COVID-19 (SARS-COV-2) - EINE HANDREICHUNG FÜR DIALYSEN

 
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                                   COVID-19 (SARS-CoV-2)
                               Eine Handreichung für Dialysen

Diese Handreichung ist eine freiwillige Leistung gemäß §21 Abs. 2 – 4 ZSKG. Sie richtet sich an
medizinische Einrichtungen. Die Inhalte müssen jeweils an die örtliche Situation angepasst werden.

Stand: 26.03.2020

Neues Meldewesen
Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 7 Absatz 1
Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes auf Infektionen mit dem erstmals im Dezember 2019 in
Wuhan/Volksrepublik China aufgetretenen neuartigen Coronavirus ("2019-nCoV") CoronaVMeldeV.
Daraus ergibt sich die Meldepflicht bei Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod in
Bezug auf eine Infektion ausgedehnt, die durch das erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik
China aufgetretene neuartige Coronavirus („2019-nCoV“) hervorgerufen wird. Dem Gesundheitsamt ist
in Abweichung von § 8 Absatz 3 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes die Erkrankung in Bezug auf die in
Satz 1 genannte Krankheit auch dann zu melden, wenn der Verdacht bereits gemeldet wurde. Dem
Gesundheitsamt ist auch zu melden, wenn sich der Verdacht einer Infektion nach Satz 1 nicht bestätigt.
Die Meldung des Verdachts einer Erkrankung soll nur erfolgen, wenn der Verdacht nach dem Stand der
Wissenschaft sowohl durch das klinische Bild als auch durch einen wahrscheinlichen epidemiologischen
Zusammenhang begründet ist.
Gleichzeitig wird eine namentliche Labormeldepflicht auf den direkten oder indirekten Nachweis des
genannten Krankheitserregers ausgedehnt, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist.

Das Robert-Koch-Institut bemüht sich, ggf. tagesaktuell Fließschemata herauszugeben:
   •   Flussschema für Verdachtsabklärung und Maßnahmen – Orientierungshilfe für Ärzte
   •   Grundlagen für die Risikoeinschätzung des RKI 2020

1. Was ergibt die klassische Risikobewertung?

1.1 Erreger
Single strain RNA-Virus (d.h. Reverse Transkriptase PCR erforderlich)
Behüllt (Alle Desinfektionsmittel wirken, selbst Händewaschen mit Seife führt zur deutlichen
Virusreduktion, Spülmittel kann die Viren komplett inaktivieren)
Aktivitätszeit auf Flächen wird mit bis zu 6 Tagen angegeben. Auf verschiedenen Materialien ergeben
sich verschiedene Halbwertszeiten: Für SARS-CoV-2 und SARS-CoV-1 in der Luft betrugen sie jeweils 2,74
Stunden. Auf Kupfer sank die Konzentration von SARS-CoV-2 und SARS-CoV-1 nach 3,4 und 3,76 Stunden
auf die Hälfte, auf Pappe vergingen 8,45 und 1,74 Stunden, auf Stahl 13,1 und 9,77 Stunden und auf
Plastik 15,9 und 17,7 Stunden (medRxiv (2020; doi: 10.1101 /2020.03.09. 20033217).
Übertragung durch Tröpfchen mit 1-2m Abstand, Mensch zu Mensch, Theoretisch möglich sind auch
Schmierinfektionen und somit eine Ansteckung über die Bindehaut der Augen, über Wunden und über

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Stuhl. Welche Rolle diese Schmierinfektionen spielen ist nicht bekannt, sollte aber – vor allem in
medizinischen Bereichen – beachtet werden.
Die Letalität von der Lungenerkrankung COVID-19 präsentiert sich unterschiedlich von ca. 0,1 % in
Deutschland bis zu fast 8 % in Italien. Allerdings gibt es viele asymptomatische Träger (epidemiologisch
ungünstig)
Keine Impfung und bisher keine über eine rein symptomatische hinausgehende Therapie
Inkubationszeit 1-14 Tage, im Mittel 6-8 Tage.
Ausscheidungsdauer: Bei Nachweis im Rachen bis zu vier Tage, aus Sputum bis zu 8 Tagen

Erfahrungen aus Wuhan zeigen, dass HD-Patienten mit COVID-19 meist klinisch mild symptomatisch sind
und es unwahrscheinlich ist, dass sie aufgrund der beeinträchtigten zellulären Immunfunktion und der
Unfähigkeit, vermehrt Zytokine zu produzieren, zu einer schweren Lungenentzündung führen. Es sollte
mehr Aufmerksamkeit darauf verwendet werden, kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern, die die
Kollateralauswirkungen der COVID-19-Epidemie auf Huntington-Patienten sein können (Journal of
Nephrology 2020 „2019 novel coronavirus disease in hemodialysis (HD) patients: Report from one HD
center in Wuhan, China“ – Einzusehen Website Nephrologische Gesellschaft).

