DAS OLYMPIA-JAHR BENEDIKT WAGNER - ERFOLG REICH UND ENGAGIERT - SÄBEL - Deutscher Fechter-Bund
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Offizielles Organ des Deutschen Fechter-Bundes e. V. • Nr. 1 • 2020 • 39. Jahrgang • 5273 DAS OLYMPIA-JAHR SÄBEL DFB BENEDIKT DFB-EHREN WAGNER – PRÄSIDENTIN ERFOLGREICH ERIKA DIENSTL UND ENGAGIERT WIRD 90
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inhalt F O R U M 4 Trainer des Monats 5 O LY M P I S C H E TEST WETTKÄMPFE Das Aha hat noch gefehlt 6 Foto: privat I M G E S P R ÄC H Benedikt Wagner – der Säbelfechter Armin Stadter vom TSV Bayer Dormagen im fechtsport-Interview8 P O R T R ÄT KEIN GRUND ZUR RESIGNATION Erika Dienstl zum 90. 11 FECHTER DES JAHRES Säbelfechter überzeugen Nach den ernüchternden Wettkampfergebnissen zu Beginn dieses Jahres bei „Fechter des Jahres“-Wahl 12 haben sich die Chancen zur Qualifikation für die Olympischen Spiele vom 24. Juli bis zum 9. August in Tokio für die deutschen Fechterinnen ZUKUNFT DES FECHTENS und Fechter deutlich verschlechtert. Dies darf allerdings kein Grund zur „An den Besseren orientieren“ 14 Resignation sein! BUNDESSTÜTZPUNKT Vielmehr sollten die letzten Reserven mobilisiert werden, um auch die TAU B E R B I S C H O F S H E I M kleinste Qualifikationsmöglichkeit zu nutzen. Hierbei unterstützen wir unsere Sportlerinnen und Sportler mit allen unseren Möglichkeiten. Tal der Tränen durchschritten 18 Die letzte Chance wird die Kontinentalausscheidung am 18./19. April in Madrid sein. Dort werden pro Waffe die letzten Olympia-Startplätze im L I S R OT T L E R - FAU T S C H Einzel ausgefochten. Luxemburgerin wird in Heidenheim zur Weltklassefechterin 20 Bereits nach der olympischen Qualifikationsphase muss die leistungs sportliche Entwicklung nüchtern und realistisch analysiert werden. F I E - KO N G R E S S 20 19 Aus dieser Analyse müssen Konsequenzen gezogen werden, um die IOC-Präsident lobt Weichen für die Zukunft stellen zu können. Der DFB wird sich noch „Errungenschaften des Fechtens“ 22 mehr anstrengen müssen, um auf allen Ebenen seine Ressourcen besser auszunutzen. 70 J A H R E H A M B U R G E R FECHT-VERBAND Zur Zukunft gehört auch, dass der Breitensport unabdingbare Voraus Stadt Hamburg schenkt setzung für den Leistungssport ist und bleiben wird. Dabei darf dies nicht Halle zum Jubiläum 24 nur ein Lippenbekenntnis sein, sondern muss in den Sporthallen mit Leben gefüllt werden. Wir müssen weiter versuchen, leistungsorientierte DEUTSCHE Breitensportler in die Struktur einzubinden, damit keine deutliche F E C H T E R J U G E N D 26 quantitative Reduzierung der Trainingsgruppen nach der Juniorenzeit eintritt. LANDESVERBÄNDE Arbeit, Disziplin, Siegeswille und Korrektur der kleinsten Fehler sind Nordbaden26 für den Erfolg auf allen Ebenen unabdingbar. Dies müssen wir alle Südbaden, Südwest 27 verinnerlichen, wenn es wieder aufwärts gehen soll. Westfalen28 Württemberg29 Armin Stadter DFB-Vizepräsident Breitensport und Senioren IMPRESSUM 33 MENSCHEN DES SPORTS Siegfried Kanzler beendet seine Hinweis: Dieser Ausgabe liegt ein Beileger von Plan International bei. Leidenschaft 34 Wir bitten um freundliche Beachtung. Nachruf: Kerstin Schwarzer 34 3
forum Foto zum Brexit „Auch wir im Sport tragen historische Schuld“ DOSB-Präsident Alfons Hörmann hat eine aktivere Aufarbeitung der „historischen Schuld“ des deutschen Sports im National- sozialismus angekündigt und sich mit Blick auf seine Rolle während des Nazi-Regimes und sein Verhalten danach um Entschul- digung gebeten. „Wir haben viel zu lange zu diesem wichtigen Thema geschwiegen, wir haben uns viel zu wenig mit diesem beschämenden Teil unserer Geschichte auseinandergesetzt“, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes im Frankfurter Römer. Hörmann sprach am internationalen Gedenktag für die Opfer des Holo- causts – 75 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz – weitere mahnende Worte. „Erinnern“, sagte er, „ist eine zwingende Notwendigkeit, um aus der Geschichte zu lernen.“ Daher werde der DOSB „keinen Schlussstrich“ ziehen, der DOSB werde seiner Verant- Großbritannien hat sich am 31. Januar aus der Europäischen Gemeinschaft verabschiedet. wortung nachkommen und sich intensiv Auch nach dem Brexit wird es weiter freundschaftliche Begegnungen von Fechtern auf bei- mit der Vergangenheit auseinandersetzen. den Seiten des Ärmelkanals geben. Foto: Augusto Bizzi „Auch wir im Sport tragen große histori- sche Schuld, und gleichzeitig sind wir dankbar, dass seit vielen Jahren jüdisches Fechter werben für die Sporthilfe Schmidt, WM-Dritter von 2017, auf ei- Leben in Deutschland erblüht und es eine nem Flyer der Sporthilfe zitiert. Auf dem wertvolle Vertrauensbasis zwischen Israel Die deutschen Fechter sind seit Jahrzehn- Deckblatt ist er in Jubelpose abgebildet, im und Deutschland gibt“, sagte Hörmann. ten in den Förderprogrammen der Deut- Innenteil zudem Florettfechterin Leonie Der jüdische Turn- und Sportverband schen Sporthilfe. „Wenn ich diese Förde- Ebert. Mit dem Flyer wirbt das Sozialwerk Makkabi Deutschland ist Mitglied im rung nicht hätte, wäre ich wohl nur noch des deutschen Sports um Spenden nach DOSB. Hobbyfechter“, wird Degenfechter Richard dem an den Fechtsport angelehnten Mot- to: „Was zählt, ist Präzision. Auch bei der Olympische Jugendspiele Förderung.“ geschlechtergerecht WADA-App „Athlete Central“ Bei den Olympischen Jugendspielen 2022 in Dakar soll es geschlechtergerecht zuge- Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat die hen. Jeweils 112 Wettbewerbe für Frauen neue App „Athlete Central“ eingeführt, und Männer, 15 gemischte Wettbewerbe mit der die Einhaltung der Aufenthalts- und jeweils 2282 Athletinnen und 2282 ortregeln im Rahmen der weltweiten Anti- Athleten: Bei der ersten olympischen Doping-Bestimmungen zur Verfügbarkeit Großveranstaltung in Afrika gibt es zu- für Doping-Kontrolleure erleichtert wird. mindest in dieser Hinsicht keinen Unter- Sie ersetzt die bisherige WADA-App, die schied der Geschlechter mehr. In Buenos seit Jahren in Betrieb war und moderni- Aires 2018 hatte es noch 114 Männer-, 103 siert werden musste. Die Bestimmungen Frauen- und 22 Mixed-Wettbewerbe mit zum Aufenthaltsort der Athleten sind zent- insgesamt 4000 Athletinnen und Athleten Die Deutsche Sporthilfe wirbt mit Fechtern ral für die Doping-Tests im Training. Nach gegeben. um Spenden. den WADA-Regeln muss eine begrenzte 4
