Ausgangspunkt: Customer Journey von Geschäftskunden - Warum Großhändler den Beschaffungsprozess ihrer Geschäftskunden kennen sollten und wie ...

 
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LEITFADEN

Ausgangspunkt: Customer Journey
von Geschäftskunden
Warum Großhändler den Beschaffungsprozess ihrer Geschäftskunden
kennen sollten und wie Kundenzugang gesichert werden kann
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Impressum
Herausgeber:
IFH Köln GmbH
Dürener Str. 401 b, 50858 Köln

Geschäftsführung:
Dr. Kai Hudetz, Boris Hedde
Registergericht Amtsgericht Köln;
Registernummer HRB 70229

www.kompetenzzentrumhandel.de
T +49 / (0)221 / 943607 – 0
F +49 / (0)221 / 943607 – 99
info@kompetenzzentrumhandel.de

Soweit keine redaktionelle Kennzeichnung für den
Inhalt Verantwortliche im Sinne des Presserechts
und des Rundfunkstaatsvertrages:

Dr. Kai Hudetz,
Dürener Str. 401 b, 50858 Köln

Text und Gestaltung:
Gero Becker
Michael Mertens
Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel

Druckerei:
CEWE-PRINT GmbH

Auflage:
500

Stand:
Januar 2020

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Ausgangspunkt: Customer Journey von Geschäftskunden - Warum Großhändler den Beschaffungsprozess ihrer Geschäftskunden kennen sollten und wie ...
Inhalt

   1     Einleitung
                                                    S. 4

   2     Entwicklungen im Beschaffungsprozess der
         Kunden                                     S. 6

   3     Die Customer Journey im Detail
                                                    S. 10

   4     Prozesskosten in der Customer Journey
                                                    S. 16

   5     Was können Großhändler nun tun?
                                                    S. 24

   6     Fazit: Vom Produktverkäufer zum
         Lösungsanbieter                            S. 28

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Einleitung
    Den Beschaffungsprozess der eigenen
             Geschäftskunden kennen –
         warum sich ein Detailblick lohnt.

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K
        unden möchten verstanden werden und          ■    Welche Schritte durchlaufen Geschäftskunden
        an den jeweiligen Schritten eines Beschaf-        während einer Customer Journey?
        fungsprozesses richtig abgeholt werden.      ■    Was versteht man unter Prozesskosten der
        Die Customer Journey beschreibt den               Kunden und welche Auswirkungen hat die
ganzheitlichen Beschaffungsprozess aus Kunden-            Customer Journey auf diese?
sicht. Der vorliegende Leitfaden zeigt auf, warum    ■    Wie kann Digitalisierung helfen, die Prozess-
sich ein Perspektivwechsel für Großhändler lohnt          kosten der Geschäftskunden zu minimieren?
und ein Blick auf die klassische Customer Journey    ■    An welchen Stellschrauben können Großhänd-
der eigenen Kundengruppe notwendig ist.                   ler drehen, um größtmöglichen Nutzen für
                                                          die eigenen Kunden während der Customer
Die unaufhaltsame Durchdringung von B2B-Online-           Journey zu generieren?
anbietern, wie Amazon Business, Mercateo oder        ■    Warum sollten sich Großhändler als Prozess-
Wucato verstärkt die Notwendigkeit das Beschaf-           optimierer ihrer Kunden positionieren?
fungsverhalten seiner eigenen Kunden zu verste-
hen. Geschäftskunden erwarten – wie im privaten      Vorab lassen sich bereits folgende Kernergebnisse
Einkauf – einen einfachen und bequemen Beschaf-      zusammenfassen:
fungsprozess, mit der weiteren Prämisse, Prozess-
kosten zu minimieren. Können Großhändler darauf      1.   Großhändler müssen auf die immer anspruchs-
nicht reagieren, wandern die eigenen Geschäfts-           voller werdenden Beschaffungsprozesse der
kunden zur Konkurrenz ab, die deren Bedüfnisse            eigenen Geschäftskunden reagieren.
besser erfüllen können.                              2.   Es gilt Prozesskosten der eigenen Geschäfts-
                                                          kunden zu minimieren.
Der vorliegende Leitfaden wird folgende Fragestel-   3.   Großhändler müssen sich über die klassischen
lungen beantworten:                                       Handelsfunktionen hinaus auch als Servicean-
                                                          bieter positionieren.
■   Warum sollten sich Großhändler mit dem
    Beschaffungsverhalten ihrer Kunden beschäf-      Viele spannende weitere Impulse durch diese Lek-
    tigen?                                           türe wünschen Ihnen

                                                     Gero Becker und
                                                     Michael Mertens

                                                     Projektreferenten
                                                     Großhandel und Geschäftsmodelle
                                                     am Kompetenzzentrum Handel
                                                     im Januar 2020

                                                                                                     5
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Entwicklungen im Beschaffungs-
                prozess der Kunden
                 Warum Großhändler aktuell den
                     Überblick behalten sollten.

