DAS BESSER LEBEN PROGRAMM - FÜR DIABETES TYP-1: KOMPLIKATION UND NOTFÄLLE - HEK
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
02 . KOMPLIKATIONEN UND NOTFÄLLE Der Diabetes mellitus kann neben kurzfristigen Notfällen (akuten Stoffwechselent- gleisungen) eine Vielzahl von langfristigen Komplikationen (Organschäden) zur Folge haben. Während sich akute Stoffwechselentgleisungen in der Regel sofort durch ein- deutige Krankheitszeichen bemerkbar machen, bleiben Organschäden meist lange Zeit unbemerkt. Beim Auftreten der ersten Krankheitszeichen kann das betreffende Organsystem daher schon stark geschädigt sein. Aus diesem Grund ist die Vorsorge vor Organschäden und deren Früherkennung bei der Diabetesbehandlung besonders wichtig. Die beste Vorbeugung vor diabetesbedingten Komplikationen und Notfällen besteht allgemein in einer stets möglichst normnahen Einstellung sowohl des Gukose- spiegels als auch des Blutdrucks. Als weitere wichtige Maßnahme gilt zudem der Ver- zicht auf das Rauchen. DIE VERURSACHER VON KOMPLIKATIONEN HOHER BLUTDRUCK: BEI DIABETES BESONDERS SCHÄDLICH In manchen Fällen macht sich ein hoher Blutdruck durch häufige Schwindelgefühle, Kopfschmerzen oder Nervosität bemerkbar. Normalerweise führt Bluthochdruck (Hypertonie) jedoch kaum zu Beschwerden. Mit anderen Worten: er „tut nicht weh“. Dennoch ist Hypertonie eine ernst zu nehmende Störung der Gesundheit. Denn ein dauerhaft überhöhter Blutdruck fördert das Risiko von Folgeerkrankungen insbesondere durch Schäden an den Blutgefäßen. Da die Blutgefäße durch einen hohen Blutzucker (Glukose) bereits gefährdet sind, muss der Blutdruck eines Diabetikers besonders gut kontrolliert und notfalls auch behandelt werden. Für Erwachsene wird eine vierteljähr- liche, mindestens jährliche, Blutdruckmessung empfohlen. Bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ-1 soll der Blutdruck ab dem elften Lebensjahr mindestens jährlich gemessen werden. Der Arzt stellt die Diagnose „Hypertonie“, wenn bei zwei Blutdruckmessungen in der Praxis an zwei unterschiedlichen Tagen Werte von 140 mmHg oder höher (Millimeter Quecksilbersäule, systolisch, oberer Wert) und/oder 90 mmHg oder höher (diastolisch, unterer Wert) ermittelt werden. Um das Risiko für Folgeerkrankungen zu vermindern, ist eine Senkung des Blutdrucks auf einen systolischen Wert von 130 mmHg bis 139 mmHg und einen diastolischen Wert von 80 mmHg bis 89 mmHg anzustreben. Unter Berücksichtigung der Gesamtsituation, z.B. Alter und Begleiterkrankungen, können individuelle Abweichungen erforderlich sein. Durch eine gezielte Änderung der Lebensumstände kann sowohl eine Vorbeugung vor Bluthochdruck als auch dessen Senkung erreicht werden. Zu den geeigneten allgemeinen Maßnahmen zählen beispielsweise die Aufgabe des Rauchens, regel mäßige körperliche Aktivität (z.B. Ausdauersport), eine Umstellung der Ernährungs- gewohnheiten (z. B. reduzierte Kochsalzaufnahme, geeignete Ernährung bei Über gewicht) sowie die Bewältigung von Stresssituationen. Häufig reichen diese Maßnahmen jedoch zur Senkung des Blutdrucks nicht aus. Dann ist die dauerhafte Einnahme von Medikamenten nötig. Dazu stehen eine Reihe von Wirkstoffgruppen zur Verfügung, deren Sicherheit und Wirksamkeit in Langzeit- untersuchungen wissenschaftlich nachgewiesen wurden. Das sind ACE-Hemmer
. 03 (Angiotensin-Conversions-Enzym-Hemmer), welche die Bildung des Botenstoffes Angiotensin II verhindern. Dieses hat eine gefäßverengende Wirkung und erhöht so den Blutdruck. ACE-Hemmer greifen so in die durch Hormone gesteuerte Regulation des Blutdrucks ein. Bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit oder speziellen Indikationen werden Angiotensin-Rezeptor-Blocker -ARB (AT1-Rezeptor-Antagonisten) empfohlen. Weitere Medikamente sind so genannte Entwässerungsmedikamente (Diuretika), welche die Flüssigkeitsausscheidung des Körpers fördern und damit die Flüssigkeits- menge im Kreislauf vermindern. Auf diese Weise wird der Blutdruck gesenkt. Betablocker sind Medikamente, die die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin ver- hindern. Diese Hormone bewirken eine Beschleunigung der Herzfrequenz und eine Erhöhung der Menge des Blutes, dass mit jedem Herzschlag ausgeworfen wird. Eine Hemmung ihrer Wirkung führt zur Verminderung von Pulsfrequenz und Herzleistung und zu einer Senkung des Blutdruckes. Die Betablocker kommen bei gleichzeitiger manifester Herzinsuffizienz in Frage. Sie werden nach einem Myokardinfarkt für ein Jahr empfohlen und dann soll die weitere Gabe bzw. das Absetzen überwacht werden. Um alle diese Maßnahmen kennen zu lernen und zu üben, sollen Typ-1-Diabetiker mit Bluthochdruck an einem speziellen Hypertonie-Behandlungs- und Schulungsprogramm teilnehmen. Das ist im Rahmen des Besser leben-Programms ausdrücklich vorgesehen. HOHE BLUTZUCKERWERTE (GLUKOSEWERTE) Neben roten und weißen Blutkörperchen transportiert das Blut eine Vielzahl von Stoffen, darunter auch Produkte des Stoffwechsels wie Blutzucker (Glukose), Blut- fette und Hormone. Der Stofftransport durch die Adern unseres Körpers funktioniert auf Dauer aber nur dann problemlos, wenn die Bestandteile des Blutes in einem fein abgestimmten Verhältnis zueinander stehen. Steigt etwa die Konzentration der Glukose über ein verträgliches Maß an, können sich im Laufe der Zeit gefährliche Ablagerungen an den Wänden der Blutgefäße bilden oder sich die Eigenschaften der Gefäßwände selbst nachteilig verändern – man spricht von einer „diabetischen Angio- pathie“. Betrifft dies die großen Schlagadern (Arterien) am Herzen, im Gehirn und in den Beinen, so liegt eine „diabetische Makroangiopathie“ vor. Sie kann sich zum Bei- spiel im schlimmsten Fall als Schlaganfall oder Herzinfarkt äußern. Diabetesbedingte Störungen in den kleinen Haargefäßen (Kapillaren) werden als „diabetische Mikroan- giopathie“ bezeichnet. Sie können langfristig vor allem die Nieren (diabetische Neph- ropathie) und die Netzhaut der Augen (diabetische Retinopathie), aber auch Nerven (diabetische Neuropathie), Gehirn und Herzmuskel schädigen. KOMPLIKATIONEN - ERSTE ANZEICHEN ERKENNEN ERKRANKUNGEN DER GROSSEN BLUTGEFÄSSE HERZERKRANKUNGEN Besonders die Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel versorgen, können durch Veränderungen an den großen Gefäßen betroffen sein. Je länger der Blutzucker (Glukosewert) erhöht ist, desto größer ist die Gefahr einer koronaren Herzkrankheit (KHK), einer Verengung der Arterien, die den Herzmuskel versorgen. Diese Verengung verursacht typische Schmerzen und ein Engegefühl im Brustkorb (Angina pectoris). In einigen Fällen können diese Beschwerden auch auf Schultern, Arme, Hals, Unter-
