Das Niedrigwasser 2018 - Bundesanstalt für Gewässerkunde
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Inhalt Kurzfassung 3 Die zeitliche Entwicklung … 4 Die Auswirkungen des Niedrigwassers 2018 8 Niedrigster Pegelstand der letzten Jahre? Neuer Rekord? 13 Herausgeber: Tiefere Pegelstände bedeuten nicht immer Bundesanstalt für Gewässerkunde Am Mainzer Tor 1 • Postfach 20 02 53 niedrigere Wassermengen 14 56002 Koblenz Mit Information Auswirkungen lindern: Tel.: 0261 1306-0 • Fax: 0261 1306-5302 die Rolle der BfG 16 E-Mail: posteingang@bafg.de • Internet http://www.bafg.de Niedrigwasser 2018 – ein Vorbote? 18 Stand: Februar 2019 DOI: 10.5675/BfG-Niedrigwasserbroschuere_2018 Wasserspiegel – Pressespiegel 21
Kurzfassung Das Jahr 2018 war von einer standes. Die Schifffahrt beein- Ökonomische Auswirkungen anhaltenden Trockenheit geprägt. trächtigende Tiefstände wurden hatte vor allem der geringe In der Folge sanken die Fluss- daher dort erst Mitte November Rheinwasserstand, der zu wasserstände im Jahresverlauf erreicht. Vielerorts fielen die niedrigeren Lademengen auf stark ab. Nach einem feuchten Wasserstände auf historische den Binnenschiffen und damit Winter mit großen Schneemengen Niedrigwasserstände an den zu Lieferengpässen führte. Das in den Alpen wurden die durch- Pegeln. Die Abflüsse waren Niedrigwasser beeinflusste auch schnittlichen monatlichen ebenfalls extrem niedrig, die Industrie: Aufgrund der Niederschlagsmengen seit März brachten jedoch keine Rekorde. hohen Wassertemperaturen in den 2018 nicht mehr erreicht. Von Die Abflüsse des Extremjahres Flüssen mussten Einleitungen April an regnete es bundesweit 2003 wurden erreicht oder von warmem Wasser in die nur noch etwa halb so viel wie unterschritten. Flüsse begrenzt werden. Neben im langjährigen Mittel. Als Von den großen Bundeswasser- der geringen Wassermenge Konsequenz sanken zunächst im straßen (BWaStr) waren waren vor allem die hohen Norden und Osten Deutschlands, insbesondere Weser und Elbe Wassertemperaturen und die später im Süden und Westen betroffen: Den schifffahrtsrele- damit einhergehende Ver- die Wasserstände der Flüsse. vanten Niedrigwasserstand schlechterung der Wasserqualität Im Mittel- und Oberrhein unterschritten z. B. die Weser problematisch. Der „Hitze- verzögerten Schnee- und in 80 %, die Elbe in 90 % aller sommer“ 2018 beeinflusste auch Gletscherschmelzwasser ein Tage zwischen Juni und De- die Biologie in den Flüssen: Absinken des Rheinwasser- zember 2018. Blaualgenblüten in der Mosel 3
sowie großer Wärmestress für allen BWaStr halfen insbeson- weise erheblich häufiger auftreten diverse Arten von Fischen und dere den Schiffern und Logisti- werden. Insbesondere durch Wirbellosen waren die Folge. kern die maximal mögliche eine voraussichtlich frühere und Erst Anfang Dezember zeichnete Transportmenge zu bestimmen, verringerte Schneeschmelzen und sich eine Besserung der Niedrig- anzupassen oder nach Ersatzlö- gegen Ende des Jahrhunderts wassersituation ab. sungen zu suchen. Untersu- ausbleibende Gletscherschmelze chungen der BfG zeigen, dass sind neue Herausforderungen für Die aktuellen Wasserstände