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         er Beschaffungsprozess Ihrer Geschäfts-
         kunden ändert sich im Zuge der Digitalisie-
         rung grundlegend. Sollten für Kunden wäh-
         rend ihrer Beschaffung einzelne Schritte zu
kompliziert werden, wechseln sie schnell zu einem
Wettbewerber, der ihre Anforderungen besser er-
füllen kann.

Daher sollten Großhändler die folgenden Entwick-
lungen beim Beschaffungsverhalten ihrer Kunden
im Blick behalten und Chancen nutzen, um den
Kundenzugang nicht zu verlieren.

                                             Steigende Kundenanforderungen
                                             Bedeutung
                                             Das Kaufverhalten aus dem Privatleben (B2C) überträgt
                                             sich auch auf das Berufsleben (B2B) – z. B. Preisvergleich,
                                             Kundenbewertungen.
                                             Auswirkungen
                                             Die Customer Journey im B2B verändert sich durch diese
                                             Entwicklung und wird anspruchsvoller.
                                             Relevanz
                                             Großhändler müssen die aus dem B2C gewachsenen Er-
                                             wartungen auch im B2B erfüllen.

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Digitale DNA bei Geschäftsnachfolgern
Bedeutung
Junge, neue Generationen steigen ins Berufsleben ein und haben andere (digitale) Anforderungen
an die Customer Journey.
Auswirkungen
Insbesondere aus Bequemlichkeitsaspekten nutzen junge Generationen verschiedene (digitale) An-
laufpunkte, wie z. B. Onlineshops oder Onlinemarktplätze entlang der gesamten Customer Journey
im B2B.
Relevanz
Großhändler müssen zum einen immer noch die Anforderungen bestehender Geschäftsbeziehun-
gen erfüllen, aber dürfen gleichzeitig nicht den Kundenzugang zu neuen Generationen an innovative
Wettbewerber verlieren.

                                       Daten als Währung von morgen
                                       Bedeutung
                                       Im Zuge der Digitalisierung eröffnen sich zahlreiche Mög-
                                       lichkeiten Daten der Kunden zu sammeln. Daten können
                                       entlang der gesamten Customer Journey – online sowie
                                       offline – erhoben werden.
                                       Auswirkungen
                                       Eine gezielte Auswertung der Daten kann versteckte Kun-
                                       denanforderungen aufdecken und schafft Wettbewerbs-
                                       vorteile.
                                       Relevanz
                                       Großhändler sollten die Möglichkeit der Datenauswertung
                                       nutzen, um zielgruppengerechte Lösungen anzubieten.

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Kanalwechsel
Bedeutung
Der Wettbewerb im Großhandel wird immer stärker. Ne-
ben innovativen Geschäftsmodellen im stationären Handel
kommen zusätzlich neue Onlineanbieter auf
den Markt.
Auswirkungen
Geschäftskunden haben die Qual der Wahl während der
Customer Journey. Sie informieren sich meist bei verschie-
denen Anbietern und wechseln auch bei der eigentlichen
Beschaffung häufig die Kanäle. Aber auch der Support in
der Nachkaufphase wird zunehmend im Onlinekanal abge-
wickelt.
Relevanz
Großhändler müssen Anreize schaffen, damit Kunden wäh-
rend der Customer Journey nicht den Anbieter wechseln.
Die eigenen Kanäle sollten so ausgestaltet werden, dass
sich Kunden gerne für die Beschaffung bei einem Groß-
händler entscheiden.

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Die Customer Journey im Detail
              Von Vorkauf- bis hin zur Nachkaufphase –
         welche Aufgaben durchlaufen Geschäftskunden
                       während der Customer Journey?

10
D
        ie steigenden Kundenanforderungen, die
        digitale DNA bei Geschäftsnachfolgern, der
        Kanalwechsel und die Prozesskostenop-
        timierung beim Kunden hat Einfluss auf
die einzelnen Phasen der Customer Journey. Das
folgende Kapitel gibt eine kurze Übersicht welche
Phasen die Kunden in einer Customer Journey
klassischerweise im B2B durchlaufen.

