DAS NEUARTIGE CORONAVIRUS SARS COV 2 - STAND DER DIAGNOSTIK MIT FALLBEISPIELEN - LAB4MORE
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Sonderheft Chronische Infektionen OM & Ernährung 2020 | SH19 Das neuartige Coronavirus SARS CoV 2 – Stand der Diagnostik mit Fallbeispielen Coronaviren – ein Überblick Wolfgang Mayer Coronaviren sind seit Mitte der 1960er Jahre bekannt, gische Mechanismen umfasst. Von zentraler Bedeu- namensgebend ist das elektronenmikoskopische Bild tung scheint dabei eine hochgradig angepasste Frei- der kugelförmigen RNA-Viren mit einem Kranz aus setzung von schützenden Interferonen zu sein, die abstehenden, keulenförmigen Membranproteinen, zwar ausreicht um die Viren effektiv zu bekämpfen, aus dem sich das lateinische Wort Corona für Kranz aber keine Gefahr einer Überreaktion mit Gewebe- oder Krone ableitet. Diese deutlich erkennbaren Struk- schäden mehr birgt. Als humanpathogen sind seit turen an der Oberfläche der Virushülle, die Peplomere, dem Auftreten des aktuellen, neuartigen Coronavirus werden als Spike Proteine bezeichnet, daneben sind SARS-CoV-2 im Januar 2019 nun insgesamt sieben in der Virushülle auch Membranproteine und im Kern Coronaviren bekannt: Nucleocapsidproteine zu finden. Coronaviren HCoV-229E, HCoV-OC43, HCoV-NL63 und HCoV-HKU1 Diese 4 humanpathogenen Coronaviren sind für bis zu 30 % der gewöhnlichen und in der Regel harmlo- sen Atemwegsinfekte mit mildem klinischem Verlauf verantwortlich, die vorwiegend in den Wintermona- ten auftreten. Sie werden deshalb auch als saisonale Coronaviren bezeichnet. SARS-CoV-1 (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 1) Im Jahr 2002 erstmals aufgetreten, kam es zu einer schnellen Verbreitung der hochansteckenden Lun- genentzündung von Asien nach Europa und Amerika, insgesamt waren bisher etwa 8.000 Personen infiziert Struktur von Coronaviren mit diagnostisch relevanten und fast 1.000 Menschen starben. Die Infektion ver- Targets [aus N Engl J Med 2003; 348:1948-1951; DOI: 10.1056/ ursacht eine sehr ernsthafte Atemwegssymptomatik NEJMp030078] mit hoher Mortalität von ca. 10 %. Sehr günstig ist die kurze Inkubationszeit, wodurch infizierte Personen Coronaviren besitzen mit ca. 30.000 Nucleotiden die schnell erkannt und isoliert werden können, dies ver- längsten Genome aller bekannten RNA-Viren, Influ- hindert maßgeblich die Ausbreitung der Erkrankung. enza-Viren bringen es dagegen mit einer Genomlänge von ca. 14.000 Nucleotiden nur auf knapp die Hälfe MERS-CoV (Middle East Respiratory an Genominformation. Coronaviren sind von Säuge- Syndrome Coronavirus) tieren über Vögel und Reptilien bis zu Amphibien und Es trat erstmals 2012 in Saudi-Arabien auf, seither Fischen im Tierreich weit verbreitet, charakteristisch kommt es im mittleren Osten immer wieder zu ein- ist deren hohe genetische Variabilität, mit ein Grund zelnen Erkrankungsfällen, bisher wurden ca. 2.500 dafür, warum gerade Coronaviren Artenbarrieren Menschen infiziert bei ca. 900 Todesfällen. Die Über- leichter überwinden können als andere Viren. Wäh- tragung erfolgt zoonotisch von Dromedaren auf den rend bei Tieren eher gastrointestinale Erkrankungen Menschen. Bemerkenswert ist die Mortalitätsrate, die ausgelöst werden, verursachen Coronaviren beim mit bis zu 35 % 3-fach so hoch wie bei SARS-CoV-1 Menschen primär Erkrankungen der Atemwege. Ins- liegt. besondere bei Fledermäusen scheint es eine weit in die Evolution zurückreichende Koexistenz mit Corona- SARS-CoV-2: (Severe Acute Respiratory viren zu geben, dies hat zu einer großen Diversität der Syndrome Coronavirus 2) Viren sowie zu einer Adaptation an die virale Präsenz Bei dem seit Jahresende 2019 bzw. Anfang 2020 bei den Tieren geführt, die insbesondere immunolo- bekannten neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und 82
