Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt

Die Seite wird erstellt Raik Martin
 
WEITER LESEN
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Technische Universität München
Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement
Univ. Prof. Dr.-Ing. Markus Disse

Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher
– Eine hydrologische Studie

Eleni Loulli

Bachelor Thesis

Matrikelnummer: 03613688

Studiengang: Umweltingenieurwesen

Betreuer: Maximilian Hansinger, M.Sc.

2014
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Aufgabenstellung

Aufgabenstellung
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes unter Berücksichti-
gung von
  historischen und künftigen Trends,
  Extremereignissen (Hoch- und Niedrigwasser) und
  der Regulierung des Alpenrheins durch Talsperren
Szenarienberechnung verschiedener historischer Hoch- und Niedrigwasserereignisse:
  Wasserstände am Rhein und im Bodensee für den Fall einer Regulierung
  Theoretisch mögliches Retentionspotential
  Beurteilung hinsichtlich Hochwasserschutz und Niedrigwassererhöhung

 III
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Selbstständigkeitserklärung

Selbstständigkeitserklärung

Erklärung gemäß §18 Absatz 9 APSO der Technischen Universität München:

„Ich versichere, dass ich diese Bachelor selbstständig verfasst und nur die angegebe-
nen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe“

 ……………………..

 Eleni Loulli
 München, den 29.07.2014

 V
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Kurzfassung

Kurzfassung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Charakterisierung der Hydrologie sowohl des Rheinregimes,
als auch des Bodensees und die Beurteilung hinsichtlich des Hochwasserschutzes und der
Niedrigwassererhöhung mit Hilfe von Szenarienberechnungen verschiedener historischer
Hoch- und Niedrigwasserereignisse. Der Rhein entspringt in den Schweizer Alpen und mündet
in den Bodensee. Von seinem Ausfluss aus dem Bodensee fließt er durch Deutschland und die
Niederlande und mündet in die Nordsee. Der Bodensee weist, aufgrund seines Standorts nörd-
lich der Alpen, niedrige winterliche und hohe sommerliche Wasserstände auf. Im Laufe des 20.
Jahrhunderts verursachten die zunehmenden Temperaturen in Kombination mit dem reduzier-
ten Schneevolumen, sowohl im Rhein- als auch im Bodenseeeinzugsgebiet, eine Zunahme der
winterlichen mittleren Abflüsse bzw. Wasserstände sowie eine Abnahme der sommerlichen
mittleren Abflüsse bzw. Wasserstände. In der Zukunft sind in den beiden Einzugsgebieten
ebenfalls niedrigere sommerliche und höhere winterliche Mittelwasserstände bzw. -abflüsse zu
erwarten. Im Sommer des Jahres 1999 war sowohl für den Rhein als auch für den Bodensee
das extremste Hochwasserereignis des letzten Jahrhunderts zu beobachten. Dagegen trat im
Frühherbst des Jahres 2003 in den beiden Gebieten das extremste Niedrigwasserereignis des
Jahrhunderts auf. Es ist bemerkenswert, dass im Dezember 1993 sowie im Januar 1995 ein
sehr extremes Hochwasserereignis im nördlichen Bereich des Rheins registriert wurde. Außer-
dem verursachte die Regulierung des Alpenrheins einen großen Einfluss auf die Dämpfung der
Hochwasserspitzen und die Erhöhung der Niedrigwasserstände, sowohl im alpinen Rheinein-
zugsgebiet als auch im Bodensee. Wie in den Szenarienberechnungen gezeigt wird, würde die
Regulierung des Sees dem Hochwasserschutz bzw. der Niedrigwassererhöhung im Boden-
seeeinzugsgebiet dienen. Demgegenüber würde die Regulierung eine Hochwassersituation im
nördlichen Bereich des Rheins kaum ändern. Trotzdem und vor allem wegen des zu erwarten-
den Klimawandels, kann man davon ausgehen, dass die Regulierung des Sees im Laufe der
Jahre als sinnvoller erachtet werden kann.

 VII
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Abstract

Abstract
The aim of this Bachelor Thesis is to characterize the hydrology of the Rhine regime and the
Lake Constance and the assessment of flood protection and low water levels increase with the
help of scenario simulations of various historical floods and low water level events. The Rhine
rises in the Swiss Alps and flows into the Lake Constance. The outflow of the lake, flows
through Germany, Netherlands and empties into the North Sea. Due to the location of Lake
Constance, in the north part of the Alps, low winter and high summer water levels appear in the
region. During the 20th century, the increasing temperatures in combination with the reduced
volume of snow both in the Rhine, and in the Lake Constance basin led to increased winter and
decreased summer mean flows and water levels. It is also expected, that in the future the win-
ter average discharges will be increased and the summer average discharges will be de-
creased. Furthermore, the most extreme flood event of the last century for both the Rhine re-
gion, as well as Lake Constance was observed in the summer of 1999. In autumn of 2003 the
most extreme low water event of the century appeared in both areas. It is also worth noting that
in December 1993 and in January 1995 appeared an extreme flood event in the northern sec-
tion of the Rhine. In addition, the regulation of the Alpine Rhine caused a great impact on the
damping of flood peaks and increase of the low water levels in both the Alpine Rhine basin, as
well as in the Lake Constance. As the scenario simulations proved, the regulation of the lake
would have a positive effect on flood protection, as well as on increase of the low water levels
of Lake Constance basin. In contrast, the regulation would hardly change a flood situation in
the northern part of the Rhine. In spite of this and particularly because of the expected climate
change, it could be assumed that over the years the regulation of the lake could be meaningful.

VIII
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
 1.1 Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des Bodensees .................................... 1
 1.2 Das Abflussregime des Rheins ....................................................................................... 3
 1.3 Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und
 Niedrigwasserereignissen ....................................................................................................... 6
2 Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes 9
 2.1 Historische Trends.......................................................................................................... 9
 2.1.1 Langzeitverhalten der Rhein Abflüsse ...................................................................... 9
 2.1.2 Langzeitverhalten der Bodensee Wasserstände ..................................................... 11
 2.2 Künftige Trends und Klimaszenarien ............................................................................ 15
 2.2.1 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das Rheineinzugsgebiet ................. 15
 2.2.2 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das Bodenseeeinzugsgebiet .......... 19
 2.3 Extremereignisse .......................................................................................................... 20
 2.3.1 Extremereignisse Rhein.......................................................................................... 20
 2.3.2 Extremereignisse Bodensee ................................................................................... 26
 2.4 Die Regulierung des Alpenrheins durch Talsperren ...................................................... 31
3 Szenarienberechnung 35
 3.1 Wasserstände am Rhein im Fall einer Regulierung ...................................................... 37
 3.1.1 Fallbeispiel 1995..................................................................................................... 37
 3.1.2 Fallbeispiel 1999..................................................................................................... 40
 3.1.3 Fallbeispiel 2003..................................................................................................... 43
 3.2 Wasserstände im Bodensee im Fall einer Regulierung ................................................. 46
 3.2.1 Fallbeispiel 1995..................................................................................................... 47
 3.2.2 Fallbeispiel 1999..................................................................................................... 47
 3.2.3 Fallbeispiel 2003..................................................................................................... 48
 3.3 Theoretisch mögliches Retentionspotential ................................................................. 49
 3.3.1 Fallbeispiel 1995..................................................................................................... 49
 3.3.2 Fallbeispiel 1999..................................................................................................... 50
4 Diskussion 52
Abkürzungsverzeichnis 53

 IX
Der Bodensee als Hoch- und Niedrigwasserspeicher - Eine hydrologische Studie - Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis 55
Abbildungsverzeichnis 61
Tabellenverzeichnis 62

