Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
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Technische Universität München Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement Univ. Prof. Dr.-Ing. Markus Disse Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher – Eine hydrologische Studie Eleni Loulli Bachelor Thesis Matrikelnummer: 03613688 Studiengang: Umweltingenieurwesen Betreuer: Maximilian Hansinger, M.Sc. 2014
Aufgabenstellung Aufgabenstellung Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes unter Berücksichti- gung von historischen und künftigen Trends, Extremereignissen (Hoch- und Niedrigwasser) und der Regulierung des Alpenrheins durch Talsperren Szenarienberechnung verschiedener historischer Hoch- und Niedrigwasserereignisse: Wasserstände am Rhein und im Bodensee für den Fall einer Regulierung Theoretisch mögliches Retentionspotential Beurteilung hinsichtlich Hochwasserschutz und Niedrigwassererhöhung III
Selbstständigkeitserklärung Selbstständigkeitserklärung Erklärung gemäß §18 Absatz 9 APSO der Technischen Universität München: „Ich versichere, dass ich diese Bachelor selbstständig verfasst und nur die angegebe- nen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe“ …………………….. Eleni Loulli München, den 29.07.2014 V
Kurzfassung Kurzfassung Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Charakterisierung der Hydrologie sowohl des Rheinregimes, als auch des Bodensees und die Beurteilung hinsichtlich des Hochwasserschutzes und der Niedrigwassererhöhung mit Hilfe von Szenarienberechnungen verschiedener historischer Hoch- und Niedrigwasserereignisse. Der Rhein entspringt in den Schweizer Alpen und mündet in den Bodensee. Von seinem Ausfluss aus dem Bodensee fließt er durch Deutschland und die Niederlande und mündet in die Nordsee. Der Bodensee weist, aufgrund seines Standorts nörd- lich der Alpen, niedrige winterliche und hohe sommerliche Wasserstände auf. Im Laufe des 20. Jahrhunderts verursachten die zunehmenden Temperaturen in Kombination mit dem reduzier- ten Schneevolumen, sowohl im Rhein- als auch im Bodenseeeinzugsgebiet, eine Zunahme der winterlichen mittleren Abflüsse bzw. Wasserstände sowie eine Abnahme der sommerlichen mittleren Abflüsse bzw. Wasserstände. In der Zukunft sind in den beiden Einzugsgebieten ebenfalls niedrigere sommerliche und höhere winterliche Mittelwasserstände bzw. -abflüsse zu erwarten. Im Sommer des Jahres 1999 war sowohl für den Rhein als auch für den Bodensee das extremste Hochwasserereignis des letzten Jahrhunderts zu beobachten. Dagegen trat im Frühherbst des Jahres 2003 in den beiden Gebieten das extremste Niedrigwasserereignis des Jahrhunderts auf. Es ist bemerkenswert, dass im Dezember 1993 sowie im Januar 1995 ein sehr extremes Hochwasserereignis im nördlichen Bereich des Rheins registriert wurde. Außer- dem verursachte die Regulierung des Alpenrheins einen großen Einfluss auf die Dämpfung der Hochwasserspitzen und die Erhöhung der Niedrigwasserstände, sowohl im alpinen Rheinein- zugsgebiet als auch im Bodensee. Wie in den Szenarienberechnungen gezeigt wird, würde die Regulierung des Sees dem Hochwasserschutz bzw. der Niedrigwassererhöhung im Boden- seeeinzugsgebiet dienen. Demgegenüber würde die Regulierung eine Hochwassersituation im nördlichen Bereich des Rheins kaum ändern. Trotzdem und vor allem wegen des zu erwarten- den Klimawandels, kann man davon ausgehen, dass die Regulierung des Sees im Laufe der Jahre als sinnvoller erachtet werden kann. VII
Abstract Abstract The aim of this Bachelor Thesis is to characterize the hydrology of the Rhine regime and the Lake Constance and the assessment of flood protection and low water levels increase with the help of scenario simulations of various historical floods and low water level events. The Rhine rises in the Swiss Alps and flows into the Lake Constance. The outflow of the lake, flows through Germany, Netherlands and empties into the North Sea. Due to the location of Lake Constance, in the north part of the Alps, low winter and high summer water levels appear in the region. During the 20th century, the increasing temperatures in combination with the reduced volume of snow both in the Rhine, and in the Lake Constance basin led to increased winter and decreased summer mean flows and water levels. It is also expected, that in the future the win- ter average discharges will be increased and the summer average discharges will be de- creased. Furthermore, the most extreme flood event of the last century for both the Rhine re- gion, as well as Lake Constance was observed in the summer of 1999. In autumn of 2003 the most extreme low water event of the century appeared in both areas. It is also worth noting that in December 1993 and in January 1995 appeared an extreme flood event in the northern sec- tion of the Rhine. In addition, the regulation of the Alpine Rhine caused a great impact on the damping of flood peaks and increase of the low water levels in both the Alpine Rhine basin, as well as in the Lake Constance. As the scenario simulations proved, the regulation of the lake would have a positive effect on flood protection, as well as on increase of the low water levels of Lake Constance basin. In contrast, the regulation would hardly change a flood situation in the northern part of the Rhine. In spite of this and particularly because of the expected climate change, it could be assumed that over the years the regulation of the lake could be meaningful. VIII
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 1.1 Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des Bodensees .................................... 1 1.2 Das Abflussregime des Rheins ....................................................................................... 3 1.3 Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen ....................................................................................................... 6 2 Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes 9 2.1 Historische Trends.......................................................................................................... 9 2.1.1 Langzeitverhalten der Rhein Abflüsse ...................................................................... 9 2.1.2 Langzeitverhalten der Bodensee Wasserstände ..................................................... 11 2.2 Künftige Trends und Klimaszenarien ............................................................................ 15 2.2.1 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das Rheineinzugsgebiet ................. 15 2.2.2 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das Bodenseeeinzugsgebiet .......... 19 2.3 Extremereignisse .......................................................................................................... 