und mit dem Klimawandel solche das BWaStr-Management die Mehrtagesvorhersagen auf Niedrigwasserphasen möglicher- abzusehen. Die zeitliche Entwicklung … Das Jahr 2018 war insgesamt und Westen Deutschlands. Die durch geringe Niederschlags- andauernde Trockenheit beein- mengen geprägt. Insbesondere trächtigte im Jahresverlauf ab dem Juni wurden große zunehmend die Binnenschiff- Niederschlagsdefizite verzeichnet. fahrt. Kleinere Regenmengen In der Folge sanken die Fluss- brachten keine dauerhafte wasserstände ab. Als erstes Entlastung. Ab dem Spätsommer betroffen waren die Fließge- führte die fortschreitende wässer im Norden und Osten, Trockenheit zu neuen histori- später auch die Flüsse im Süden schen Pegeltiefständen. 4
Juni Juli August + 2,0° + 2,3° + 2,4° – 40 % – 52 % – 45 % Stand: 29.06.2018 Stand: 26.07.2018 Stand: 31.08.2018 September Oktober November + 2,6° + 1,5° + 0,8° – 36 % – 55 % – 70 % Stand: 27.09.2018 Stand: 25.10.2018 Stand: 29.11.2018 Niederschlagsabweichung [%] Mittlerer Wasserstand Niedriger Wasserstand Hoher Wasserstand Kein aktueller Wasserstand 1 25 50 75 100 125 Abb. 1: Pegelstände, Abweichungen der Monatsniederschlagssummen und mittleren Monatstemperaturen vom langfristigen Mittelwert (1981–2010). Daten PegelOnline (WSV) und Deutscher Wetterdienst (DWD) 5
Juni Juli August September Oktober November 650 1 2 3 4 5 600 550 500 450 Oberrhein/Maxau 41% Tage Juni – Nov unter GIW* 400 350 300 500 450 400 350 300 Niederrhein/Duisburg-Ruhrort 67% Tage Juni – Nov unter GIW* 250 200 Wasserstände in cm am Pegel 150 400 350 300 Donau/Hofkirchen 67% Tage Juni – Nov unter RNW* 250 200 160 140 120 Weser/Vlotho 83% Tage Juni – Nov unter GIW* 100 100 90 80 93% Tage Juni – Nov unter GIW* 70 Elbe/Magdeburg 60 50 Abb. 2: Zeitliche Entwicklung der Wasserstände (durchgezogene Linie) ausgewählter Flüsse und des jeweiligen pegelspezifischen Niedrigwasser- richtwerts (gestrichelte Linie). Vorläufige Daten. Daten WSV, Abbildung BfG * GlW (Gleichwertiger Wasserstand) und RNW (Regulierungsniedrigwasserstand) sind flussspezifische Richtwerte. Sie haben große Bedeutung als Bezugsgrößen für die Unterhaltung freifließender Wasserstraßen sowie für die Schifffahrt, insbesondere bei Niedrigwasser. Sinkt der Pegel unter diese Richtwerte, nehmen der mögliche Tiefgang und damit die Frachtkapazität der Schiffe typenabhängig ab. 6
1 Nach einem milden und regenreichen Herbst und Winter 2017 4 Der sehr trockene Oktober folgte 2018 ein warmes und trockenes Frühjahr. Die Monate März führte zu einer deutlichen bis Juni 2018 waren bundesweit durchgehend zu trocken und Verschärfung der Situation: mild. Anfang des Jahres führten die Flüsse noch größere Mengen Historische Tiefststände der Schneeschmelzwasser. An den Flüssen Elbe und Oder stellte sich Pegel wurden lokal erreicht. rasch Niedrigwasser ein, da es in diesen Regionen bereits seit Der Pegel des Oberrheins fiel 2014 unterdurchschnittlich geregnet hatte und sich natürliche nun beständig unter den schiff- Wasserspeicher schnell leerten. Der Wasserstand der Elbe fiel fahrtsrelevanten Richtwert (GlW). daher schon im Juni auf einen die Schifffahrt