Daten sind das neue Gold - Digitale Daseinsvorsorge der Stadt Emden - Haselhorst Associates
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Wohnungswirtschaft ❙ Kommunale Roadmap Digitalisierung Digitaler Entwicklungplan der Stadt Emden: Vier Wohnungsunternehmen sind beteiligt und profitieren durch die Inhouse-Verkabe- lung mit Glasfaser für schnelles Internet und Multimedia-Anwendungen. Digitale Daseinsvorsorge der Stadt Emden Daten sind das neue Gold Emden ist die kleinste kreisfreie Stadt Niedersachsens. Zwischen Dünen und Deichen treibt die ostfriesische Seehafen-Stadt ihre Digitalisierung voran. Nicht nur für die Industrie und das Gewerbe ist das wichtig, sondern auch die Wohnungswirtschaft profitiert erheblich davon. E m den gehört zu einigen wenigen „Allerdings dürfen diese Ergebnisse nicht Leuchtturm-Kommunen in Deutsch- darüber hinwegtäuschen, dass einige Kom- land, die frühzeitig die Bedeutung der munen der Entwicklung bereits einen gro- Digitalisierung als Gesamtpaket für die ßen Schritt voraus sind“, betont Hasel- Stadt erkannt haben. In den meisten ande- horst-Partner Jürgen Germies. Als Beispiel ren Städten, insbesondere kleineren und nennt er eben das ostfriesische Emden. Mittelstädten, gibt es bislang nur Einzelpro- Wesentlich vorangebracht wird die Digitali- jekte. Ein paar vernetzte Straßenlampen sierung dort durch den kommunalen Versor- hier, ein Projekt zur digitalen Zählerausle- ger, die Stadtwerke Emden (SWE), die sich FOTO: Stadtwerke Emden sung dort und vielleicht noch ein Bürgerpor- mit ihrer Strategie bereits 2017 den renom- tal für die Verwaltung. Das bestätigt auch mierten Stadtwerke Award sicherten. die Smart-City-Studie der Unternehmensbe- Aus den ursprünglich 15 Digitalisierungs- ratung Haselhorst Associates 2020: Von projekten wurden bis heute 35, für die Um- insgesamt 400 Städten mit über 30.000 Ein- setzung und Weiterentwicklung hat die wohnern weist lediglich ein Viertel einen Di- Kommune inzwischen einen Chief Digital Manfred Ackermann, Geschäftsführer gitalisierungsgrad von über zwölf Prozent auf Officer eingestellt, die Stadtwerke gründe- der Stadtwerke Emden, ist Initiator (dazu auch das nebenstehende Interview). ten die Emden Digital GmbH als Tochterun- einer digitalen Roadmap für die Stadt. 18 IVV immobilien vermieten & verwalten 1-2/2021
Kommunale Roadmap Digitalisierung ❙ Wohnungswirtschaft Versorger zusammen, um gemeinsam aus- sich um eine Technik, die extrem hohe Da- FOTO: Stadtwerke Emden/Haselhorst Associates zuloten, wie sich neue Technologien nutzen tenübertragungsraten auch auf Telefonie- lassen, um einen Mehrwert für die Stadt Kupferleitungen des Festnetzes ermöglicht. und Bevölkerung zu erreichen. Immer mit Die Abkürzung steht für „fast access to dabei auch Vertreter der Wohnungswirt- subscriber terminals,“ was so viel bedeuten schaft. Smarte Gebäudetechnik ist ein soll, wie „schneller Zugang zu Kundenend- Stichwort. Das senkt Kosten und Aufwand. geräten“. G.fast wird in Deutschland erst „Es war schnell klar: Digitalisierung ist ein seit 2017 in der Praxis verwendet. unverzichtbarer Bestandteil der kommuna- Synergien versprechen sich die Emder auch len Daseinsvorsorge und gleichzeitig aktive durch ein weiteres Infrastrukturprojekt: das Wirtschaftsförderung“, so Ackermann. LoRaWAN-Netz, das die Stadtwerke Emden „Wirtschaftliches Wachstum, Lebens- und vor Kurzem über die Stadt gespannt haben. Wohnqualität und nicht zuletzt auch die an- Nach dem Motto „Daten sind das neue gestrebte Klimaneutralität sind ohne Digita- Gold“ setzt Emden darauf, seine Daten lisierung heute nicht mehr denkbar.