. Eingehüllt ist die cDNA in ein die                   len hervorruft.
menschlichen Zellen befallendes, aber nicht
mehr vermehrungsfähiges Virus (Vektorvirus).                  In Europa zugelassene Impfstoffe
Wird der Impfstoff gespritzt, infiziert das Vektor-           In Europa und somit in Deutschland sind, Stand
virus die Zellen und setzt die SARS-CoV-2-                    Februar 2023, folgende Impfstoffe zugelassen
cDNA in die Zellen frei. Die cDNA gelangt in den              und erhältlich:
Zellkern. Sie wird jedoch nicht in das menschli-
che Erbgut integriert. Im Zellkern erfolgt die Um-            mRNA-Impfstoffe
schreibung der cDNA in eine mRNA. In den Zel-                 •    Comirnaty® (BioNTech)
len wird sodann das Spike-Protein gebildet und                •    Spikevax® (Moderna)
freigesetzt. In der Folge wird das Spike-Protein
von den Zellen des Immunsystems aufgenom-                     Bivalente mRNA-Impfstoffe
men und auf den Zellmembranen präsentiert. Es                 •      Comirnaty Original/Omicron BA.1®
kommt zur Aktivierung des Immunsystems.                              (BioNTech)
                                                              •      Comirnaty® Original/Omicron
                                                                     BA.4/BA.5® (BioNTech)
                                                              •      Spikevax bivalent Original/Omicron
                                                                     BA.1® (Moderna)
                                                      COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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•         Spikevax bivalent Original/Omicron                   Zellen der Lunge, des Herzens, des Magen-
          BA.4-5 ® (Moderna)                                   Darm-Trakts und des zentralen Nervensystems
                                                               befindet. Diese Bindung ermöglicht die Virusauf-
Vektorimpfstoffe                                               nahme in die Zellen und in der Folge die Bildung
•      Vaxzevria® (Astra Zeneca)                               und Freisetzung neuer Viren. Im Zuge der nicht-
•      Jcovden (COVID19 Vaccine Janssen)®                      zellulären (humoralen) Immunantwort werden
       (Janssen-Cilag)                                         von den aktivierten B-Zellen bzw. den aus diesen
                                                               hervorgegangenen Plasmazellen neutralisie-
Proteinimpfstoffe                                              rende Antikörper gebildet. Diese neutralisieren-
•      Nuvaxovid® (Novavax)                                    den Antikörper binden an die Spike-Proteine und
•      VidPrevtyn Beta® (Sanofi Pasteur)                       blockieren so die Bindung des Virus an den Re-
                                                               zeptor ACE2. Entsprechend wird das Virus nicht
Totimpfstoffe                                                  von den menschlichen Zellen aufgenommen. Die
•      COVID-19 Vaccine (inactivated, adjuvan-                 Virusvermehrung unterbleibt.
       ted) Valneva® (Valneva Austria)
                                                               In diesem Zusammenhang ist das Auftreten von
                                                               SARS-CoV-2-Varianten von Bedeutung. Geimpft
Eine Übersicht über die Impfstoffe mit Stand vom               wird Anfang 2023 mit der mRNA, der cDNA und
Februar 2023 gibt Tabelle 1.                                   den Proteinen zu dem Spike-Protein sowie den
                                                               abgetöteten Viren des Viruswildtyps, der Anfang
Aktivierung der Immunantwort                                   2020 aufgetreten ist, sowie mit der mRNA zu den
In Folge der Impfung gegen SARS-CoV-2 kommt                    Spike-Proteinen der Omikron-Varianten BA.1,
es in den Lymphknoten durch die Immunzellen,                   BA.4 und BA.5, die im Verlauf von 2022 das
die das Spike-Protein präsentieren, zu einer                   Krankheitsgeschehen beherrschten. Die Erfah-
nicht-zellulären (humoralen) und zu einer zellulä-             rung zeigt, dass die aufgrund der Impfung gebil-
ren Immunantwort. B-Zellen sowie CD4-positive                  deten neutralisierenden Antikörper das Spike-
und CD8-positive T-Zellen werden aktiviert, in-                Protein des Wildtyps sehr gut erkennen und das
dem das Spike-Protein an Rezeptoren auf diesen                 Virus neutralisieren; hingegen ist die Wirkung ge-
Zellen bindet.                                                 gen die übrigen Varianten von SARS-Cov-2 auf-
                                                               grund der abweichenden Oberflächenstruktur der
Im Falle einer Infektion mit SARS-CoV-2 kommt                  Spike-Proteine verringert. Entsprechend verrin-
es zur Bindung des Spike-Proteins an den Re-                   gert sich die Bindung der neutralisierenden Anti-
zeptor ACE2, der sich auf den Oberflächen von                  körper, so dass die Virusaufnahme und -vermeh-
                                                               rung weniger effektiv unterbunden wird.

