Der Einsatz des Youth Self Report (YSR/11-18) bei Heranwachsenden: Eine faktorenanalytische Betrachtung im Kontext der Beruflichen Bildung

Die Seite wird erstellt Haimo-Haio Bachmann
 
WEITER LESEN
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                              3

Empirische Sonderpädagogik, 2020, Nr. 1, S. 3-26
ISSN 1869-4845 (Print) · ISSN 1869-4934 (Internet)

Der Einsatz des Youth Self Report (YSR/11-18)
bei Heranwachsenden:
Eine faktorenanalytische Betrachtung im Kontext
der Beruflichen Bildung

Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Zusammenfassung
Psychische Belastungen junger Menschen stellen auch für die Gestaltung und Bewältigung Be-
ruflicher Bildungsprozesse eine pädagogische Herausforderung dar. Insbesondere ergeben sich
für Berufliche Schulen als wichtigen Ankerpunkt Beruflicher Bildung aus zwei Gründen heraus
Bedarfe im Hinblick auf qualitativ hochwertige diagnostische Instrumente: zum einen, weil
auch hier eine zunehmend intensive Diskussion um eine stärker inklusiv orientierte Ausrichtung
im Gange ist – und zum anderen, weil neben dem Erkennen von Interventionsbedarfen, etwa
über den Response-to-Intervention-Ansatz, mehr als bisher die Frage der Früherkennung und
der Prävention für solche Problematiken gestellt wird. Auf Basis vorliegender Daten aus bayeri-
schen Berufs- bzw. Berufsfachschulen wird in diesem Beitrag untersucht, inwiefern sich in der
Faktorenstruktur des Instruments „Youth Self Report (YSR)“ der Achenbach-Skalen (Arbeitsgrup-
pe Deutsche Child Behavior Checklist, 1998), trotz einer partiell abweichenden Altersstruktur
der Stichprobe, mögliche Besonderungen ergeben. Eine vollständige Replikation der Struktur
gelang nicht, jedoch ergaben sich einige Analogien mit einer deutlichen Reduzierung der Item-
anzahl.

Schlüsselwörter: Psychische Belastung, Berufliche Bildung, Berufsschule, Diagnostik, YSR, Fak-
torenanalyse

Identification of mental stress in vocational schools: a validation of the
Youth Self Report (YSR/11-18)

Abstract
Mental stress in young adults is an educational challenge during vocational education. Especial-
ly for schools providing vocational education high-quality diagnostic instruments are relevant in
two aspects: first because there are more and more discussions about a future path to inclusive
learning. Second, because there is a need of early intervention, early diagnosis and prevention.
Based on the data of Bavarian pupils of schools providing vocal education we investigated via
factorial analysis whether the diagnostic instrument „Youth Self Report (YSR)“ (Arbeitsgruppe
Deutsche Child Behavior Checklist, 1998) is valid for this sample. We investigated whether the
4                                      Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

factorial structure is stable and identic to the primary version. A complete replication of the
structure wasn´t possible but similarities were found with a considerable reduction of items.
One reason might be the deviating age from the original sample.

Keywords: Mental stress, vocational education, vocational school, diagnostic, YSR, factor anal-
ysis

Die Diskussion um stärkere inklusive Struk-      ken – in ausgeprägter Form schulisch dekla-
turen in der Beruflichen Bildung ist erst in     riert als sonderpädagogischer Förderbedarf
den letzten Jahren – und dabei zunehmend         im Förderschwerpunkt emotional-soziale
intensiv – aufgekommen (Biermann, 2015;          Entwicklung – auch eine Herausforderung
Bylinski & Rützel, 2016; Euler & Severing,       für die Berufliche Bildung, insbesondere
2014; Vollmer, 2007, 2011, 2013; Zoyke &         auch für Berufsschulen, darstellen dürften.
Vollmer, 2016). Dabei werden Berufsschu-         Jedoch finden sich nur sehr wenige ein-
len – als Teilsegment Beruflicher Schulen –      schlägige Studien: So geht beispielsweise
aufgrund ihrer spezifischen Rolle im dualen      Wolff (2013) von einer möglichen Erhöhung
System einerseits als „Brennpunkte“ identi-      von Aggressionsproblematiken in Berufs-
fiziert, andererseits wird ihnen aber auch       kollegs aus und diskutiert dies. Auf Basis
eine wichtige Brückenfunktion innerhalb          einer Befragung von Berufsschülerinnen
der Inklusionsdiskussion zugewiesen (vgl.        und -schülern in Stade sieht Baier (vgl.
Euler & Severing, 2014; Euler & Severing,        2010) Berufsschulen nicht als übermäßig
2015). Im Rahmen der sich daraus ergeben-        delinquenzbelastet, wohl jedoch das Be-
den Fragestellung, wie Bildungsprozesse          rufsvorbereitungs- und Berufsgrundbil-
angesichts heterogener Gruppen umzuset-          dungsjahr. Gerade aus dem Kontext der Be-
zen wären, finden inzwischen auch psychi-        ruflichen Rehabilitation heraus werden in
sche Belastungen junger Menschen eine            jüngerer Zeit psychische Störungen disku-
erste Berücksichtigung (vgl. bspw. Albrecht      tiert. Den Anstieg psychischer Störungen in
et al. 2014; Bylinski 2015; Westhoff & Ernst,    Berufsbildungswerken betrachtet Henkel-
2016).                                           mann (vgl. 2014) etwa im Hinblick auf Hin-
    Emotionaler und sozialer Förderbedarf,       tergründe dieses Phänomens sowie auf Fra-
Verhaltensstörungen, psychische Auffällig-       gen des Umganges hiermit; auch Phänome-
keiten und psychische Störungen bilden           ne wie Autismus-Spektrum-Störung, Auf-
unterschiedliche Betrachtungsweisen, Fa-         merksamkeits- und Hyperaktivitäts-Impulsi-
cetten und Qualitäten eines (sonder-)päda-       vitätsproblematiken, Psychosen, Persön-
gogischen Unterstützungsbedarfes junger          lichkeitsstörungen, Drogen und Sucht oder
Menschen ab, welcher sich unter anderem          Essstörungen geraten vermehrt in den Fokus
im subjektiven Erleben psychischer Belas-        der Aufmerksamkeit (vgl. Bundesarbeitsge-
tungen bei jungen Menschen äußert. Diese         meinschaft der Berufsbildungswerke, 2014).
werden von den Autoren grundsätzlich aus         Im Kontext der Diskussion um eine verstärkt
einem pädagogischen Blickwinkel heraus           inklusive Ausrichtung des Beruflichen Bil-
gesehen. Sie werden als Erscheinungen auf        dungssystems werden psychische Belastun-
Basis dahinterstehender Störungen der Per-       gen als eine Dimension im Kontext hetero-
son-Umwelt-Interaktion betrachtet (vgl.          gener Lerngruppen angeführt, jedoch nicht
Stein, 2017). Epidemiologische Daten (Ihle       dezidiert fokussiert (vgl. bspw. Albrecht et
& Esser, 2002, 2008; Hölling et al., 2007;       al., 2014; Severing & Weiß, 2014). Eigene
Hölling et al., 2014) weisen deutlich darauf     Untersuchungen aus der Autorengruppe,
hin, dass derartige psychische Problemati-       die in mehreren Wellen an Berufs- und Be-
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                                     5