“ nicht an Unternehmen wie Google zu ver- Ackermann macht keinen Hehl daraus, kaufen, sondern selber zu nutzen. Zum Bei- dass daraus auch für das kommunale Un- spiel, um zu wissen, wo ein freier Parkplatz ternehmen neue Geschäftsmodelle entste- ist. Oder welcher Müllcontainer in der Stadt hen sollen. „Unsere wichtigsten Ertrags- geleert werden muss. Und bei Hochwasser, quellen waren bislang der Strom aus unse- ob die Deiche halten. Das sogenannte ren Windanlagen und die Gasversorgung – LoRaWAN-Netz hat eine große Reichweite, in beiden Bereichen ändern sich die verbraucht aber wenig Energie. „Wir bauen Rahmenbedingungen, sodass wir uns nach sozusagen das digitale Gehirn der Stadt. Alternativen umschauen müssen.“ Unser Ziel ist eine Datenbank von allen für alle“, sagt Manfred Ackermann. Im LoRa-WAN-Netz wird auf niedriger Fre- A und O ist der Glasfaserausbau quenz und sehr energieeffizient per Funk Berater Germies und Ackermann sind sich gesendet. Das macht diese Technologie be- darin einig, dass das A und O der Ausbau sonders attraktiv für Anwendungen, bei de- des Glasfasernetzes ist. Hier hinken viele nen kein direkter Strom- und Glasfaseran- Städte noch hinterher. Deshalb nahmen die schluss besteht oder keine größeren Bau- Emder die Sache selbst in die Hand. maßnahmen erfolgen sollen. Sender und 2018 wurden die ersten Gewerbegebiete Empfänger können mit Batterien mit einer angeschlossen, im vergangenen Jahr folg- Laufzeit von bis zu 15 Jahren betrieben wer- ternehmen. Unter anderem entstand dar- ten Wohngebiete. Über ihre Tochtergesell- den. An sieben Stellen in der Stadt sind aus die KEPTN-App als gemeinsame digi- schaft Emden Digital vermarkten die Stadt- Antennen aufgestellt, die Daten empfangen tale Informations- und Interaktionsplatt- werke inzwischen erfolgreich eigene Breit- können. Dabei geht es um Echtzeit-Daten. form, die enorm von der Bevölkerung bandangebote für Gewerbe- und Privatkun- Auch hier ist die Seehafen-Stadt einer der angenommen wird. Der KEPTN ist die den. Einzeln oder als Komplettangebot Vorreiter. Stadt-App für Bürger, Gäste und Unterneh- können Kunden eine Telefon-Flatrate, High- Die Stadtwerke sehen auch bei diesem men in Emden. Unter dem Motto „Die speed-Surfen und TV-Programme inklusive System Potenzial für neue Produkte und ganze Stadt in der Hosentasche“ bekom- Router buchen. Für diese Investition haben Dienstleistungen beim Gebäudemanage- men die Nutzer Informationen über vieles, die Emder 50 Millionen Euro in die Hand ment. „Wenn zum Ende der Schulferien ab- was gerade in der Stadt los ist, wann der genommen. Viel Geld für die Seehafen- zusehen ist, dass es kalt sein wird, wenn Bus kommt, virtuelle Stadtrundgänge oder Stadt. Man ist aber optimistisch, dass die die Schüler zurückkehren, kann der Haus- einfach den Hinweis, den Müll an die Summe kurzfristig refinanziert werden wird. meister kurzfristig von einer Stelle aus in Straße zu stellen. „Wir haben von vornherein eng mit der Woh- allen Schulen die Heizung anmachen.