20 2.3.1 Extremereignisse Rhein.......................................................................................... 20 2.3.2 Extremereignisse Bodensee ................................................................................... 26 2.4 Die Regulierung des Alpenrheins durch Talsperren ...................................................... 31 3 Szenarienberechnung 35 3.1 Wasserstände am Rhein im Fall einer Regulierung ...................................................... 37 3.1.1 Fallbeispiel 1995..................................................................................................... 37 3.1.2 Fallbeispiel 1999..................................................................................................... 40 3.1.3 Fallbeispiel 2003..................................................................................................... 43 3.2 Wasserstände im Bodensee im Fall einer Regulierung ................................................. 46 3.2.1 Fallbeispiel 1995..................................................................................................... 47 3.2.2 Fallbeispiel 1999..................................................................................................... 47 3.2.3 Fallbeispiel 2003..................................................................................................... 48 3.3 Theoretisch mögliches Retentionspotential ................................................................. 49 3.3.1 Fallbeispiel 1995..................................................................................................... 49 3.3.2 Fallbeispiel 1999..................................................................................................... 50 4 Diskussion 52 Abkürzungsverzeichnis 53 IX
Einleitung Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des Bodensees 1 Einleitung 1.1 Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des Bodensees Erdgeschichtlich betrachtet ist das heutige einheitliche Flusssystem des Rheins relativ jung. Zuerst war das gesamte Rheintal von Gletschern bedeckt. Durch das Abschmelzen wur- de der Bodensee gebildet, der damals noch das ganze Rheintal ausfüllte. Im Laufe der Zeit vereinigten sich die Flussteile und so wurde die heutige Verbindung des Alpenrheins mit dem Land am Niederrhein durch den Rheinstrom gebildet [1] [2]. Die zwei Quellflüsse des Rheins, der Vorder- und der Hinterrhein, entspringen in den Schweizer Alpen und fließen ab Reichenau als ein vereinigter Fluss weiter. Der Rhein wird, wie in Abbildung 1 dargestellt, in sechs Teilstrecken unterteilt. Die erste orographisch betrachtete Flussstrecke ist der sogenannte Alpenrhein, der vom Zusammenfluss bei Reichenau bis zur Mündung in den Bodensee fließt [3].Von seinem Ausfluss aus dem Bodensee fließt der Hochr- hein in eine westliche Richtung durch die alpine Vorlandsenke bis Basel. Ab Basel fließt der Oberrhein nordwärts mit Vogesen und Pfälzer Bergland zu seiner linken Seite und Schwarz- wald und Odenwald zur rechten Seite. Während der südliche Oberrhein im 20. Jahrhundert durch Hochwasserschutzmaßnahmen und durch den Bau des Rheinseitenkanals stark verän- dert wurde, ist der nördliche Oberrhein noch durch Mäander geprägt. Ab Bingen fließt der Rhein als Mittelrhein durch das Rheinische Schiefergebirge mit einer erhöhten Fließgeschwin- digkeit bis Bonn. Bei Koblenz mündet die Mosel, einer seiner bedeutenden Nebenflüsse, in den Rhein. Ab Bonn fließt der Niederrhein bis Bimmen/Lobith. Bei Bimmen/Lobith fließt der soge- nannte Deltarhein durch die Niederlande und mündet in die Nordsee. Dieser Deltabereich wird durch die drei Hauptarme des Rheins, Waal, Nederrijn und Ijssel, gebildet. Aufgrund der Errich- tung des Deltawerkens für die Gewährleistung der Süßwasserversorgung und den Schutz von Sturmfluten, sind die Mündungsbereiche des Rheins in die Nordsee stark verändert [4]. Die bedeutenden Nebenflüsse des Rheins sind die Aare, der Neckar, der Main, die Nahe, die Mo- sel, die Ruhr, und die Lippe. Diese befinden sich alle in Deutschland, bis auf die Aare, die durch die Schweiz fließt [3]. Mit ungefähr 1320 km Gesamtlänge [3] und 200.000 km² Einzugsgebietsfläche [4], fließt der Rhein durch neun verschiedene europäische Staaten. Der größte Anteil der Einzugsge- bietsfläche, etwas mehr als 50%, befindet sich in Deutschland, dann folgen Frankreich, die Niederlande und die Schweiz mit ungefähr 10-15% der Fläche und Österreich, Luxemburg, Italien, Liechtenstein und Belgien mit jeweils einem geringen Anteil der Gesamtfläche [3]. Eine sehr wichtige Rolle im Abflussverhalten des Rheins spielen die Stauseen, die in der Teilstrecke des Alpenrheins gebaut wurden und ein Gesamtrückhaltevermögen von 770 Mio. m³ Wasser haben [5]. Der Rhein hat auch eine große Bedeutung für die Speicherung der relativ hohen alpinen Jahresniederschläge und des Schmelzwassers aus den Alpen [2]. 1
Einleitung Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des Bodensees Für die hydrologische Stu- die des Bodensees hat der Alpenrhein eine große Bedeu- tung. Wie schon erwähnt, wird die Flusstrecke des Rheins vom Zusammenfluss des Vor- der- und des Hinterrheins bei Reichenau bis zur Mündung in den Bodensee Alpenrhein ge- nannt. Der Alpenrhein ist 90km lang und seine größte Breite beträgt 250 m. Der Niedrig- wasserabfluss beläuft sich auf ca. 40 m³/s, während der Hochwasserabfluss bis ca. 3100 m³/s steigen kann (HQ100). Die mittlere Ab- flussmenge des Alpenrheins beträgt ca. 242 m³/s in einem Einzugsgebiet von 6119 km² und 1-2 ‰ Gefälle. Seine Jah- resabflussmenge macht 7,6 Mrd. m³ aus [5]. Der tiefste Punkt des gesamten Einzugs- gebiets des Alpenrheins liegt im Bodensee (395 m.ü.M). Die vergletscherte Fläche des Ein- zugsgebiets beträgt 1,4% der gesamten Einzugsgebietsflä- che. Der Alpenrhein entwässert Teile von Graubünden (Schweiz), St.Gallen (Schweiz), Tessin (Schweiz), Abbildung 1: Einzugsgebiet des Rheins [13] Vorarlberg (Österreich), Liech- tenstein, und Italien. Seine wichtigste Zuflüsse sind folgende: Plessur (9,8 km lang), Landquart (23,4 km lang), Tamina (28,8 km lang), III (65 km lang) und Frutz (68,5 km lang) [6]. Der Alpenrhein ist durch seine großen Wasserspiegelschwankungen und einen hohen Feststofftransport gekennzeichnet. Obwohl er der größte Wildbach Europas ist, ist im Gebiet von Graubünden der natürlich ge- wunden-verzweigte Flusslauf erhalten geblieben. Der Rest wurde seit mehr als 100 Jahren [7] fast durchgehend begradigt und kanalisiert [6]. 2
