Denkfabrik - Generation xYz - Kolpingjugend

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Denkfabrik - Generation xYz - Kolpingjugend
Kolpingjugend

    Denkfabrik - Generation xYz
    Die Zukunft des Verbandes ist für junge Menschen im Kolpingwerk ein
    wichtiges Thema. Um die Perspektiven von Mitgliedschaft, Beteiligung
    und Profil in einem generationenübergreifenden Verband zu diskutie-
    ren, haben Kolpingwerk und Kolpingjugend gemeinsam ein neues For-
    mat entwickelt: die Denkfabrik.                                                                Von Alexander Suchomsky

                           I
                              m Mittelpunkt der zweitägigen Beratungen    }} Wofür und warum engagieren sich junge
                              und Diskussionen im Stadthotel am Rö-          Menschen?
                              merturm stand die Frage, wie Mitglied-      }} Was braucht es für das Engagement junger

                           schaft, Beteiligung und verbandliches Profil      Menschen?
                           insbesondere junge Menschen ansprechen         }} Wie und womit begeistern andere Verbän-

                           können. Entscheidende Fragen waren hierbei:       de und Organisationen junge Menschen?

4   Idee & Tat 2/2019
Denkfabrik - Generation xYz - Kolpingjugend
Kolpingjugend

  Um diese Fragestellungen intensiv zu erör-       Die Lebenswirklichkeit junger Menschen ist
tern, haben die Arbeitsgruppe „heute für mor-    von beruflicher Ausbildung, Studium und den
gen“ der Kolpingjugend und die Arbeitsgrup-      ersten Jahren im Berufsleben geprägt. Viele
pe „Junge Erwachsene“ des Bundesvorstandes       junge Erwachsene zieht es zwecks Ausbil-
ein neues Format entwickelt. Nicht nur von       dung, Studium und Beruf weg vom Heimatort
der Bezeichnung her unterscheidet sich die       in städtische Regionen. Dieser Übergang stellt
Denkfabrik von der klassischen Fachtagung.       häufig eine erste Zäsur im Lebensverlauf dar.
Mit einer methodische Vielfalt wurden die        Hier stellt sich die Frage, wie es gelingen
Teilnehmenden in die Erarbeitung von Ideen       kann, dass junge Mitglieder nicht die Verbin-
und Handlungsalternativen eingebunden.           dung zum Kolpingwerk verlieren, sondern in
Wichtig war dabei vor allem das generatio-       ihrem neuen Wohnort Anschlussmöglichkei-
nenübergreifende Miteinander. Dies spiegelte     ten an Kolping finden.
sich auch in der Zusammensetzung der insge-
samt 50 Teilnehmenden wider.                     Ausgangspunkt
                                                 Demografischer Wandel
Junge Erwachsene im Fokus                        Dreh- und Angelpunkt für gesellschaftliche
Ausgangspunkt der Tagung waren die Genera-       Veränderungen ist der Demografische Wan-
tionen x, y und z. Die Generation Y steht für    del. Der Zukunftsprozess des Kolpingwerkes