04 . kiefer und Magen ausstrahlen, sowie Atembeklemmungen auslösen. Ist ein Herz kranzgefäß komplett verschlossen, kommt es zu einem Herzinfarkt. Häufig nehmen Diabetiker jedoch erste Anzeichen von Herzerkrankungen gar nicht wahr, weil bei ihnen die Schmerzleitung durch eine zusätzlich bestehende diabetische Nervenschädigung vermindert ist. „Stumme“ Herzinfarkte, die unbemerkt bleiben, können ebenfalls auftreten. SCHLAGANFALL Ein Schlaganfall wird durch einen plötzlichen Gefäßverschluss oder eine Blutung im Gehirn ausgelöst. Wichtige Warnzeichen sind so genannte neurologische Ausfälle, wie halbseitige Lähmungen, Störungen der Empfindlichkeit sowie Sprach- und/oder Schluck- störungen, die auch vorübergehend auftreten können. Eine solche zeitlich begrenzte Störung ist die so genannte Transitorisch Ischämische Attacke (TIA), welche unbedingt als Warnzeichen zu werten ist. Ihre Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls. Eine TIA kann wenige Minuten bis Stunden anhalten und bildet sich wieder vollständig zurück. Auch bei aufkommendem Schwindel, Flimmern vor den Augen oder leichten Lähmungen sollte sofort ein Arzt aufgesucht oder benachrichtigt werden. Zur Vermeidung von Folge- schäden ist eine genaue Untersuchung und spezielle Behandlung entscheidend. BEINARTERIEN-VERSCHLUSS Bei einer Verengung oder gar einem Verschluss der Beinarterien kommt es zu starken Durchblutungsbehinderungen (periphere arterielle Verschlusskrankheit, pAVK). Die Folgen sind häufig Schmerzen in der Wade oder im Oberschenkel, die zum Stehen bleiben zwingen („Schaufensterkrankheit“). Aufgrund der manchmal gestörten Schmerz- empfindung können diese Symptome beim Diabetiker aber auch unbemerkt bleiben. Möglichkeiten der Behandlung sind beispielsweise Gehtraining, die Gabe von Medika- menten oder auch eine Operation. WIE WERDEN ERKRANKUNGEN DER GROSSEN GEFÄSSE BEHANDELT? Für Typ-1-Diabetiker mit koronarer Herzkrankheit (Verengung der Herzkranzgefäße) sollen Sie mit einem Statin (z.B. Pravastatin, Simvastatin) behandelt werden. Das sind Medikamente, die den Fettstoffwechsel regulieren, denn erhöhte Blutfette steigern das Herzinfarktrisiko. Wenn Sie ein stark erhöhtes Risiko für eine diabetische Makro angiopathie haben, sollte die Therapie mit einem Statin erwogen werden. Falls sie Raucher sind – sollten Sie dringend auf das Rauchen verzichten. Darüber hinaus muss die Diabeteseinstellung optimiert werden. Leiden Sie bereits unter einer Erkrankung der großen Gefäße, wird Ihr Arzt grundsätzlich eine Therapie mit Thrombozytenaggre- gationshemmer durchführen. Dieses Medikament verhindert, dass sich die Blutplättchen zusammenklumpen und sich an verdickten Gefäßwänden Blutgerinnsel bilden, die das Gefäß weiter verengen oder gar verschließen können. ERKRANKUNGEN DER KLEINEN GEFÄSSE AN DEN NIEREN GEFAHR FÜR DIE NIEREN: DIE DIABETISCHE NEPHROPATHIE Die diabetische Nephropathie ist eine Erkrankung der kleinen Blutgefäße im Nieren- gewebe. Dabei wird die Niere durch den Diabetes mellitus so geschädigt, dass das Organ langfristig seine Filterfunktion verliert. Dies hat zum einen zur Folge, dass Subs- tanzen wie Eiweiß mit dem Urin ausgeschieden werden, die normalerweise von der Niere zurückgehalten werden sollen. Zum anderen sammeln sich unerwünschte Stoffe im Blut an, weil sie von der Niere nur noch unvollständig ausgeschieden werden. Im
. 05 Endstadium der Erkrankung können die Nieren völlig versagen. Die Betroffenen sind dann dauerhaft auf eine Behandlung mit der „künstlichen Niere“, die so genannte Dialyse, angewiesen oder müssen eine Nierentransplantation erhalten. WELCHE KRANKHEITSZEICHEN TRETEN BEI DER DIABETISCHEN NEPHROPATHIE AUF? Deutliche Symptome (Krankheitszeichen) der diabetischen Nephropathie treten erst nach Jahren auf. Hierzu zählen beispielsweise Juckreiz, milchkaffee-farbene Haut, Leistungsschwäche, Kopfschmerzen, Blutarmut (Anämie) und Wassereinlagerung in den Beinen (Ödeme). Gerade weil diese äußeren Anzeichen aber erst auftreten, wenn die Nieren bereits stark geschädigt sein können, kommt der Früherkennung eine be- sondere Bedeutung bei. Dazu ist es notwendig, dass der Urin regelmäßig auf Albumin, eine körpereigene Eiweißsubstanz, untersucht wird. WELCHE UNTERSUCHUNGEN FÜHRT DER ARZT DURCH? Alle Typ-1-Diabetiker müssen nach fünf Jahren Diabetesdauer mindestens einmal jährlich eine entsprechende Urin-Untersuchung erhalten. Auch bei Kindern und Jugendlichen wird diese Untersuchung spätestens nach fünf Jahren Diabetesdauer, frühestens jedoch ab dem 11.Lebensjahr einmal jährlich durchgeführt. Nur so kann eine Nierenschädigung frühzeitig erkannt und dann optimal behandelt werden. Erstes Zeichen einer Nierenschädigung ist der Nachweis von kleinsten Albumin mengen im Urin. Besteht der Verdacht auf eine Schädigung der Nieren, ist der min- destens zweimalige Nachweis einer krankhaft erhöhten Albumin-Ausscheidungsrate im Urin im Abstand von zwei bis vier Wochen notwendig. Dies gilt insbesondere dann, wenn bereits eine diabetische Retinopathie vorliegt. Denn dann ist es wahrscheinlich, dass in ähnlicher Weise auch die kleinen Blutgefäße der Niere betroffen sein können. Zusätzlich ist bei Erwachsenen jährlich die Bestimmung der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) auf Basis der Serum-Kreatinin-Bestimmung durchzuführen. Krea- tinin ist ein Stoffwechselprodukt, das über den Urin ausgeschieden wird. Weitere Untersuchungen können dem Arzt zur genauen Beurteilung der Nieren funktion dienen. WIE KANN EINER DIABETISCHEN NEPHROPATHIE VORGEBEUGT WERDEN? Grundvoraussetzung für den Erhalt einer normalen Nierenfunktion ist eine konsequent gute Einstellung des Blutdrucks und der Glukose auf möglichst normnahe Werte sowie der Verzicht auf das Rauchen! Durch diese Maßnahmen können Sie die Entwicklung einer diabetischen Nephropathie aufhalten oder eine Verschlimmerung verhindern. WIE WIRD EINE DIABETISCHE NEPHROPATHIE BEHANDELT? Stellt Ihr Arzt bei Ihnen eine Nierenschädigung fest, sollten Sie von einem speziali sierten fachübergreifenden Behandlerteam, unter Umständen unter Hinzuziehen eines Nierenspezialisten (Nephrologen), versorgt und gründlich über die Erkrankung und Möglichkeiten zu ihrer Eindämmung beraten werden. So wird der Arzt – falls Sie Raucher sind – Ihnen dringend empfehlen, das Rauchen einzustellen. Auch ein zu ho- her Blutdruck im Zusammenhang mit einem erhöhten Glukosewert beschleunigt den Zerstörungsprozess der Nieren. Deshalb ist bei einer bestehenden diabetischen Neph- ropathie die Senkung des Blutdrucks auf normnahe Werte, eine optimale Einstellung der Glukose sowie in bestimmten Fällen eine eiweißreduzierte Kost zum Schutz der Nieren angezeigt.
