DAS JAHRZEHNT DER GESUNDHEIT

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DAS JAHRZEHNT DER GESUNDHEIT
ANALYSEN

/// Plädoyer für einen gesunden Wettbewerb neuer Ideen

DAS JAHRZEHNT DER GESUNDHEIT
KLAUS HOLETSCHEK /// Gesundheit ist ein hohes Gut. Für nicht wenige Menschen
sogar das Höchste. Staat und Gesellschaft lassen sich die Wiederherstellung der
Gesundheit der Bürger viel kosten, laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2018
387 Milliarden Euro. Das ist mehr als eine Milliarde Euro pro Tag und entspricht
einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von mehr als 12 %. Trotzdem liegt
in unserem Gesundheitssystem vieles im Argen und wir sollten den Mut haben,
Gesundheit völlig neu zu denken.

          Derzeit beschäftigt das deutsche Gesund-    werbstätige, die in der deutschen Ge-
          heitswesen rund 5,6 Millionen Men-          sundheits- und Pflegewirtschaft arbei-
          schen. Anders formuliert: Jeder achte Er-   ten, davon allein 1,2 Millionen in Bay-
          werbstätige in Deutschland arbeitet heute   ern. Laut einer vom Bayerischen Staats-
          im Gesundheitswesen. Zum Vergleich:         ministerium für Gesundheit und Pflege
          Deutschlands wichtigster Industriezweig,    beim Wirtschaftsinstitut WifOR in Auf-
          die Automobilindustrie, beschäftigte ver-   trag gegebenen Studie steigt die Zahl der
          gangenes Jahr 833.000 Menschen. Ihr         Beschäftigten in der Gesundheits- und
          Anteil am BIP betrug rund 4,7 %.            Pflegewirtschaft im Freistaat mit durch-
              Schlägt man dem Gesundheitswesen        schnittlich 2,5 % pro Jahr fast doppelt so
          auch die Kur- und Heilbäder und den         stark wie in der bayerischen Gesamt-
          Gesundheits- und Wellnesstourismus          wirtschaft (1,3 % pro Jahr). Die Gesund-
          hinzu, sind es sogar 7,6 Millionen Er-      heits- und Pflegewirtschaft ist also auch
                                                      Jobmotor und das nicht nur in Bayern.
                                                          Kritiker wenden bisweilen ein, die
                                                      hohen Ausgaben für das Gesundheitswe-
                                                      sen belasteten Arbeitgeber und Arbeit-
       Jeder achte Erwerbstätige in                   nehmer stark. Richtig daran ist, dass ein
       Deutschland arbeitet im GESUND-                Großteil der Ausgaben im deutschen Ge-
       HEITSWESEN.                                    sundheitswesen mit den Beiträgen der
                                                      73 Millionen gesetzlich und den knapp
                                                      9 Millionen privat Versicherten bestritten
                                                      werden. Richtig ist aber auch: Der Leis-
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Quelle: iStock.com/gorodenkoff
Aus jeder Krise kann man etwas lernen und die Pandemie hat uns gezeigt, was im Gesundheits­
wesen alles im Argen liegt und verbesserungswürdig ist.

tungsanspruch, den die Versicherten da-           von Gesundheit trägt wesentlich dazu
durch erwerben, macht Spitzenmedizin              bei, Erwerbsfähigkeit und Produktivität
in der Akutversorgung und der Rehabili-           weiter Teile der Gesellschaft zu erhal-
tation in vielen Fällen nicht nur erst mög-       ten. Dies ermöglicht es vielen Men-
lich, sondern auch für alle bezahlbar.            schen, deutlich länger für ihren Unter-
Daher findet sich, soweit mir bekannt ist,        halt zu sorgen, als dies ansonsten der
unter den Kritikern auch niemand, der             Fall wäre. Was ein Gewinn für den Ein-
bereits einmal ernsthaft erkrankt war             zelnen darstellt, kommt also mittelbar
und selbst eine kostspielige OP und /             auch allen anderen zugute.
oder Reha-Maßnahme in Anspruch neh-                   Das soll nicht heißen, dass in unse-
men musste. Anders als teils in den USA           rem Gesundheitssystem nichts verbesse-
muss in Deutschland niemand sein Haus             rungsfähig wäre. Richtig ist vielmehr das
verkaufen, um eine Operation oder The-            Gegenteil. Auch wenn die SARS-CoV-
rapie bezahlen zu können.                         2-Pandemie Deutschland bislang weni-
                                                  ger hart getroffen hat, als viele andere
    Das Gesundheitssystem                         Staaten, mussten wir feststellen, wie an-
    Deutschlands und die SARS-                    fällig unser Gesundheitssystem ist.