“ Oder Neuester Clou: Über die KEPTN-App kann nungswirtschaft zusammengearbeitet, das für die Abfallwirtschaft: Mit vernetzten Con- man nicht nur Informationen in Echtzeit ab- hat dem Projekt erheblichen Auftrieb gege- tainern können Mitarbeiter von Bauhof und rufen, sondern Geschenk-Gutscheine aus- ben“, so Stadtwerke-Chef Ackermann. Grünflächenamt ihre Arbeit besser planen, drucken, die in Geschäften und Restau- Großes Thema aktuell ist nach Worten von fahren eben nicht zu einer halb leeren Müll- rants vor Ort eingelöst werden können. Dr. Stefan Volkmer, Geschäftsführer von tonne, sondern warten, bis diese von selbst Eine Idee, die die heimische Wirtschaft Emden Digital, die Inhouse-Verkabelung. Bescheid gibt. Dazu sind in den Tonnen Sen- statt Amazon oder andere Internetriesen Die vier größten Wohnungsbaugesellschaf- soren verbaut, die den Füllstand messen. unterstützt. ten arbeiten eng mit dem Versorger zusam- Doch was macht Emden anders als andere men. Sie profitieren bereits von den Vortei- Modellregion Elektromobilität Städte? Manfred Ackermann, Geschäfts- len des Glasfaserausbaus, weil dadurch führer der Stadtwerke Emden und Initiator zum Beispiel die Verkabelung in den Gebäu- Dass sich die Emder schon so frühzeitig der Digitalisierungs-Roadmap, setzt auf ge- den durch die Nutzung der neuen DSL-ba- in Sachen Digitalisierung auf den Weg ge- meinsames Handeln von Politik und Ver- sierten Technik „G-fast“ möglich ist. Das macht haben, soll sich in den kommen- waltung, Wirtschaft und Wissenschaft. Vor schafft wesentlich schnelleren Zugang zu den Jahren auch auszahlen, wenn das VW- fünf Jahren kamen die Verantwortlichen den Kunden-Endgeräten in Bestandsbau- Werk demnächst nur noch Elektrofahrzeuge dazu zum ersten Mal mit dem kommunalen ten. Beim sogenannten G.fast handelt es produzieren wird. Um die vertrieblichen IVV immobilien vermieten & verwalten 1-2/2021 19
Wohnungswirtschaft ❙ Kommunale Roadmap Digitalisierung Potenzialeder neuen Stromverbraucher zu besitzer können sicher sein, dass die Nie- nutzen, haben die Stadtwerke ein Netz von derspannungsnetze in den Wohngebieten Autorin über 40 öffentlichen Ladesäulen aufgebaut es verkraften, wenn nach Schichtende Christina Hövener-Hetz, und bieten in Kooperation mit der Stadtspar- Tausende von VW-Mitarbeitern gleichzeitig Medienbüro Hövener kasse und einem ortsansässigen Monteur ihr E-Fahrzeug laden wollen. Das Last ein eigenes Produktpaket aus Wallbox, Pho- management ist eine Eigenentwicklung der tovoltaik und Speicher an. Ein Stresstest Stadtwerke Emden. „Wir sind bereit für die ist auch erfolgt. Vermieter und Immobilien Elektromobilität“, sagt Manfred Ackermann. „Kooperation mit Stadtwerken anstreben“ Jürgen Germies, Partner der Unternehmensberatung Haselhorst Associates GmbH, Starnberg, beschreibt im IVV-Interview wie Kommunen und Wohnungswirtschaft gemeinsam erfolgreich die digitale Daseinsvorsorge voranbringen können. Oder Paderborn: Die kleineren Kommunen stehenin attraktiven Smart Areas: Hier profitieren vom digitalen Wandel, wenn sie werden zum Beispiel auch die Straßen sich mit benachbarten Städten zusammen- beleuchtung oder die Abwasserkontrolle di- schließen, um „Smarte Regionen“ zu bilden. gital geregelt und Elektrofahrzeuge können Als Leitkommune der digitalen Modellregion überall schnell und einfach aufgeladen wer- Ostwestfalen-Lippe arbeitet Paderborn ge- den. Solche Standorte sind attraktiv. meinsam mit Delbrück, Bielefeld und der Bezirksregierung Detmold an der Weiterent- wicklung der Modellregion. Paderborn steigt Wo eine digitale Erschließung vorgesehen FOTO: Haselhorst Associates GmbH in unserer Studie im Vergleich zum Vorjahr vom 37. auf den siebten