Anzahl von Spitzenathleten mitteilen, wo sie täglich eine Stunde lang aufzufinden sind. Trainer des Monats Lehrgänge an der Fechttrainer aus Bad Segeberg: Wolf Gunter Richter Coaching-Akademie in Budapest Wolf Gunter Richter war als Fechter aktiv in Eus Im Rahmen des FIE-Entwicklungspro- kirchen, Hamburg, Stuttgart und Bad Segeberg. gramms und des Engagements für die Seine Trainerausbildung, die seinerzeit noch als weltweite Ausweitung und Bereicherung Übungsleiterausbildung bezeichnet wurde, ab- des Fechtens sponsert der Weltverband solvierte er noch im vergangenen Jahrtausend FIE die Budapester Coaching-Akademie im Hamburger Fechtverband. Die B-Traineraus- 2020. Das Programm, das Trainern von bildung erfolgte vor etwa zehn Jahren bei Henri FIE-Mitgliedsverbänden aus Europa, Jansen in Bonn. Amerika und Asien/Ozeanien offensteht, umfasst eine Reihe dreimonatiger Lehr- Nach seinem Studium in Stuttgart zog er 1993 gänge – einen für jede Waffe (Degen, nach Bad Segeberg, wurde Mitglied der FG Se- Florett, Säbel) –, die das ganze Jahr über geberg und ist seit dem 29. März 1996 unun- abgehalten werden. Absolventen des Pro- terbrochen stellvertretender Vorsitzender des gramms erhalten ein offizielles, von der Vereins. Er macht seit 1994 das Kinder- und „Trainer des Monats“ ist Wolf FIE anerkanntes Diplom. Jugendtraining der FG Segeberg und betreut Gunter Richter. Foto: Christian Detlof seine Sportler bei nationalen und internationa- Zu den Inhalten zählen Psychologie, Phy- len Wettkämpfen. Seine Fechten erkämpften da- siologie, Sporttheorie und Biomechanik bei unter anderem Medaillen bei deutschen Meisterschaften der A- und B-Jugend sowie Coaching-Ausbildung und Fechtpra- sowie der Junioren. xis. Jedes der dreimonatigen Programme wird in englischer Sprache abgehalten und Inzwischen steht er in jeder Woche an vier Trainingsabenden in der Sporthalle und findet täglich (Montag bis Freitag) ganztä- an vielen Wochenenden im Jahr in der Wettkampfhalle, um seine Sportler optimal gig statt. Das Format des Programms steht zu betreuen. Regelmäßig ist er in der Turnierleitung bei Turnieren des Fechterbun- acht Trainern pro Waffe offen, darunter des Schleswig-Holstein und der Fechtgemeinschaft Segeberg eingebunden. Er ist in sechs aus Europa. Segeberg aus der Fechthalle nicht mehr wegzudenken. Armin Stadter Bewerber für das Programm müssen min- destens sieben Jahre Trainererfahrung, ein Coaching-Diplom der Stufe drei, eine FIE oder eine nationale Fechterlizenz sowie aktuellen Situation ist es wichtig, über das (DOSB) seit 34 Jahren gemeinsam verge- eine Verpflichtung, mindestens zwei Jahre Thema zu informieren und aufzuklären“, ben. Auch 2020 werden insgesamt 50 Ver- lang in ihrem nationalen Verband zu coa- sagte Claudia Bokel, Präsidentin des Deut- eine für ihre exzellente Nachwuchsarbeit chen, vorweisen können. Eine schriftliche schen Fechter-Bundes und seit 2014 Bot- ausgezeichnet. Vereine oder Vereinsabtei- Genehmigung durch den Präsidenten des schafterin der NADA. Während der The- lungen können sich bis zum 31. März 2020 jeweiligen nationalen Verbandes und eine menwoche wurde auf Facebook, Instagram über ihren Spitzenverband bewerben. Eine Biografie sind ebenfalls erforderlich. Mög- und Twitter sowie auf der Homepage des hochkarätig besetzte Jury wählt die 50 Ge- lich ist noch, sich für den Florett-Lehrgang DFB und im fechtsport-Magazin über winnervereine aus, die jeweils den Pokal vom 17. September bis 15. Dezember zu das Thema berichtet und aufgeklärt. „Die- „Das Grüne Band“ und eine Förderprämie bewerben. Bewerbungsschluss ist der 12. ses Engagement und das klare Bekenntnis in Höhe von 5.000 Euro erhalten. Juni 2020. Bewerbungen sind von den na- zum dopingfreien Sport hat Vorbildcha- tionalen Verbänden an die FIE zu richten rakter“, sagte die NADA-Vorstandsvorsit- Die 50 Sieger-Vereine erhalten im Herbst an training.camp@fie.ch zende Andrea Götzmann. 2020 entweder bei einer individuellen Verleihung in ihrer Stadt oder auf der DFB-Themen-Woche zu Anti-Doping Jetzt bewerben: 5000 Euro für Deutschlandtour des Grünen Bandes ihren vorbildliche Talentförderung Preis. Alle Vereine, die sich in der Nach- In den sozialen Medien hat sich der Deut- wuchsarbeit engagieren, sind aufgerufen, sche Fechter-Bund während der Themen- Das „Grüne Band für vorbildliche Talent- das Online-Bewerbungsformular auszu- woche „Anti-Doping“ vom 16. bis 20. förderung im Verein“ ist der bedeutendste füllen und sich zu bewerben. Dezember für einen sauberen Sport mit Förderpreis im deutschen Nachwuchs- Unterstützung der Nationalen Anti Do- leistungssport, den die Commerzbank Weitere Informationen: www.dasgruene- ping Agentur engagiert. „Gerade in der und der Deutsche Olympische Sportbund band.com/bewerbung/ 5
DAS AHA HAT NOCH GEFEHLT Olympische Testwettkämpfe I Die Japaner haben einen Hang zur Perfektion. Sei es beim kunstvollen Papierfalten, dem Origami, bei den ästhetisch und variantenreich zubereiteten Sushis oder beim Organisieren von Großveranstaltungen. Bei den olympischen Testwettkämpfen im Fechten im Dezember war es erstaunlicherweise nicht ganz so perfekt. „Es war eher etwas unglücklich. Man er- Die Medaillenkämpfe mit Degen, Florett Takamado Trophy“; es trägt den Namen wartet bei einem Testwettkampf, dass es und Säbel werden in der Makuhari (Halle des einstigen Cousins des japanischen Kai- so ist, wie es bei den Spielen sein wird“, B) im Stadtteil Chiba ausgetragen. In der sers Akihito. Zufrieden mit dem Verlauf berichtet Dieter Lammer. „Dem war noch Halle A des insgesamt 210.000 Quadrat- des Turniers waren natürlich vor allem nicht so.“ Der Vizepräsident Internatio- meter großen Messezentrums werden die die erfolgreichsten Fechter im Einzel – al- nales des Deutschen Fechter-Bundes ist Olympiasieger im Ringen und Taekwondo len voran Alessio Foconi. Der italienische vom Weltverband FIE zum Technischen ermittelt. Weltmeister unterstrich mit seinem Sieg, Delegierten für die Olympischen Spiele in dass er im Juli in Tokio der Topfavorit auf Tokio ernannt worden. Damit trägt er die Zum großen Eignungstest in der Makuhari- Olympia-Gold ist. Verantwortung für die Organisation des Halle kamen Mitte Dezember 211 Florett Fechtturniers. fechter zum Weltcupturnier „Prince Benjamin Kleibrink weiß als Olympiasieger von 2008, wie es sich anfühlt, das wichtigste Fechtturnier auf der Welt zu gewinnen. Der Düsseldorfer landete bei diesem Weltcup- turnier zwar nur auf Platz 30 und mit der Mannschaft auf Rang 11, wird aber voraus- sichtlich in diese Halle zurückkehren. In der Olympia-Qualifikation liegt er in der europäischen Rangliste auf Platz zwei und hätte damit das Tokio-Ticket sicher. Während das Turnier auf den allstar- Bahnen reibungslos über die Bühne ging, offenbarten sich zahlreiche Probleme in der Halle, die aus Kostengründen nicht sieben Monate vor der Eröffnungsfeier am 24. Juli so hergerichtet werden konnte, wie es bei Olympia sein soll. So musste man mit nicht optimalen Lichtverhältnissen und einem nicht überall guten Sound bei den Durchsagen leben, was für die Starter zuweilen nicht so einfach war. „Die Fechter konnten wegen der zu schwachen Beleuch- tung die Linie des letzten Meters nicht er- kennen“, sagt Lammer. Olympischer Testwettbewerb für die Medaillenkämpfe vom 24. Juli bis 2. August in der Abgesehen von besserer Beleuchtung Makuhari-Halle in Tokio würden sich die Lichtverhältnisse in der 6