X
Einleitung
Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des Bodensees

1 Einleitung

 1.1 Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des
 Bodensees
 Erdgeschichtlich betrachtet ist das heutige einheitliche Flusssystem des Rheins relativ
jung. Zuerst war das gesamte Rheintal von Gletschern bedeckt. Durch das Abschmelzen wur-
de der Bodensee gebildet, der damals noch das ganze Rheintal ausfüllte. Im Laufe der Zeit
vereinigten sich die Flussteile und so wurde die heutige Verbindung des Alpenrheins mit dem
Land am Niederrhein durch den Rheinstrom gebildet [1] [2].
 Die zwei Quellflüsse des Rheins, der Vorder- und der Hinterrhein, entspringen in den
Schweizer Alpen und fließen ab Reichenau als ein vereinigter Fluss weiter. Der Rhein wird, wie
in Abbildung 1 dargestellt, in sechs Teilstrecken unterteilt. Die erste orographisch betrachtete
Flussstrecke ist der sogenannte Alpenrhein, der vom Zusammenfluss bei Reichenau bis zur
Mündung in den Bodensee fließt [3].Von seinem Ausfluss aus dem Bodensee fließt der Hochr-
hein in eine westliche Richtung durch die alpine Vorlandsenke bis Basel. Ab Basel fließt der
Oberrhein nordwärts mit Vogesen und Pfälzer Bergland zu seiner linken Seite und Schwarz-
wald und Odenwald zur rechten Seite. Während der südliche Oberrhein im 20. Jahrhundert
durch Hochwasserschutzmaßnahmen und durch den Bau des Rheinseitenkanals stark verän-
dert wurde, ist der nördliche Oberrhein noch durch Mäander geprägt. Ab Bingen fließt der
Rhein als Mittelrhein durch das Rheinische Schiefergebirge mit einer erhöhten Fließgeschwin-
digkeit bis Bonn. Bei Koblenz mündet die Mosel, einer seiner bedeutenden Nebenflüsse, in den
Rhein. Ab Bonn fließt der Niederrhein bis Bimmen/Lobith. Bei Bimmen/Lobith fließt der soge-
nannte Deltarhein durch die Niederlande und mündet in die Nordsee. Dieser Deltabereich wird
durch die drei Hauptarme des Rheins, Waal, Nederrijn und Ijssel, gebildet. Aufgrund der Errich-
tung des Deltawerkens für die Gewährleistung der Süßwasserversorgung und den Schutz von
Sturmfluten, sind die Mündungsbereiche des Rheins in die Nordsee stark verändert [4]. Die
bedeutenden Nebenflüsse des Rheins sind die Aare, der Neckar, der Main, die Nahe, die Mo-
sel, die Ruhr, und die Lippe. Diese befinden sich alle in Deutschland, bis auf die Aare, die
durch die Schweiz fließt [3].
 Mit ungefähr 1320 km Gesamtlänge [3] und 200.000 km² Einzugsgebietsfläche [4], fließt
der Rhein durch neun verschiedene europäische Staaten. Der größte Anteil der Einzugsge-
bietsfläche, etwas mehr als 50%, befindet sich in Deutschland, dann folgen Frankreich, die
Niederlande und die Schweiz mit ungefähr 10-15% der Fläche und Österreich, Luxemburg,
Italien, Liechtenstein und Belgien mit jeweils einem geringen Anteil der Gesamtfläche [3]. Eine
sehr wichtige Rolle im Abflussverhalten des Rheins spielen die Stauseen, die in der Teilstrecke
des Alpenrheins gebaut wurden und ein Gesamtrückhaltevermögen von 770 Mio. m³ Wasser
haben [5]. Der Rhein hat auch eine große Bedeutung für die Speicherung der relativ hohen
alpinen Jahresniederschläge und des Schmelzwassers aus den Alpen [2].

 1
Einleitung
 Der Rhein und der Alpenrhein als Hauptzufluss des Bodensees

 Für die hydrologische Stu-
 die des Bodensees hat der
 Alpenrhein eine große Bedeu-
 tung. Wie schon erwähnt, wird
 die Flusstrecke des Rheins
 vom Zusammenfluss des Vor-
 der- und des Hinterrheins bei
 Reichenau bis zur Mündung in
 den Bodensee Alpenrhein ge-
 nannt. Der Alpenrhein ist 90km
 lang und seine größte Breite
 beträgt 250 m. Der Niedrig-
 wasserabfluss beläuft sich auf
 ca. 40 m³/s, während der
 Hochwasserabfluss bis ca.
 3100 m³/s steigen kann
 (HQ100). Die mittlere Ab-
 flussmenge des Alpenrheins
 beträgt ca. 242 m³/s in einem
 Einzugsgebiet von 6119 km²
 und 1-2 ‰ Gefälle. Seine Jah-
 resabflussmenge macht 7,6
 Mrd. m³ aus [5]. Der tiefste
 Punkt des gesamten Einzugs-
 gebiets des Alpenrheins liegt
 im Bodensee (395 m.ü.M). Die
 vergletscherte Fläche des Ein-
 zugsgebiets beträgt 1,4% der
 gesamten Einzugsgebietsflä-
 che.
 Der Alpenrhein entwässert
 Teile von Graubünden
 (Schweiz), St.Gallen
 (Schweiz), Tessin (Schweiz),
Abbildung 1: Einzugsgebiet des Rheins [13] Vorarlberg (Österreich), Liech-
 tenstein, und Italien. Seine
wichtigste Zuflüsse sind folgende: Plessur (9,8 km lang), Landquart (23,4 km lang), Tamina
(28,8 km lang), III (65 km lang) und Frutz (68,5 km lang) [6]. Der Alpenrhein ist durch seine
großen Wasserspiegelschwankungen und einen hohen Feststofftransport gekennzeichnet.
Obwohl er der größte Wildbach Europas ist, ist im Gebiet von Graubünden der natürlich ge-
wunden-verzweigte Flusslauf erhalten geblieben. Der Rest wurde seit mehr als 100 Jahren [7]
fast durchgehend begradigt und kanalisiert [6].

2
Einleitung
Das Abflussregime des Rheins

 1.2 Das Abflussregime des Rheins
 Unter dem Begriff Abflussregime, versteht man den charakteristischen mittleren Jahres-
gang des Abflusses eines Fließgewässers. Es wird durch verschiedene Faktoren, wie z.B. das
Klima, die Geologie, die Pedologie, die Geomorphologie und die Vegetation, beeinflusst [8].
 Abflussregime werden nach PARDE wie folgend klassifiziert:
 1. nach Speisungsart der Flüsse
  pluvial (durch Regen gespeist)
  nival (durch Schnee gespeist)
  glazial (durch Gletscher gespeist)
  Kombinationen
 2. Nach Anzahl der Abflussminima und –maxima
 3. Nach Schwankungskoeffizient der monatlichen Abflüsse [8]
 Unter dem Schwankungskoeffizient, auch PARDE Koeffizient genannt, versteht man das
Verhältnis des mittleren monatlichen Abflusses zum mittleren Jahresabfluss an einem Pegel. Er
verdeutlicht wie der Abfluss an dem Pegel über das Jahr variiert [8]. Wenn beispielsweise der
PARDE Koeffizient bei 1 liegt, ist in jedem Monat des bestimmten Jahres gleiche Abflussmen-
ge zu beobachten. Wenn sich dieser andererseits auf 12 beläuft, findet der gesamte Abfluss
des Jahres innerhalb dieses Monats statt [10].
 Einfache Abflussregime werden durch den eingipfeligen Kurvenverlauf ihrer Abflussgangli-
nie definiert. Glaziale Regime weisen meistens ihren höchsten PARDE Koeffizient im Ju-
li/August und ihren niedrigsten im Mai auf. Nivale Abflussregime zeigen ein Maximum im Juni
und ein Minimum im September [8]. Einzugsgebiete die mindestens 20% mit Gletscher bedeckt
sind, werden als glazial definiert. Sie werden durch extreme Niedrigwasserperioden während
der Wintermonate und durch extreme Hochwasserabflüsse während der Eisschmelze in den
Sommermonaten beschrieben. Nivale Regime sind meist durch Rücklage von Schnee geprägt
und haben fast gleiche Abflusscharakteristika mit den glaziale Regime [9].