rufsfachschulen, Berufsschulen zur sonder-            wäre, um darauf aufbauend indizierte Maß-
pädagogischen Förderung sowie einem Be-               nahmen zuzuweisen. Langfristiges Ziel der
rufsbildungswerk durchgeführt wurden,                 Autoren ist es daher, ein geeignetes eigen-
zeigen jedoch die deutliche Prävalenz des             ständiges Instrument zu entwickeln, wel-
Themenfeldes auf, insbesondere für das Be-            ches folgenden Grundanliegen im Kontext
rufsschulische Lernsetting, und konstatieren          Beruflicher Bildungsprozesse entspricht:
einen pädagogischen Handlungsbedarf                   • ökonomische Erfassung von Belastun-
(Stein & Ebert, 2010; Stein et al., 2015;                 gen im Verhalten und Erleben
Stein, Kranert & Wagner, 2016; Kranert et             • in einer Altersspanne von 15 bis vor-
al., 2017).1                                              nehmlich 25 Jahren
     Die Untersuchung der Auftretensraten             • vorrangig bei Berufsschülerinnen und
psychischer Problematiken im Berufsbil-                   -schülern
denden Bereich kann zum einen, wie in                 • mit pädagogischer statt klinischer Aus-
den genannten Untersuchungen der Auto-                    richtung
rengruppe, Forschungszwecken folgen.                  • unter dem Aspekt der Mehrperspektivi-
Zum anderen stellt sich jedoch auch die                   tät.
Frage des Erkennens solcher Problemlagen
in der pädagogischen Praxis, um gezielt da-           Während für die Altersgruppe der Kinder
rauf reagieren zu können. Des Weiteren er-            und Jugendlichen an allgemeinbildenden
gibt sich im Zuge der Verstärkung präventi-           Schulen derartige Instrumente verfügbar
ver und frühinterventiver Systeme, wie sie            sind oder aus verschiedenen Forschergrup-
etwa der Response-to-Intervention-Ansatz              pen heraus, etwa im Rahmen der Umset-
nahelegt (Grosche & Huber, 2012), die Fra-            zung und Evaluation des „Rügener Inklusi-
ge, inwiefern über flächendeckende Scree-             onsmodells“, aktuell entwickelt werden
nings zu bestimmten Aspekten, Funktionen              (Voß et al., 2016), gibt es noch kein Erhe-
und Thematiken – hier psychischen Proble-             bungsinstrument spezifisch für den Berufs-
matiken – eine Früherkennung möglich                  bildenden Bereich, welches die genannten

Tabelle 1: Übersicht aktueller Selbstauskunfts-Verfahren zur psychischen Belastung.

    Name des        Autoren        Skalen                                    Alters­     Fremdein­
    Verfahrens      (Erscheinungs­                                           gruppe      schätzung
                    jahr)                                                                vorgese­
                                                                                         hen?
    Brief-          Franke, G.H.      1.Aggressivität/Feindseligkeit         Jugendliche Nein
    Symptom-        (2017)            2.Ängstlichkeit                        und
    Checklist                         3.Depressivität                        Erwachse-
    (BSCL)                            4.Paranoides Denken                    ne ab 16
                                      5.Phobische Angst                      Jahren
                                      6.Psychotizismus
                                      7.Somatisierung
                                      8.Unsicherheit im Sozialkontakt
                                      9.Zwanghaftigkeit
                                      + grundsätzliche psychische
                                        Belastung
                                      + Intensität der Antworten
                                      + Anzahl der Symptome
                                                                                Fortsetzung Tabelle 1 ▷

1
     In diesem Kontext wurde auf Grund der Spezifik des dualen Systems in deutschsprachigen Ländern
     (Deutschland, Österreich, Schweiz) bewusst nur der Forschungsstand des entsprechenden Berufsbilden-
     den Schulsystems aufgegriffen.
6                                      Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