beeinträchtigenden Wert ab. 5 Nach kurzen Regenfällen, die an Mittelrhein und Donau für 2 Die überdurchschnittlich warmen und trockenen Wochen eine kurze Entspannung sorgten, dauerten im Juli und August an. Regionale, kurze (Gewitter-) führte der sechst-trockenste Regenfälle führten zu keiner Entspannung. Die Flusswasserstände November seit 1901 zum aber- sanken weiter und großräumig ab: An Weser, Donau und Nieder- maligen Absinken der Pegel- rhein fielen sie unter die flussspezifischen Richtwerte. Nur der stände. Erst Anfang Dezember staugeregelte Oberrhein und der Mittelrhein hielten zunächst noch konnten wieder steigende Pegel einen Mindestwasserstand. registriert werden. Anhaltende Niederschläge müssen nun die 3 Regen, der vor allem im Süden Deutschlands fiel, führte zu leeren Grundwasser- und Boden- einer leichten Besserung der Niedrigwassersituation, insbesondere speicher füllen, bevor weniger an Donau und Oberrhein. Die Wasserstände an Elbe, Weser und schwankende Wasserstände zu Niederrhein blieben gering. erwarten sind. 7
Die Auswirkungen des Niedrigwassers 2018 Verschlechterte So werden u. a. das Algenwachs- Die überdurchschnittlichen Wasserqualität tum gefördert und Einleitungen Lufttemperaturen ließen die Bei niedrigen Abflüssen wird die z. B. aus Abwasserbehandlungs- Wassertemperaturen auf die Wasserqualität in BWaStr auf anlagen und der Industrie zweithöchsten Temperaturwerte unterschiedliche Art beeinflusst: weniger verdünnt. nach 2003 ansteigen. Für viele der im Rhein lebenden Fisch- Abfluss und Wirbellosenarten sind 25°C Trübung [TE/F] Abfluss [m3/s] Trübung Wassertemperatur ein kritischer Wert. 2018 wurde im Rhein bei Koblenz an 31 aufeinanderfol- genden Tagen dieser Wert Jun Jul Aug Sep Okt Nov überschritten (Abb. 3); normaler- weise sind es nur 9 Tage. An Wassertemperatur [°C] Kritische Wassertemperatur Sauerstoff [mg/l] Elbe und Oder wurde mit 17 und 16 Tagen über 25°C jeweils ein Kritische Sauerstoffkonzentration neuer Rekordwert der letzten 20 Sauerstoff Jahre erreicht. Die Sauerstoffge- Temperatur Jun Jul Aug Sep Okt Nov halte (blau) blieben beim Rhein Abb. 3: Zeitliche Entwicklung von Abfluss (blau), Trübung (grau), Sauerstoffgehalt (grün) und und weiteren BWaStr allerdings Temperatur (rot), auf täglicher Basis während der Niedrigwasserphase (Juni – Dezember deutlich oberhalb der für Fische 2018). Abfluss vom Pegel Kaub, Daten WSV. Übrige Werte vom Rhein bei Koblenz, Daten BfG. Abbildung BfG kritischen Marke von 4 mg/l. 8
Binnenschiff mit Containern am Rhein. Foto: Dr. Sebastian Kofalk, BfG An Oder, Unterer Havel und Tideelbe wurden jedoch kurzfristig Eingeschränkte kritische Werte (bis 3,5 mg/l) aufgezeichnet. Ein besonderes Binnenschifffahrt Phänomen des sommerlichen Niedrigwassers in Rhein und Mosel Binnenschiffe konnten aufgrund war das Auftreten von Algenblüten. Diese Algen bewirkten eine der niedrigen Wasserstände ihre erhöhte Trübung des Rheinwassers im August. Üblicherweise treten Ladekapazität nicht ausschöpfen hohe Trübungswerte sonst bei höheren Abflüssen und damit verbun- und nur mit geringer Auslastung denem höherem Sedimenttransport auf. fahren. Allein im August sanken die Frachtzahlen um 21 %1. So An der Mosel führte eine über zwei Monate andauernde Blaualgen- kam es zu Umschlagseinbußen blüte zu Nutzungseinschränkungen beim Wassersport, da diese bei vielen Häfen (z. B. Mann- Organismen gesundheitsgefährdend sein können. heim –42 %)2. 9
