Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation
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Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation Im Auftrag des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft Abteilung Oberflächengewässerwirtschaft Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Günter Blöschl Dipl.-Ing. Dr. techn. Thomas Nester TU Wien, Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie Wien, 20. Januar 2014
Inhaltsverzeichnis 1 Empfehlungen 7 1.1 Empfehlungen zur Evaluierung des Hochwasservorhersagemodells . . . . . . . . 7 1.1.1 Ist eine Nacheichung des Modells notwendig? . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1.2 Anwendbarkeit auf Ereignisse, die größer sind als alle beobachteten . . 8 1.1.3 Sind Frühwarnsysteme für weitere oberösterreichische Gewässer sinnvoll? 8 1.1.4 Wäre es sinnvoll, weitere zusätzliche meteorologische Prognosemodelle zu verwenden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1.5 Wäre es sinnvoll, die Totalisatoren im Hochgebirge deutlich auszubauen? 10 1.1.6 Wie kann sichergestellt werden, dass Abflussdaten im Vorhersagesystem vorhanden sind? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2 Empfehlungen zur Evaluierung der Internet-Kommunikation und Prognosesituation 10 1.2.1 Sollen zwischen Linz und Achleiten zusätzliche Pegel veröffentlicht werden? 10 1.2.2 Soll eine längere Vorhersage als 24 h veröffentlicht werden? Wie geht man mit Unsicherheiten um? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.2.3 Welche Art der Präsentation im Internet ist sinnvoll? . . . . . . . . . . 12 1.2.4 Wie kann das Auffinden der Informationen erleichtert werden? . . . . . 13 2 Projektteil 1: Evaluierung des Hochwasser-Vorhersagemodells 14 2.1 Beurteilung der für die Prognosen verwendeten Datenbasis . . . . . . . . . . . 15 2.1.1 Vergleich von Niederschlagsprognosen und beobachteten Niederschlägen 15 2.1.2 Vergleich von Temperaturprognosen und beobachteten Temperaturen . 19 2.1.3 Beurteilung der von Oberliegern übergebenen Prognosen . . . . . . . . 21 2.1.4 Hätten die Daten des Verbunds in der Datenlücke einen Mehrwert für die Prognosen ergeben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.2 Beurteilung der Hochwassermodellierung in den Einzugsgebieten . . . . . . . . 24 2.2.1 Beurteilung der Systemzustände des Modells: Schnee, Bodenfeuchte . . 24 2.2.2 Beurteilung der Abflussbildung und Abflusskonzentration . . . . . . . . 29 2.2.3 Nachführung des Modells an den aktuell beobachteten Abflussdaten . . 37 2.2.4 Waren die Modellparameter geeignet für das Ereignis 2013? . . . . . . 41 2.2.5 Beurteilung des Wellenablaufs an der Donau . . . . . . . . . . . . . . . 41 2.2.6 War der Kraftwerksbetrieb passend im Wellenablaufmodell abgebildet? . 44 2.3 Aussagen zur grundsätzlichen Eignung des Prognosemodells . . . . . . . . . . 45 3 Projektteil 2: Evaluierung der Internet-Kommunikation und Prognosesituation 47 3.1 Evaluierung der Website einschließlich der Hochwasserberichte . . . . . . . . . 47 3.1.1 Zugang zur Website des Hydrographischen Dienstes . . . . . . . . . . . 48 3.1.2 Website des Hydrographischen Dienstes Oberösterreich . . . . . . . . . 49 Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 3 3.1.3 Wie übersichtlich und verständlich ist die Website für Bürger? . . . . . 53 3.1.4 Vergleich mit Websites anderer Hydrographischer Dienste . . . . . . . . 55 3.2 Evaluierung der veröffentlichten numerischen Prognosen . . . . . . . . . . . . . 69 3.2.1 Hochwasserberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.2.2 Vergleich unterschiedlicher Prognosezeitpunkte bzw. Prognosefristen . . 73 3.3 Vergleich mit der Situation in Bayern, Sachsen und Niederösterreich . . . . . . 79 3.3.1 Präsentation der Prognosen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.3.2 Vergleich der Prognosemodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4 Zusammenfassung 88 Version vom 20. Januar 2014
Abbildungsverzeichnis 1.1 Niederschlagsverteilungen 1899, 1954, 2002 und 2013 . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Empfohlene Darstellung des Unsicherheitsbereiches . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.1 Niederschlagsverteilung vom 29. Mai bis 4. Juni 2013 . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Brixlegg . . . . . . . . . . 16 2.3 Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Mangfall . . . . . . . . . . 17 2.4 Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Rosenheim . . . . . . . . . 17 2.5 Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet der Tiroler Achen bzw. der Alz 18 2.6 Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Klaus . . . . . . . . . . . . 18 2.7 Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose am Inn . . . . . . . . . . . 20 2.8 Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose an der Salzach . . . . . . . 20 2.9 Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose an Mattig, Antiesen, Pram, Rott und bayr. Donau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.10 Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose, nördliche Donauzubringer in Oberösterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.11 Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose, südliche Donauzubringer in Oberösterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.12 Vergleich Temperaturbeobachtung und -prognose . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.13 Niederschlag und Temperatur im Gebiet Staudach/Tiroler Achen . . . . . . . . 25 2.14 Zeitlicher Verlauf des Schnee-Wasser-Äquivalents vor und während des Hochwassers 26 2.15 Bodenfeuchte in Bayern am 31. Mai 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.16 Zeitlicher Verlauf der Bodenfeuchte vor und während des Hochwassers . . . . . 28 2.17 Abflussbildung und -konzentration an der Mangfall . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.18 Abflussbildung und -konzentration an der Mangfall . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.19 Abflussbildung und -konzentration am Inn, Pegel Rosenheim . . . . . . . . . . 32 2.20 Abflussbildung und -konzentration am Inn, Pegel Wasserburg . . . . . . . . . . 33 2.21 Abflussbildung und -konzentration an der Salzach, Pegel Golling . . . . . . . . 34 2.22 Abflussbildung und -konzentration an der Saalach, Pegel Siezenheim . . . . . . 34 2.23 Abflussbildung und -konzentration am Inn, Pegel Schärding . . . . . . . . . . . 35 2.24 Abflussbildung und -konzentration an der Alm, Pegel Penningersteg . . . . . . 35 2.25 Abflussbildung und -konzentration an der Traun, Pegel Wels . . . . . . . . . . 36 2.26 Abflussbildung und -konzentration an der Enns, Pegel Steyr-Ortskai . . . . . . 