1.2. Zielgruppen
Kinder sind weniger betroffen als bei der Influenza, können aber offenbar als asymptomatische
Überträger fungieren. Wie bei der Influenza trifft es vor allem alte Menschen, insbesondere dann, wenn
bereits Vorschäden bestehen (z.B. Hämatologie/Onkologie, Dialyse bei erheblichen Vorschädigungen,
Intensivstationen, Geriatrien). Diese Gruppe stellt auch die allermeisten Todesopfer.

1.3. Meldung an das Gesundheitsamt
Fall unter diagnostischer Abklärung: Symptome mit Rückkehr > 14 Tage aus Risikogebiet oder Symptome
ohne bekannten Kontakt, keine Meldung
Begründeter Verdachtsfall: Symptome mit Rückkehr < 14 Tage aus Risikogebiet oder Symptome m i t
bekannten Kontakt, Meldung

2. Beurteilung von Einsatzfähigkeit von Personal
Diese richtet sich nach der Exposition und der bisher bekannten Inkubationszeit. Beispielsweise könnte
so vorgegangen werden:
    1) Aufenthalt in Risikogebiet vor > 14 Tagen = Arbeitsantritt wie üblich
    2) Aufenthalt in Risikogebiet vor < 14 Tage + keine Symptomatik = Arbeitgeber verständigen,
         Arbeitsantritt, Test beim Auftreten von Symptomen
    3) Aufenthalt in Risikogebiet vor < 14 Tage + Symptomatik über ärztlichen Notdienst (Tel. 116117)
         Abstrich veranlassen und nicht zur Arbeit kommen, falls Symptome während der Arbeit
         auftreten – strikte Isolierung
    4) Kontakt mit einer Person aus Risikogebieten im eigenen Haushalt, Zeitrahmen < 14 Tage =
         Quarantäne für 14 Tage, auch ohne Symptome
    5) Verdacht auf Influenza oder Kontakt mit einem Influenzapatienten < 7 Tage = Arbeit bei
         Risikopatienten mit Mund-Nase-Schutz
    6) Beobachtung des Gesundheitszustandes des eingesetzten Personals
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Ggf. abweichende Vorgaben der Behörden befolgen.

   Besucher
   • Den allgemeinen Publikumsverkehr so weit wie möglich einschränken
   • Besuch möglichst einschränken, z.B. 1 Tag – 1 Besucher – 1 Stunde, keine Kinder
   • Besucher einweisen in Händehygiene, Schutzkittel und Mund-Nase-Schutz

   Techniker von extern:
   • Fragebogen vor Eintreffen abfragen und bei Eintreffen kontrollieren

3. Vor Ankunft am Dialysezentrum
Patienten mit Anzeichen und Symptomen von Fieber, Husten, Beteiligung der oberen Atemwege oder
Bindehautentzündung identifizieren, bevor sie den Warteraum und den Behandlungsbereich betreten.
Patienten müssen das Personal vor ihrer Ankunft in der Einrichtung telefonisch oder auf geeignete
elektronische Weise über Fieber oder Atemwegsbeschwerden informieren.
Die fieberhafte Reaktion kann bei Dialysepatienten vermindert sein!

4. Wartebereich
Wenn möglich, Händedesinfektion im Eingangsbereich!

Behandlungs- und Wartebereiche sollten gut klimatisiert und belüftet sein, um Partikel und Tröpfchen
aus der Luft zu entfernen.

Dialyseeinrichtungen sollten in Wartebereichen Platz haben, damit kranke bzw. verdächtige Patienten
mindestens 2 m von anderen Patienten entfernt sitzen können. Sie erhalten einen Mund-Nase-Schutz,
soweit dieser klinisch toleriert werden kann. Falls nicht, sollten die Patienten direkt ins Zentrum
verbracht werden.
Medizinisch stabile Patienten können sich dafür entscheiden, in einem persönlichen Fahrzeug oder
außerhalb der Gesundheitseinrichtung zu warten.