Abbildung 2: Typisches Abflussregime im Rheineinzugsgebiet nach PARDE; Referenzzeitraum 1961-1990. [4]

 Komplexe Abflussregime werden durch den mehrgipfeligen Kurvenverlauf ihrer Abfluss-
ganglinie gekennzeichnet [8]. Sie werden durch verschiedene Niederschlagsarten gespeist und
in Regime 1. und 2. Grades unterschieden. Die Abflussregime 1.Grades besitzen eine Variabili-
tät von Minima und Maxima aufgrund der verschiedenen Ursachen, die das typische Abfluss-

 3
Einleitung
 Das Abflussregime des Rheins

verhalten beeinflussen. Komplexe Regime 2.Grades sind meistens in größeren Flusseinzugs-
gebieten zu finden, in denen verschiedene Regimefaktoren hinzukommen [9].
 Wie in Abbildung 2 zu erkennen, wird im Rheineinzugsgebiet der Bereich der Alpen durch
ein nivales Abflussregime charakterisiert bzw. ist der Alpenrhein durch Hochwasserabflüsse im
Juni/Juli und Niedrigwasserabflüsse im Spätwinter gekennzeichnet. Während dem Winterhalb-
jahr fallen die Niederschläge im Alpengebiet meist in fester Form herab und werden als Schnee
und Eis zwischengespeichert, wobei sie bei zunehmenden Temperaturen erst ab dem Spät-
frühling schmelzen und hohe Wasserstände und Abflüsse verursachen. Dies folgt, wie in Abbil-
dung 4 zu sehen ist, zu einer sehr weit ausschwingenden Bandbreite des Jahresgangs. Auf-
grund der Einflüsse der im Voralpenraum einmündenden Zuflüsse und der ausgleichenden
Wirkung des Bodensees, mildert sich im Hochrheinbereich diese nivale Prägung ab und daraus
folgt eine deutlich flachere Bandbreite des Jahresgangs des Hochrheins (vgl. Abbildung 4) [10].
Während der südliche Bereich des Oberrheins auch durch Hochwasserabflüsse im Sommer-
halbjahr gekennzeichnet ist, beginnt sich die Relation am nördlichen Oberrhein zwischen
Worms und Mainz umzukehren (vgl. Tabelle 1) [11]. Wie in Abbildung 2 ersichtlich ist, wird das
Abflussregime ab dem nördlichen Bereich des Oberrheins immer stärker pluvial beeinflusst. Die
minimalen Abflüsse fixieren sich aufgrund der intensiven Evapotranspiration auf den Spätsom-
mer/Frühherbst und die maximalen Abflüsse treten wegen des regenreichen Winters meist im
Spätwinter oder Vorfrühling auf (vgl. Tabelle 1) [12]. Etwa ab der Einmündung der Mosel bei
Koblenz bis zum Ausfluss in die Nordsee wird der Rhein (Teilstrecke: Mittelrhein, Niederrhein
und Rheindelta) durch ein kombiniertes Abflussregime charakterisiert (vgl. Abbildung 2). Aus
der Überlagerung der beiden Regime (nival und pluvial) folgt in diesem Bereich eine immer
gleichmäßigere Verteilung des Abflusses über das Jahr (vgl. Abbildung 4) [13]. Wie die Abbil-
dung 4 zeigt, treten die maximale Hochwasserabflüsse im Bereich des Niederrheins im Winter-
halbjahr auf, wobei diese im Bereich des Alpenrheins im Sommerhalbjahr zu finden sind [13].
 Wie in Abbildung 3 dargestellt, sind die niedrigsten Hoch-, Mittel- sowie Niedrigwasserab-
flüsse des Rheineinzugsgebiets in den Bereichen des Alpen-, Hoch- und Oberrheins zu be-
obachten. Im Gegensatz dazu erhöhen sich die Abflüsse etwa ab der Neckarmündung deutlich
und erreichen im Bereich des Rheindeltas die höchsten Hoch-, Mittel- und Niedrigwasserab-
flüsse des Einzugsgebiets. Diese Änderung liegt vorwiegend an den Zuflüssen in den Rhein die
in diesem Bereich einmünden [10].

Tabelle 1: Mittlere vieljährige Hochwasserabflüsse (MHQ) für Winter- und Sommerhalbjahre an den Pegeln des
Rheins [13]
4
Einleitung
Das Abflussregime des Rheins

 Abbildung 4: Schematisches Längsprofil Rhein [12]

 Abbildung 3: Vieljährige MHQ der
 Rheinpegel, Jahresreihe 1930-1996
 [13]

 5
Einleitung
 Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen

 1.3 Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung
 hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen
 Geologisch betrachtet entstand die erste Form des heutigen Bodensees nach der Auffal-
tung der Alpen im Tertiär(vor ca. 65 Millionen Jahren). Als Folge der nördlichen Verschiebung
Afrikas und des Drucks auf Europa, wurde die Form der Alpen gebildet. Die Erdkruste wurde
dann aufgrund des Drucks der alpinen Gesteinsmassen eingesenkt und folglich entstand auf
der Nordseite der Alpen eine Art Vorlandtrog, durch den sich die heutige Form des Bodensees
entwickelte. Geologischen Studien zufolge, lag der Seespiegel des ersten Ur-Bodensees im
frühen Erdzeitalter etwa 650 m.ü.M, wobei der Seespiegel des zweiten Ur-Bodensees im mittle-
ren Eiszeitalter nur noch bei 600 m.ü.M lag. Schon vor 120 000 Jahren war, wie in Abbildung 5
dargestellt, die Trennung des damaligen Alt-Bodensees in Obersee und Untersee deutlich
sichtbar. Im Zeitraum zwischen Riß- und Würmkaltzeit (vor 17000 Jahren), dehnte Bodensee in
das Rheintal aus. Während der letzten Eiszeit dehnte er sich mit südlicher Richtung bis in die
Nähe von Chur aus und infolge dieser Entwicklung war der Rheintalsee vor 14 000 Jahre dop-
pelt so groß wie heute. Aufgrund der ziemlich großen Schuttfracht aus den Alpen, wurde dieser
südliche Teil des Sees nach etwa 4000 Jahre wieder verlandet [14].

 Abbildung 5: Die Entwicklung des Bodensees seit dem frühen Eiszeitalter [56]

6
Einleitung
Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen

 Als drittgrößter Binnensee Mitteleuropas liegt der Bodensee in einer Meereshöhe von
395 m.ü.N.N, an den Grenzen zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz (vgl. Abbil-
dung 6). Seine gesamte Oberfläche beträgt 536 km², wovon 473 km² dem Obersee und 63 km²
dem Untersee angehören [15]. Das ganze Einzugsgebiet des Bodensees ist 11500 km² groß.
Die tiefste Stelle liegt bei 254 m und 47m im Obersee bzw. Untersee, wobei die durchschnittli-
chen Tiefen des Obersees und des Untersees bei 101 m bzw. 13 m liegen [6].
 Die theoretische Wassererneuerungszeit des Bodensees beträgt ca. 4,5 Jahre und der
Wasserspiegel schwankt um durchschnittlich ca. 1,5 m im Jahr [6]. Während der Alpenrhein die
größte Wassermenge (230 m³/s) in den Bodensee liefert, fließt über ihn ein mittlerer jährlicher
Wasserstrom von 370 m³/s ab [15].
 Das Ufer des Bodensees ist 273 km lang und davon befinden sich 18 km in Bayern, 155
km in Baden-Württemberg, 28 km in Österreich und 72 km in der Schweiz. Einige seiner wich-
tigsten Zuflüsse sind, wie in Abbildung 6 ersichtlich, der Rheintaler Binnenkanal/Alter Rhein,
der Radolfzeller Aach, der Stockacher Aach, der Seefelder Aach, die Rotach, die Schussen,
die Argen, die Leiblach, die Dornbirner Ach und die Bregenzer Ach, wobei wie schon erwähnt
der Alpenrhein der bedeutendste Zufluss ist [6].

