(CYBER)MOBBING IN DER SCHULE - RESSOURCE AKTE - Friportail

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(CYBER)MOBBING IN DER SCHULE - RESSOURCE AKTE - Friportail
MOBBING IN SCHULEN                         Agieren - Kennen - Testen - (sich) Entwickeln

(CYBER)MOBBING
IN DER SCHULE
RESSOURCE AKTE

© Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.                                    Version 1 2020
(CYBER)MOBBING IN DER SCHULE - RESSOURCE AKTE - Friportail
MOBBING IN SCHULEN                                Agieren - Kennen - Testen - (sich) Entwickeln         S. 2

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG                                                                                                     3

1. (CYBER)MOBBING IN DER SCHULE                                                                                4
  1.1     DEFINITIONEN                                                                                         4
  1.1.1   MOBBING                                                                                              4
  1.1.2   CYBERMOBBING                                                                                         4
  1.2     FORMEN VON MOBBING                                                                                   5
  1.2.1   DIREKTE FORMEN VON MOBBING                                                                           6
  1.2.2 INDIREKTE FORMEN VON MOBBING                                                                           6
  1.2.3   CYBERMOBBING                                                                                         7
  1.3     ROLLEN BEI MOBBING IN DER SCHULE                                                                     7
  1.3.1   DIREKT BETEILIGTE                                                                                    8
  1.3.2   ZEUGINNEN UND ZEUGEN                                                                                 8
  1.3.3   DAS OPFER UND DIE AUSWIRKUNG VON (CYBER)MOBBING                                                      9
  1.4     MOBBING IM STRAFGESETZBUCH                                                                           10
  1.4.1   JUGENDSTRAFRECHT                                                                                     10
  1.4.2 CYBERMOBBING                                                                                           11
  1.4.3 SEXUELLE INTEGRITÄT                                                                                    12

2. HANDELN IM SCHULISCHEN KONTEXT                                                                           12
  2.1     FRÜHINTERVENTION UND PRÄVENTION                                                                      12
  2.1.1   PRÄVENTION IN DER SCHULE                                                                             13
  2.1.2 SCHUTZFAKTOREN                                                                                         14
  2.1.3   ANZEICHEN VON MOBBING BEI SCHÜLERINNEN UND SCHÜLERN                                                  15
  2.2     LEITFADEN FÜR LEHRPERSONEN                                                                           16
  2.3     PRÄVENTIONSARBEIT IM UNTERRICHT                                                                      19
  2.3.1   AKTE                                                                                                 19
  2.3.2 HINWEISE FÜR DIE UNTERRICHTSEINHEITEN                                                               20
  2.3.3 ÜBERSICHTSTABELLE DER UNTERRICHTSEINHEITEN                                                             21
  2.3.4 ÜBUNGEN                                                                                                21

3. RESSOURCEN                                                                                               63
  3.1     PARTNER                                                                                           63
  3.2     DIENSTLEISTUNG REPER                                                                              63
  3.3     KONTAKTLISTE                                                                                      64
  3.4     LITERATUR                                                                                         65

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EINLEITUNG
Mobbing ist unter Kindern und Jugendlichen ein weitverbreitetes Phänomen und kann für die Beteiligten kurz- und langfristige
schwere Folgen nach sich ziehen. Daher ist es wichtig, dass sich die Schulen mit der Thematik auseinandersetzen. Die
Ressource AKTE unterstützt Lehrpersonen und andere Akteure der Schule darin, sich Fachwissen anzueignen und stellt
Unterrichtseinheiten zur Prävention von Mobbing zur Verfügung.

Je nach Klasse und Vorkenntnissen können die Unterrichtseinheiten ausgewählt und verwendet werden. Wesentlich ist, dass
die Schülerinnen und Schüler sich mit Mobbing auseinandersetzen, sich das Wissen dazu aneignen, achtsam sind und wissen
wo und wie sie handeln können. Um Situationen besser zu erkennen und den Umgang damit zu erleichtern, sollte Mobbing
regelmässig im Unterricht behandelt werden. Zudem hilft ein respektvoller Umgang miteinander sowie ein gutes Schul- und
Klassenklima Mobbing zu verhindern.

Bei Mobbingsituationen genau hinzuschauen und möglichst rasch darauf zu reagieren, ist sehr wichtig. Je früher eine
kohärente Intervention stattfindet, umso wirksamer kann Mobbing angegangen werden. Dabei ist wesentlich zu ermitteln auf
welcher Ebene interveniert werden muss, damit Mobbing verhindert oder ein frühzeitiges Eingreifen ermöglicht werden kann.
Je nach Zielgruppe, Ziel und Handlungsbedarf können die Lehrpersonen unterschiedliche Massnahmen ergreifen (siehe
Kapitel Prävention in der Schule). Dabei stehen auch unterschiedliche Partner (z.B. Schulsozialarbeit, Schulpsychologie,
Mobile Einheit, Jugendbrigade) bei der Umsetzung zur Verfügung. Ein wichtiger Grundsatz ist, dass Interventionen nicht
nur auf die Reduktion der Risiken, sondern auch auf die Stärkung des Individuums und der vorhandenen Ressourcen und
Kompetenzen zielen sollten.

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1.        (CYBER)MOBBING IN DER SCHULE

Unterrichtseinheit 2: Quiz, Mix&Match, Millionenspiel
Unterrichtseinheit 3: Cybermobbing stoppen

1.1       DEFINITIONEN

1.1.1     MOBBING

Werden Heranwachsende wiederholt und systematisch negativen Handlungen eines oder mehrerer Kinder bzw. Jugendlicher
ausgesetzt, wird von Mobbing gesprochen (Alsaker, 2004). Mobbing bedeutet auch ein „vorsätzliches, wiederholt negatives
(unangenehmes oder verletzendes) Verhalten von einer oder mehreren Personen einer anderen Person gegenüber, die
Schwierigkeiten hat, sich zu verteidigen“ (Olweus, 2009, S. 248).

Die Merkmale von Mobbing sind nach Alsaker (2017) und Olweus (2009):

•   ein aggressives Verhalten,
•   systematisch gegen eine Person oder mehrere Personen gerichtet,
•   ein Gruppengeschehen,
•   wiederholt und über einen längeren Zeitraum,
•   ein Ungleichgewicht (Macht- bzw. Kräfte-Ungleichgewicht)

Mobbing hat mit Gewalt und Aggression zu tun und ist nicht gleichzusetzen mit einem Konflikt. Mobbing ist eine
Machtdemonstration, ist von Ungleichgewicht geprägt und hat zum Ziel, das Opfer zu verletzen. Zudem hindert Mobbing die
Entwicklung. Konflikte hingegen haben konkrete Inhalte und gehören zur Entwicklung dazu (Alsaker, 2017).

1.1.2     CYBERMOBBING

„Cybermobbing sind alle Formen von Schikane, Verunglimpfung, Betrug, Verrat und Ausgrenzung mit Hilfe von Informations-
und Kommunikationstechnologien, bei denen sich das Opfer hilflos, ausgeliefert und (emotional) belastet fühlt oder bei
denen es sich voraussichtlich so fühlen würde, falls es von den Vorfällen wüsste“, (Pieschl & Porsch, 2012 S. 18). Oft hat
Cybermobbing seinen Ursprung in der Schule oder in anderen Alltagssituationen. Die Täterinnen und Täter stammen meist
aus dem Bekanntenkreis des Opfers (Schweizerische Kriminalprävention, 2017).

Weitere spezifische Merkmale von Cybermobbing sind in Bezug auf:

Ort, Zeit, Form:
• kein Rückzug möglich, 24 Stunden/Tag, 7 Tage/Woche
• grösseres Publikum, die demütigende Wirkung wird verstärkt
• Videos, Bilder und Ton sind sehr verletzende und manipulierbare Medien
• Kontrollverlust über Ereignisse und Inhalte im Internet
• blossstellende Inhalte können jederzeit wieder auftauchen, bleiben im Internet
• Angst, immer wieder damit konfrontiert zu werden

Opfer und Täterinnen/Täter:
• Opfer und sein Leiden sind weniger sichtbar
• Distanz zum Opfer (niedrigere Hemmschwelle, geringeres Bewusstsein für Auswirkungen)
• Täterschaft teilweise unklar
• Täterschaft fühlt sich sicher
• Handlungen sind beweisbarer (Screenshots, SMS,...)