Tabelle 1: Übersicht über die COVID-19-Impfstoffe (Stand Februar 2023)

          Handelsname               Freiname          Impfstofftyp                  Hersteller             Zulassung
                                                                                                           in Europa
             Comirnaty®             BNT162b2          RNA-Impfstoff                 BioNTech                   Ja
     Comirnaty Original/Omicron   BNT162b2 Biva-   bivalenter RNA-Impf-             BioNTech                   Ja
             BA.4/BA.5®                lent                stoff
     Comirnaty Original/Omicron                    bivalenter RNA-Impf-             BioNTech                   Ja
               BA.1®                                       stoff
             Spikevax®             m-RNA1273          RNA-Impfstoff                  Moderna                   Ja
      Spikevax bivalent Origi-    mRNA-1273.214    bivalenter RNA-Impf-              Moderna                   Ja
        nal/Omicron BA.4-5®                                stoff
      Spikevax bivalent Origi-                     bivalenter RNA-Impf-              Moderna                   Ja
         nal/Omicron BA.1®                                 stoff
             Vaxzevria®           ChAdOx1nCoV19       Vektorimpfstoff            AstraZeneca                   Ja
    Jcovden (COVID-19 Vaccine      Ad26.COV2.S        Vektorimpfstoff      Janssen-Cilag International         Ja
             Janssen)®
             Nuvaxovid®            NVX-CoV2373       Proteinimpfstoff              Novavax                     Ja
          VidPrevtyn Beta®                           Proteinimpfstoff            Sanofi Pasteur                Ja
     COVID-19 Vaccine (inacti-                         Totimpfstoff          Valneva Austria GmbH              Ja
    vated, adjuvanted) Valneva®
             Sputnik V®           Gam-COVID-Vac      Vektorimpfstoff            Biocad (Russland)             Nein
     COVID-19 Vaccine (inacti-                        Totimpfstoff               Valneva Austria               Ja
    vated, adjuvanted) Valneva®
                Covilo             BBIBP-CorV          Totimpfstoff            Sinopharm (China)              Nein
             CoronaVac             CoronaVac           Totimpfstoff         Sinovac Biotech (China)           Nein
               Covaxin              Covaxin            Totimpfstoff         Bharat Biotech Internatio-        Nein
                                                                                   nal (Indien)