36 2.27 Nachführung an der Mangfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.28 Nachführung an der Salzach, Pegel Golling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.29 Nachführung an der Saalach, Pegel Siezenheim . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.30 Nachführung am Inn, Pegel Schärding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.31 Nachführung an der Traun, Pegel Wels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 5 2.32 Nachführung an der Enns, Pegel Steyr-Ortskai . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2.33 Vergleich interne und externe Prognosen, Pegel Achleiten . . . . . . . . . . . . 42 2.34 Vergleich interne und externe Prognosen, Pegel Linz . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.35 Vergleich interne und externe Prognosen, Pegel Mauthausen . . . . . . . . . . 43 2.36 Vergleich interne und externe Prognosen, Pegel Grein . . . . . . . . . . . . . . 44 3.1 Übersichtskarte von Oberösterreich mit Pegelstationen . . . . . . . . . . . . . 50 3.2 Wasserstandsganglinie Visualisierung HD OÖ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.3 Wasserstandsganglinie Visualisierung Firma Bogner & Lehner . . . . . . . . . . 52 3.4 Wasserstandsganglinie Visualisierung Firma Ott . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.5 Kontakt zum HD Oberösterreich, Telefonnummern, Fax, E-Mail . . . . . . . . 54 3.6 Darstellung von Ganglinien beim LWBA Vorarlberg . . . . . . . . . . . . . . . 56 3.7 Darstellung von Ganglinien beim HD Tirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3.8 Darstellung von Ganglinien beim HD Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3.9 Darstellung von Prognosen beim HD Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.10 Darstellung von Ganglinien beim HD Steiermark . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3.11 Darstellung von Ganglinien beim HD Niederösterreich . . . . . . . . . . . . . . 61 3.12 Darstellung von Ganglinien beim HD Kärnten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3.13 Darstellung von Ganglinien beim HND Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.14 Darstellung von Ganglinien beim Hochwasserzentrum Sachsen . . . . . . . . . 65 3.15 Darstellung von Ganglinien beim HVZ Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . 66 3.16 Publizierte und rekonstruierte Prognose am Pegel Linz/Donau am 04. Juni 2013. 73 3.17 Auswertung von Prognosen am Pegel Schärding – Erstellungszeitpunkt . . . . . 74 3.18 Auswertung von Prognosen am Pegel Linz – Erstellungszeitpunkt . . . . . . . . 75 3.19 Auswertung von Prognosen am Pegel Mauthausen – Erstellungszeitpunkt . . . 76 3.20 Auswertung von Prognosen am Pegel Grein – Erstellungszeitpunkt . . . . . . . 76 3.21 Auswertung von Prognosen am Pegel Schärding – Veröffentlichungszeitpunkt . 77 3.22 Auswertung von Prognosen am Pegel Linz – Veröffentlichungszeitpunkt . . . . 77 3.23 Auswertung von Prognosen am Pegel Mauthausen – Veröffentlichungszeitpunkt 78 3.24 Auswertung von Prognosen am Pegel Grein – Veröffentlichungszeitpunkt . . . . 78 3.25 HND Bayern - Startseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.26 HND Bayern - Detailkarte Inn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.27 HND Bayern - Prognose am Pegel Wasserburg/Inn . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.28 HD NÖ - Kartendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.29 HD NÖ - Graphische Darstellung der Vorhersage . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3.30 HD OÖ - Kartendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.31 HD OÖ - Graphische Darstellung der Vorhersage . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Version vom 20. Januar 2014
Tabellenverzeichnis 2.1 In FEWS verfügbare Abflussdaten Mai/Juni 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3.1 Präsentation der hydrographischen Daten im Internet (1) . . . . . . . . . . . . 67 3.2 Präsentation der hydrographischen Daten im Internet (2) . . . . . . . . . . . . 68 3.3 Veröffentlichte Hochwasserberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3.4 Entwicklung der Prognosen der Hochwasserscheitel an den Vorhersagepegeln . 72 3.5 Entwicklung der Prognosen des Auftretenszeitpunktes des Hochwasserscheitels an Vorhersagepegeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3.6 Vergleich der Prognosemodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3.7 Anzahl der Pegel mit Vorhersagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Version vom 20. Januar 2014
1 Empfehlungen 1.1 Empfehlungen zur Evaluierung des Hochwasservorhersagemodells Auf Basis der Analysen in den Kapiteln 2.1 bis 2.3 werden die folgenden Empfehlungen gegeben: 1.1.1 Ist eine Nacheichung des Modells notwendig? Während des Hochwassers im Juni 2013 wurden die maximal zu erwartenden Wasserstände bereits frühzeitig genau vorhergesagt. Bereits 47 Stunden vor dem Auftreten des Scheitelswertes wurde z. B. am Pegel Linz der Wasserstand mit einer Genauigkeit von 7 cm vorhersagt. Der Zeitpunkt des Auftretens des maximalen Wasserstandes wurde hingegen zu früh vorhergesagt. Mit fortlaufender Zeit und zusätzlichen Informationen wurde der Auftretenszeitpunkt des Scheitels genauer eingeschätzt (Tabellen 3.4 und 3.5). Die Abweichungen im Zeitpunkt des prognostizierten Scheitelabflusses ist vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen: (a) Wellenablauf (b) prognostizierter Niederschlag (a) Der Wellenablauf ist im hydrodynamischen Modell gut abgebildet, Analysen haben aber gezeigt, dass der Einfluss der Vorländer stärker war als durch das Modell vorhergesagt (Kapi- tel 2.2.5). Dadurch wurde der Zeitpunkt des Scheitels zu früh vorhergesagt. Eine Überprüfung und Anpassung der Parameter in den Vorländern (z. B. Eferdinger Becken) für die extremen Abflüsse im Juni 2013 scheint daher sinnvoll. (b) Die meteorologischen Prognosen während des Hochwassers im Juni 2013 haben in den Einzugsgebieten nördlich der Alpen für lange Vorhersagefristen den Niederschlag sehr stark unterschätzt, was zu Abweichungen in den prognostizierten Zeitpunkten des Scheitels führte (Kapitel 2.1.1). Für die hydrodynamische Modellierung der Donau sind die Einzugsgebiete an Inn, Salzach und dem bayrischen Einzugsgebiet der Donau als Einfangswerte sehr wichtig. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse ist zu empfehlen, die Parameter des hydrologischen Modells v. a. in diesen Gebieten, die auch beim Hochwasser 2013 sehr stark vom Niederschlag betroffen waren, Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 8 zu überprüfen und zu korrigieren, da für die Extremsituation während des Hochwassers 2013 gewisse Abweichungen auftraten. Die weiter östlich liegenden Gebiete wie Traun und Enns wurden beim Hochwasser 2013 vom Modell gut simuliert, aber auch hier sollten im Zuge einer Nacheichung die Parameter überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Für eine Nacheichung ist ein konsistenter und möglichst vollständiger Datensatz erforderlich. Abflussdaten müssen als Stundendaten mit möglichst wenigen fehlenden Werten für alle im Modell verwendeten Pegel vorhanden sein. Abflussdaten müssen vor einer Nacheichung grob auf Messfehler überprüft werden. Niederschlags- und Temperaturdaten sollten vor einer Nacheichung ebenfalls überprüft werden und gegebenenfalls korrigiert werden, da unterschiedliche Datensätze z. T. deutlich unterschiedliche Werte enthielten (siehe Kapitel 2.2.2). 1.1.2 Anwendbarkeit auf Ereignisse, die größer sind als alle beobachteten Am Pegel Achleiten ist es aufgrund des Pegelschlüssels im Hochwasservorhersagesystem zu numerischen Problemen gekommen, die sich negativ auf die Vorhersagen ausgewirkt haben (siehe Kapitel 2.2.5). Daher muss nach einer Nacheichung des Modells das Gesamtsystem unbedingt getestet werden, um solche numerischen Probleme in den Modellen zukünftig ausschließen zu können und um zu gewährleisten, dass die Modelle auch bei viel stärkeren Niederschlägen plausible Vorhersagen liefern. Es bietet sich an, flächendeckend starke Niederschläge als Input in das hydrologische Modell und die Ergebnisse des hydrologischen Modelles anschließend im hydrodynamischen Modell zu verwenden. Ausgehend von verschiedenen Systemzuständen (sehr trocken, trocken, feucht, sehr feucht) können die Auswirkungen von Niederschlägen in der Größenordnung der Ereignisse 1899, 1954, 2002 und 2013 (siehe Abbildung 1.1) untersucht werden sowie Szenarien mit um 50% höheren Niederschlägen. 1.1.3 Sind Frühwarnsysteme für weitere oberösterreichische Gewässer sinnvoll? Grundsätzlich sind Frühwarnsysteme für weitere Gewässer zu begrüßen. Bestehende Modelle können für zusätzliche Pegelstationen verfeinert und nach einer Anpassung der Parameter für die Teileinzugsgebiete für Vorhersagen verwendet werden. Als Orientierungshilfe für Anlieger der Zubringer zur Donau und zum Inn stellen Frühwarnsysteme in kleinen und mittleren Gebieten eine wertvolle Information dar. Mit abnehmender Größe der Gebiete und damit verbunden einer kürzeren Fließlänge im Gerinne wird die mögliche Vorhersagefrist allerdings kürzer. Daher ergeben sich kürzere sinnvolle Prognosefristen als für die Donau. Die kürzeren sinnvollen Prognosefristen sind bei der Kommunikation der Vorhersagen zu berücksichtigen. Wie in Tabelle 3.7 ausgeführt, werden auch in Bayern, Sachsen und in Niederösterreich Vorhersagen für mittlere Gebietsgrößen erstellt und publiziert. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 9 Abbildung 1.1: Niederschlagsverteilungen 1899, 1954, 2002 und 2013. Aus Blöschl et al. (2013a) Vor der Veröffentlichung von Prognosen sind die Prognosen einer Prüfung auf Zuverlässigkeit zu unterziehen. 1.1.4 Wäre es sinnvoll, weitere zusätzliche meteorologische Prognosemodelle zu verwenden? Der Niederschlag ist eine maßgebende Komponente bei der Vorhersage von Abflüssen. Je nach atmosphärischer Situation sind dabei von den Wettermodellen unterschiedlich gute Niederschlagsprognosen zu erwarten (siehe Kapitel 2.1.1). Die Vorhersagen der ZAMG sind als sehr gut einzuschätzen, aber situationsbedingt kann es zu Unter- und auch Überschätzungen kommen. Anzudenken wäre eventuell die Verwendung der Vorhersagen des DWD, wobei mehrere Faktoren zu bedenken sind: • Durch zusätzliche meteorologische Prognosen wird das Hochwasservorhersagesystem noch komplexer und unübersichtlicher. • Je nach meteorologischer Situation können die Wettermodelle der verschiedenen Anbieter unterschiedlich gute Prognosen liefern. • Das hydrologische Modell benötigt die Eingangsdaten in einem genau definierten Format, was bei der Implementierung zu beachten ist. Vor einer eventuellen Implementierung zusätzlicher meteorologischer Prognosemodelle ist aber in einem Projekt unbedingt zu überprüfen, ob sich die Qualität der hydrologischen Prognosen durch die Verwendung der zusätzlichen Daten verbessern würde. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 10 1.1.5 Wäre es sinnvoll, die Totalisatoren im Hochgebirge deutlich auszubauen? Totalisatoren werden zur Bestimmung der Wasserbilanz für lange Bemessungszeiträume (Monate, Vierteljahre) verwendet. Die Wasserbilanz kann bereits mit den vorhandene Niederschlagsmess- stationen gut abgeschätzt werden. Sofern die Totalisatoren nicht in Echtzeit fernübertragen sind, scheint ein Ausbau der Geräte nicht maßgeblich zu sein. 1.1.6 Wie kann sichergestellt werden, dass Abflussdaten im Vorhersagesystem vorhanden sind? Das Vorhandensein von Abflussdaten ist für die Vorhersage, speziell im Hochwasserfall, sehr wichtig, da von diesen Daten die Nachführung des Modells aber auch das Wellenablaufmodell abhängt. Es wird daher dringend empfohlen, alle Pegelmessungen und Übertragungsleitungen, die für die Hochwasserprognose verwendet werden, redundant auszulegen, um damit Datenausfälle möglichst zu vermeiden. Dies erfolgt auch in den anderen betrachteten hydrographischen Diensten. Weiters ist anzuraten, die Abflussdaten vor dem Import in das Vorhersagesystem mit Prüfalgo- rithmen auf Plausibilität und Konsistenz zu überprüfen. 1.2 Empfehlungen zur Evaluierung der Internet-Kommunikation und Prognosesituation Auf Basis der Analysen in den Kapiteln 3.1 bis 3.3 werden die folgenden Empfehlungen gegeben: 1.2.1 Sollen zwischen Linz und Achleiten zusätzliche Pegel veröffentlicht werden? Während des Hochwassers im Juni 2013 wurden an der oberösterreichischen Donau beobachtete Wasserstände der Pegel Achleiten, Linz, Mauthausen und Grein veröffentlicht. Damit waren zwischen Achleiten und Linz (etwa 90 Flusskilometer) keine Informationen über Wasserstände auf der Homepage des Hydrographischen Dienstes verfügbar. Die Laufzeit der Hochwasserwelle für diese Strecke beträgt etwa 12 Stunden. Prognostizierte Wasserstände wurden an der Donau an den Pegeln Linz, Mauthausen und Grein veröffentlicht. In der Zwischenzeit werden auf der Homepage des Hydrographischen Dienstes Oberösterreich zwischen Achleiten und Linz beobachtete Wasserstände von zwei zusätzlichen Pegeln (Engel- hartszell und Wilhering) veröffentlicht, bei den Hochwasservorhersagen werden (noch) keine zusätzlichen Pegelstationen veröffentlicht. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 11 Eine Erweiterung der Anzahl der publizierten Pegel ist zu empfehlen. Dies betrifft zum einen die Publikation der gemessenen Wasserstände, zum anderen auch die Publikation von Hochwasser- prognosen. Wie bei der Übertragung von Pegeldaten ist auch in diesem Fall eine hohe Qualität der Prozesse sicherzustellen, um eine gute Prognosegüte für diese Pegel zu gewährleisten. Die Aufwertung existierender Pegel gegenüber der Einrichtung neuer Pegel wird daher prioritär gesehen und ist auf jeden Fall durchzuführen. Grundsätzlich sind auch Frühwarnsysteme für weitere Gewässer zu begrüßen. Bestehende Modelle können für zusätzliche Pegelstationen verfeinert und nach einer Anpassung der Parameter für die Teileinzugsgebiete für Vorhersagen verwendet werden. Als Orientierungshilfe für Anlieger in Zubringern zur Donau und zum Inn stellen Frühwarnsysteme in kleinen und mittleren Gebieten eine wertvolle Information dar (siehe Kapitel 1.1.3). 