DEMOGRAFIEFESTE PERSONALPOLITIK - EIN ERFOLGSFAKTOR
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Inhalt Demografiefeste personalpolitik erhält die Wettbewerbs- fähigkeit der Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Handlungsfelder einer vorausschauenden, demografiefesten Personalpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Weiterführende Links und Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Demografiefeste Personalpolitik erhält die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen Der durch die BDA angestoßene politische Para ihrer regionalen Lage oder ihrer Unternehmens digmenwechsel weg von der früheren Frühver größe bei potenziellen Bewerbern nicht so stark im rentungspraxis hin zu einer höheren Beschäfti Fokus stehen und somit noch nicht als „employer of gung Älterer war und ist höchst erfolgreich. Die choice“ gelten. Die noch bessere Erschließung der Erwerbstätigenquote der 55- bis unter 65-Jähri Potenziale älterer Arbeitnehmer ist daher gerade gen ist zwischen 2000 und 2012 um mehr als die für sie unerlässlich. Hälfte gestiegen – von 37,4 % auf 61,5 % (Eurostat, 2013). Die Erwerbstätigenquote der 60- bis unter In der Wirtschaft gibt es dazu zahlreiche Bei 65-Jährigen hat sich in diesem Zeitraum sogar spiele guter Praxis. Die ganz überwiegende Mehr mehr als verdoppelt (von 19,6 % auf 44,2 %). Damit heit der Unternehmen weiß um die strategische hat sich die Erwerbstätigkeit Älterer in Deutschland Bedeutung, die eine demografiefeste Personalpo positiver entwickelt als in vielen anderen Ländern. litik für ihre Wettbewerbs- und Innovationsfähig Dies ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass nicht keit hat. Diese Broschüre soll auf diese Beispiele zuletzt zur Überwindung von Fachkräfteengpässen insbesondere aus kleinen und mittleren Unterneh immer mehr Unternehmen verstärkt auch auf ältere men aufmerksam machen und Unternehmen, aber Arbeitnehmer setzen. auch die Arbeitnehmer selbst für die Chancen und Potenziale einer demografiefesten Personalpolitik Der demografische Wandel gehört aber nach weiter sensibilisieren. wie vor zu den zentralen Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Dieser wird dazu führen, dass die Zahl der Personen im erwerbsfä higen Alter (20 bis 65 Jahre) bis 2030 von aktuell ca. 50 Mio. um rd. 8 Mio. abnehmen wird. Auch deswegen droht eine Fachkräftelücke bis 2030 von rd. 5 Mio. Arbeitskräften. Für die betriebliche Per sonalpolitik bedeutet dies, mit insgesamt alternden Belegschaften und einem sinkenden Potenzial an Fach- und Führungskräften die betriebliche Leis tungsfähigkeit im globalen Wissens- und Innova tionswettbewerb zu erhalten bzw. zu stärken. Das geringere Angebot an Fach- und Führungskräften bekommen insbesondere die Unternehmen zu spüren, die aufgrund ihrer Branchenzugehörigkeit, BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 3
Das Leistungsspektrum älterer Mitarbeiter: Altern ist kein Defizit – Kompetenzen wandeln sich Die Personalverantwortlichen und Führungskräfte Ältere Mitarbeiter galten lange als unterdurch Erwerbsbiografie aktiv gestalten wissen um die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft schnittlich produktiv, anfällig für Krankheiten und älterer Mitarbeiter. wenig leistungsfähig. Nach einer Studie des GfK- Marktforschungsinstituts (2010) haben inzwischen gut acht von zehn Arbeitgebern ein gutes oder halb Einflussfaktoren auf Leistungsfähigkeit: wegs gutes Altersbild. Danach halten die Firmen _ psychische und physische Leistungsfähigkeit ihre älteren Beschäftigten für besonders erfahren ■■ private Lebensführung (95 %), verantwortungsbewusst (94 %), loyal (87 %) ■■ Sozialisation, Ausbildung Wer gilt als älterer Mitarbeiter? und schreiben ihnen eine positive Wirkung auf das ■■ Selbstkonzept, Fremdkonzept Betriebsklima zu. Acht von zehn Unternehmen fin ■■ bisherige Tätigkeiten (Belastung, Training) Ältere Mitarbeiter sind laut OECD Mitarbeiter, den die älteren Beschäftigten genauso produktiv ■■ Leistungsanforderungen in der Arbeit die sich in der zweiten Hälfte ihres Berufsle wie die jüngeren und 70 % halten sie für ebenso ■■ Lernanregungen durch die Arbeit bens befinden, gesund bzw. arbeitsfähig und innovativ. noch nicht pensioniert sind. Die OECD unter scheidet weiterhin zwischen alternden Mitar Bestimmte physische und psychische Fähig beitern (40–55 Jahre) und älteren Mitarbeitern, keiten werden mit zunehmendem Alter weniger interindividuelle welche sich zwischen dem 55. Lebensjahr (u. a. Muskelkraft, Resistenz gegenüber Dauer Unterschiede und der Pensionierung befinden. Das Institut belastungen, Kurzzeitgedächtnis). Neben gleich für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bleibend ausgeprägten Fähigkeiten (u. a. Resis bei der Bundesagentur für Arbeit benennt eine tenz gegenüber arbeitsüblichen Belastungen, fließende Untergrenze von 45 bis 55 Jahren. Allgemeinwissen) können sich bei älteren Mitarbei tern bestimmte Fähigkeiten aber ebenso verbes sern (u. a. soziale Kompetenz, Ausdrucksvermö gen, Selbstständigkeit, Entscheidungsfähigkeit). Langjährige Erfahrung und Soft Skills gleichen Lebensalter daher vieles aus. Ein Zuwachs an Fähigkeiten und Kompetenzen ist aber kein Automatismus, denn Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Buck/Kistler/Mendius es gilt auch: „Den“ älteren Mitarbeiter gibt es nicht. Hartmut Buck | Ernst Kistler | Hans Gerhard Mendius: Demografischer Wandel in der Arbeitswelt Die individuelle Erwerbsbiografie, die persönliche Lebensweise, die gesundheitliche Grundkonsti tution, das private Umfeld, die Sozialisation etc. bestimmen die individuelle Gesundheit sowie die Lern- und Leistungsfähigkeit bzw. -bereitschaft: 4 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 5