06 . ERKRANKUNGEN DER KLEINEN GEFÄSSE AN DEN AUGEN AUGENSCHÄDEN RECHTZEITIG VORBEUGEN: DIE DIABETISCHE RETINOPATHIE Die Netzhaut (Retina) ist im Auge für die Umwandlung von Lichtreizen in Nervenim- pulse verantwortlich. Ihre Schädigung durch diabetesbedingte Veränderungen an den kleinen Blutgefäßen (Mikroangiopathie) wird als „diabetische Retinopathie“ bezeichnet. Es kommt zu Mikroinfarkten (Verschlüsse der kleinen Blutgefäße) und Blutungen an der Netzhaut sowie zu Gefäßaussackungen (Mikroaneurysmen) und „perlschnurartigen“ Veränderungen an den Venen. Bei einer so genannten „proliferativen“ Retinopathie bilden sich zusätzlich neue Blutgefäße, die ebenfalls krankhafte Veränderungen auf weisen können. Treten Infarkte und Blutungen häufiger auf, kann die Netzhaut so stark geschädigt werden, dass sie sich von ihrer Unterlage ablöst. Im schlimmsten Fall kann es zum Erblinden kommen. WELCHE KRANKHEITSZEICHEN TRETEN AUF? Eine beginnende diabetische Retinopathie wird von den Betroffenen zunächst nicht erkannt, weil anfangs das Sehvermögen nicht beeinträchtigt ist. Erst im fortgeschrittenen Stadium bemerkt der Betroffene dunkle Flecken und rote Schleier in seinem Gesichtsfeld oder ein verschwommenes, unscharfes Bild. Eine beginnende Netzhautablösung macht sich dann durch „Lichtblitze“ und „Rußregen“ bemerkbar. Ist der Teil der Netzhaut betroffen, auf dem sich der „gelbe Fleck“ (Makula), die Stelle des schärfsten Sehens befindet, sieht der Betroffene einen „dunklen Vorhang“ in seinem Gesichtsfeld. WELCHE UNTERSUCHUNGEN FÜHRT DER ARZT DURCH? Bemerkbare Symptome der diabetischen Retinopathie können erst auftreten, nachdem bereits möglicherweise nicht zu behebende Schäden an der Netzhaut entstanden sind. Daher ist für jeden Diabetiker eine regelmäßige vorsorgende Netzhautuntersuchung beim Augenarzt unerlässlich. Sie wird in der Regel beginnend im fünften Jahr nach Feststellung des Diabetes alle ein bis zwei Jahre erfolgen. Auch Kinder und Jugendliche werden nach fünf Jahren Diabetesdauer frühestens ab dem elften Lebensjahr alle ein oder zwei Jahre untersucht. Dabei betrachtet der Arzt den Augenhintergrund durch die Pupille hindurch mit Hilfe einer besonderen Optik. Damit der Augenhintergrund auch in seinen Randbereichen eingesehen werden kann, wird vor der Untersuchung die Pupille mittels spezieller Augentropfen erweitert. Sowohl das Einträufeln der Augentropfen als auch die Untersuchung selbst sind schmerzlos. WIE KANN EINER DIABETISCHEN RETINOPATHIE VORGEBEUGT WERDEN? Zur Vorbeugung einer diabetischen Augenerkrankung dient, wie für alle mikroangio pathischen Krankheiten, vor allem eine dauerhaft gute Glukose- und Blutdruckeinstellung sowie deren regelmäßige Kontrollen und der Verzicht auf Nikotin. WIE WIRD EINE DIABETISCHE RETINOPATHIE BEHANDELT? Sollte bei Ihnen eine diabetesbedingte Augenkomplikation festgestellt werden, wird der Arzt eine Behandlung vorsehen, mit der eine Verschlimmerung des Leidens in vielen Fällen deutlich reduziert oder verlangsamt werden kann. Zu den vordringlichen Maß nahmen zählen eine möglichst normnahe Glukose- und Blutdruckeinstellung sowie gege- benenfalls eine rechtzeitige augenärztliche Behandlung.