    CoV-2-Pandemie                                    Zur Erinnerung: Dass sich die Minis-
Von einem Gesundheitssystem, in dem               terpräsidenten von 16 deutschen Bun-
Spitzenmedizin für jeden bezahlbar                desländern in einer bisher beispiellosen
bleibt, profitieren aber nicht nur die Pa-        konzertierten Aktion und unabhängig
tienten, sondern auch alle Übrigen.               der jeweiligen politischen Couleur über-
Denn die bezahlbare Wiederherstellung             einstimmend gezwungen sahen, ein gan-
                                                                        493/2020 // POLITISCHE STUDIEN   57
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          zes Land wochenlang in den Lockdown
          zu schicken, ist letztlich der Befürchtung
          geschuldet gewesen, dass das deutsche             Die Sorge vor einem ZUSAMMEN-
          Gesundheitssystem unter einem sich ex-            BRUCH des deutschen Gesundheits-
          ponentiell verbreitenden Virus zusam-             systems führte zum Lockdown.
          menbrechen würde. Eine Befürchtung,
          die angesichts der Vorgänge in Italien
          und Frankreich nicht nur hinreichend
          begründet war, sondern, die sich an-
          hand von nur vier Zahlen und zwei ein-
          fachen Rechnungen auch für Deutsch-             Italien und Frankreich, keine dramati-
          land leicht nachvollziehen lässt.               schen Triage-Szenarien erleben muss-
              Alle damals und auch mittlerweile           ten, bei denen Ärzte entscheiden müs-
          verfügbaren Daten zeigen, dass rund             sen, welche Patienten sie intensivmedi-
          10 % der Menschen, die mit dem Virus            zinisch behandeln und welche sie allen-
          SARS-CoV-2 infiziert wurden, so schwer          falls noch palliativ versorgen können.
          erkrankten, dass sie stationär behandelt            Einige wollen, da die akute Bedro-
          werden mussten. Bei rund 5 % nahmen             hung vorerst gebannt scheint, nun so
          die COVID-19-Erkrankungen einen der-            schnell wie möglich zu dem zurück, was
          art kritischen Verlauf, dass die Betroffe-      vorher als „normal“ galt. Ich habe dafür
          nen auf eine Intensivstation verlegt wur-       zwar viel Verständnis, halte dies aber
          den. Unter der Annahme, dass sich die           trotzdem für falsch. Mit Bundestagsprä-
          Verbreitung eines Virus, für das kein           sident Wolfgang Schäuble bin ich der
          Impfstoff existiert, von allein erst verlang-   Meinung, „wir können doch nicht ein-
          samt, wenn bereits 60 bis 70 % der Bevöl-       fach nur sagen: Wir müssen alles wieder
          kerung eines Landes infiziert wurden –          so machen, wie es vor Corona war“, wie
          Stichwort Herdenimmunität – mussten             er in der Frankfurter allgemeinen Zei-
          die Ministerpräsidenten der Länder da-          tung vom 31. Mai 2020 appellierte.
          von ausgehen, dass sich in Deutschland              Jede Krise bietet auch die Chance,
          in kürzester Zeit 54 Millionen Menschen         aus den gemachten Erfahrungen zu ler-
          mit dem Virus infizieren würden, sollten        nen, Fehler zu korrigieren, Gutes besser
          sie keine einschneidenden Maßnahmen             zu machen und ins Wanken geratene
          ergreifen. 10 % von 54 Millionen sind           Strukturen durch krisenfestere zu erset-
          5,4 Millionen. Von diesen zu Hospitalisie-      zen. Ich kenne niemanden, der behaup-
          renden hätten dann wiederum 2,7 Millio-         tet, in Deutschland sei das weder mög-
          nen ein Intensivbett benötigt.                  lich noch nötig. Warum also nutzen wir
              Eine schnelle und eine wie zuvor            die Krise nicht, um unser Gesundheits-
          prognostizierte massive Ausbreitung             system noch besser aufzustellen?