„Bei Olympia stelle ich es mir anders vor.“ Er sei aber überzeugt, dass es „deut- lich besser als bei den Rio-Spielen 2016“ werde. Wenn es nach Dieter Lammer geht, soll es auch innovativer werden. Der Plan ist, um das Wettkampf-Plateau herum Banden mit LED-Panels zu installieren, auf denen Bil- der von Fechtern und anderes präsentiert werden könnte. Ob dies vom gestrengen Internationalen Olympischen Komitee ab- gesegnet wird, sei noch offen. Größere Schwierigkeiten als in der Halle könnte es eher beim Transport von Fech- tern, Trainern und Offiziellen geben. Das Olympische Dorf ist von der Makuhari- Halle etwa 35 bis 40 Minuten Fahrzeit entfernt, heißt es. Eine für den normalen Verkehr gesperrte Straßenspur (Olympic Benjamin Kleibrink vor dem Gefecht Lane) wird es in Tokio aber nicht geben, so dass in dem dichten Verkehr der mit nahezu 38 Millionen Einwohnern größten Metropole der Welt das Fortkommen oft nicht zu kalkulieren ist. Die japanischen Olympia-Organisatoren empfehlen und fördern vor allem die Nutzung des guten öffentlichen Nahverkehrs. Nicht geklärt ist, wie die Fechter in die, an der Makuhari-Halle gelegene, Trainings- halle gelangen werden. Es ist zwar nur ein zehnminütiger Fußweg, doch bei erwar- teten mehr als 35 Grad Celsius Wärme ist mit Fechtsack jeder Meter im Freien an- strengend. Perfekt soll alles bis und bei den zweiten Olympischen Sommerspielen nach 1964 in Tokio erst während der Spiele werden. Die Fechter starten in die olympischen Gefech- te einen Tag nach der Eröffnungsfeier, also am 25. Juli. Die ersten Fecht-Medaillen werden am 26. Juli im Degen-Einzel verge- ben, die letzten am 2. August im Kampf der Säbel-Mannschaften. Nachdem 2008, 2012 und 2016 nach dem Rotationsprinzip zwei Mannschafts-Wett- bewerbe im Fechten nicht dabei waren, Im Testturnier lief es nicht ganz optimal: Kleibrink landet nur auf Platz 30. werden in Tokio wieder Olympiasieger in Fotos: Augusto Bizzi allen 12 Disziplinen gekürt. In Rio waren die Teams im Herrensäbel und Damenflo- Halle noch verändern, wenn die Stahl- in der Halle zu schaffen. „Das Aha fehlte rett nicht dabei. Vor vier Jahren in Rio war tribünen für 8000 Zuschauer aufgebaut noch. Doch das kriegen die Japaner hin“, Russland mit sieben Medaillen, davon vier seien und eine Barriere für das durch meint Lammer. aus Gold, die erfolgreichste Fecht-Nation Glasscheiben einfallende Licht bilden vor Ungarn und Italien (je 4). Die deut- würden, so Lammer. Ausgewechselt wer- „Deutlich besser als in Rio 2016“ schen Fechter waren erstmals ohne Mann- den müsste auch noch der Teppichboden, Auch dem DFB-Sportdirektor hat die schaft am Start und konnten im Einzel der nicht den Farbton gehabt hätte, um Präsentation der Testwettkämpfe „nicht keine Medaille gewinnen. ein stimmiges, olympiawürdiges Setting imponiert“, wie Sven Ressel bekennt. Andreas Schirmer 7
Ex-Europameister ist ein über die Planche hinaus engagierter Athlet. Fotos: Augusto Bizzi DIE STIMME DER ATHLETEN WIRD STÄRKER WAHRGENOMMEN Benedikt Wagner I Der Säbelfechter vom TSV Bayer Dormagen gehört zu den Besten der Welt. 2014 wird der 29-Jährige mit der Mannschaft Weltmeister und ein Jahr später Europameister. 2016 holt er den EM-Titel im Einzel. Wagner, persönliches Mitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes, macht sich darüber hinaus für die Interessen der Athleten stark. Im fechtsport-Interview spricht er aber auch über den Druck in der Olympia-Qualifikation. 8
Eine Folge des russischen Doping-Skan- ist elementar, so etwas zu leben. Im Leis- war sicher der Auslöser für die Athleten, dals ist, dass die Athleten überall auf der tungssport den Fokus auf die Olympischen sich besser zu organisieren, um die eigenen Welt aufbegehren, sich in Vereinigungen Spiele oder Weltmeisterschaften zu haben, Rechte und Interessen zu verteidigen. zusammenschließen, weil sie ihr Wohl ist das eine. Das andere ist, wo man ange- und Wehe nicht nur den Funktionären fangen hat, nämlich im Verein. Ich bin aus Es wurde und wird immer wieder gesagt: überlassen und mitbestimmen wollen. Interesse am Sport in den Verein gegangen Die Athleten stehen im Mittelpunkt. Wie mündig sollte der mündige Athlet und nicht, weil mein Plan war, irgendwann Stimmt das in der Praxis auch wirklich? sein? zu Olympia zu fahren. Deshalb ist es ext- rem wichtig, dafür zu sorgen, dass Vereine Wagner: Auf jeden Fall sind wir die Benedikt Wagner: Grundsätzlich stelle ich attraktiv bleiben. Hauptakteure und so wird es auch wahr- mir erst mal vor, dass Athleten vor allem genommen. Insofern stehen wir schon im keine Angst und die Möglichkeit haben, Wie kommt es, Ihrer Meinung nach, Mittelpunkt. Ein anderes Thema ist, ob die ihre Meinung zu äußern und Vorschläge dass sich fast überall die Athleten auf Athleten von den Olympischen Spielen in Bereichen zu machen, in denen es Pro- der Welt organisieren, um ihre Inter- oder anderen Sportgroßveranstaltungen bleme gibt, Bedürfnisse zu äußern und die essen besser vertreten zu können? Ist auch in finanzieller Hinsicht profitieren. Möglichkeit haben, mitzugestalten – und der Unmut über die Selbstherrlichkeit auch Gehör finden. Dies braucht natürlich großer Sportverbände und -organisa- Es gibt die Forderung von Max Hartung, ein Stück Eigenverantwortung und auch tionen sowie Funktionäre so groß ge- der Vorsitzender des Vereins Athleten immer Athleten, die sich trauen, Verant- worden? Oder war der Doping-Skandal Deutschland ist, dass die Sportler an wortung zu übernehmen. in Russland und der Umgang damit, der den Einnahmen aus der Vermarktung Tropfen, der das Fass zum Überlaufen der Sommer- und Winterspiele beteiligt Ihr Säbelkollege Max Hartung hat das gebracht hat? werden! getan. Auf sein Betreiben ist der Verein Athleten Deutschland gegründet wor- Wagner: Es ist sich nicht nur ein Grund. Stärker auf Sport und den, um eine professionellere Vertretung Die Kommerzialisierung im Sport plus die Athleten besinnen der Interessen der Sportler zu schaffen. Doping-Affären. Russland war in meiner Wahrnehmung dabei schon ein großes Wagner: Ja, aber man muss stark unter- Wagner: Die Arbeit von Max und die Thema. Wenn ein ganzer Staat betrügt, was scheiden. Geht es um die rein finanzielle Gründung von Athleten Deutschland war kann man da machen? Athletenvertreter, oder die allgemeine Anerkennung, die ein wichtiger Schritt für das Thema Mit- die noch aktiv sind und ehrenamtlich für