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das Umfeld:
• Erwachsene haben kaum Einblick ins Geschehen
• Cybermobbing ist schwer von Erwachsenen zu erkennen
• starke Vermischung Schule und Privatleben (private Geräte in der Schule, Gruppendynamik der Klasse, welche in die
  Freizeit ausstrahlt, Klassenchats mit Nutzung während der Freizeit)

1.2      FORMEN VON MOBBING

Unterrichtseinheit 4: Formen von Gewalt

Aggressive Handlungen lassen sich in physische, verbale und nonverbale Formen einteilen (Alsaker, 2004). Nach Alsaker
(2017) beinhaltet Mobbing alle möglichen Formen von aggressivem Verhalten: körperliche, verbale sowie nonverbale Formen,
das Zerstören von Gegenständen, das Ignorieren,... Dabei lassen sich direkte und indirekte Formen unterscheiden, wie in
Abbildung 1 dargestellt. Die Unterscheidung von direkten und indirekten Formen ist für die Erkennung und den Umgang mit
Mobbing wichtig. Auch im Cybermobbing kommen direkte und indirekte Formen zum Einsatz.

Bei direkten Formen gibt es eine Konfrontation zwischen Täterschaft und Opfer und die Täterschaft ist offensichtlich.

Bei der indirekten Form findet keine Konfrontation statt. Das Ziel wird indirekt erreicht und die Täterschaft ist unklar.

                                                     Formen von Mobbing

              Direkte Formen                                        Indirekte Formen
              • Konfrontation                                       • Keine klare Konfrontation
              • Die Täterschaft ist offensichtlich                  • Die Täterschaft ist unklar

                                                Typische Erscheinungsformen

              •   Köperliche Handlungen                             •   Unterschwellige Handlungen
              •   Verbale Handlungen                                •   Nonverbale Handlungen
              •   Drohungen & Erpressungen                          •   Soziale Aggression
              •   Zerstörung von Eigentum                           •   Gerüchte
              •   Beleidigende Gesten                               •   Ausgrenzen, Ignorieren

                                                                    • Zusätzlich alle Handlungen, die
                                                                      umgedeutet werden können

                                            Elektronische Medien - Cybermobbing

Abbildung 1: Übersicht über Mobbingformen

                                                                                               © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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1.2.1    DIREKTE FORMEN VON MOBBING (ALSAKER, 2017)

Die direkte resp. offene Form kann viele Ausdrucksformen haben.

Körperliche Handlungen
Sie beinhalten Handlungen, die zu körperlicher Verletzung oder zu Schmerz und Unbehagen beim Opfer führen, beispielsweise
kneifen, schlagen mit Gegenständen, gegen den Willen festgebunden oder eingesperrt werden. Es muss keine offensichtliche
Verletzung feststellbar sein. Die grobe körperliche Gewalthaltung tritt häufig nach einer längeren Phase mit weniger
eindeutigen Episoden auf.

Verbale aggressive Handlungen
Bei Mobbing kommt es am häufigsten zu verbalen Angriffen wie z. B. dem Nachrufen von groben, gemeinen Namen,
bösartigem Auslachen, beleidigenden Ausdrücken sowie dem Beschimpfen, Anschreien oder Blossstellen.

Drohung und Erpressung
Drohungen und Erpressungen sind verbal, beinhalten aber häufig Anspielungen auf körperliche Handlungen. Häufig stellen
wir uns ältere Kinder vor, welche Jüngere bedrohen oder sie erpressen. Beide Formen von Gewalt gibt es jedoch bereits im
Kindergartenalter, was von Erwachsenen teilweise unterschätzt wird.

Erpressung ist ein Prozess, der meistens harmlos beginnt. So werden zum Beispiel kleine persönliche Gegenstände
(Kugelschreiber, Radiergummi etc.) ausgeliehen und danach nicht zurückgegeben. Wenn dies funktioniert, fühlt sich die
Täterschaft immer sicherer und fordert schliesslich vom Opfer Gegenstände von immer grösserem Wert oder auch Bargeld.

Diebstahl und Zerstörung von Gegenständen
Es werden zum Beispiel Kleider, Stifte, Arbeiten der Schülerin oder des Schülers, Zeichnungen oder Fahrräder beschädigt
oder gestohlen. Schuhe werden versteckt oder in den Müll geworfen, auf dem Schulweg wird der Schulsack ausgeräumt.

Die Täterinnen und Täter beginnen mit weniger schlimmen Taten, auf welche Erwachsene auch weniger reagieren. Fehlt
einem Kind immer wieder etwas oder ist häufig etwas beschädigt, sollte dies Erwachsene aufhorchen lassen.

Offensichtliche Gesten
Neben subtilen Angriffen gibt es auch sehr offensichtliche und direkte nonverbale Angriffe wie der augenscheinliche Gebrauch
von Gesten, welche für das Opfer und Aussenstehende unverständlich sind (z.B. Zeichen), obszöne Gesten, das demonstrative
Wegschauen/Meiden, Gesten, die Ekel oder Gestank symbolisieren.

Diese Gesten sind zwar direkt und offensichtlich, trotzdem wecken sie selten die Aufmerksamkeit von Erwachsenen. Reagiert
das Opfer laut oder aggressiv auf solche Herabsetzungen, fällt dieses Verhalten der Lehrperson zuerst auf und das Opfer wird
gemahnt, sich zu benehmen.

1.2.2    INDIREKTE FORMEN VON MOBBING (ALSAKER, 2017)

Bei der indirekten resp. verdeckten Form wird die aggressive Handlung so ausgeführt, dass sie nicht direkt nachvollziehbar
ist. Dies hat zum Vorteil, dass unmittelbare Gegenangriffe vermieden werden können.

Die Täterinnen und Täter wollen unerkannt bleiben oder sich jederzeit aus der Rolle der Täterschaft rausziehen. Dies kann
erreicht werden, indem man den Anschein erweckt, dass gar keine Absicht bestand, jemanden zu verletzen. Diese Handlungen
werden häufig nicht als aggressiv wahrgenommen.

Subtile verdeckte Formen
Es sind Andeutungen, die in eine Reihe von Handlungen eingebettet sind und damit die soziale Form für die betroffene
Person peinlich und unangenehm machen können. Subtilere Anwendungen nonverbaler Formen sind z.B. Augenverdrehen,
„vielsagende“ Blicke, Kopfdrehen, Schulterzucken, aber auch paraverbale Handlungen wie die Veränderung der Intonation
und der Lautstärke.

Diese „minimalen“ Ausdrücke werden vom Opfer wahrgenommen, können jedoch jederzeit abgestritten werden.

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Gerüchte oder Verleumdungen
Das Opfer wird verleumdet, so dass andere keine Lust mehr haben, mit diesem zusammen zu sein oder vielleicht Angst
bekommen. Die Täterinnen und Täter brauchen die anderen Schülerinnen und Schüler als Werkzeug und das Opfer wird
nach und nach aus der Gruppe ausgeschlossen. Dies findet statt, ohne dass es zu einer direkten Konfrontation zwischen
Täterschaft kommt.

Durch soziale Manipulation wird versucht, Beziehungen zu schädigen, die dem Opfer wichtig sind.

Kunst der Umdeutung
Mit dem Umdeuten von Aggressionen gelingt es der Täterschaft, sich der Täterrolle zu entziehen. Deshalb werden häufig
umdeutbare Formen wie anrempeln, zum Stolpern bringen oder mit den Ellbogen in die Seite stossen verwendet. Es lässt
sich einfach behaupten, dass es sich dabei um ein Missgeschick handle oder „nicht so gemeint“ sei.