Bei der Gestaltung von Personalmaßnahmen Altersstrukturrisiken – oder wie sie Selbstcheck – alter(n)sstrukturelle und -instrumenten ist diese Unterschiedlichkeit zu gar nicht erst entstehen Herausforderungen erkennen beachten. Sicher ist: Die Beschäftigungsdauer, -fähigkeit und -bereitschaft werden nicht durch das biologische Alter bestimmt. Generelle Aussagen Die altersstrukturellen Risiken Dequalifikation, Ein erster wichtiger Schritt ist die Altersstruktur zum Fähigkeitenspektrum lassen sich daher oft Demotivation und ein schlechterer Gesundheits analyse. Diese liefert erste und wichtige Informa nur schwer treffen. Im Vordergrund der betriebli zustand treten nicht zwangsläufig auf. Strategisch tionen darüber, in welchen demografiesensiblen chen Personalpolitik müssen vorrangig individuelle orientierte und ganzheitliche Ansätze einer demo Handlungsfeldern das Unternehmen demogra Fähigkeiten und Potenziale stehen. Die Führungs grafiefesten Personalpolitik sind ein guter Weg, um fisch fit gemacht werden muss. Die Unternehmen kraft spielt hier eine entscheidende Rolle. den Folgen des demografischen Wandels frühzeitig können ihre spezifischen Risikopotenziale ana und wirkungsvoll zu begegnen. Anhaltspunkte für lysieren und dann personalpolitische Strategien die unternehmensspezifische Gestaltung liefert der im Umgang mit den Folgen des demografischen Selbstcheck zur Identifikation alter(n)sstruktureller Wandels ableiten. Herausforderungen. M Auf einen Blick M Auf einen Blick Fragen in der Personalpolitik Fragen zur internen Demografie Wichtige und richtige Fragen sind daher nicht die nach dem Alter, sondern z. B.: Wichtige Fragen für Unternehmen zur internen Demografie sind z. B.: ■■ Welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähig ■■ Wie sieht die interne Demografie heute, in fünf und in zehn Jahren aus? keiten sind für die Tätigkeit erforderlich? ■■ Welche relevanten Unternehmensbereiche sind von einer Überalterung bedroht? ■■ Was ist an individuellem Können und Wol ■■ Wer sind relevante Erfahrungswissensträger im Unternehmen und wann scheiden diese alters len vorhanden? bedingt aus dem Unternehmen aus? ■■ Wie können eventuelle Defizite bei der Quali ■■ In welchen relevanten Unternehmensbereichen entsteht wann Nachbesetzungsbedarf? fikation, Gesundheit oder Motivation ausge ■■ Ist ein systematischer Erfahrungswissenstransfer zwischen Wissensgeber und Wissensnehmer glichen werden? gewährleistet? 6 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 7
Denn: Gelingt in der betrieblichen Personal unternehmensspezifischen Situation bzw. der demo politik keine ausgewogene Altersdiversität, so altern grafierelevanten Chancen und Risiken. Besonderer ggf. ganze Belegschaftssegmente gemeinsam. Aufmerksamkeit bedarf auch die Identifikation der Dies bedeutet ein zunehmendes Durchschnittsalter für das Unternehmen relevanten Leistungs- und in den betroffenen Unternehmen und eine abseh Wissensträger. Der Prozess der Übergabe an einen bare Verrentungswelle bei großen Teilen der Beleg Nachfolger ist hier für das Unternehmen von strate schaft. Gegebenenfalls müssen Unternehmen aus gischer Bedeutung. Wichtig ist, langfristig zu pla Altersgründen ausscheidende Mitarbeiter en bloc nen. Im Fokus der Analyse stehen dabei altersun ersetzen. Dies wird wiederum durch ein weiter abhängig alle Mitarbeiter des Unternehmens, schrumpfendes Angebot an Fach- und Führungs da ein altersintegratives „Age Management“ alle kräften erheblich erschwert werden. Zielsetzung Generationen und Lebensphasen umfassen sollte. sollte es daher sein, junge Nachwuchskräfte mit erfahrenen Experten ausgewogen zu mischen. Nähere Informationen unter www.inqa.de > Chancengleichheit und Diversity > Publikationen > Weitere wichtige Analysefelder sind neben Altersstrukturanalysen und Demografiechecks der Darstellung der (jetzigen und prognostizier ten) Altersstruktur die demografiesensiblen Berei che Nachwuchskräftesicherung, Personalent wicklung (insbesondere Aus- und Weiterbildung), Gesundheits- und Arbeitsschutz, Arbeitsorganisa tion (insbesondere Arbeitszeit) und Arbeits(platz) gestaltung, aber auch Führung und die gelebte Unternehmenskultur. Zielsetzung ist die Einleitung nachhaltiger und eher langfristig orientierter Maßnahmen zur Gestaltung einer ausgewogenen Altersstruktur in den Unternehmen. Neben der Ermittlung des Alters der Mitarbeiter sollten dementsprechend auch qua litative Fragen zur Weiterbildungs- und Gesund heitssituation der Mitarbeiter Teil der Analyse sein. Eine Kombination der so gewonnenen Daten erlaubt eine mehrdimensionale Darstellung der 8 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 9