Begeisterung der Fans, die man spürt, bestimmung. Zum ersten Mal engagieren die Interessen der Sportler eintreten, sind da wenn man bei Olympischen Spielen oder sich Athleten vieler Sportarten gemeinsam. überfordert. Man kann die Expertise dazu bei EM und WM ist. Das sind verschie- Die Stimme der Athleten wird viel stärker gar nicht erwerben, weil man die Zeit dafür dene Arten von Wertschätzung. Natürlich wahrgenommen: In den Verbänden und nicht aufwenden kann, um solche kom- kommt man nicht drumherum zu fra- Medien. Es ist wichtig, dass man die Ath- plexen Themen richtig zu beurteilen. Das gen –, wie bei den Sommerspielen in Rio leten als Akteure auf der Bühne des Sports ernst nimmt und sie mit in Entscheidun- gen einbezieht. Benedikt Wagner ist ein Fechter mit „Nicht ganz so brisante Emotionen Themen angesprochen“ Wie ist Ihre Erfahrung als Fechter im Verein und Verband – Sie sind persön- liches Mitglied des Deutschen Olympi- schen Sportbundes und dem Verein Ath- leten Deutschland verbunden – mit der Mitbestimmung? Wagner: Ich habe immer die Erfahrung gemacht, grundsätzlich willkommen zu sein. Dass mich nie jemand zum Schwei- gen bringen wollte, lag vielleicht auch da- ran, dass ich nicht ganz so brisante oder große Themen angesprochen habe. Ich war Jugendwart im Verein. Und in der Zeit hat- te ich das Gefühl, dass Engagement gerne gesehen wird, die Leute einem auch gern zuhören, wenn sie merken, dass man ein Interesse an einer gut funktionierenden Gemeinschaft im Verein hat. Ich glaube, es 9
Olympia verbunden sind. Deshalb haben die Spiele natürlich eine große Bedeutung und damit einhergehend ist der Druck hö- her. Grundsätzlich unterscheidet sich die Anspannung und der Nervenkitzel nicht von einer WM oder EM. Dennoch ist es für mich nicht wie vor einer WM, weil eine Olympia-Medaille eine größere Bedeutung hat und sie uns Säbelfechtern noch fehlt. Eine große Erwartungshaltung ist da und gehört dazu. Ist die große Erwartung denn mehr Reiz oder Hemmschuh? Wagner: Ich empfinde es als Reiz. Außer- dem treten wir nicht nur als Einzelkämpfer auf, sondern als Team mit Betreuern und Trainern. Das erzeugt ein Gemeinschafts- gefühl, für das alle viel investieren. Das deutsche Säbel-Team ist, wie es scheint, eine starke Gemeinschaft. Hilft das gute Miteinander bei den sportlichen Einer der Herausforderungen? Besten im Säbelfechten: Wagner: Ich kann das nur aus meiner per- Benedikt Wagner sönlichen Erfahrung bewerten, aber ich kenne es nicht anders. Es war immer so bei uns gewesen, obwohl wir auch starke Ein- 2016 –, ob die Athleten im Mittelpunkt men in der Welt, aber eine gute Infrastruk- zelsportler sind, haben wir eine funktio- stehen oder ob da nicht Politiker oder tur und viele vorhandene Sportstätten, die nierende Gemeinschaft und kommen auch Funktionäre sich nicht eine Art Denkmal im Sinne der Nachhaltigkeit genutzt wer- privat gut klar. Es ist immer Fairness und errichten wollten. Nachdem, was ich in den könnten. ein offener, freundlicher Ton vorhanden. Rio gesehen habe, fragte ich mich schon Ich habe das immer als produktiv und för- bei den Sportstätten und der geschaffenen In diesem Jahr stellt der Bund erstmals dernd wahrgenommen. Sei es in meinen Infrastruktur, wie nachhaltig das Ganze Geld für eine Altersvorsorge für Spitzen- ersten Jahren bei den Junioren oder als ich ist und wie sinnvoll es war, so viel Geld sportler zur Verfügung. Hilft dies den bei den Aktiven stärker mit eingestiegen dafür aufzuwenden. Dem olympischen Athleten, gibt das ein Stück mehr Sicher- bin zu Zeiten von Nicolas Limbach. Ich Sport würde es auf jeden Fall guttun, sich heit für die Zukunft? habe aber auch Fechter kennengelernt, die in Zukunft wieder stärker auf den Sport als Einzelkämpfer sehr gut klar kamen. und damit auch auf die Athleten und die Wagner: Meiner Meinung nach ist das ein Werte zu besinnen. Nicht nur durch Wor- Schritt in die richtige Richtung. Es gibt den Sie waren schon mal bei Olympischen te, sondern auch mit Taten. Athleten Sicherheit für die aktive Zeit ihrer Spielen. In Rio 2016 haben Sie Max Karriere und ist eine kleine zusätzliche Ab- Hartung als Trainingspartner unter- Könnte eine deutsche Olympia-Bewer- sicherung. Die Höhe ist da erstmal egal, es stützt. Ist dieser Besuch bei Olympia eine bung dafür ein Pilotprojekt sein? ist ein Zeichen der Wertschätzung und ein zusätzlich Motivation gewesen, 2020 in richtiges Signal. Tokio als Teilnehmer dabei zu sein? Wagner: Ja, natürlich könnte das sein. Mir ist es im Prinzip egal, wo auf der Welt Der Druck in der Wagner: Für mich war das damals sehr Olympische Spiele stattfinden. Es wäre Olympia-Qualifikation schwierig, weil ich während der Olympia- aber auch schön, wenn das Gold nach Qualifikation das Pfeiffersche Drüsenfieber Deutschland geschafft werden könnte. Ich Wie alle anderen Fechter sind Sie mitten bekommen hatte. Gesundheitlich war ich halte das Projekt der Initiative Rhein Ruhr, in der Olympia-Qualifikation. Ist der da lange am Limit meiner Leistungsfähig- die eine Olympia-Bewerbung für 2032 an- Druck größer als der Ausscheidungsstress keit. Es war zu spät, um eine Pause zu ma- strebt, für eine interessante Idee. Es ist ein vor Welt- und Europameisterschaften? chen. Deshalb habe ich trotz Erkrankung Schritt in die richtige Richtung. Die Frage weiter in der Qualifikation gefochten. Pha- ist, ob das IOC das Projekt einer ganzen Wagner: Es ist etwas Besonderes, weil senweise hat das ganz gut funktioniert bei Region akzeptieren würde. Denn man ist Olympische Spiele seltener stattfinden und einigen Turnieren wie auch bei der EM. es bisher gewohnt, dass prominente Städte weil es für einen Verband, und, was die Oft ist mir aber die Puste ausgegangen, am Ende das Rennen machen. Die Region eigene Disziplin angeht, auch mit Förder- weil ich einfach nicht gesund war. Rhein-Ruhr hat nicht so einen großen Na- geldern zu tun hat, die mit dem Erfolg bei Andreas Schirmer 10