Fortsetzung Tabelle 1
Name des         Autoren        Skalen                                Alters­      Fremdein­
Verfahrens       (Erscheinungs­                                       gruppe       schätzung
                 jahr)                                                             vorgese­
                                                                                   hen?
Gesundheits-     Gräfe, K.,     1.   Somatoformes Syndrom             Keine        Nein
Fragebogen       Zipfel, S.,    2.   Major Depressives Syndrom        Angaben
für Patienten    Herzog, W.     3.   Andere Depressive Syndrome
(PHQ-D)          & Löwe, B.     4.   Paniksyndrom
                 (2004)         5.   Andere Angstsyndrome
                                6.   V.a. Bulimia nervosa
                                7.   V.a. „Binge-Eating“-Störung
                                8.   Alkoholsyndrom
Strengths and Goodman, R.       1.   Emotionale Probleme              Kinder und Ja (Eltern
Difficulties  (1997)            2.   Hyperaktivität/Aufmerksam-       Jugendliche und
Questionnaire                        keitsprobleme                    von 11-16 Lehrer)
(SDQ-Deu)                       3.   Probleme im Umgang mit           Jahren
                                     Gleichaltrigen
                                4.   Verhaltensauffälligkeiten
                                5.   Prosoziales Verhalten
                                +    Gesamtproblemwert
Symptom-       Franke, G.H.     1.   Aggressivität/Feindseligkeit     Jugendliche Nein
Checklist-90®- (2014)           2.   Ängstlichkeit                    und
Standard                        3.   Depressivität                    Erwachse-
(SCL-90®-S)                     4.   Paranoides Denken                ne
                                5.   Phobische Angst
                                6.   Psychotizismus
                                7.   Somatisierung
                                8.   Unsicherheit im Sozialkontakt
                                9.   Zwanghaftigkeit
                                +    grundsätzliche psychische
                                     Belastung
                                +    Intensität der Antworten
                                +    Anzahl der Symptome

Kriterien hinreichend erfüllen würde. Po-        Kontext konzipiert wurde; weiterhin nach-
tentiell kämen hierfür die in Tabelle 1 dar-     teilig wirkt sich hinsichtlich seiner Anwend-
gestellten Verfahren in Betracht.                barkeit aus, dass für diese Version noch kei-
Wie Tabelle 1 zu entnehmen ist, erfüllt kein     ne deutsche Normierung vorliegt (Achen-
Verfahren die zuvor aufgestellten Kriterien      bach & Rescorla, 2001; Achenbach & Re-
in Gänze; insbesondere die Breite der Al-        scorla, 2014). Infolgedessen wurde auf den
tersgruppe, wie sie an Berufsschulen typi-       Fragebogen für Jugendliche (YSR) zurückge-
scherweise vorzufinden ist, wird von kei-        griffen, da dieser mit der Möglichkeit der
nem Instrument vollständig erfasst. In der       Fremdeinschätzung durch Lehrkräfte (TRF)
Auswahl des im Folgenden beschriebenen           speziell auch den schulischen Kontext ab-
Forschungsprojektes fiel die Entscheidung        deckt. Auch hier ergibt sich wiederum die
zugunsten der Achenbachskalen, da diese          Problematik, dass dieses Instrument nicht
das Kriterium der Ökonomie sowie der             für den Berufsbildenden Bereich evaluiert
Mehrperspektivität erfüllen. Das Instrumen-      wurde und die Normierung nur bis 18;11
tarium für Erwachsene, der Adult Self-Re-        Jahre reicht. Dadurch umfasst der Fragebo-
port for Ages 18-59 (ASR/18-59) wurde je-        gen für Jugendliche ebenso nur teilweise
doch nicht herangezogen, da es nicht für         die zu erfassende Altersgruppe, jedoch liegt
die spezifische Anwendung im schulischen         eine deutsche Normierungsstichprobe vor.
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                                7