Handlungsfelder einer vorausschauenden, demografiefesten Personalpolitik Längerfristige Orientierung des Personalmanagements sinnvoll Im Mittelpunkt einer vorausschauenden und somit entscheidende demografische Variable tritt immer demografiefesten Personalpolitik steht nicht das mehr in den Hintergrund. Mitarbeiter unterschei Alter, sondern der Alterungsprozess selbst. Damit den sich letztendlich eher durch ihre Leistungs eng verbunden sind unterschiedliche Lebenspha bereitschaft und -fähigkeit. Somit wird auch Phase I Phase II Phase III Phase IV sen, in denen sich der Mitarbeiter alternsbedingt vermieden, dass eine Altersgruppe in den Vorder Finden Binden und entwickeln Repositionieren Wiedereinstieg befindet. Je aktiver Unternehmen und Mitarbeiter grund rückt und somit eine besondere Behandlung die Gesundheit, die Qualifikation und die Moti erfährt. Dies ist unbedingt zu vermeiden, um die vation positiv beeinflussen, umso mehr verlieren Motivation altersübergreifend auf hohem Niveau Altersunterschiede an Bedeutung. Das Alter als zu erhalten. Praxisbeispiel Nachhaltige Personalstrategie bei der Deutschen Bahn AG „Mit dem demografischen Wandel verändert sich die deutsche Bevölkerung. Wir werden weniger, älter und in der gesellschaftlichen Zusammensetzung bunter. Das spüren wir als Unternehmen sowohl in Bezug auf unsere Mitarbeiter, auf die Arbeitsmärkte als auch mit Blick auf unsere Kunden. Um als Unter nehmen nachhaltig erfolgreich zu sein, müssen wir ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichrangig betrachten. Diese Überzeugung kommt in unserer Unternehmensstrategie DB 2020 zum Ausdruck. Eine demografiefeste Personalpolitik ist wesentlicher Bestandteil der DB 2020. Gemeinsam mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben wir uns auf einen Demografietarifvertrag (DemografieTV) verständigt. Die Beschäftigungsbedingungen werden individueller und flexibler, so dass die jeweiligen Berufs- und Lebenszyklen des Einzelnen stärker berücksichtigt werden können. Der DemografieTV beschreibt den gesamten Weg von der Ausbildung über die verschiedenen Phasen des Berufslebens bis zum gleitenden Übergang in die Rente. Im Zentrum steht das Lebensphasenmodell, z. B. Rekrutierung, Integrations z. B. attraktive Arbeit, Arbeitszeit, Vergütung, z. B. Ausstieg begleiten, Tätig z. B. temporären Wiedereinstieg das Perspektiven für ein gesamtes Berufsleben bei der DB aufzeigt. Dazu zählen die Gewinnung und management, Netzwerke generieren Beteiligung, individuelle Kompetenzentwicklung keitswechsel ermöglichen, Netz erfahrener Experten ermöglichen Bindung von Nachwuchskräften, die lebenslange Förderung von Potenzialentwicklung, die Gesund fordern und fördern werke mit Ehemaligen pflegen heitsförderung, der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit, die Beschäftigungssicherheit und die Verein barkeit von Beruf und Familie. Eine zukunftsorientierte Personalpolitik muss bei den Nachwuchskräften Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Frauenhofer IAO, IAT Universität Stuttgart beginnen und alle Mitarbeiter in allen Lebens- und Berufsphasen einschließen.“ Sigrid Heudorf | Leiterin Beschäftigungsbedingungen und Sozialpolitik 10 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 11
Personalauswahl – Wettbewerb um ältere und jüngere Talente Praxisbeispiel Gezielte Ansprache Älterer bei der Im Zuge des zunehmenden Fachkräftemangels ist Fahrion Engineering GmbH & Co. KG eine Neuausrichtung der Rekrutierungsstrategie notwendig: Unternehmen können einen zusätzli „Wir haben uns bezüglich des Fähigkeiten chen Wettbewerbsvorteil erzielen, indem sie bei profils unserer Projektleiter gefragt, welche der Personalsuche verstärkt den Fokus auch auf essentiellen Kompetenzen bei dieser Tätigkeit ältere Bewerber lenken, die in vielen Bereichen benötigt werden. Entscheidende Charakte eine qualifizierte und motivierte Alternative darstel ristika wie Verhandlungsgeschick, Eloquenz, len. Gleichzeitig sollten die Unternehmen versu Bereitschaft zu Dienstreisen, eine geringere chen, die relevanten und motivierten Erfahrungs Wechselneigung aufgrund von Karrieremo wissensträger möglichst lange im Unternehmen tiven sowie verantwortungsbewusstes Han zu halten. Ein langfristiges Ziel aber sollte es sein, deln fanden wir in der Summe am ehesten einen ausgewogenen Generationenmix innerhalb in der Bewerbergruppe 50+ angesiedelt. der Belegschaft zu realisieren. Daher dürfen Per Aufgrund dieser Überlegungen haben wir sonalmarketingmaßnahmen an Schulen und Hoch seitdem bewusst ältere Ingenieure und Tech schulen oder die Ausbildung nicht vernachlässigt niker durch eine gezielte Ansprache in Stel werden. Gleichzeitig gewährleistet die Rekrutie lenanzeigen aktiv rekrutiert. Eine gezielte rung jüngerer Nachwuchskräfte die Erneuerung Ansprache war auch deshalb notwendig, weil des Unternehmens durch den Import neuer Ideen sich herausgestellt hat, dass sich viele Ältere und neuen Wissens. nicht mehr bewerben und wir diese Zielgruppe sonst nicht ausreichend erreicht hätten.“ Jens Fahrion 12 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 13
Personaleinsatz lebensphasenorientiert planen Ältere und Jüngere im Team – Teams und befürchten Defizite oder Bevormundung altersspezifisches Wissen durch ältere Kollegen. Zum Teil altersbedingt unter Der Personaleinsatz, der den demografischen Demografiefeste Personalpolitik optimiert den schiedliche Lebenssituationen und -stile sowie dif Faktor Alter berücksichtigt, orientiert sich an den Personaleinsatz älterer und jüngerer Mitarbei kombinieren ferierende Wertvorstellungen erfordern von allen unterschiedlichen Lebensphasen der Mitarbei ter in qualitativer, quantitativer, örtlicher und zeit Mitarbeitern intergenerative Kompetenz. Generati ter. Zielsetzung ist der Erhalt der Leistungsfähig licher Hinsicht. Wesentliche Handlungsfelder sind Mitarbeiter sind Know-how-Träger. Es droht ein onentandems oder Mentoring sind weitere Möglich keit und -bereitschaft des Mitarbeiters über die Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung. Verlust