Sonderheft Chronische Infektionen OM & Ernährung 2020 | SH19 der dadurch ausgelösten Erkrankung mit der Bezeich- zwischenzeitlich die Testmöglichkeiten deutlich erwei- nung COVID 19 (Corona Virus Disease 2019) kommt tert. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Tests trotz der glücklicherweise wesentlich geringeren Mor- zur Feststellung einer akuten Infektion und Tests zur talität als bei SARS-CoV-1 oder MERS eine Kombina- Überprüfung der Immunitätslage. Die Infektionsdiag- tion von ungünstigen Faktoren zum Tragen, die eine nostik zur Abklärung eines akuten Geschehens ist klar schnelle und schwer kontrollierbare Verbreitung der dem Arzt vorbehalten. Wenn die Fragestellung einer Erkrankung möglich macht. Zwar haben über 80% aktuellen Infektion sicher ausgeschlossen ist, besteht der Infizierten nur milde oder keine Symptome, etwa auch für Heilpraktiker bei Patienten ohne Symptome 15 % erkranken allerdings schwer. Im Vordergrund und ohne Kontakt mit Risikopersonen die Möglich- steht eine pulmonale Symptomatik mit Lungenent- keit einer Überprüfung der Immunitätslage bezüglich zündung, betroffen sind vor allem – wenn auch nicht Coronaviren. Zu beachten ist dabei allerdings: Weder ausschließlich – ältere Menschen und Personen mit der Nachweis von SARS-CoV-2-Antikörpern noch der Grunderkrankungen. Weltweit sind bisher etwa 45 spezifischer T-Zellen schließt eine noch mögliche Millionen Erkrankungsfälle erfasst bei über 1,1 Millio- Infektiösität sicher aus, da auch schon in frühen Pha- nen Todesfällen. In Deutschland sind ca. 490.000 Fälle sen der Infektion eine Immunantwort nachweisbar ist. registriert, die Zahl der Todesopfer in Verbindung mit Im Folgenden sollen die verfügbaren Tests und deren dem Virus liegt geschätzt bei über 10.000 seit Beginn sinnvoller Einsatz vorgestellt werden. der Pandemie (Stand Oktober 2020). Dabei haben sich bisher erst deutlich unter 1% der Bevölkerung 1. PCR-Test (Akutdiagnostik) in Deutschland infiziert, ein verschwindend geringer Der Nachweis von erregerspezifischer Nukleinsäure Teil also. Der immer wieder bemühte Vergleich der mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) ist seit Jahren reinen Infektionszahlen von SARS-CoV-2 mit starken der Goldstandard in der Diagnostik vieler Infektionser- Influenzawintern lässt oft 3 wesentliche Unterschiede krankungen. Zum SARS-CoV-2-Nachweis wird der Test unberücksichtigt: aus einem Rachen- und/oder Nasenabstrich durchge- führt. PCR-Tests sind Anwendungen für die professio- 1) SARS-CoV-2 zeigt eine deutlich effizientere nelle Labormedizin und haben grundsätzlich eine sehr Übertragung als Influenza. Es gibt im Vergleich hohe Sensitivität und Spezifität. Dennoch wird gerade zur echten Virusgrippe (Influenza A oder B) einen unter den momentanen Bedingungen einer Hoch- deutlich höheren Anteil von Erkrankungen mit durchsatzdiagnostik mit allen damit verbundenen milder Symptomatik oder asymptomatischen logistischen Herausforderungen bei der Probennahme Infektio¬nen und dadurch bedingt ein deutlich vor Ort über die Laboranalytik bis zur Ergebnisüber- höheres Verbreitungsrisiko als bei Influenza. mittlung immer wieder sowohl von falsch negativen Zentral dabei ist die lange Inkubationszeit von als auch von falsch positiven Ergebnissen berichtet. bis zu 14 Tagen versus 1 – 4 Tage bei Influenza Ein zu beachtender Punkt bei der PCR ist auch, dass bis Symptome auftreten und die Erkrankung das Vorhandensein von Nukleinsäure nicht zwingend erkannt wird. Schon vor dem Auftreten von lebendes und noch vermehrungsfähiges Virus bedeu- Krankheitszeichen (präsymptomatisch) besteht ten muss. Der PCR Test kann also noch positiv aus- das Übertragungsrisiko, dies begünstigt die Ver- fallen, obwohl nur noch sehr wenig Virus vorhanden breitung und verhindert eine effektive Eindäm- ist und kaum mehr Infektionsgefahr besteht. Untersu- mung. chungen zu diesem Thema zeigen, dass erst ab einer 2) Die Rate an schweren Verläufen und beat- gewissen