1.2.2 Soll eine längere Vorhersage als 24 h veröffentlicht werden? Wie geht man mit Unsicherheiten um? Die Länge der veröffentlichten Prognosefrist hängt vor allem von der Größe der Einzugsgebiete und der Fließlänge im Gerinne ab. Dies wird auch in der Praxis so gehandhabt, wie die publizierte Vorhersagefrist z. B. beim HD Niederösterreich zeigt: für kleine Einzugsgebiete werden 12 Stunden publiziert, für Pegel an der Donau bis zu 48 Stunden. Bei den Vorhersagen in den kleinen Einzugsgebieten publiziert der HD Niederösterreich die Vorhersagen als Bereich zwischen z. B. MQ und HQ1 oder zwischen HQ1 und HQ5, während bei den größeren Gebieten Ganglinien mit einem Streubereich publiziert werden. Sollen längere Vorhersagen veröffentlicht werden, müssen die mit Vorhersagen einhergehenden Unsicherheiten ebenfalls kommuniziert werden. In Oberösterreich werden für Pegel an der Donau Prognosen in der Form von Ganglinien bis 24 Stunden bereits veröffentlicht. Eine Verlängerung der publizierten Vorhersagefrist auf 48 Stunden ist zu empfehlen, wenn die Unsicherheiten der Prognosen als Streubereich dargestellt und erklärt werden. In kleinen und mittleren Einzugsgebieten ist eine kürzere Vorhersagefrist zu empfehlen. Vor der Veröffentlichung von Vorhersagen in kleinen und mittleren Einzugsgebiete Vorhersagen ist die Zuverlässigkeit der Prognosen über eine längere Vorhersagefrist auf jeden Fall zu überprüfen. Eine Empfehlung zur besseren Abschätzung der Wellenlaufzeiten ist die Implementierung eines Modelllaufes nur mit beobachteten Abflussdaten ohne meteorologischen Input, wie es auch bei der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg verwendet wird (Abbildung 3.15). Dadurch ist eine kurzfristige Abschätzung der zukünftigen Entwicklung des Abflusses auf Basis bereits gemessener Abflussdaten möglich. Allerdings muss durch redundante Auslegung der Pegel und Übertragungsleitungen sichergestellt sein, dass die Abflussdaten der Oberliegerpegel im System vorhanden sind. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 12 1.2.3 Welche Art der Präsentation im Internet ist sinnvoll? Der in den Abschnitten 3.1.4 und 3.3.1 gezeigte Vergleich von Websites der Hydrographischen Dienste Österreichs, des Hochwassernachrichtendienstes Bayern sowie der Hochwasservorhersa- gezentrale Baden-Württemberg gibt einen Überblick über die Möglichkeiten der Präsentation von gemessenen Werten und von Vorhersagen im Internet. Für die Publikation von beobachteten Daten und Vorhersagen ist die Orientierung an der Website des HND Bayern zu empfehlen (siehe Abbildungen 3.25 bis 3.27): Allgemeines Empfohlen wird auf der Startseite eine Übersichtskarte mit gekennzeichneten Pegeln zu ver- wenden, die mit mehreren Zoomstufen vergrößert werden kann. Die Pegel sind als farblich gekennzeichnete Symbole zu kennzeichnen, wobei die Farbe einen Hinweis auf den Wasserstand bzw. Abfluss gibt. Weiters ist zu empfehlen, bei jedem Pegel ein Mouseover vorzusehen, das den Namen der Station sowie die aktuellen Werte (und/oder eine Ganglinie der letzten 3 Tage) anzeigt. Beim Klick auf die Pegelstation soll sich ein Fenster mit einer Ganglinie öffnen, außerdem sollen Informationen über den Pegel/das Einzugsgebiet, Kenngrößen, . . . übersichtlich dargestellt bzw. verlinkt sein. Die anderen Parameter wie Niederschlag, Temperatur und Schnee sollen ähnlich dargestellt wie die Wasserstände und Abflüsse werden. Vorhersagen Für die Darstellung der Vorhersagen wird empfohlen, ebenfalls eine Übersichtskarte zu verwenden, sodass bereits beim Öffnen der Website auf den ersten Blick zu sehen ist, ob und in welchem Einzugsgebiet Hochwassergefahr herrscht (siehe HND Bayern, HVZ Baden-Württemberg; Kapitel 3.1.4). Es wird empfohlen, die publizierte Vorhersagefrist soll je nach Gebietsgröße und meteorologischer Situation zu wählen, wobei für Pegel an der Donau eine Vorhersagefrist von 48 Stunden vorzusehen ist. Vorhersagen über diesen Zeitraum hinaus (z. B. 7 Tage) können als Trend bezeichnet werden. Eine Darstellung des Unsicherheitsbereiches ist anzuraten, speziell für lange Vorhersagefristen. Die Darstellung der Ganglinien soll ähnlich den Ganglinien der beobachteten Wasserstände/ Abflüsse erfolgen. Zusätzlich zu den deterministischen Prognosen sollen auch die Ensemblevor- hersagen veröffentlicht werden. In der Darstellung soll auch ein Bezug zu den letzten großen Hochwässern (z. B. Wasserstand 2002 und 2013) und zu statistischen Werten (z. B. HQ50, HQ100) hergestellt werden. Die zur Darstellung gewählten Farben müssen sowohl im Diagramm als auch in der Legende eindeutig erkennbar und unterscheidbar sein, die Achsenbeschriftung muss lesbar sein. Eine Möglichkeit der Darstellung des Unsicherheitsbereiches bei Vorhersagen wird in Abbildung 1.2 dargestellt. Der aus den Ensemblevorhersagen abgeleitete Unsicherheits- bereich wird mit einem farblichen Verlauf (hier hellblau-dunkelblau-hellblau) dargestellt, wobei gilt, je dunkler, desto wahrscheinlicher ist der Wert. Auch der Bezug zu statistischen Werten wird in dieser Abbildung angedeutet. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 13 Abbildung 1.2: Empfohlene Darstellung des Unsicherheitsbereiches (blaue Fläche) 1.2.4 Wie kann das Auffinden der Informationen erleichtert werden? Je einfacher und klarer die Webadresse, desto einfacher können die Informationen im In- ternet gefunden werden und desto leichter kann man sich die Webadressen merken, auch wenn sie nicht abgespeichert sind. Daher ist eine Webadresse wie z. B. http://www.hvz. baden-wuerttemberg.de, http://www.hnd.bayern.de oder http://wasser.ktn.gv.at zu bevorzugen. Eine einfache Webadresse ist bereits durch http://www.land-oberoesterreich.gv.at/ hydro (auch die Adresse http://www.ooe.gv.at/hydro funktioniert) vorhanden. Es muss gewährleistet sein, dass genau diese Adresse bei einer Google-Suche nach Hochwasser, ” Oberösterreich“ als erstes Ergebnis angezeigt wird. Auch auf der Homepage des Landes müssen bei einer Suche nach Hochwasser die aktuellen Wasserstände und Vorhersagen als erstes aufscheinen. Eine Möglichkeit, diese Adresse bekannt zu machen, ist, den Link in E-Mails und in offiziellen Aussendungen zu verwenden und somit bekannt zu machen. Für das Aufrufen der Website auf Smartphones ist eine kurze und prägnante Webadresse ebenfalls empfehlenswert. Dazu ist die Kompatibilität der Website mit Smartphones notwendig. Von den analyisierten Dienststellen bietet einzig das HND Bayern eine für Smartphones optimierte Website an (m.hnd.bayern.de). Version vom 20. Januar 2014