an Erfahrungswissen, wenn ein Mitarbeiter keiten der produktiven Zusammenarbeit zwischen unternehmensbezogene Erwerbsbiografie hinweg. das Unternehmen z. B. aus Altersgründen verlässt Älteren und Jüngeren. und die Personalpolitik nicht frühzeitig Maßnahmen ergreift, um dieses Erfahrungswissen zu erhalten. Ein informeller Wissenstransfer im Kontext alters gemischter Teams gewährleistet den rechtzeitigen Praxisbeispiel Praxisbeispiel Austausch und die Kombination von altersspezifi schem Wissen (Austausch von Erfahrungswissen Altersgemischte Teams bei der Lebensphasenorientierung in der REWE Group und aktuellem Ausbildungswissen). Alt und Jung Schumann Haustechnik GmbH & Co. profitieren hier gleichermaßen. Der Jüngere kann „Lebensphasenorientierung ist ein fester Bestandteil des nachhaltigen Personalmanagements der von den erfahrungswissensbasierten Fähigkeiten „Um Erfahrungs- und aktuelles Ausbildungs REWE Group. Im Rahmen der lebensphasenorientierten Personalpolitik wurden zahlreiche Maßnah der Älteren profitieren: z. B. von dem routinierten wissen im Unternehmen generationenübergrei men entwickelt. Hierzu gehört der Ausbau der Arbeitszeitmodelle, welche den Beschäftigten mehr zeit Umgang mit Maschinen, Arbeitsabläufen oder Kun fend zu verankern, setzen wir bei Schumann liche Flexibilität bieten. So wurden u. a. Modelle für eine Pflege-Auszeit und ein Sabbatical entwickelt. den. Aufgrund seines angesammelten Wissens Haustechnik insbesondere auf altersgemischte Das Angebot von Home-Office ermöglicht zudem eine hohe örtliche Flexibilität. Um die Beschäftigten über das Unternehmen ist der erfahrene Mitarbei Teams. Die von uns eingesetzten Montage in kritischen Lebensphasen und -ereignissen zu unterstützen, wurden im Rahmen des Projektes LoS! ter oftmals besonders gut in der Lage, flexibel mit teams im Bereich Heizung, Lüftung und Sanitär (Lebensphasenorientierte Selbsthilfekompetenz) zahlreiche Medien erarbeitet (z. B. Anbieter-Naviga unerwarteten Situationen umzugehen (Material- sowie bei der Installation von alternativen Ener tor, Kurz-Check Pflege/Scheidung/Finanzen, …). Zudem wurden über die gesamte Bundesrepublik oder Personalengpässe, Zusatzaufträge, Änderun gieanlagen bestehen aus jüngeren und älteren Deutschland Multiplikatoren ausgebildet, die Beschäftigten in den unterschiedlichen Lebenssituatio gen im Zeitplan etc.) und zu improvisieren. Gleich Kollegen. Dies fördert den Wissenstransfer nen eine Erstberatung anbieten. Weitere Maßnahmen, welche die Beschäftigten der REWE Group in zeitig ist in der Regel ein Gespür für das Klima innerhalb der Belegschaft insbesondere von ihren unterschiedlichen Lebensphasen unterstützen, sind unter anderem: die Eröffnung einer eigenen im Unternehmen vorhanden, Konflikte können so Alt zu Jung und führt im Endergebnis zu einer Kindertagesstätte, Eltern-Kind-Büros, der Ausbau des Audits ‚Beruf und Familieʼ und diverse Informa schneller erkannt und gelöst werden. Umgekehrt höheren Qualität und Quantität der Arbeit und tionsveranstaltungen.“ profitiert der Ältere vom häufig besseren Zugang somit nicht zuletzt zu zufriedeneren Kunden.“ Berndfried Dornseifer | Leiter Personal/Personalentwicklung Konzern jüngerer Kollegen zu neuen Technologien. Alters Detlef Schumann heterogene Teams bergen aber auch Risiken. Ältere setzen sich unter Leistungsdruck, Jüngere vergleichen ihr altersgemischtes Team mit jüngeren 14 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 15
M Auf einen Blick Know-how-Tandems Erfolgreiche Gestaltung von Know-how-Tandems: ■■ Eine schriftliche Vereinbarung zwischen W issensgeber und Wissensnehmer verdeutlicht deren Commitment im Transferprozess. ■■ Die Festlegung von Meilensteinen strukturiert den Transferprozess und sichert somit Effektivität und Effizienz bei der Wissensvermittlung. ■■ Meilensteingespräche zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Transferprozesses dokumentieren Handlungsbedarf, das bereits Erreichte und noch offene Fragen. ■■ Nach Abschluss des Transferprozesses kann ein Unterstützungsvertrag geschlossen werden, um auch nach Ausscheiden des Erfahrungswissensträgers aus dem Unternehmen dessen Know-how an das Unternehmen zu binden, z. B. als Senior-Experte. ■■ Erfahrungswissen muss hinsichtlich seines Nutzens für den betrieblichen Alltag hinterfragt werden – Erfahrungswissen ist nicht unantastbar. 16 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 17
Praxisbeispiel Tätigkeitswechsel gezielt nutzen Gesund länger arbeiten Praxisbeispiel Entwicklung einer Gesundheitsvision mit Ein geplanter Tätigkeitswechsel erhält und erwei Maßnahmen des Gesundheitsmanagements tra dem Institut für angewandte Arbeitswis- Abwechslung als personalpolitisches tert funktionale sowie funktionsübergreifende gen dazu bei, die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter senschaft e. V. (Ifaa) Instrument in der tesa Werk Offenburg Kompetenzen (z. B. der Erhalt bzw. die Erhöhung über die gesamte Erwerbsbiografie zu erhalten. GmbH der Veränderungsfähigkeit). Jobrotation hat somit Dementsprechend kann die Beschäftigungsdauer „Im Rahmen des Projektes „g.o.a.l. (Gesunde positive Lerneffekte und verbessert letztendlich älterer Mitarbeiter bis zum gesetzlichen Renten Organisation – Strategien zur Förderung der „Unser größter Erfolgsfaktor ist der Mensch. Mit die Einsatzflexibilität des Mitarbeiters. Ein Vorteil eintrittsalter reichen oder ggf. darüber hinaus ver Leistungsfähigkeit von Beschäftigten) beglei der Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre gegenüber dem „training off the job“ ist die bessere längert werden. Denn: Der Gesundheitszustand ten wir fünf mittelständische Unternehmen – wurden wir vor die Aufgabe gestellt, für unsere Anpassung an unternehmensspezifische Bildungs Älterer war nie besser als heute. So ist ein 60-Jäh drei aus der Metall- und Elektroindustrie und 2 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rahmenbe bedürfnisse. Jobrotation bezieht sich auf einen riger heute so fit wie ein höchstens 55-Jähriger der aus der Chemie-Industrie – über einen Zeit dingungen zu schaffen, damit diese gesund attraktiven Tätigkeitswechsel ohne zwingenden Vorgängergeneration. Ebenso sind Ältere seltener raum von 2,5 Jahren bei der Einführung eines bis zur Rente arbeiten können. Dazu haben hierarchischen Aufstieg. Entscheidend ist auch hier krank als Jüngere, auch weil sie häufig ein hohes Betrieblichen Gesundheitsmanagements. wir u. a. das Arbeiten im Team gepaart mit die Veränderungsbereitschaft des Mitarbeiters, Maß an Verantwortungs- und Pflichtgefühl mit einem hohen Abwechslungs- und Verantwor sich auf neue Arbeitssituationen und neue Heraus bringen. Im statistischen Durchschnitt sind Ältere Ganz wichtig: Eine Pauschallösung gibt es tungsgrad als personalpolitisches Instrument forderungen einzustellen. aber (bezogen auf den Einzelfall) deutlich länger nicht, vielmehr muss ein unternehmensspe etabliert. Durch diesen Wechsel gelingt es uns, krank. Problematisch sind insbesondere Muskel- zifisches Gesundheitsmanagement aufge einseitige Belastungen zu vermeiden und somit Skelett- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hier baut werden. Nach einer Analyse des Ist- die individuelle Gesundheit zu erhöhen. Zudem besteht jedoch kein altersbezogener Automatis Zustands der Unternehmen, haben wir mit den gibt es bei uns das Instrument „E-Flex – 5 Tage mus. Maßnahmen der Arbeitsgestaltung und der Geschäftsführungen eine Gesundheitsvision im Jahr einen anderen Job machen“. Diese fünf Arbeitsorganisation ermöglichen es alterskritische entwickelt. Erst dann lassen sich gezielte Maß Tage können über das Jahr verteilt oder in ver Belastungen zu verringern bzw. weitestgehend nahmen der Gesundheitsförderung ableiten, schiedenen Bereichen absolviert werden und zu vermeiden. Der Fokus eines strategischen die tatsächlich die Gesundheit der Beschäf ermöglichen einen Blick über den eigenen Tel Gesundheitsmanagements liegt daher nicht auf tigten in den jeweiligen Unternehmen langfris lerrand und fördern die Flexibilität des eigenen den älteren Mitarbeitern allein, alle Mitarbeiter tig verbessern. Eine Gesundheits-Scorecard Denkens und Handelns.“ gruppen werden einbezogen, denn auch schon unterstützt die Führungskräfte bei der Reali Nadja Prinz | Personalteamleiterin in jungen Jahren sollten gesundheitsorientierte sierung einer nachhaltigen Gesundheitskultur. Themen berücksichtigt werden. Die Vielfalt und Komplexität der Maßnahmen, die von den Unter Die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Projekt nehmen im Rahmen betrieblicher Gesundheitsför sollen als allgemeingültige Vorgehensweise für derung ergriffen und praktiziert werden, sind groß. Unternehmen aller Branchen zugänglich und Die Unternehmen können durch regelmäßige übertragbar gemacht werden.“ Gesundheits-Checks, Beratung der Mitarbeiter in Timo Marks (Projektleiter) & Anna Peck 18 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 19
Gesundheitsfragen, eine ergonomische Gestal Maßgeblich muss der Mitarbeiter eigeninitiiert tung der Arbeitsplätze und -systeme oder geplante und direkt Einfluss nehmen auf seine Leistungsfä _ Arbeitsplatzwechsel (Jobrotation) ein strategi higkeit. Das betriebliche Gesundheitsmanagement sches Gesundheitsmanagement implementieren. muss daher beteiligungsorientiert gestaltet wer Arbeitsfähigkeit: Work Ability Index den und den Mitarbeiter motivieren, sich eigen (Arbeitsfähigkeitsindex, WAI) Die individuelle Gesundheit kann von den verantwortlich gesund zu halten. Eine Reduktion Unternehmen aber nur zu einem Teil durch betrieb potenzieller Risikofaktoren (Übergewicht, Rau Der Work Ability Index (WAI) ist ein Instrument liche Gesundheitspolitik positiv beeinflusst werden. chen, Bewegungsmangel) unterstützt dementspre zur Erfassung der Arbeitsfähigkeit von Erwerbs Vielmehr wird diese in erster Linie vom Verhalten chend die Maßnahmen der Unternehmen und wirkt tätigen. Es handelt sich um ein Fragebogen des Einzelnen maßgeblich selbst bestimmt. Unab gesundheitlichen Beeinträchtigungen entgegen. instrument, das entweder von den Befragten dingbare Voraussetzung und notwendiger Beitrag Insbesondere bei körperlich anspruchsvollen Tätig selbst oder von Dritten, z. B. Betriebsärzten zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sind daher keiten ist der Erhalt der physischen Fitness wichtig bei der betriebsärztlichen Untersuchung, aus die Eigenverantwortung jedes einzelnen Mitar und herausfordernd. gefüllt wird. Dieses arbeitsmedizinische Inst beiters und dessen Bewusstsein für die eigene rument wurde in Finnland entwickelt und dort Gesundheit. über Jahre erfolgreich eingesetzt. Es wurde inzwischen in 21 weitere Sprachen übersetzt. Der WAI betrachtet die mentalen und physi schen Arbeitsanforderungen zusammen mit den gesundheitlichen Voraussetzungen des M Auf einen Blick Beschäftigten. Daraus können wertvolle Hin weise auf eine gesundheitsfördernde Lebens Beispiele für Gesundheitsmanagement führung oder eine ergonomische Arbeitsplatz gestaltung abgeleitet werden. Beispiele für ein aktives, systematisches und umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement Weitere Informationen: ■■ Gesundheits- und Rückkehrgespräche www.arbeitsfaehigkeit.net ■■ Mitarbeiterbefragungen ■■ Medizinische Präventionsprogramme (Vorsorgeuntersuchungen, Beratung, Impfungen) ■■ Suchtpräventionsprogramme ■■ Programme zur körperlichen Aktivität (Rückenschule, Kreislauftraining) ■■ Ernährungsberatung und -programme (Neuausrichtung der Kantine) ■■ Kooperation mit Krankenkassen 20 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 21