Das Großkraftwerk Mannheim. Foto: Immanuel Giel, CC BY 3.0 Laut der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes von knapp 1 Mio. Euro. Fährbe- (WSV)3 wurden in den Schleusen Iffezheim (–23,6 %), am Wesel- triebe an Rhein und Elbe Datteln-Kanal (–24,9 %) und am Main (Schleuse Kostheim, mussten teilweise ihren Betrieb 21,8 %) deutlich weniger Ladung verschifft als im Vorjahr. Zudem einstellen oder auf Schwerlast- wurden weniger Frachtschiffe geschleust (13,8 %, 12 % und transporte verzichten sowie 20,6 %). Eine erste Abschätzung des Instituts für Weltwirtschaft bauliche Maßnahmen und (IfW) zur Wirkung des Niedrigwassers ergab eine Reduktion der Baggerarbeiten vornehmen4. Produktionszuwachsrate in Deutschland um 0,5 Prozentpunkte im 3. und 4. Quartal1. Drastisch betroffen waren neben den Ausflugs- schiffen vor allem Fährbetriebe. Allein an der Mittelrheinstrecke ergab sich nach ersten Schätzungen für diese Branche ein Schaden 10
Ölvorratstanks im Hamburger Hafen. Foto: Dirtsc, CC BY 3.0 Lieferengpässe/ orte stromaufwärts des Mittelr- reserven der Bundesregierung. Energiewirtschaft heins (z. B. BASF TDI-Produkti- Zudem mussten mehrere Kraft- Die Bedeutung der Bundes- on5). Allein der BASF in werke entlang des Rheins ihre wasserstraßen für die Industrie Ludwigshafen entstand durch die Stromproduktion drosseln. wurde durch das Niedrigwasser Folgen des Niedrigwassers ein Betroffen war u. A. das Kern- einmal mehr ersichtlich. Auf- Verlust von 250 Mio. €6. Auch kraftwerk Philippsburg sowie die grund von Lieferengpässen die allgemeine Treibstoffzulie- Kohlekraftwerke Bergkamen, mussten einige Fabriken ihre ferung war eingeschränkt. Dies Walsum, Mannheim, Rheinhafen Produktion drosseln oder zeit- führte neben hohen Preisen an Dampfkraftwerk. Ursächlich weise aussetzen. Besonders Tankstellen zur Freigabe von hierfür waren Lieferengpässe und betroffen waren Industriestand- Teilen der strategischen Energie- erhöhte Wassertemperaturen7. 11
Tourismus/Bildung Die Auswirkungen des Niedrig- wassers auf den Tourismus waren zwiespältig: Kreuzfahrt- und Ausflugsschiffe mussten zeitweise ihren Betrieb einstellen und Bustransporte organisieren. Andererseits führten die Rekord- niedrigwasserstände zu einer Art „Niedrigwassertourismus“. So war beispielweise der Mäuse- turm bei Bingen für einige Wochenenden für Besucher zu Fuß erreich- und begehbar. Dagegen musste die Schule auf der Rheininsel Nonnenwerth wegen der niedrigwasserbeding- ten Einstellung des Fährbetrie- bes an Land verlegt werden. Der Mäuseturm bei Bingen erfuhr im Sommer 2018 einen großen Besucherzustrom. Foto: Dr. Klaus Wendling, Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz 12
