DATEN & FAKTEN - EXISTENZSICHERNDE FRAUEN-PENSIONEN Pensionssplitting ist zu wenig! - Arbeiterkammer Oberösterreich
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DATEN & FAKTEN EXISTENZSICHERNDE FRAUEN- PENSIONEN Pensionssplitting ist zu wenig! Stand: Dezember 2021 ooe.arbeiterkammer.at
Der Gender Pension Gap ist in Österreich extrem hoch. Die Ursachen dafür liegen im „Gender Pension Erwerbsleben und da in der nach wie vor gro Gap“ ist die ßen Benachteiligung von Frauen. Die Regie internationale rungsparteien meinen, im Pensionssplitting Bezeichnung für die Einkommens- die Lösung gefunden zu haben. Die Proble schere zwischen matik ist jedoch vielschichtig, wobei das Männern und Frauen in der Pensionssplitting in der geplanten Form Pension keine geeignete Maßnahme darstellt. GENDER PENSION GAP IN DER EU Frauen haben in den Mitgliedsstaaten der EU EU-weit sind 2018 durchschnittlich um 30 Prozent weniger Frauen in Pension bekommen als Männer. Österreich der Pension benachteiligt liegt mit 38,7 Prozent auf Platz vier.
GENDER PENSION GAP IN DEN MITGLIEDSSTAATEN DER EUROPÄISCHEN UNION IM JAHR 2018 (IN PROZENT DER DURCHSCHNITTLICHEN RENTE DER MÄNNER) Luxemburg 43,3 Malta 42,3 Niederlande 39,6 Österreich 38,7 Zypern 38,2 Deutschland 37,4 Großbritannien 34,2 Spanien 32,4 EuroZone 32,1 Italien 32 Portugal 31,4 Union (EU-28) 30,1 Frankreich 29,7 Kroatien 29,7 Irland 27,6 Rumänien 27,3 Schweden 27,2 Bulgarien 26,5 Nordmazedonien 26,3 Belgien 24,6 Griechenland 24,6 Finnland 23,3 Serbien 21,5 Polen 18,7 Slowenien 17,8 Lettland 17,7 Littauen 16,5 Ungarn 15,5 Tschechien 13 Slowakei 8,2 Dänemark 7,4 Estland 1,1 Türkei Quelle und Grafik: Statista 2021; Veröffentlicht von Bruno Urmersbach, 03.09.2020 AK Grafik
In der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten liegt der Prozentsatz an armutsgefährdeten Pensio nisten/-innen zwischen zehn und 30 Prozent. In Österreich waren es 2018 12,9 Prozent, wobei Frauen mit 16,2 Prozent stärker betroffen waren als Männer mit 9,1 Prozent. (Eurostat) Die Pensionsschere bei den unselbständig Erwerbstätigen in Oberösterreich klafft erheb Die Pensions- lich auseinander. Betrachtet man die durch schere bleibt weiterhin schnittliche Höhe aller Direktpensionen, weit offen bekommen Frauen um 45,4 Prozent weniger Pension als Männer (Stand Dezember 2020). DURCHSCHNITTLICHE PENSIONSHÖHEN FÜR OÖ NACH GESCHLECHT, PER DEZEMBER 2020 Alle Direktpensionen 1.126 (=ohne HP) 2.063 Alle Alters 1.139 pensionen 2.160 Vorzeiteitige 1.698 Alterspensionen 2.512 Regelalters 1.134 pensionen 2.103 881 IV/BU-Pensionen ■ Frauen 1.347 ■ Männer Quelle: PVA OÖ; Pensionshöhen der Unselbständigen, ohne Hinterbliebenenpensionen AK Grafik SIND DIE URSACHEN DES GENDER PENSION GAP BEKANNT? JA! Die Hauptursache liegt in der Ungleich behandlung von Frauen im gesamten Lebens-Erwerbs-Verlauf und ist komplex verzahnt mit mehreren Themenbereichen. Hier nur einige Punkte: ` Beschäftigungs- und Einkommens- unterschiede ` Teilzeitbeschäftigung und atypische Beschäftigung
` „Frauentypische“ unterentlohnte Branchen ` Völlig ungleiche Verteilung von (unbezahl ter) Care-Arbeit (Kinder und Pflege) ` Keine realistische Wahlfreiheit für Frauen Die Entwicklung der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in Österreich lässt zwar eine leicht p ositive T endenz erken nen, ist jedoch immer noch viel zu hoch. EINKOMMENSDIFFERENZ IN PROZENT, UNSELBSTÄNDIG ERWERBSTÄTIGE* 2012 – 2019 39,3 39,1 38,9 38,4 37,9 37,3 36,7 36,4 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Quelle: Statistik Austria 2021; *Bruttojahreseinkommen median; exkl. Lehrlinge, ganzjährig Vollzeitbeschäftigte AK Grafik Einer aktuellen Studie des WIFO (Trapez.Ana Das niedrigere lyse, 2020) zufolge sind nicht die etwas wenige Einkommen ist ren Versicherungsmonate der Frauen aufgrund der Hauptgrund des (noch) früheren Pensionsantritts die Haup für die Altersar- mut der Frauen tursache, sondern das (lebenslang) geringere Einkommen. Das wiederum wird häufig durch Care-Arbeit (Kindererziehung und Pflege von Angehörigen) verursacht, die Lücken im Erwerbsverlauf hinterlässt. VOR den Pensi onsreformen der Regierung „Schüssel II“ hatte dieser Umstand aber noch nicht diese weitrei chenden Folgen wie DANACH.