(Lebens-)Arbeitszeit entlang der Tätigkeit nachgehen, tun dies weniger des Geldes Erwerbsbiografie gestalten wegen. Im Vordergrund steht vielmehr der Wunsch, Praxisbeispiel aktiv zu bleiben, soziale Kontakte in der Arbeitswelt zu halten sowie sich persönlich weiterzuentwickeln. In der Berufsmitte Karriere neu denken bei der BASF Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie berück Silver Workers stellen aber auch Bedingungen an sichtigt die unterschiedliche Lebenssituation der die Weiterbeschäftigung: Hohe Flexibilität und ein „Seit 2012 berät unser Lernzentrum mit der ‚Laufbahnorientierung der BASF‘ die Mitarbeiter jeden Mitarbeiter: Neben Müttern und Vätern sind dies gewisses Maß an Freiwilligkeit sind Koordinaten, Alters zu Themen der beruflichen Weiterentwicklung. Die Laufbahnorientierung bietet Orientierungs verstärkt Mitarbeiter, die sich um pflegebedürftige die die Personalverantwortlichen beachten müs hilfe für die Vielfalt der Möglichkeiten innerhalb der BASF: von der Analyse der Stärken und Potenziale Verwandte kümmern müssen und wollen. Für die sen. der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über die Vorbereitung auf das Mitarbeiter- und Entwicklungsge präsente Gruppe der Babyboomer werden zukünf spräch bis hin zu möglichen Folgemaßnahmen zur beruflichen Orientierung und weiteren Qualifizie tig Pflegeverpflichtungen zunehmen. Die individu rungsangeboten. Speziell für Mitarbeiter in der Berufsmitte, die ihren bisherigen Werdegang reflektie ellen Zeitbedürfnisse orientieren sich daher an den ren und ihre kommenden beruflichen Herausforderungen aktiv gestalten wollen, bietet die BASF das unterschiedlichen Lebensphasen des Mitarbeiters. 9 Seminar ‚Standortbestimmung 45+‘.“ Erziehung, Pflege und insbesondere Weiterbildung Jörg von Walcke-Wulffen | Labor Law and Legal sind wichtige Handlungsparameter bei der Gestal „Ältere Mitarbeiter sind inzwischen für viele tung einer flexiblen Arbeitszeitregelung. Unternehmen ein wertvoller Schatz, der gehegt und gepflegt wird. Und das auch noch nach Der Übergang zwischen Erwerbsleben und deren altersbedingtem Ausscheiden aus dem Ruhestand sollte weiter individualisiert und flexi Unternehmen. Diese Silver Workers haben bilisiert werden. Hier können Unternehmen einen Spaß an der Arbeit und sind mit ihrem Erfah- wichtigen Beitrag leisten. Vertragliche Gestaltun rungswissen ein Gewinn für Kunden, Kollegen gen mit individuell vereinbarten und flexibel gestalt und Unternehmen.“ baren Zeitvolumina können hilfreiche Instrumente der Lebensarbeitszeitflexibilisierung sein – auch Prof. Jürgen Deller, Universität Lüneburg über die Verrentungsgrenze hinaus. Warum nicht länger als bis 67 arbeiten, wenn unternehmerische Bedarfe und individuelle Bedürf nisse dafür sprechen? Die Einbindung pensio nierter Experten, der „Silver Workers“, kann den Rückfluss von Erfahrungswissen in das Unterneh men ermöglichen. Diese aktiven Ruheständler, die nach Erreichen der Verrentungsgrenze noch einer 22 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 23
Arbeits- und Beschäftigungs Älterer bedeuten, um deren Wissensstand zu aktu Praxisbeispiel fähigkeit durch lebenslanges alisieren. Ziel muss es aber sein, die Mitarbeiter mit ihren fachlichen und persönlichen Kompetenzen Flexibler Einstieg in die Rente bei der Continental AG, Rubber Group Deutschland Lernen erhalten auf die aktuellen und zukünftigen Anforderungen im Unternehmen vorzubereiten. Langfristig sollten „Bei Continental unterstützen wir den flexiblen Einstieg unserer Mitarbeiter in die Rente mit einer Viel Eigeninitiiertes und lebenslanges Lernen sollte zu Anpassungsqualifizierungen überflüssig werden, zahl von Konzepten. Mit dem ContiTIME Langzeitkonto können unsere Mitarbeiter heute schon Zeit einem festen Bestandteil der betrieblichen Erwerbs da der aktuelle Wissensstand immer den tatsäch guthaben, Überstunden, Urlaub und übertarifliche Entgeltbestandteile ansparen, um später vor dem biografie aller Mitarbeiter werden. Jeder Mitarbeiter lichen Anforderungen entspricht. gesetzlichen Rentenbeginn bezahlt in den Ruhestand zu gehen. Weiterhin können seit 2013 unsere sollte sich der Notwendigkeit einer möglichst eigen Mitarbeiter, die unter den Tarif der chemischen Industrie fallen, auf der Grundlage des Tarifvertrags und initiierten Kompetenzerneuerung bewusst sein. Die einer Betriebsvereinbarung ihren flexiblen Übergang in den Ruhestand gestalten. Dazu verzichtet der Lernmotivation kann sinken, wenn der Erfahrene Mitarbeiter z. B. ab dem 55. Lebensjahr fünf Jahre lang auf die ihm wöchentlich zustehenden 2,5 Stun keinen Lernbedarf (mehr) sieht. Lernangebote, die den Altersfreizeit. Im Gegenzug muss er ab dem 60. Lebensjahr bis zum Eintritt in den Ruhestand mit nicht alternsgerecht ausgestaltet sind, tun ihr Übri 65 nur noch vier Tage in der Woche arbeiten – bei vollem Entgelt. Finanziert wird