                                                       COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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Im Zuge der zellulären Immunantwort töten die               Vor diesem Hintergrund setzt sich Anfang 2023
aktivierten T-Zellen die Zellen ab, die das SARS-           eine wirksame Impfung gegen SARS-CoV-2 aus
CoV-2-Virus produzieren und freisetzen, und stop-           einer Grundimmunisierung und einer Auffri-
pen so die Virusvermehrung.                                 schung zusammen. Insbesondere bei Menschen
                                                            mit einer schlechten Impfreaktion sollten weitere
Die neutralisierenden Antikörper lassen sich labor-         Boosterungen angeschlossen werden. Hierbei kön-
technisch einfach im Blut bestimmen. Auch ihre              nen die neuen bivalenten Impfstoffe zu Einsatz
Wirkung gegen die SARS-CoV-2-Varianten kann                 kommen.
erfasst werden. Hingegen ist die Aktivität der T-Zel-
len nur schwer zu messen.                                   Neben den in Europa zugelassenen Impfstoffen
                                                            sind auch die seitens der Weltgesundheitsorga-
                                                            nisation (WHO) akzeptieren Impfstoffe Sputnik®
                                                            (in Russland entwickelt) sowie CoronaVac und
Allgemeine Effektivität der Impfung                         BBIBP-CorV (beide in China entwickelt) effektiv und
Die in Europa in 2021 und 2022 zugelassenen Impf-           bieten bei regelrechter Durchführung der Impfun-
stoffe ausschließlich gegen den Wildtyp von SARS-           gen Schutz gegen schwere COVID-19-Erkrankun-
CoV-2 zeigen kurz nach der Impfung eine gute                gen. Entsprechend brauchen vollständig geimpfte
Grundimmunisierung gegen SARS-CoV-2. In der                 Menschen aus anderen Ländern - wie beispiels-
Regel werden für diese Grundimmunisierung zwei              weise Flüchtlinge aus der Ukraine - keine neue
Impfdosen im Abstand von ca. einem Monat verab-             Grundimmunisierung gegen SARS-CoV-2, sondern
reicht. Die Wirksamkeit bezüglich der Vermeidung            lediglich Auffrisch-Impfungen. Bei ungeimpften
einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung liegt             Menschen muss hingegen eine Grundimmunisie-
zwischen ca. 67% für den Impfstoff Jcovden (CO-             rung erfolgen.
VID-19 Vaccine Janssen)® und ca. 94% für den
Impfstoff Comirnaty®. Für alle Impfstoffe beträgt
die Wirksamkeit gegen eine schwere Erkrankung
und gegebenenfalls den Tod über 90%. Jedoch                 Effektivität der Impfung bei Men-
nimmt die Wirksamkeit relativ rasch ab. So beträgt          schen mit Krebs
ca. drei Monate nach der Impfung die Wirksamkeit            Auch bei den meisten Menschen mit Krebs ist die
von Vaxzevria® gegen eine schwere Erkrankung                Impfung gegen SARS-CoV-2 - bestehend aus
durch die SARS-CoV-2-Variante Delta noch ca.                Grundimmunisierung und Auffrisch-Impfung -
42%. Bei Comirnaty® beträgt dieser Wert ca. 62%.            effektiv. So liegt die Wirksamkeit der Grundimmu-
Im Falle der Variante Omikron sind es sogar nur             nisierung gegen eine symptomatische COVID-19-
noch ca. 35%. Somit nimmt über die Zeit die Wirk-           Erkrankung bei Verwendung des Impfstoffs Comir-
samkeit der Impfung gegen die Virusvariante Omik-           naty® bei 62-72% und bei Verwendung des Impf-
ron deutlich rascher ab als gegen die Variante Delta        stoffs Spikevax® bei 85%. Wie auch bei nicht an
und ist nach 6 Monaten fast erloschen. Wird sodann          Krebs Erkrankten beträgt die Wirksamkeit gegen
ein weiteres (in der Regel drittes) Mal geimpft,            eine schwere Erkrankung und gegebenenfalls den
kommt es - unabhängig von der Virusvariante - zu            Tod bei allen Impfstoffen über 90%. Durch eine Auf-
einem Anstieg der Impfwirksamkeit. Dies nennt               frisch-Impfung lässt sich - unabhängig von den ver-
man „Booster-Effekt“ [von engl. „booster“ = Verstär-        wendeten Impfstoffen - die Wirksamkeit verstärken.
ker]. Auch nach der Auffrisch-Impfung kommt es er-          Generell scheinen die RNA-Impfstoffe die wirk-
neut zu einer Abnahme der Wirkung, wobei die                samsten Impfstoffe zu sein.
Stärke der Abnahme von der Virusvariante be-
stimmt wird. Daher ist an weitere Auffrischimpfun-          Weitere Auffrisch-Impfungen sind bei Menschen
gen im Abstand von sechs Monaten und langfristig            mit Krebs dringend anzuraten, da diese Patienten
an die ein- bis zweimalige Impfung pro Jahr zu den-         in der Regel eher als ansonsten Gesunde an CO-
ken. Sofern zwischenzeitlich eine Covid-19-Infek-           VID-19 erkranken, die Erkrankung schwerer ver-
tion auftritt, ist dies wie eine Impfung zu werten.         läuft und sich die Wirksamkeit der Impfung deutlich
                                                            schneller als bei Gesunden verringert. Daher sollte
Das Konzept aus Grundimmunisierung und Auf-                 insbesondere bei hohen Inzidenzen die nächste
frisch-Impfung nach ca. drei Monaten (sog.                  Booster-Impfung ca. sechs Monate nach der letzten
„Prime-Boost-Konzept“) zeigt für alle Impfstoffkom-         Auffrischung erfolgen, während bei niedrigen Inzi-
binationen eine gute Wirkung. In der Tendenz ist            denzen die Auffrischung herausgezögert werden
der Booster-Effekt der RNA-Impfstoffe Comirnaty®            kann. In jedem Fall sollte rechtzeitig vor Ereignis-
und Spikevax® am stärksten. Die Wirkung dieser              sen mit einer hohen Personen- und / oder Teilneh-
Boosterung gegen eine schwere COVID-19-Er-                  merzahl wie z.B. Familienfeiern eine Boosterung
krankung liegt bei ca. 94%.                                 vorgenommen werden. Hierbei können an spezifi-
                                                            sche Virusvarianten angepasste Impfstoffe wie die