Abbildung 6: Der Bodensee und seine Zuflüsse [15]

 Der größte Zuflussanteil des Bodensees wird aus dem alpinen Einzugsgebiet geliefert,
wobei aus dem Alpenrhein und der Bregenzer Ach knapp 75% der gesamten Zuflüsse des Bo-
densees zufließen. Somit wird das Regime der Wasserstände des Bodensees durch das nivale
Abflussregime der Zuflüsse stark beeinflusst. Dennoch war der Gletscher-Rückgang in den
letzten drei Jahrzehnten so gering, dass er keine Auswirkungen auf den Abfluss verursacht hat
[18].

 7
Einleitung
 Der Standort des Bodensees und seine Bedeutung hinsichtlich Hoch- und Niedrigwasserereignissen

 Der Standort des Bodensees hat eine große Bedeutung aufgrund seiner Extremereignisse
(sowohl Niedrig- als auch Hochwasserereignisse). Im Winterhalbjahr wird das Einzugsgebiet
der zwei größten Zuflüssen des Bodensees meist durch Schneeniederschlägen geprägt. Diese
werden während der Winterperiode im Einzugsgebiet als Schneedecke gespeichert und fließen
nicht weiter in den Bodensee. Aus diesem Grund weist der Bodensee zwischen November und
März seine niedrigsten Abflüsse bzw. Wasserstände auf. Im Gegensatz dazu wird während den
Sommermonaten die Schneeschmelze der im Winter gespeicherten Schneedecke aus dem
alpinen Einzugsgebiet durch den Alpenrhein und die Bregenzer Ach in den Bodensee abgege-
ben. Somit kommt es im Sommerhalbjahr zu den höchsten Abflüssen bzw. Wasserständen im
Bodensee. Diese beiden Fakten können als Hauptgrund für die natürlichen Seespiegelschwan-
kungen von durchschnittlich 1,30 m, sowie für die starke Fluktuation des Rheinabflusses ange-
nommen werden. In der folgenden Studie wird darüber diskutiert wie die historischen Trends
und Extremereignisse, die Regulierung des Rheins durch Talsperren sowie künftige Klimaaus-
wirkungen, die Hydrologie des Bodensees beeinflussen bzw. beeinflussen werden. Folglich
wird die Idee zur Regulierung des Bodensees, mithilfe von Szenarienberechnungen verschie-
dener historischer Hoch- und Niedrigwasserereignisse, beurteilt.

8
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
Historische Trends

2 Charakterisierung der Hydrologie des
 Bodensees und des Rheinregimes

 2.1 Historische Trends

2.1.1 Langzeitverhalten der Rhein Abflüsse
 Die durch Schwankungen der Sonnenaktivität, Vulkanausbruche oder Änderungen der
Ozeanströmungen verursachte Klimavariabilität führt zu langfristigen Klimaentwicklungen, die
sich als Klimatrends äußern. Diese Klimatrends stellen schließlich eines der wichtigsten Ein-
flussfaktoren der Abfluss- bzw. Wasserstandverhältnisse des Rheinregimes dar. Zur Charakte-
risierung der Klimaveränderungen bzw.-trends ist das raum-zeitliche Verhalten hydrometeoro-
logischer Größen, wie die Lufttemperatur, die Gebietsniederschlagshöhe, die Gras-
Referenzverdunstung und die Jahressumme der klimatischen Wasserbilanz, erforderlich [10].
 Die Lufttemperatur wird im 20. Jahrhundert durch eine zunehmende Tendenz charakte-
risiert, wobei die letzten zehn Jahre der betrachteten Zeitreihe im Rheineinzugsgebiet sowie
weltweit, am wärmsten waren [10]. Allerdings lagen die Temperaturveränderungen je nach Re-
gion im Rheineinzugsgebiet mit +0,5 °C bis + 1,2 °C etwas über dem globalen Mittel von +0,6
°C bis +0,9 °C. Im Winter war der Anstieg stärker als im Sommer und in tieferen Lagen größer
als in höheren Lagen. Ebenfalls zeigen die Gebietsniederschlagsverhältnisse auch zunehmen-
de Tendenzen, die am meisten während der Wintermonate mit +10% bis +20% Anstieg zu be-
obachten sind [13]. Die Gras-Referenzverdustung zeigt im Laufe des 20. Jahrhunderts keine
deutliche Tendenz. Anschließend ist die klimatische Wasserbilanz im gleichen Zeitraum durch
einen ansteigenden Trend gekennzeichnet [10].
 Außerdem hat die Veränderung der Alpengletscher auch einen Einfluss auf den Abfluss
im Rhein. 8,8 % der gesamten Fläche des Untersuchungsgebiets des Pegels Ilanz am Vorder-
rhein war 1850 noch von Gletscher bedeckt. Im Zeitraum von 1850 bis 2000 wurde eine Ab-
nahme von 69,5 % erfasst. Als Folge waren im Jahr 2000 nur noch 2,7 % der Gebietsfläche
vergletschert. Der gesamte Volumenschwund betrug in diesem Zeitraum 73-76 % und das ge-
schätzte Gletschervolumen im Jahr 2000 betrug ca. 0,43-0,49 km³. Der Rückgang der Glet-
scher und der folglich verursachte Schmelzwasseranfall entspricht pro Einzeljahr durchschnitt-
lich 0,72 % der vorhandenen Abflussmenge des Rheins an diesem Pegel. Anschließend zeigt
die stark reduzierte Vergletscherung gegenüber den anderen Parametern zur jährlichen Ab-
flussbildung (Regen, Schnee, Verdunstung) im Zeitraum von 1850-2000 keinen deutlichen Ein-
fluss auf den gesamten Abfluss des Rheins [10].
 Aus Untersuchungen der mittleren Monatsabflüsse des Rheins von Rekingen bis Lobith
im Zeitraum von 1901 bis 2000 und deren differenzierende Regimeanalyse, kommt man zu
einer Trennung des Rheins in zwei verschiedenen Grundmuster, je nach Abflussregime. Als
Trennlinie kann die Main-Mündung dargestellt werden. Diese unterscheidet das nival beein-
flusste Regime des Ober- und Hochrheins von dem pluvial geprägten Regime des Mittel- und
Niederrheins. Aus der Analyse der mittleren Monatsabflüsse ist ersichtlich, dass die größten

 9
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
 Historische Trends

Veränderungen bzw. Abflüsserhöhungen während des Winterhalbjahrs und zwar meistens im
Februar, März und Dezember zu beobachten sind. Im Gegensatz dazu kommt es im nördlichen
Teil des Rheins im August und September zur Reduzierung der Monatsabflüsse. Trotz dieser
Tatsache und aufgrund der Abflüsserhöhungen in den restlichen Sommermonaten ist im Som-
merhalbjahr eine schwache Zunahme der mittleren monatlichen Abflüsse erkennbar. Im südli-
chen Teil des Rheins nehmen die Monatsabflüsse im Sommerhalbjahr und besonders im Juli
ab [10].
 Betrachtet man die mittleren Abflüsse in Alpen-, Hoch- und Oberrheingebiet, erkennt
man eine zunehmende Tendenz im abflussschwachen Winterhalbjahr, sowie eine abnehmende
Tendenz während den abflussstarken Sommermonaten. Gleiche Entwicklungen sind auch bei
den Änderungen der Niederschlagsverhältnisse zu beobachten. Außerdem ist festzustellen,
dass diese im 20. Jahrhundert eine bedeutende Rolle im Abflussverhalten des Rheins spielen.
Aus der Gegenüberstellung der zwei Abbildungen (vgl. Abbildung 7) lässt sich gut die Ver-
gleichmäßigungstendenz im gesamten Zeitraum darstellten. Die ansteigenden Monatsabflüsse
in den Monaten Januar bis März, Juli und August lassen sich gut mit den zeitgleichen Ergeb-
nissen der monatlichen Niederschläge übereinstimmen, wobei die Veränderungen der Monats-
abflüsse in den Monaten April bis Juni und September bis Dezember mit den zeitgleichen Nie-
derschlagsereignissen weniger gut zusammenpassen [10].