Einleitung Das Abflussregime des Rheins 1.2 Das Abflussregime des Rheins Unter dem Begriff Abflussregime, versteht man den charakteristischen mittleren Jahres- gang des Abflusses eines Fließgewässers. Es wird durch verschiedene Faktoren, wie z.B. das Klima, die Geologie, die Pedologie, die Geomorphologie und die Vegetation, beeinflusst [8]. Abflussregime werden nach PARDE wie folgend klassifiziert: 1. nach Speisungsart der Flüsse pluvial (durch Regen gespeist) nival (durch Schnee gespeist) glazial (durch Gletscher gespeist) Kombinationen 2. Nach Anzahl der Abflussminima und –maxima 3. Nach Schwankungskoeffizient der monatlichen Abflüsse [8] Unter dem Schwankungskoeffizient, auch PARDE Koeffizient genannt, versteht man das Verhältnis des mittleren monatlichen Abflusses zum mittleren Jahresabfluss an einem Pegel. Er verdeutlicht wie der Abfluss an dem Pegel über das Jahr variiert [8]. Wenn beispielsweise der PARDE Koeffizient bei 1 liegt, ist in jedem Monat des bestimmten Jahres gleiche Abflussmen- ge zu beobachten. Wenn sich dieser andererseits auf 12 beläuft, findet der gesamte Abfluss des Jahres innerhalb dieses Monats statt [10]. Einfache Abflussregime werden durch den eingipfeligen Kurvenverlauf ihrer Abflussgangli- nie definiert. Glaziale Regime weisen meistens ihren höchsten PARDE Koeffizient im Ju- li/August und ihren niedrigsten im Mai auf. Nivale Abflussregime zeigen ein Maximum im Juni und ein Minimum im September [8]. Einzugsgebiete die mindestens 20% mit Gletscher bedeckt sind, werden als glazial definiert. Sie werden durch extreme Niedrigwasserperioden während der Wintermonate und durch extreme Hochwasserabflüsse während der Eisschmelze in den Sommermonaten beschrieben. Nivale Regime sind meist durch Rücklage von Schnee geprägt und haben fast gleiche Abflusscharakteristika mit den glaziale Regime [9]. Abbildung 2: Typisches Abflussregime im Rheineinzugsgebiet nach PARDE; Referenzzeitraum 1961-1990. [4] Komplexe Abflussregime werden durch den mehrgipfeligen Kurvenverlauf ihrer Abfluss- ganglinie gekennzeichnet [8]. Sie werden durch verschiedene Niederschlagsarten gespeist und in Regime 1. und 2. Grades unterschieden. Die Abflussregime 1.Grades besitzen eine Variabili- tät von Minima und Maxima aufgrund der verschiedenen Ursachen, die das typische Abfluss- 3
Einleitung Das Abflussregime des Rheins verhalten beeinflussen. Komplexe Regime 2.Grades sind meistens in größeren Flusseinzugs- gebieten zu finden, in denen verschiedene Regimefaktoren hinzukommen [9]. Wie in Abbildung 2 zu erkennen, wird im Rheineinzugsgebiet der Bereich der Alpen durch ein nivales Abflussregime charakterisiert bzw. ist der Alpenrhein durch Hochwasserabflüsse im Juni/Juli und Niedrigwasserabflüsse im Spätwinter gekennzeichnet. Während dem Winterhalb- jahr fallen die Niederschläge im Alpengebiet meist in fester Form herab und werden als Schnee und Eis zwischengespeichert, wobei sie bei zunehmenden Temperaturen erst ab dem Spät- frühling schmelzen und hohe Wasserstände und Abflüsse verursachen. Dies folgt, wie in Abbil- dung 4 zu sehen ist, zu einer sehr weit ausschwingenden Bandbreite des Jahresgangs. Auf- grund der Einflüsse der im Voralpenraum einmündenden Zuflüsse und der ausgleichenden Wirkung des Bodensees, mildert sich im Hochrheinbereich diese nivale Prägung ab und daraus folgt eine deutlich flachere Bandbreite des Jahresgangs des Hochrheins (vgl. Abbildung 4) [10]. Während der südliche Bereich des Oberrheins auch durch Hochwasserabflüsse im Sommer- halbjahr gekennzeichnet ist, beginnt sich die Relation am nördlichen Oberrhein zwischen Worms und Mainz umzukehren (vgl. Tabelle 1) [11]. Wie in Abbildung 2 ersichtlich ist, wird das Abflussregime ab dem nördlichen Bereich des Oberrheins immer stärker pluvial beeinflusst. Die minimalen Abflüsse fixieren sich aufgrund der intensiven Evapotranspiration auf den Spätsom- mer/Frühherbst und die maximalen Abflüsse treten wegen des regenreichen Winters meist im Spätwinter oder Vorfrühling auf (vgl. Tabelle 1) [12]. Etwa ab der Einmündung der Mosel bei Koblenz bis zum Ausfluss in die Nordsee wird der Rhein (Teilstrecke: Mittelrhein, Niederrhein und Rheindelta) durch ein kombiniertes Abflussregime charakterisiert (vgl. Abbildung 2). Aus der Überlagerung der beiden Regime (nival und pluvial) folgt in diesem Bereich eine immer gleichmäßigere Verteilung des Abflusses über das Jahr (vgl. Abbildung 4) [13]. Wie die Abbil- dung 4 zeigt, treten die maximale Hochwasserabflüsse im Bereich des Niederrheins im Winter- halbjahr auf, wobei diese im Bereich des Alpenrheins im Sommerhalbjahr zu finden sind [13]. Wie in Abbildung 3 dargestellt, sind die niedrigsten Hoch-, Mittel- sowie Niedrigwasserab- flüsse des Rheineinzugsgebiets in den Bereichen des Alpen-, Hoch- und Oberrheins zu be- obachten. Im Gegensatz dazu erhöhen sich die Abflüsse etwa ab der Neckarmündung deutlich und erreichen im Bereich des Rheindeltas die höchsten Hoch-, Mittel- und Niedrigwasserab- flüsse des Einzugsgebiets. Diese Änderung liegt vorwiegend an den Zuflüssen in den Rhein die in diesem Bereich einmünden [10]. Tabelle 1: Mittlere vieljährige Hochwasserabflüsse (MHQ) für Winter- und Sommerhalbjahre an den Pegeln des Rheins [13] 4
Einleitung Das Abflussregime des Rheins Abbildung 4: Schematisches Längsprofil Rhein [12] Abbildung 3: Vieljährige MHQ der Rheinpegel, Jahresreihe 1930-1996 [13] 5
Einleitung Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen 1.3 Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen Geologisch betrachtet entstand die erste Form des heutigen Bodensees nach der Auffal- tung der Alpen im Tertiär(vor ca. 65 Millionen Jahren). Als Folge der nördlichen Verschiebung Afrikas und des Drucks auf Europa, wurde die Form der Alpen gebildet. Die Erdkruste wurde dann aufgrund des Drucks der alpinen Gesteinsmassen eingesenkt und folglich entstand auf der Nordseite der Alpen eine Art Vorlandtrog, durch den sich die heutige Form des Bodensees entwickelte. Geologischen Studien zufolge, lag der Seespiegel des ersten Ur-Bodensees im frühen Erdzeitalter etwa 650 m.ü.M, wobei der Seespiegel des zweiten Ur-Bodensees im mittle- ren Eiszeitalter nur noch bei 600 m.ü.M lag. Schon vor 120 000 Jahren war, wie in Abbildung 5 dargestellt, die Trennung des damaligen Alt-Bodensees in Obersee und Untersee deutlich sichtbar. Im Zeitraum zwischen Riß- und Würmkaltzeit (vor 17000 Jahren), dehnte Bodensee in das Rheintal aus. Während der letzten Eiszeit dehnte er sich mit südlicher Richtung bis in die Nähe von Chur aus und infolge dieser Entwicklung war der Rheintalsee vor 14 000 Jahre dop- pelt so groß wie heute. Aufgrund der ziemlich großen Schuttfracht aus den Alpen, wurde dieser südliche Teil des Sees nach etwa 4000 Jahre wieder verlandet [14]. Abbildung 5: Die Entwicklung des Bodensees seit dem frühen Eiszeitalter [56] 6