EIN LEBEN FÜR DEN SPORT Erika Dienstl I Für die rheinische Optimistin und Frohnatur ist es keine Frage: Feste werden gefeiert, wie sie fallen. Diesmal kamen Wegbegleiter und Freunde zum 90. Geburtstag der „Grande Dame“ des deutschen Sports. A uch am 1. Februar gab es in Stolberg bei Aachen wieder ein großes Stelldichein des deutschen und internationa- len Sports. Viele aktuelle und ehemalige Spitzenfunktionäre waren gekommen, um zu gratulieren und ihre Verdienste im Fechten, im einstigen Deutschen Sport- bund, in der Sporthilfe, im Internationalen Olympischen Komitee und zahlreichen anderen Organisationen und Gremien zu würdigen. IOC-Präsident Thomas Bach, der Erika Dienstl immer noch Chefin nennt, musste wegen einer Erkrankung kurzfristig seinen fest eingeplanten Besuch absagen. Dafür gehörten vom DOSB die Vorstandsvorsit- zende Veronika Rücker und Gudrun Doll- Tepper, Vizepräsi- dentin für Bildung und Olympische Erziehung, zu den dies verhindern Geburtstagsgästen. wollte. „Ich war erbost und wütend. „Der Sport war Ich habe ihm ge- und wird ein Teil sagt, ich kandidiere meines Lebens blei- mit oder ohne deine ben, so lange ich Zustimmung“, erin- gesund und geistig nert sich Dienstl. Sie fit bin“, sagt Erika setzte sich durch, Dienstl. „Er bewegt wurde 1982 ins DSB-Vizepräsidentenamt mich immer noch.“ Internationales gewählt und damit zur Sie verfolgte die DFB-Präsidentin Claudia Bokel gratuliert „Außenministerin“ des deutschen Sports. WM-Spiele der deutschen Handball-Nati- ihrer Vorgängerin (oben). Erika Dienstl und onalmannschaft genauso wie die Höhen- Thomas Bach (links). Langjähriger Weg- Eigentlich gab es fast keinen ehrenamt- flüge der Skispringer oder die Entwicklung gefährte Erika Dienstls im Fechten war lichen Job, den sie nicht übernommen des Fechtsports, den sie selbst als Aktive im Medaillenschmied Emil Beck (rechts). hatte oder über Jahrzehnte ausübte. Erika Stolberger Fechtclub bis 1968 betrieb. Fotos: DFB (1), fechtsport (1), Maxim Jlgalov (1) Dienstl war Vorsitzende der Deutschen Sportjugend, im Kuratorium des Deutsch- Im Deutschen Fechter-Bund begann auch lehrt, was ihr in der zu ihrer Zeit von Män- Französischen Jugendwerks oder Mitglied ihre sportpolitische Karriere, erst als Ju- nern dominierten Welt der Sportpolitik der Kommission Sport und Umwelt des gendwartin und 14 Jahre lang bis 2001 als geholfen hat: Nicht nur Treffer zu setzen, Internationalen Olympischen Komitees. Präsidentin. Wie auch im DFB war Erika sondern auch Blessuren wegzustecken. Bis heute ist sie noch im Aufsichtsrat der Dienstl oft die erste Frau in den vielen Äm- Deutschen Sporthilfe und – seit 30 Jah- tern und Positionen, die sie übernommen „Ich war erbost und wütend“ ren – die Vorsitzende des Empfehlungs- hatte oder ihr angetragen wurden. Zum Beispiel, als sie gefragt wurde, ob sie ausschusses für die Sportplakette des Bun- nach zehn Jahren als Vorsitzende der Deut- despräsidenten. Fragt man sie, welches Die Zeit im DFB-Präsidentenamt sei für schen Sportjugend nicht für das Amt als Ehrenamt ihr am meisten gegeben und be- sie eine „menschliche Bereicherung“ ge- Vizepräsidentin des einstigen Deutschen deutet hat, erhält man eine überraschende wesen, in der ihr besonders „die Zunei- Sport-Bundes kandidieren wolle und der Antwort: „Das waren die zehn Jahren als gung der Fechter“ viel bedeutetet habe. damalige, ihr bis dahin freundschaftlich Vorsitzende der Deutschen Sportjugend.“ Das Fechten habe sie aber auch etwas ge- verbundene DSB-Präsident Willi Weyer Andreas Schirmer 11
SÄBELFECHTER ÜBERZEUGEN BEI „FECHTER DES JAHRES“-WAHL Fechter des Jahres 2019 I Auch bei der „Fechter des Jahres“-Wahl des Deutschen Fechter-Bundes in der vorolympischen Saison führte an den Säbelherren als Mannschaft, an Max Hartung als Einzelfechter und damit auch an Bundestrainer Vilmos Szabo kein Weg vorbei. MAX HARTUNG GANZ ENTSPANNT: IN DER OLYMPIA- EUROPAMEISTER IN QUALIFIKATION LÄUFT ES PERFEKT UND ER WURDE ZUM DÜSSELDORF: HERRENSÄBEL-TEAM DRITTEN MAL „FECHTER DES JAHRES“ WIRD ZUM VIERTEN MAL „MANNSCHAFT DES JAHRES“ W zuteil geworden „Max ist nicht nur EM-Dritter im Einzel ie schon 2018 ragten die deutschen geworden, sondern hat im Weltcup stabile Leistungen ge- Säbel-Asse mit ihren Leistungen und bracht und steht auf einem Spitzenplatz in der Weltrang- Erfolgen heraus und gewannen in allen liste“, erklärte Ressel die Entscheidung für ihn. Kategorien. „Das Präsidium hat sich einstimmig für die Säbelfechter entschieden“, sagte Sportdirektor Sven Ressel. Außerdem hat Hartung mit dazu beigetragen, dass das „Da kamen wir nicht drum herum.“ Säbel-Nationalteam in Düsseldorf Europameister wurde und klar auf Kurs Olympische Spiele in Tokio liegt – „und „Fechter des Jahres“ ist wie schon 2015 und 2018 Max dort eine Medaillenchance hat“ (Ressel). Die Erfolgsserie Hartung. Mit seinem dritten Wahlerfolg zog der 30 Jah- des Säbelteams bei der „Fechter des Jahres“-Wahl ist seit re alte Dormagener mit Peter Joppich gleich. Dem vier- 2014 nur einmal von der deutschen Damenflorett-Mann- maligen Weltmeister war diese Ehre 2003, 2006 und 2010 schaft (2017) unterbrochen worden. 12
FECHTER DES JAHRES VON 2000 BIS 2019 2000/01 Claudia Bokel (TBB) 2002/03 Peter Joppich (Koblenz) 2004/05 Anja Müller (TBB) 2005/06 Peter Joppich 2007/08 Britta Heidemann (Leverkusen) Benjamin Kleibrink (Bonn) 2008/09 Nicolas Limbach (Dormagen) 2009/10 Peter Joppich 2010/11 Nicolas Limbach 2011/12 Britta Heidemann 2012/13 Carolin Golubytskyi 2013/14 Britta Heidemann 2014/15 Max Hartung (Dormagen) 2015/16 Benedikt Wagner (Dormagen) 2016/17 Richard Schmidt (Offenbach) 2017/18 Max Hartung 2018/19 Max Hartung MANNSCHAFT DES JAHRES 2013/14 Deutsches Säbelteam 2014/15 Deutsches Säbelteam 2016/17 Deutsches Damenflorettteam 2017/18 Deutsches Säbelteam 2018/19 Deutsches Säbelteam TRAINER DES JAHRES 2014/15 Vilmos Szabo (Säbel) 2015/16 Mario Böttcher (Degen) 2017/18 Vilmos Szabo (Säbel) 2018/19 Vilmos Szabo (Säbel) UNERMÜDLICHER „VATER DER ERFOLGE”: SÄBEL-BUNDESTRAINER VILMOS SZABO Ebenfalls zum dritten Mal wurde Vilmos Szabo zum „Trai- ner des Jahres“ gewählt. Kein Wunder bei dem Erfolg seiner Jungs! Der Bundestrainer bekam die Auszeichnung schon 2015 und 2018. „Er ist weiterhin der Vater der Säbel-Erfol- ge“, meinte Ressel. Der DFB-Sportchef hofft, dass die jährliche „Fechter des Jahres“-Wahl auch Ansporn für andere Disziplinen ist, in die Reihen der Ausgewählten und Geehrten zu kommen. „Ich hoffe sehr, dass sich im Olympia-Jahr auch noch andere Kandidaten anbieten werden“, sagte Ressel. Andreas Schirmer Fotos: Augusto Bizzi 13
D E N B E S S E R E N „ AN E N “ O R I E N T I E R Der größte Augenblick ihrer sport lichen Karriere: Britta Heidemann und Benjamin Kleibrink holen 2008 in Peking Olympia-Gold Fotos: Serge Timacheff 14
Zukunft des Fechtens I Britta Heidemann hat den Degen längst beiseitegelegt, aber nicht mit dem Fechten abgeschlossen. Bei einer Veranstaltung der Firma Voith, einem der großen Fecht-Sponso- ren hierzulande, in Heidenheim zum Thema „Zu- kunft des Fechtens in Deutschland“ bezogen die Olympiasiegerin von 2008 und Heidenheims Chef- trainer Thomas Zimmermann engagiert Stellung. Warum läuft es seit Jahren im deutschen Fechtsport nicht wie einst bei Emil Beck oder in der Heidemann-Ära? „Es gibt mehrere Gründe und es gibt Generationen von Fech- tern, die sich gegenseitig antreiben“, sagte die 37 Jahre alte Kölnerin. „Ich hatte das Glück, in eine ganz starke Genera- tion reingewachsen zu sein.“ Damals zählten Claudia Bokel und Imke Duplitzer – die eine war Weltmeisterin, die andere Europameisterin – zu ihren Mitstreiterinnen und Konkurrentinnen. „Das ist im- mer ein guter Antrieb für den Nachwuchs, man orientiert sich an den Besseren“, sagte Heidemann. Und wenn das Ni- veau nach unten gehe, seien junge Athleten eben auch eher mit dem zufrieden, wie es ist. 15