Abbildung 7: Pegel Basel/Rhein: Entwicklung des Abflussregimes (PARDE) im 20. Jahrhundert (links), Teileinzugs-
gebiet Basel/Rhein: Entwicklung des Jahresgangs der Gebietsniederschlags-Monatssummen (standardisiert nach
PARDE) im 20. Jahrhundert (rechts) (Standardisierungsreferenz: Zeitraum 1901-2000) [12]

 Die Teilstrecke des Mittel- und Niederrheingebiets kann, wie schon erwähnt wurde, als
ein pluviales Regime beschrieben werden. Im 20. Jahrhundert wird diese Teilstrecke durch
eine zunehmende Tendenz ihrer Gebietsniederschlagssumme gekennzeichnet. Wichtig ist,
dass auf der betrachteten Strecke eine Ausnahme im Sommerhalbjahr registriert wurde und
somit sind die Ergebnisse für diesen Zeitraum statistisch nicht signifikant. Dennoch spielen die
Niederschlagsverhältnisse immer noch eine sehr wichtige Rolle für die mittleren Monatsabflüs-
se des nördlichen Rheingebiets. Bei der Gegenüberstellung der mittleren Monatsabflüsse und
der Gebietsniederschlagssumme des Pegels Kaub im Zeitraum von 1901 bis 2000, die in Ab-
bildung 8 dargestellt wird, ist ersichtlich, dass die Entwicklungstendenzen in allen Monaten,
außer April, Juni und Juli ähnlich sind. Im Winterhalbjahr zeigen die Niederschlagsverhältnisse
bzw. die Monatsabflüsse einen ansteigenden Trend, wobei diese im Frühling eine absteigende
Tendenz vorweisen. Die stärksten Abflussvermehrungen treten im Zeitraum von Dezember bis

10
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
Historische Trends

Juni mit einem kontinuierlichen Anstieg besonders im Februar und März auf. Infolgedessen ist
hier eine Änderung von nivalem zu pluvialem Regime deutlich [10].

Abbildung 8: Pegel Kaub / Rhein: Entwicklung des Abflussregimes(PARDE) im 20. Jahrhundert(links) Teileinzugs-
gebiet Kaub / Rhein: Entwicklung des Jahresgangs der Gebietsniederschlags-Monatssummen (standardisiert nach
PARDE) im 20. Jahrhundert(rechts) (Standardisierungsreferenz: Zeitraum 1901-2000) [12]

 Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelt sich im ganzen Rheineinzugsgebiet eine Ten-
denz zur Pluvialisierung (stärkere Regenlastigkeit). Aufgrund der zunehmenden Temperaturen
(höhere Verdunstung) in Kombination mit dem reduzierten Schneevolumen in den Alpen resul-
tieren im Sommer Abnahmen sowohl der mittleren Abflüsse als auch der NM7Q-Werte bis 8 %
und im Winter Zunahmen von 10-15 % bzw. 15-20 %. Der gesamte Anstieg des mittleren Ab-
flusses über dem 20. Jahrhundert beträgt rund 240 m³/s. Die mittleren jährlichen Höchstabflüs-
se nahmen ebenfalls um etwa 10 % zu. Dies geschah aufgrund des häufigen Auftretens der
mittleren und großen Hochwasser und ist nicht auf eine Erhöhung der extremen Scheitelabflüs-
se zurückzuführen [13]. Hinsichtlich der Niedrigwasserentwicklung ist in Bereichen, in denen im
Winter Niedrigwasserzeit vorherrscht, eine prägnante Abflusszunahme und somit eine Abmilde-
rung der Niedrigwasserextreme zu beobachten. Dagegen zeigen die Niedrigwasserextreme
überall dort, wo im Spätsommer und Frühherbst eine Niedrigwasserperiode charakteristisch ist,
eine leichte Tendenz zur Intensivierung, die aber nicht statistisch signifikant ist [12].

2.1.2 Langzeitverhalten der Bodensee Wasserstände
 Die folgenden Aussagen beziehen sich auf Auswertungen der Untersuchungen an drei
Wasserstandspegeln Konstanz/Bodensee (Obersee), Berlingen/Bodensee (Untersee) und
Stein-Burg/Rhein (Hochrhein) am Bodensee von 1888 bis 2007, sowie am Hauptzufluss-Pegel
Diepoldsau/Rhein (Alpenrhein) und am Ausfluss-Pegel Neuhausen-Flurlingerbrücke/Rhein
(Hochrhein) von 1905 bis 2007 [18].
 Als erstes werden die Veränderungen des Langzeitverhaltens der mittleren jährlichen
Wasserstände und Abflüsse beurteilt. Die mittleren Jahreswasserstände des Bodensees zei-
gen generell fallende Tendenzen. Im Zeitraum von 1941 bis 1964, sowie von 1988 bis 2007
sind die Wasserstände des Sees um ca. 17 cm bzw. ca. 14cm gesunken. Im Gegensatz dazu
nahmen die Wasserstandsreihen in der Zeitspanne von 1909 bis 1941, sowie von 1964 bis
1988 um ca. 10cm bzw. ca. 8cm zu. Die mittleren jährlichen Abflüsse an den beiden Zu- bzw.
Ausflusspegeln sind, wie in Abbildung 9 zu erkennen, ebenfalls durch einen fallenden Trend

 11
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
 Historische Trends

gekennzeichnet. Ausnahmsweise ist aber im Zeitraum von 1964 bis 1988 eine Zunahme zu
beobachten [18].

Abbildung 9:Mittlere jährliche Abflüsse MQ(J) an den Pegeln Diepoldsau/Rhein und Neuhausen/Rhein, jeweils parti-
elle Mittelwerte und Trends bezogen auf Bruchpunkte in den Jahren 1909, 1941, 1964 und 1988 [18]

 Nach 1909 zeigen die mittleren Wasserstände aller drei Pegel im Bodensee im Winter-
halbjahr eine Zunahme von ca. 14 cm. Demgegenüber weisen die Wasserstände an denselben
Pegeln nach 1941, sowohl im Winter- als auch im Sommerhalbjahr, einen abnehmenden Trend
auf. Die mittleren Abflüsse der Hauptzuflusspegel und der Ausflusspegel repräsentieren nach
1909 im Winterhalbjahr einen deutlichen Anstieg von ca. 40 m³/s bzw. 58 m³/s und nach 1975
eine zusätzliche Zunahme von ca. 18 m³/s bzw. 26 m³/s. Im Gegensatz dazu zeigen dieselben
Abflüsse im Sommerhalbjahr eine prägnante Abnahme. Im Jahr 1941 steigt der Abfluss am
Pegel Diepoldsau/Rhein um ca. 16 m³/s und am Pegel Neuhausen-Flurlingerbrücke/Rhein um
ca. 34 m³/s an, wobei im Jahr 1988 eine weitere Abnahme von ca. 30 m³/s bzw. 37 m³/s deut-
lich ist [18].
 Aufgrund des alpinen Abflussregimes des Alpenrheins und des Bodensee Ausflusses
treten, wie schon erwähnt, die jährlichen Höchstwerte des Wasserstands und des Abflusses
fast ausschließlich im Sommerhalbjahr und die jeweiligen Niedrigstwerte im Winterhalbjahr auf.