Die Customer Journey besteht grundsätzlich aus
der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase. Jede Pha-
se kann dabei unterschiedliche Prozesse und Auf-
gaben beinhalten. Folgende Übersicht gibt exemp-
larisch einen kurzen Überblick:

                                                     11
Nicht jede Customer Journey gleicht der anderen
und es müssen auch nicht immer alle Aufgaben
durchlaufen werden. Es kann grundsätzlich zwi-
schen drei Beschaffungsanlässe unterschieden
werden:

■    Wiederbeschaffung: Wiederkehrende Be-
     stellungen, bei denen nicht immer wieder        Wiederbeschaffung
     Kaufverhandlungen geführt werden müssen.              z. B. C-Teile,
     Retouren kommen seltener vor. (z. B. C-Teile,        wie Schrauben
     wie Schrauben)
■    Erstbeschaffung: Bei der Erstbeschaffung
     (z. B. MRO-Artikel, wie neue Textmarker) sind
     besonders Aufgaben in der Vorkaufphase, vor       Erstbeschaffung
     allem die Informationssuche und Auswahl,            z. B. MRO-Artikel,
     stark ausgeprägt. Die Reklamationsrate kann     wie neue rote Textmarker
     aufgrund fehlender Erfahrungen mit Lieferan-
     ten und Produkten steigen.
■    Neubeschaffung: Bei der Neubeschaffung
     kann die Customer Journey in anderer Rei-         Neubeschaffung
     henfolge durchlaufen werden. Bei einem              z. B. Maschinen,
     Defekt von einem Drucker beispielsweise,          wie defekter Drucker
     wird erst der Support eingeschaltet, um dann
     direkt beim bisherigen Lieferanten eine neue
     Maschine zu beschaffen. Außerdem nehmen
     Abschreibungsvorschriften bei einem Neukauf
     insbesondere Aufgaben in der Buchhaltung in
     Anspruch.

Im Folgenden werden drei verschiedene Customer
Journeys, einmal für Wiederbeschaffung, Erstbe-
schaffung und Neubeschaffung, beispielhaft auf-
gegriffen, um die Bedeutung der einzelnen Phasen
der Customer Journey und die Unterschiede dar-
zustellen.

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Vorkaufphase

Bedarf                                                Wiederbeschaffung kann die Informationssuche
Die Bedarfsermittlung wird häufig nicht aktiv durch   teilweise entfallen, z. B. beim Kauf von C-Teilen, da
den Kunden ausgelöst, sondern der fehlende Be-        standardisierte Prozesse und Lieferanten die Infor-
darf wird in der Regel im Tagesgeschäft erkenn-       mationssuche bei jeder Nachbestellung überflüs-
bar (z. B. fehlende Schrauben, defekter Drucker).     sig machen.
Die darauffolgende Bestandsprüfung kann u. U.         Auswahl
entfallen, insbesondere bei einer Erstbeschaffung,
da es keinen aktuellen Bestand von der Ware gibt.     Die Auswahl ist eng mit der Informationssuche ver-
Die Customer Journey kann ggf. bei der Bestand-       knüpft. Wenn keine Informationssuche vorange-
prüfung auch vorbei sein, wenn z. B. bei einer Neu-   schaltet ist, fällt die Entscheidung in den meisten
beschaffung eine Alternative zum Kauf gefunden        Fällen für den Stammlieferanten und das übliche
wurde.                                                Produkt (besonders bei der Wiederbeschaffung).
                                                      Sollte eine Informationssuche vorausgeschaltet
Informationssuche                                     worden sein, müssen die recherchierten Produkte
Die Informationssuche enthält Aufgaben wie Re-        und Lieferanten in der Auswahlphase gefiltert wer-
cherche, Vergleich und Beratung, die bei Neu- und     den. Erst dann kann eine Auswahl getroffen wer-
Erstbeschaffungen intensiver ausfallen. Dies liegt    den. Im Gegensatz zum Privatkundenbereich ist es
insbesondere an einer umfassenden Recherche,          üblich dass Geschäftskunden individuelle Preise
Anbieter- und Produktvergleiche und ggf. Beratung     erhalten. Diese werden im letzten Schritt in Ange-
durch den Außendienst intensiver aus. Bei einer       botsverhandlungen mit dem Lieferanten diskutiert.