2 Projektteil 1: Evaluierung des Hochwasser- Vorhersagemodells Ziel der Studie Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommuni- kation ist es, die Güte der Hochwasserprognosen während des Hochwasserereignisses im Juni 2013 zu evaluieren, Empfehlungen für die weitere Vorgangsweise zu geben und die Präsentation der Prognosen in Internet im Vergleich zu anderen Diensten zu beurteilen. Der erste Teil des Berichts beinhaltet die Evaluierung des Hochwasservorhersagemodells hin- sichtlich der unten angeführten Punkte: (a) Beurteilung der für die Prognosen verwendeten Datenbasis: Wie stimmen Niederschlags- prognosen mit analysierten Niederschlagsdaten überein? Welche Daten sind im Modell vorhanden, wie gut sind die von Oberliegern übergebenen Prognosen? Hätten die Da- ten des Verbunds in der Datenlücke einen Mehrwert für die Prognosen ergeben? Die Ergebnisse sind in Kapitel 2.1 zusammengefasst. (b) Beurteilung der Hochwassermodellierung in den Einzugsgebieten: Wie gut waren die Pro- gnosen des hydrologischen Modelles? Die Systemzustände wie Schnee und Bodenfeuchte werden ebenso analysiert und beurteilt wie die Anstiegszeit und die vorhergesagten Schei- telwerte. Wie gut hat die Nachführung an aktuell beobachteten Abflussdaten funktioniert? Waren die Modellparameter geeignet für das Ereignis im Juni 2013? Der Wellenablauf an der Donau (hydrodynamisches Modell) soll beurteilt werden, sind die Kraftwerke passend im Wellenablaufmodell abgebildet? Die Evalierung der Hochwassermodellierung ist in Kapitel 2.2 zu finden. (c) Aussagen zur grundsätzlichen Eignung des Prognosemodells: Die Frage, ob das Modell dem aktuellen Stand der Technik entspricht, wird in Kapitel 2.3 beantwortet. (d) Am Ende des ersten Teiles des Berichtes werden in Kapitel 1.1 Empfehlungen gegeben: Ist eine Nacheichung des Modells auf Basis der neuen Daten notwendig? Kann das Hochwasservorhersagesystem auf Ereignisse, die größer sind als die bisher beobachteten, angewandt werden? Sind Frühwarnsysteme für weitere oberösterreichische Gewässer sinnvoll? Wäre es im Zusammenhang mit dem hydrographischen Prognosemodell sinnvoll, weitere zusätzliche meteorologische Prognosemodelle zu verwenden? Wäre es sinnvoll, die Totalisatoren im Hochgebirge deutlich auszubauen? Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 15 2.1 Beurteilung der für die Prognosen verwendeten Datenbasis Die Datenbasis für die Analyse des Hochwasservorhersagesystems wurde vom Hydrographischen Dienst Oberösterreich bereitgestellt. Es handelt sich dabei um eine Stand-Alone-Version des Vorhersagesystems FEWS sowie diversen Datenbanken, die in FEWS importiert werden können. Die Datenbanken sind zu verschiedenen Zeitpunkten archivierte Datenbestände aus dem Vorhersagesystem, wobei alle Daten in der Datenbank zum Zeitpunkt der Vorhersagen vorhanden waren und keine zusätzlichen Daten nach Erteilung des Auftrags in die Datenbank aufgenommen worden sind. Die für die Analysen verwendete Datenbank war jene vom 8. Juni 2013, alle anderen Datenbanken enthielten keine zusätzlichen relevanten Daten. Aufgrund der sehr kleinen Archivierungskapazität beim HD Oberösterreich wurden die meteorologischen Daten vom Hydrographischen Dienst Niederösterreich, der die Eingangsdaten in das Modell täglich archiviert, bereitgestellt. Alle Aussagen beziehen sich auf diese Datenbasis, sofern nicht anders angeführt. 2.1.1 Vergleich von Niederschlagsprognosen und beobachteten Niederschlägen Die stärksten Niederschläge während des Hochwassers im Juni 2013 sind im Gebiet der Tiroler Achen und der Mangfall sowie bei Salzburg aufgetreten (siehe Abbildung 2.1). Abbildung 2.1: Niederschlagsverteilung vom 29. Mai bis 4. Juni 2013, nach Blöschl et al. (2013a,b) Der Vergleich der Niederschlagsprognosen und der beobachteten Niederschläge wurde daher hauptsächlich in diesem Gebiet durchgeführt, wenngleich auch andere Gebiete in Oberösterreich analysiert wurden. Die Analyse erfolgt auf Basis der im hydrologischen Modell verwendeten Gebietsniederschläge, die von der ZAMG für die Hochwasservorhersage zur Verfügung ge- stellt werden. Für jeden Vorhersagezeitpunkt wurden aus den Stundenwerten 6 h, 12 h, 24 h Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 16 und 48 h-Summen berechnet und diese den korrespondierenden Summen aus beobachteten Gebietsniederschlägen gegenübergestellt. Dabei ist zu berücksichtigten, dass die Gebietsnieder- schläge ein gemittelter Niederschlagswert in einem Teileinzugsgebiet sind und somit einzelne Niederschlagsstationen nicht in den Werten enthalten sein müssen. Die folgenden Abbildungen geben einen Überblick über die Niederschlagsprognosen sowie die -beobachtungen. Die 4 Teilabbildungen zeigen jeweils die 6 h, 12 h, 24 h und 48 h-Summen der Niederschlagsprognosen (rote Linien) und -beobachtungen (blaue Linien) sowie der Unterschiede zwischen Beobachtung und Vorhersage (blaue Linien im oberen Teil der Abbildungen). Der dargestellte Zeitraum ist jeweils der 1. Mai 2013 bis zum 10. Juni 2013. Abbildung 2.2 zeigt die Niederschlagssummen im Teileinzugsgebiet zwischen Innsbruck und Brixlegg (rund 2220 km2 , südlich des Alpenhauptkammes). Die Unterschiede zwischen den 6 h und 12 h-Summen der Prognosen und Beobachtungen sind im Mai relativ gering, während des Hochwassers sind die Differenzen in der Größenordnung von 20 mm. Auch die 24 h und 48 h-Summen wurden in diesem Gebiet sehr gut vorhergesagt, die Differenzen während des Hochwassers sind in der selben Größenordung wie bei den 6 h und 12 h-Summen. Gebiet: Brixlegg Gebietsgröße: 2710.5 km² Vorhersagefrist 6h Vorhersagefrist 12h 50 50 40 40 delta delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 100 100 observed forecasted 80 80 Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Vorhersagefrist 24h Vorhersagefrist 48h 50 50 40 40 delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 100 100 80 80 Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Abbildung 2.2: Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Brixlegg Im Gebiet der Mangfall (Gebietsgröße rund 1100 km2 , nördlich des Alpenhauptkammes) sind die Differenzen deutlich größer, die beobachteten Niederschläge werden deutlich unterschätzt (Abbildung 2.3). Während die Differenz bei der 6 h-Summe in der selben Größenordung wie im Gebiet Brixlegg liegt, sind bereits ab der 12 h-Summe während des Hochwassers Differenzen von mehr als 50 mm zwischen Beobachtung und Vorhersage zu erkennen. Bei der 48 h-Summe sind die beobachteten Niederschläge um das Doppelte höher als die vorhergesagten Niederschläge. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 17 Gebiet: Mangfall Gebietsgröße: 1099.3 km² Vorhersagefrist 6h Vorhersagefrist 12h 50 50 40 40 delta delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 240 240 220 220 observed 200 200 forecasted Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 180 180 160 160 140 140 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Vorhersagefrist 24h Vorhersagefrist 48h 50 50 40 40 delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 240 240 220 220 200 200 Niederschlag (mm) 180 Niederschlag (mm) 180 160 160 140 140 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Abbildung 2.3: Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Mangfall Gebiet: Rosenheim Gebietsgröße: 1683.8 km² Vorhersagefrist 6h Vorhersagefrist 12h 50 50 40 40 delta delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 180 180 observed 160 160 forecasted Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 140 140 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Vorhersagefrist 24h Vorhersagefrist 48h 50 50 40 40 delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 180 180 160 160 Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 140 140 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Abbildung 2.4: Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Rosenheim Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 18 Gebiet: Burgkirchen Gebietsgröße: 2221.9 km² Vorhersagefrist 6h Vorhersagefrist 12h 50 50 40 40 delta delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 180 180 observed 160 160 forecasted Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 140 140 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Vorhersagefrist 24h Vorhersagefrist 48h 50 50 40 40 delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 180 180 160 160 Niederschlag (mm) 140 Niederschlag (mm) 140 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Abbildung 2.5: Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet der Tiroler Achen bzw. der Alz Gebiet: Klaus Gebietsgröße: 542.3 km² Vorhersagefrist 6h Vorhersagefrist 12h 50 50 40 40 delta delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 100 100 observed forecasted 80 80 Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Vorhersagefrist 24h Vorhersagefrist 48h 50 50 40 40 delta Niederschlag (mm) delta Niederschlag (mm) 30 30 20 20 10 10 0 0 −10 −10 −20 −20 −30 −30 −40 −40 −50 −50 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 100 100 80 80 Niederschlag (mm) Niederschlag (mm) 60 60 40 40 20 20 0 0 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. 04.05. 11.05. 18.05. 25.05. 01.06. 08.06. Abbildung 2.6: Auswertung von Niederschlagsprognosen im Gebiet Klaus Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 19 Auch im Gebiet zwischen Brixlegg und Rosenheim (Gebietsgröße rund 1700 km2 , nördlich und südlich des Alpenhauptkammes, Abbildung 2.4) und im Gebiet der Tiroler Achen bzw. der Alz (Gebietsgröße rund 2200 km2 , nördlich und südlich des Alpenhauptkammes, Abbildung 2.5) sind die Differenzen zwischen beobachteten und vorhersagten Niederschlägen groß, wenngleich deutlich geringer als im Gebiet der Mangfall. Der Verlauf der Niederschläge ist in beiden Gebieten sehr ähnlich, auch die Niederschlagsssummen nehmen sehr ähnliche Werte an. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Niederschläge im Bereich südlich der Alpen gut vorhergesagt worden sind, während im Bereich nördlich der Alpen die Vorhersagen den tatsächlich aufgetretenen Niederschlag unterschätzt haben. Im Mittel über das Gebiet werden daher die Differenzen etwas kleiner werden. Als Gegensatz zu den bisher gezeigten und für den Hochwasserabfluss an der Donau relevante Gebiete zeigt Abbildung 2.6 die Auswertung des Niederschlages im Gebiet Klaus an der Steyr (540 km2 ). Hier stimmen die vorhersagten Niederschlagsmengen sehr gut mit den beobachteten Niederschlagsmengen überein, wenngleich der Niederschlag zu verschiedenen Zeitpunkten sowohl unter- als auch überschätzt wird. In den Abbildungen 2.7 bis 2.11 werden die gezeigten Analysen von Niederschlagsbeobachtungen und -vorhersagen zusammengefasst. Die Teilabbildungen zeigen die Ergebnisse der 6 h, 12 h, 24 h sowie der 48 h-Summen mit den Werten der Vorhersage auf der x-Achse und den beobachteten Werten auf der y-Achse. Für jede Stunde zwischen dem 1. Mai 2013 und dem 10. Juni 2013 stellt ein Punkt die jeweilige Summe von Niederschlagsbeobachtung und -vorhersage dar. Liegt der Punkt über der 1:1-Geraden, so wird zu diesem Zeitpunkt die Niederschlagssumme unterschätzt. Die unterschiedlichen Farben kennzeichnen einzelne Einzugsgebiete. Abbildung 2.7 zeigt den Vergleich der Niederschlagsbeobachtungen und der -prognosen entlang des Inns, wobei die Einzugsgebiete der Mangfall und der Alz farblich gesondert dargestellt sind. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Niederschläge in den Vorhersagen unterschätzt worden sind, da die Punkte tendentiell über der 1:1-Geraden liegen. Je länger die Vorhersagefrist, desto größer ist die Unterschätzung der Niederschlagssummen in den Vorhersagen. Die Unterschätzung ist besonders stark im Gebiet der Mangfall. Im Salzachgebiet (Abbildung 2.8) ist die Unterschätzung der Niederschläge ebenfalls deutlich zu erkennen, wenngleich die Größenordnung der Differenzen kleiner ist als am Inn. Ähnlich verhält es sich bei den Gebieten im Alpenvorland (Mattig, Antiesen, Pram, Rott sowie das Gebiet der bayrischen Donau, Abbildung 2.9) sowie in den nördlichen und südlichen Zubringern zur Donau (Abbildungen 2.10 und 2.11): die beobachteten Niederschläge wurden in den Vorhersagen deutlich unterschätzt, im Süden weniger stark als im Norden des Landes. 2.1.2 Vergleich von Temperaturprognosen und beobachteten Temperaturen Da während des Hochwassers in höheren Regionen ein Teil des Niederschlags als Schnee gefallen ist, wurden auch die Temperaturvorhersagen mit den beobachteten Temperaturen verglichen. Anders als bei den Niederschlägen müssen keine Summen verglichen werden, sondern es können die beobachteten Werte direkt mit den vorhergesagten Werten verglichen werden. Es zeigt sich, dass bei den Temperaturen die Beobachtungen besser mit den Vorhersagen korrespondieren als bei den Niederschlägen, auch bei einer Vorhersagefrist von 48 Stunden Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 20 Gebiet: Inn Vergleich Niederschlagssummen Vorhersage − Beobachtung 100 100 Inn Alz Mangfall 75 75 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 50 50 25 25 x = sum (6h) x = sum (12h) 0 0 0 25 50 75 100 0 25 50 75 100 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) 200 250 225 175 200 150 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 175 125 150 100 125 100 75 75 50 50 25 25 x = sum (24h) x = sum (48h) 0 0 0 25 50 75 100 125 150 175 