12
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
Historische Trends

Während die mittleren Monatsabflüsse im Sommerhalbjahr generell sinkende Tendenzen zei-
gen, nehmen dieselben Werte im Winterhalbjahr zu. Dieselbe Situation ist auch bei den mittle-
ren Wasserständen zu beobachten. Folglich weisen die höchsten monatlichen Abflüsse und
Wasserstände im Sommerhalbjahr auch eine absteigende Tendenz auf, wobei die niedrigsten
Monatsabflüsse und –wasserstände im Winterhalbjahr eine zunehmende Tendenz zeigen [18].
 Für die Ermittlung des Langzeitverhaltens der Wasserstands-Differenzen des Boden-
sees wurden die mittleren Wasserstands-Differenzen des Pegels Konstanz und Berlingen, des
Pegels Konstanz und Stein-Burg, sowie des Pegels Berlingen und Stein-Burg für die Zeitspan-
ne 1888 bis 2007 untersucht. Wie in Abbildung 10 dargestellt zeigen sowohl die Wasserstands-
Differenzen zwischen den Pegeln Konstanz und Berlingen als auch zwischen Konstanz und
Stein-Burg über die gesamte Zeitspanne jeweils hochsignifikant absteigende Trends. Dagegen
weisen die Wasserstands-Differenzen zwischen den Pegeln Berlingen und Stein-Burg eine
stationäre (trendfreie) Zeitreihe. Die Auswertungen der obengenannten Untersuchungen zeigen
noch, dass die größten Veränderungen im Zeitraum von 1921 bis 1962 zwischen den Wasser-
ständen der Pegel Konstanz und Berlingen in Erscheinung treten. Während dieser Zeitspanne
steigen die mittleren jährlichen Wasserstands-Differenzen zwischen den beiden Pegeln um
knapp 10 cm. Die Abnahme beträgt im Sommerhalbjahr 5 cm und im Winterhalbjahr 14,9 cm.
Das entspricht ca. dem dreifachen Wert aus dem Sommerhalbjahr und somit sind die Verände-
rungen der Wasserspiegellagen zwischen den Pegeln Konstanz und Berlingen im Winterhalb-
jahr am größten [18].
 Bei der individuellen Betrachtung des Untersees und des Obersees ist zu beachten,
dass das saisonale Verhalten charakteristische Abweichungen aufweist. Im Zeitraum von 1886
bis 1930 betrug die durchschnittliche Differenz der Spiegellage der zwei Teilseen ca. 0,27 m,
wobei die Werte in den Monaten Mai bis Juli nur knapp 0,24m erreichten. Ab 1930 bis 2010
traten die gleichen Werte nur im Spätsommer auf und während der restlichen Monate des Jah-
res wurden nur knapp 0,20 m erreicht. Die jährlichen Wasserspiegelschankungen des Unter-
sees sind von den Jahreszeiten und den außergewöhnlichen Niederschlagsereignissen abhän-
gig. Seine Wasserspiegellage weist normalerweise im Februar/März ein Minimum und um die
Jahresmitte ein Maximum auf. Die Seespiegelvariatonen des Untersees hängen von denen des
Obersees ab, der über den Alpenrhein 97,5 % des jährlichen Zuflusses beisteuert. Im Untersee
als auch im Obersee nimmt seit 1930 die Bandbreite der jährlichen Wasserstandsschwankun-
gen stark ab (vgl. Abbildung 11). Die Tageswerte zeigen im Obersee eine ausgeprägte Saiso-
nalität. Während der Wintermonate bleibt seine Wasserspiegellage gleich oder nimmt leicht zu,
wobei sie im Sommer 5 mm bis 7 mm pro Jahr fällt [17].

 13
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
 Historische Trends

Abbildung 10:Differenzen der mittleren jährlichen Wasserstände MW(J) in [cm] zwischen den Pegeln Kon-
stanz/Bodensee(Obersee), Berlingen/Bodensee (Untersee) und Stein-Burg/Rhein für die Zeitspanne 1888 bis 2007
mit Mittelwert, Trend/Jahr und Bruchpunkt [18]

14
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
Künftige Trends und Klimaszenarien

Abbildung 11: Wochenmittelwerte der Wasserspiegel-Differenzen zwischen Obersee (Pegel Konstanz, PKN) und
Untersee (Pegel Berlingen, PBE) in der Periode 1886 bis 2010 (rote Linie). Das Polynom 5ten Grades (blaue Linie)
gibt das langjährige Trendverhalten wieder [19]

 2.2 Künftige Trends und Klimaszenarien

2.2.1 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das
 Rheineinzugsgebiet
 Da der Rhein durch verschiedene Klimaregionen fließt, werden die künftigen Klima-
trends und –szenarien für Österreich, Deutschland und die Schweiz beschrieben. Es wird eine
repräsentative Darstellung der Auswirkungen des globalen Klimawandels auf den Rhein be-
schrieben.
 Beginnend mit dem österreichischen Alpenraum ist zu erwähnen, dass aufgrund der
unterschiedlichen klimatischen Bedingungen seiner verschiedenen Regionen, ein räumlich sehr
inhomogener Verlauf des Klimawandels zu erwarten ist. Die Temperaturänderung zeigt in allen
Jahreszeiten einen ansteigenden Trend und zwar ist bis 2040 eine Zunahme von 1,9 °C im
Winter, 2,2 °C im Frühling, 2,3 °C im Sommer und 2,7 °C im Herbst abzusehen. Im Winter und
Frühling ist eine Niederschlagsvermehrung um 8,5 % bzw. 1,4 % für wahrscheinlich zu halten,
wobei im Sommer und Herbst eine Niederschlagsabnahme um 12,2% bzw. 13,8 % dem ge-
genüber steht. Außerdem ist damit zu rechnen, dass die Zahl und Häufigkeit der Hitzetage,
sowie extremen Temperaturen ansteigen werden [18].
 Die obengenannten Änderungen der meteorologischen Randbedingungen in der öster-
reichischen Alpenregion werden sich auf die hydrologischen Bedingungen hochalpiner Ein-
zugsgebiete auswirken. Damit ist das Abschmelzen der Gletscherflächen, eine geringere
Schneeakkumulation während der Wintermonate sowie ein früheres Einsetzen der Schnee-
schmelze im Frühjahr zu erwarten. Es ist noch abzusehen, dass die Winterabflüsse zunehmen
und die Sommerabflüsse abnehmen werden, wobei die Frühjahrsabflüsse unverändert bleiben
werden. Zusätzlich erhöht sich aufgrund der ansteigenden Temperaturen die Verdunstung, was
auch zu einer Abnahme der Abflüsse führt. Die zunehmenden Wintertemperaturen führen häu-
figer zu Regen- anstatt Schneeniederschlägen. Diese werden direkt abflusswirksam. Infolge-

 15
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
 Künftige Trends und Klimaszenarien