Signalstärke in der PCR eine Anzucht von mungspflichtigen Patienten ist bei SARS-CoV-2 Viren möglich ist, was zur Diskussion geführt hat, ob höher als bei Influenza. mit dem sogenannten CT-Wert (Cycle Threshold: Zeit, 3) Die Sterberate ist bei SARS-CoV-2 höher als nach der erstmals eine exponentielle Vermehrung der bei Influenza. Die Mortalität bei CoV-2 Infektion Ziel RNA auftritt und die umso früher eintritt, je mehr ist derzeit zwar noch nicht abschließend ein- der Zielsequenz in der Probe vorhanden ist) ein bis- zuschätzen, das RKI gibt auf Basis der bisher her unübliches Labordetail mit als Ergebnis übermit- bekannten Zahlen aber einen Wert von 1 – 2% telt werden sollte. Da hier neben der reinen Menge an. Für Influenza-Infektionen geht man von an Virus RNA auch präanalytische Faktoren der emp- 0,1 – 0,2% an Todesfällen aus, die Rate läge also findlichen RNA und prozessabhängige Einflüsse eine bei Cov-2 Infektion etwa 5 – 10fach so hoch wie Rolle für den CT-Wert spielen, ist dem eher mit Skep- bei einer echten Influenza-Infektion. sis zu begegnen. Diagnostik SARS-CoV-2 2. Antigen-Schnelltest (Akutdiagnostik) Waren zu Beginn der Pandemie nur die Direktnach- Diese Tests können nicht von Patienten sondern nur weise des Erregers mittels PCR verfügbar, haben sich von medizinischen Einrichtungen bezogen werden 83
Bestandteile (Proteine) des Virus, in der Regel Teile des Nucleocapsid Proteins. Damit Gegensatz zur PCR vermehrungsfähiges Virus nachgewiesen. Der Test wird in der Regel al Flow-Assay vom medizinischen Personal vor Ort durchgeführt und liefert ähnlic der Regel liegt nach etwa 15-20 min ein Ergebnis vor. Für die professionelle Labormedi nach. Allerdings nicht über die Nukleinsäure des Virus wie die PCR sondern über st Schwangerschaftstest ein ja/nein Ergebnis anhand eines Farbstreifens auf einer Trägerme Sonderheft Chronische Infektionen OM & Ernährung 2020 | SH19 und weisen ebenfalls den Erreger in einem Abstrich kaum vertreten, so dass mit einem Test immer nur ein © Quelle: Fa. Mikrogen Diagnostik aus dem Nasen-Rachen-Raum direkt nach. Allerdings Teil der möglichen Antikörperantwort erfasst wird und nicht über die Nukleinsäure des Virus wie die PCR die Ergebnisse der Tests untereinander nicht zwin- sondern über strukturelle Bestandteile (Proteine) des gend vergleichbar sind. Von den unterschiedlichen Virus, in der Regel Teile des Nucleocapsid Proteins. Antikörperklassen fallen insbesondere die IgA-Tests Damit wird im Gegensatz zur PCR mit einer sehr mit einem erhöhten Anteil an falsch positiven Reak- viel höheren Wahrscheinlichkeit vermehrungsfähi- tionen (geringe Spezifität) aus dem Raster, IgM und ges Virus nachgewiesen, da auf posttranslationaler vor allem IgG-Teste haben grundsätzlich eine für diese Ebene gemessen wird. Der Test wird in der Regel als Anwendungen übliche Spezifität und Sensitivität. Dies Lateral-Flow-Assay vom medizinischen Personal vor schließt allerdings sowohl falsch negative als auch Ort durchgeführt und liefert ähnlich einem Schwan- falsch positive Reaktionen nicht grundsätzlich aus. gerschaftstest ein ja/nein-Ergebnis anhand eines Farb- Bei hohen Prävalenzen der Antikörper in der Bevöl- streifens auf einer Trägermembran. In der Regel liegt kerung sind diese falsch positiven Reaktionen ver- nach etwa 15 – 20 min ein Ergebnis vor. Für die pro- nachlässigbar, bei der noch sehr niedrigen Prävalenz fessionelle Labormedizin liegen automatengestützte von SARS-CoV2-Antikörpern fallen diese aber über- Applikationen für Antigentests in höherem Durchsatz proportional ins Gewicht, viele vermeintlich positive vor, damit tritt aber der große Vorteil einer sehr schnel- Antikörpernachweise halten deshalb einer Überprü- len Ergebnisverfügbarkeit in den Hintergrund. Diese fung nicht stand. Daher sollte ein positives Ergebnis Tests haben ihren Stellenwert deshalb primär als im einfachen Antikörpertest