Niedrigster Pegelstand der letzten Jahre? Neuer Rekord? Je nach Standort wurden neue Rekordniedrigwasserstände am niedrige Abflüsse gemessen, sie Pegel erreicht (in Abb. 4 linker Maßstab je Fluss). Beispiele sind erreichten aber keine Rekord- die Elbe in Magdeburg oder der Rhein bei Köln (nicht abgebildet). werte. Dargestellt sind hier die Diese Rekorde besitzen jedoch wenig Aussagekraft, da sich die Rekordstände von Wasserstand Flusssohle über die Jahrzehnte stark ändern kann. Der objektivere und Abfluss für die eisfreien Wert für Aussagen über Niedrigwasser ist die abfließende Wasser- Monate Mai bis November menge (in Abb. 4 rechter Maßstab). In 2018 wurden zwar extrem 2018. Oberrhein/Maxau Weser/Vlotho Elbe/Magdeburg Donau/Hofkirchen 26.11.2018 1971 1911 1964 1976 1930, 2004, 2009 23.08.2018 310 480 1921 1935 19.09.2018 180 1998 2003 130 1911 1906 1964 1959, 2003 36 1962 1904 1935 240 1962 1962 460 1985 95 65 1907 1949 1952 300 1949 1972 1962 1934 1934 1921 1952 1959 1949 1949 2016 440 34 120 1934 23.10.2018 230 1972, 26.11.2018 175 1921 60 290 1947 1972 1959 2015 420 2003 90 1900 32 1976 1934 1964 220 280 1964 1911 1998 110 55 1959 400 1921 23.10.2018 1934 30 170 85 380 1906 1959 PNP: Pegelnullpunkt 270 210 2015 1947 23.08.2018 50 100 360 1934 28 260 200 1947 1947 1991 1911 19.09.2018 1904 2003 1947 Wasserstand [cm ü. PNP] Abfluss [m³/s] Wasserstand [cm ü. PNP] Abfluss [m³/s] Wasserstand [cm ü. PNP] Abfluss [m³/s] Wasserstand [cm ü. PNP] Abfluss [m³/s] Abb. 4: Vergleich der Rekordwasserstände am Pegel (über Pegelnullpunkt (PNP)) mit den Rekordabflüssen während der eisfreien Monate an ausgewählten Flüssen jeweils seit Aufzeichnungsbeginn (blau: Werte und Daten 2018). Vorläufige Daten. Daten WSV, Abbildung BfG 13
Tiefere Pegelstände bedeuten nicht immer niedrigere Wassermengen Wie sind die Unterschiede in den durchflossene Flussquerschnitt so derselbe Abfluss, aber ein Rekordwerten zwischen Pegel sowie die Strömungsgeschwin- tieferer Wasserstand am Pegel und Abfluss zu erklären? digkeit. Im skizzierten Beispiel erreicht. Ein niedrigerer Pegelstand liegt der aktuell durchflossene bedeutet nicht zwangsläufig auch Flussquerschnitt (rote Umran- Solche Sohlveränderungen sind einen niedrigeren Wasserabfluss, dung) tiefer als im früheren in allen deutschen Flüssen zu da sich die Flusssohle zwischen- Zustand (graue Umrandung), da beobachten. Am Pegel Vlotho/ zeitlich verändert haben könnte. sich die Flusssohle ins Flussbett Weser (siehe Abb. 4) wurde der Maßgeblich zur Bestimmung eingetieft hat. Bei gleicher Rekordniedrigwasserstand 1991 des Abflusses sind vor allem der Strömungsgeschwindigkeit wird gemessen, obwohl der Abfluss höher als der Rekordwert von 1911 lag. Hier hat sich das Flussbett folglich eingetieft. Mittlerer Abfluss Um korrekte Abflüsse messen Niedrigstand alt zu können, wird daher das Niedrigstand 2018 Verhältnis zwischen Wasser- stand und Abfluss laufend durch alte Flusssohle die WSV untersucht und die aktuelle Flusssohle Berechnungen der Wassermenge aus dem Pegel (Wasserstands- Abb. 5: Schematische Darstellung der Wirkung der Sohlerosion auf den aufgezeichneten Wasserstand an einem Pegel. Abfluss-Beziehungen) angepasst. 14
Foto: Dr. Sebastian Kofalk, BfG 15