Einleitung Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen Als drittgrößter Binnensee Mitteleuropas liegt der Bodensee in einer Meereshöhe von 395 m.ü.N.N, an den Grenzen zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz (vgl. Abbil- dung 6). Seine gesamte Oberfläche beträgt 536 km², wovon 473 km² dem Obersee und 63 km² dem Untersee angehören [15]. Das ganze Einzugsgebiet des Bodensees ist 11500 km² groß. Die tiefste Stelle liegt bei 254 m und 47m im Obersee bzw. Untersee, wobei die durchschnittli- chen Tiefen des Obersees und des Untersees bei 101 m bzw. 13 m liegen [6]. Die theoretische Wassererneuerungszeit des Bodensees beträgt ca. 4,5 Jahre und der Wasserspiegel schwankt um durchschnittlich ca. 1,5 m im Jahr [6]. Während der Alpenrhein die größte Wassermenge (230 m³/s) in den Bodensee liefert, fließt über ihn ein mittlerer jährlicher Wasserstrom von 370 m³/s ab [15]. Das Ufer des Bodensees ist 273 km lang und davon befinden sich 18 km in Bayern, 155 km in Baden-Württemberg, 28 km in Österreich und 72 km in der Schweiz. Einige seiner wich- tigsten Zuflüsse sind, wie in Abbildung 6 ersichtlich, der Rheintaler Binnenkanal/Alter Rhein, der Radolfzeller Aach, der Stockacher Aach, der Seefelder Aach, die Rotach, die Schussen, die Argen, die Leiblach, die Dornbirner Ach und die Bregenzer Ach, wobei wie schon erwähnt der Alpenrhein der bedeutendste Zufluss ist [6]. Abbildung 6: Der Bodensee und seine Zuflüsse [15] Der größte Zuflussanteil des Bodensees wird aus dem alpinen Einzugsgebiet geliefert, wobei aus dem Alpenrhein und der Bregenzer Ach knapp 75% der gesamten Zuflüsse des Bo- densees zufließen. Somit wird das Regime der Wasserstände des Bodensees durch das nivale Abflussregime der Zuflüsse stark beeinflusst. Dennoch war der Gletscher-Rückgang in den letzten drei Jahrzehnten so gering, dass er keine Auswirkungen auf den Abfluss verursacht hat [18]. 7
Einleitung Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen Der Standort des Bodensees hat eine große Bedeutung aufgrund seiner Extremereignisse (sowohl Niedrig- als auch Hochwasserereignisse). Im Winterhalbjahr wird das Einzugsgebiet der zwei größten Zuflüssen des Bodensees meist durch Schneeniederschlägen geprägt. Diese werden während der Winterperiode im Einzugsgebiet als Schneedecke gespeichert und fließen nicht weiter in den Bodensee. Aus diesem Grund weist der Bodensee zwischen November und März seine niedrigsten Abflüsse bzw. Wasserstände auf. Im Gegensatz dazu wird während den Sommermonaten die Schneeschmelze der im Winter gespeicherten Schneedecke aus dem alpinen Einzugsgebiet durch den Alpenrhein und die Bregenzer Ach in den Bodensee abgege- ben. Somit kommt es im Sommerhalbjahr zu den höchsten Abflüssen bzw. Wasserständen im Bodensee. Diese beiden Fakten können als Hauptgrund für die natürlichen Seespiegelschwan- kungen von durchschnittlich 1,30 m, sowie für die starke Fluktuation des Rheinabflusses ange- nommen werden. In der folgenden Studie wird darüber diskutiert wie die historischen Trends und Extremereignisse, die Regulierung des Rheins durch Talsperren sowie künftige Klimaaus- wirkungen, die Hydrologie des Bodensees beeinflussen bzw. beeinflussen werden. Folglich wird die Idee zur Regulierung des Bodensees, mithilfe von Szenarienberechnungen verschie- dener historischer Hoch- und Niedrigwasserereignisse, beurteilt. 8
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Historische Trends 2 Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes 2.1 Historische Trends 2.1.1 Langzeitverhalten der Rhein Abflüsse Die durch Schwankungen der Sonnenaktivität, Vulkanausbruche oder Änderungen der Ozeanströmungen verursachte Klimavariabilität führt zu langfristigen Klimaentwicklungen, die sich als Klimatrends äußern. Diese Klimatrends stellen schließlich eines der wichtigsten Ein- flussfaktoren der Abfluss- bzw. Wasserstandverhältnisse des Rheinregimes dar. Zur Charakte- risierung der Klimaveränderungen bzw.-trends ist das raum-zeitliche Verhalten hydrometeoro- logischer Größen, wie die Lufttemperatur, die Gebietsniederschlagshöhe, die Gras- Referenzverdunstung und die Jahressumme der klimatischen Wasserbilanz, erforderlich [10]. Die Lufttemperatur wird im 20. Jahrhundert durch eine zunehmende Tendenz charakte- risiert, wobei die letzten zehn Jahre der betrachteten Zeitreihe im Rheineinzugsgebiet sowie weltweit, am wärmsten waren [10]. Allerdings lagen die Temperaturveränderungen je nach Re- gion im Rheineinzugsgebiet mit +0,5 °C bis + 1,2 °C etwas über dem globalen Mittel von +0,6 °C bis +0,9 °C. Im Winter war der Anstieg stärker als im Sommer und in tieferen Lagen größer als in höheren Lagen. Ebenfalls zeigen die Gebietsniederschlagsverhältnisse auch zunehmen- de Tendenzen, die am meisten während der Wintermonate mit +10% bis +20% Anstieg zu be- obachten sind [13]. Die Gras-Referenzverdustung zeigt im Laufe des 20. Jahrhunderts keine deutliche Tendenz. Anschließend ist die klimatische Wasserbilanz im gleichen Zeitraum durch einen ansteigenden Trend gekennzeichnet [10]. Außerdem hat die Veränderung der Alpengletscher auch einen Einfluss auf den Abfluss im Rhein. 8,8 % der gesamten Fläche des Untersuchungsgebiets des Pegels Ilanz am Vorder- rhein war 1850 noch von Gletscher bedeckt. Im Zeitraum von 1850 bis 2000 wurde eine Ab- nahme von 69,5 % erfasst. Als Folge waren im Jahr 2000 nur noch 2,7 % der Gebietsfläche vergletschert. Der gesamte Volumenschwund betrug in diesem Zeitraum 73-76 % und das ge- schätzte Gletschervolumen im Jahr 2000 betrug ca. 0,43-0,49 km³. Der Rückgang der Glet- scher und der folglich verursachte Schmelzwasseranfall entspricht pro Einzeljahr durchschnitt- lich 0,72 % der vorhandenen Abflussmenge des Rheins an diesem Pegel. Anschließend zeigt die stark reduzierte Vergletscherung gegenüber den anderen Parametern zur jährlichen Ab- flussbildung (Regen, Schnee, Verdunstung) im Zeitraum von 1850-2000 keinen deutlichen Ein- fluss auf den gesamten Abfluss des Rheins [10]. Aus Untersuchungen der mittleren Monatsabflüsse des Rheins von Rekingen bis Lobith im Zeitraum von 1901 bis 2000 und deren differenzierende Regimeanalyse, kommt man zu einer Trennung des Rheins in zwei verschiedenen Grundmuster, je nach Abflussregime. Als Trennlinie kann die Main-Mündung dargestellt werden. Diese unterscheidet das nival beein- flusste Regime des Ober- und Hochrheins von dem pluvial geprägten Regime des Mittel- und Niederrheins. Aus der Analyse der mittleren Monatsabflüsse ist ersichtlich, dass die größten 9