          hätte auch das beste Gesundheitssystem
          der Welt nicht stemmen können. Inso-                Wichtige Fragestellungen zum
          fern ist es tatsächlich der konzertierten           Thema Gesundheit
          Aktion der Ministerpräsidenten sowie            Tatsächlich liegt in unserem Gesund-
          der Verantwortungsbereitschaft und              heitssystem vieles im Argen. Und es gibt
          Disziplin der Bürger zu verdanken, dass         manches, das weder so bleiben kann
          wir in Deutschland, anders als etwa in          noch sollte. Wann, wenn nicht jetzt, ist
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die Zeit, sich diesbezüglich ehrlich zu    umgekehrt zu machen, welchen Stellen-
  machen? Und wenn wir das tun, müssen       wert hätte dann Prävention?
  wir uns dann nicht eingestehen, dass in        Als Vorsitzender des Landesgesund-
  unserem Gesundheitssystem einiges          heitsrates in Bayern, der den Bayeri-
  längst unverantwortlich auf Kante ge-      schen Landtag und die Bayerische
  näht ist? Was sagt es zum Beispiel über    Staatsregierung in sämtlichen Fragen
  die Wertschätzung aus, die wir den im      des Gesundheitswesens berät und als
  Gesundheitssystem Tätigen entgegen-        ehemaliger Bürgerbeauftragter weiß ich,
  bringen, wenn wir nicht einmal in der      dass das Thema Prävention für viele
  Lage sind, die von ihnen benötigte         Bürger einen hohen Stellenwert besitzt.
  Schutzkleidung im erforderlichen Um-       Immer mehr Menschen – nicht nur in
  fang vorzuhalten? Oder hat das eine mit    Bayern – wenden viel Zeit und Engage-
  dem anderen gar nichts zu tun? Und:        ment auf, um möglichst gesund zu leben
  Wird unser oft gerühmtes Prinzip der       und sich fit zu halten. Für viele Bürger
  Selbstverwaltung nicht vielleicht doch     sind gesunde Ernährung, Gesundheits-
  überschätzt? Ist es, wenn wir ehrlich      sport und ausreichend Schlaf keine blo-
  sind, nicht letztlich auf eine Schönwet-   ßen Hobbys oder Luxus mehr, sondern
  ter-Medizin ausgelegt?                     ein Lebensstil. Einer, der viel Disziplin
      Ich meine, wir sollten den Mut ha-     und manchen Verzicht erfordert und
  ben, Gesundheit völlig neu zu denken.      obendrein die Solidargemeinschaft ent-
  Ohne Vorgaben und Schere im Kopf.          lastet. Nur belohnt wird er in unserem
  Auch Bund und Länder sind hier ge-         Gesundheitssystem bislang nicht. Muss
  fragt. Denn es leuchtet nicht ein, dass    das sein? Wenn ja, wer, hat das festge-
  der Staat, wenn er in der Krise Steue-     legt, wer hat darüber abgestimmt? Und:
  rung und Verantwortung übernehmen          Geht es nicht auch anders? Werden wir
  muss und kann, in Nicht-Krisenzeiten       gleich gegängelt, wenn unser Gesund-
  auf seine Organisationshoheit und Steu-    heitssystem Prävention künftig groß
  erungsfunktion in der gesundheitlichen     statt weiter klein schriebe? Gibt es nicht
  Daseinsvorsorge verzichten soll.           vielleicht doch einen gesunden Mittel-
      Warum zum Beispiel denken wir          weg, den wir beschreiten könnten?