Beobachten Sie als Lehrperson Rangeleien oder Bemerkungen, die sich zwischen Spiel und Aggression befinden, schauen
Sie genauer hin und nehmen Sie Ihr Unbehagen ernst.

1.2.3   CYBERMOBBING

In der elektronischen Welt können direkte und indirekte Angriffe erfolgen. So zum Beispiel durch das Weiterleiten
und Veröffentlichen von intimen Fotos ohne Zustimmung der Person. Das Weiterleiten der Bilder ist für das Opfer nicht
kontrollierbar und somit ist das Löschen dieser Daten kaum mehr möglich. Jugendliche lassen sich z.B. hinreissen, intime
Bilder von sich zu machen und diese zu versenden, was unter den Begriff Sexting fällt (Röll, 2016).

1.3     ROLLEN BEI MOBBING IN DER SCHULE

Unterrichtseinheit 5: Die Rollen im Mobbing

Mobbing ist ein Gruppenphänomen und es braucht viele Beteiligte, um Mobbing aufrechtzuerhalten. Die Gruppenmitglieder
sind alle irgendwie miteinander verwickelt (Alsaker, 2017).

In Abbildung 2 sind die verschiedenen Beteiligten und deren Rollen in einer Mobbingsituation abgebildet. Nebst den
Hauptagierenden (Opfer und Täterinnen/Täter) und ihren Helfenden (Assistierenden und Mitlaufenden), gibt es Zeugen
(Helfende, Verstärkende und Zuschauende) und die Erwachsenen, die in die Mobbingsituation involviert sind. Die Erwachsenen
können je nach Situation unterschiedliche Rollen innehaben.

                                           Verstärkende                                             Zuschauende

              Assistierende
                                                                    Erwachsene                             Helfende

                          Täterin/Täter                                                       Opfer

			                       Abbildung 2: Beteiligte und Rollen in einer Mobbingsituation nach Alsaker, 2017 (S. 74)

                                                                                                     © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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1.3.1    DIREKT BETEILIGTE (ALSAKER, 2017)

Zu den direkt Beteiligten gehören das Opfer, die Täterin und/oder der Täter sowie deren Assistierenden.

Opfer
Das Opfer wählt sich die Rolle nicht aus. Das typische Opfer gibt es nicht, bereits ein geringfügiger Unterschied zu anderen
kann ein Auslöser für Mobbing sein. Niemand verdient es, gemobbt zu werden. Meistens spricht das Opfer aus Scham oder
Angst vor Stigmatisierung nicht über die Geschehnisse.

Täterin – Täter
Die Gruppe braucht mindestens eine aggressive Person, welche andere belästigt oder belästigen lässt, damit Mobbing
überhaupt entsteht.

Täterinnen und Täter werden von den Lehrpersonen wie auch von den Gleichaltrigen als stärker wahrgenommen.

Sie bedienen sich ihrer sozialen Kompetenzen und ihrer Stärke, um sich in der Gruppe durchzusetzen und andere zu
beeinflussen. Sie suchen Schwächen anderer und nutzen diese aus. Sie suchen gezielt nach Opfern und testen, wer wie
reagiert und wählen die Person aus, welche am wenigsten Widerstand bietet.

Mobben lohnt sich für die Täterinnen und Täter. Sie erleben Macht, Kontrolle, Gruppenzugehörigkeit und erhalten
Aufmerksamkeit und Anerkennung. Zudem ist die Gefahr von negativen Konsequenzen für die Täterschaft gering (siehe
Klicksafe Spots).

Es kann auch sein, dass Mobbende vom Mobbing selber genug haben, sich aber davor fürchten ihr Ansehen zu verlieren,
wenn sie damit aufhören.

Assistentin - Assistent
Die Assistentinnen und Assistenten unterstützen die Täterinnen und Täter. Sie helfen mehr oder weniger direkt mit, das
Opfer zu belästigen. Sie halten zum Beispiel das Opfer fest, fotografieren Situationen oder zeigen der Täterin oder dem Täter
wie sie z. B. einen Film auf Youtube stellen können. Durch die Unterstützung der Mobbenden verstärken die Assistenten und
Assistentinnen das Kräfteungleichgewicht.

1.3.2    ZEUGINNEN UND ZEUGEN

Mobbing braucht ein Publikum. Dieses Publikum kann aus beliebigen Kindern und Jugendlichen bestehen, die sich in einer
von Aggression geprägten Situation jeweils unterschiedlich verhalten. So lassen sich in einer Gruppe von Schülerinnen und
Schülern, die Zeugen von Mobbing sind, laut Salmivalli und Kollegen (1996), in Kategorien einteilen.

Verstärkende
Die Verstärkerinnen und Verstärker mobben nicht aktiv mit, geben jedoch den Mobbenden ein positives Feedback. Durch ihr
Verhalten verstärken sie das Mobbing, indem sie über die Situation lachen, die Mobbingsituation mit Gesten oder Worten
fördern oder im Internet einen Beitrag „liken“.

Helfende
Die Helfenden haben die Absicht, die Situation durch ihr Verhalten zu entschärfen, indem sie dem Opfer spontan zu Hilfe
eilen oder es nach der Aggression trösten. Allerdings wird die eigene Ohnmacht mit zunehmender Dauer grösser und das
Unterstützen schwieriger. Beim Cybermobbing helfen sie z.B. ein Video zu melden oder mit Erwachsenen darüber zu sprechen.

Zuschauende
Die Zuschauenden unternehmen nichts. Sie schweigen, beziehen keine Stellung, schlagen sich weder auf die eine noch
auf die andere Seite und wissen nicht, auf welcher Seite sie stehen sollen. Obwohl sie mit dem, was vor sich geht, nicht
einverstanden sind, lassen sie es geschehen.

Sie leiden oft unter der Mobbingsituation und haben Angst, ebenfalls Opfer zu werden. Im Anschluss an Mobbingattacken

                                                                                            © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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können sie grosse Schuldgefühle haben, da sie das Opfer nicht verteidigen konnten, respektive nicht wussten, wie sie es
verteidigen sollen. Sie versuchen die Geschehnisse zu vergessen und fühlen sich ohnmächtig. All dies kann eine grosse
Belastung sein.

Erwachsene
Die Erwachsenen können je nach Mobbingsituation verschiedene Rollen innehaben. In der Rolle als zuschauende Person
nehmen die Erwachsenen Mobbing häufig nicht wahr. Eine Mobbingsituation ist meist komplex. Eltern und Lehrpersonen
hören z.B. nicht immer die gleiche „Geschichte“. Miteinander reden und einander helfen, ist daher für das Verstehen der
Fallsituation unumgänglich.

1.3.3    DAS OPFER UND DIE AUSWIRKUNG VON (CYBER)MOBBING

Unterrichtseinheit 6: Auswirkungen von Mobbing
Unterrichtseinheit 7: Das Gerücht
Unterrichtseinheit 8: Der Kreis

Schülerinnen und Schüler, die Opfer von Mobbing werden, schweigen oft und erzählen niemandem etwas davon. Laut Romano
(2015) kann dieses Schweigen des Opfers mehrere Gründe haben. Kinder denken anders als Erwachsene. Ihr Wortschatz
sowie ihre Ausdrucks- und Erinnerungsfähigkeiten unterscheiden sich von den Erwachsenen. Es ist zudem wichtig, den
Stress, die Angst, die Scham und die Schuldgefühle zu verstehen, die eine Mobbingsituation auslösen, ebenso die negativen
Folgen für das Selbstwertgefühl und für das Vertrauensverhältnis zu den Erwachsenen.