5. Ankunft im Behandlungsbereich des Zentrums
Händedesinfektion vor Wiegen, Umkleide wird nur einzeln genutzt!
Wann immer möglich, sollte eine kurze Bewertung vorgenommen werden, bevor ein Patient die
Dialysestation betreten darf.
Die Körpertemperatur sollte bei allen Patienten vor Beginn und am Ende der Dialysesitzung systematisch
gemessen werden.
Möglichst in einem separaten Raum oder dem benachbarten Krankenhaus bzw. in Behandlungsraum
einer assoziierten nephrologischen Praxis Erstuntersuchung durchführen.

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6. Maßnahmen während des Dialyseverfahrens
Im Idealfall sollten symptomatische Patienten mit MNS bei geschlossener Tür in einem separaten
Isolationsraum (falls verfügbar) dialysiert werden, in dem eine Unterdruckatmosphäre (bei bedside
Dialyse auf der Intensivstation) hergestellt werden kann.
Andernfalls sollten sie in einem separaten Isolationsraum warten und in der letzten Schicht des Tages
eine Dialyse erhalten, bis eine Infektion ausgeschlossen ist. Fensterlüftung mit Fliegengitter ist zulässig.
Ein Abstand von zwei Metern zwischen Dialyseplätzen ist ratsam, alternativ Paravent.

Das Absetzen der Isolierungsvorkehrungen sollte von Fall zu Fall in Zusammenarbeit mit den
Gesundheitsämtern festgelegt werden, bis die Informationen zur Virusausscheidung nach klinischer
Verbesserung verfügbar sind. Derzeit gibt es eine Empfehlung zur Entisolierung nach 48 Stunden
Symptomfreiheit und 2 negativen Tests.

Pflegepersonal sollte geschult werden, Nasopharynx-Tupfer für die COVID-19-Polymerasekettenreaktion
unter Verwendung einer FFP2-Maske und Schutzbrille zu gewinnen. Alternativ können Rachenabstriche
oder Rachenspülwasser (nach intensivem Gurgeln mit Wasser) verwendet werden.

Alle Mitarbeiter, die an der direkten Versorgung von Patienten beteiligt sind, die von COVID-19 betroffen
sind, müssen einen vollständigen Schutz erhalten, einschließlich langärmeliger wasserabweisender
Isolationskleidung, Hauben, Schutzbrillen, Handschuhe und medizinischer Masken (FFP2- oder FFP3-
Maske, falls verfügbar).

Es sollten nur einzelne eingewiesene Mitarbeiter die Patienten behandeln (möglichst junge Mitarbeiter
mit geringem Risiko einsetzen).

7. Kohortierung
Bestätigte Fälle können z.B. in der letzten Schicht des Tages kohortiert werden.
Vermeiden Sie jedoch das Vermischen von vermuteten und bestätigten Fällen.

8. Desinfektion
Es handelt sich um ein behülltes Virus, sodass alle Desinfektionsmittel für behüllte Viren wirksam sind
(begrenzt viruzid oder begrenzt viruzid PLUS).

9. Speisenver- und entsorgung
    • Die Speisenversorgung erfolgt wie gewohnt.
    • Es ist zu beachten, dass das chemisch-thermische Spülverfahren in der Spülküche für die
        Aufbereitung ausreichend ist! Einmalgeschirr ist nicht erforderlich!
    • Die Geschirrentsorgung erfolgt mit Handschuhen. Anschließend ist eine Händedesinfektion
        durchzuführen.
    • Die Geschirrentsorgung von Isolierstationen oder -bereichen kann wie gewohnt ohne Umwege
        oder unnötiges Abstellen in den geschlossenen Behältern erfolgen.
    •
10. Wäsche/Textilien
Können einem desinfizierenden Wäschedesinfektionsverfahren gemäß RKI-Liste zugeführt werden.
Individuelle Absprächen mit der Wäscherei sind ggf. erforderlich.
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11. Abfall
Der medizinische Abfall von bestätigten oder vermuteten Patienten mit COVID-19 muss als infektiöser
medizinischer Abfall betrachtet und entsprechend entsorgt werden.
Erforderlich ist somit die Aufstellung der „schwarzen Tonnen“ (AS 18 01 03*)
Die Entsorgung von Abfällen, die mit Sekreten oder Exkreten kontaminiert sind, erfolgt nach
Abfallschlüssel 180103* gemäß Richtlinie der LAGA Nr. 18 und Anhang 8 der TRBA 250.
Für die restliche Abfallversorgung wird auf die Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus
Einrichtungen des Gesundheitsdienstes der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA) verwiesen.