Mit Information Auswirkungen lindern: die Rolle der BfG Einen (vielfältigen) Blick in der Nutzung von Flusswasser für komplexen Modellketten unter die Zukunft wagen industrielle Prozesse oder zur Nutzung umfangreicher Echtzeit- Um mit den Niedrigwasserbedin- Trinkwassergewinnung unterstüt- daten. Während Niedrigwasser- gungen bestmöglich umzugehen zend eingesetzt werden. phasen werden zudem regelmä- und vorausschauend agieren zu ßig Niedrigwasserberichte von können, sind Echtzeitüberwa- Die Wasserstandsmessungen und der BfG veröffentlicht. chungen der Wasserstände und verkehrsbezogenen Vorhersagen deren Vorhersagen elementar: für die Bundeswasserstraßen Für die Vorhersagen werden Mess- Durch diese Informationen werden über die Plattformen daten sowie Wettermodelldaten können insbesondere die Lade- PEGELONLINE und ELWIS (Abb. 6) mit einer Vielzahl von menge der Schiffe und damit (Elektronischer Wasserstraßen- Einzelvorhersagen in ein hydrolo- auch die Transportwege und Informationsservice) der WSV gisches Modell zur Bestimmung -zeitpunkte optimiert werden. publiziert. Die BfG entwickelt der Abflussmenge gespeist. Diese Zudem ermöglichen sie eine und pflegt an die jeweilige werden in einem hydraulischen längerfristige Transportkapazi- Wasserstraße angepasste Vorher- Modell in Wasserstände um- tätsplanung und eine Optimie- sagesysteme und betreibt diese gerechnet und schließlich mit rung der Lagerhaltung bei der gemeinsam mit der WSV, um statistischen Modellen optimiert verladenden Wirtschaft. Schließ- tagesaktuelle Informationen und interpretiert. Die Vielzahl an lich können diese Echtzeitinfor- kontinuierlich bereitzustellen. Methoden und Modellen ist erfor- mationen für Planungen im Die verschiedenen Vorhersage- derlich, um die variierenden Un- Wasserstraßenmanagement, bei produkte der BfG basieren auf sicherheiten in den verschiedenen 16
Vorhersagehorizonten zu minimieren und zu kommunizieren. Während für kurz- bis mittelfristige Vorhersa- gen die Angabe absoluter Werte (einschließlich Unsicherheitsbereich) möglich ist, erfolgt eine prototypische 6-Wochen-Vorhersage in fünf Kategorien (von „niedriger“ bis „höher“ als im langjährigen Mittel). Meteorologische Vorhersagen Modelle Wasserstands- und Abflussvorhersagen a. deterministische Kurz- bis Mittelfristvorhersagen ARPA-SIM Hydrologische Pegel Kaub Wasserstandsvorhersage vom 12.12.2018 (20 Einzelvorhersagen) Modelle ECMWF/DWD (51 Einzelvorhersagen) Hydraulische Modelle Messdaten Meteorologische und hydrologische Statistische Modelle Messdaten b. wahrscheinlichkeitsbasierte 10-Tages-Vorhersage c. kategorisierte 6-Wochen-Vorhersage (experimentell, weiterhin Probabilistische Vorhersage – Pegel Kaub Gegenstand von Forschung und Entwicklung) 0% 6% 14 % 4% 20 % 22 % 35 % 47 % 6% 25 % 2% 100 % 0% 29 % 2% 45 % 43 % 29.11.18–05.12.18 06.12.18–12.12.18 13.12.18–19.12.18 20.12.18–26.12.18 6% 10 % 10 % langjähriger Erwartungswert 12 % 29 % 29 % etwas niedriger niedrig 0% 8% hoch Abb. 6: F lussdiagramm des Vorhersageverfahrens an der BfG 49 % 47 % normal zur Erzeugung von drei unterschiedlichen Vorhersa- 27.12.18–02.01.19 03.01.19–09.01.19 etwas höher geprodukten. 17