dessen wird eine geringere Schneedecke ausgebildet, die bis Ende des Frühlings erschöpft
wird. Anschließend werden sich die Niedrigwasserphasen der Wintermonate in den Spätherbst
verlagern [18].
 In der Schweiz zeigen die zu erwartenden Klimaveränderungen eine ähnliche Abfolge.
Bis 2050 sind längere Niedrigwasserphasen, sowie Hitze- und Trockensommer deutlich häufi-
ger und noch extremer zu erwarten. Die Niederschlagsereignisse werden im Sommer abneh-
men und im Winter zunehmen, wobei eine vermehrte Niederschlagsvariabilität bzw. –intensität
abzusehen ist. Während die durchschnittliche jährliche Niederschlagssumme um etwa 5 %
abnehmen wird, können sich die Schwankungen von Jahr zu Jahr oder von Monat zu Monat
noch verstärken. Aufgrund der zu erwartende Trockenheit und des verringerten Schmelzwas-
sers aus den Gletschern und den Schneereserven, wird die Wasserkraftproduktion in Fluss-
kraftwerken stark vermindert sein. Die Starkniederschläge die zurzeit alle 8-20 Jahre auftreten,
sind bis Ende des Jahrhunderts durchschnittlich alle 5 Jahre zu erwarten. Rund 75 % der Was-
sermassen (etwa 40 Kubikkilometer Wasser), die in Gletschern gespeichert sind, werden infol-
ge der ansteigenden Temperaturen und der im Winter häufigeren Regen- anstatt Schneenie-
derschlägen, abtransportiert. Die zunehmende Verdunstung wird das Abschmelzen der Glet-
scher beschleunigen. Die zu erwartenden Klima- bzw. Abflussänderungen werden zukünftig ein
erhöhetes Potential für Hochwasser, sowie eine (teilweise) massive Einschränkung der Trans-
portkapazität der Rheinschiffahrt im Sommer und Herbst verursachen [19].
 In Deutschland darf man zukünftig ebenfalls von ähnlichen Klimaveränderungen ausge-
hen. Es ist zu erwarten, dass bis Ende des 21. Jahrhunderts das Temperaturmaximum im Juli
und nicht Juni auftritt, wobei die Temperaturänderung einen prägnanten Anstieg im Winter und
Sommer aufweisen wird. Im Zeitraum 2070-2099 ist im Sommer eine deutliche Niederschlags-
abnahme sehr wahrscheinlich [12].
 Wie in Abbildung 12 ersichtlich ist, ist im Rheineinzugsgebiet abzusehen, dass die
Sommertemperaturen bis 2100 um ca. 3 °C zunehmen werden, wobei die Anzahl der Som-
mertagperioden auch deutlich ansteigen wird. Die Wintertemperatur wird ebenfalls ansteigen
und daraus wird eine deutliche Abnahme der Frost- bzw. Eistage folgen (siehe Abbildung 14)
[22]. Für eine Veranschaulichung der künftigen Trends und Klimaszenarien im Rheineinzugs-
gebiet werden im Folgenden die Ergebnisse der Szenarienberechnungen für die nahe (2021-
2050), sowie für die ferne Zukunft (2071-2100) dargestellt. Im Winterhalbjahr ist sowohl für die
nahe als auch für die ferne Zukunft ein Niederschlagsanstieg von 15 % bzw. 25 % zu erwarten.
Weiterhin zeigen die sommerlichen Niederschläge für die nahe Zukunft keine klare Tendenz,
wobei sie wahrscheinlich in der fernen Zukunft zwischen 10 % und 30 % abnehmen werden.
Außerdem sind die Tendenzen im Frühling und Herbst für die ferne Zukunft zunehmend. Wie in
Abbildung 13 zu erkennen, können die mittleren Jahresabflüsse an den Pegeln Kaub, Köln und
Lobith (Mittel- und Niederrhein) in der nahen Zukunft bis zu 15 % zunehmen. Für den durch-
schnittlichen Winterabfluss ist in der nahen und fernen Zukunft eine Vermehrung von 0-25 %
bzw. 5-40 % abzusehen. Im Gegensatz dazu, werden die Sommerabflüsse bis Ende des 21.
Jahrhunderts um -30 % bis -5 % absinken. Die mittleren Niedrigwasser- sowie Hochwasserab-
flüsse werden in ferner Zukunft im Laufe des hydrologischen Jahres früher erscheinen. Den-
noch zeigen die mittleren Niedrigwasserabflüsse für die nahe Zukunft eine zunehmende Ten-
denz von 5 %-15 %. An den Pegeln Basel und Kaub (Hoch- und Mittelrhein) sind für die ferne
Zukunft keine klaren Tendenzen abzusehen. Die mittleren Hochwasserabflüsse werden bis
Ende des 21. Jahrhunderts um 25 % zunehmen und die maximalen Hochwasserabflüsse wer-

16
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
Künftige Trends und Klimaszenarien

den sich vom Sommerhalbjahr ins Winterhalbjahr verschieben (vgl. Abbildung 13) [21]. Auf-
grund der Verminderung der Schneeniederschläge in den Alpen und der durch höhere Tempe-
raturen beschleunigten Schneeschmelze, ist anschließend im Rheineinzugsgebiet eine Verla-
gerung des Abflusses von Sommer zu Frühling abzusehen [22].

Abbildung 12: Szenario-Ergebnisse für das Rhein-Einzugsgebiet [22]

 17
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
 Künftige Trends und Klimaszenarien

Abbildung 13: Szenario-Ergebnisse für die mittlere Monatsabflüsse der Pegel Basel, Maxau, Worms, Kaub, Köln und
Lobith für die nahe und ferne Zukunft, im Vergleich zum Zeitraum von 1961-1990, schwarze Linie: mittlerer Abfluss
der Periode 1961-1990 als Referenz; braune Linie: Simulationsergebnisse [21]

18
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
Künftige Trends und Klimaszenarien

2.2.2 Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das
 Bodenseeeinzugsgebiet
 Aufgrund des Standorts des Bodensees werden im Folgenden die Auswirkungen des
Klimawandels auf Süddeutschland sowie der nördlichen Schweiz dargestellt werden. Somit
wird eine repräsentative Vorstellung der künftigen Trends und Klimaszenarien aufgewiesen.
 Die Prognosen zeigen für das Winterhalbjahr sowohl in Baden-Württemberg als auch in
der nördlichen Schweiz einen Anstieg der Tagesmitteltemperatur um 2 °C bzw. 1,8 °C, wobei
für die Niederschlagssummen auch eine Zunahme abzusehen ist. Die höchsten Vermehrungen
sind vor allem im Zeitraum von Dezember bis Februar zu erwarten. In Baden-Württemberg
werden sich die Frost- (Tmin < 0 °C) und die Eistage (Tmax < 0 °C) reduzieren. Im Sommer-
halbjahr ist in Baden-Württemberg und in der nördlichen Schweiz ebenfalls eine Zunahme der
Tagesmitteltemperatur um 1,4 °C bzw. 2,7 °C für wahrscheinlich zu halten. Während die Som-
mertage (Tmax > 25 °C) und die heißen Tage (Tmax > 30 °C) in Baden-Württemberg bis zum
Ende des 21. Jahrhunderts ansteigen werden, zeigen die Niederschlagssummen gleichblei-
bende oder geringfügig abnehmende Tendenzen. Inzwischen werden die Niederschlagssum-
men der nördlichen Schweiz in der Sommerperiode um ca. 17 % abnehmen [25]. Aufgrund des
verringerten Niederschlagsvolumen und der höheren Verdunstung ist in der Schweiz 10 % we-
niger Jahresabflussvolumen zu erwarten. In Bayern zeigen die sommerlichen Niederschläge
gering abnehmende Tendenzen, wobei die winterlichen Niederschlagssummen deutlich zu-
nehmen werden. Auf der Alpennordseite, sowie im süddeutschen Raum sind zukünftig wärme-
re und feuchtere Winter, und heißere und trocknere Sommer abzusehen. Während die Klima-
änderung sich künftig beschleunigen wird, weisen die Klimavariabilität und sowohl die Häufig-
keit als auch die Intensität von Extremereignissen eine ansteigende Tendenz auf [26]. Wie in
 Abbildung 14 gezeigt, ist
 eine Zunahme der mittle-
 ren Sommertemperaturen
 (Lage der Wahrscheinlich-
 keitsdichte), eine Erhö-
 hung der Variabilität der
 Sommertemperaturen
 (Breite der Wahrschein-
 lichkeitsdichte), sowie die
 Verlagerung der Gebiete,
 in denen Extremereignisse
 auftreten (Randbereiche)
 zu erwarten [26].
 Im Einzugsgebiet des
 Bodensees ist in den
 nächsten 20-50 Jahren im
 Vergleich zu 1990 eine
 Zunahme der Wintertem-
 peraturen um 1,8 °C und
 der jährlichen Nieder-
Abbildung 14:Verteilung der mittleren Sommertemperaturen für die Periode 1960-
 schlagssummen um 8 %
1989 sowie als Projektion für 2071-2099 [26]

 19
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
 Extremereignisse

zu erwarten. Dagegen sinken die sommerlichen Niederschlagssummen um etwa 17 % ab. Die
Hitze- und Dürreperioden steigen hier ebenfalls im Sommer an, wobei die Häufigkeit der Kälte-
perioden im Winter eine Abnahme aufweist. Aufgrund der Reduzierung der Schneedeckendau-
er in den tieferen und mittleren Lagen und des verminderten Gletschervolumens in den Hoch-
lagen, verringert sich die saisonale Wassespeicherkapazität und somit erhöht sich im Winter
die Hochwassergefahr. Die sommerliche Wasserführung der Alpenflüsse nimmt gleichfalls ab.
Der Monat mit dem höchsten Abfluss wird sich wahrscheinlich von der Jahresmitte in Richtung
April verschieben, während sich der Monat mit dem niedrigsten Abfluss vom Februar in den
September verlagern wird [26]. Es ist zu erwarten, dass bis 2050 zwei Drittel des Alpenglet-
schers verschwunden sein werden. Infolgedessen wird im Sommer und im Herbst weniger
Schmelzwasser durch die Gletscherbäche fließen und somit wird der sommerliche Niedrigwas-
serabfluss ansteigen [25].