stets mit einem zweiten Point of Care (POC) Test vor Ort in der Arztpraxis, im Testverfahren bestätigt werden, hier bietet sich für Krankenhaus oder in Pflegeeinrichtungen, um schnell IgG der Immunoblot mit der Antikörperdifferenzierung infektiöse Patienten oder Besucher zu erkennen und nach Antigenen an. entsprechende Maßnahmen zur Infektionsvermei- dung ergreifen zu können. Nachteile sind eine gerin- 4. IgG Antikörpernachweis Antigenspezifisch Streifen-Immunoassay gere Sensitivität und Spezifität als der PCR-Test, wes- mittels Blot (Immunität) (Immunoblot) mit ver- halb zum einen ein positives Ergebnis im Schnelltest Seit kurzem sind neben Antikörpersuchtests nun Streifen-Immunoassay (Immunoblot) mit verschiedenen rekombinanten Antigene schiedenen rekombinanten immer durch eine PCR bestätigt werden sollte. Zum für IgG auch sogenannte Antikörper-Blots für Serum Antigenen zum Nachweis anderen ist das diagnostische Zeitfenster während verfügbar, bei denen verschiedene Zielstrukturen IgG-Antikörpern gegen saisonale Coronaviren und SARS-CoV-2 in humanem von IgG-Antikörpern gegen der Infektionsphase beim Antigentest geringer als bei des Virus berücksichtigt werden und klar erkennbar Mikrogen Diagnostik saisonale Coronaviren und SARS-CoV-2 in humanem der PCR, da geringe Mengen an Virus vor und nach der Akutphase der Erkrankung schlechter detektiert ist, gegen welche Bestandteile des Virus Antikörper vorliegen. Diese Tests zeichnen sich durch eine deut- Serum werden können als mit der PCR. lich höhere Spezifität aus als die Suchtests und las- sen eine differenziertere Beurteilung der humoralen Immunitätslage zu. Ähnlich wie z. B. bei dem Nach- © Roche Deutschland GmbH 5. T-Zell-Assays (Immunität) weis von Borrelien-Antikörpern empfiehlt sich der Blot zur Bestätigung eines positiven Suchtest-Ergebnisses oder auch gleich direkt als Verfahren der Wahl zum Nachweis von IgG Antikörpern gegenüber SARS- War die Ausprägung einer Antigen-Schnelltest humoralen als Point of Care Anwendung in Antikörper-Antwort der nach Infektion mit SA CoV-2. Dadurch dass die Breite der Antikörperantwort klar, bestätigten Praxis die wissenschaftlichen Untersuchungen dazu in der Regel im und vor allem das Vorhandensein von Antikörpern gegen das Spike Bindungsprotein beantwortet wer- spezifische T-Zell-Immunität (Immunität) nach überstandener Infektion. Daher schien von Be 3. Antikörpernachweise IgG/IGM/IgA den können, lässt sich die Protektivität der Antikör- perantwort sehr viel besser einordnen als mit einem Immunität dasBlut-Tests geeignetere Mittel, um die Frage nach einem bereits stattgefund zum Nachweis von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 im Serum sind als Lateral-Flow-Schnell- monoantigenen Suchtest. zu beantworten.teste Im Gegensatz wie auch als Verfahren fürzur Antikörperantwort, die professionelle für die schnell komme 5. T-Zell-Assays (Immunität) Labordiagnostik verfügbar. Die Schnellteste genießen War die Stärke und Dauer der Ausprägung einer verfügbar waren, ist die einen zweifelhaften Überprüfung Ruf, wobei hier durchaus auch der humoralenT-Zell Immunität Antikörper-Antwort methodisch nach Infektion mit Teste mit hoher Qualität im Umlauf sind. Waren zu SARS-CoV-2 lange nicht klar, bestätigten die wis- aufwändiger undBeginnbedarf Ausstattung in der Labormedizin und Expertise ausschließlich manuelle senschaftlicheneines immunologischen Untersuchungen dazu in der Regel Spe ELISA-Verfahren im Einsatz sind sie zwischenzeitlich immer die vorhandene spezifische T-Zell-Immunität notwendigen in-vitro auch auf allenAssays werden für gängigen Laborautomaten andere adaptiert. Infektionserkrankungen nach überstandener Infektion. Daher schien von seit Jah Die Tests erfassen Antikörper gegen unterschiedliche Beginn an die zelluläre Immunität das geeignetere Diagnostik eingesetzt, Zielstrukturen, amz.B. zumgegen häufigsten indirekten Nukleocapsid Nachweis einer Mittel, um die Frage latenten nach einem Tuberkulose bereits stattgefun- spezifischer T-Zellen breitem und in-vitro. Grundprinzip istAntikörperantwort, die Konfrontation der lymphoz des Virus, seltener gegen Spike-Antigene. Tests mit denen Erregerkontakt zu beantworten. Im Gegensatz umfassenden Antigenspektrum sind zur für die schnell kommerzielle Blutes mit hochspezifischen Antigenen des fraglichen Erregers. Als Read-Out 84 Reaktion kann die Zellproliferation nach 5-7 Tagen im Ansatz