                                                   COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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bispezifischen Impfstoffe verwendet werden, da            Generell stellen bei Menschen mit Krebs ein hohes
nach deren Verimpfung ein höherer Antikörpertiter         Alter (> 70 Jahre), männliches Geschlecht, eine ak-
gegen die Omikron-Varianten von SARS-CoV-2 zu             tive oder unkontrollierte Krebserkrankung sowie die
verzeichnen war als bei Verwendung des Origi-             Krebstherapie selbst Risikofaktoren für ein
nalimpfstoffs. Zudem waren die Nebenwirkungen             schlechteres Ansprechen auf die SARS-CoV-2-
der bivalenten und Originalimpfstoffe vergleichbar.       Impfung dar. So kommt es zu einer deutlichen Re-
                                                          duzierung der Impfwirkung bei Therapien mit B-
Weiterhin können neue SARS-CoV-2-Varianten                Zell-hemmenden und -abtötenden Medikamenten
wie z.B. die Omikron-Variante XBB.1.5 der Immun-          wie Rituximab, Obinutuzumab, Ibrutinib, Veneto-
abwehr trotz Impfung entgehen. Auch ist nicht be-         clax, Ruxolitinib und Daratumumab. Hiervon sind
kannt, wann die nächsten besorgniserregenden Vi-          mehr als 50% der Patienten mit einer entsprechen-
rusvarianten auftreten und wie rasch Impfstoffe ge-       den Therapie betroffen. Eine mäßige Reduktion der
gen diese entwickelt und zugelassen werden kön-           Impfwirkung rufen konventionelle ambulante Che-
nen.                                                      motherapien und konventionelle Steroide (Corti-
                                                          son) hervor. Hiervon betroffen sind weniger als 50%
Auch hilft die Impfung gegen Long- bzw. Post-CO-          der Patienten mit einer entsprechenden Therapie.
VID. So liegt bei den ungeimpften Krebspatienten          Im Vergleich hierzu beeinflussen Lenalidomid, Po-
der Anteil der Patienten mit Long- bzw. Post-COVID        malidomid und bestimmte Tyrosinkinaseinhibitoren
bei 17,2%, bei den teilweise geimpften Krebspati-         (z.B. solche zur Behandlung der CML) kaum die
enten bei 15,2% und bei den vollständig geimpften         Impfwirkung.
Krebspatienten bei 6,7%.
                                                          Keinen Einfluss auf den Impferfolg bei Patienten
Somit sollte Wert auf eine möglichst starke Immun-        hat hingegen der Zeitpunkt der Impfung. Diese
antwort durch die regelmäßige Nutzung der vor-            kann während oder außerhalb einer Chemothera-
handenen Impfstoffe gelegt werden. Nur wenn               pie erfolgen. Zu empfehlen ist, die Krebsbehand-
eine COVID-19-Erkrankung aufgetreten ist, kann            lung standardisiert und wie ursprünglich geplant
auf eine zeitnahe Auffrisch-Impfung verzichtet wer-       durchzuführen und die SARS-CoV-2-Impfungen in
den. Die Erkrankung ersetzt in diesem Fall die Imp-       den Therapieplan einzupassen. Lediglich in weni-
fung.                                                     gen seltenen Fällen - wie z.B. vor dem Beginn der
                                                          Therapie einer nicht sofort behandlungsbedürftigen
Diese Impfempfehlungen gelten insbesondere für            Erkrankung - kann die Krebstherapie für die Durch-
Patienten mit hämatologischen Krebserkran-                führung der SARS-CoV-2-Impfung verzögert be-
kungen. Während nach drei bis sechs Monaten die           gonnen werden. Jedoch sollte nach einer stark im-
Impfung bei 62% der Erkrankten mit soliden Tumo-          munsuppressiven Therapie wie z.B. einer Chemo-
ren noch wirksam ist, liegt dieser Wert bei hämato-       therapie bei Akuter Myeloischer Leukämie (AML)
logischen Krebserkrankungen bei ca. 35%. Beson-           mit der SARS-CoV-2-Impfung gewartet werden, bis
ders betroffen sind Patienten mit akuten Leukä-           sich das Blutbild gebessert hat.
mien, Patienten unter einer aktiven Krebsbehand-
lung und Patienten mit einer B-Zell-abbauenden            Im Falle einer Dauerbehandlung mit Medikamen-
Therapie.                                                 ten, die die B-Zellen hemmen bzw. abbauen - wie
                                                          z.B. Rituximab, Obinutuzumab oder Ibrutinib -,
Das Prime-Boost-Konzept für Menschen mit                  sollte trotz dieser Behandlung eine SARS-CoV-2-
Krebs ist in der Onkopedia-Leitlinie „Coronavirus-        Impfung erfolgen, da es bei ca. 30% der Patienten
Infektion (COVID-19) bei Patient*innen mit Blut-          zur Bildung von Antikörpern kommt und bei mehr
und Krebserkrankungen“ festgehalten. Hier wird für        als 50% der Betroffenen das T-Zell-System deutlich
Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen              aktiviert wird.
schweren COVID-19-Verlauf und ohne Risiko für
ein Impfversagen die Impfung, eventuell mit einer         Zudem können Impfungen gegen SARS-CoV-2
weiteren Auffrisch-Impfung, empfohlen. Im Falle           und Grippe gleichzeitig vorgenommen werden.
von Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen
schweren COVID-19-Verlauf und einem erhöhten              Während allgemein in der Bevölkerung die Zahl der
Risiko für ein Impfversagen wird geraten, zunächst        T-Zellen mit dem Gehalt der Antikörper IgG im
die Impfung durchzuführen und bei einer fehlenden         Blut korreliert, verschiebt sich bei Patienten mit
Produktion neutralisierender Antikörper ein weite-        Blutkrebserkrankungen dieses Verhältnis. So fin-
res Mal zu impfen oder als vorbeugende Maß-               den sich bei Patienten unter einer Erhaltungsthera-
nahme (Prä-Expositionsprophylaxe) neutralisie-            pie mit B-Zell-abbauenden Medikamenten verrin-
rende Antikörper als Medikament zuzuführen.               gerte Mengen an Antikörpern gegen SARS-CoV-2,
                                                          während nach einer allogenen Stammzelltransplan-