POLITISCHE ENTSCHEIDUNG WAR FATAL FÜR DIE FRAUENPENSIONEN Mit der Pensionsreform 2003 – einer sozialpo litischen Kernmaßnahme der ÖVP-FPÖ-Re gierung – wurden viele Einschnitte vorgenommen. Für Frauen besonders nachteilig ist zum Beispiel die lebenslange Durchrechnung. Anstatt der 15 besten Jahre werden nun 40 Jahre für die Pensionsberech nung zugrunde gelegt. Da fallen Zeiten von Kindererziehung mit den anschließenden Teilzeit-Jobs sowie Zeiten von Angehörigen pflege gehörig ins Gewicht! Zudem geht derzeit nur jede zweite Frau direkt von einer Erwerbstätigkeit in die Pen sion. Das heißt, die letzten Jahre vor Pensi Frauen gelten am onsantritt müssen oft mit Krankengeld und Arbeitsmarkt Arbeitslosengeld/Notstandshilfe überbrückt bereits ab 45/50 als schwer werden. Die Anhebung des Pensionsan vermittelbar trittsalters bei Frauen ab 2024 wird sich hier noch zusätzlich negativ auf Transferleistun gen und die Pensionshöhe auswirken. Und jetzt meint die türkis-grüne Regierung, mit einem verpflichtenden Pensionssplitting die zuvor von ihr verursachten Probleme auf individueller Ebene lösen zu können! WAS HEISST PENSIONSSPLITTING? Zahlen und Daten Zwischen 2005 und 2018 wurden in ganz Österreich 1366 Anträge auf Pensionssplit ting gestellt. Eine merkliche Steigerung gab es erst in den letzten beiden Jahren (2019: 583 Anträge und 2020: 951 Anträge). In über 90 Prozent der Fälle haben Män ner ein Teilguthaben auf das Konto ihrer Frauen übertragen.
AKTUELL GELTENDE REGELUNG Der (meist männliche) erwerbstätige Elternteil überträgt einen Teil der eigenen monatlichen Pensionskontogutschrift (bis zu 50 Prozent) an den erziehenden (meist weiblichen) Elternteil. Dabei wird die künftige Pensionsleistung des einen gesenkt und des anderen erhöht. Also praktisch eine (inner familiäre) Umverteilung zwischen Arbeitnehmern/-innen auf individu eller Basis! Diese freiwillige Vereinbarung ist für Zei ten der Kindererziehung für die ersten sieben Lebensjahre ab 1.1.2005 möglich und stellt allein auf die Elterneigenschaft ab. Es kann nur Erwerbseinkommen bis zur Jahres höchstbeitragsgrundlage (2021: EUR 77.700) gesplittet werden, wobei ein einmal gestellter Antrag nicht widerrufbar ist. Erwerbstätigkeit daneben ist möglich. GEPLANTE ÄNDERUNG LAUT DEM REGIERUNGSÜBEREINKOMMEN Geplant ist ein verpflichtendes („automati Noch völlig offen ist, sches“) Pensionssplitting für Ehepaare mit ob diese einer einmaligen Opting-out-Möglichkeit. geplanten Änderungen Es sollen fixe 50 Prozent aus der Summe beider umgesetzt Einkommen auf beiden Pensionskonten gutge werden schrieben werden, wobei Kindererziehungszei ten vom Pensionssplitting ausgenommen sein sollen. WARUM IST PENSIONSSPLITTING KEINE AUSREICHENDE LÖSUNG? Das Problem „Altersarmut” wird damit in die Familie verlagert. Es muss aber ein gesellschafts politischer Auftrag bleiben! Viele Gründe sprechen gegen die geplante Form des Pensionssplittings, zudem sind noch etliche Fragen offen.