die Geburtsjahrgänge zwischen 1985 und           reagiert nicht zuletzt auf Ursachen des Demo-
2000, die nahezu deckungsgleich mit der          grafischen Wandels, deren Folgen sich in dem
Gruppe der jungen Erwachsenen ist. Die Ge-       Spruch „weniger, älter, bunter, urbaner“ zu-
nerationen x und z stehen für die vorherige      sammenfassen lassen. Denn angesichts einer
bzw. nachfolgende Generation und verdeutli-      seit Jahrzehnten niedrigen Geburtenrate ver-
chen mit Blick auf die Denkfabrik: Es geht da-   ändert sich das Verhältnis von jüngeren zu äl-
rum, durch die verschiedenen Generationen        teren Menschen: Die Gesellschaft „überal-
hinweg einen Austausch über Engagement           tert“. Gleichzeitig ist Deutschland in den letz-
und Profil im Kolpingwerk zu ermöglichen.        ten Jahrzehnten von einem starken Zuzug von
   Das Junge Erwachsenen-Dasein stellt mehr      Menschen geprägt, die häufig aus nichtchrist-
als nur eine Zeit des Übergangs zwischen Ju-     lichen Ländern einwandern. Die Gesell-
gend- und Erwachsenenphase dar. Dies unter-      schaftsstruktur wird damit heterogener. Darü-
streicht der 14. Kinder- und Jugendbericht der   ber hinaus gibt es einen Trend zur Landflucht.
Bundesregierung, demzufolge die Phase des        Insbesondere junge Menschen zieht es in die
Junge Erwachsenen-Daseins bis weit in das        urbanen Zentren.
dritte Lebensjahrzehnt hineinreichen kann.          Für das Kolpingwerk ergeben sich daraus
Dadurch wird deutlich, dass ein Denken in        mehrere Herausforderungen: Der Alters­
den drei klassischen Lebensphasen – Kind-        durchschnitt der Mitglieder ist relativ hoch       Zwei Teilnehmende
                                                                                                    in der Diskussion.
heit/Jugend, Erwachsenenalter und Ruhestand      und der Verband ist
– den gesellschaftlichen Veränderungen und       stark im ländlichen
auch der Verbandswirklichkeit nicht mehr ge-     Raum        verankert.
recht wird.                                      Dem steht eine an-
   Auch die Einstellungen und Wertorientie-      dere     gesellschaft­
rungen junger Menschen unterliegen einem         liche Entwicklung
spürbaren Wandel. Während das gesellschaft-      gegenüber: Die in
liche Engagement junger Menschen insgesamt       der Tendenz ab­
recht hoch ausfällt, nimmt es vor allem unter    nehmende Zahl jun-
jungen Erwachsenen ab, nicht zuletzt auf-        ger Menschen mit
grund der Herausforderungen in Ausbildung        christlichem Hint­
und Beruf. Gleichzeitig nimmt die Bindung        ergrund bzw. Bin-
junger Menschen an die Institution Kirche        dung an den christ­
und auch die Bedeutung des Glaubens für die      lichen       Glauben.
eigene Lebensführung ab, wie die Shell-Ju-       Diese leben zu ei-
gendstudie und die onlinegestützte Umfrage       nem großen Teil in
„Generation What?“ belegen.                      Städten.