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Historische Trends Veränderungen bzw. Abflüsserhöhungen während des Winterhalbjahrs und zwar meistens im Februar, März und Dezember zu beobachten sind. Im Gegensatz dazu kommt es im nördlichen Teil des Rheins im August und September zur Reduzierung der Monatsabflüsse. Trotz dieser Tatsache und aufgrund der Abflüsserhöhungen in den restlichen Sommermonaten ist im Som- merhalbjahr eine schwache Zunahme der mittleren monatlichen Abflüsse erkennbar. Im südli- chen Teil des Rheins nehmen die Monatsabflüsse im Sommerhalbjahr und besonders im Juli ab [10]. Betrachtet man die mittleren Abflüsse in Alpen-, Hoch- und Oberrheingebiet, erkennt man eine zunehmende Tendenz im abflussschwachen Winterhalbjahr, sowie eine abnehmende Tendenz während den abflussstarken Sommermonaten. Gleiche Entwicklungen sind auch bei den Änderungen der Niederschlagsverhältnisse zu beobachten. Außerdem ist festzustellen, dass diese im 20. Jahrhundert eine bedeutende Rolle im Abflussverhalten des Rheins spielen. Aus der Gegenüberstellung der zwei Abbildungen (vgl. Abbildung 7) lässt sich gut die Ver- gleichmäßigungstendenz im gesamten Zeitraum darstellten. Die ansteigenden Monatsabflüsse in den Monaten Januar bis März, Juli und August lassen sich gut mit den zeitgleichen Ergeb- nissen der monatlichen Niederschläge übereinstimmen, wobei die Veränderungen der Monats- abflüsse in den Monaten April bis Juni und September bis Dezember mit den zeitgleichen Nie- derschlagsereignissen weniger gut zusammenpassen [10]. Abbildung 7: Pegel Basel/Rhein: Entwicklung des Abflussregimes (PARDE) im 20. Jahrhundert (links), Teileinzugs- gebiet Basel/Rhein: Entwicklung des Jahresgangs der Gebietsniederschlags-Monatssummen (standardisiert nach PARDE) im 20. Jahrhundert (rechts) (Standardisierungsreferenz: Zeitraum 1901-2000) [12] Die Teilstrecke des Mittel- und Niederrheingebiets kann, wie schon erwähnt wurde, als ein pluviales Regime beschrieben werden. Im 20. Jahrhundert wird diese Teilstrecke durch eine zunehmende Tendenz ihrer Gebietsniederschlagssumme gekennzeichnet. Wichtig ist, dass auf der betrachteten Strecke eine Ausnahme im Sommerhalbjahr registriert wurde und somit sind die Ergebnisse für diesen Zeitraum statistisch nicht signifikant. Dennoch spielen die Niederschlagsverhältnisse immer noch eine sehr wichtige Rolle für die mittleren Monatsabflüs- se des nördlichen Rheingebiets. Bei der Gegenüberstellung der mittleren Monatsabflüsse und der Gebietsniederschlagssumme des Pegels Kaub im Zeitraum von 1901 bis 2000, die in Ab- bildung 8 dargestellt wird, ist ersichtlich, dass die Entwicklungstendenzen in allen Monaten, außer April, Juni und Juli ähnlich sind. Im Winterhalbjahr zeigen die Niederschlagsverhältnisse bzw. die Monatsabflüsse einen ansteigenden Trend, wobei diese im Frühling eine absteigende Tendenz vorweisen. Die stärksten Abflussvermehrungen treten im Zeitraum von Dezember bis 10
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Historische Trends Juni mit einem kontinuierlichen Anstieg besonders im Februar und März auf. Infolgedessen ist hier eine Änderung von nivalem zu pluvialem Regime deutlich [10]. Abbildung 8: Pegel Kaub / Rhein: Entwicklung des Abflussregimes(PARDE) im 20. Jahrhundert(links) Teileinzugs- gebiet Kaub / Rhein: Entwicklung des Jahresgangs der Gebietsniederschlags-Monatssummen (standardisiert nach PARDE) im 20. Jahrhundert(rechts) (Standardisierungsreferenz: Zeitraum 1901-2000) [12] Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelt sich im ganzen Rheineinzugsgebiet eine Ten- denz zur Pluvialisierung (stärkere Regenlastigkeit). Aufgrund der zunehmenden Temperaturen (höhere Verdunstung) in Kombination mit dem reduzierten Schneevolumen in den Alpen resul- tieren im Sommer Abnahmen sowohl der mittleren Abflüsse als auch der NM7Q-Werte bis 8 % und im Winter Zunahmen von 10-15 % bzw. 15-20 %. Der gesamte Anstieg des mittleren Ab- flusses über dem 20. Jahrhundert beträgt rund 240 m³/s. Die mittleren jährlichen Höchstabflüs- se nahmen ebenfalls um etwa 10 % zu. Dies geschah aufgrund des häufigen Auftretens der mittleren und großen Hochwasser und ist nicht auf eine Erhöhung der extremen Scheitelabflüs- se zurückzuführen [13]. Hinsichtlich der Niedrigwasserentwicklung ist in Bereichen, in denen im Winter Niedrigwasserzeit vorherrscht, eine prägnante Abflusszunahme und somit eine Abmilde- rung der Niedrigwasserextreme zu beobachten. Dagegen zeigen die Niedrigwasserextreme überall dort, wo im Spätsommer und Frühherbst eine Niedrigwasserperiode charakteristisch ist, eine leichte Tendenz zur Intensivierung, die aber nicht statistisch signifikant ist [12]. 2.1.2 Langzeitverhalten der Bodensee Wasserstände Die folgenden Aussagen beziehen sich auf Auswertungen der Untersuchungen an drei Wasserstandspegeln Konstanz/Bodensee (Obersee), Berlingen/Bodensee (Untersee) und Stein-Burg/Rhein (Hochrhein) am Bodensee von 1888 bis 2007, sowie am Hauptzufluss-Pegel Diepoldsau/Rhein (Alpenrhein) und am Ausfluss-Pegel Neuhausen-Flurlingerbrücke/Rhein (Hochrhein) von 1905 bis 2007 [18]. Als erstes werden die Veränderungen des Langzeitverhaltens der mittleren jährlichen Wasserstände und Abflüsse beurteilt. Die mittleren Jahreswasserstände des Bodensees zei- gen generell fallende Tendenzen. Im Zeitraum von 1941 bis 1964, sowie von 1988 bis 2007 sind die Wasserstände des Sees um ca. 17 cm bzw. ca. 14cm gesunken. Im Gegensatz dazu nahmen die Wasserstandsreihen in der Zeitspanne von 1909 bis 1941, sowie von 1964 bis 1988 um ca. 10cm bzw. ca. 8cm zu. Die mittleren jährlichen Abflüsse an den beiden Zu- bzw. Ausflusspegeln sind, wie in Abbildung 9 zu erkennen, ebenfalls durch einen fallenden Trend 11
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Historische Trends gekennzeichnet. Ausnahmsweise ist aber im Zeitraum von 1964 bis 1988 eine Zunahme zu beobachten [18]. Abbildung 9:Mittlere jährliche Abflüsse MQ(J) an den Pegeln Diepoldsau/Rhein und Neuhausen/Rhein, jeweils parti- elle Mittelwerte und Trends bezogen auf Bruchpunkte in den Jahren 1909, 1941, 1964 und 1988 [18] Nach 1909 zeigen die mittleren Wasserstände aller drei Pegel im Bodensee im Winter- halbjahr eine Zunahme von ca. 14 cm. Demgegenüber weisen die Wasserstände an denselben Pegeln nach 1941, sowohl im Winter- als auch im Sommerhalbjahr, einen abnehmenden Trend auf. Die mittleren Abflüsse der Hauptzuflusspegel und der Ausflusspegel repräsentieren nach 1909 im Winterhalbjahr einen deutlichen Anstieg von ca. 40 m³/s bzw. 58 m³/s und nach 1975 eine zusätzliche Zunahme von ca. 18 m³/s bzw. 26 m³/s. Im Gegensatz dazu zeigen dieselben Abflüsse im Sommerhalbjahr eine prägnante Abnahme. Im Jahr 1941 steigt der Abfluss am Pegel Diepoldsau/Rhein um ca. 16 m³/s und am Pegel Neuhausen-Flurlingerbrücke/Rhein um ca. 34 m³/s an, wobei im Jahr 1988 eine weitere Abnahme von ca. 30 m³/s bzw. 37 m³/s deut- lich ist [18]. Aufgrund des alpinen Abflussregimes des Alpenrheins und des Bodensee Ausflusses treten, wie schon erwähnt, die jährlichen Höchstwerte des Wasserstands und des Abflusses fast ausschließlich im Sommerhalbjahr und die jeweiligen Niedrigstwerte im Winterhalbjahr auf. 12