Ein weiterer Grund für den Leistungs- Fechtzentrum nicht der Fall. Da hängen rückgang sei zudem das Training und die nur Bilder von 1988.“ Einstellung dazu. „Als ich in die Natio- nalmannschaft gekommen bin, haben wir Man muss sich etwas einfallen lassen und Stunde um Stunde im Training gefochten. tun. Im Skispringen hat es funktioniert, als Da gab es gar nicht so viele Ausnahmen – RTL die Fernsehübertragungen begonnen die Ausnahme war die Ausnahme. „Heute hat. Im Fechten hat es in der Zeit funktio- sei mehr verbreitet, dass jeder seine Aus- niert, als Emil Beck sich reingehängt hat. nahme haben wolle. „Sich gegenseitig an- „Alle Kinder fechten mal mit Stock und zutreiben, war für mich ein Vorteil.“ Stab, spielen Räuber und Gendarmen. Fechten ist sozusagen Menschen inhärent“, Fecht-Meister Zimmermann pflichtete meinte Heidemann. Jedes Kind ficht beim Heidemann bei und nannte weitere Ur- Britta Heidemann, eine der erfolgreichsten Spielen mit einem Stock mal mit einem an- sachen für die Probleme im Fechten. „Es deutschen Fechterinnen der Vergangenheit, deren Kind. „Da müsse man es doch wieder fehlt im Nachwuchs an der großen Masse, macht sich Gedanken über die Zukunft des hinbekommen, dass Fechten wieder etwas die sich gegenseitig nach vorne pusht“, sag- Fechtens. ist.“ te er. Gründe dafür sind die Ganztagsschu- le und das veränderte Hochschulsystem und Eltern. „Meine Eltern haben Sie würde auch gern dazu beitragen, aktiv mit viel mehr Studienfächern, die junge damals dem Trainer nicht hin- und direkt. „Ich bin aus der ganzen Welt Menschen überall hin verschlagen, so- eingeredet“, sagte sie. „Was ich angefragt worden, zu Lehrgängen zu kom- dass eine permanente Konzentration so mitbekomme, ist, dass die men. Aus Deutschland noch nie“, berich- von talentierten Fechtern wie einst in Eltern-Expertise immer grö- tete sie. „Ich finde es schade, dass es nicht Heidenheim oder Tauberbischofsheim ßer wird und die Auffassung genutzt wird.“ Ein Vorbild ist Heidemann, schwierig geworden sei. Die Athleten hät- davon, wie hart das Training die auch in der Athletenkommission des ten alle individuelle Wünsche, sein darf und wie viel man dem Internationalen Olympischen Komitees ist, jeder wolle sein Ding ma- Athleten abverlangen kann, allemal als Gewinnerin des Grand Slams chen. Zimmermann: „Jeder nicht mehr allein in der Fechter: 2007 holte sie den WM-Titel, Leistungssportler steht vor der Hand des Trainers 2008 Olympia-Gold und 2009 kam noch der Frage: Wie viel Zeit kann liegt.“ der EM-Sieg dazu. er in die Sportart inves- tieren, um am Ende auch Verändert habe sich Inzwischen hat das deutsche Fechten in noch eine Berufsausbil- ebenso die Einstellung der Welt seinen absoluten Spitzenplatz ver- dung zu haben?“ der Sportler. „Früher loren. „Grundsätzlich hat sich Deutschland war es eine Ehre, bei als Fecht-Nation nach unten entwickelt, Dem Spitzensport sei es der Nationalmann- auch in der Wahrnehmung“, urteilte Hei- bisher nicht gelungen, schaft zu sein. Heute demann. Die Zentralisierung der besten umfassende Lösungen wird den Teilneh- Fechter einer Disziplin an einem Ort sei für die neuen Rahmen- mern gedankt, dass weiterhin die beste Möglichkeit, dem ent- bedingungen zu finden, sie dabei sind“, kriti- gegenzuwirken. So trainierten die Säbel meinte Heidemann, siert Heidemann. „Es fechter alle in Dormagen – mit großem die das Diplom in chi- ist doch großartig, Erfolg. „Im Degen und Florett war TBB nesischen Regionalwis- dass ein junger Athlet damals die Erfolgsmaschine“, sagte Hei- senschaften neben dem die Chance hat, mit der demann. „Wenn eine Masse an Athleten Fechten schaffte. Hinzu kä- Nationalmannschaft zu zusammenkommt, befeuert man sich im men auch die veränderten trainieren. Für uns ist es Positiven gegenseitig. Im Zweikampfsport Einstellungen der Athleten eine Belohnung gewesen. braucht man starke Trainingspartner.“ Außerdem seien damals 30 Fechter dabei gewesen, heu- Das Fechten müsse sich auch für neue Ide- „Ich habe te nur noch fünf. en wie die „Finals“ im vergangenen Jahr im Berlin öffnen. Dort haben parallel eine geweint, wenn „Fechten liegt mir total am Reihe von Sportarten an der Spree ihre ich nicht zum Herzen“, sagte Heidemann. Im Rahmen ihrer Möglich- Deutschen Meister gekürt und das Fernse- hen berichtete angesichts dieser geballten Training durfte, keiten versuche sie, „Werbung Präsenz ausführlich ein ganzes Wochenen- zu machen für Fechten“. Doch de stundenlang darüber. „Ich war dabei. Es weil ich die auch der Verband sei gefragt, war wie kleine Olympische Spiele“, meinte anderen sehen PR, Werbung und in den Soci- al-Media-Kanälen etwas zu ma- Heidemann. „Die Chance muss man nut- zen.“ Dies sieht auch Zimmermann so: wollte.“ chen. Außerdem sollten die eige- „Da schauen die Fernsehzuschauer auch nen Helden des Fechtsports in den mal Fechten, nicht nur Schwimmen, da Britta Heidemann Bundesleistungszentren aufgehängt wird rübergezappt.“ und gezeigt werden: „Das ist im Bonner Andreas Schirmer Foto: dpa Picture-Alliance GmbH 16
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TAL DER TRÄNEN DURCHSCHRITTEN Bundesstützpunkt Tauberbischofsheim I Seit dem 1. September 2019 ist Reinhard Berger Leiter des Bundesstützpunkts Tauberbischofsheim. Für den ehemaligen Weltklassefechter gibt es viel zu tun. Er wähnt sich auf einem guten Weg. 18
T auberbischofsheim war zu Zei- ten von Emil Beck ein Synonym für Fechten in Deutschland, für Erfolg und Medaillengewinne zuhauf. Als seine Ära Anfang des neuen Jahrtausends zu Ende ging, ging es mit dem Olympiastützpunkt und dem FC Tau- berbischofsheim mal mehr, mal weniger meist abwärts. Die Erfolge waren weniger geworden, die Unzufriedenheit und Que- relen an der Tauber größer. Der Status des Olympiastützpunkts ist im Zuge der Leistungssportreform inzwischen verloren. Jetzt gilt es, mit den Mitteln und dem Etikett eines Bundesstützpunkts – und mit Reinhard Berger – dem Fechten aus Tauberbischofsheim wieder Schlag- kraft zu verleihen. Der frühere Europa- meisterschafts-Dritte mit dem Degen ist Der neue Bundesstützpunktleiter Reinhard Berger: „Wir bewegen uns langsam in Richtung optimistisch, dass es gelingt. Erfolgsspur” Foto: TBB „Der Glanz der Vergangenheit, den ich teils Er wollte gehen, doch viele Sportler und Im Herrendegen spiele Richard Schmidt als Aktiver miterlebt habe, ist verblasst“, Trainer hätten sich für ihn eingesetzt, dass „eine tragende Rolle, die er gern annimmt“, sagt Berger, der seit mehr als 50 Jahren Mit- er bleiben sollte. „Es konnte aber keine so Berger. Hinzu kommen Rico Braun oder glied im FC Tauberbischofsheim und Sohn Dauerlösung sein. Wenn man etwas be- Samuel Unterhauser, zwei Fechter mit Per- von Hans-Udo Berger, Mitbegründer des wegen wollte, konnte man das nur haupt- spektive. „Da haben wir noch nicht so die Vereins, ist. „Und ich habe auch die nega- amtlich schaffen“, erkannte Berger. Im Masse wie im Damenflorett, bauen sie aber tiven Schwingungen und ausgebliebenen Zuge der Spitzensportreform wurde dies sukzessive aus“, sagt er. Dass Tauberbi- Erfolge mitbekommen.