Ergänzend kann die Autorengruppe auf                    gelbeckers et al., 2016; Urben et al.,
vielfältige Erfahrungen und empirische Er-              2016; Zeiler et al., 2016);
kenntnisse im Berufsbildenden Bereich mit           •   störungsübergreifende Aspekte: psychi-
diesem Instrumentarium verweisen (vgl.                  sche Belastung, internalisierende Symp-
Stein & Ebert 2010; Stein, Kranert, Tulke &             tome, Selbst- und Fremdwahrnehmung
Ebert 2015; Stein, Kranert & Wagner 2016).              und Stresserleben (Debbané et al., 2017;
    Der Fragebogen für Jugendliche und                  Dölitzsch et al., 2016; Huemer et al.,
seine korrespondierenden Fremdeinschät-                 2015; In-Albon et al., 2017; Margraf &
zungsinstrumente (TRF; CBCL) kommen in-                 Pinquart, 2016; Plener et al., 2017;
ternational breit zur Anwendung und kön-                Seiffge-Krenke et al., 2018; Spaeth,
nen daher als gut erprobt eingestuft werden.            Weichold & Silbereisen 2017; Syed &
Bereits in einer früheren Publikation der               Seiffge-Krenke 2015; White et al., 2015);
Autoren (Stein et al., 2015) wurde der inter-       •   störungsunabhängige Aspekte: Emoti-
nationale Forschungsstand aufbereitet. Hier             onserkennung, fokussierte Aufmerksam-
wurde deutlich, dass neben spezifischen                 keit und soziale Unterstützung (In-Al-
Formen von Belastungen auch Fragen der                  bon, Ruf & Schmid, 2015; Oberwelland
Skalenkonsistenz wie auch der Normierung                et al., 2016; Oris et al., 2016; Raschle et
im Vordergrund des Forschungsinteresses                 al., 2017).
standen (vgl. ebd., 344f.). In einer aktuellen
Datenbankrecherche (PSYNDEX und Psy-                In keiner der aufgeführten Untersuchungen
cINFO) fanden sich seit 2015 insgesamt 85           im deutschsprachigen Raum wurde die neu
neue Studien für die Altersgruppe der über          normierte Fassung YSR/11-18R (Arbeits-
11-Jährigen. Hierbei kam mehrheitlich der           gruppe Deutsche Child Behavior Checklist,
Elternfragebogen (CBCL) zum Einsatz (n =            2014) herangezogen; zudem wurde der Fra-
59), um spezifische Phänomene zu erfas-             gebogen nahezu ausschließlich als ergän-
sen; lediglich eine Studie befasste sich mit        zendes Instrument zum Forschungsdesign
einer vergleichenden Analyse von Erfas-             eingesetzt. Lediglich in sechs Studien (Burt
sungsinstrumenten im Kontext von Depres-            et al. 2015; Spaeth et al. 2017; Dölitzsch et
sion (Maur, 2016). Von daher finden die             al. 2016; Syed & Seiffge-Krenke, 2015;
Achenbachskalen eine breite Rezeption zur           Seiffge-Krenke et al., 2018; Margraf & Pin-
Erforschung spezifischer Aspekte im Kon-            quart, 2016) war das Verfahren zentral, um
text von Verhalten und Erleben. Wird der            die Forschungsfragen, in der Regel zu stö-
Fokus auf diejenigen Studien eingeengt, in          rungsübergreifenden Aspekten, beantwor-
denen (unter anderem) der Fragebogen für            ten zu können. Ebenso wurde der Fragebo-
Jugendliche (YSR) (n = 31) eingesetzt wur-          gen in sechs Studien für eine Altersgruppe
de, lassen sich folgende Forschungsschwer-          jenseits der Normierung eingesetzt, und
punkte herausarbeiten:                              zwar in einer Altersspanne bis zu 25 Jahren
• ausgewählte Phänomene: ADHS, anti-                (Plener et al., 2017; Raschle et al., 2017;
    soziales Verhalten, Essstörung, Internet-       In-Albon, Ruf &Schmid, 2015; Okello et al.,
    sucht, Missbrauch, soziale Phobie, Nar-         2015; Huemer et al., 2015; Aebi et al.,
    zissmus, Selbstverletzendes Verhalten           2015). In keiner der vorgenannten Studien
    und Trauma (Aebi et al., 2015; Allrog-          findet sich als Limitation ein Hinweis auf
    gen et al., 2018; Burt et al., 2015; Cate-      die Überschreitung der Altersgrenze hin-
    lao et al., 2015; Gensthaler et al., 2016;      sichtlich der Normierungsstichprobe; dies
    Klasen et al., 2015; Koenig et al., 2015;       wird offenbar dann akzeptiert, wenn ein
    Lindenberg et al., 2017; Okello et al.,         einheitliches Verfahren für den Einsatz bei
    2015; Pihet et al., 2015; Pihet, Ridder &       Heranwachsenden benötigt wird und keine
    Suter, 2017; Raiker et al., 2017; Svaldi et     Trennung nach dem Aspekt der Volljährig-
    al., 2016; Tegelbeckers et al., 2015; Te-       keit mit 18 Jahren erfolgen kann. Eine Tren-
8                                           Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

nung nahmen beispielsweise Plener et al.               rufsschule und einer Berufsschule zur son-
(2017) vor.                                            derpädagogischen Förderung war es, die
    Aus dem skizzierten Forschungsstand                Gelingensbedingungen von Inklusion im
und den weiteren Überlegungen lässt sich               Hinblick auf sonderpädagogische Förderbe-
begründen, den Fragebogen für Jugendliche              darfe in den Bereichen Lernen sowie emo-
(YSR) heranzuziehen, um unter den oben                 tional-soziale Entwicklung zu erfassen und
genannten Bedingungen ein entsprechen-                 darüber hinaus eine bestmögliche Förde-
des eigenständiges Verfahren zu entwi-                 rung von Schülerinnen und Schülern mit
ckeln. Zudem liegen den Autoren an größe-              Förderbedarf zu ermöglichen. Für die Teil-
ren Stichproben an allgemeinen Berufs- und             nahme an dem Modellversuch konnten sich
Berufsfachschulen gewonnene Daten (vgl.                Schultandems mit ausgewählten Klassen
oben) bereits vor, sodass ökonomisch zent-             der allgemeinen Berufsschule beim zustän-
ral folgende Fragestellung überprüft werden            digen Ministerium bewerben; hier erfolgte
kann:                                                  auch die Auswahl der Tandems. Insgesamt
    Inwiefern ergibt sich für das Instrument           wurden vom Ministerium für den Modell-
    YSR eine nachvollziehbare Faktoren-                versuch über den hier zu berichtenden Zeit-
    struktur zur Nutzung bei der spezifi-              raum der Schuljahre 2013/2014 und 2014/
    schen Zielgruppe von Schülerinnen und              2015 1543 junge Menschen gemeldet, die
    Schülern an Berufs- und Berufsfachschu-            sich über einen Zeitraum von einem oder
    len2? Wie ist diese Faktorenstruktur zu            zwei Jahren an dem Projekt beteiligt haben.
    beschreiben?                                       Eine detailliertere Aufschlüsselung der Da-
                                                       ten liegt den Autoren auf Grund der Zutei-
Die hier vorgenommene Beschränkung auf                 lung durch die Ministerien nicht vor.
den YSR ergab sich aus den Erkenntnissen,                   Insgesamt nahmen an der Einstiegsbe-
dass die anhand der Selbstauskunft gewon-              fragung in den Schuljahren 2013/2014 bzw.
nenen Daten aussagekräftiger im Hinblick               2014/2015 670 Schülerinnen und Schüler
auf mögliche pädagogische Unterstützungs-              teil. Die Erhebungen fanden jeweils zu Be-
bedarfe sind als die Fremdeinschätzung                 ginn des Schuljahres statt, jedoch lehnten
durch die berufs- und wirtschaftspädagogi-             zwei Berufsschultandems auf Ebene der
schen Fachkräfte (Kranert & Stein, 2016).              Projektverantwortlichen bereits im Vorfeld
Die gewonnenen Daten aus den parallel                  den Einsatz der Achenbachskalen ab (n =
durchgeführten TRF-Erhebungen werden in                128; 19.1%).Von den verbleibenden 542
einem späteren Schritt analysiert.                     Schülerinnen und Schülern wurden von
                                                       14.6% (n = 79) keine Fragebögen ausgefüllt
                                                       (am Erhebungstag nicht anwesend oder ver-
                                                       weigert).
Methode                                                      Somit haben an der vorliegenden ex-
                                                       plorativen Querschnittstudie N = 463 Be-
Studiendesign und Stichprobe                           rufsschülerinnen und -schüler aus Bayern
                                                       ab einem Alter von 15 Jahren freiwillig und
Die Erhebungen mit Hilfe des YSR sowie                 vergütungsfrei teilgenommen. In die Analy-
der TRF erfolgten im Rahmen der wissen-                se wurden alle Teilnehmerinnen und Teil-
schaftlichen Begleitung des Modellversuchs             nehmer, welche die Befragung vollständig
„Inklusive Berufliche Bildung in Bayern                abgeschlossen hatten, aufgenommen; somit
(IBB)“ (vgl. Stein, Kranert & Wagner 2016).            ergab sich N = 238. Dies stellt einen kon-
Ziel dieses Modellversuches mit 18 Tan-                servativen Umgang mit Missings dar, der
demschulen aus je einer allgemeinen Be-                auf Grund der ausreichend großen Stich-