200 0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Abbildung 2.7: Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose am Inn, die Einzugsgebiete Mangfall und Alz sind gesondert dargestellt Gebiet: Salzach Vergleich Niederschlagssummen Vorhersage − Beobachtung 75 100 Salzach Saalach Lammer 75 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 50 50 25 25 x = sum (6h) x = sum (12h) 0 0 0 25 50 75 0 25 50 75 100 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) 150 175 150 125 125 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 100 100 75 75 50 50 25 25 x = sum (24h) x = sum (48h) 0 0 0 25 50 75 100 125 150 0 25 50 75 100 125 150 175 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Abbildung 2.8: Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose an der Salzach Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 21 Gebiet: Alpenvorland (Mattig, Antiesen, Pram, Rott, bayr. Donau) Vergleich Niederschlagssummen Vorhersage − Beobachtung 75 100 Mattig, Antiesen, Pram Hofkirchen Rott 75 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 50 50 25 25 x = sum (6h) x = sum (12h) 0 0 0 25 50 75 0 25 50 75 100 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) 150 175 150 125 125 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 100 100 75 75 50 50 25 25 x = sum (24h) x = sum (48h) 0 0 0 25 50 75 100 125 150 0 25 50 75 100 125 150 175 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Abbildung 2.9: Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose an Mattig, Antiesen, Pram, Rott und bayr. Donau stimmen die Beobachtungen und die Vorhersagen gut überein. Abbildung 2.12 zeigt als Beispiel eine der Auswertungen. Die Punkte liegen mit maximalen Abweichungen von 5◦ C entlang der 1:1-Geraden. 2.1.3 Beurteilung der von Oberliegern übergebenen Prognosen Diese Frage kann anhand der vorliegenden Datenbasis nicht beantwortet werden. In den zur Verfügung gestellten Datenbanken, die in FEWS importiert werden können, waren keine von Oberliegern übergebenen Prognosen vorhanden. In Kapitel 2.2.5 wird der Wellenablauf an der Donau beurteilt. Zur Berechnung des Wellenab- laufes an der Donau werden im hydrodynamischem Modell Eingangswerte von Oberliegerpegeln benötigt. Dabei werden im Hochwasservorhersagesystem die Oberlieger auf verschiedenen Arten berücksichtigt: • Vorhersagen des hydrologischen Modells an Inn und bayrischer Donau werden als Ein- gangswerte in das hydrodynamische Modell verwendet, • Vorhersagen des Bayrischen Landesamtes für Umwelt für Inn und Donau werden als Eingangswerte in das hydrodynamische Modell verwendet. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 22 Gebiet: OÖ Nord (Ranna, Gr. Mühl, Kl. Mühl, Gusen, Gr. Rodl, Aist, Naarn) Vergleich Niederschlagssummen Vorhersage − Beobachtung 50 75 Ranna, Kl. Mühl, Gr. Mühl Gr. Rodl, Gusen Aist, Naarn Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 50 25 25 x = sum (6h) x = sum (12h) 0 0 0 25 50 0 25 50 75 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) 100 125 100 75 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 75 50 50 25 25 x = sum (24h) x = sum (48h) 0 0 0 25 50 75 100 0 25 50 75 100 125 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Abbildung 2.10: Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose, nördliche Donauzubringer in Oberösterreich Gebiet: OÖ Süd (Innbach, Traun, Enns) Vergleich Niederschlagssummen Vorhersage − Beobachtung 75 100 Traun Enns Innbach 75 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 50 50 25 25 x = sum (6h) x = sum (12h) 0 0 0 25 50 75 0 25 50 75 100 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) 150 175 150 125 125 Niederschlag beob. (mm/x h) Niederschlag beob. (mm/x h) 100 100 75 75 50 50 25 25 x = sum (24h) x = sum (48h) 0 0 0 25 50 75 100 125 150 0 25 50 75 100 125 150 175 Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Niederschlag Vorhers. (mm/x h) Abbildung 2.11: Vergleich Niederschlagsbeobachtung und -prognose, südliche Donauzubringer in Oberösterreich Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 23 Gebiet: Donau bis Niederösterreich Vergleich Temperatur Vorhersage − Beobachtung 30 30 25 25 20 20 Temperatur beob. (°C) Temperatur beob. (°C) 15 15 10 10 5 5 0 0 −5 −5 6h Vorhers. 12h Vorhers. −10 −10 −10 −5 0 5 10 15 20 25 30 −10 −5 0 5 10 15 20 25 30 Temperatur Vorhers. (°C) Temperatur Vorhers. (°C) 30 30 25 25 20 20 Temperatur beob. (°C) Temperatur beob. (°C) 15 15 10 10 5 5 0 0 −5 −5 24h Vorhers. 48h Vorhers. −10 −10 −10 −5 0 5 10 15 20 25 30 −10 −5 0 5 10 15 20 25 30 Temperatur Vorhers. (°C) Temperatur Vorhers. (°C) Abbildung 2.12: Vergleich Temperaturbeobachtung und -prognose, Donaueinzugsgebiete bis Niederöster- reich Aus den daraus resultierenden Vorhersagen an den Pegeln der Donau können Rückschlüsse auf die Güte der Prognosen, die von den Oberliegern übergeben worden sind, gezogen werden. 2.1.4 Hätten die Daten des Verbunds in der Datenlücke einen Mehrwert für die Prognosen ergeben? Die Verbund Austrian Hydro Power AG übermittelte während des Hochwasserereignisses im Juni 2013 Durchflussberichte an den Hydrographischen Dienst OÖ. Diese Durchflussberichte beinhalten aktuelle Pegelstände für die Kraftwerke an der Donau (Wendepegel, Oberwasser und Unterwasser), sowie aktuelle Durchflussdaten von Kraftwerken (z. B. Aschach, Ottensheim, Wallsee) und einigen Zubringern (Inn, Traun, Enns). Während diese Berichte ab dem 1. Juni 2013 11:18 praktisch stündlich versandt wurden, gingen vom 3. Juni 2013 14:14 bis 4. Juni 2013 06:07 keine Durchflussberichte beim Hydrographischen Dienst ein. In diesem Zeitraum stieg der Wasserstand am Pegel Linz um ca. 50 cm an und der Scheitel der Hochwasserwelle wurde erreicht. Nach Angaben des Hydrographischen Dienstes ist die Genauigkeit der Durchflusswerte in den Durchflussberichten für den Hochwasserfall nicht gesichert. Durchflusswerte, die aus Wasserstand-Durchflussbeziehung ermittelt werden, sind nur durch wenige Durchflussmessun- gen während Hochwässer belegt. Durchflusswerte, die aus Kraftwerksdaten ermittelt werden, sind im Hochwasserfall meist nur ungenau zu bestimmen. Der für das Kraftwerk Jochenstein Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 24 angegebene Maximaldurchfluss beim Hochwasser im Juni 2013 betrug laut der Durchflussbe- richte 7679 m3 /s , die Pegelmessungen an anderen Stellen der Donau lassen aber auf einen tatsächlichen Durchfluss von etwa 10000 m3 /s schließen. Deswegen ist es nicht sinnvoll, die Durchflusswerte der Durchflussberichte als Eingangsdaten für die Prognosen zu verwenden. Die in den Durchflussberichten enthaltenen Pegelstände der Kraftwerke werden derzeit nicht in das Prognosemodell einbezogen, da dieses den Betrieb der Laufkraftwerke nach den Wehrbe- triebsordnungen berücksichtigt. Je nach Qualität der Daten ist dies in der Regel eine robustere Methode zur Berechnung der Prognosen. Sowohl die angesprochenen Durchflusswerte als auch die Pegelstände sind im Prognosemodell durch Alternativinformationen vollständig abgedeckt. Demnach hätten die Daten des Verbunds in der Datenlücke keinen Mehrwert für die Prognosen ergeben. 