Da es keine Diagnosewerkzeuge zur Erkennung von Mobbing gibt, gilt es die eigenen Fähigkeiten zur Erkennung von Mobbing
zu entwickeln (siehe Kapitel 2.1 Frühintervention und Prävention). Romano (2015) und Alsaker (2017) beschreiben folgende
Bereiche, auf die sich Mobbing auswirken kann:

Körperliche Ebene
Mobbing verursacht Stress, der eine neurobiologische Reaktion auslöst: Das Gehirn versucht, die eigene körperliche und
psychische Unversehrtheit zu sichern. Die grosse Gefahr besteht darin, dass das Opfer diesem Stress konstant (chronischer
Stress) ausgesetzt ist, was langfristige Konsequenzen für die Entwicklung haben kann. Entsprechende Folgen können
verzögertes Wachstum, Appetitlosigkeit, Aufmerksamkeitsstörungen, Lernschwierigkeiten usw. sein. Als kurzfristige
gesundheitliche Probleme werden Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Erbrechen, Ohnmacht, Sehprobleme, Schlaflosigkeit
usw. genannt.

Psychologische Ebene
Mobbing wirkt sich ähnlich aus wie ein traumatisches Erlebnis, da das Opfer mit Gewalt konfrontiert wird, die unvorhersehbar,
entwürdigend und ungerechtfertigt ist. Folgen von Mobbing können tiefer Selbstwert, Angst, depressive Symptome und
Suizidalität sein.

Schulische Ebene
Bei Schülerinnen und Schüler, die Opfer von Mobbing sind, zeigt sich aufgrund der oben genannten Auswirkungen ein
Leistungsabfall und eine Verschlechterung der sozialen Situation. Sie entwickeln eine Angst, in die Schule zu gehen und
bleiben zum Teil der Schule fern. Bei den älteren Jugendlichen kann es zu einem Schulabbruch führen.

Familiäre Ebene
Kinder und Jugendliche tun sich schwer, sich den Eltern anzuvertrauen, oft weil sie glauben, dass die Eltern sie nicht verstehen
oder sie nicht beschützen können oder alles noch schlimmer wird, wenn sich die Eltern einmischen. Manchmal befürchten
sie auch eine übermässige Reaktion der Eltern. Zudem möchte das Kind oder die/der Jugendliche alles ausblenden und
vergessen, wenn er oder sie zu Hause ist. Darüber zu sprechen, lässt einen die schrecklichen Erlebnisse erneut durchleben.

Es kann auch zu Aggressionen gegenüber Geschwistern kommen, um auf sie abzuwälzen, was im Schulalltag durchgemacht
wurde. Die Eltern führen das veränderte Verhalten ihres Kindes oft auf dessen Entwicklung und eine schwierige Phase zurück.

                                                                                              © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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Soziale Ebene
Von Mobbing betroffene Heranwachsende haben wenige oder kaum soziale Beziehungen und diese sind unsicher. Durch die
Mobbingerfahrung gehen die Opfer von der Annahme aus, dass niemand mit ihnen befreundet sein will.

Einige finden im Internet – sofern sie nicht über dieses Medium angegriffen werden – einen Ersatz für ihr Sozialleben (z.B.
Avatare). Einerseits können sie so Trost finden. Andererseits besteht die Gefahr ins Abseits zu geraten und nicht fähig zu
sein, in andere Beziehungsmodelle als in virtuelle zu investieren. Oder sie suchen die Gesellschaft von Erwachsenen, ohne
unbedingt mit ihnen zu sprechen.

1.4      MOBBING IM STRAFGESETZBUCH

Unterrichtseinheit 9: Alles was Recht ist

1.4.1    JUGENDSTRAFRECHT

Es gilt für alle strafmündigen Jugendlichen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Lebensjahr eine Straftat
begangen haben. Die Strafmündigkeit bezeichnet das Lebensalter, ab dem einem Menschen vom Gesetzgeber zugetraut
wird, die Folgen seiner strafbaren Handlungen zu verstehen und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Kinder unter 10
Jahren, die eine Straftat begehen, sind daher nicht strafbar. Die Kinderschutzbehörde hat jedoch die Möglichkeit, diverse
Massnahmen anzuordnen.

Das Jugendgericht kann strafbare Handlungen auf verschiedene Arten sanktionieren, indem es Strafen oder
Schutzmassnahmen anwendet. Die Täterin oder der Täter steht im Vordergrund und nicht das Fehlverhalten. Die
Jugendrichterin oder der Jugendrichter berücksichtigt die individuelle Situation der oder des Jugendlichen.

Die minderschweren Antragsdelikte müssen von den Geschädigten selbst angezeigt werden. Im Gegensatz zu den
schwerwiegenden Offizialdelikten, die von Amtes wegen verfolgt werden. Die Strafuntersuchung hat zum Ziel, den genauen
Tathergang sowie die persönlichen Verhältnisse der oder des angezeigten Jugendlichen abzuklären.

Hat sich die oder der Jugendliche einer strafbaren Handlung schuldig gemacht, wird entschieden, welche Rechtsfolgen
(Strafen bzw. Schutzmassnahmen) die Tat hat. Die Schutzmassnahmen sollen den Jugendlichen ermuntern, sich sowohl mit
seinen eigenen Beweggründen als auch mit den Tatfolgen auseinanderzusetzen, seine Lebenssituation richtig einschätzen zu
lernen und neue Perspektiven zu entwickeln.

                                                                                             © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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1.4.2    CYBERMOBBING

Die modernen technischen Möglichkeiten, die es ermöglichen, an jedem Ort, zu jeder Zeit und blitzschnell Inhalte zu erstellen,
haben dem altbekannten Phänomen Mobbing eine neue, digitale Dimension hinzugefügt.

Cybermobbing als solches gilt nicht als Straftat. In der Schweiz existiert kein eigenständiger Gesetzesartikel zu Cybermobbing.
Allerdings gibt es zahlreiche Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (StGB), die es durchaus ermöglichen, die Täterschaft zur
Rechenschaft zu ziehen. Je nach Art und Ausmass des Phänomens liegen eine oder mehrere der folgenden Straftaten vor:

Offizialdelikte:
Art. 122 StGB schwere Körperverletzung
Art. 135 StGB Gewaltdarstellungen
Art. 156 StGB Erpressung
Art. 181 StGB Nötigung

Antragsdelikte:
Art. 123 StGB einfache Körperverletzung
Art. 126 StGB Tätlichkeiten
Art. 143bis StGB Unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem
Art. 144bis Abs. 1 StGB Datenbeschädigung
Art. 173 StGB üble Nachrede
Art. 174 StGB Verleumdung
Art. 177 StGB Beschimpfung
Art. 179quater StGB Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte
Art. 179septies StGB Missbrauch einer Fernmeldeanlage
Art. 179novies StGB Unbefugtes Beschaffen von Personendaten
Art. 180 StGB Drohungen

Zudem werden Urheberrechte im Zusammenhang mit digitalen Medien, z.B. bei der Verbreitung im Internet geschützter
Inhalte (Musik, Filme etc.), häufig verletzt. (Urheberrechtsgesetz UHG)

1.4.3    SEXUELLE INTEGRITÄT

Es besteht grundsätzlich ein gesellschaftlicher Konsens darüber, dass bestimmte Darstellungen von Sexualität die sexuelle
Entwicklung Heranwachsender beeinträchtigen können, während sie für Erwachsene keine Gefahr darstellen. Deshalb wurde
der Artikel 197 Absatz 1 im Schweizerischen Strafgesetzbuch geschaffen. Dieser „Jugendschutzartikel“ soll die ungestörte
sexuelle Entwicklung Jugendlicher schützen. Er besagt, dass es verboten ist, einer Person unter 16 Jahren pornografisches
Material zugänglich zu machen; inklusive von Material, dessen Produktion, Besitz und Konsum für Erwachsene erlaubt ist (=
legale Pornografie).

Bestimmte Darstellungen von Sexualität dürfen für niemanden zugänglich gemacht werden, da bereits ihre Herstellung
verwerfliche bzw. strafbare Handlungen erforderlich macht (Art. 197 Abs. 4, 5 StGB).