2
    In der Folge wird hierbei von Berufsschülerinnen und -schülern gesprochen.
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                               9

probengröße und der zufälligen Verteilung           schwierigkeiten und Impulskontrollschwie-
der Missings möglich war. Insgesamt wie-            rigkeiten werden auf der Skala der Aufmerk-
sen 42 Teilnehmer und Teilnehmerinnen               samkeitsprobleme erfasst. Dissoziales Ver-
sonderpädagogischen Förderbedarf auf. Die           halten erfragt delinquentes Verhalten. Zu-
Alters- und Geschlechterverteilung sowie            letzt werden über die Skala Aggressives
der Förderbedarf sind in Tabelle 2 einzuse-         Verhalten Selbst- und Fremdaggression so-
hen.                                                wie prahlerische und laute Verhaltenswei-
                                                    sen erhoben. Des Weiteren werden unter
Material                                            Andere Probleme Items gelistet, welche in
                                                    der Ursprungs-Analyse keiner Skala eindeu-
Der Fragebogen für Jugendliche für 11 bis           tig zugeordnet werden konnten, jedoch auf
18-Jährige deutsche Normierung (1998) –             Grund ihrer klinischen Relevanz für den
Syndromskalen (YSR; Arbeitsgruppe Deut-             Einzelfall beibehalten wurden. In der Aus-
sche Child Behavior Checklist, 1998) ist ein        wertung fließen diese Items in die Gesamt-
Selbstbeurteilungsfragebogen, der im ersten         skala mit ein. Es werden Schlafprobleme,
Teil Kompetenzen ermittelt. Im zweiten Teil         Tics und Schwierigkeiten bezüglich Sexua-
werden Verhaltensauffälligkeiten und emo-           lität aufgeführt. Daneben finden sich 18
tionale Probleme abgefragt. Im Modellver-           Fragestellungen, die als Kontrollitems zur
such wurde ausschließlich der zweite Teil           sozialen Erwünschtheit fungieren und nicht
eingesetzt, da die Kompetenzen mittels an-          in die Skalenberechnung mit einfließen. Sie
derer Instrumente erfasst wurden. Der zwei-         dienen der Beurteilung, inwiefern durch die
te Teil besteht aus 119 Items, die auf einer        Selbstbeurteilung valide Beurteilungen zu
dreistufigen Likert-Skala beurteilt werden (0       erwarten sind. Die Normierung der Origi-
= nicht zutreffend, 1 = etwas oder manch-           nalfassung erfolgte aufgrund der festgestell-
mal zutreffend, 2 = genau oder häufig zu-           ten Unterschiede beider Gruppen getrennt
treffend). Auf acht Skalen werden hier emo-         für Jungen und Mädchen für internalisieren-
tionale Auffälligkeiten, Verhaltensauffällig-       de und externalisierende Syndrome (Ar-
keiten und somatische Beschwerden erfasst.          beitsgruppe Deutsche Child Behavior Che-
Die Skala Sozialer Rückzug beschreibt zu-           cklist, 1998). Validierungsstudien ergaben,
rückgezogenes Verhalten, Körperliche Be-            dass die interne Konsistenz und die faktori-
schwerden verschiedene somatische Symp-             elle, diskriminante und konvergente Validi-
tome wie Bauchweh und Müdigkeit. Auf                tät des YSR als hinreichend angesehen wer-
der Skala Ängstlich/Depressiv werden Sym-           den können (Arbeitsgruppe Deutsche Child
ptome und Verhaltensweisen ängstlicher,             Behavior Checklist, 2014; Seiffge-Krenke &
selbstverletzender und verstimmter Art er-          Lohaus, 2007), bei unterschiedlicher Quali-
fragt. Die Skala Soziale Probleme beschreibt        tät der einzelnen Dimensionen. Seit 2014
Probleme und Verhaltensweisen im Um-                liegt eine Revision der Achenbachskalen
gang mit anderen Menschen, Schizoid/                vor (Döpfner, Pflück & Kinnen, 2014), in
Zwanghaft erfasst Zwangsgedanken, -hand-            welcher Adaptionen in den einzelnen Erhe-
lungen und Intrusionen. Konzentrations-             bungsinstrumenten in Entsprechung zur

Tabelle 2: Demographische Daten der 238 Teilnehmenden, die in die Berechnung mit aufgenommen
wurden (davon mit sonderpädagogischem Förderbedarf).