                                                                                                         Idee & Tat 2/2019   5
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Kolpingjugend

                               Engagementsformen junger Menschen                 waren vielfältig, zeigten aber weitestgehend
                               Bevor die Teilnehmenden zu Austausch und          in eine eindeutige Richtung: Es gibt ein großes
                               Diskussion in der Workshop-Phase aufgerufen       Bedürfnis, neben der klassischen Kolpingsfa-
                               waren, wurde anhand verschiedener inhaltli-       milie neue Formen des Engagements zu ent-
                               cher Inputs in die Thematik eingeführt. Dabei     wickelt. Dies könnte mit Blick auf die Ziel-
                               wurden Problemlagen, aber auch bereits            gruppe der jungen Erwachsenen durch die
                               Handlungsalternativen deutlich. So gab Li-        Gründung einer Kolping-Hochschulgruppe
                               sa-Marie Singer vom Bundesvorstand der Ar-        ermöglicht werden. Auch im Bereich Jugend-
                               beitsgemeinschaft Katholischer Hochschulge-       wohnen wären Gruppen möglich, in denen
                               meinden (KHG) einen Einblick in Struktur und      Möglichkeiten des Engagements passgenau
                               Arbeitsweise der KHG Regensburg. Auffallend       auf junge Erwachsene zugeschnitten sind. Da-
                               ist die offene Struktur der Katholischen Hoch-    rin drückt sich auch ein Bedürfnis nach pro-
    Kerstin Stegemann          schulgemeinden. Mitwirkung bedingt keine          jektbezogener Mitarbeit aus. Mitgliedschaft
    gab einen Einblick in      feste Mitgliedschaft; das reine Engagement ist    müsse nicht immer bedeuten, dauerhaft in
    die veränderten            ausschlaggebend. Zudem sind die zahlrei-          Leitungsfunktion mitzuwirken, sondern sich
    Engagementsformen
    junger Menschen.
                               chen Angebote auf die Lebenssituation junger      auch mal nur auf ein Projekt zu begrenzen
                               Menschen angepasst. So finden beispielswei-       und danach passiv Mitglied zu bleiben, so der
                               se Gottesdienste nicht am Sonntagvormittag        Tenor einiger Teilnehmenden.
                               statt, sondern wochentags, wenn sich die             Auch der Mitgliedschaftsbegriff an sich wur-
                               meisten Studierenden wieder am Hochschul-         de diskutiert, insbesondere im Hinblick da-
                               standort befinden.                                rauf, ob der Begriff „Einzelmitglied“ passend
                                  In einem weiteren Vortrag gab Kerstin Stege-   ist. Denn als Mitglied sei man im Kolpingwerk
                               mann, Leiterin der Freiwilligen Sozialen          nie allein, so die Aussage einer Teilnehmerin.
                               Dienste im Bistum Münster, einen Einblick in      Auch im digitalen Bereich könnte es Weiter-
                               die veränderten Engagementformen junger           entwicklungen geben, z.B. was die Verwal-
                               Menschen. Diese zeichnen sich unter ande-         tung der eigenen Mitgliedschaft betrifft. An-
                               rem durch ein gesteigertes Bedürfnis nach         meldungen und Adressänderungen sollten
                               projektbezogener Mitwirkung aus. Es müsse         digital eingereicht werden können.
                               nicht immer langfristiges Engagement in fes-
                               ten Vorstandstrukturen sein, wie Kerstin Stege-   Workshop „Profil“
                               mann schlussfolgerte.                             Im Workshop „Profil“ wurde unter anderem
                                                                                 über das aktuelle Kolping-Profil diskutiert. Da-
                               Inhaltliche Diskussionen                          bei sei es sowohl Stärke als auch gelegentlich
                               durch methodische Vielfalt                        Nachteil, dass Kolping nach außen für sehr
                               Im Anschluss an die inhaltlichen Vorträge wa-     vieles steht und damit manchmal der Eindruck
                               ren die Teilnehmenden zum konkreten Mit-          einer gewissen Profillosigkeit entsteht. Darauf
                               machen eingeladen. In zwei unterschiedli-         aufbauend wurde kritisch hinterfragt, ob die
                               chen     Workshops      setzten   sich     die    vier bestehenden Handlungsfelder – Junge
                               Teilnehmenden mit Thesen auseinander, wel-        Menschen, Arbeitswelt, Familie und Generati-
                               che die Arbeitsgruppen als Diskussionsanre-       onen sowie Eine Welt – die gesamte verbandli-
                               gung in die Workshops hineingegeben hatten.       che Wirklichkeit widerspiegeln. Nach Ansicht
                               Im Anschluss wurden Relevanz und Zustim-          vieler Teilnehmer stellt dies eine Engführung
                               mung zu den Thesen durch eine Vierfel-            dar. Auf Basis der katholischen Soziallehre wä-
                               der-Aufstellung in der Gruppe ermittelt, bevor    re die Entwicklung weiterer Handlungsfelder
                               beide Gruppen eine offene Diskussion über         wünschenswert, zumal es in der verbandli-
                               die Thesen begannen.                              chen Praxis viele weitere Betätigungsfelder ge-
                                                                                 be. Dazu könnte zum Beispiel das Themenfeld
                               Workshop „Mitgliedschaft                          „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ gehören.
                               und Beteiligung“                                    Das generationenübergreifende Miteinan-
                               Im Workshop „Mitgliedschaft und Beteili-          der, das Kolping ganz entscheidend prägt,
                                                                                                                                    Fotos: Carina Müller

                               gung“ ging es unter anderem um die Frage, ob      müsse auf jeden Fall erhalten bzw. weiter aus-
                               es im Verband neuer Beteiligungsformen be-        gebaut werden, so der Tenor vieler Teilneh-
                               darf. Die Rückmeldungen aus dem Workshop          menden. Dazu gehöre auch gegenseitiges