das Konzept durch ges. Das funktionale Wissen veraltet, die Dequali einen arbeitgeberfinanzierten Fonds, in den wir pro tariflichen Arbeitnehmer jeweils 200 € im Jahr fikation setzt ein. Betriebliche Personalpolitik muss einzahlen. Sofern die lokalen Betriebsparteien dies vereinbaren, können Teile des Fonds auch für eine gezielt Lernanreize setzen, um den älteren Mitar lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung genutzt werden. So können Mitarbeiter z. B. für Wei beiter im Bereich Qualifikation „anschlussfähig- terbildung, Kindererziehung, Pflege der Angehörigen für eine begrenzte Zeit die Arbeitszeit ohne Ent und -bereit“ zu halten. Die zielgruppenorientierte gelteinbußen reduzieren. Zusätzlich erhöhen wir bei Continental kontinuierlich den Anteil sog. alters Gestaltung von Weiterbildungsmaßnahmen ist hier stabiler Arbeitsplätze in der Produktion: Seit 2005 arbeiten wir in einem deutschlandweiten präventiven ein entscheidender Erfolgsfaktor. Zur Überwindung Ergonomieprojekt. Mit Hilfe unseres Belastungsdokumentsystems – kurz BDS genannt – analysieren von Lern- und Motivationsbarrieren älterer Mitarbei wir systematisch unsere Arbeitsplätze in den Produktionsbereichen und leiten so die Gestaltung der ter bei der Weiterbildung sollten geeignete Lehr- und Rahmenbedingungen ein. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass wir ältere Mitarbeiter im Lernmethoden zum Einsatz kommen, um den Ler Erwerbsprozess halten, und investieren damit sowohl in ältere als auch in nachkommende Mitarbeiter. nerfolg sicherzustellen. Nutzt ein Unternehmen im Die Arbeitsplätze müssen prinzipiell von Mitarbeitern jeden Alters auszuüben sein; wir sprechen daher Rahmen der Arbeitsorganisation aber lediglich das auch von alternsgerechten Arbeitsplätzen. In einem nächsten Schritt planen wir, BDS zunächst euro Erfahrungswissen der Älteren durch deren Einsatz paweit und dann weltweit einzusetzen.“ in immer gleichen Zusammenhängen, ohne den Holmer Struck | Head of HR ContiTech Wissensstand zu aktualisieren oder zu erweitern, verlernt der (ältere) Mitarbeiter das Lernen. Einmal in der Spezialistenfalle kann neues Wissen aber nur mit einem höheren Aufwand erlernt werden – das Lernen selbst muss neu erlernt werden. Kurzfris tig kann dies auch eine Anpassungsqualifizierung 24 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 25
Praxisbeispiel Höher und weiter qualifiziert im Alter bei der Hering Bau GmbH & Co. KG „Unsere Mitarbeiterbefragungen haben ergeben, dass nicht wenige Beschäftigte sich Sorgen machen, ob sie bis zur Rente einsatzfähig bleiben können. Für uns als Unternehmen ist daher von großer Bedeutung, diese Sorgen ernst zu nehmen und die Leistungsfähigkeit der Belegschaft möglichst lange zu erhalten, auch indem z. B. die Lernbereitschaft gefördert wird oder wir kontinuierlich Maßnahmen der Personalentwicklung durchführen. Dabei forcieren wir insbesondere die Höher- und Weiterqualifi zierung der älteren Kollegen mit dem Ziel, dass diese zukünftig komplexere und somit physisch weniger belastende Aufgaben übernehmen können, z. B. im Projektmanagement.“ Nicole Trettner | Leitung Personalmanagement M Auf einen Blick Was sind Lernbarrieren für Ältere? ■■ Die Lernsituation „älterer Lernender und jüngerer Lehrender“ kann die Älteren bei der Formulierung von Verständnisfragen hemmen oder Akzeptanzprobleme verursachen. ■■ Eine jahrelange Lernentwöhnung kann die Aufnahme und Verarbeitung neuen Wissens erschweren, ist aber nicht Ausdruck altersbedingt nachlassender Lernfähigkeit. ■■ Je praxisorientierter und näher am Job, desto höher ist meist der Lerntransfer. ■■ Das Erfahrungswissen Älterer ist der Maßstab, an dem neues Wissen gemessen und häufig kritisch hinterfragt wird, z. B. hinsichtlich des Nutzens. 26 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 27
Laufbahn aktiv und lebensphasen knüpfen. Um Demotivation zu vermeiden, müssen zu identifizieren und zu entwickeln. Dies bedeutet orientiert gestalten in Laufbahngesprächen realistische Karriereziele unter Umständen auch die Teilnahme eines älteren vereinbart werden. Verhindert werden muss die Mitarbeiters an einem Assessment-Center mit Ent Abwanderung jüngerer und älterer Potenzialträger wicklungscharakter. Mitarbeitergespräche machen Zur Vermeidung von Demotivation gerade in der mangels betrieblicher Alternativen. Ziel ist ein lang die individuellen Karriereerwartungen transparent, Gruppe der Fach- und Führungskräfte 40+ (hier ist fristiges, altersübergreifendes Commitment. ergänzen somit eine die Erwerbsbiografie beglei oft kein beruflicher Auf- oder Umstieg mehr möglich) tende Laufbahnplanung und sollten auch Fragen kann die Personalplanung eine individuelle Lauf Die Unternehmen sollten gemeinsam mit den zur gesundheitlichen Situation umfassen. Die Ein bahnplanung unterstützen. Berücksichtigt werden Mitarbeitern deren Erwerbsverlauf aktiv gestalten bindung des ausscheidenden Mitarbeiters in die sollte, dass bei flacher werdenden Hierarchien ver unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit. (eigene) Nachfolgeplanung schließt die individuelle tikale Karrieremöglichkeiten seltener werden. Eine Dies kann den Wechsel aus physisch anstrengen Erwerbsbiografie auf betrieblicher Ebene erfolg Aufwertung von Fachkarrieren wird daher wichti den Tätigkeiten bedeuten, ohne auf motivations reich ab. Praxisbeispiel ger, Fach- und Projektkarrieren als Alternative zum schädliche Schonarbeitsplätze ausweichen zu müs traditionellen Aufstieg bekommen