Was pornografisch ist, entscheidet im Zweifelsfall die Richterin oder der Richter!

Das Schweizer Strafrecht verbietet drei Formen von Pornografie:

• mit Kindern unter 18 Jahren, egal in welcher Form sie mitwirken. Dazu gehören auch Handlungen an sich selbst oder an
  anderen Kindern;
• mit Tieren;
• mit Gewalttätigkeiten.

                                                                                             © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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Für diese drei Formen ist sowohl der Konsum, die Herstellung, das Herunterladen vom Internet, der Besitz (Download ist
Besitz) als auch das Weiterleiten verboten!

Wenn sich Minderjährige nackt fotografieren oder bei der Selbstbefriedigung bzw. bei sexuellen Handlungen filmen, produzieren
sie Pornografie. Das ist verboten und kann strafrechtliche Folgen haben. Fotos oder Filme von eindeutigen sexuellen
Handlungen, z.B. eines Geschlechtsakts zweier Jugendlicher unter 16 gelten als Kinderpornografie und sind in jedem Fall illegal!

2.       HANDELN IM SCHULISCHEN KONTEXT

2.1      FRÜHINTERVENTION UND PRÄVENTION

Die Freiburger Direktionen für Erziehung, Kultur und Sport (EKSD) und für Gesundheit und Soziales (GSD) haben das Konzept
Gesundheit in der Schule (2017) erarbeitet, welches auf einer Untersuchung basiert. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen,
dass die grosse Mehrheit (80%) der Freiburger Schülerinnen und Schüler bei guter Gesundheit ist. Die restlichen 20% der
Lernenden befinden sich in einem schlechten Gesundheitszustand und zudem häufen sich bei ihnen eine bestimmte Anzahl
von Problemen an. Daher bedarf diese Zielgruppe stete Aufmerksamkeit und spezifische Massnahmen (z.B. Frühintervention).

Mit der Frühintervention wird ermöglicht, dass Jugendliche und Erwachsene, die sich in einer Gefährdungssituation befinden,
geeignet unterstützt werden (BAG, 2019). Die Frühintervention hat dabei zur Aufgabe, zu einem frühen Zeitpunkt Massnahmen
für eine Stabilisierung und Verbesserung der Risikosituation zu treffen. Zudem sollen vorhandene Ressourcen erhalten und
gestärkt werden. Das Wohl der Betroffenen liegt immer im Zentrum aller Massnahmen (Radix, 2015).

Die Nationale Charta zur Früherkennung und Frühintervention empfiehlt Massnahmen auf 4 Ebenen (BAG, 2019):

1. Schaffung eines geeigneten Rahmens, der die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fördert (Schaffung förderlicher
   Rahmenbedingungen)
2. Identifizieren von Problemen oder Hinweisen auf eine Gefährdung durch Beurteilung des Umfelds der oder des Jugendlichen
   (Früherkennung)
3. Evaluieren der erfolgten Beobachtungen durch Fachleute mittels Zusammenarbeit im Netzwerk (Gefährdungseinschätzung)
4. Entwickeln von Unterstützungsmassnahmen in Zusammenarbeit mit der oder dem betroffenen Jugendlichen und den
   Bezugspersonen (Frühintervention)

                                                                                              © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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2.1.1                                 PRÄVENTION IN DER SCHULE

Um Mobbing im schulischen Umfeld zu verhindern und die Einführung eines Frühinterventionssystems zu fördern, ist es
wichtig, eine globale Reflexion durchzuführen, um die vorhandenen und die in der Schule zu entwickelnden Ressourcen
gezielt einzusetzen. Es ist auch wichtig, zu bestimmen, auf welcher Ebene eine Intervention erforderlich ist. Diese Aufgabe
können beispielsweise Gesundheitsverantwortliche oder die Schulsozialarbeit wahrnehmen und sich dabei auf die Hilfe des
Freiburger Netzwerks gesunder Schulen stützen.

Je nach Zielgruppe, Zielen und Bedürfnissen der Institution können unterschiedliche Massnahmen umgesetzt werden. Das
untenstehende Pyramidenmodell baut auf der Pyramide der Charta Früherkennung und Frühintervention (BAG, 2019) auf. Es
stellt verschiedene Präventionsebenen dar, auf denen interveniert werden kann und nennt die bestehenden Massnahmen.

Damit Mobbing verhindert oder ein (frühzeitiges) Eingreifen möglich wird, ist es essenziell zu eruieren, auf welcher Ebene
interveniert werden muss. Wie der Abbildung 3 zu entnehmen ist, gibt es eine universelle, selektive und indizierte Prävention.
Die universellen Massnahmen richten sich an die breite Bevölkerung mit dem Ziel, ein gesundes Umfeld zu schaffen. Hierzu
dienen etwa Weiterbildungsangebote der Pädagogischen Hochschule Freiburg, Gesundheitsverantwortliche in der Schule
oder Elternabende. Regelmässiges Arbeiten am Klassenklima und konsequentes Handeln sind weitere Beispiele.

Gezielte Massnahmen richten sich hingegen an Gruppen mit erhöhtem Gewaltrisiko (selektive Prävention) oder an Personen,
die bereits gewalttätige Handlungen begangen haben, um einen Rückfall zu verhindern (indizierte Prävention). Mögliche
Massnahmen sind hier die Indikationsstelle, die Mobile Einheit, die Relaisklasse sowie die Jugendbrigade.
     VULNERABILITÄT/VERLETZLICHKEIT

                                                                                                     Gantrisch
                                                                                                   séjour rupture
                                                                                                 Fachspezialisten
                                                                                                       ...                                                                      Individuell &
                                                                                            FRÜHINTERVENTION                                                                        Kollektiv
                                                        Tertiäre Prävention                                                    Massnahme: Sicherstellung des
                                                      Indizierte Prävention                                                    Schulbetriebs                                  Rückfall vermeiden
                                                                                                                                                                         Gruppe mit hohem Risiko
                                                                                         Jugendbrigade •      Relaisklasse                                                    oder mit Störungen
                                                                                  Mobile Einheit • Kantonale Indikationsstelle
                                                                                    Zurück in die Zukunft • No blame approach
                                                                                           Shared concern method • ...

                                                                                                                               Massnahme: Feststellung bündeln /
                                                                             GEFÄHRDUNGSEINSCHÄTZUNG                           Strategie definieren
                                       Sekundäre Prävention
                                                                                                                               • Aktive Beobachtung Überwachung
                                        Selektive Prävention                                                                   • Kreuzende Blicke                               Individuell &
                                                                         Schulsozialarbeit • Schulmediation
                                                                     Kantonale Indikationsstelle • Jugendbrigade
                                                                                                                               • Vernetzung
                                                                                                                                                                                    Kollektiv
                                                                            Mobile Einheit • Relaisklasse                                                                    Verhindern, dass sich
                                                                AKTE - Intervention in den Klassen • Zurück in die Zukunft
                                                                                                                                                                           Situation verschlimmert
                                                                  No blame approach • Shared concern method • ...                                                        Gruppe mit Risikofaktoren
                                                                              FRÜHERKENNUNG
  Primäre Prävention                                                                                                           Massnahme: Vertletzlichkeit eindämmen
Universelle Prävention                                                                                                         • Soziale und emotionale Fähigkeiten
                                                                                                                               • Psychosoziale Fähigkeiten
                                                      Jugendbrigade • Mobile Einheit • CIPRET • Charta                         • Regeln
                                                   Schulprojekte • Präventionsaktionen in den Klassen • Fritic                 • Förderung der Gesundheit                             Kollektiv
                                                                                                                               • Kohärentes Bildungsmodell
                                                       PH-Weiterbildung • Ressource AKTE • Elternabende
                                                                                                                               • Positive Werte und Normen
                                                                                                                                                                                Risiken reduzieren
                                                Fleurs de chantier • PH-Weiterbildung: 4 Module • Schulnetz 21 • ...
                                                                                                                               • Klarer Schulrahmen                                    Alle Kinder
                                                                                                                               • Beziehung Schule-Eltern-Schüler/innen
                                                    FÖRDERUNG EINES GESUNDEN UMFELDS                                           • Gesundheitsverantwortliche/r
                                                                                                                               • Ausbildung der Lehrkräfte
                                                                                                                               • Medienkompetenz fördern

Abbildung 3: Massnahmen im Kanton Freiburg

                                                                                                                                                             © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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2.1.2    SCHUTZFAKTOREN

In einem gesunden Lebensumfeld dominieren die Schutzfaktoren gegenüber den Risikofaktoren. Deshalb ist die Stärkung der
Schutzfaktoren in der Gesundheitsförderung und universellen Prävention zentral. Die folgende Tabelle listet einige Schutzfaktoren
auf. Sie sind nach den Schlüsselaspekten des Schulmobbings nach Alsaker (2017) sortiert und mit möglichen Massnahmen,
welche Lehrpersonen ergreifen können, ergänzt. Die Auflistungen sind nicht abschliessend und können ergänzt werden.