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Historische Trends Während die mittleren Monatsabflüsse im Sommerhalbjahr generell sinkende Tendenzen zei- gen, nehmen dieselben Werte im Winterhalbjahr zu. Dieselbe Situation ist auch bei den mittle- ren Wasserständen zu beobachten. Folglich weisen die höchsten monatlichen Abflüsse und Wasserstände im Sommerhalbjahr auch eine absteigende Tendenz auf, wobei die niedrigsten Monatsabflüsse und –wasserstände im Winterhalbjahr eine zunehmende Tendenz zeigen [18]. Für die Ermittlung des Langzeitverhaltens der Wasserstands-Differenzen des Boden- sees wurden die mittleren Wasserstands-Differenzen des Pegels Konstanz und Berlingen, des Pegels Konstanz und Stein-Burg, sowie des Pegels Berlingen und Stein-Burg für die Zeitspan- ne 1888 bis 2007 untersucht. Wie in Abbildung 10 dargestellt zeigen sowohl die Wasserstands- Differenzen zwischen den Pegeln Konstanz und Berlingen als auch zwischen Konstanz und Stein-Burg über die gesamte Zeitspanne jeweils hochsignifikant absteigende Trends. Dagegen weisen die Wasserstands-Differenzen zwischen den Pegeln Berlingen und Stein-Burg eine stationäre (trendfreie) Zeitreihe. Die Auswertungen der obengenannten Untersuchungen zeigen noch, dass die größten Veränderungen im Zeitraum von 1921 bis 1962 zwischen den Wasser- ständen der Pegel Konstanz und Berlingen in Erscheinung treten. Während dieser Zeitspanne steigen die mittleren jährlichen Wasserstands-Differenzen zwischen den beiden Pegeln um knapp 10 cm. Die Abnahme beträgt im Sommerhalbjahr 5 cm und im Winterhalbjahr 14,9 cm. Das entspricht ca. dem dreifachen Wert aus dem Sommerhalbjahr und somit sind die Verände- rungen der Wasserspiegellagen zwischen den Pegeln Konstanz und Berlingen im Winterhalb- jahr am größten [18]. Bei der individuellen Betrachtung des Untersees und des Obersees ist zu beachten, dass das saisonale Verhalten charakteristische Abweichungen aufweist. Im Zeitraum von 1886 bis 1930 betrug die durchschnittliche Differenz der Spiegellage der zwei Teilseen ca. 0,27 m, wobei die Werte in den Monaten Mai bis Juli nur knapp 0,24m erreichten. Ab 1930 bis 2010 traten die gleichen Werte nur im Spätsommer auf und während der restlichen Monate des Jah- res wurden nur knapp 0,20 m erreicht. Die jährlichen Wasserspiegelschankungen des Unter- sees sind von den Jahreszeiten und den außergewöhnlichen Niederschlagsereignissen abhän- gig. Seine Wasserspiegellage weist normalerweise im Februar/März ein Minimum und um die Jahresmitte ein Maximum auf. Die Seespiegelvariatonen des Untersees hängen von denen des Obersees ab, der über den Alpenrhein 97,5 % des jährlichen Zuflusses beisteuert. Im Untersee als auch im Obersee nimmt seit 1930 die Bandbreite der jährlichen Wasserstandsschwankun- gen stark ab (vgl. Abbildung 11). Die Tageswerte zeigen im Obersee eine ausgeprägte Saiso- nalität. Während der Wintermonate bleibt seine Wasserspiegellage gleich oder nimmt leicht zu, wobei sie im Sommer 5 mm bis 7 mm pro Jahr fällt [17]. 13
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Historische Trends Abbildung 10:Differenzen der mittleren jährlichen Wasserstände MW(J) in [cm] zwischen den Pegeln Kon- stanz/Bodensee(Obersee), Berlingen/Bodensee (Untersee) und Stein-Burg/Rhein für die Zeitspanne 1888 bis 2007 mit Mittelwert, Trend/Jahr und Bruchpunkt [18] 14
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Künftige Trends und Klimaszenarien Abbildung 11: Wochenmittelwerte der Wasserspiegel-Differenzen zwischen Obersee (Pegel Konstanz, PKN) und Untersee (Pegel Berlingen, PBE) in der Periode 1886 bis 2010 (rote Linie). Das Polynom 5ten Grades (blaue Linie) gibt das langjährige Trendverhalten wieder [19] 2.2 Künftige Trends und Klimaszenarien 2.2.1 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das Rheineinzugsgebiet Da der Rhein durch verschiedene Klimaregionen fließt, werden die künftigen Klima- trends und –szenarien für Österreich, Deutschland und die Schweiz beschrieben. Es wird eine repräsentative Darstellung der Auswirkungen des globalen Klimawandels auf den Rhein be- schrieben. Beginnend mit dem österreichischen Alpenraum ist zu erwähnen, dass aufgrund der unterschiedlichen klimatischen Bedingungen seiner verschiedenen Regionen, ein räumlich sehr inhomogener Verlauf des Klimawandels zu erwarten ist. Die Temperaturänderung zeigt in allen Jahreszeiten einen ansteigenden Trend und zwar ist bis 2040 eine Zunahme von 1,9 °C im Winter, 2,2 °C im Frühling, 2,3 °C im Sommer und 2,7 °C im Herbst abzusehen. Im Winter und Frühling ist eine Niederschlagsvermehrung um 8,5 % bzw. 1,4 % für wahrscheinlich zu halten, wobei im Sommer und Herbst eine Niederschlagsabnahme um 12,2% bzw. 13,8 % dem ge- genüber steht. Außerdem ist damit zu rechnen, dass die Zahl und Häufigkeit der Hitzetage, sowie extremen Temperaturen ansteigen werden [18]. Die obengenannten Änderungen der meteorologischen Randbedingungen in der öster- reichischen Alpenregion werden sich auf die hydrologischen Bedingungen hochalpiner Ein- zugsgebiete auswirken. Damit ist das Abschmelzen der Gletscherflächen, eine geringere Schneeakkumulation während der Wintermonate sowie ein früheres Einsetzen der Schnee- schmelze im Frühjahr zu erwarten. Es ist noch abzusehen, dass die Winterabflüsse zunehmen und die Sommerabflüsse abnehmen werden, wobei die Frühjahrsabflüsse unverändert bleiben werden. Zusätzlich erhöht sich aufgrund der ansteigenden Temperaturen die Verdunstung, was auch zu einer Abnahme der Abflüsse führt. Die zunehmenden Wintertemperaturen führen häu- figer zu Regen- anstatt Schneeniederschlägen. Diese werden direkt abflusswirksam. Infolge- 15
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Künftige Trends und Klimaszenarien dessen wird eine geringere Schneedecke ausgebildet, die bis Ende des Frühlings erschöpft wird. Anschließend werden sich die Niedrigwasserphasen der Wintermonate in den Spätherbst verlagern [18]. In der Schweiz zeigen die zu erwartenden Klimaveränderungen eine ähnliche Abfolge. Bis 2050 sind längere Niedrigwasserphasen, sowie Hitze- und Trockensommer deutlich häufi- ger und noch extremer zu erwarten. Die Niederschlagsereignisse werden im Sommer abneh- men und im Winter zunehmen, wobei eine vermehrte Niederschlagsvariabilität bzw. –intensität abzusehen ist. Während die durchschnittliche jährliche Niederschlagssumme um etwa 5 % abnehmen wird, können sich die Schwankungen von Jahr zu Jahr oder von Monat zu Monat noch verstärken. Aufgrund der zu erwartende Trockenheit und des verringerten Schmelzwas- sers aus den Gletschern und den Schneereserven, wird die Wasserkraftproduktion in Fluss- kraftwerken stark vermindert sein. Die Starkniederschläge die zurzeit alle 8-20 Jahre auftreten, sind bis Ende