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Kolpingjugend

Lernen sowie ein Ausbau gemeinsamer Aktivi-         wurde insbesondere, dass es gelungen war,
täten und Veranstaltungen. Dies sei ein wich-       neben vielen Teilnehmenden aus der Zielgrup-
tiger Baustein im Kolping-Profil.                   pe der jungen Erwachsenen weitere Generati-
                                                    onen des Kolpingwerkes anzusprechen und in
Optimistischer Blick nach vorne                     die zweitägigen Beratungen einzubinden.
In der abschließenden Diskussionsrunde zeig-          Die dargestellten Denkanstöße stellen nur
te sich, dass es über die einzelnen Generatio-      einen Ausschnitt der Beratungen in der
nen im Kolpingwerk hinweg Motivation und            Denkfabrik - Generation xYz dar. Die voll-
Ideen für eine Weiterentwicklung verbandli-         ständige Dokumentation der Ergebnisse ist
cher Fragestellungen gibt. Positiv beurteilt        abrufbar unter: https://bit.ly/2HJwhsP

      METHODEN ZUR INHALTLICHEN DISKUSSION
      Diese Methoden wurden bei der Denkfabrik angewandt. Sie sind auch für die Gestaltung
      von Workshops bei anderen Veranstaltungen geeignet.
      Methode: Speed Dating
      Man benötigt Tische, die von beiden Seiten mit Stühlen bestückt sind. Vorbe-
      reitete Thesen zum Thema werden auf je einen Platz verteilt. Beim Speed Da-
      ting sitzen sich zwei Personen an einem Tisch gegenüber und tauschen sich
      zu einer der vorbereiteten Thesen aus. Meinungen und Ergebnisse des Aus-
      tauschs können auf bereitliegenden Zetteln festgehalten werden. Nach rund
      zwei Minuten wird der Gesprächspartner gewechselt. Der äußere Kreis rückt
      einen Platz nach rechts und der innere Kreis rückt einen Platz nach links. Dies
      wird so lange wiederholt, bis sich die Teilnehmenden über je eine These ein-
      mal ausgetauscht haben.

      Methode: Vier-Felder-Matrix/Wichtigkeitsanalyse
      Durch das Speed Dating haben die Teilnehmenden die verschiedenen Thesen                                  Find ich
      kennengelernt, um sie nun in der Vier-Felder-Matrix nach ihrer Wichtigkeit zu                              gut!
                                                                                                 allgemeine                     Ideen
      ordnen. Für die Vorbereitung werden die Linien mit Klebeband auf dem Boden
                                                                                                Zustimmung                  dokumentieren
      markiert. Dananch die einzelnen Achsen mit der Beduetung kennzeichnen. Die
      erste These wird vorgelesen und die Teilnehmenden positionieren sich im Raum           Ist mir                             Ist mir nicht
                                                                                             wichtig!                              wichtig!
      Hat jemand keine Meinung zur vorgelesenen These, kann er sich in den Kreis in
      der Mitte stellen. Jeder überlegt für sich, ob die These für ihn wichtig oder un-         Diskussions-                 These wird
      wichtig ist und gleichzeitig, ob er die These gut oder nicht gut findet. Im Laufe            bedarf                    verworfen
                                                                                                                Find ich
      des Austausches über die einzelnen Thesen können sich Positionen der einzel-                             nicht gut!
      nen Personen im Raum verändern und somit auch die Einordnung der These.

      Methode: Fishbowl-Diskussion
      Bei der Fishbowl-Methode diskutiert eine kleine Gruppe von Teilnehmenden
      im Innenkreis das Thema, während die übrigen Teilnehmenden in einem Au-
      ßenkreis die Diskussion beobachten. Es gibt einen Halbkreis für das „Publi-
      kum“ und gegenüber steht diesem ein Halbkreis mit vier leeren Stühlen. Wer
      zur jeweiligen Methode mitdiskutieren möchte, kann sich auf einen der vier
      Stühle setzen und wenn er oder sie an der Reihe ist, mitdiskutieren. Für die
      Diskussion werden die Thesen ausgewählt, bei denen das Thema als wichtig
      bewertet wurde. Auf Grund der Kürze der Zeit gibt es nicht den Anspruch, alle
      Thesen zu diskutieren. Durch eine kurze Abstimmung per Handzeichen wird
      die Reihenfolge der zu diskutierenden Thesen festgelegt. Im Laufe der Diskus-
      sion können einzelne Thesen umformuliert oder ganz neu formuliert werden.

                                                                                                                            Idee & Tat 2/2019    7
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