                                                                                                        13
Kaufphase

Kauf

Die eigentliche Beschaffung von Ware findet in der
Kaufphase statt. Exemplarische Aufgaben sind die
Bestellung, Zahlung und Lieferantenbedingungen.
Übliche Beschaffungskanäle sind z. B. das Tele-
fon, Fax, einen Außendienst oder online über einen
Onlineshop bzw. Marktplatz. Auch sollte beachtet
werden, dass verschiedene Kunden die Beschaf-
fung sehr unterschiedlich abschließen können. Für
bestimmte Produkte ist es schlicht einfacher, über
einen Kundenaccount im Onlineshop zu bestellen
(z. B. MRO-Artikel wie rote Textmarker). Für andere
Produkte wird dann wiederum eine Telefonbestel-
lung oder ein Kauf über den Außendienst präferiert
(z B. beim Kauf eines neuen Druckers). Bestehende
Rahmenverträge bei er Wiederbeschaffung können
die Zahlung und Lieferbedingungen vereinfachen.

14
Nachkaufphase

Nutzung/After-Sales                                   Bindung
Die Customer Journey ist nach dem eigentlichen        Das schlussendliche Ziel jeder Customer Journey
Kauf noch nicht abgeschlossen. Insbesondere im        sollten kundenbindende Maßnahmen sein. Diese
B2B fallen noch Aufgaben wie Wareneingang und         können durch Maßnahmen wie Support, Bewertun-
Buchhaltung an. Diese sollten aufgrund ihrer Zeiti-   gen und Wiederkauf erreicht werden. Ein kunden-
nanspruchnahme im Geschäftskundenbereich be-          zentrierter Support über von den Kunden präferier-
rücksichtigt werden. Auch die Retoure sollte nicht    te Kanäle, wie den Außendienst, telefonisch oder
ungeachtet bleiben, da in den meisten Fällen nach     per E-Mail können die Kundenbindung herstellen.
einer Retoure eine neue Customer Journey ange-        Aber auch Kundenbewertungen können zu einer
stoßen werden muss.                                   Bindung führen und sind insbesondere im digitalen
                                                      Zeitalter nicht mehr wegzudenken.

                                                                                                     15
Prozesskosten in der
       Customer Journey
        Kostenoptimierung als Hebel –
       Warum sich Großhändler mit den
        Prozesskosten ihrer Zielgruppe
                     befassen sollten.

16
Prozesskosten der Kunden verstehen

I
    m Privatkundenbereich beschäftigt man sich       Bedarfsphase, über die Einkaufsabteilung während
    nicht mit Prozesskosten in der Customer Jour-    dem eigentlichen Einkauf bis hin zu Logistik und
    ney, da der Beschaffungsprozess für Privatper-   Buchhaltung in der Nachkaufphase. Wenn man
    sonen keinen betriebswirtschaftlichen Hinter-    nun für die einzelnen Akteure den Zeitaufwand für
grund hat.                                           jede Aufgabe in der Customer Journey mit den Per-
Im B2B sieht die Situation allerdings ganz anders    sonalkosten multipliziert können die sogenannten
aus. Insbesondere die Personalkosten spielen         Prozesskosten einfach quantifiziert werden. Im
eine entscheidende Rolle. Während der Customer       unten abgebildeten Beispiel können für eine Custo-
Journey von Geschäftskunden sind meist mehre-        mer Journey auch schnell über einhundert Euro an
re Personen involviert. Von dem Anwender in der      Prozesskosten anfallen.

                                                                                                    17
Solche Prozesskosten können dabei in allen Bran-     gilt die Faustregel nach dem 80/20 Prinzip: Der Auf-
chen entstehen. wie beispielsweise in der Hotelle-   wand (bedeutet insbesondere Personalkosten) für
rie mit der Beschaffung von Lebensmitteln, in La-    die Beschaffung von C-Teile und MRO-Artikel liegt
boren mit der Beschaffung von Laborequipment         etwa bei 80 Prozent im Vergleich zu allen anderen
oder über alle Branchen hinweg bei der Beschaf-      Waren. Dabei liegt der Wertanteil lediglich bei rund
fung von Büroartikeln.                               20 Prozent im Vergleich zu allen Waren.

Insbesondere im Kontext von C-Teilen und MRO-        Die verschiedenen Akteure im Beschaffungspro-
Artikeln sind die Prozesskosten im Vergleich zu      zess, die Bestandsaufnahme der teilweise als
den relativ geringen Produktkosten beachtlich.       Schüttgut abgewickelten Waren, die Vielzahl an
Dies lässt sich dadurch begründen, dass C-Teile      Produktvariationen und die hohe Bestellhäufigkeit
und MRO-Artikel wertmäßig nur einen geringen, in     können Prozesskosten schnell in die Höhe schie-
Bezug auf die Menge und die Heterogenität aller-     ßen lassen. Verstärkt wird dieser Effekt noch, wenn
dings einen sehr hohen Anteil am Wareneingang        ein Unternehmen diese eher austauschbaren Güter
und Bestand ausmachen. Zur groben Orientierung       bei vielen verschiedenen Lieferanten bezieht.