. 07 WENN DIE NERVEN BETROFFEN SIND: DIE DIABETISCHE NEUROPATHIE WAS IST DIE DIABETISCHE NEUROPATHIE UND WELCHE KRANKHEITSZEICHEN TRETEN AUF? Die diabetischen Nervenerkrankungen (diabetische Neuropathie) gelten neben Nieren- und Augenerkrankungen als weiterer wichtiger Folgeschaden des Diabetes mellitus. Ihre Entstehung wird durch eine jahrelang unzureichende Diabeteseinstellung begünstigt. Das führt zu Schädigungen der kleinen Blutgefäße, die die Nerven ver sorgen. Ebenso können sich Glukoseabbauprodukte in die Nervenzellen und Hüllen der Nervenfasern einlagern, so dass ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigt ist. Man unterscheidet bei der diabetischen Neuropathie vor allem zwei Formen: DIE SCHMERZHAFTE NEUROPATHIE Sie kann sich durch Empfindungsstörungen wie Taubheit der Haut, aber auch Missempfindungen wie Brennen, Kribbeln (Parästhesien) oder Schmerzen äußern. Der Fuß kann sich trocken und warm anfühlen. Hinzu kommen ein vermindertes Temperatur- und Vibrationsempfinden. Auch die Schweißproduktion kann reduziert sein und die Achillessehnenreflexe, die der Arzt prüft, können abgeschwächt sein oder auch fehlen. In schweren Fällen können auch bei größeren Verletzungen keine Schmerzen empfunden werden. DIE AUTONOME NEUROPATHIE Sie betrifft vor allem die Nerven, die außerhalb unserer bewussten Kontrolle zum Beispiel Blutdruck, Herzschlag oder Ausscheidungsfunktionen kontrollieren. Störungen am Herz-Kreislauf-System können sich in Form von unregelmäßigem Herzschlag (Herz-Rhythmusstörungen) zeigen. Nervenstörungen am Magen-Darm- Trakt machen sich durch Probleme bei der Magenentleerung oder durch diabetischen Durchfall deutlich bemerkbar und erschweren die Diabeteseinstellung. Auch die Impo- tenz (erektile Dysfunktion) kann durch die autonome Neuropathie verursacht werden. Wie bei den anderen Folgeerkrankungen auch, beginnen die Nervenschädigungen nicht erst dann, wenn der Betroffene die ersten Symptome verspürt, sondern bereits in einer frühen Phase des Diabetes, in der sie unbemerkt bleiben. In dieser Zeit können die Nervenschäden aber bereits durch den Arzt mittels spezieller Unter suchungen nachgewiesen werden. VORBEUGUNG UND BEHANDLUNG DER DIABETISCHEN NEUROPATHIE Auch bei den Nervenschäden kommt einer langfristig guten Stoffwechseleinstellung sowohl zur Behandlung als auch zur Vorbeugung eine herausragende Bedeutung zu. Vor allem bei Schmerzen können zusätzlich Medikamente gegeben werden. Liegen Hinweise auf eine autonome diabetische Neuropathie vor, wird Ihr Arzt Sie eventuell zu einem Fachkollegen überweisen. AUF DIE FÜSSE ACHTEN: DER DIABETISCHE FUSS WAS IST DAS DIABETISCHE FUSSSYNDROM? Beim diabetischen Fußsyndrom handelt sich um schwer heilende, jedoch meist schmerzlose Geschwüre an den Füßen von Diabetikern. Der diabetische Fuß hat eine Vielzahl von Ursachen, die einzeln oder zusammen auftreten können. Hierzu zählen
08 . zum Beispiel Schäden an den Nerven und den Blutgefäßen. Auslöser sind meist kleinste Verletzungen oder Druckstellen. Sie werden aufgrund der Nervenschädigung nicht wahrgenommen und können wegen der schlechten Durchblutung nicht abheilen. Unbehandelt vergrößern sich die Geschwüre und werden möglicherweise zusätzlich von Krankheitserregern besiedelt. Im schlimmsten Fall kann dies eine stufenweise Amputation bis hin zum Oberschenkel erforderlich machen. WIE KANN EINEM DIABETISCHEN FUSSSYNDROM VORGEBEUGT WERDEN? Eine optimale Einstellung Ihrer Glukose auf möglichst normnahe Werte ist wichtig, um die Entstehung oder auch das Voranschreiten eines diabetischen Fußsyndroms zu vermeiden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Sie selbst vorbeugend tätig werden. Neben einer eigenen täglichen gründlichen Untersuchung Ihrer Füße gehört dazu eine fachgemäße Fußpflege, um kleinste Verletzungen durch eine unsachgemäße Haut- und Nagelpflege zu vermeiden. Schützen Sie Ihre Füße vor Verletzungen und achten Sie bei der Auswahl Ihrer Schuhe darauf, dass sie nirgends drücken oder scheuern. WELCHE UNTERSUCHUNGEN FÜHRT DER ARZT DURCH? Um typische Veränderungen rechtzeitig zu entdecken, müssen die Füße von Diabe- tikern ohne sensible Neuropathie mindestens einmal jährlich, bei Diabetikern mit sensibler Neuropathie mindestens einmal alle sechs Monate, gründlich untersucht werden. Sofern eine sensible Neuropathie und Zeichen für periphere arterielle Ver- schlusskrankheit (pAVK) oder Risiken wie Fußdeformitäten bestehen, wird empfohlen alle drei Monate oder häufiger die Füße zu untersuchen. Ihr Arzt wird sich dabei die Füße genau anschauen und die Arterienpulse tasten. Er untersucht auch Vibrations- Berührungs- und Druckempfinden an den Füßen. Auch prüft der Arzt, ob Ihre Schuhe gut passen, weich genug sind und an keiner Stelle drücken. WIE WIRD DAS DIABETISCHE FUSSSYNDROM BEHANDELT? Wird ein diabetisches Fußsyndrom festgestellt, überweist der Arzt den Betroffenen in eine spezialisierte Einrichtung, meist in eine Fußambulanz. Die Wunde kann dort fachgerecht behandelt und versorgt werden. Sprechen Anzeichen für eine Besiedlung mit Krankheitserregern, so wird man Ihnen eventuell ein Antibiotikum verordnen. Gegebenenfalls ist in diesem Fall auch ein Krankenhausaufenthalt notwendig. Auch nach Abschluss einer akuten Behandlung wird Ihnen Ihr Arzt möglicherweise eine weitere regelmäßige Mitbetreuung durch eine spezialisierte Einrichtung vorschlagen.