 2.3 Extremereignisse

2.3.1 Extremereignisse Rhein
 Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden verschiedene Maßnahmen zur Regulierung des
Rheins realisiert. Diese hatten einen Einfluss auf den Abfluss. Aus diesem Grund werden im
Folgenden nur die letzten und wesentlichen Extremereignisse erwähnt.

2.3.1.1 Die wichtigste extreme Hochwasserereignisse
 In der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 1993 war im Bereich des Mittelrheins eine
extreme Hochwassersituation zu beobachten. Am 23.12 wurden am Pegel Andernach sowie
am Pegel Koblenz die höchsten jemals gemessenen Hochwasserstände registriert. Die an die-
sem Tag gemessenen Wasserstände erreichten 1051 cm bzw. 949 cm und lagen somit deut-
lich über den mittleren Wasserständen von 282 cm bzw. 234 cm sowie über dem höchsten
Schifffahrtswasserstand von 650 cm [26].
 Im gleichen Bereich und insbesondere am Pegel Köln kam es im Monat Januar des
Jahres 1995 zu einer extremen Hochwassersituation. Am 30.01 registrierte der Pegel 1069 cm
entsprechend 10900 m³/s (vgl. Tabelle 2) [27]. Die obengenannten Werte lagen kurz unter dem
am Pegel höchsten gemessenen Ereignis von 1070 cm entsprechend 11100 m³/s, welches zu
Anfang des Jahres 1926 auftrat [27] und gleichzeitig 748 cm über dem Mittelwasserstand von
321 cm (2060 m³/s) [26].
 Im Jahr 1999 traten in Bereichen des Rheins sowohl im Februar als auch im Mai Hoch-
wassersituationen auf. Aufgrund der extremen winterlichen Witterung waren im Januar und
Februar sowohl die Alpen, als auch die Mittelgebirge Süd- und Südwestdeutschlands stark mit
Schnee bedeckt. In der Teilstrecke des Hochrheins und zwar am Pegel Rheinfelden wurden
zwei dicht aufeinander folgende Abflussscheitel registriert. Diese entstanden vor allem durch
die Zuflüsse aus dem schweizer Einzugsgebiet. Der erste kleinere Scheitel wurde am 20. Feb-
ruar mit 447 cm entsprechend 2900 m³/s nachgewiesen und der zweite erreichte am 22. Feb-
ruar mit 558 cm (3580 m³/s) eine Jährlichkeit von ca. 10 Jahren. Aufgrund der ersten Hochr-
heinwelle wurde am 21. Februar am Pegel Maxau (Oberrhein), wie in Abbildung 15 gezeigt, ein
Hochwasserstand von 853 cm entsprechend 4170 m³/s verzeichnet. Die Differenz zu den mitt-

20
Charakterisierung der Hydrologie des Bodensees und des Rheinregimes
Extremereignisse

leren Monatswasserständen der Zeitperiode von 1987-1996 betrug ca.400 cm. Am Pegel Kaub
(Mittelrhein) stieg der Rheinscheitel durch den Zufluss der Nahe und vor allem der Mosel auf
718 cm (5920 m³/s) an. Damit erreichte der Abfluss der Rheinstrecke von Maxau bis Kaub
ebenfalls eine Jährlichkeit von ca. 10 Jahren. In Andernach wurde mit einem Abfluss von 7620
m³/s eine Jährlichkeit von etwa 5 Jahren erreicht. Anschließend war die Erhöhung des Abflus-
ses am Niederrhein nicht wesentlich und infolgedessen verursachte das Hochwasser am Hoch-
rhein kein Hochwasser am Niederrhein [30]. Das erste Hochwasserereignis des Jahres 1999
war im Vergleich zu dem zweiten nicht gravierend.
 Wegen der extremen Witterung und dem hohen Schmelzwasseranteil blieben die Was-
serstände des Oberrheins im März und April ebenfalls auf ungewöhnlich hohem Niveau. Vom
11.05 bis 14.05.1999 kam es in der nördlichen Schweiz zu ungewöhnlichen Niederschlagser-
eignisse. Währenddessen fiel am 12. Mai im Einzugsgebiet des Hochrheins zwischen Zürich
und St.Gallen über 100 l/m² Niederschlag. Am 21. und 22. Mai führte eine neue Witterung am
zentralen und östlichen Alpennordhang nochmals zu extremen Niederschlägen, die sich in
Vorarlberg und Südbayern konzentrierten. Im österreichischen Rheineinzugsgebiet von Bre-
genzer Ache und Ill waren von 18. bis 25. Mai bis zu 260 l/m² Niederschlag zu verzeichnen
[30]. In der Nordschweiz fanden mehrheitlich im Mai die extremsten Starkregenereignisse des
Jahrhunderts statt, wobei die Niederschlagssummen der von den Starkregenereignissen be-
troffenen Gebiete mehr als 250 % der normalen Mai-Regen-Menge betrugen [29].
 Durch die extremen Niederschlagereignisse im Gebiet des Alpen- und Hochrheins am
11. bis 14. Mai 1999 wurden die Nordschweiz, sowie der Oberrhein durch ungewöhnliche
Hochwasserereignisse geprägt. Die abflussreichsten Zuflüsse des Rheins waren die Aare und
die Thur mit Spitzenwerten von 1240 m³/s bzw. 1130 m³/s. Aufgrund des Zusammenflusses der
Glatt-Rheinfelden und Töss-Neftenbach kam es in Rheinfelden und Basel zu einem außeror-
dentlichen Hochwasser mit Abflüssen von 4550 m³/s bzw. 5090 m³/s [30]. Die mittleren Abflüs-
se der beiden Stationen liegen bei ca. 2822 m³/s bzw. 2858 m³/s (vgl. Tabelle 2) [31] und somit
war die Differenz der Hochwasserspitzen im Vergleich zu dem langjährigen Mittel mit 1728 m³/s
bzw. 2232 m³/s enorm. Außerdem war am 12. Mai am Pegel Rheinfelden mit 677 cm ein Jahr-
hunderthöchststand zu beobachten, wobei der Wasserstand innerhalb von 18 Stunden von 400
cm auf eine neue Rekordhöhe anstieg. Der Abfluss erreichte im Scheitel ca. 4900 m³/s und
eine Jährlichkeit von ca. 200 Jahren [30]. Bei Rhein-Rekingen, vor der Aare-Mündung, wurde
mit 2000m³/s der zweitgrößte Wert, etwas weniger als der Höchstwert von 1910 (2250 m³/s)
registriert [30]. Am Pegel Maxau war, wie in Abbildung 15 dargestellt, ein Scheitelwasserstand
von 884 cm mit ca. 4570 m³/s zu verzeichnen. Dies entsprach eine Jährlichkeit des Sommerer-
eignisses von 100 Jahren und lag deutlich über dem mittleren Abfluss von ca. 1260 m³/s (vgl.
Tabelle 2) [32] [30]. Die Wasserstände erreichten an den Pegeln Hauenstein (11,20 m), Rhein-
felden (6,80 m), Basel-Rheinhalle (10,58 m) und Plittersdorf (7,68 m) [32] in der Rheinstrecke
von Bodensee bis Karlsruhe-Maxau die höchsten je gemessenen Hochwasserstände. Da die
Zuflüsse von Main, Nahe, Lahn und Mosel keinen großen Einfluss auf die Abflusssituation des
Rheins ausgeübt haben, veränderten sich die Abflussverhältnisse zwischen Worms und Kob-
lenz nur unwesentlich [30]. Der Mittelrhein war nur örtlich im ufernahen Bereich beeinflusst und
der Niederrhein war nicht betroffen [11].

 21
Sie können auch lesen