“ Man sei aktuell in schließlich möglich und die Bewerbung schofsheim kein Olympiastützpunkt und einer Phase, in der viel zu tun und zu gestal- von ihm akzeptiert. „nur“ noch ein Bundesstützpunkt ist, wirkt ten ist – aber vom Stützpunkt her habe man sich in der Praxis kaum aus. „Wir sind im- „das Tal der Tränen“ durchschritten. „Das mer noch ein Servicepunkt Fechten, haben verlassen wir langsam. Es ist kein einfacher immer noch Trainingswissenschaftler und Weg, es geht Schritt für Schritt“, berichtet eine gute Physiotherapie sowie insgesamt Berger. „Das Vertrauen ist wieder da, die eine sehr gute Förderung“, erklärt Berger. Es Stimmung in der Halle ist gut.“ Es gebe die- hat sich da relativ wenig geändert. Die Mit- se Grabenkämpfe und die verschiedenen tel seien etwas weniger geworden, aber „der Lager nicht mehr. Die seien geschlossen. Geldhahn wurde nicht komplett abgedreht“. „Wir bewegen uns langsam in die Richtung Bis zu den Olympischen Spielen 2024 in zu einer Erfolgsspur. Das geht nicht von Paris will Berger es mit seinen Trainern heute auf morgen“, weiß Berger, der einst und Fechtern schaffen, „wieder eine besse- mit Alexander Pusch, Elmar Borrmann re Rolle im Fecht-Zirkus der Welt zu spie- und Thomas Gerull dreimal den Europa- len“. In diesem Jahr ruhen die Hoffnungen cup in Heidenheim gewann und 1988 und für die Sommerspiele in Tokio besonders 1992 Ersatzfechter bei den Olympischen Zwei Aushängeschilder in Tauberbischofs- auf Leonie Ebert, die sich im Einzel so gut Spielen war. „Wir sind auf dem Weg der heim: Leonie Ebert und Anne Sauer wie qualifiziert hat. Ohne dies konkret auf Verbesserung.” Man habe Abläufe geän- Fotos: Augusto Bizzi die junge Florett-Hoffnung zu beziehen, dert, einiges umstrukturiert. meinte Berger: „Für den Bundestützpunkt Als Leiter des BSP hat er vom Deutschen wäre ein Olympia-Medaille sehr wichtig.“ Nach seiner Zeit als aktiver Fechter hat Fechter-Bund die Vorgabe, die Disziplinen Reinhard Berger eine Trainerausbildung Herrendegen und Damenflorett voranzu- Die Zeiten, dass dies im Vier-Jahres- gemacht und als freier Handelsvertreter bringen. Im Damenflorett gibt es eine sehr Rhythmus gefeiert werden konnte, sind gearbeitet. „Ich war dem Fecht-Zentrum starke Trainingsgruppe mit Leonie Ebert längst vorbei. Doch: Wie viel Emil Beck immer verbunden“, sagt er. Schon vor drei und Anne Sauer als Aushängeschilder. steckt noch im Fechtsport von Tauberbi- Jahren war er vom Verein gefragt worden, Es gebe aber auch eine Leandra Behr, die schofsheim? „Der Geist von ihm war mal ob er die sportliche Leitung übernehmen nach abgeschlossenem Zahnmedizinstu- in der Versenkung verschwunden. Jetzt wolle. „Das habe ich ein Jahr gemacht, aber dium wieder richtig einsteigen wolle und kommen wir langsam wieder zu den Wur- gesehen, dass es so nicht funktionierte,“ junge Talente wie Aliya Dhuique-Hein so- zel unser Vergangenheit und versuchen, sie sagte Berger. Da war das Klima auch noch wie hoffnungsvollen Nachwuchs im U17- in die heutige Zeit umzusetzen.“ nicht so prima wie heute. Bereich. Andreas Schirmer 19
Weit gekommen, aber nicht weit genug: Lis Rottler-Fautsch Fotos: Augusto Bizzi LUXEMBURGERIN WIRD IN HEIDENHEIM ZUR WELTKLASSEFECHTERIN Lis Rottler-Fautsch I Die in Luxemburg geborene Lis Rottler-Fautsch ging als 19-Jährige nach Wien, um dort zu studieren, fünf Jahre zu leben und zu fechten. Danach verschlug es sie nach Heidenheim, weil sie eine Weltklassefechterin werden wollte – und wurde. „Als ich den Master in Kommunikations- „Der Olympische Sportbund hat mir aber schon von Anfang an überzeugt von dem wissenschaften gemacht hatte, fragte ich gesagt, wenn ich das wirklich machen will, Fechtzentrum. „Das Niveau war sehr gut. mich, was nun“, erzählt Lis Fautsch im müsste ich mir einen Fecht-Stützpunkt im Und es war so familiär. Das war ein großes Gespräch mit dem fechtsport-Magazin. Ausland suchen, da es in Luxemburg nicht Plus“, so Fautsch. Und da sei der Reiz groß gewesen, nicht genug Fechter gebe “, sagt Fautsch. „Ich war gleich voll ins Berufsleben einzusteigen, damals die Erste in meinem Land, die die- Schließlich wollte sie unbedingt wissen, sondern nach erfolgreichem Anfang mit sen Weg eingeschlagen ist.“ wie weit man es wirklich schaffen kann, dem Degen das eigene Können „auf ein wenn man sich voll auf das Fechten kon- anderes Niveau“ zu heben. Paris oder Heidenheim zentriert. „Die Lust dazu war einfach so Zunächst erwog sie, in der Metropole Paris groß, es zu probieren. Ich bereue keinen Unterstützung erhielt sie dabei vom luxem- mit versierten französischen Trainern und Moment und ich bin so dankbar, was man burgischen Olympischen Sportbund, der guten Fechtern ihr Können mit dem Degen in Heidenheim aus mir gemacht hat“, sagt ihr eine Aufnahme in die Sportfördergrup- weiter zu vervollkommnen. Bis sie jemand die zehnmalige luxemburgische Meisterin. pe der Armee des Landes anbot. Damit hat- auf die Idee brachte, in das weit weniger Neben den sportlichen Fortschritten habe te sie mehr finanzielle Absicherung für ihr mondäne Heidenheim zu gehen, das 2012 sie sich auch charakterlich weiterentwi- Vorhaben, im Fechten etwas zu bewegen. zu ihrer neuen Heimat wurde. „Ich war ckelt – und ihr Wissen über Medien und 20