WAS WÜRDE DADURCH KEINESFALLS VERBESSERT? ` Die Abhängigkeit der Frauen vom Partner (bzw dessen Verdienst) ` Die rollenspezifische Aufteilung von unbezahlter Care-Arbeit ` Das Angebot von Kinderbetreuungs plätzen – nämlich deren Ausweitung ` Die Situation von Alleinerziehern/-innen ` Die politische Umsetzung von anderen – sinnvolleren – Maßnahmen ` Die Berücksichtigung von sozialen Risiken. Es sind nur Gutschriften aus Erwerbstätigkeit übertragbar. Das heißt, wenn Väter etwa arbeitslos oder krank werden, gibt es kein Pensionssplitting mehr. WAS KANN SICH SOGAR VERSCHLECHTERN? ` Eine Pension bei getrennt lebenden Ehe paaren oder Alleinstehenden unter dem Einzelausgleichszulagerichtsatz (2021: 1000,48 Euro, wobei noch bei langer Versi cherungsdauer ein möglicher Ausgleichszu lagen-/Pensionsbonus dazukommen kann), wird aus Steuergeldern finanziert. Durch das vom Partner finanzierte Splitting kann der Ausgleichszulagenrichtsatz überschrit ten werden (dann keine Ausgleichszulage!) und gleichzeitig fehlt dieser Betrag auf dessen Pensionskonto. Also der Teilbetrag, der als Ausgleichzulage von öffentlicher Hand getragen würde, wird nun vom Part ner mittels Pensionssplitting gezahlt. Das Gesamteinkommen beider wird weniger. ` Die Situation für Patchworkfamilien (noch völlig offen) ` Bleibt dem Vater genug Pension, um nicht selbst armutsgefährdet zu werden?
` Durch die (geplante) Opt-Out-Möglich keit bleibt das Pensionssplitting letztlich eine freiwillige Vereinbarung, nur dass die innerfamiliäre Entscheidung mit vermehr ten Auseinandersetzungen zwischen dem Elternpaar verbunden sein kann ` Die Witwenpension wird dadurch geschmälert ` Das geplante Pensionssplitting setzt erst nach den Kindererziehungszeiten ein FORDERUNGEN DER AK OÖ Frauen ist eine Wahlfreiheit zu garantieren, ob und wie lange sie (innerhalb eines gewis sen Zeitrahmens) eine Kindererziehung (bzw. Pflege) übernehmen wollen – und zwar OHNE Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Es darf kein „betteln müssen“ gegenüber dem Kinds vater abverlangt werden! Für die gesamt gesellschaftlich so wichtigen Aufgaben, die traditionell von Frauen übernommen werden, muss ein adäquater Ausgleich geschaffen wer den. Der „Dank“ für die Erfüllung dieser Aufga ben darf weder eine Abhängigkeit vom Partner, noch ein Schlittern in die Altersarmut sein! Für manche Frauen (mit besserverdienenden Ehepartnern) kann ein Pensionssplitting durch aus von Vorteil sein – freiwillig oder tatsächlich verpflichtend. Allerdings setzen wir uns dafür ein, dass Verbesserungen für ALLE Frauen gel ten müssen. Ein Pensionssplitting in der geplanten Form lehnen wir daher ab. Ein mögliches ver pflichtendes Pensionssplitting müsste jeden falls anders geregelt werden. Vielmehr sind die staatlichen Leistungen zu verbessern. ` Ausbau vollzeittauglicher, ganzjähriger Kinderbetreuungsplätze mit verbindlichen Qualitätsstandards
` Umfassende Pflegereform ` Uneingeschränkte Anrechenbarkeit von vollen vier Jahren pro Kind am Pensions konto (rückwirkend für alle ab 1. Jänner 1955 geborenen Personen) ` Höhere Teilpflichtversicherung am Pensionskonto für Kindererziehungs- und Pflegekarenzzeiten ` Abgehen vom lebenslangen Durch rechnungszeitraum und wieder zurück zu den besten 15 Jahren ` Die vielen geschlechtsspezifischen Ungleichheiten und Benachteiligungen in der Arbeitswelt müssen beseitigt werden (flächendeckende Anhebung der Mindest einkommen; gleiches Einkommen für gleiche und gleichwertige Arbeit; faire Gestaltung von Care-Arbeit)
„Altersarmut für alle zu verhindern ist ein sozial- politischer Auftrag in Richtung gesamt- gesellschaftlicher Lösung. Die Politik hat die weibliche Altersarmut mit den letzten Reformen verschärft und so mitverursacht. Nun soll die Problematik auf individuelle Lösungen abge- schoben werden – auf Basis einer partnerschaft- lichen Vereinbarung! Dem stimmen wir nicht zu!“ 2005 wurde das freiwillige Pensions- splitting installiert und seither nur marginal in Anspruch genommen. Das Vorhaben der Regierung, nun eine Verpflichtung zur Aufteilung der Pensionskontogutschrift einzuführen, sehe ich als überaus kritisch, da es für den Großteil der Frauen nicht wirklich zur Verhinderung einer Altersarmut Andreas Stangl AK-PRÄSIDENT beitragen kann. Impressum: Medieninhaberin, Herausgeberin und Redaktion: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Volksgartenstraße 40, 4020 Linz HerstellerIn: Druckerei Haider, Niederndorf 15, 4274 Schönau i.M. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: siehe https://ooe.arbeiterkammer.at/impressum.htm ooe.arbeiterkammer.at Österreichische Post AG, MZ 02Z033937M, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Volksgartenstr. 40, 4020 Linz, Informationsblatt der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Nummer 43/2021 AK-DVR 0077747, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien Infos zur Broschüre unter: Telefon: +43 (0)50 6906-2413, E-Mail: wsg@akooe.at
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