Sonderheft Chronische Infektionen OM & Ernährung 2020 | SH19 Test Material Testprinzip Vorteil Nachteil Indikation PCR Rachen-/ Direkter Erregernachweis Hohe Spezifität und Sensitivität Ergebnis erst nach 24 – 48h, Goldstandard Infektions- Nasenab- über RNA, Methode PCR Infektiösität nicht zwingend, nachweis strich da auch nicht mehr intakte Viren erfasst werden Antigen- Rachen-/ Direkter Erregernachweis Ergebnis nach 20 min, schnel- Geringere Spezifität als PCR, POC Test in der Praxis Schnelltest Nasen- über Strukturproteine, le Erfassung von infektiösen sollte durch PCR bestätigt oder in Einrichtungen abstrich Methode LFA als Point of Patienten werden mit Risikopatienten zur Care Test oder Laborau- schnellen Identifikation tomat von infektiösen Personen vor Ort Antikörper- Serum Indirekter Nachweis, Verschiede Antikörperklassen AK gegen nur ein Antigen Überprüfung humorale Suchtest Methode Immunoassay/ können erfasst werden werden erfasst. Bei derzeiti- Immunität für Antikörper- ELISA ger geringer Prävalenz in der klassen IgG, IgM, IgA Bevölkerung erhöhter Anteil falsch positiver Ergebnisse, Spezifität für IgA schlecht Antikörper- Serum Indirekter Nachweis, Hochspezifisch, gleichzeitige Er- Derzeit nur IgG verfügbar Goldstandard IgG Blot Methode Immunoblot fassung von Antikörpern gegen Antikörpernachweis, mehrere Antigene, dadurch bes- Bestätigungsverfahren sere Beurteilung der Kompetenz für Suchtest der humoralen Immunantwort und bessere Sensitivität als monoantigene Suchtests T-Zell-Test Heparin- Indirekter Nachweis, Zelluläre Immunität wird erfasst Keine standardisierten Ver- Vollständige Abklärung blut Methoden Proliferations- fahren, erfahrenes Immunität bzw. überstan- assays (LTT) oder Zytokin Speziallabor erforderlich dene Infektion assays (Elispot, ITT) Testverfahren verfügbar waren, ist die Überprüfung Fallbeispiele zur Immunität der T-Zell Immunität methodisch jedoch wesentlich bei SARS-CoV-2 aufwändiger und bedarf Ausstattung und Expertise Lange war die Frage zur Immunsituation nach Infek- eines immunologischen Speziallabors. Die dafür not- tion unklar, Berichte zum Fehlen oder raschem Ver- wendigen in-vitro Assays aus heparinisiertem Vollblut schwinden von Antikörpern gerade nach asympto- werden für andere Infektionserkrankungen seit Jah- matischer Infektion oder mildem klinischem Verlauf ren mit Erfolg in der Diagnostik eingesetzt, z. B. zum stellten gerade auch eine protektive Immunität in indirekten Nachweis einer latenten Tuberkulose über Frage. Eine spezifische T-Zell-Antwort wurde aller- die Detektion spezifischer T-Zellen in-vitro. Grund- dings in der Regel nach Infektion immer beschrie- prinzip ist die Konfrontation der lymphozytären Frak- ben. Aktuelle Untersuchungen zeigen nun allerdings: tion des Blutes mit hochspezifischen Antigenen des nach überstandener Covid-19-Erkrankung sind fraglichen Erregers. Als Read-Out der lymphozytären Patienten mindestens mehrere Monate vor einer Reaktion kann die Zellproliferation nach 5 – 7 Tagen erneuten Infektion durch Antikörper geschützt. Das im Ansatz erfasst werden (LTT/Lymphozytentransfor- gilt selbst dann, wenn die Erkrankung nur mild bis mationstest) oder mit einer differenzierteren Aussage mittelschwer verlaufen ist, wie US-Virologen nun im die initiale Freisetzung von charakteristischen Boten- Fachblatt Science nach Untersuchungen an 30.000 stoffen