18
Besonderheiten von C-Teilen und MRO-Artikeln
Bedeutung                                           Auswirkungen
C-Teile wie Schrauben und Muttern gehören nicht     Das Handling der Nachbestellungen und die Ko-
zu den bedeutendsten Komponenten, sind für die      ordination solcher Artikel kann für Unternehmen
Produktion des Endprodukts allerdings zwingend      sehr unüberschaubar werden und hohe Prozess-
notwendig.                                          kosten verursachen.
MRO-Artikel wie Schmiermittel oder Handschuhe       Im schlimmsten Fall übersteigen die Prozess-
sind unverzichtbar für die Werterstellung, gehen    kosten gar die Produktkosten.
allerdings nicht in das Produkt ein.                Da die C-Teile und MRO-Artikel dem Endprodukt
Solche Artikel sind durch einen relativ niedrigen   keinen bedeutenden Wert beisteuern, sind Pro-
Beschaffungswert, große Mengen, häufige Be-         zesskosten auch schwer an den Kunden weiter-
stellvorgänge und viele Lieferanten gekennzeich-    zuleiten.
net.

                                                                   Quelle: Würth Industrie Service GmbH & Co. KG

                                                                                                             19
Digitalisierung der Customer Journey zur Minimierung der
                                                  Prozesskosten

Durch die meist kleinteiligen Bestellungen bei C-   nicht einheitlich strukturiert ist. Die verschiedenen
Teilen und MRO-Artikeln ist der Beschaffungspro-    Beschaffungsprozesse in unterschiedlichen Un-
zess und somit auch die Customer Journey bei der    ternehmen können in drei Szenarien kategorisiert
Beschaffung solcher Artikel in vielen Unternehmen   werden:

 Nicht-einheitlicher               Einheitlicher, manueller              Einheitlicher, digitaler
 Beschaffungsprozess               Beschaffungsprozess:                  Beschaffungsprozess:
 Es fehlt eine klare, unterneh-    Der Beschaffungsprozess für           Der Beschaffungsprozess für
 mensweite Festlegung des          indirekten Bedarf ist                 indirekten Bedarf ist
 Beschaffungsprozesses für         unternehmensweit festgelegt           unternehmensweit festgelegt
 indirekten Bedarf bzw. er wird    und wird „gelebt“. Es fehlt           und wird „gelebt“. Er wird
 nicht „gelebt“. Zudem gibt es     jedoch eine durchgehende              (weitestgehend) durchgehend
 folglich auch keine durchge-      elektronische Unterstützung,          elektronisch unterstützt.
 hende                             so dass er weitgehend manuell         Bedarfsträger können insbe-
 elektronische Unterstützung.      abgewickelt wird (Formulare           sondere aus elektronischen
                                   ausfüllen, E-Mails schreiben          Katalogen bestellen.
                                   etc.).

                                                           Quelle: Mercateo, Indirekter Einkauf im Fokus, München, 2017.

20
Kaum ein Unternehmen nutzt das volle Potenzial
der Digitalisierung. Nur bei einem Drittel der Unter-
nehmen ist der Beschaffungsprozess weitestge-
hend digital abgebildet. Besonders die kleinen und
mittelständischen Unternehmen (KMUs) nutzen
nicht die digitalisierten Möglichkeiten während der
Customer Journey.

Aber nicht nur die fehlende Digitalisierung ist eine
Herausforderung für KMUs. Auch der allgemein
nicht-einheitliche Beschaffungsprozess findet be-
sonders häufig statt. Hier haben kleine Unterneh-
men noch Nachholbedarf und müssen verstärkt an
die Hand genommen werden.

                                                        Quelle: Mercateo, Indirekter Einkauf im Fokus, München, 2017.