des Jahrhunderts durchschnittlich alle 5 Jahre zu erwarten. Rund 75 % der Was- sermassen (etwa 40 Kubikkilometer Wasser), die in Gletschern gespeichert sind, werden infol- ge der ansteigenden Temperaturen und der im Winter häufigeren Regen- anstatt Schneenie- derschlägen, abtransportiert. Die zunehmende Verdunstung wird das Abschmelzen der Glet- scher beschleunigen. Die zu erwartenden Klima- bzw. Abflussänderungen werden zukünftig ein erhöhetes Potential für Hochwasser, sowie eine (teilweise) massive Einschränkung der Trans- portkapazität der Rheinschiffahrt im Sommer und Herbst verursachen [19]. In Deutschland darf man zukünftig ebenfalls von ähnlichen Klimaveränderungen ausge- hen. Es ist zu erwarten, dass bis Ende des 21. Jahrhunderts das Temperaturmaximum im Juli und nicht Juni auftritt, wobei die Temperaturänderung einen prägnanten Anstieg im Winter und Sommer aufweisen wird. Im Zeitraum 2070-2099 ist im Sommer eine deutliche Niederschlags- abnahme sehr wahrscheinlich [12]. Wie in Abbildung 12 ersichtlich ist, ist im Rheineinzugsgebiet abzusehen, dass die Sommertemperaturen bis 2100 um ca. 3 °C zunehmen werden, wobei die Anzahl der Som- mertagperioden auch deutlich ansteigen wird. Die Wintertemperatur wird ebenfalls ansteigen und daraus wird eine deutliche Abnahme der Frost- bzw. Eistage folgen (siehe Abbildung 14) [22]. Für eine Veranschaulichung der künftigen Trends und Klimaszenarien im Rheineinzugs- gebiet werden im Folgenden die Ergebnisse der Szenarienberechnungen für die nahe (2021- 2050), sowie für die ferne Zukunft (2071-2100) dargestellt. Im Winterhalbjahr ist sowohl für die nahe als auch für die ferne Zukunft ein Niederschlagsanstieg von 15 % bzw. 25 % zu erwarten. Weiterhin zeigen die sommerlichen Niederschläge für die nahe Zukunft keine klare Tendenz, wobei sie wahrscheinlich in der fernen Zukunft zwischen 10 % und 30 % abnehmen werden. Außerdem sind die Tendenzen im Frühling und Herbst für die ferne Zukunft zunehmend. Wie in Abbildung 13 zu erkennen, können die mittleren Jahresabflüsse an den Pegeln Kaub, Köln und Lobith (Mittel- und Niederrhein) in der nahen Zukunft bis zu 15 % zunehmen. Für den durch- schnittlichen Winterabfluss ist in der nahen und fernen Zukunft eine Vermehrung von 0-25 % bzw. 5-40 % abzusehen. Im Gegensatz dazu, werden die Sommerabflüsse bis Ende des 21. Jahrhunderts um -30 % bis -5 % absinken. Die mittleren Niedrigwasser- sowie Hochwasserab- flüsse werden in ferner Zukunft im Laufe des hydrologischen Jahres früher erscheinen. Den- noch zeigen die mittleren Niedrigwasserabflüsse für die nahe Zukunft eine zunehmende Ten- denz von 5 %-15 %. An den Pegeln Basel und Kaub (Hoch- und Mittelrhein) sind für die ferne Zukunft keine klaren Tendenzen abzusehen. Die mittleren Hochwasserabflüsse werden bis Ende des 21. Jahrhunderts um 25 % zunehmen und die maximalen Hochwasserabflüsse wer- 16
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Künftige Trends und Klimaszenarien den sich vom Sommerhalbjahr ins Winterhalbjahr verschieben (vgl. Abbildung 13) [21]. Auf- grund der Verminderung der Schneeniederschläge in den Alpen und der durch höhere Tempe- raturen beschleunigten Schneeschmelze, ist anschließend im Rheineinzugsgebiet eine Verla- gerung des Abflusses von Sommer zu Frühling abzusehen [22]. Abbildung 12: Szenario-Ergebnisse für das Rhein-Einzugsgebiet [22] 17
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Künftige Trends und Klimaszenarien Abbildung 13: Szenario-Ergebnisse für die mittlere Monatsabflüsse der Pegel Basel, Maxau, Worms, Kaub, Köln und Lobith für die nahe und ferne Zukunft, im Vergleich zum Zeitraum von 1961-1990, schwarze Linie: mittlerer Abfluss der Periode 1961-1990 als Referenz; braune Linie: Simulationsergebnisse [21] 18
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Künftige Trends und Klimaszenarien 2.2.2 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das Bodenseeeinzugsgebiet Aufgrund des Standorts des Bodensees werden im Folgenden die Auswirkungen des Klimawandels auf Süddeutschland sowie der nördlichen Schweiz dargestellt werden. Somit wird eine repräsentative Vorstellung der künftigen Trends und Klimaszenarien aufgewiesen. Die Prognosen zeigen für das Winterhalbjahr sowohl in Baden-Württemberg als auch in der nördlichen Schweiz einen Anstieg der Tagesmitteltemperatur um 2 °C bzw. 1,8 °C, wobei für die Niederschlagssummen auch eine Zunahme abzusehen ist. Die höchsten Vermehrungen sind vor allem im Zeitraum von Dezember bis Februar zu erwarten. In Baden-Württemberg werden sich die Frost- (Tmin < 0 °C) und die Eistage (Tmax < 0 °C) reduzieren. Im Sommer- halbjahr ist in Baden-Württemberg und in der nördlichen Schweiz ebenfalls eine Zunahme der Tagesmitteltemperatur um 1,4 °C bzw. 2,7 °C für wahrscheinlich zu halten. Während die Som- mertage (Tmax > 25 °C) und die heißen Tage (Tmax > 30 °C) in Baden-Württemberg bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ansteigen werden, zeigen die Niederschlagssummen gleichblei- bende oder geringfügig abnehmende Tendenzen. Inzwischen werden die Niederschlagssum- men der nördlichen Schweiz in der Sommerperiode um ca. 17 % abnehmen [25]. Aufgrund des verringerten Niederschlagsvolumen und der höheren Verdunstung ist in der Schweiz 10 % we- niger Jahresabflussvolumen zu erwarten. In Bayern zeigen die sommerlichen Niederschläge gering abnehmende Tendenzen, wobei die winterlichen Niederschlagssummen deutlich zu- nehmen werden. Auf der Alpennordseite, sowie im süddeutschen Raum sind zukünftig wärme- re und feuchtere Winter, und heißere und trocknere Sommer abzusehen. Während die Klima- änderung sich künftig beschleunigen wird, weisen die Klimavariabilität und sowohl die Häufig- keit als auch die Intensität von Extremereignissen eine ansteigende Tendenz auf [26]. Wie in Abbildung 14 gezeigt, ist eine Zunahme der mittle- ren Sommertemperaturen (Lage der Wahrscheinlich- keitsdichte), eine Erhö- hung der Variabilität der Sommertemperaturen (Breite der Wahrschein- lichkeitsdichte), sowie die Verlagerung der Gebiete, in denen Extremereignisse auftreten (Randbereiche) zu erwarten [26]. Im Einzugsgebiet des Bodensees ist in den nächsten 20-50 Jahren im Vergleich zu 1990 eine Zunahme der Wintertem- peraturen um 1,8 °C und der jährlichen Nieder- Abbildung 14:Verteilung der mittleren Sommertemperaturen für die Periode 1960- schlagssummen um 8 % 1989 sowie als Projektion für 2071-2099 [26] 19