nach 24 – 48 h (ITT oder Elispot). Als sinnvolle Infizierten publiziert haben. Dafür spricht auch die in Botenstoffe haben sich das von Gedächtnis-(Memory) Anbetracht der Menge an Infizierten mit insgesamt Zellen gebildete Interleukin 2 (IL2) idealerweise in 5 beschriebenen Fällen weltweit vernachlässigbar Kombination mit dem Leitbotenstoff der antiviralen kleine Anzahl an bekannten Reinfektionen. Damit TH1-Immun antwort, Interferon-gamma, bewährt. unterscheidet sich SARS-CoV-2 nicht wesentlich Für eine möglichst hohe Sensitivität müssen meh- von der immunologischen Situation nach Infektion rere Antigene mit hoher Spezifität für SARS-CoV-2 mit anderen Coronaviren, hier ist ebenso eine meh- im T-Zell-Test verwendet werden, zusätzlich kann die rere Monate andauernde Immunität beschrieben, zelluläre Reaktionslage gegenüber Influenza und sai- die allerdings nicht über mehrere Jahre anhält. Im sonalen Coronaviren mit überprüft werden. Folgenden soll in 3 Fällen exemplarisch die humo- 85
Fall 1: Syptomatische SARS CoV-2 Infektion im September 2020, Immunsituation 3 Wochen nach Infektion Sonderheft Chronische Infektionen OM & Ernährung 2020 | SH19 55 jähriger Mann mit leichter Symptomatik und mittels PCR bestätigter SARS CoV-2 Infektion Abb. 1 Gegenüber den 4 saisonalen Coronaviren sind deutlich IgG Antikörper als auch eine Gedächtniszell (Il2)- und Effektorantwort (IFNgamma) nachweisbar. Auch gegenüber dem neuartigen Coronavirus SARS CoV2 finden sich erwartungsgemäß viele IgG Antikörper im Blut, interessanterweise aber nur spezifisch für das Nukleokapsidprotein (NP) des Virus, gegenüber Spike (S1) und der Bindungsdomäne (RBD) sind keine Antikörper nachweisbar. Die T-Zell-Antwort (ITT Corona) ist dagegen sowohlnach Auch 6 Monate gegen Nukleokapsid als stattgefundener auch gegen Infektion lässt Spike gerichtet sich deutlich dieund fällt mit humorale spezifische Gedächtnis- undund Effektorzellen adäquat aus im Rahmen der durchgemachten Infektion. zelluläre Immunität gegenüber SARS CoV-2 erkennen. Dies steht in Einklang mit den aktuellen Erkenntnissen zur monatelangen Immunität nach Infektion. Fall 3: SARS Fall 2: Intensiver CoV-2häuslicher Kontakt Infektion im mit Infiziertem März 2020, im März Immunsituation 2020, nach keine Infektion nachweisbar, 6 Monaten Immunsituation nach 6 Monaten 47jähriger Mann mit stark symptomatischer Infektion in 03/2020, SARS Cov-2 mit PCR bestätigt, 45 jährigeistEhefrau Infektion des Mannes bisher ohne aus Langzeitfolgen erkennbare Fall 2, vor und währendÜberprüfung ausgeheilt. der Infektionderimhumoralen März in engstem und häuslichem Kontakt mit im zellulären Immunitätslage ihm, kein 2020 Oktober Hinweis aufIgG mittels Infektion, keine Immunoblot undSymptome, PCR-Test zellulärem Test mehrfach (ITT/Zytokin Abb. 2 Out)humorale negativ, Read undErgebnis: mit folgendem zelluläre Immunitätslage im Oktober 2020 mit folgendem Ergebnis: Auch 6 Monate nach stattgefundener Infektion lässt sich deutlich die spezifische humorale und zelluläre Immunität gegenüber SARS CoV-2 erkennen. Dies steht in Einklang mit den aktuellen Erkenntnissen zur monatelangen Immunität nach Infektion. Fall 3: Intensiver häuslicher Kontakt mit Infiziertem im März 2020, keine Infektion nachweisbar, Immunsituation nach 6 Monaten 45 jährige Ehefrau des Mannes aus Fall 2, vor und während der Infektion im März in engstem häuslichem Kontakt mit ihm, kein Hinweis auf Infektion, keine Symptome, PCR-Test mehrfach negativ, humorale und zelluläre Immunitätslage im Oktober 2020 mit folgendem Ergebnis: Abb. 3 Es sind keine IgG Antikörper im Serum nachweisbar, weder gegen saisonale Coronaviren noch gegenüber SARSImmunitätslage rale und zelluläre CoV-2. Die gegenüber T-Zell Antwort SARS- weist zwar reaktive und Effektorantwort Gedächtnis- (IFN-γ) und nachweisbar. Effektorzellen Auch gegen- gegenüber saisonalen Coronaviren aus, allerdings keine