. 09 KRANKHEITSZEICHEN LANGFRISTIGER KOMPLIKATIONEN KRANKHEITSZEICHEN IM ÜBERBLICK Die folgende Übersicht zeigt Ihnen mögliche Krankheitszeichen sowie Erkrankungen, auf die diese Symptome eventuell hinweisen könnten. Berücksichtigen Sie dabei, dass manche Symptome nur kombiniert mit anderen für eine bestimmte Erkrankung sprechen, andere hingehen allein auf ein Krankheitsbild hinweisen können. Um Sicher- heit zu gewinnen, ist in jedem Fall Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu halten. Erste Empfehlungen für Ihr Handeln und der Hinweis auf das entsprechende Kapitel der Broschüre ergänzen die Übersicht. Weitere Informationen Krankheitszeichen Mögliches Krankheitsbild Was ist zu tun? in diesem Heft Allgemeine Störungen des Wohlbefindens/ Körpers Hoher Blutdruck: Schwindelgefühl Hoher Blutdruck Blutdruck messen, Arzt bei Diabetes besonders schädlich, S. 2 Schwindelgefühl in Verbindung mit Sprach- TIA/ Schlaganfall Sofort Notarzt rufen Erkrankungen der großen und/oder Schluck (nächstes Krankenhaus) Blutgefäße, S. 3 störungen und Lähmungs- erscheinungen Hoher Blutdruck: Kopfschmerzen Hoher Blutdruck Blutdruck messen, Arzt bei Diabetes besonders schädlich, S. 2 Hoher Blutdruck: Nervosität Hoher Blutdruck Blutdruck messen, Arzt bei Diabetes besonders schädlich, S. 2 Sofort Notarzt rufen Erkrankungen der großen Lähmungserscheinungen TIA/ Schlaganfall (nächstes Krankenhaus) Blutgefäße, S. 3 Störungen der Sofort Notarzt rufen Erkrankungen der großen TIA/ Schlaganfall Empfindlichkeit (nächstes Krankenhaus) Blutgefäße, S. 3 Sprach- und/oder Sofort Notarzt rufen Erkrankungen der großen TIA/ Schlaganfall Schluckstörungen (nächstes Krankenhaus) Blutgefäße, S. 3 Gefahr für die Nieren: Leistungsschwäche Diabetische Nephropathie Arzt aufsuchen Die diabetische Blutarmut (Anämie) Nephropathie, S. 4 Symptome in der Herzgegend Schmerzen im Brustkorb, Angina pectoris ausstrahlend auf Erkrankungen der großen (Gefühl der Brustenge), Notarzt rufen Schultern, Hals, Arme Blutgefäße, S. 3 Herzinfarkt und Bauch, Atemnot Wenn die Nerven betroffen sind: Herz-Rhythmusstörungen Autonome Neuropathie Arzt aufsuchen Die diabetische Neuro- pathie, S. 7
10 . Weitere Informationen Krankheitszeichen Mögliches Krankheitsbild Was ist zu tun? in diesem Heft Symptome an den Augen Sofort Notarzt rufen Erkrankungen der großen Flimmern vor den Augen TIA/ Schlaganfall (nächstes Krankenhaus) Blutgefäße, S. 3 Dunkle Flecken, rote Augenschäden rechtzeitig Schleier, verschwomme- Diabetische Retinopathie Augenarzt aufsuchen vorbeugen: Die diabetische nes unscharfes Bild Retinopathie, S. 6 Wahrnehmungen Diabetische Retinopathie, Augenschäden rechtzeitig sofort Augenarzt von Lichtblitzen beginnende Netzhaut vorbeugen: Die diabetische aufsuchen und „Rußregen“ ablösungen Retinopathie, S. 6 Wahrnehmungen eines Augenschäden rechtzeitig „dunklen Vorhanges“ Diabetische Makulopathie Augenarzt aufsuchen vorbeugen: Die diabetische im Gesichtsfeld Retinopathie, S. 6 Symptome im Magen-, Darm-, Harnwegs- und Geschlechtsbereich Probleme bei der Wenn die Nerven Magenentleerung, betroffen sind: Diabetischer Durchfall Autonome Neuropathie Arzt aufsuchen Die diabetische Neuro- Erektile Dysfunktion pathie, S. 7 (Impotenz) Symptome in den Beinen Schmerzen in der Wade Periphere arterielle Ver- oder im Oberschenkel Erkrankungen der großen schlusskrankheit (pAVK) Arzt aufsuchen bei Belastung, Blutgefäße, S. 3 „Schaufensterkrankheit“ Besserung im Stehen Gefahr für die Nieren: Wassereinlagerungen Diabetische Nephropathie Arzt aufsuchen Die diabetische Nephro- (Ödeme) pathie, S. 4 Symptome an den Füßen Auf die Füße achten: Druckstellen Diabetischer Fuß Arzt aufsuchen Der diabetische Fuß, S. 7 Kribbeln, Brennen, Taub- Wenn die Nerven heitsgefühl, Schmerzen, Schmerzhafte diabetische betroffen sind: gestörtes Temperatur- Arzt aufsuchen Neuropathie Die diabetische Neuro- empfinden Verminderte pathie, S. 7 Schweißproduktion Symptome der Haut Gefahr für die Nieren: Juckreiz, Diabetische Nephropathie Arzt aufsuchen Die diabetische Nephro- milchkaffee-farbene Haut pathie, S. 4
. 11 NOTFÄLLE – WENN DER STOFFWECHSEL „ENTGLEIST“ Sowohl beim unbehandelten als auch beim behandelten Diabetes mellitus-Typ 1 kann es passieren, dass der Stoffwechsel „entgleist“. Das bedeutet, dass der Glukosewert entweder stark erhöht oder stark erniedrigt ist. Damit diese akuten Notfälle Sie nicht unvorbereitet treffen, ist es wichtig darüber Bescheid zu wissen und auch zu planen, wie in solchen Situationen schnell und sicher reagiert werden kann. Am besten ist es deshalb, vorab gemeinsam mit dem behandelnden Arzt mögliche Notfälle zu be- sprechen. Beziehen Sie auch nahestehende Personen in diese Vorbereitungen mit ein, damit sie Ihnen hilfreich zur Seite stehen können. Gemeinsam können Sie dann Ihren ganz persönlichen Notfallplan erstellen. Besprechen Sie auch, wer im Notfall Ansprechpartner ist und wo Sie wichtiges Zubehör wie beispielsweise Ihr Insulin oder Testutensilien für Glukose- und Urinuntersuchung aufbewahren. Treten Notfälle bei Ihnen auf, müssen in jedem Fall die Ursachen geklärt werden, um erneute gefährliche Entgleisungen des Stoffwechsels zu verhindern. ÜBERZUCKERUNG - DIE HYPERGLYKÄMISCHE STOFFWECHSELENTGLEISUNG Als hyperglykämischer Notfall (stark erhöhter Blutzucker) kann bei Typ-1-Diabetikern eine so genannte „diabetische Ketoazidose“ auftreten, die im schlimmsten Fall und unbehandelt zur Bewusstlosigkeit (Koma) bis hin zum Tod führen kann. ENTSTEHUNG UND FOLGEN DER DIABETISCHEN KETOAZIDOSE Eine diabetische Ketoazidose kann sich innerhalb von Stunden bis zu wenigen Tagen entwickeln. Sie wird in der Regel durch eine ungenügende oder fehlende Insulinbe- handlung oder durch Infektionen ausgelöst. Sie kann aber auch durch starke körper- liche oder seelische Belastungen hervorgerufen werden. Häufig führen Übelkeit oder Erbrechen zu einer Ketoazidose, weil der Betroffene keine Nahrung mehr zu sich nehmen kann und irrtümlich glaubt, dann auch kein Insulin zu benötigen. Auch bei Allgemeinerkrankungen oder operativen Eingriffen kann es zu einer diabetischen Ketoazidose kommen, wenn das Insulin abgesetzt wird, um eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) zu vermeiden. Weitere Ursachen, die bis zum Koma führen können, sind die unterlassene Anpassung (Steigerung) der Insulinbehandlung bei schweren Allgemeinerkrankungen oder der Versuch, bei beginnender Ketoazidose den Glukosewert durch körperliche Aktivität zu senken. In jedem Fall führt der Mangel an Insulin im Körper zu einem Anstieg des Hormons Glukagon, das als Gegenspieler des Insulins wirkt. Bei Stress wird der Glukagonanstieg vermutlich durch einen Adrenalinschub verursacht. Dieses hormo- nelle Ungleichgewicht verstärkt sich in der Folge selbst und führt einerseits zu einer schweren Überzuckerung (Hyperglykämie), die eine Entwässerung des Körpers ver- ursacht (Dehydrierung) und letztlich Ursache für ein mögliches Koma ist. Andererseits führt der Insulinmangel zu einem verstärkten Abbau von Fett im Körper. Dabei ent- stehen die so genannten Ketonkörper (Aceton). Die Folge ist eine Übersäuerung des Blutes, die als Ketoazidose bezeichnet wird. Der Körper versucht nun, die Ketonkörper über die Lunge, die Haut und auch den Urin auszuscheiden. Die Atemluft der Betrof- fenen riecht daher nach Aceton (wie Nagellackentferner oder gärendes Obst). Im Urin können Ketonkörper mit Teststreifen nachgewiesen werden.