2.2 Beurteilung der Hochwassermodellierung in den Einzugsgebieten In jedem Einzugsgebiet wird mit einem hydrologischen Modell der zu erwartende Abfluss abgeschätzt. Dabei werden Niederschlags- und Temperaturprognosen als Inputdaten in das Modell verwendet. Das Modell ist ein kontinuierlich rechnendes Wasserhaushaltsmodell (Blöschl et al., 2008), das neben dem Abfluss auch verschiedene interne Rechengrößen (Systemzustände) wie das Schnee-Wasser-Äquivalent, die Bodenfeuchte und Speicherstände berechnet. Das Modell benötigt diese Systemzustände als Anfangsbedingungen für die Berechnung des Abflusses. Bei einer kontinuierlichen Berechnung über mehrere Jahre können die Systemzustände zu Beginn der Berechnung Null gesetzt werden und nach einer Aufwärmphase des Modells (abhängig von Gebietsgröße und Abfluss) nehmen die Systemzustände und somit auch die berechneten Abflüsse plausible Werte an. Bei der Erstellung von Prognosen ist diese Vorgangsweise aber nicht sinnvoll, da nicht bei jeder Prognoserechnung mehrere Jahre als Aufwärmphase des Modells verwendet werden können. Deshalb werden in regelmäßigen Abständen (24 h) die Systemzustände in Files abgespeichert, die dann beim Start der Prognoserechnung als Startwerte eingelesen werden. Die Güte der Prognosen hängt sehr stark von den eingelesenen Systemzuständen ab: z. B. versickert in einem trockenen Gebiet ein größerer Teil des Niederschlags als in einem feuchten Gebiet und der Anteil des zum Abfluss kommenden Niederschlages ist geringer. 2.2.1 Beurteilung der Systemzustände des Modells: Schnee, Bodenfeuchte Aus dem Hochwasservorhersagesystem FEWS konnten für alle Gebiete Zeitreihen vom 15. Mai 2013 bis zum 8. Juni 2013 des Schnee-Wasser-Äquivalents sowie der Bodenfeuchte exportiert werden. Diese Zeitreihen wurden in der Folge analysiert und interpretiert. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 25 Schnee Der Temperaturverlauf während des Hochwasserereignisses gibt Anhaltspunkte, dass ein Teil des Niederschlags vor und während dem Hochwasser als Schnee gefallen ist. Abbildung 2.13 zeigt als Beispiel den Verlauf des Niederschlages sowie der Temperatur im Gebiet Staudach/Tiroler Achen, ein von intensiven Niederschlägen besonders betroffenes Gebiet. Der Gebietsniederschlag im 944 km2 großen Einzugsgebiet ist im oberen Teil der Abbildung dargestellt, im unteren Teil ist die mittlere Lufttemperatur sowie die Lufttemperatur an der Station Hahnenkamm (1790 m ü. A.) dargestellt. Vom 23. bis 26. Mai sind die Temperaturen negativ, was bedeutet, dass der Niederschlag in den höheren Lagen als Schnee gefallen ist und im weiteren Verlauf zur Schmelze gekommen ist. Auch zwischen dem 29. Mai bis 3. Mai sind aufgrund der negativen Temperaturen Teile des Niederschlags als Schnee gefallen. Abbildung 2.13: Gebietsniederschlag für das Einzugsgebiet Staudach an der Tiroler Achen, Fläche 944 km2 im Mai/Juni 2013. Unten: mittlere Lufttemperatur für das Einzugsgebiet Staudach, sowie Lufttemperatur an der Station Hahnenkamm, Seehöhe 1790 m ü.A. Aus Blöschl et al., 2013a Aus dem Hochwasservorhersagesystem wurden für die Gebiete Mittelwerte des Schnee-Wasser- Äquivalents exportiert. Das Schnee-Wasser-Äquivalent (SWE) ist jene Wassermenge in mm, die man erhalten würde, wenn man eine Schneedecke mit bekannter Höhe und Dichte schmelzen würde. Die Dichte des Schnees kann stark variieren, je nach Schneeart kann die Dichte Werte zwischen 30 kg/m3 (Neuschnee) über 500 kg/m3 (feuchtnasser Altschnee) bis zu 800 kg/m3 (mehrjähriger Firnschnee) erreichen. Ein direkter Vergleich von gemessenen Schneehöhen und simulierten Schnee-Wasser-Äquivalenten ist daher nicht möglich. Ein Vergleich des Verlaufes von Schneehöhen und Schnee-Wasser-Äquivalenten liefert aber eine wertvolle Information, ob die Simulation plausible Ergebnisse liefert. Version vom 20. Januar 2014
Hochwasser 2013: Evaluierung des Prognosemodells und der Kommunikation 26 120 300 110 100 250 90 Schnee−Wasser−Äquivalent (mm) Schneehöhe beobachtet (cm) 80 200 70 60 150 50 40 100 TEZG Innsbruck 30 TEZG Brixlegg TEZG Mangfall TEZG Rosenheim 20 TEZG Wasserburg 50 TEZG Burgkirchen 10 Schneehöhe @ Hahnenkamm 1794 m Schneehöhe @ Pitztaler Gletscher 2864 m EZG Inn mittel 0 0 18.05.2013 25.05.2013 01.06.2013 08.06.2013 70 225 TEZG Golling TEZG Lammer TEZG Saalach 200 60 TEZG Oberndorf Schneehöhe @ Rudolfshütte 2317 m EZG Salzach mittel 175 Schnee−Wasser−Äquivalent (mm) 50 Schneehöhe beobachtet (cm) 150 40 125 30 100 75 20 50 10 25 0 0 18.05.2013 25.05.2013 01.06.2013 08.06.2013 Abbildung 2.14: Zeitlicher Verlauf des Schnee-Wasser-Äquivalents vor und während des Hochwassers. Oben: Inngebiet, unten: Salzachgebiet. Punkte kennzeichnen beobachtete Schneehöhen Der Verlauf der simulierten Schnee-Wasser-Äquivalente zeigt, dass im Mai und Juni 2013 in den östlichen Einzugsgebieten in Oberösterreich (Traun, Enns, nördliche Donauzubringer) kein bis sehr wenig Schnee registriert worden ist. An Inn und Salzach hingegen zeigt das Modell einen deutlichen Anstieg beim SWE an. Im Einzugsgebiet des Inns (bis zum Zusammenfluss mit der Salzach) sind bis zum 25. Mai 2013 im Mittel 37 mm SWE vorhanden, am 25. Mai steigt der Wert leicht auf 42 mm an und ab dem 29. Mai steigt der Wert weiter bis auf etwa 60 mm an. Schnee wird v. a. in den Teileinzugsgebieten Innsbruck und Brixlegg simuliert, nördlich der Alpen ist nur sehr wenig Schnee im Modell vorhanden. Die Ergebnisse der Simulation decken sich mit den Schneebeobachtungen: die beobachtete Schneehöhe der Station am Pitztaler Gletscher auf 2864 m ü. A. beträgt Mitte Mai 182 cm, am 3. Juni waren es 287 cm (dunkelblauen Punkte in Abbildung 2.14 oben). Die Schneehöhe an der Station Hahnenkamm (1794 m ü. A., nur 4 Messwerte vorhanden) beträgt am 24. Mai 3 cm, am 5. Juni 20 cm (hellblaue Punkte). Ähnlich ist das Bild im Gebiet der Salzach: der simulierte SWE-Wert steigt von etwa 8 mm vor dem 24. Mai auf etwa 15 mm, gefolgt von einer kurzen Schmelzphase, bevor ab dem 29. Mai der mittlere SWE-Wert auf etwa 40 mm ansteigt. In diesem Gebiet waren für die Station Rudolfshütte (2317 m ü. A.) beobachtete Schneehöhen verfügbar, diese zeigen den selben Verlauf wie die simulierten SWE-Werte an (Abbildung 2.14 unten). Bodenfeuchte Durch den hohen Niederschlag im Mai 2013 waren die hydrologischen Vorbedingungen im Donaueinzugsgebiet vor dem Hochwasser ungewöhnlich. Z. B. wurden in Regensburg im Mai Version vom 20. Januar 2014
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