mehr Bedeutung. sen. Ein veränderter Personaleinsatz orientiert sich Mehr Respekt vor der Leistung Älterer bei Es ist aber darauf zu achten, dass die Mitarbeiter dabei an den individuellen Fähigkeiten und Kennt Altersneutrale Unternehmenskultur der Grunewald GmbH & Co. KG auch an horizontale Karriereverläufe Erwartungen nissen. Dazu ist es erforderlich, die Potenziale, ins und alter(n)sgerechte Führung hinsichtlich des Gehalts und des Statusgewinns besondere auch der älteren Mitarbeiter, permanent „Auslöser für die Verstärkung unserer Akti stärken vitäten im Bereich Age Management war die Tatsache, dass wir die Zusammenarbeit zwi Eine die älteren Arbeitnehmer wertschätzende schen Jung und Alt im Bereich der Fertigung Praxisbeispiel Unternehmenskultur beeinflusst deren Leistungsfä verbessern wollten. Daraufhin haben wir mit higkeit und Lernfähigkeit positiv. Neben der Bran der Hilfe eines mediativen Beraters eine neue Bogenkarriere bei der Karl Otto Braun GmbH & Co. KG che, den Produkten, dem Unternehmensstandort Kommunikationsstruktur in den Teams etab oder der Unternehmensgeschichte beeinflusst das liert. Diese sieht vor, dass sich die Mitarbeite „Durch die Einführung des personalpolitischen Instruments aKrOBat (Artikulieren, Rückmeldung, Akzep Management die Unternehmenskultur. Aufgabe des rinnen und Mitarbeiter wöchentlich zu einem tanz und Transparenz) ist es uns gelungen, die spezifischen Lebensphasen, die unsere Mitarbeiter in der Unternehmens ist es, den Wert älterer Mitarbeiter intensiven Erfahrungsaustausch treffen. Wir jeweiligen beruflichen Phase durchlaufen (Betreuung von Kindern, Pflegen von Angehörigen), eng mit gegenüber den eigenen (jüngeren) Mitarbeitern, konnten dadurch ein höheres gegenseitiges den vereinbarten Personalentwicklungszielen zu verknüpfen. Wenn sich in den verschiedenen Lebens aber auch gegenüber Kunden, Lieferanten und der Verständnis und eine höhere gegenseitige phasen die private Situation des Mitarbeiters ändert, müssen wir darauf flexibel reagieren. So leisten wir Öffentlichkeit zu kommunizieren. Akzeptanz erreichen. Erfahrungswissen wird einen aktiven Beitrag zur Steigerung der Motivation und somit auch zur Leistungsfähigkeit der Mitarbei nun mehr geschätzt, aber auch weitergege ter.“ Ein alter(n)sgerechtes Führungsverhalten ist ben und angenommen.“ Michael Bohrmann | Chief Human Resources Officer ein entscheidender Erfolgsfaktor bei dem Erhalt Dr.-Ing. Jörg Detering | Betriebsleiter der Arbeitsfähigkeit älterer Mitarbeiter. Eine 28 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 29
Weiterführende Links und L iteraturhinweise: Unternehmenskultur, die demografiebewusst und Informationen und Hilfen: Literaturhinweise: altersneutral die leistungsorientierten und -fähigen Mitarbeiter wertschätzt, ist die Basis für die erfolg INQA Initiative Neue Qualität der Arbeit Bertelsmann Stiftung und Bundesvereinigung reiche Bewältigung der demografischen Heraus www.inqua.de der Deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.): forderungen. Demografiebewusstes Personalmanagement – Institut für angewandte Arbeits- Strategien und Beispiele für die betriebliche Praxis, Ein erster wichtiger Schritt in den Unterneh wissenschaft (Ifaa) Gütersloh 2008 men sind die Sensibilisierung und Qualifizierung www.arbeitswissenschaft.net der Führungskräfte auf allen Hierarchieebenen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): für demografierelevante Themen (z. B. die Füh Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Effiziente Personalpolitik bei alternden Belegschaften, rungskraft als „Gesundheitsmanager“) und deren www.iwkoeln.de Köln 2010 strategische Bedeutung für das Unternehmen. Der Mitarbeiter selbst spielt als „Unternehmer in eige Work Ability Index/Arbeitsfähigkeit Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) (Hrsg.): ner Sache“ eine ebenso wichtige Rolle. Die bereits www.arbeitsfaehigkeit.net Personalkompass. Demografiemanagement genannte hohe Eigen- und Mitverantwortung in den mit Lebenszyklusorientierung, Köln 2011 Bereichen Gesundheit und des berufsbegleitenden Das Demografienetzwerk kostenloser Download unter: www.iwkoeln.de Lernens sind wichtige Erfolgsbausteine für einen www.ddn.de erfolgreichen Transfer einer demografiefesten Per DGFP (Hrsg.): sonalpolitik in die betriebliche Praxis. Lebensereignisorientiertes Personalmanagement. Eine Antwort auf die demografische Herausforderung, Düsseldorf 2009 Institut für angewandte Arbeitswissen- schaft e. V. (Ifaa) (Hrsg.): Der demografiefeste Betrieb, Düsseldorf 2009 Institut für angewandte Arbeitswissen- schaft e. V. (Ifaa) (Hrsg.): Demografie meistern Standpunkte | Praxisbeispiele, Düsseldorf 2012 kostenloser Download unter: www.arbeitswissenschaft.net/ Downloads-und-Services.811.0.html 30 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor 31
BDA | Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Mitglied von BUSINESSEUROPE Hausadresse: Breite Straße 29 | 10178 Berlin Briefadresse: 11054 Berlin T +49 30 2033-1400 F +49 30 2033-1405 arbeitsmarkt@arbeitgeber.de www.arbeitgeber.de Stand: Juni 2013 Redaktion: Dr. Alexander Böhne Fotografie: Titel: Marcel Weber | Getty Images S. 6 sebastianreuter, S. 9 Monkey Business, S. 17 Gina Sanders, S. 21 Robert Kneschke, S. 23 WavebreakmediaMicro, S. 25 Markus Bechtle, S. 26 Yuri Arcurs | Fotolia.com S. 12 mediaphotos | iStockphoto.com 32 BDA | Demografiefeste Personalpolitik – ein Erfolgsfaktor
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