Platz – mit einem ist, können echte Digitalisierungsgrad von 31 Prozent. Smart Areas entstehen. Digitalisierung ist auch für die Wohnungs- wirtschaft ein wichtiges Stichwort. Viele Städte arbeiten für die digitale Daseins- Was macht einen Immobilienstandort, vorsorge schon eng mit den kommunalen Unternehmensberater Jürgen Germies eine Immobilie attraktiv? Unternehmen wie Stadtwerken zusammen. Worauf kommt es an? Was raten Sie Wohnungsunternehmen? Die Wohnungswirtschaft hat 2020 in nur Diese Unternehmen sollten eine genaue Es wird immer wieder behauptet, die Digi - Kenntnis darüber haben, wie die Planung talisierung befinde sich in vielen Klein- drei Monaten, vermutlich auch getrieben durch die Pandemie, die Plattform der digitalen Daseinsvorsorge für be- städten noch in der Steinzeit. Es gibt da stimmte Gebiete aussieht – dafür sollten wohl noch großen Nachholbedarf, aber „DigiWoh“ ins Leben gerufen. Es handelt sich dabei um eine Kooperation in Sachen sie das Gespräch mit Stadtwerken aufneh- sicher auch Leuchttürme. Können Sie men. Dort, wo eine digitale Erschließung Beispiele nennen? Smart-Living-Anwendungen für Gebäude, Wohnkomfort und die interne Transforma- vorgesehen ist, können echte Smart Areas Der Vergleich mit der Steinzeit mag für man- tion der Unternehmen, zum Beispiel für das entstehen und entsprechend kann dort che Kommunen polemisch zutreffen – denn digitale Mietmanagement, elektronische moderngebaut werden. Außerdem haben der Grad der Digitalisierung der deutschen Betriebskostenabrechnungen oder Mieter- die Verantwortlichen in der Wohnungs Städte liegt gerade einmal bei rund 50 Pro- Services. Das zeigt: Attraktive Standorte wirtschaft die Möglichkeit, gemeinsam mit zent und es sind die Metropolen, die die Ent- für modernes Wohnen brauchen eine Stadtwerken neue Geschäftsmodelle zu wicklung der Smart Cities vorantreiben. Aber flächen deckende Versorgung mit hohen entwickeln und anzubieten – etwa für Smart es gibt auch leuchtende Beispiele, etwa Ra- Bandbreiten – aber nicht nur für die Belange Living oder die Gebäudesicherheit. vensburg: Die Stadt hatte laut unseren Stu- der Vermietung mit automatisierten Prozes- Das Kerngeschäft der Wohnungs- dien 2019 einen Digitalisierungsgrad von sen, sondern auch für den Wohnkomfort, unternehmen würde so erweitert 15 Prozent. Im aktuellen Ranking erreicht den Einsatz von Smart-Home-Lösun gen werden um Smart Solutions? sie 30 Prozent – neunter Platz im Gesamt- oder die Home Security. Der digitale Bürger klassement. Insbesondere bei der digita- möchte sein mobiles Endgerät zur Steue- Genau richtig. Diese Unternehmen könnten len Bildung sind große Fortschritte erzielt rung der Haustechnik einsetzen und darü- zum Beispiel auch Elektrofirmen mit ins worden. Im Februar 2020 veröffentlichte ber auch seinen Energieverbrauch kontrol- Boot holen, die sich gerade die Bereiche Ravensburg eine IT-Strategie für Schulen. lieren; die Hausverwaltung möchte die digi- Smart Home und digitale Gebäude Die Agenda sieht sämtliche Maßnahmen tale Gebäudetechnik für ein effizientes sicherheit erobern. Die digitale Transforma- sowie den Bedarf an Infrastrukturen und In Energie-Management aus der Ferne regeln tion sorgt für jede Menge Innovation. vestitionen für die Umsetzung vor. oder steuern. Solche Smart Buildings Interview: Christina Hövener-Hetz 20 IVV immobilien vermieten & verwalten 1-2/2021
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