                                                                                                                 21
Welche Auswirkungen die unterschiedlichen Sze-     zent Kostenersparnis ergeben. Das Ergebnis zeigt
narien auf die Prozesskosten haben, hat eine       aber auch: Allein den Beschaffungsprozess zu
Studie der Mercateo AG mit der HTWK Leipzig er-    vereinheitlichen, reicht meist langfristig nicht aus
geben. Demnach kann ein digitaler Beschaffungs-    um Kosten zu sparen. Der einheitliche, manuelle
prozess nicht nur die Zeit, sondern insbesondere   Beschaffungsprozess verursacht teils sogar höhe-
die damit zusammenhängenden Prozesskosten          re Kosten als ein nicht-einheitlicher Beschaffungs-
senken. Wenn man den einheitlichen, manuellen      prozess. Daher sollte die Customer Journey digital
Beschaffungsprozess mit dem digitalen Beschaf-     unterstützt werden, um die Beschaffungsprozesse
fungsprozess vergleicht können sich über 40 Pro-   des Kunden zu optimieren.

                                                          Quelle: Mercateo, Indirekter Einkauf im Fokus, München, 2017.

22
Die Abbildung zeigt auch genau in welchen Phasen
der Customer Journey die größten Einsparpoten-
ziale liegen. Während die Logistik und somit der
Wareneingang in der Nachkaufphase in fast allen
Szenarien ähnliche Prozesskosten verursachen,
können alle anderen Phasen durch die Digitalisie-
rung effizienter gestaltet werden. Insbesondere
die Aufgaben in der Vorkaufphase können durch
digitale Werkzeuge kostengünstiger abgewickelt
werden.

                                                    23
Was können
                  Großhändler nun tun?
     Den Kunden verstehen und Digitale Services entlang
                       der Customer Journey anbieten.

24
D
        as Verständnis der Customer Journey           ■   Das Informationsverhalten vor der Beschaf-
        dient als Ausgangspunkt für Großhändler,          fung hat sich grundlegend verändert. Das
        um die eigenen Kunden und deren Be-               Internet eröffnet komplett neue Perspektiven
        schaffungsverhalten besser zu verstehen.          um Anbieter, Produkte und Preise zu verglei-
Darauf aufbauend müssen Maßnahmen abgelei-                chen. Sorgen Sie als Großhändler dafür, dass
tet werden, um den Zugang zu diesen relevanten            auch Sie im Informationsprozess ihrer Kun-
Zielgruppen nicht zu verlieren. Hierfür eignen sich       den nicht verloren gehen und Sie als Händler
folgende Schritte:                                        während der Customer Journey auch relevant
                                                          bleiben.
1. Vollen Fokus auf den Kunden sicherstellen          ■   Nutzen Sie die Informationen, die ihnen zur
2. Kundentypen/Personas definieren                        Verfügung stehen. Daten können Großhändler
3. Kundenverhalten und -anforderungen                     dabei unterstützen, verborgene Kundenanfor-
   verstehen                                              derungen aufzudecken und die Wünsche der
4. Probleme der Kunden identifizieren                     Kunden zu erfüllen.
5. Kundenzentrierte Wertangebote ableiten
6. Wertangebote in Maßnahmen umsetzen                 Großhändler können aktiv ihre Kunden dabei unter-
                                                      stützen, ihre Prozesskosten zu senken. Ein digita-
Großhändler dürfen die aktuellen Entwicklungen,       ler Beschaffungsprozess auf Kundenseite kann die
wie steigende Kundenanforderungen, digitale DNA       Prozesskosten senken. Nun liegt es unter anderem
bei Geschäftsnachfolgern und das Kanalwechsel-        bei Großhändlern die Beschaffungsprozesse ihrer
verhalten nicht als Gefahr sehen. Vielmehr gilt es,   Kunden zu digitalisieren.
Strategien zu entwickeln und die Entwicklungen als
Chancen zu nutzen, um den Kundenzugang zu si-         Um dem Kunden zu helfen, Prozesskosten zu opti-
chern und auszuweiten.                                mieren bietet sich an, digitale Services entlang der
                                                      Customer Journey anzubieten. Digitale Services
Daher sollten im Alltagsgeschäft folgende Hinwei-     können Kunden dabei unterstützen, Beschaffungs-
se immer im Hinterkopf behalten werden:               prozesse zu vereinheitlichen und effizienter zu ge-
                                                      stalten, um dadurch Prozesskosten einzusparen.
■   Schauen Sie was Ihre Kunden wollen. Die           Für jede Phase in der Customer Journey sind zahl-
    Kundenanforderungen verändern sich durch          reiche Services vorstellbar.
    die Digitalisierung ständig. Erfüllen sie die
    Wünsche ihrer Kunden.
■   Erschließen Sie neue Zielgruppen. Schauen
    Sie auch auf solche Kundengruppen, die
    zukünftig bei ihnen beschaffen werden. Junge,
    digitalaffine Generationen werden zukünftig
    für die Beschaffung von Unternehmen zustän-
    dig sein. Gewinnen sie auch solche Kunden.