Tabelle 1: Schutzfaktoren und schulische Massnahmen

 SCHLÜSSELASPEKT                            SCHUTZFAKTOREN                             MÖGLICHE MASSNAHMEN DURCH
                                                                                       LEHRPERSONEN

 Erniedrigung und Demütigung                • Gutes Klassenklima                       • Gemeinsame Werte (Klassen-Charta)
                                            • Guter Zusammenhalt                       • Zusammenarbeit
                                            • Ausgeglichenheit der Kräfte              • Förderung von schwächeren
                                                                                         Schülerinnen und Schülern

 Schweigen                                  • Offene Gesprächskultur                   • Klassenrat
                                            • Aktives Zuhören                          • Ernennung von Klassensprecher/in
                                            • Vertrauen in die Fähigkeiten und         • Frühzeitiges Eingreifen ohne
                                              in den Willen der Erwachsenen              Schülerinnen oder Schüler
                                              Schulmobbing anzugehen                     blossstellen zu müssen
                                            • Zivilcourage                             • Helfende und Opfer schützen
                                                                                       • Zivilcourage belohnen

 Opfer steht alleine da                     •   Empathie                               •   Verantwortung abtreten
                                            •   Toleranz                               •   Raum für Diskussionen schaffen
                                            •   Teamgeist und Freundschaften           •   Schülertandem
                                            •   Integration                            •   Klima der Offenheit durch Transparenz
                                                                                           schaffen

 Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit          • Strategien zur Stressbewältigung         •   Meldestellen
 des Opfers                                 • Wissen um Hilfsangebote                  •   Klagemauer
                                            • Selbstsicherheit                         •   Hilfsangebote aufzeigen
                                                                                       •   Rollenspiele zum Testen von
                                                                                           Verhaltensweisen

 Mobbing macht Spass                        • Leiden von anderen erkennen und          •   Schmerz und Leid aufzeigen
                                              fühlen können                            •   Auslachen unterbinden
                                            • Spass gemeinsam erleben                  •   Abwechslungsreicher Unterricht
                                                                                       •   Gemeinsamer Spass ermöglichen
                                                                                       •   Verstärkung der Überwachung von
                                                                                           „kritischen“ Orten

                                                                                                © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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2.1.3   ANZEICHEN VON MOBBING BEI SCHÜLERINNEN UND SCHÜLERN

Veränderungen im Verhalten von Schülerinnen und Schülern sollten Ihre Aufmerksamkeit wecken. Diese können ein Hinweis
darauf sein, dass sie oder er unter einer Gewaltsituation leidet. Bei Heranwachsenden manifestiert es sich oft auf Umwegen,
dass es ihnen schlecht geht. Die Signale sind nicht unbedingt offensichtlich oder klar wahrnehmbar. Seien Sie aufmerksam
und sprechen Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie etwas beunruhigt! Die unten aufgelisteten Anzeichen
(nicht abschliessende Liste) fallen einzeln für sich genommen womöglich nicht auf (Ministère de l’éducation nationale
et de la jeunesse). Von Mobbing Betroffene neigen oft dazu, den Umfang und die Intensität des Problems kleinzureden.
Die nachfolgenden Kriterien helfen Ihnen einzuschätzen, wie gravierend die Situation ist, damit Sie so früh wie möglich
intervenieren können.

Anzeichen ausserhalb des Unterrichts
• Schülerin/Schüler isoliert sich oder wird isoliert (wird ausgeschlossen)
• Die andern machen sich über Schülerin/Schüler lustig oder beleidigen Schülerin/Schüler (Übernamen)
• Schülerin/Schüler wird körperlich angegriffen (Bein stellen, schubsen, auf den Kopf schlagen, an den Haaren ziehen,
  kneifen, schlagen, spucken ...)
• Schülerin/Schüler behält systematisch immer alle Sachen bei sich (Angst vor Diebstahl oder Beschädigung des persönlichen
  Materials)
• Der Schrank einer Schülerin/eines Schülers wird häufig beschädigt oder aufgebrochen, Schulsachen und/oder persönliche
  Sachen beschädigt/versteckt/gestohlen
• Schülerin/Schüler sucht die Gesellschaft von Erwachsenen, ohne unbedingt mit ihnen zu sprechen
• Schülerin/Schüler zieht sich in der Pause oft aufs WC zurück (um sich dort zu verstecken)
• Einer Schülerin/einem Schüler werden das Pausenbrot oder Süssigkeiten gestohlen
• Schülerin/Schüler ist Ziel gefährlicher Spiele, Ziel von Wurfgegenständen (Ball)
• Schülerin/Schüler geht nie aufs WC (Harnwegsinfektion)
• Schülerin/Schüler wird auf WC eingeschlossen
• Schülerin/Schüler geht in den Pausen regelmässig zum schulärztlichen Dienst
• Schülerin/Schüler trägt oft Geld auf sich

Anzeichen im Unterricht
• Schülerin/Schüler wird bei Gruppenaktivitäten von den anderen ausgeschlossen oder nie ausgewählt
• Schülerin/Schüler wird ausgelacht oder beleidigt
• Schülerin/Schüler ist sehr nervös oder ängstlich
• Spott/Getuschel, wenn Schülerin/Schüler das Wort ergreift oder wenn Blätter/Hefte verteilt werden
• Einer Schülerin/einem Schüler fehlt Material und sie/er sagt, sie/er habe es verloren
• Ungewöhnlich heftige Reaktionen, unangemessene Reaktionen
• Einbruch der schulischen Leistungen (schlechtere Ergebnisse, Konzentrationsschwierigkeiten, Verständnisschwierigkeiten)
• Nach einer Schülerin/einem Schüler werden Gegenstände geworfen (Papierkügelchen, Gummis, Deckel, Tinte)
• Häufiges Fehlen in der ersten Stunde, gelegentliches Fehlen in bestimmten Stunden

Anzeichen auf dem Schulweg
• Schülerin/Schüler geht den Schulweg allein/hat Angst, ihn allein zu gehen/ändert den Weg in die Schule
• Schülerin/Schüler beeilt sich, ins Schulgebäude zu gelangen/kommt regelmässig zu spät
• Schülerin/Schüler weigert sich, in die Schule zu kommen
• Kind hat Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Aufstehen, hat Albträume
• Kind verliert den Appetit, hat Bauch- oder Kopfschmerzen
• Kind ist nervös, ängstlich, reizbar, ungewöhnlich traurig, ist lustlos oder hat negative Gedanken
• Kind hat Angst davor, eine SMS zu erhalten oder hat Angst, wenn es sein Telefon überprüft
• Kind erhält viele Nachrichten und/oder ist ständig auf den sozialen Medien
• Kind droht, sich oder andere zu verletzen

                                                                                           © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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2.2      LEITFADEN FÜR LEHRPERSONEN