  Gesundheit eigentlich nicht auch einmal        Warum halten wir an diagnosebezo-
  von den Leistungsempfängern her, statt     genen Fallpauschalen, den sogenannten
  immer nur von den Leistungserbrin-         DRGs (Diagnosis Related Groups) fest,
  gern? Und warum fördern wir eigentlich     obwohl wir aus vielen Studien wissen,
  letztlich Krankheit statt Gesundheit?      dass diese das Personal in Medizin und
  Wenn wir uns entscheiden, es künftig       Pflege in Teilen an den Rand der Ver-
                                             zweiflung treiben und Patienten mitun-
                                             ter schaden? Ist das Absicht oder nur
                                             Nebenwirkung? Versündigen wir uns
                                             letztlich nicht an Bürgern, wenn wir zu-
Gesundheit sollte völlig NEU                 lassen, dass unser Gesundheitssystem
gedacht werden.                              die Zuwendung zum Patienten ökono-
                                             misch bestraft? Kann es richtig sein, die
                                             Interventionszeit von medizinischem
                                             und Pflegepersonal zu honorieren, nicht
                                                                 493/2020 // POLITISCHE STUDIEN   59
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          aber das Zuhören und Aufnehmen der             dreistelliges Milliarden-Hilfspaket ge-
          Patientenwünsche, das sorgfältige Bera-        schnürt wurde, nicht schon vorher un-
          ten und Überdenken von Optionen, das           terfinanziert war? Und falls die Antwort
          jeder Therapieentscheidung notwendig           „Ja“ lautet, wäre es dann nicht ökono-
          vorausgeht? Ist Pflege im Minutentakt          misch sinnvoller, dieses jetzt besser aus-
          eigentlich noch menschenwürdig? Kann           zurüsten, um in der Krise besser dazu-
          es richtig sein, dass die Angehörigen von      stehen?
          Pflegeberufen mehr Zeit für die Doku-              Ist es fair, systemrelevanten Berufs-
          mentation ihrer Tätigkeiten aufwenden          gruppen wie dem Pflegepersonal, Physio-
          müssen als mit diesen selbst? Sind wir         therapeuten und Geburtshelfern erst in
          mit „satt und sauber“ wirklich schon am        der Krise Hochachtung und Respekt zu
          Ende der Fahnenstange dessen ange-             zollen? Haben sie das nicht generell ver-
          kommen, was Pflege leisten kann und            dient? Müssen wir uns nicht mit aller
          soll? Dürfen alte und kranke Menschen          Kraft und Einfallsreichtum um die Stei-
          hier wirklich nicht mehr Fantasie von          gerung der Attraktivität von Gesund-
          uns erwarten? Ich bin der festen Über-         heitsberufen sorgen? Wir sollten insge-
          zeugung, dass wir auf all diesen Feldern       samt mehr ausprobieren, uns mehr trau-
          mehr Ganzheitlichkeit und weniger Ge-          en. Das System Buurtzorg in Holland
          schwindigkeit brauchen.                        etwa ist aus meiner Sicht ein Modell mit
              Benötigen wir nicht längst auch bauli-     guten Ansätzen: Bei dieser Pflegeorgani-
          che Veränderungen in unseren Pflege-,          sation gibt es keinen Pflegeschlüssel, kein
          Alten- und Seniorenheimen? Ist es wirk-        Zeitfaktor sorgt für Stress und Hektik.
          lich vertretbar bzw. angemessen, vulnera-      Ein weiterer Ansatz wäre etwa, dass wir
          ble Personengruppen in Gänze monate-           die Mobilisierung bzw. Vorhaltung von
          lang von ihren Angehörigen zu trennen,         Reservekapazitäten für zusätzliches Pfle-
          weil es keine Quarantänezonen gibt, in         gepersonal dauerhaft im Nicht-Pande-
          denen Infizierte zum Schutz der anderen        miefall für den Pandemiefall organisieren
          isoliert werden können? Ist es nicht ein ko-   und damit eine Art „Pflegereserve“ für
          lossaler Kultur- und Zivilisationsbruch,       den Ernstfall schaffen. Notwendig wäre
          wenn wir zulassen, dass Menschen ein-          auch ein individuelles Pflegebudget, frei
          sam und verlassen sterben, weil wir Angst      von unserem bisherigen starren System,
          haben müssen, die Bewohner eines gan-          das sich aus meiner Sicht überholt hat.
          zen Heims zu infizieren? Sollten wir hier          Und schließlich: Gibt es neben sys-
          nicht heilsam über uns erschrecken?            temrelevanten Berufen nicht auch sys-
              Kann es sein, dass ein Gesundheits-        temrelevante Güter wie Schutzkleidung,
          system, für dessen Rettung aktuell ein         Desinfektionsmittel, Antibiotika etc., die
                                                         wir zukünftig im eigenen Land herstellen
                                                         sollten, statt sie im Fall eines Falles so
                                                         mühsam wie überteuert auf leergefegten
                                                         Weltmärkten zusammenzusuchen?