Kommunikation mit Pressearbeit für den besser geworden, wenn sie bei der WM zurück an die Planche und entschied: Heidenheimer SB und den Stützpunkt 2019 in Budapest eine Medaille gewonnen „Bodentreffer!“ Ein Protest war nach dem praktisch anwenden können. hätte, was nach ihrer Ansicht durch ein Videobeweis nicht mehr möglich. falsches Obmann-Urteil verhindert wurde. Siebte bei der WM 2019 in Budapest „Inzwischen habe ich die Sache ein biss- „Ich muss ehrlich sagen, dass ich noch nie In den Jahren auf der Ostalb hat die heute chen verdaut“, sagt sie. in so einer Situation war. Ich fühlte mich 32-jährige temperamentvolle Linkshände- ein bisschen auf verlorenem Posten, wollte rin ihr Ziel, in die Weltspitze aufzusteigen, nicht weiterfechten.“ Doch es waren noch erreicht. Bei den Weltmeisterschaften 2019 in Budapest wurde sie Siebte. So ein Ergeb- „Man hatte mir 18 Sekunden zu fechten und sie hatte die kleine Hoffnung, es doch noch zu schaffen. nis hat vorher kein Fechter aus Luxemburg die Medaille Vergebens. „Moellhausen setzte einen sehr erreicht. „Ich kann deshalb zumindest guten Treffer. Sie hat es gut gemacht und sagen, dass ich die erfolgreichste Fechte- geraubt, weil ich ich verliere.“ rin meines Landes seit Langem bin“, stellt Fautsch stolz fest. eine Fechterin Später schaute sie sich ein Video an, das aus einer kleinen von dem Gefecht gemacht wurde und be- Neben Paris und Heidenheim wäre auch die fand auch nach dieser Ansicht: „Auf dem Damendegen-Hochburg Leverkusen eine Nation bin.” Video hat man ganz klar erkannt, dass ich Adresse für sie gewesen, zumal dort der Lis Rottler-Fautsch das Schienbein getroffen habe. Man hat- Luxemburger Michel Colling als Trainer arbeitet. „Als ich ein Fechtzentrum suchte, war er noch gar nicht in Leverkusen“, sagt Fautsch. Und als er in Leverkusen engagiert wurde und sich etablierte, stand ein Wech- sel „nicht mehr zur Diskussion“. Dennoch haben beide Kontakt. „Wir schreiben uns regelmäßig und reden über den luxembur- gischen Fechtsport.“ Ein großes Thema sei, wie man das Fechten in ihrem Land voran- bringen und den Nachwuchs fördern kön- ne. „Auch Michel hat viele Verbesserungs- vorschläge. Jedes Mal, wenn wir uns treffen, reden wir gern darüber.“ Ob und wann sie in ihre Heimat zurückkeh- ren wird, ist noch nicht klar. „Das ist noch nicht entschieden. „Ich werde auf jeden Fall meine Karriere nach den Olympischen Spielen beenden – hoffentlich mit einer Teilnahme in Tokio“, sagt Fautsch. Im Sep- tember endet ihr Vertrag mit der Armee. Zunächst will sie sich ganz auf die Olympia- Pech in Budapest: Lis Fautsch verpasst einen Medaillengewinn bei der WM. Qualifikation fokussieren – „und deswegen noch nicht zu sehr an die Zukunft denken“. Noch Monate später schildert Fautsch te mir die Medaille geraubt, weil ich eine diesen Viertelfinalkampf gegen Nathalie Fechterin aus einer kleinen Nation bin und Etwas traurig war sie, dass die Europameis- Moellhausen, als wäre er gerade erst vor- keinen Widerstand bieten konnte.“ Durch terschaften 2019 in Düsseldorf und nicht, bei. 18 Sekunden vor Gefechtende setzte die entgangene Medaille sind viele Punkte wie ursprünglich vorgesehen, in ihrem sie den vermeintlichen Siegtreffer auf das für die Olympia-Qualifikation flöten ge- Heimatland Luxemburg stattfanden. „Die Schienbein der Brasilianerin und wähnte wesen. „Ich bin aber trotzdem noch guter Bewerbung für die EM war für mich auch sich als Siegerin. „Ich habe wie verrückt ge- Dinge und überzeugt, dass es mit Tokio ein Ansporn gewesen, vier Jahre weiter zu brüllt, weil ich dachte, gerade eine Medaille klappen kann“, meint Fautsch. fechten. Und als es hieß, aus finanziellen bei der WM gewonnen zu haben.“ Gründen kann die EM nicht in Luxemburg Wenn das große Ziel nicht erreicht wer- veranstaltet werden, war ich natürlich sau- Doch Moellhausen protestierte und rekla- den sollte, hat sie dennoch einen etwas er“, so Fautsch. „Es war sehr traurig, aber mierte, es sei ein Treffer auf den Boden anders gelagerten großen Gewinn vom die EM in Düsseldorf war ja auch super.“ gewesen. Der Obmann ging zum Video- Fecht-Abenteuer in Deutschland gehabt. Für das Fechten in Luxemburg sei dies aber Screen und schaute sich die Szene mehr- Schließlich lernte sie von den sparsamen „eine vertane Chance“ gewesen. mals an. „Es dauerte eine Ewigkeit. Ich habe Schwaben, umsichtiger mit ihrem Geld gedacht, das kann doch nicht sein, das war umzugehen. „Ich habe mich schon ein Nun gilt es für Fautsch, nach vorne zu se- für mich ein klarer Treffer und ich wusste bisschen zum Sparfuchs entwickelt“, sagt hen und alles für den Traum Olympia zu nicht, was da das Problem war“, erinnert Lis Fautsch. geben. Die Ausgangsposition für sie wäre sich Fautsch. Schließlich kam der Obmann Andreas Schirmer 21
IOC-PRÄSIDENT LOBT „ERRUNGENSCHAFTEN DES FECHTENS“ Der FIE-Kongress im Swiss Convention Center in Lausanne Fotos: Augusto Bizzi FIE-Kongress 2019 I Nach 20 Jahren hat zum ersten Mal wieder der FIE-Kongress am Sitz des Weltverbandes in Lausanne stattgefunden. Rund 300 Delegierte aus 139 anwesenden Mitgliedsverbänden waren am 30. November in die Stadt am Genfer See gekommen. N eben dem Präsidenten des Schweizer Fechtverbandes, ten aussetzen. Für die Unterstützung bei der von der FIE als eines Olivier Carrard, und FIE-Präsident Alisher Usmanov der höchsten Ziele ausgerufenen Revidierung der olympischen war auch Thomas Bach aus dem nicht weit entfernten, Teilnahme-Beschränkung verlieh Usmanov dem deutschen IOC- neuen und hochmodernen Amtssitz des Internatio- Präsident die hohe Auszeichnung „Chevalier Feyerik Challenge“. nalen Olympischen Komitees im Louis Bourget Park neben dem Schloss Vidy zur Begrüßung der Fecht-Familie gekommen. FIE wird immer globaler Gern wird der IOC-Präsident wahrgenommen haben, dass das Der Mannschafts-Olympiasieger im Florett brachte dabei seine Fechten immer globaler wird. So wurden als neue Mitglieder der ungebrochene Verbundenheit mit dem Fechtsport zum Ausdruck Oman, Kap Verde und Papua-Neuguinea sowie Kenia aufgenom- und stellte heraus, dass die Offenheit für zukunftsorientierte men. Damit gehören der FIE nun 157 Mitgliedsverbände an. Beim Veränderungen in der FIE beim IOC sehr positiv wahrgenommen Gedenken an die seit dem vergangenen Kongress verstorbenen aus werden. „Ich freue mich über die vielen Errungenschaften des der Fechter-Familie wurde auch an den verstorbenen internationa- Fechtens und darüber, wie das Fechten die olympischen Werte len DFB-Kampfrichter Uwe Neder erinnert. lebt“, sagte Bach. Zur Würdigung dieses Engagements überreichte er Alisher Usmanov die „Trophy of Olympic Values“ des IOC. Für viele unerwartet war der Ausgang der Wahl für den Nachrü- cker im FIE-Exekutivkomitee. Nach dem Ausscheiden des frühe- FIE-Präsident Usmanov dankte im Gegenzug in seiner Eröffnungs- rer chinesischen Präsidenten Wang Wei aufgrund Stimmengleich- rede Thomas Bach, dass bei den Olympischen Spielen 2020 in To- heit konnte sich im zweiten Durchgang Anna Delgado Guerra aus kio erstmals wieder alle 12 Einzel- und Mannschaftswettbewerbe Panama mit deutlichen 86:48-Stimmen gegen den Isländer Nikolai zum Programm gehören werden. Damit endet die Zeit der Ro- Mateev durchsetzen. Sie ist damit bis zum Wahlkongress 2020 Mit- tation: 2008, 2012 und 2016 waren die Team-Wettbewerbe von glied im Exekutivkomitee. Die Stimmengleichheit resultierte aus sechs auf vier beschränkt worden. Bei den Sommerspielen 2016 der ordentlichen Wahl 2016. Daher musste für den Nachrücker- in Rio mussten zuletzt die Säbel- und Damenflorett-Mannschaf- platz abgestimmt werden. 22
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