Tabelle 2: Auflistung möglicher Massnahmen

Mobbing vorbeugen                                                                            PRÄVENTION
• Klassen- und Schulklima fördern                                                            (Direktion, Lehrpersonen
• Klassen-Charta mit Werten und Regeln des Zusammenlebens gemeinsam mit den                  und Kollegium)
  Schülerinnen und Schülern erarbeiten und vereinbaren
• positives Verhalten von Schülerinnen und Schülern fördern (z.B. Komplimentenrunde)
• Klassenrat, der positive Erlebnisse, Wünsche und Herausforderungen der Klasse
  aufgreift
• Lösungsorientiertes Konfliktmanagement (z.B. Friedensbrücke, Peacemaker)
• Kooperative Spiele
• Arbeit an individuellen Zielen und Klassenzielen, insbesondere im sozialen Bereich
• Schriftliche Befragungen zum Klassenklima durchführen

Mobbing thematisieren
(solange keine aktuelle Mobbingsituation in der Klasse bekannt ist)

• im Unterricht Mobbing, dessen Rollen und Konsequenzen ((Bilder)Bücher, Filme,
  (Rollen)Spiele) thematisieren
• Kinder- und Jugendmedienschutz (Ordner im Schulhaus sowie auf Friportail) behandeln
• Zivilcourage thematisieren: Was tun, wenn ich Zeugin/Zeuge von Übergriffen/
  Gemeinheiten werde? > „Hilfe holen ist nicht petzen“
• Sensibilisierungs-/Informationsabend zum Thema Mobbing für Eltern durchführen

Klare Haltung und Präsenz im Alltag
• im Alltag sofort negative Handlungen gegenüber anderen stoppen, klare Stoppsignale
  setzen
• deutlich für eigene Werte und jene der Schule einstehen, auch bei kleinen
  Vorkommnissen
• Pausenaufsicht, heikle Orte wie Garderoben, WCs beachten
• Situationen, welche Ausschluss fördern, vermeiden (z.B. Gruppen wählen lassen)

Anzeichen im Schulalltag wahrnehmen                                                          FRÜHERKENNUNG/GEFÄHR-
• Schülerinnen und Schüler beobachten: Beziehungs-/Verhaltensebene, Körpersprache,           DUNGSEINSCHÄTZUNG
  Emotionalität, Spielverhalten, Pausenaktivitäten, körperliche Symptome                     (Lehrpersonen,
• Auffällige Beobachtungen notieren                                                          Heilpädagogen, evtl.
• Klassenbeobachtungen beim Stellenpartner/bei Stellenpartnerin, sich mit anderen            Schulpsychologie und/oder
  Lehrpersonen und Akteuren in der Klasse über Beobachtungen austauschen,                    Schulsozialarbeit)
  gemeinsam Übersicht über die Situation und die Beteiligten gewinnen evtl.
  Klassenaufstellung durchführen ohne das Beisein der Klasse)
• Bei Anzeichen von Mobbing nach Vorfällen in den neuen Medien fragen
• wenn erste Anzeichen auftreten, mit der Schulsozialarbeit bzw. Schulpsychologie
  Kontakt aufnehmen und Schulleitung informieren

                                                                                            © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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Analyse mit Fachperson und Intervention planen                                                  EINBEZUG EINER
• Schulleitung beiziehen                                                                        FACHPERSON
• deutlichen Verhaltensänderungen von Schülerinnen und Schülern nachgehen                       (Schulsozialarbeit,
• eigene Möglichkeiten und Unterstützungsbedarf klären (selber intervenieren mit                Schulpsychologie, Mobile
  Unterstützung einer Fachperson im Hintergrund oder Intervention durch Fachperson)             Einheit)
• weiteres Vorgehen definieren

Intervention durchführen anhand des No-Blame-Approachs                                          LEHRPERSON(EN),
(Blum & Beck, 2016)                                                                             FACHPERSON(EN), SCHÜLER
                                                                                                und SCHÜLERINNEN,
Gespräch mit Eltern des Opfers                                                                  KLASSE, ELTERN
• Situation beschreiben
• Mögliches Vorgehen erklären
• Einverständnis für Vorgehen einholen (Zeit gewähren für Entscheidung, dass Eltern
  und Opfer sich darüber austauschen können)

Gespräch mit dem Opfer
• passenden Zeitpunkt für ein vertrauliches Gespräch mit dem Opfer auswählen und
  vertrauensvolle Atmosphäre schaffen
• konkrete Beobachtung in der Ich-Botschaft schildern, eigene Betroffenheit ausdrücken
• Nach den Tätern und Helfern fragen, fragen mit wem sie/er befreundet ist bzw. sein möchte
• Mögliches Vorgehen beschreiben
• Einverständnis für Vorgehen einholen

Die Lehrpersonen und die Fachperson(en) stellen - auch anhand der Rückmeldung des
Opfers und seiner Eltern - die Unterstützergruppe zusammen

Gespräch mit Unterstützergruppe
• erklären, dass ihre Unterstützung gebraucht wird und weshalb sie in die Unterstützer-
  gruppe gewählt wurden
• Fragen, welche Lösungsmöglichkeiten sie sehen
• Mit Schülerinnen und Schülern abmachen, wer was bis zum nächsten Treffen umsetzt

Zwischenbilanz mit 1) Opfer nach 1-2 Wochen, 2) mit einzelnen Mitgliedern der
Unterstützergruppe, 3) mit Opfer und Unterstützergruppe je nach Bedarf

Parallel Lösungen suchen, wie das Opfer zusätzlich unterstützt werden kann
• Pultordnung verändern, keine Gruppenwahl durch Schülerinnen und Schüler,
  verstärkte Pausenaufsicht, Regelung des Schulweges, Beratung und Begleitung des
  Opfers durch Opferberatung LAVI, Schulpsychologie, Schulsozialarbeit

                                                                                               © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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Falls notwendig weitere Intervention                                                        LEHRPERSON(EN),
• Bilanz der beteiligten Lehrpersonen, der Schulleitung sowie der Fachperson(en)            FACHPERSON(EN), SCHÜLER
                                                                                            und SCHÜLERINNEN,
• Massnahmen im Unterricht (anderes Regelsystem, Klassenrat, etc.)                          KLASSE, ELTERN
• sozialpädagogische Begleitung der Täterin/des Täters

• andere Mobbing-Interventionen (Farsta-Methode, KiVa-Methode, Shared Concern
  Methode nach Pikas etc.)

• Shared Concern Methode (Pilotprojekt im französischsprachigen Teil Kt. FR):
  Eine ausgebildete Lehrperson führt mit den involvierten Schülerinnen und Schülern
  Einzel- und Gruppengespräche durch.
  Einzelgespräche (ca. 7-10 Minuten)
    • Täter: Verständnis schaffen für Opfer und Lösungen anregen und umsetzen
    • Opfer: Situation besprechen und Plan entwickeln
    • Folge-Gespräch (ca. 3 Minuten)
    • Erfolg bzw. Misserfolg besprechen. Bei Erfolg wird gratuliert und bei Misserfolg
      werden Lösungsvorschläge gesucht, Vorgehensweisen besprochen und das
      Gruppengespräch vorbereitet
  Gruppengespräche
    • Vorbereiten von Opfer und Täter auf das gemeinsame Gespräch. Vorgehen,
      Vereinbarung und Termin definieren.
    • Schüler/innen weiterhin unterstützen (Mayer, oD.; Rigby, 2005)

• Beizug des Inspektorats

• Beizug der LAVI

• Beizug der Jugendbrigade

• Schriftlicher Verweis für den Täter/die Täterin

• Klassen- bzw. Schulwechsel für Täter bzw. Opfer

• Klassen neu durchmischen

• Anzeige durch die Eltern der Familie

Berner Gesundheit mit Anpassungen von Reper

                                                                                           © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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2.3      PRÄVENTIONSARBEIT IM UNTERRICHT

2.3.1    AKTE

Die Schule, die Lehrpersonen, die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern wirken gemeinsam darauf hin, Risikoverhalten
bei Kindern und Jugendlichen zu vermeiden. Die Prävention bezieht alle mit ein, die Teil des täglichen Lebens der Schülerinnen
und Schüler sind. Die wichtigsten Präventionsinstrumente sind die Früherkennungssignale, die darauf hinweisen, dass
es einer Schülerin oder einem Schüler nicht gut geht, sowie die Frühintervention. Diese beiden Instrumente steigern die
Chancen, negative Konsequenzen belastender Situationen zu mindern.