                                                 COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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tation die Zahl der aktivierten T-Zellen vermindert         der Impfung Antikörper gebildet haben, zu Durch-
ist.                                                        bruchinfektionen kommen. Der Hintergrund hierfür
                                                            ist, dass die bislang genutzten Impfstoffe auf dem
Besondere Nebenwirkungen der Impfung gegen                  Wildtyp von SARS-CoV-2 sowie auf den Omikron-
SARS-CoV-2 sind bei Menschen mit Krebs nicht                Varianten BA.1, BA.4 und BA.5 basieren. Entspre-
zu verzeichnen. Insbesondere kommt es nicht zu              chend werden von den geimpften Menschen neut-
gehäuften Rückfällen oder Reaktivierungen der               ralisierende Antikörper gegen diese Virus-Varian-
Krebserkrankung im Zusammenhang mit einer                   ten gebildet. Diese Antikörper vermögen jedoch
SARS-CoV-2-Impfung. Es kann - wie auch bei an-              nicht immer auch neue Virusvarianten wie die O-
sonsten Gesunden - zu einer reaktiven Schwellung            mikron-Variante XBB.1.5 zu neutralisieren, sodass
der Lymphknoten unter der Achsel oder im Halsbe-            es trotz Impfung zu einer COVID-19-Erkrankung
reich auf der Seite des geimpften Arms kommen.              kommen kann. Darüber hinaus ist wahrscheinlich,
Vor weitergehenden Untersuchungen sollte einige             dass selbst bei Krebspatienten ohne neutralisie-
Wochen abgewartet werden, da es in der Regel                rende Antikörper - beispielsweise aufgrund einer
zum Rückgang der Lymphknotenschwellungen                    Rituximab-Therapie - die Zellen des T-Zell-Systems
kommt. Bei ca. 10% der allogen stammzelltrans-              aktiviert wurden und somit eine Impfwirkung vor-
plantierten Patienten können vorübergehend Blut-            liegt. Aktuell wird seitens der Experten diskutiert, ob
bildveränderungen oder eine (Verstärkung der)               die aktivierten T-Zellen möglicherweise effektiver
Spender-gegen-Empfänger-Reaktion          (Graft-ver-       gegen COVID-19 sind als die neutralisierenden An-
sus-Host-Disease, GvHD) auftreten. Zudem kön-               tikörper. Somit könnten sie sogar wichtiger für die
nen sich Hautveränderungen nach einer Strahlen-             Krankheitsbekämpfung sein als die Antikörper.
therapie entzünden (radiation recall). Alle genann-
ten Veränderungen können aber auch - und dann
in einem deutlich stärken Ausmaß - bei einer CO-
VID-19-Erkrankung auftreten. Diese möglichen Fol-           Neue Therapien
geerscheinungen sprechen also nicht gegen eine              In Europa wurden verschiedene Arzneimittel zur
SARS-CoV-2-Impfung.                                         Behandlung von COVID-19 zugelassen, die in
                                                            Deutschland verfügbar sind. Ihre Anwendung sollte
Auch bei autoimmun ausgelösten Veränderungen                sich jedoch auf Patienten beschränken, bei denen
des Blutbildes wie Aplastischer Anämie oder Im-             ein hohes Risiko für eine COVID-19-Erkrankung -
munthrombozytopenie (ITP) kommt es durch die                z.B. aufgrund einer ausbleibenden Antikörperbil-
Impfung nicht gehäuft zu einer Verschlechterung             dung trotz vierfacher SARS-CoV-2-Impfung - be-
der Erkrankung. Jedoch können vorübergehende                steht. Zu diesen Arzneimitteln zählen Antikörper so-
Verschiebungen im Blutbild auftreten. Hier sollte           wie antivirale Medikamente, die die Vermehrung
vor weiteren Untersuchungen abgewartet werden,              der Viren in den menschlichen Zellen unterbinden.
ob sich die Abweichungen zurückentwickeln.                  Diese Antikörper und Medikamente sind in der
                                                            Frühphase von COVID-19 einzusetzen, d.h. die
Grundsätzlich ist von einer Überprüfung der Impf-           Therapie sollte innerhalb der ersten fünf Tage der
wirkung anhand der Bestimmung der Antikörper                Erkrankung beginnen. Dabei wirken die Medika-
gegen SARS-CoV-2 abzuraten, da die neutralisie-             mente gegen alle Virusvarianten, während die Anti-
rende Aktivität der vorhandenen Antikörper im La-           körper passend zu der lokal dominierenden Virus-
bor nicht routinemäßig erfasst wird und bislang             variante gewählt werden müssen. Eine Übersicht
keine genaue Kenntnis bezüglich des Verhältnisses           über die Antikörper und Medikamente geben die
zwischen der Menge der Antikörper und dem Aus-              Tabellen 2 und 3.
maß der Schutzwirkung gegenüber COVID-19 vor-
liegt. So kann es auch bei Menschen, die in Folge