                                                                                                       25
Quelle: in Anlehnung an: IFH Köln, Customer Journey im B2B, Köln, 2018.

Allgemein kann festgestellt werden, dass insbe-      Umsetzungsmängel. Aftersales-Services in der
sondere Services in der Vorkaufphase, wie ein        Nachkaufphase hingegen, bieten große Chancen
Produktfinder oder digitale Produktbewertungen,      zum Ausbau der Nutzungshäufigkeit – Kommuni-
Optimierungspotenzial haben. Sie werden zwar         kation solcher Services ist daher das A & O.
häufig genutzt, allerdings bestehen anbieterseitig

26
Quelle: in Anlehnung an: IFH Köln, Customer Journey im B2B, Köln, 2018.

Als Händler muss es nicht das Ziel sein, möglichst       nen Niederlassungsfinder vereinfacht werden. Der
alle in der Abbildung aufgezeigten Services anzu-        eigentliche Kaufprozess kann durch Schnellbe-
bieten, sondern diejenigen, die die eigenen Kunden       stellmöglichkeiten oder auch E-Procurement-Lö-
auch wirklich benötigen. Die Aufzählung ist nicht        sungen Prozesskosten einsparen. In der Nachkauf-
als vollständig zu verstehen – es gilt, auch eigene      phase können Aufgaben wie die Buchhaltung oder
(digitale) Services zu entwickeln und voranzutrei-       Retoureprozesse Optimierungspotenzial bieten.
ben. Dabei ist ein genaues Kundenverständnis un-         Die kann beispielsweise durch durch digitale Ser-
abdingbar.                                               vices wie Kostenstellenmanagement oder Retoure
Generell bieten alle Prozesse, die durch eine hohe       online abwickeln geschehen. Der Support für eine
Standardisierung gekennzeichnet sind, großes Po-         langfristige Kundenbindung kann durch kundeno-
tenzial zur Umsetzung in Form digitaler Services.        rientierte Kommunikationsmittel, wie Whatsapp
Digitale Services sollten allerdings nicht nur beste-    oder Chatfunktionen erweitert oder mithilfe von In-
hende analoge Prozesse abbilden, sondern darü-           ternetforen und Communities ergänzt werden.
ber hinaus auch zusätzliche Potenziale heben.
In der Bedarfsphase können die Bedarfsermittlung         Großhändler müssen verstehen, wie ihre Kunden
und die Bestandsprüfung durch Werkzeug-Scan              bestellen. Ein zwar einheitlicher, aber dennoch vor-
oder den Download von Regalschildern optimiert           wiegend manueller Beschaffungsprozess verur-
werden. Bei der Informationssuche können die             sacht immer noch zu hohe Prozesskosten für die
Recherche und Beratung beispielsweise durch di-          Kunden. Für Händler reicht es daher nicht aus, nur
gitale Produktinformationen, Zulassungen oder            die eigenen Vertriebswege zu digitalisieren, son-
technische Datenblätter verkürzt werden. Auch            dern sie müssen helfen, die Beschaffungswege der
die Produktauswahl und Lieferantenauswahl kann           Kunden durch Services entlang der Customer Jour-
durch eine Onlineverfügbarkeitsanzeige oder ei-          ney zu vereinheitlichen und zu digitalisieren.

                                                                                                                            27
Fazit:
     Vom Produktverkäufer
      zum Lösungsanbieter

28
D
        as veränderte Kundenverhalten, auch im         Gerade im digitalen Zeitalter sind auch Daten ein
        beruflichen Kontext, hat massive Auswir-       unschätzbarer Wert, den auch KMUs nutzen soll-
        kungen auf das Beschaffungsverhalten.          ten, um den Wechsel vom Produktverkäufer zum
        Kundenerwartungen steigen – die Be-            Lösungsanbieter zu vollziehen. Das Kaufverhalten
quemlichkeit aus dem Konsumentenbereich wird           einzelner Kunden kann im Onlineshop nachvollzo-
auch bei der beruflichen Beschaffung erwartet,         gen werden, der Außendienst hat spezielles Wissen
jüngere Generationen haben andere (digitale) An-       über Kunden, welches digitalisiert in CRM-Systeme
forderungen an Händler und durch häufige Kanal-        abgelegt werden sollte. Zudem sind Webanalyse-
wechseln seitens der Kunden steigt die Herausfor-      tools, die teilweise gratis angeboten werden, gute
derung, diese nicht an die Konkurrenz zu verlieren.    Datenlieferanten.