12. Taxifahrten/ Krankentransport zur Dialysebehandlung
Sinnvoll sind Verhaltensmaßnahme zur Kontaktreduzierung    Einzelfahrt bzw. bei Notwendigkeit von
mehreren Personen im Fahrzeug: Tragen eines Mundschutzes. Händedesinfektion bei Verlassen des
Zentrums!

13. Chirurgische Operationen

Patienten, die eine Gefäßzugangsoperation benötigen, sollten auf COVID-19 untersucht werden.
Operationen an Patienten mit bestätigter oder vermuteter COVID-19-Infektion müssen in einem dafür
vorgesehenen Raum mit dem erforderlichen Schutz für das medizinische Personal durchgeführt werden.

14. Angehörige
Alle Familienmitglieder, die mit Dialysepatienten leben, müssen alle Vorsichtsmaßnahmen und
Vorschriften befolgen, die den Patienten gegeben wurden, um eine Übertragung des COVID-19 von
Person zu Person und innerhalb der Familie zu verhindern. Dazu gehören die Messung der
Körpertemperatur, eine gute persönliche Hygiene, das Händewaschen und die sofortige Meldung
potenzieller Probleme infizierte Personen.

Dialysepatienten, bei denen ein Familienmitglied oder eine Pflegekraft unter Quarantäne gestellt wird
ohne Anzeichen einer Infektion können während der 14. Tage Quarantäne der Familienmitglieder oder
Betreuer wie gewohnt dialysiert werden.

Sobald Familienmitglieder oder Betreuer von Dialysepatienten in einen bestätigten Fall umgewandelt
wurden, muss die Identität des Patienten aktualisiert und gemäß den oben genannten Bedingungen
behandelt werden.

15. Hämodialyse zu Hause und Peritonealdialyse
Diese Patienten sollten so weit wie möglich zu Hause unterstützt werden, indem sie Telereporting-
Unterstützung oder andere elektronische Systeme für das klinische Management verwenden und
Hausbesuche durch medizinisches Personal nach Bedarf ergänzen.

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16. Notfallplan zur Sicherung der Dialyse-Versorgung während der Pandemie

https://www.kbv.de/html/1150_45158.php

„25.03.2020 - Zur Sicherstellung der Versorgung von Dialyse-Patienten haben KBV und GKV-
Spitzenverband einen Notfallplan für die Zeit der Coronavirus-Pandemie verabschiedet. Damit
werden bisherige Vorgaben teilweise gelockert, sodass die Dialyseeinrichtungen bei Bedarf schnell
und unbürokratisch reagieren können.

Zur Sicherstellung der Dialyse-Versorgung sollen die Einrichtungen flexibel auf bestimmte
Notsituationen reagieren können, zum Beispiel, wenn Dialyse-Ärzte krankheitsbedingt ausfallen oder
ganze Einrichtungen aus Gründen des Infektionsschutzes nicht in dem gewohnten Umfang
weiterarbeiten können. In solchen Fällen können Praxen beispielsweise unkompliziert Patienten
anderer Praxen übernehmen.

Auch muss im Bedarfsfall reagiert werden, wenn sich Dialyse-Patienten mit dem Virus infiziert
haben. So könnte es sinnvoll sein, dass einige Dialysepraxen ausschließlich Patienten versorgen,
die sich mit dem Virus angesteckt haben. Durch diese Trennung kann das Infektionsrisiko für alle
anderen Dialyse-Patienten verringert werden.“

Literatur:
www.rki.de Steckbrief SARS CoV 2,
aerzteblatt/nachrichten/SARS-CoV-2
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
Arbeitsschutzausschüsse beim BMAS „Empfehlung organisatorischer Maßnahmen zum Arbeitsschutz im
Zusammenhang mit Auftreten von SARS-CoV-2 sowie zum ressourcenschonenden Einsatz von
Schutzausrüstung“, Stand 13.03.2020
Bundesgesundheitsblatt KRINKO 2015 „Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von
Patienten mit übertragbaren Krankheiten“
Merkblatt LGL zum Umgang mit Verstorbenen, Stand 11.03.19
https://www.dnev.de/aktuelles/neuigkeiten/handlungsempfehlung-covid-19/

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