Tabelle 2: Übersicht über Antikörper gegen COVID-19 (Stand Februar 2023)
  Handelsname      Freiname       Anwen-        Wirkdauer          Hersteller      Wirksamkeit ge-        Zulas-
                                   dung                                             gen Omikron          sung in
                                                                                                         Europa
   Evusheld®      Tixagevimab /   Injektion    ca. 6 Monate       AstraZeneca     Keine Wirkung ge-         Ja
                   Cilgavimab                                                     gen die Omikron-
                                                                                  Variante XBB.1.5
    Xevudy®        Sotrovimab     Injektion   wenige Wochen        GlaxoSmith-    Keine Wirkung ge-         Ja
                                                                    Kline / Vir   gen die Omikron-
                                                                                    Variante BA.2
  Ronapreve®      Casirivimab /   Injektion   Nicht mehr ge-       Regeneron            Nein                Ja
                   Imdevimab                      geben

                                                   COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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Tabelle 3: Übersicht über virushemmende Medikamente gegen COVID-19 (Stand Februar 2023)
  Handelsname      Freiname        Anwen-       Reduzierung des       Hersteller      Wirksam-         Zulassung
                                    dung         Risikos einer                        keit gegen       in Europa
                                                 schweren Er-                         alle Virus-
                                                   krankung                           varianten
   Paxlovid®       Nirmatrelvir     Tablette          90%               Pfizer             Ja              Ja
                  und Ritonavir      5 Tage
    Veklury®       Remdesivir       Injektion        87%             Gilead Sci-           Ja              Ja
                                  5 – 10 Tage                           ences
   Lagevrio®      Molnupiravir      Tablette         30%                MSD                Ja              Ja
                                     5 Tage