12 . RICHTIGES HANDELN BEI KRANKHEITSZEICHEN EINER DIABETISCHEN KETOAZIDOSE Die Symptome einer diabetischen Ketoazidose und eines sich anbahnenden Komas sollte jeder Diabetiker, aber auch seine Angehörigen und Partner, Kollegen und Freunde kennen und verinnerlichen. Das diabetische Koma ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der rasches und richtiges Handeln erfordert. Typische Anzeichen für den Betroffenen selbst und/oder für Personen in seiner Umgebung sind: • Durst, trockene Mundhöhle • häufiges Wasserlassen (Polyurie) • Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen • tiefe, schwere Atmung („Kussmaulsche Atmung“) • nach Aceton riechende Atemluft (ähnlich faulen Äpfeln oder Nagellackentferner) • Bewusstseinsstörungen: Schläfrigkeit, Teilnahmslosigkeit bis hin zum Koma Beim ersten Verdacht auf eine Ketoazidose, sollten Sie zunächst Ihren Glukosespiegel überprüfen. Bei einem Glukosewert über 240 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) muss zusätzlich der Urin auf das Vorhandensein von Ketonkörper (Aceton) getestet werden. Findet sich kein Aceton im Urin, ist der Glukosewert wie üblich zu korrigieren und etwa eine Stunde nach der letzten Insulingabe erneut zu überprüfen. Sollte jedoch Aceton im Urin nachweisbar sein, sollten Sie sich einen vorab mit Ihrem Arzt für solche Notfälle festgelegten Prozentsatz (meist 15 - 20 Prozent) der gesamten Tagesinsulin- dosis (normales oder schnellwirksames Insulin) spritzen. HINWEIS: Die genaue Dosis des Insulins für Sie in einem solchen Fall und auch welches Insulin dann für Sie das richtige ist, muss vorab mit dem Arzt bei der Erstellung eines persönlichen Notfallplans besprochen werden. Trinken Sie außerdem viel Wasser, vermeiden Sie jegliche körperliche Anstrengung und messen Sie nach einer Stunde erneut den Glukosewert. Wie Sie weiter vorgehen sollten, ist dann abhängig von der Veränderung des Glukosespiegels. 1. Sinkt der Glukosewert, können Sie abwarten und sollten nach zwei Stunden erneut messen. Sinkt der Glukosewert weiter, sollten Sie ab einem Wert von 180 mg/dl kein Insulin mehr spritzen, denn sonst kann es zu einer Hypoglykämie kommen. Trinken Sie weiterhin viel Wasser und essen Sie zwei KE (Kohlenhydrateinheiten). 2. Steigt der Glukosewert jedoch weiter an, sollten Sie erneut den festgelegten Prozentsatz Ihres Insulins spritzen. Holen Sie sich Hilfe, denn Sie dürfen auf keinen Fall einschlafen. Messen Sie nach zwei Stunden wieder den Glukosewert. Sinkt er, können Sie wieder abwarten und gehen weiter vor, wie in 1 beschrieben. Steigt der Glukosewert jedoch weiter an, muss der Notarzt gerufen werden. Trinken Sie weiterhin viel Wasser und vermeiden Sie jegliche körperliche Belastung. Spritzen Sie erneut einen vorab mit Ihrem Arzt vereinbarten Prozentsatz Ihres Insulins.
. 13 HINWEIS: Zu beachten ist, dass die Normalisierung des Stoffwechsels langsam erfolgen muss, da ein zu schneller Glukoseabfall ein sogenanntes „Dysäquilibrium- Syndrom“ auslösen kann. Symptome können Müdigkeit, Bewusstseinsstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und auch Herzrasen sein. Auch das Verhalten im Notfall muss geübt werden und ist daher Bestandteil der Diabetikerschulung. Hierbei sollten Sie auch die Menschen in Ihrer Umgebung mit einbeziehen, damit sie Ihnen im Ernstfall helfen können. Hinterlegen Sie für einen eventuellen Notfall sichtbar und gut erreichbar wichtige Telefonnummern sowie Namen von Ansprechpartnern und wie diese erreichbar sind. AKTIONSPLAN BEI HYPERGLYKÄMIE FÜR TYP-1-DIABETIKER In jedem Aktionsplan sind wesentliche Krankheitszeichen und Informationen für richtiges Handeln im Notfall bei einer Hyperglykämie für Sie und Ihre Begleitpersonen zusammengefasst. Besprechen Sie diese Pläne mit Ihrem behandelnden Arzt, denn nur er kann individuelle Besonderheiten und wichtige Details bei der Erstellung persönlicher Pläne für Sie berücksichtigen. Gemeinsam mit Ihrem Arzt können Sie die Pläne dann für sich unter Beachtung Ihrer ganz persönlichen Situation anpassen. Den Aktionsplan finden Sie auf der nächsten Seite.