Niedrigwasser 2018 – ein Vorbote? Spüren wir die Auswirkun- (Jetstream) liegen. Die seit wesentlich geringer ausfallen als gen des Klimawandels oder Jahrzehnten beobachteten gegenwärtig und dann insbe- handelt es sich um ein steigenden Temperaturen und die sondere in der herbstlichen normales Wettergeschehen? Poleisschmelze führen zu einer Trockenphase fehlen. Niedrigwasserphasen hat es Verminderung dieses Höhen- schon immer gegeben. In windes. Im Zuge des Klima- Über diese allgemeinen Deutschland traten sie in der wandels ist daher anzunehmen, Schlussfolgerungen hinaus hat ersten Hälfte des 20. Jahrhun- dass mit zunehmender Tempe- die BfG bereits umfangreiche derts (z. B. 1921, 1947) häufiger ratur solche Trockenphasen und detaillierte Untersuchun- auf. Sie sind die Folge eines häufiger auftreten können. gen zu den Auswirkungen des normalen zentraleuropäischen Klimawandels auf die BWaStr Wettergeschehens. Solch geringe Die negativen Auswirkungen auf durchgeführt. Im Rahmen des sommerliche Niederschlags- die Abflüsse könnten dabei sogar behördenübergreifenden mengen wie 2018 werden durch noch zunehmen: 2018 profitierten Ressortforschungsprogramms sogenannte atmosphärische insbesondere Rhein und Donau KLIWAS (www.kliwas.de) des Blocksituationen hervorgerufen. von überdurchschnittlichen Bundesministeriums für Ver- Dabei wird ein zentrales Hoch- Wassermengen aus der Schnee- kehr und digitale Infrastruktur druckgebiet nicht durch Tief- und Gletscherschmelze. Beide wurde auch die mögliche druckgebiete abgedrängt. Die Anteile an der gesamten ab- Niedrigwasserentwicklung im Ursache hierfür kann in einem fließenden Wassermenge werden 21. Jahrhundert bestimmt. verminderten Höhenwind i.d.R. Ende des Jahrhunderts Die Abbildung 7 verdeutlicht – 18
60 beispielhaft für den Mittelrhein- Summe von Unterschreitungstagen 50 pegel Kaub – wie die Anzahl an Tagen, an denen ein Niedrig- 40 wasserkennwert (Q95) unter- schritten wird, langfristig 30 zunimmt. Dargestellt sind für drei Zeithorizonte der Mittel- 20 wert sowie die untere und obere Grenze einer Bandbreite, die 10 sich aus der Verwendung unterschiedlicher Klimaszenari- 0 en ergibt. Wie sich die Wahr- 1961–1990 2021–2050 2071–2100 scheinlichkeit für das Auftreten AOGCM/RCM-trocken AOGCM/RCM-feucht Ensemblemittel von Niedrigwasserereignissen Abb. 7: Projizierte Anzahl der Unterschreitungstage des 95 %-Perzentils (Q95) der Tagesmittel des Abflusses am Pegel Kaub für das Ensemblemittel (grauer Balken) sowie eine trockene in Zukunft verändern wird, ist (grün) und eine feuchte (blau) Projektion im Vergleich zu dem Referenzzeitraum 1961–1990. Gegenstand aktueller Forschung. 19
Der DAS – Basisdienst als größer und noch gesellschafts- der Deutschen Anpassungs- Werkzeug für zukünftige relevanter. Eine verbesserte und Strategie an den Klimawandel Herausforderungen umfangreichere Datengrundlage (DAS), der nicht nur die Vor dem Hintergrund eines sich für Entscheidungen ist für Wasserstände, sondern eine ändernden Klimas mit häufigeren mögliche Anpassungen unab- Vielzahl an Informationen für Extremereignissen, werden die dingbar. Daher ist die Entwick- die Nutzer, Anrainer und Herausforderungen für die lung eines Basisdienstes Manager der BWaStr bereit- BWaStr-Nutzer und -Manager „Klima und Wasser“ im Rahmen stellt, von großer Bedeutung. Foto: Dr. Sebastian Kofalk, BfG 20