Therapie bei Risikopatienten                                Verwendet werden hierbei die aufgereinigten
Die Therapie zur Vermeidung eines schweren                  Antikörper von Genesenen oder monoklonale
COVID-19-Verlaufs bei Patienten mit einem er-               Antikörper. Zu beachten ist jeweils die SARS-
höhten Risiko für einen schweren Krankheitsver-             CoV-2-Variante, die lokal dominiert und gegen
lauf ist in der Onkopedia-Leitlinie „Coronavirus-           die die Antikörper wirken sollen. So konnten ge-
Infektion (COVID-19) bei Patient*innen mit Blut-            gen die Variante Delta verschiedene Antikörper
und Krebserkrankungen“ festgehalten. Ausge-                 eingesetzt werden. Bei der Variante Omikron
hend von einer symptomatischen Erkrankung                   zeigten Anfang März 2022 lediglich die über ca.
und dem positiven Nachweis von SARS-CoV-2                   ein halbes Jahr wirksame Antikörperkombination
mittels PCR-Test wird bei einem leichten Krank-             Tixagevimab / Cilgavimab (Evusheld®, Astra-
heitsverlauf ohne Sauerstoffbedarf und ohne                 Zeneca) und der über einen kurzen Zeitraum
Krankenhausaufnahme die Anwendung von mo-                   wirksame Antikörper Sotrovimab (Xevudy®, Gla-
noklonalen Antikörpern (je nach lokal dominie-              xoSmithKline) eine - wenn auch im Vergleich zu
render SARS-CoV-2-Variante) oder der virus-                 anderen Virusvarianten verminderte - Wirkung.
hemmenden Arzneimittel Nirmatrelvir + Ritona-               Laut Erkenntnissen Ende März 2022 hat Sotro-
vir, Remdesivir oder Molnupiravir empfohlen.                vimab die neutralisierende Wirkung gegen die O-
Eine gute Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 ein-                 mikron-Variante BA.2 verloren. Anfang 2023 er-
schließlich der Omikron-Varianten hat das viren-            wies sich die bis zu diesem Zeitpunkt wirksame
hemmende Medikament Nirmatrelvir + Ritona-                  Antikörperkombination Tixagevimab / Cilgavimab
vir. Gegen die ursprünglichen SARS-CoV-2-Va-                als wirkungslos gegen die Omikron-Variante
rianten helfen auch die monoklonalen Antikörper             XBB.1.5.
und Remdesivir. Gering ist jedoch der Effekt von
Molnupiravir. Alle Medikamente können ambu-                 Medikamente
lant angewendet werden, jedoch erfordert die In-            Seit Januar 2022 ist für die Behandlung COVID-
jektion der monoklonalen Antikörper und von                 19-Erkrankter mit einem erhöhten Risiko für ei-
Remdesivir den Aufenthalt in einer medizini-                nen schweren Erkrankungsverlauf das Medika-
schen Einrichtung. Hingegen sollen bei einem                ment Paxlovid® (Pfizer), das über 5 Tage in Tab-
mittelschweren Krankheitsverlauf und der Auf-               lettenform eingenommen wird, in Europa zuge-
nahme der Patienten ins Krankenhaus blutver-                lassen. Paxlovid® enthält die Wirkstoffe Nir-
dünnende Medikamente und weitere, an die                    matrelvir + Ritonavir, wobei Nirmatrelvir speziell
Krankheitssituation der Patienten angepasste                die SARS-CoV-2-Vermehrung hemmt und Ri-
Arzneimittel eingesetzt werden.                             tonavir dessen Wirkung verstärkt. Nirmatrelvir +
                                                            Ritonavir reduzieren das Risiko einer Kranken-
Antikörper                                                  hauseinweisung oder des Todes um fast 90% bei
Bei Patienten ohne eigene oder mit einer sehr ge-           allen Patientenuntergruppen und bei Patienten
ringen eigenen Antikörperbildung und einem sehr             über 65 Jahren um 73%, wobei der Nutzen für äl-
hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkran-              tere Patienten und ungeimpfte Patienten beson-
kung können Antikörper als passive Immunisie-               ders groß ist. Jedoch zeigt Nirmatrelvir + Ritona-
rung und somit als Vorbeugung zum Einsatz                   vir Wechselwirkungen mit einer Vielzahl anderer
kommen. Empfohlen wird eine Antikörperbe-                   Arzneimittel und ist entsprechend nur einge-
handlung bei diesen Patienten, wenn diese Kon-              schränkt anwendbar. Im Bereich der Krebsarz-
takt mit einer erkrankten Person hatten. In die-            neimittel sind die Wirkstoffe Neratinib (gegen
sem Fall spricht man von einer Post-Expositions-            Brustkrebs) und Venetoclax (gegen Chronische
prophylaxe.                                                 Lymphatische Leukämie und Akute Myeloische
                                                            Leukämie) betroffen. Weiterhin kann Nirmatrelvir
                                                            + Ritonavir die Wirkstoffspiegel verschiedener

                                                    COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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Medikamente aus den Bereichen der Hämatolo-                     krankung - und insbesondere Patienten mit Blut-
gie und Onkologie erhöhen. Hierzu zählen be-                    krebserkrankungen sowie hoher Wahrscheinlich-
stimmte Krebs-Arzneimittel, das Immunsystem                     keit einer nur geringen Impfreaktion - geraten,
schwächende Arzneimittel (wie z.B. Ciclosporin),                alle Allgemeinmaßnahmen - wie Abstand hal-
Antibiotika, blutverdünnende Arzneimittel und Ty-               ten, Hygiene beachten, im Alltag Maske tragen,
rosinkinaseinhibitoren. Wird Nirmatrelvir + Ri-                 Lüften sowie Nutzung der Antikörper-Selbsttests
tonavir zusammen mit diesen Medikamenten an-                    und der Corona-Warn-App - anzuwenden. Au-
gewendet, sollten die Wirkstoffspiegel während                  ßerdem sollte ein Nestschutz aufgebaut wer-
der Behandlung kontrolliert und mögliche Neben-                 den, indem die Personen, mit denen sie engeren
wirkungen beachtet werden.                                      Kontakt haben, sich impfen und boostern lassen.
                                                                Insbesondere sollte das Tragen von FFP2-Mas-
Seit Anfang 2022 ist für die Behandlung der ge-                 ken eine Selbstverständlichkeit sein. Zudem
nannten Risikopatienten ebenfalls Molnupiravir                  sollte auf eine gute allgemeine Gesundheit,
(Lagevrio®, MSD) in Europa zugelassen. Molnu-                   eine sehr gute Kontrolle der hämatologisch-
piravir wird über 5 Tage in Tablettenform verab-                onkologischen Erkrankung und einen ausrei-
reicht und hemmt die Virusvermehrung, indem es                  chenden Vitamin D-Spiegel von ca. 50 ng/ml
eine Anhäufung von Fehlern in der viralen                       Blut geachtet werden. Auch macht es Sinn, be-
Erbsubstanz auslöst. Molnupiravir reduziert das                 reits im Vorfeld einer COVID-19-Erkrankung mit
Risiko einer Krankenhauseinweisung oder des                     den behandelnden Ärzten die im Krankheitsfall
Todes um ca. 50% bei allen Patientenuntergrup-                  anzuwendende Therapie mit Antikörpern oder
pen.                                                            antiviralen Medikamenten sowie gegebenenfalls
                                                                einer Blutverdünnung zu besprechen und sich zu
                                                                informieren, an welche Einrichtung man sich im
                                                                Krankheitsfall für die Therapie wenden muss. Im
Vorbeugung, Nestschutz und Hygi-                                Falle von COVID-19 sollten bei ambulanter Be-
                                                                handlung die Sauerstoffsättigung des Blutes kon-
enemaßnahmen                                                    trolliert sowie allgemeine pflegende Maßnahmen
In einer COVID-19-Erkrankungssituation mit ho-
                                                                ergriffen werden.
her Inzidenz wird Menschen mit einer Krebser-