       Wir dürfen nicht zulassen, dass Men-
       schen EINSAM und verlassen sterben.                  Gesundheitssystem der Zukunft
                                                         Halten wir also einfach mal inne. Neh-
                                                         men wir uns die Zeit und die Freiheit,
                                                         Gesundheit völlig neu und anders zu
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denken. Trauen wir uns, in unserem Ge-
sundheitssystem alles auf den Prüfstand
zu stellen. Erlauben wir uns, unser Ge-      Die BESTMÖGLICHSTE medizinische
sundheitssystem selbst aus- und, wo nö-      Behandlung und Pflege aller sollte
tig, auch umzugestalten, statt es von        sichergestellt werden.
Körperschaften öffentlichen Rechts
bloß verwalten zu lassen.
    Damit wir uns nicht falsch verste-
hen: Ich will kein staatliches Gesund-
heitssystem wie in Großbritannien oder
Italien, in denen Behörden die medizini-   dem, was er hat, würde die Welt niemals
sche Versorgung regeln. Ich will, dass     besser.“ Erlauben wir uns, wie Nightin-
wir überlegen, wie wir sicherstellen,      gale, kreativ unzufrieden zu sein. Krea-
dass die Menschen das Beste von dem        tive Unzufriedenheit hat nichts gemein
bekommen, was Medizin und Pflege           mit bloßer Nörgelei, sondern ist ein star-
leisten können. Ich will einen Runden      ker Motor für Innovation. Noch ist Zeit,
Tisch mit den relevanten Akteuren, an      aus unseren Fehlern zu lernen und un-
dem die hier gestellten Fragen und viele   ser Gesundheitssystem besser und kri-
anderen so leidenschaftlich wie fanta-     sentauglicher zu machen. Auf die lange
sievoll diskutiert werden. An dem darü-    Bank sollten wir das nicht schieben.
ber nachgedacht wird, ob Gesundheit        Denn das nächste Virus kommt be-
keine Querschnittsaufgabe und die Ge-      stimmt. Starten wir daher, am besten
sundheitswirtschaft nicht die neue Leit-   noch heute, einen gesunden Wettbe-
ökonomie sein sollten und welche Bei-      werb der Ideen. Rufen wir die vor uns
träge hierbei Prävention, aber auch etwa   liegende Dekade zu einem Jahrzehnt der
Digitalisierung und Künstliche Intelli-    Gesundheit aus. Die SARS-CoV-2-Pan-
genz leisten können. An dem wir uns        demie hat gezeigt: Es gibt viel zu tun.
darüber verständigen, was uns Gesund-      Packen wir es an! ///
heit wert sein sollte und welche Formen
des Wettbewerbs wir fördern und wel-
che wir stoppen sollten. Ich bin über-
zeugt, wir sparen an den falschen Stel-
len, wenn wir Pflegekräfte, Physiothera-
peuten und Geburtshelfer unzureichend
entlohnen und zulassen, dass die Pro-
duktion systemrelevanter Güter wie
Arzneimittel und Schutzkleidung in
Länder wie China oder Indien ausgela-      /// K
                                                LAUS HOLETSCHEK MDL
gert wird.                                 ist Vorsitzender des Landesgesundheitsrats
    Die Krankenschwester Florence          (LGR) in Bayern und Staatssekretär im Baye­
Nightingale (1820-1910), Begründerin       rischen Staatsministerium für Gesundheit
der modernen westlichen Krankenpfle-       und Pflege, München.
ge und Reformerin des britischen Ge-
sundheitswesens, wusste bereits: „Gäbe
es niemanden, der unzufrieden wäre mit
                                                               493/2020 // POLITISCHE STUDIEN   61
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