T-Zellen gegenüber SARS CoV-2 nach Erregerkontakt aufgezeigt werden. über dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 CoV-2. finden Erstaunlicherweise konnte sich die Ehefrau des sich Infizierten erwartungsgemäß viele IgG-Antikörper offensichtlich nicht mit im Blut, SARS-CoV-2 Fall 1: Syptomatische SARS-CoV-2 Infektion interessanterweise aber nur spezifisch für das Nuk- anstecken, es erfolgte keine Immunisierung trotz sicher erfolgtem Kontakt mit dem Erreger! Eine im September 2020, Immunsituation 3 Wochen leokapsidprotein (NP) des Virus, gegenüber Spike (S1) Erklärung wären individuelle genetisch determinierte Variablen, die eine Infektion mit dem nach Infektion und der Bindungsdomäne (RBD) sind keine Antikörper neuartigen SARS-Cov-2 55-jähriger Mann unmöglich mit leichter machen? Symptomatik und mit- nachweisbar. Die T-Zell-Antwort (ITT Corona) ist dage- tels PCR bestätigter SARS-CoV-2-Infektion (Abb. 1). gen sowohl gegen Nukleokapsid als auch gegen Spike Fazit Gegenüber den 4 saisonalen Coronaviren sind deut- gerichtet und fällt mit Gedächtnis- und Effektorzellen Es lich sind keine IgG IgG-Antikörper als Antikörper im Serum (Il2)- auch eine Gedächtniszell nachweisbar, weder adäquat aus gegen im Rahmen der saisonale Coronaviren durchgemachten Infektion. noch Standardverfahren zur Akutdiagnostik und Goldstandard ist und bleibt der Nachweis der Erreger-RNA gegenüber SARS CoV-2. Die T-Zell Antwort weist zwar reaktive Gedächtnis- und Effektorzellen mittels PCR. Für die schnelle Akutdiagnostik vor Ort und Risikominimierung in pflege- oder 86 gegenüber saisonalen Coronaviren aus, allerdings keine T-Zellen gegenüber SARS CoV-2. medizinischen Einrichtungen stehen Antigenteste als POC Verfahren zur Verfügung, die aktuell Erstaunlicherweise konnte sich die Ehefrau des Infizierten offensichtlich nicht mit SARS-CoV-2
Sonderheft Chronische Infektionen OM & Ernährung 2020 | SH19 Fall 2: SARS-CoV-2 Infektion im März 2020, Immunsituation nach 6 Monaten Dipl.-Biol. Wolfgang Mayer 47-jähriger Mann mit stark symptomatischer Infektion Augustenstraße 10 in 03/2020, SARS-CoV-2 mit PCR bestätigt, Infektion 80333 München | Deutschland ist bisher ohne erkennbare Langzeitfolgen ausgeheilt. wm@lab4more.de Überprüfung der humoralen und zellulären Immuni- www.lab4more.de tätslage im Oktober 2020 mittels IgG-Immunoblot und zellulärem Test (ITT/Zytokin Read Out) mit folgendem Literatur Ergebnis (Abb. 2). Vabret et al: Immunology of COVID-19: Current State of the Science; Auch 6 Monate nach stattgefundener Infektion lässt Immunity Volume 52, Issue 6, 16 June 2020, Pages 910- sich deutlich die spezifische humorale und zelluläre 941; https://doi.org/10.1016/j.immuni.2020.05.002 Immunität gegenüber SARS-CoV-2 erkennen. Dies Wajnberg et al: Robust neutralizing antibodies to SARS-CoV-2 steht in Einklang mit den aktuellen Erkenntnissen zur infection persist for months; Science 28 Oct 2020: monatelangen Immunität nach Infektion. eabd7728; DOI: 10.1126/science.abd7728 Hans Martin Jäck, Armin Ensser: Virologie und Immunologie von Fall 3: Intensiver häuslicher Kontakt mit Infizier- Coronaviren: Eine Übersicht; Trillium Diagnostik Heft 2/2020 tem im März 2020, keine Infektion nachweisbar, Wolfgang Mayer, Friedrich-Wilhelm Tiller: Zelluläre Funktionstests Immunsituation nach 6 Monaten in der immunologischen Laboranalytik; Trillium Diagnostik 45-jährige Ehefrau des Mannes aus Fall 2, vor und 2017; 15(1):18 während der Infektion im März in engstem häusli- Robert-Koch-Institut: Fallzahlen in Deutschland und weltweit; chem Kontakt mit ihm, kein Hinweis auf Infektion, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_ keine Symptome, PCR-Test mehrfach negativ, humo- Coronavirus/Fallzahlen.html rale und zelluläre Immunitätslage im Oktober 2020 mit Sattler et al. SARS-CoV-2 specific T-cell responses and correlations folgendem Ergebnis (Abb. 3). with COVID-19 patient predisposition; J Clin Invest. 