14 . AKTIONSPLAN BEI HYPERGLYKÄMIE FÜR TYP-1-DIABETIKER Krankheitszeichen Hauptsymptome: Durst, trockene Mundhöhle Häufiges Wasserlassen (Polyurie) Übelkeit und Appetitlosigkeit Erbrechen und Bauchschmerzen mit zunehmender Schwere der Hyperglykämie tiefe, schwere Atmung nach Azeton riechende Atemluft (ähnlich Äpfeln oder Nagellackentferner) Was müssen Sie als Betroffener tun? Sofort den Glukosewert überprüfen Glukosewert über 240 mg/dl Glukosewert unter 240 mg/dl Urin auf Keton testen Aceton (Keton) vorhanden kein Aceton (Keton) im Urin Ruhe bewahren! Glukosekorrektur wie üblich viel Wasser trinken, körperliche Anstrengung vermeiden festgelegten Prozentsatz (meist 15-20 Prozent) der Tagesdosis Ihres Insulins (normales oder schnell- wirksames) spritzen – genaue Dosierung und Art des Insulins vorab bei Erstellung des persönlichen Aktionsplanes mit dem Arzt besprechen) nach 1 Stunde erneut den Glukosewert messen wenn der Glukosewert weiter ansteigt, dann erneut wenn der Glukosewert fallend ist, abwarten den festgelegten Prozentsatz Insulin spritzen und Hilfe und (Begleiter) holen, denn Sie dürfen nicht einschlafen nach 2 Stunden erneut den Glukosewert messen wenn der Glukosewert weiter ansteigt wenn der Glukosewert fallend ist, abwarten Notarzt rufen! wenn der Glukosewert unter 180 mg/dl ist, kein (zusätzlich viel trinken, körperliche Anstrengung Insulin mehr spritzen, weiter viel Wasser trinken, vermeiden) und erneut den festgelegten Prozentsatz 2 KE (Kohlenhydrateinheiten) essen, da die Glukose Insulin spritzen weiter absinken kann (Hypoglykämiegefahr) Wichtige Telefonnummern Notarzt: Hausarzt: Behandelnder Arzt: Weitere:
. 15 AKTIONSPLAN BEI HYPERGLYKÄMIE FÜR BEGLEITPERSONEN Krankheitszeichen Schwere Krankheitszeichen Hauptsymptome: Durst, trockene Mundhöhle Bewusstseinsstörungen Häufiges Wasserlassen (Polyurie) Schläfrigkeit Übelkeit und Appetitlosigkeit Teilnahmelosigkeit bis hin zum Koma Erbrechen und Bauchschmerzen mit zunehmender Schwere der Hyperglykämie tiefe, schwere Atmung nach Azeton riechende Atemluft (ähnlich Äpfeln oder Nagellackentferner) Was müssen Sie als Betroffener tun? Ruhe bewahren! dem Betroffenen helfend zur Seite stehen sofort den Notarzt benachrichtigen und ihn wach halten, und versuchen, den Betroffenen wach zu halten die Blutzuckermessung (Glukosemessung) anregen und überwachen bei Glukosewerten über 240 mg/dl zur Ketonmessung im Urin auffordern (kein Aceton im Urin – übliche Glukosekorrektur anregen Betroffenen festgelegten Prozentsatz (meist 15-20 Prozent) der Tagesdosis des Insulins (normales oder schnell- wirksames) spritzen (lassen) – genaue Dosierung und Art des Insulins mit dem Betroffenen klären nach 1 Stunde erneut den Glukosewert messen (lassen) wenn der Glukosewert ansteigt wenn der Glukosewert fallend ist Bei Teilnahmelosigkeit bis hin zum Koma Abwarten den Notarzt rufen! und den Betroffenen zusätzlich viel trinken lassen, körperliche Anstrengung vermeiden und erneut den festgelegten Prozentsatz Insulin spritzen (lassen), der Betroffene darf nicht einschlafen nach 2 Stunden erneut den Glukosewert messen wenn der Glukosewert weiter ansteigt wenn der Glukosewert fallend ist Abwarten den Notarzt rufen! und den Betroffenen zusätzlich viel trinken lassen, wenn der Glukosewert unter 180 mg/dl ist, kein Insulin körperliche Anstrengung vermeiden und erneut mehr spritzen (lassen), weiter viel Wasser trinken den festgelegten Prozentsatz Insulin spritzen (lassen), lassen, 2 KE (Kohlenhydrateinheiten) essen, damit die der Betroffene darf nicht einschlafen Glukose weiter absinken kann (Hypoglykämiegefahr) Wichtige Telefonnummern Notarzt: Hausarzt: Behandelnder Arzt: Weitere:
16 . VORBEUGUNG Die beste Vorsorgemaßnahme, um eine diabetische Ketoazidose oder gar ein dia betisches Koma frühzeitig zu vermeiden, ist die vorschriftsmäßige Glukoseselbst kontrolle und ein korrekt eingestellter Glukosewert. Messen Sie Ihren Glukosewert daher regelmäßig, insbesondere bei Unwohlsein oder anderen akuten Krankheiten. Bei fiebrigen Krankheiten kann sich der Insulinbedarf sogar erhöhen, auch wenn Sie unter Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit leiden oder weniger essen. Fragen Sie dann Ihren Arzt um Rat. UNTERZUCKERUNG – DIE HYPOGLYKÄMISCHE STOFFWECHSELENTGLEISUNG Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) liegt vor, wenn Ihr Glukosewert unter 50 mg/dl sinkt. Hypoglykämien sind prinzipiell gefährlich und können auch einen sehr schweren Verlauf nehmen. Die Krankheitszeichen einer Hypoglykämie sollten daher immer ernst genommen werden. Jeder Diabetiker und die ihm Nahestehenden sollten die Symp tome einer Hypoglykämie erkennen können und wissen, was im Notfall zu tun ist. In speziellen Schulungen wird die Wahrnehmung von Hypoglykämien geübt, denn ihre Warnzeichen können individuell sehr unterschiedlich sein. URSACHEN UND ENTSTEHUNG EINER HYPOGLYKÄMIE Eine Hypoglykämie kann verschiedene Ursachen haben. Die wichtigsten sind: • Weglassen von Mahlzeiten • Fehldosierung von Insulin • falsche Spritztechnik • körperliche Aktivität ohne angepasste Insulindosierung • erhöhte Insulinempfindlichkeit (bei Organschäden) • Alkoholkonsum • Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung KRANKHEITSZEICHEN UND RICHTIGES HANDELN BEI EINER HYPOGLYKÄMIE Ist der Glukosespiegel zu niedrig, setzt der Körper normalerweise glukoseerhöhende Hormone wie Glukagon und Adrenalin frei. Sinkt der Glukosespiegel aber zu stark oder zu schnell ab, kommt die Hormonproduktion an ihre Grenzen und der Körper kann nicht mehr für einen angemessenen Ausgleich sorgen. Da die glukoseerhöhen- den Hormone zu den klassischen Stresshormonen zählen, bilden entsprechende Reaktionen wie beispielsweise Herzklopfen oder Zittern auch die ersten Anzeichen einer Hypoglykämie. Wenn bei einer schweren Hypoglykämie die Hirn- und Nerven zellen nicht mehr ausreichend mit Glukose versorgt werden, kommen andere Symptome wie Bewusstseinsstörungen hinzu. Im Einzelnen kann sich eine leichte Hypoglykämie durch die folgenden Anzeichen bemerkbar machen: • Schweißausbruch • Herzklopfen • Angst, Zittern • Konzentrationsschwäche (Gedankenflucht) • Sprachstörungen (gestörte Wortfindung) • Heißhunger