Dennoch sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass für die Prävention Bemühungen im Alltag, die auf ein
gesundheitsförderndes Umfeld abzielen, eine zentrale Rolle spielen. Dazu gehören beispielsweise regelmässige Arbeit am
Klassenklima, klare Interventionen und kohärentes Handeln. Gemäss dem Bildungsverständnis des Lehrplans 21 – und
insbesondere der überfachlichen Kompetenzen betreffend Gesundheit und Wohlbefinden – sind die Schulen gehalten, die
Gesundheit der Schülerinnen und Schüler zu fördern.

Die Ressource AKTE ist von der Fachstelle Gesundheit in der Schule anerkannt und unterstützt die Lehrpersonen bei der
Reflexion verschiedener Themen mit den Schülerinnen und Schülern. Es fördert die Entwicklung von Lebenskompetenzen
und Ressourcen, die es ermöglichen, geeignetes Verhalten und Risikoverhalten zu unterscheiden.

A - Agieren
AKTE ermöglicht die Diskussion und Reflexion nach einem Forumtheater oder einem Film und die Suche nach geeigneten
Lösungen für schwierige Situationen, mit denen Schülerinnen und Schüler konfrontiert sein können. Auf diese Weise werden
die Schülerinnen und Schüler für spezifische Problemfelder sensibilisiert.

K - Kennen
AKTE unterstützt die Lehrpersonen bei der Prävention, indem sie ihnen Wissen zu den Themen Alkohol, Tabak, Cannabis,
(Cyber)Mobbing und Hyperkonnektivität vermittelt. Die pädagogischen Dossiers enthalten spezifische Informationen zu
jedem Thema, wobei die Dossiers regelmässig aktualisiert werden, um ein aktuelles Wissensniveau zu gewährleisten.

T - Testen
Das Forumtheater bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, Risikosituationen kennenzulernen, diese zu
identifizieren und einen geeigneten Umgang damit zu erarbeiten. Die Aufführungen des Forumtheaters der Theatergruppe
„Le Caméléon“ sind integrativer Bestandteil von AKTE. Ersatzweise kann auch ein Film oder ein Video verwendet werden.
Die pädagogischen Dossiers bieten zu jedem Thema praktische Hilfsmittel für die Reflexionsarbeit in der Klasse. Die
Lehrpersonen können diese nach Gutdünken einsetzen.

E- (sich) entwickeln
AKTE zielt auf die Stärkung der sogenannten Lebenskompetenzen der Schülerinnen und Schüler ab (siehe Tabelle 3). Laut
WHO sind Lebenskompetenzen „diejenigen Fähigkeiten, die einen angemessenen Umgang sowohl mit unseren Mitmenschen
als auch mit Problemen und Stresssituationen im alltäglichen Leben ermöglichen“ (WHO, 1994) beziehungsweise „die
persönlichen, sozialen, kognitiven und physischen Fertigkeiten, die es den Menschen ermöglichen, ihr Leben zu steuern und
auszurichten und ihre Fähigkeit zu entwickeln, mit den Veränderungen in ihrer Umwelt zu leben und selbst Veränderungen zu
bewirken. Solche Fähigkeiten sind bedeutsam für die Stärkung der psychosozialen Kompetenz“ (WHO, 1994). Die praktischen
Hilfsmittel sollen Partizipation ermöglichen und die Reflexion fördern. Sie zielen auf Austausch, die Gegenüberstellung von
Ideen und die Stärkung von positiven Haltungen ab. Während des Austauschs hat die Lehrperson die Möglichkeit, anhand des
bei der Dossierlektüre erworbenen Wissens falsche Annahmen abzubauen (z.B. das Opfer von Mobbing ist selber schuld, es
soll andere nicht provozieren).

                                                                                             © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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Tabelle 3: Auflistung möglicher Lebenskompetenzen (Lius & Lamboy, 2015)

 SOZIALE KOMPETENZEN                     KOGNITIVE KOMPETENZEN                     EMOTIONALE KOMPETENZEN
 (INTERPERSONALE
 KOMMUNIKATIONSFERTIGKEIT)

 Kompetenzen der verbalen und            Kompetenzen zum Fällen                    Kompetenzen der emotionalen
 nonverbalen Kommunikation:              von Entscheidungen und zur                Selbstregulierung: Bewältigung von
 aktives Zuhören, Emotionen äussern,     Problemlösung.                            Wut und Angst, Fähigkeit mit Verlust,
 Fähigkeit, Feedback zu geben und zu                                               Gewalt und Traumata umzugehen.
 erhalten.

 Empathie, das heisst, die Fähigkeit,    Kritisches Denken und                     Kompetenz zur Stressbewältigung,
 die Bedürfnisse und die Meinung         Selbsteinschätzung: Fähigkeit,            das heisst Zeiteinteilung, positives
 anderer anzuhören und zu verstehen      den Einfluss von Medien und Peers         Denken und Beherrschen von
 und diesem Verständnis Ausdruck zu      zu analysieren, Bewusstsein für           Entspannungstechniken.
 verleihen.                              Werte, Einstellungen, Normen,
                                         Grundsätze und Faktoren, die uns
                                         beeinflussen, Identifizieren geeigneter
                                         Informationsquellen.

 Belastbarkeit und                                                                 Selbsteinschätzung und
 Verhandlungsfähigkeit:                                                            Selbstregulierung, die Selbstvertrauen
 Konfliktbewältigung, zustimmen                                                    und Selbstwertgefühl stärken.
 können, dem Druck anderer
 widerstehen können.

 Fähigkeiten zur Zusammenarbeit
 in der Gruppe.

2.3.2   HINWEISE FÜR DIE UNTERRICHTSEINHEITEN

Um das Thema (Cyber)Mobbing in Verbindung mit dem Forumtheater („Einer für alle – alle gegen einen“) der Theatergruppe
„Le Chaméléon“ oder mit Filmen zu vertiefen, steht Ihnen dieses Dossier mit seinen Unterrichtseinheiten zur Verfügung.
Diese können je nach Klasse und Vorkenntnissen ausgewählt und angepasst werden. Findet Mobbing in der Klasse statt,
sollten die meisten Aktivitäten nicht durchgeführt werden. Reflektieren Sie sich im Vorfeld Ihre eigene (Werte)Haltung zu
diesem Thema.

Fragen Sie andere Lehrpersonen, ob sie die Thematik in einem anderen Kontext bearbeiten könnten. Prävention wirkt, wenn
wie beim Lernen allgemein, die Themen wiederkehrend, in verschiedenen Kontexten und möglichst interaktiv bearbeitet
werden.

Mobbingprävention bedingt das ständige Arbeiten an einem guten Klassenklima und einem anständigen und respektvollen
Umgang (Werterahmen) miteinander. Als Basis empfiehlt es sich mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam verbindliche
Abmachungen zu treffen, die in Form einer Charta und Regeln festgehalten werden (siehe UE 1). Auf diese können sich
jederzeit sowohl Lehrpersonen wie auch Schülerinnen und Schüler immer wieder beziehen. Sind erst einmal die Pfeiler (z.B.
Werte und Normen) und Vereinbarungen für den Umgang miteinander getroffen, gilt es im Alltag sorgfältig darauf zu achten
und zu reagieren.

                                                                                          © Verein REPER. Alle Rechte vorbehalten.
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