Die Customer Journey im Großhandel ist zudem           Eine gezielte Auswertung solcher Daten kann
durch Prozesskosten gekennzeichnet, die insbe-         schlussendlich Kundenanforderungen in den ein-
sondere bei der Beschaffung von C-Teilen und           zelnen Phasen der Customer Journey aufdecken,
MRO-Artikeln unverhältnismäßig hoch ausfallen          die durch digitale Services erfüllt werden können
können.                                                und einen Händler vom Wettbewerb abheben.
                                                       Für den langfristigen Erfolg von Händlern, muss die
Großhändler müssen verstehen, wie das Beschaf-         Analyse der Customer Journey und die Anpassung
fungsverhalten und die Customer Journey ihrer          des eigenen Geschäftsmodells ein fortlaufender
eigenen Kunden aussieht. Erst dann verstehen sie       Prozess sein – denn im digitalen Zeitalter ändern
auch, welche Kosten für die Kunden anfallen und        sich die Kundenanforderungen rasch. Nutzen Sie
welche Prozesse es zu optimieren gilt.                 die Potenziale der Digitalisierung und bleiben Sie
                                                       als Lösungsanbieter die Anlaufstelle für Ihre Ge-
Im digitalen Zeitalter reichen daher klassische        schäftskunden.
Handelsfunktionen wie die Aggregation von Ange-
bot und Nachfrage lang nicht mehr aus, um Kun-
den zu gewinnen und an das Unternehmen zu bin-
den. Etablierte Großhändler müssen sich über die              Sie benötigen Unterstützung bei der
klassischen Handelsfunktionen hinaus auch als                   Konzipierung kundenzentrierter
Serviceanbieter positionieren. (Digitale) Services,                     Wertangebote?
die die Prozesskosten der Kunden durch effiziente-
re Abläufe reduzieren, bieten eine gute Möglichkeit,          Treten Sie unverbindlich mit dem
um sich vom kompetitiven Preiswettbewerb abzu-              Kompetenzzentrum Handel in Kontakt!
heben.

                                                                                                       29
Über das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel
Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel
gehört zu Mittelstand-Digital. Mit Mittelstand-Di-
gital unterstützt das Bundesministerium für Wirt-
schaft und Energie die Digitalisierung in kleinen
und mittleren Unternehmen und dem Handwerk.

Weitere Informationen unter
www.kompetenzzentrumhandel.de

Über Mittelstand-Digital
Mittelstand-Digital informiert kleine und mittlere   Der DLR Projektträger begleitet im Auftrag des
Unternehmen über die Chancen und Herausforde-        BMWi die Projekte fachlich und sorgt für eine be-
rungen der Digitalisierung. Die geförderten Kompe-   darfs- und mittelstandsgerechte Umsetzung der
tenzzentren helfen mit Expertenwissen, Demons-       Angebote. Das Wissenschaftliche Institut für Infra-
trationszentren, Best-Practice-Beispielen sowie      struktur und Kommunikationsdienste (WIK) unter-
Netzwerken, die dem Erfahrungsaustausch dienen.      stützt mit wissenschaftlicher Begleitung, Vernet-
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie     zung und Öffentlichkeitsarbeit.
(BMWi) ermöglicht die kostenfreie Nutzung aller
Angebote von Mittelstand-Digital.                    Weitere Informationen finden Sie unter
                                                     www.mittelstand-digital.de

30
31
Die regionalen Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren
    und Themenzentren mit ihren Stützpunkten

                                                           Kiel
                                                                                    Rostock

                                          Elmshorn
                                                     Hamburg

           Oldenburg
                                   Bremen
                                                                                                                Kompetenzzentrum

                                                                                                                Kompetenzzentrum

                 Lingen                                                                Berlin
                                                   Hannover                         Potsdam
                                                            Magdeburg

                                                                                                      Cottbus

                    Dortmund
                                          Kassel                                         Leipzig
Krefeld          Hagen
                                                                                                Dresden

         Köln                                                                     Chemnitz
                     Siegen                                            Ilmenau
Aachen
          Sankt Augustin
                   Koblenz

                                     Dieburg                      Bayreuth
                Darmstadt

                              Mannheim
                    Kaiserslautern
          Saarbrücken

                              Karlsruhe                              Regensburg

                                               Stuttgart
                                            Denkendorf
                                                                         Augsburg

                                                                         Valley

                  Weitere Informationen finden Sie unter
                  www.kompetenzzentrumhandel.de
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