                 15­17 Jahre     18­19 Jahre    20­24 Jahre       Älter als 24   Keine
                                                                  Jahre          Altersangabe
Männlich           92 (17)           36 (3)            21 (3)          5 (1)              -
Weiblich           37 (11)           18 (4)            13 (3)          1 (0)              -
Gesamt            129 (28)           54 (7)            34 (6)          6 (1)         15 (0)
10                                          Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

amerikanischen Originalfassung vorgenom-               Die EFA wurde ausgewählt, da die Aufde-
men wurden und die auf einer breiten Nor-              ckung einer Skalenstruktur verfolgt wird,
mierung aus dem deutschen Sprachraum                   die möglichst unabhängig voneinander ist,
basiert. Die für die eigene Untersuchung               während die Items selbst hohe Korrelatio-
zugrunde gelegten Daten wurden jedoch                  nen innerhalb der Skalen aufweisen sollen.
noch mit der ersten Fassung der Achen-                 Gleichzeitig kann mit der EFA die Komple-
bachskalen erhoben.                                    xität der Fragen reduziert werden (Tabach-
                                                       nick & Fidell, 2007). Das Ziel der Itemre-
Ablauf                                                 duktion ergibt sich aus der Annahme, dass
                                                       nicht alle Items relevant für die Stichprobe
Der Fragebogen wurde inklusive eines                   sind und gleichzeitig aus dem Wunsch, ein
Mantelbogens zur kategorialen Erfassung                möglichst ökonomisches Instrument für die
demographischer Daten an die beteiligten               Zielgruppe bereitzustellen.
Beruflichen Schulen gesandt, dort anonymi-                 In die Analysen wurden die 119 erhobe-
siert bearbeitet und an die wissenschaftli-            nen Items mit einbezogen, also auch dieje-
che Begleitung zurückgeschickt. Hierbei                nigen, die lediglich in die Gesamtskala mit
wurden jedoch nur die 119 Items zu den                 einfließen („Andere Probleme“) und – im
Problemskalen eingesetzt, da die anderen               Gegensatz zur Originalfassung – diejenigen
Aspekte des Fragebogens (Ressourcen) über              Items, welche sozial erwünschtes Verhalten
ergänzende Erhebungsinstrumente erfasst                im Selbsturteil erfassen.3
worden sind. Die Berufsschülerinnen und                    Mittels Hauptachsen-Faktorenanalyse
-schüler wurden in einem Schreiben über                und darauffolgender obliquer Promax-Rota-
den Modellversuch, das Erhebungsinstru-                tion und Scree-Test wurde die Überprüfung
ment und das Ziel der Studie aufgeklärt und            nach Empfehlung von Bortz (2005) durch-
unterzeichneten die Einverständniserklä-               geführt. Die Hauptachsen-Faktorenanalyse
rung. Für minderjährige Schülerinnen und               wurde angewendet, da nicht alle Items mul-
Schüler unterzeichneten die Erziehungsbe-              tivariat-normalverteilt aufgetreten sind und
rechtigten die Einverständniserklärung.                die Methode gegen diese Annahme robust
                                                       ist (Bühner, 2011; Osborne & Costello,
Statistische Analyse                                   2009). Die oblique Promax-Rotation wurde
                                                       gewählt, da die Faktoren nicht in unkorre-
Für die statistische Datenanalyse wurde die            lierter Form vorliegen (Moosbrugger & Har-
Statistiksoftware IBM SPSS 23.0 genutzt.               tig, 2002). Mittels des Kaiser-Meyer-Olkin-
Die Unterschiedsberechnung wurde mittels               Kriteriums wurde die Eignung zur Faktoren-
Multivariater Varianzanalyse (MANOVA)                  analyse überprüft.
für die Faktoren Geschlecht, Alter und an-                 Mit der modifizierten Skalenstruktur
gegebenen sonderpädagogischen Förderbe-                wurde die Korrelation (r) der Skalen unter-
darf durchgeführt. Die MANOVA gilt als                 einander ermittelt, um die Zusammenhänge
robust gegen ungleich große Stichproben-               zu prüfen. Mittels MANOVA wurde der Ein-
größen, ab einer Stichprobengröße von ≥                fluss des Geschlechts und der weiteren Fak-
30 kann auf die Überprüfung der Normal-                toren Alter und Förderbedarf sowohl auf die
verteilung verzichtet werden (Bortz &                  Originalstruktur als auch die modifizierte
Schuster, 2010).                                       Struktur der Skalen überprüft.
    Zur Ermittlung einer Faktorenstruktur                  Als statistische Kennwerte werden Mit-
wurde eine Explorative Faktorenanalyse                 telwert (M), Standardabweichung (SD), die
(EFA) über die Gesamtstichprobe berechnet.             Trennschärfe (rit), die Effektstärke (ηp2) und