Glossar                                                         cDNA (complementary DNA, komplementäre DNA)
                                                                mittels des Enzyms Reverse Transkriptase aus RNA
                                                                synthetisierte DNA
allogene Stammzelltransplantation
Stammzelltransplantation mit Zellen eines Familien-
                                                                Endemie
oder Fremdspenders
                                                                Infektionskrankheit, die in einer Region heimisch ist
                                                                und an der ein größerer Teil der Bevölkerung regelmä-
B-Zellen
                                                                ßig erkrankt
Zellen des Immunsystems; sie dienen der Antikörper-
bildung
                                                                Immunsuppressiv
                                                                das Immunsystem unterdrückend
bivalenter Impfstoff
Impfstoff aus zwei eine Immunantwort auslösenden
                                                                Inzidenz
Komponenten
                                                                Häufigkeit von auftretenden Krankheitsfällen pro
                                                                100.000 Einwohner
Booster-Effekt
Verstärkungseffekt
                                                                Lipid
                                                                Fett
Booster-Impfung
Auffrischimpfung
                                                                mRNA (messenger RNA, Boten-RNA)
                                                                Abschrift eines Gens, die im Zellkern gebildet und in
CD4-positive T-Zellen
                                                                der Zelle in das entsprechende Protein umgesetzt wird
T-Lymphozyten mit Oberflächenstruktur CD4; T-Hel-
ferzellen
                                                                monoklonale Antikörper
                                                                Antikörper, die von einer Zelllinie (Zellklon) produziert
CD8-positive T-Zellen
                                                                werden, die auf einem einzelnen B-Lymphozyten be-
T-Lymphozyten mit Oberflächenstruktur CD8; eine
                                                                ruht; monoklonale Antikörper sind gegen eine einzelne
Untergruppe der CD8-positiven T-Zellen sind die zyto-
                                                                Oberflächenstruktur (z.B. auf der Virusoberfläche) ge-
toxischen T-Zellen, die eine besondere Rolle bei der
                                                                richtet
Abtötung von körpereigenen Zellen, die von Viren be-
fallen sind, spielen

                                                        COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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IgG
Antikörper vom Typ Immunglobulin-G

monovalenter Impfstoff
Impfstoff aus einer eine Immunantwort auslösenden
Komponente

neurokognitive Störung
Einbußen in den Bereichen Aufmerksamkeit, Lernen
und Gedächtnis, Sprache, Wahrnehmen und Erken-
nen von Menschen, Bewegung

neutralisierende Antikörper
Antikörper, die die Aufnahme eines bestimmten Virus
in die Zellen verhindern; diese Blockade erfolgt durch
die Bindung der Antikörper an bestimmte Virusstruktu-
ren

Pandemie
Infektionskrankheit, die die ganze Welt betrifft und sich
über Kontinente hinweg, aber zeitlich begrenzt aus-
breitet

Prime-Boost-Konzept
Konzept aus Grundimmunisierung und Auffrischimp-
fung

Protein
Eiweiß

Rezeptor ACE2
Protein auf den Oberflächen von Zellen der Lunge,
des Herzens, des Magen-Darm-Trakts und des zent-
ralen Nervensystems; die Bindung eines Virus an die-
sen Rezeptor führt zur Virusaufnahme in die Zellen
und in der Folge zur Bildung und Freisetzung neuer
Viren

Vektorvirus
Nicht mehr vermehrungsfähiges Virus, das als Hülle
für die DNA oder RNA in einem Impfstoff verwendet
wird. Es setzt die DNA oder RNA in die Zellen frei, löst
aber selbst keine Infektion aus. Häufig werden Adeno-
viren als Vektorviren genutzt.

                                                            COVID-19: Aktuelles für Menschen mit Krebserkrankungen (Stand: 02/2023)
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