2020. Es sind keine IgG-Antikörper im Serum nachweisbar, https://doi.org/10.1172/JCI140965 weder gegen saisonale Coronaviren noch gegenüber Okba et al. Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus SARS-CoV-2. Die T-Zell-Antwort weist zwar reaktive 2–Specific Antibody Responses in Coronavirus Disease Gedächtnis- und Effektorzellen gegenüber saisona- Patients; Emerging Infectious Diseases Vol. 26, No. 7, July len Coronaviren aus, allerdings keine T-Zellen gegen- 2020 DOI: https://doi.org/10.3201/eid2607.200841 über SARS-CoV-2. Erstaunlicherweise konnte sich Schlenger: PCR Tests auf SARS-CoV-2 Ergebnisse richtig die Ehefrau des Infizierten offensichtlich nicht mit interpretieren; Deutsches Ärzteblatt, Jg. 117, Heft 24, 12. SARS-CoV-2 anstecken, es erfolgte keine Immunisie- Juni 2020 rung trotz sicher erfolgtem Kontakt mit dem Erreger! Vogels CBF, Brito AF, Wyllie AL, et al.: Analytical sensitivity and Eine Erklärung wären individuelle genetisch determi- efficiency comparisons of SARS-COV-2 qRT-PCR asays. nierte Variablen, die eine Infektion mit dem neuartigen medRxiv 2020 Apr 26; doi: 10.1101/2020.03.30.20048108. SARS-CoV-2 unmöglich machen? Long, Q., Tang, X., Shi, Q. et al. Clinical and immunological assessment of asymptomatic SARS-CoV-2 infections. Nat Med 26, 1200–1204 (2020). https://doi.org/10.1038/ Fazit s41591-020-0965-6 Standardverfahren zur Akutdiagnostik und Gold- GeurtsvanKessel, C.H., Okba, N.M.A., Igloi, Z. et al. An evaluation standard ist und bleibt der Nachweis der Erreger- of COVID-19 serological assays informs future diagnostics RNA mittels PCR. Für die schnelle Akutdiagnostik and exposure assessment. Nat Commun 11, 3436 (2020). vor Ort und Risikominimierung in pflege- oder https://doi.org/10.1038/s41467-020-17317-y medizinischen Einrichtungen stehen Antigen- Lassaunière R, Frische A, Harboe ZB, et al. Evaluation of nine teste als POC-Verfahren zur Verfügung, die aktuell commercial SARS-CoV-2 immunoassays. medRxiv; 2020. infektiöse Personen zeitnah identifizieren können, DOI: 10.1101/2020.04.09.20056325. aber geringere Spezifität als die PCR aufweisen. Braun, J., Loyal, L., Frentsch, M. et al. SARS-CoV-2-reactive T Ein positives Ergebnis muss daher mittels PCR cells in healthy donors and patients with COVID-19. Nature bestätigt werden. Auch die Fragestellung nach (2020). https://doi.org/10.1038/s41586-020-2598-9 der Immunitätslage gegenüber SARS-CoV-2 kann Grunert, Dustin; Siegmund-Schultze, Nicola: Infektionskrankheiten: schon heute labordiagnostisch umfassend ermit- MERS – Profil eines neuen Erregers; Dtsch Arztebl 2015; telt werden, für eine vollständige Antwort ist eine 112(27-28): A-1240 / B-1036 / C-1008 Kombination aus hochspezifischem IgG-Antikör- pertest (Immunoblot) und zellulärem Testsystem mit Zytokin Read Out (z. B. ITT Corona) empfohlen. 87
Sonderheft Chronische Infektionen OM & Ernährung 2020 | SH19 Hufert F, Spiegel M. Coronaviren: von der banalen Erkältung zum schweren Lungenversagen: Chronologie einer Pandemie [Coronavirus: from common cold to severe pulmonary failure] [published online ahead of print, 2020 Apr 1]. Monatsschr Kinderheilkd. 2020;1-11. doi:10.1007/s00112- 020-00910-2 Landesgesundheitsamt Bayern: Coronavirus Erkrankungen (SARS, MERS): https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/ infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/ Schlenger, Ralf L.: Antigentests auf SARS-CoV-2: Der Preis der Schnelligkeit; Dtsch Arztebl 2020; 117(44): A-2101 / B-1787 Centers for Disease Control and Prevention: Interim Guidance for Rapid Antigen Testing for SARS-CoV-2; https://www.cdc. gov/coronavirus/2019-ncov/lab/resources/antigen-tests- guidelines.html Kathryn V. Holmes,SARS-Associated Coronavirus ; N Engl J Med 2003; 348:1948-1951; DOI: 10.1056/NEJMp030078 88
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