3
    Es handelt sich hierbei um die Kontrollitems mit den folgenden Nummerierungen: 2, 4, 6, 15, 28, 49, 59,
    60, 73, 78, 80, 88, 92, 98, 106, 107, 108 und 109.
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                            11

die interne Konsistenz (Cronbach´s α) auf-          lehnung an die ursprüngliche Konstruktion
geführt. Die Kommunalität wird nicht be-            wurde allerdings die Entscheidung für eine
richtet, da sich im Gegensatz zur Original-         übersichtlichere und der Itemzahl stärker
version gegen eine Hauptfaktorenanalyse             entsprechende 7-Faktorenlösung getroffen.
und für eine Hauptachsen-Faktorenanalyse            Mit dem Ziel der Itemreduktion wurden
entschieden wurde.                                  nach Stevens (1996) alle Items mit einem
    Da die Anzahl der Fälle 238 vollständig         Eigenwert von ≥ .364 eingeschlossen (vgl.
abgeschlossene Befragungen beträgt, erfül-          Tab. 3). Dies entspricht einem konservative-
len die zugrunde liegenden Daten das                ren Wert als dem in der Originalversion ver-
Kriterium der Mindestanzahl von Fällen              wendeten von ≥ .30. Items mit kritischen
(N > 100) für die Faktorenanalyse (Bühner,          Doppelladungen ab dem nach Stevens
2011). Nicht vollständig ausgefüllt vorlie-         (1996) ermittelten Wert von ≥ .364 wurden
gende Datensätze wurden von der Berech-             entfernt; zuvor wurden sie allerdings noch
nung der Faktorenanalyse und der Berech-            auf inhaltliche Relevanz geprüft – bezie-
nung der Kennwerte ausgeschlossen (vgl.             hungsweise mit den besonders hoch laden-
Norušis, 2011).                                     den Items aus Erhebungen mit dem Instru-
                                                    ment im Kontext der Beruflichen Bildung
                                                    abgeglichen (Stein & Ebert, 2010; Stein et
                                                    al., 2015). Aus den inhaltlichen Erwägun-
Ergebnisse                                          gen und Abgleichungen wurden insgesamt
                                                    neun weitere relevante Items in die vorläu-
Faktorenanalyse                                     fige Fassung mit aufgenommen und in der
                                                    Sammlung „Andere Probleme“ zusammen-
Der Kaiser-Meyer-Olkin-Wert von .775                gefasst (s. Tabelle 5).
weist darauf hin, dass sich die erhobenen               Mit der reduzierten Auswahl an Items
Ausgangsdaten „ziemlich gut“ für eine Fak-          (insgesamt 71) wurde eine zweite explorati-
torenanalyse eignen (Brosius, 1998). Der            ve Faktorenanalyse berechnet. Es ergibt sich
Scree-Plot verweist auf eine ein-, drei- oder       hierdurch erneut eine siebenfaktorielle
siebenfaktorielle Lösung, letztere beinhaltet       Struktur mit einem Gesamtanteil aufgeklär-
einen aufgeklärten Va-
rianzanteil von 36.98
% (Abb. 1).
    Die Analyse der er-
klärten Gesamtvarianz
mittels des Kaiser-
Guttmann-Kriteriums
ergab eine 35-Faktoren-
lösung, da 35 Faktoren
einen Eigenwert > 1
aufwiesen. Diese reprä-
sentieren 72.08 % der
aufgeklärten Varianz.
Auf Grund der bisheri-
gen Untersuchungen
und der Validierung der
deutschen Version (Ar-
beitsgruppe Deutsche
Child Behavior Che-          Abbildung 1. Darstellung der Eigenwerte im Scree-Plot der Hauptach-
cklist, 1998) und in An-     sen-Faktorenanalyse mit Promax-Rotation.
12                                           Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

Tabelle 3 (diese und folgende Seiten): Hauptachsen-Faktorenanalyse mit einer siebenfaktoriellen Lö-
sung und promax-rotierter Faktormatrix, eingeschlossen wurden Ladungen ≥ .364.

Nr. Item                                               F1     F2     F3     F4     F5     F6     F7
     1 Ich verhalte mich zu jung für mein Alter
     2 Ich leide unter Heuschnupfen oder anderen
         Allergien*
     3 Ich streite häufig oder widerspreche                  .486
     4 Ich leide unter Asthma*
     5 Ich verhalte mich wie jemand des anderen
         Geschlechts
     6 Ich mag Tiere*
     7 Ich gebe an, schneide auf, prahle gern
     8 Ich habe Schwierigkeiten mich zu                      .454
         konzentrieren oder länger aufzupassen
     9   Ich komme von bestimmten Gedanken            .383
         nicht los
  10     Ich kann nicht lange stillsitzen                    .601
  11     Ich bin zu abhängig von Erwachsenen
  12     Ich fühle mich einsam                        .681
  13     Ich bin durcheinander oder zerstreut         .489
  14     Ich weine viel                               .435                  .400
  15     Ich bin sehr ehrlich*                               -.373                        .483
  16     Ich bin gemein zu anderen                                   .419
  17 Ich bin tagsüber verträumt oder in               .411
     Gedanken
  18 Ich habe mich absichtlich verletzt oder                         .405
     versucht, mich umzubringen
  19 Ich möchte viel Aufmerksamkeit oder
         Beachtung bekommen
  20 Ich mache meine eigenen Sachen kaputt
  21 Ich mache Sachen kaputt, die anderen
         gehören
  22     Ich gehorche meinen Eltern nicht
  23     Ich gehorche in der Schule nicht                    .380
  24     Ich esse nicht so gut, wie ich sollte
  25     Ich komme mit anderen Kindern oder                                                      .396
         Jugendlichen nicht zurecht
  26     Wenn ich etwas Unüberlegtes getan habe,
         fühle ich mich nicht schuldig
  27     Ich bin auf andere eifersüchtig              .538
  28     Ich helfe gern anderen, wenn sie Hilfe                                           .390
         benötigen*
  29     Ich fürchte mich vor bestimmten Tieren,
         Situationen oder Orten (außer der Schule)
  30     Ich habe Angst, in die Schule zu gehen                                    .467          .385
  31     Ich habe Angst, etwas Schlimmes zu
         denken oder zu tun
  32     Ich glaube ich muss perfekt sein und alles
         gut können
  33     Ich glaube, dass mich niemand mag            .507
  34 Ich glaube, dass andere mir etwas antun                         .418
         wollen
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                               13