. 17 • Gereiztheit bis hin zu Aggressivität • Sehstörungen (z.B. Doppelbilder) • Kopfschmerzen Wenn Sie diese Anzeichen bei sich feststellen, sollten Sie sofort zwei Kohlenhydrat- einheiten (KE) in Form von Traubenzucker oder zuckerhaltiger Limonade (Cola) zu sich nehmen. Sie lassen den Glukosewert schnell wieder ansteigen. Zu beachten ist aber, dass bei einer Hypoglykämie die Zeitspanne zwischen dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen und dem Eintreten einer Bewusstlosigkeit extrem kurz sein kann. Dennoch gilt es Ruhe zu bewahren, erst etwas zu essen und dann den Glukosewert zu messen. Steigt der Glukosewert zehn Minuten später nicht an, sollten Sie noch einmal 2 KE zu sich nehmen. In schweren Fällen können Symptome auftreten, bei denen nahe stehende Personen eingreifen müssen. In jedem Fall ist dann auch der Notarzt zu verständigen! Dies ist insbesondere erforderlich beim Auftreten von: • Bewusstseins- und Handlungseinschränkungen • Krampfanfälle • Bewusstlosigkeit Auch hier ist es notwendig, den Betroffenen schnellstmöglich mit glukoserwirksamen Kohlenhydraten zu versorgen. Ist der Betroffene noch bei Bewusstsein, kann beispiels- weise Traubenzucker gegeben werden. Auf keinen Fall darf jedoch versucht werden, einem bewusstlosen Diabetiker eine zuckerhaltige Flüssigkeit einzuflößen, weil dabei Erstickungsgefahr besteht. Hilfsweise kann der Begleiter auch seinen Finger anfeuch- ten, mit Glukose benetzen und den Betroffenen daran (reflexartig) lutschen lassen. Bei Bewusstlosigkeit ist eine Gabe von Glukose in die Vene (intravenös) durch den Arzt erforderlich. Wenn eine medizinische Versorgung nicht sofort möglich ist, sollten Angehörige ein Milligramm (1 mg) Glukagon in den Muskel oder das Unterhautfettgewebe spritzen, sofern dieses vorrätig ist. Hierfür gibt es spezielle Glukagon-Fertigspritzen. Sie müs- sen im Kühlschrank gelagert werden und sind etwa sechs Monate haltbar. Hinterlegen Sie auch für diesen eventuellen Notfall sichtbar und gut erreichbar wichtige Telefon- nummern sowie Namen von Ansprechpartnern und wie diese erreichbar sind. AKTIONSPLAN BEI HYPOGLYKÄMIE FÜR TYP-1-DIABETIKER IIn jedem Aktionsplan sind für einen hypoglykämischen Notfall wesentliche Krankheits- zeichen und Informationen für richtiges Handeln für Sie und Ihre Begleitpersonen zu- sammengefasst. Besprechen Sie auch diese Pläne mit Ihrem behandelnden Arzt, damit individuelle Besonderheiten und wichtige Details bei der Erstellung persönlicher Pläne für Sie berücksichtigt werden können. Den Aktionsplan finden Sie auf der nächsten Seite.
18 . AKTIONSPLAN BEI HYPOGLYKÄMIE FÜR TYP-1-DIABETIKER Krankheitszeichen (individuell unterschiedliche Wahrnehmung) Stress-Symptome Schweißausbruch Herzklopfen Angst, Zittern Konzentrationsschwäche (Gedankenflucht) Sprachstörungen (gestörte Wortfindung) Heißhunger Gereiztheit bis zur Aggressivität Sehstörungen Kopfschmerzen Was müssen Sie als Betroffener tun? Ruhe bewahren! Sofort 2 KE Kohlenhydrate in Form von Traubenzucker oder zuckerhaltiger Limonade (Cola) einnehmen Erst danach den Glukosewert messen: Hypoglykämie liegt vor bei einem Glukosewert unter 50 mg/dl Wenn der Glukosewert nach 10 Minuten nicht gestiegen ist, dann erneut 2 KE Kohlenhydrate zu sich nehmen Bei Verschlechterung der Symptome Hilfe benachrichtigen Notarzt verständigen Wichtige Telefonnummern Notarzt: Hausarzt: Behandelnder Arzt: Weitere:
. 19 AKTIONSPLAN BEI HYPOGLYKÄMIE FÜR BEGLEITPERSONEN Krankheitszeichen Schwere Krankheitszeichen (individuell unterschiedliche Wahrnehmung) Stress-Symptome Bewusstseins- und Handlungseinschränkungen Schweißausbruch Krampfanfälle Herzklopfen Bewusstlosigkeit Angst, Zittern Konzentrationsschwäche (Gedankenflucht) Sprachstörungen (gestörte Wortfindung) Heißhunger Verhaltensänderungen (z.B. Gereiztheit bis zur Aggressivität) Sehstörungen Kopfschmerzen Was müssen Sie als Begleiter tun? Ruhe bewahren! Dem Betroffenen sofort 2 KE Kohlenhydrate Versuchen, den Betroffenen wach zu halten Sofort den in Form von Traubenzucker oder zuckerhaltiger Notarzt benachrichtigen Limonade (Cola) geben Wenn möglich, Betroffenen noch trinken lassen Erst danach Blutzucker (Glukose) messen lassen: und 2 KE schnelle Kohlenhydrate zuführen Hypoglykämie liegt vor bei einem Glukosewert unter Vorsicht: Bei Bewusstlosigkeit keine zuckerhaltigen 50 mg/dl Flüssigkeiten zuführen (Erstickungsgefahr!) Wenn der Glukosewert nach 10 Minuten nicht Hilfsweise kann dann Traubenzucker an den nassen gestiegen ist, erneut 2 KE Kohlenhydrate dem Finger genommen werden – den Betroffenen daran Betroffenen geben lutschen lassen (das Lutschen geschieht reflexartig) Wenn Glukagon im Kühlschrank bereit liegt, dann Bei Verschlechterung der Symptome: möglichst sofort 1 mg Glukagon in den Muskel oder Notarzt verständigen das Unterhautfettgewebe spritzen. Wichtige Telefonnummern Notarzt: Hausarzt: Behandelnder Arzt: Weitere: VORBEUGUNG Eine wirksame Methode zur Vermeidung von Hypoglykämien besteht darin, möglichst viel über den Diabetes mellitus zu lernen und sich intensiv mit der Erkrankung ausein- ander zu setzen. Hierfür sollten Sie die angebotenen Schulungen nutzen, in denen Sie und Ihre Angehörigen lernen, Komplikationen zu vermeiden, zu erkennen und ihnen entgegen zu wirken. Hypoglykämien lassen sich zudem vermeiden oder selbst be- handeln, wenn Sie für den Notfall immer Traubenzucker griffbereit haben, regelmäßig Ihren Glukosewert messen, Ihre Insulindosis dem Bedarf anpassen und Alkohol höchs- tens in Maßen trinken. Wenn Sie Probleme haben, Anzeichen einer Hypoglykämie wahrzunehmen, empfiehlt sich ein spezielles Hypoglykämie-Wahrnehmungstraining.
Wir sind für Sie da Hotline 0800 0 213 213 (kostenfrei) Fax 040 656 96 - 5410 Service-App hek.de/service-app E-Mail besser-leben@hek.de Sofortservice Taggleiche Bearbeitung Postanschrift HEK - Hanseatische Krankenkasse 22039 Hamburg Facebook hek.de/facebook Instagram hek.de/instagram Stand: 09-2021
Sie können auch lesen