Wasserspiegel – Pressespiegel Viele Menschen besitzen einen engen Bezug zu ihren heimischen Gewässern. Das Niedrigwasser 2018 wirkte sich in unterschiedlicher, teils weitreichender Weise auf den Lebensalltag der Bürger aus. Dementsprechend groß war das mediale Interesse an den Auswirkungen der anhaltenden Trockenphase im vergangenen Jahr. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht am Beispiel der Öffentlichkeitsarbeit der BfG das Presseecho im Verlauf der Niedrigwasserperiode. 30 440 BfG Experte: BASF: „Rhein aufstauen“ „Extremereignis“ Anzahl der digitalen Pressefundstellen „Gletscherschmelze wird fehlen“ 420 25 Hitzestress Wasserstand Pegel Maxau „Tomaten und Melonen [cm über Pegelnullpunkt] für Fische wachsen im Rhein“ 400 20 380 15 GLW, Maxau 360 „Spritpreise steigen“ 10 340 „Rheinpegel steigen wieder“ 5 320 0 300 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 he he he he he he he he he he he he he he he he he he he he he oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc oc W W W W W W W W W W W W W W W W W W W W W Abb. 8: Anzahl der digitalen Pressefundstellen, in denen die BfG im Jahr 2018 genannt wurde Thema Niedrigwasser im Vergleich zu den Wassertemperaturen und Wasserständen in Kaub am Rhein. Thema Wassertemperatur Verschiedene Themen in der Presse wurden in blau und kursiver Schrift als „Zeitmarken“ und Erklärungsansätze hinzugefügt. Wasserstand Maxau 21
Quellen: 1. Ademmer, M., J. Boysen-Hogrefe, S.Fiedler, D.Groll, N .Jannsen, S.Kooths und G. Potjagailo (2018). Aufschwung stößt an Grenzen–Belebung nur temporär. Kieler Konjunkturberichte 50(2018|Q4). Institut für Weltwirtschaft, Kiel (Kasten 1: 15–18) 2. Binnenschifffahrt online, 14.11.18: Niedrigwasser lässt Umschlag in Mannheim absacken, unter: https://binnenschifffahrt-online.de/2018/11/haefen-wasserstrassen/5277/niedrigwasser-laesst- umschlag-in-mannheim-absacken/ 3. Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, Jahresbilanz 2018 für den Rhein vorgelegt. Pressemitteilung, 05.12.2019 4. Deutscher Fährverband, mdl. Aussage Michael Maul, Vorstandsvorsitzender, 14.12.18 5. Reuters Nachrichten, 26.11.2018: BASF stellt TDI-Produktion im Ludwigshafen wegen Niedrigwasser ein, unter: https://de.reuters.com/article/deutschland-basf-idDEKCN1NV1L0 6. SWR Aktuell, 8.12.2018: BASF macht Millionenverluste durch Niedrigwasser, unter: https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/ludwigshafen/Ludwigshafen-BASF-mit-riesigem- Schaden-durch-Niedrigwasser,meldung-21360.html 7. ZDF, Frontal21, Sendung vom 27.11.2018: Manuskript: Deutschland auf dem Trockenen – Wie der Klimawandel unser Land trifft, unter https://www.zdf.de/assets/manuskript-deutschland-auf-dem- trockenen-100~original 22
Bundesanstalt für Gewässerkunde Am Mainzer Tor 1 • Postfach 20 02 53 56002 Koblenz Tel.: 0261 1306-0 • Fax: 0261 1306-5302 E-Mail: posteingang@bafg.de • Internet http://www.bafg.de 24
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