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Extremereignisse zu erwarten. Dagegen sinken die sommerlichen Niederschlagssummen um etwa 17 % ab. Die Hitze- und Dürreperioden steigen hier ebenfalls im Sommer an, wobei die Häufigkeit der Kälte- perioden im Winter eine Abnahme aufweist. Aufgrund der Reduzierung der Schneedeckendau- er in den tieferen und mittleren Lagen und des verminderten Gletschervolumens in den Hoch- lagen, verringert sich die saisonale Wassespeicherkapazität und somit erhöht sich im Winter die Hochwassergefahr. Die sommerliche Wasserführung der Alpenflüsse nimmt gleichfalls ab. Der Monat mit dem höchsten Abfluss wird sich wahrscheinlich von der Jahresmitte in Richtung April verschieben, während sich der Monat mit dem niedrigsten Abfluss vom Februar in den September verlagern wird [26]. Es ist zu erwarten, dass bis 2050 zwei Drittel des Alpenglet- schers verschwunden sein werden. Infolgedessen wird im Sommer und im Herbst weniger Schmelzwasser durch die Gletscherbäche fließen und somit wird der sommerliche Niedrigwas- serabfluss ansteigen [25]. 2.3 Extremereignisse 2.3.1 Extremereignisse Rhein Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden verschiedene Maßnahmen zur Regulierung des Rheins realisiert. Diese hatten einen Einfluss auf den Abfluss. Aus diesem Grund werden im Folgenden nur die letzten und wesentlichen Extremereignisse erwähnt. 2.3.1.1 Die wichtigste extreme Hochwasserereignisse In der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 1993 war im Bereich des Mittelrheins eine extreme Hochwassersituation zu beobachten. Am 23.12 wurden am Pegel Andernach sowie am Pegel Koblenz die höchsten jemals gemessenen Hochwasserstände registriert. Die an die- sem Tag gemessenen Wasserstände erreichten 1051 cm bzw. 949 cm und lagen somit deut- lich über den mittleren Wasserständen von 282 cm bzw. 234 cm sowie über dem höchsten Schifffahrtswasserstand von 650 cm [26]. Im gleichen Bereich und insbesondere am Pegel Köln kam es im Monat Januar des Jahres 1995 zu einer extremen Hochwassersituation. Am 30.01 registrierte der Pegel 1069 cm entsprechend 10900 m³/s (vgl. Tabelle 2) [27]. Die obengenannten Werte lagen kurz unter dem am Pegel höchsten gemessenen Ereignis von 1070 cm entsprechend 11100 m³/s, welches zu Anfang des Jahres 1926 auftrat [27] und gleichzeitig 748 cm über dem Mittelwasserstand von 321 cm (2060 m³/s) [26]. Im Jahr 1999 traten in Bereichen des Rheins sowohl im Februar als auch im Mai Hoch- wassersituationen auf. Aufgrund der extremen winterlichen Witterung waren im Januar und Februar sowohl die Alpen, als auch die Mittelgebirge Süd- und Südwestdeutschlands stark mit Schnee bedeckt. In der Teilstrecke des Hochrheins und zwar am Pegel Rheinfelden wurden zwei dicht aufeinander folgende Abflussscheitel registriert. Diese entstanden vor allem durch die Zuflüsse aus dem schweizer Einzugsgebiet. Der erste kleinere Scheitel wurde am 20. Feb- ruar mit 447 cm entsprechend 2900 m³/s nachgewiesen und der zweite erreichte am 22. Feb- ruar mit 558 cm (3580 m³/s) eine Jährlichkeit von ca. 10 Jahren. Aufgrund der ersten Hochr- heinwelle wurde am 21. Februar am Pegel Maxau (Oberrhein), wie in Abbildung 15 gezeigt, ein Hochwasserstand von 853 cm entsprechend 4170 m³/s verzeichnet. Die Differenz zu den mitt- 20
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes Extremereignisse leren Monatswasserständen der Zeitperiode von 1987-1996 betrug ca.400 cm. Am Pegel Kaub (Mittelrhein) stieg der Rheinscheitel durch den Zufluss der Nahe und vor allem der Mosel auf 718 cm (5920 m³/s) an. Damit erreichte der Abfluss der Rheinstrecke von Maxau bis Kaub ebenfalls eine Jährlichkeit von ca. 10 Jahren. In Andernach wurde mit einem Abfluss von 7620 m³/s eine Jährlichkeit von etwa 5 Jahren erreicht. Anschließend war die Erhöhung des Abflus- ses am Niederrhein nicht wesentlich und infolgedessen verursachte das Hochwasser am Hoch- rhein kein Hochwasser am Niederrhein [30]. Das erste Hochwasserereignis des Jahres 1999 war im Vergleich zu dem zweiten nicht gravierend. Wegen der extremen Witterung und dem hohen Schmelzwasseranteil blieben die Was- serstände des Oberrheins im März und April ebenfalls auf ungewöhnlich hohem Niveau. Vom 11.05 bis 14.05.1999 kam es in der nördlichen Schweiz zu ungewöhnlichen Niederschlagser- eignisse. Währenddessen fiel am 12. Mai im Einzugsgebiet des Hochrheins zwischen Zürich und St.Gallen über 100 l/m² Niederschlag. Am 21. und 22. Mai führte eine neue Witterung am zentralen und östlichen Alpennordhang nochmals zu extremen Niederschlägen, die sich in Vorarlberg und Südbayern konzentrierten. Im österreichischen Rheineinzugsgebiet von Bre- genzer Ache und Ill waren von 18. bis 25. Mai bis zu 260 l/m² Niederschlag zu verzeichnen [30]. In der Nordschweiz fanden mehrheitlich im Mai die extremsten Starkregenereignisse des Jahrhunderts statt, wobei die Niederschlagssummen der von den Starkregenereignissen be- troffenen Gebiete mehr als 250 % der normalen Mai-Regen-Menge betrugen [29]. Durch die extremen Niederschlagereignisse im Gebiet des Alpen- und Hochrheins am 11. bis 14. Mai 1999 wurden die Nordschweiz, sowie der Oberrhein durch ungewöhnliche Hochwasserereignisse geprägt. Die abflussreichsten Zuflüsse des Rheins waren die Aare und die Thur mit Spitzenwerten von 1240 m³/s bzw. 1130 m³/s. Aufgrund des Zusammenflusses der Glatt-Rheinfelden und Töss-Neftenbach kam es in Rheinfelden und Basel zu einem außeror- dentlichen Hochwasser mit Abflüssen von 4550 m³/s bzw. 5090 m³/s [30]. Die mittleren Abflüs- se der beiden Stationen liegen bei ca. 2822 m³/s bzw. 2858 m³/s (vgl. Tabelle 2) [31] und somit war die Differenz der Hochwasserspitzen im Vergleich zu dem langjährigen Mittel mit 1728 m³/s bzw. 2232 m³/s enorm. Außerdem war am 12. Mai am Pegel Rheinfelden mit 677 cm ein Jahr- hunderthöchststand zu beobachten, wobei der Wasserstand innerhalb von 18 Stunden von 400 cm auf eine neue Rekordhöhe anstieg. Der Abfluss erreichte im Scheitel ca. 4900 m³/s und eine Jährlichkeit von ca. 200 Jahren [30]. Bei Rhein-Rekingen, vor der Aare-Mündung, wurde mit 2000m³/s der zweitgrößte Wert, etwas weniger als der Höchstwert von 1910 (2250 m³/s) registriert [30]. Am Pegel Maxau war, wie in Abbildung 15 dargestellt, ein Scheitelwasserstand von 884 cm mit ca. 4570 m³/s zu verzeichnen. Dies entsprach eine Jährlichkeit des Sommerer- eignisses von 100 Jahren und lag deutlich über dem mittleren Abfluss von ca. 1260 m³/s (vgl. Tabelle 2) [32] [30]. Die Wasserstände erreichten an den Pegeln Hauenstein (11,20 m), Rhein- felden (6,80 m), Basel-Rheinhalle (10,58 m) und Plittersdorf (7,68 m) [32] in der Rheinstrecke von Bodensee bis Karlsruhe-Maxau die höchsten je gemessenen Hochwasserstände. Da die Zuflüsse von Main, Nahe, Lahn und Mosel keinen großen Einfluss auf die Abflusssituation des Rheins ausgeübt haben, veränderten sich die Abflussverhältnisse zwischen Worms und Kob- lenz nur unwesentlich [30]. Der Mittelrhein war nur örtlich im ufernahen Bereich beeinflusst und der Niederrhein war nicht betroffen [11]. 21
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