Nr. Item                                             F1     F2     F3     F4     F5     F6     F7
 35 Ich fühle mich wertlos und unterlegen            .658
 36 Ich verletze mich häufig unabsichtlich
 37 Ich gerate oft in Raufereien oder Schlägerei-                  .625
       en
 38    Ich werde oft gehänselt                                                                 .441
 39    Ich bin mit Kindern oder Jugendlichen                       .454
       zusammen, die in Schwierigkeiten geraten
 40    Ich höre Geräusche oder Stimmen, die                                      .452
       sonst niemand zu hören scheint
 41    Ich tue etwas, ohne zu überlegen                     .589
 42    Ich bin lieber allein als mit anderen         .511
       zusammen
 43    Ich lüge oder schwindele                             .519
 44    Ich kaue an meinen Fingernägeln
 45    Ich bin nervös, reizbar oder angespannt       .431
 46    Teile meines Körpers zucken oder machen
       nervöse Bewegungen
 47    Ich habe Alpträume
 48    Ich bin bei anderen Kindern/Jugendlichen                                                .434
       nicht beliebt
 49    Ich kann bestimmte Dinger besser als die
       meisten anderen Kinder*
 50    Ich bin zu furchtsam oder zu ängstlich        .435
 51    Ich fühle mich schwindelig                                         .523
 52    Ich habe starke Schuldgefühle                 .457
 53    Ich esse zu viel
 54    Ich bin immer müde
 55    Ich habe Übergewicht
56 a   Schmerzen (außer Kopf- und Bauchschmer-                            .477
       zen)
56 b   Kopfschmerzen                                                      .690
56 c   Übelkeit                                                           .668
56 d   Augenbeschwerden (ausgenommen solche,                              .368
       die durch Brille korrigiert sind)
56 e   Hautausschläge oder andere Hautprobleme
56 f   Bauchschmerzen oder Magenkrämpfe                                   .768
56 g   Erbrechen                                                          .452
56 h   andere Beschwerden
  57   Ich greife andere körperlich an                             .663
  58   Ich zupfe an der Haut oder kratze mich an                                 .471
       anderen Körperstellen
 59    Ich kann sehr freundlich sein*                                                   .396
 60    Ich probiere gern etwas Neues aus*                                               .441
 61    Ich bin schlecht in der Schule
 62    Ich bin unbeholfen oder schwerfällig          .420
 63    Ich bin lieber mit älteren zusammen als mit
       Jugendlichen meines Alters
 64    Ich bin lieber mit jüngeren als mit
       Jugendlichen meines Alters zusammen
 65    Ich will nicht sprechen                       .460
14                                         Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

Nr. Item                                             F1     F2     F3     F4     F5     F6     F7
 66 Ich wiederhole bestimmte Handlungen                                          .437
      immer wieder (wie unter Zwang)
 67 Ich laufe von zu Hause weg                                     .371
 68 Ich schreie viel
 69 Ich bin verschlossen, behalte Dinge für          .547
      mich
 70   Ich sehe Dinge, die andere nicht zu sehen                                  .533
      scheinen
 71   Ich bin befangen oder werde leicht verlegen    .409
 72   Ich zündele gerne oder habe schon Feuer                                    .470
      gelegt
 73   Ich kann mit meinen Händen geschickt                                              .390
      umgehen*
 74   Ich produziere mich gerne oder spiele den
      Clown
 75   Ich bin schüchtern                             .654
 76   Ich schlafe weniger als die meisten                          .393
      Jugendlichen
 77   Ich schlafe tagsüber und nachts mehr als                            .390
      die meisten Jugendlichen
 78   Ich habe viel Phantasie*                                                          .374
 79   Ich habe Probleme mit dem Sprechen                                         .554
 80   Ich setze mich für meine Rechte ein*                                              .394
 81   Ich habe zu Hause gestohlen
 82   Ich habe anderswo gestohlen
 83   Ich horte Dinge, die ich nicht brauche                                     .367
 84   Ich tue Dinge, die andere Leute seltsam                                    .417
      finden
 85   Ich habe Gedanken oder Ideen, die andere
      Leute seltsam finden würden
 86   Ich bin eigensinnig, dickköpfig                       .425
 87   Meine Stimmung oder Gefühle wechseln           .404
      plötzlich
 88   Ich bin gerne mit anderen Leuten zusam-
      men*
 89   Ich bin misstrauisch
 90   Ich fluche oder gebrauche unanständige                .481
      Wörter
 91   Ich denke darüber nach, mich umzubringen       .369
 92   Ich bringe andere gern zum Lachen*                                                .516
 93   Ich rede zu viel                                      .465
 94   Ich hänsele andere gern
 95   Ich gerate leicht in Zorn, habe ein hitziges
      Temperament
 96   Ich denk zu viel an sexuelle Dinge
 97   Ich habe anderen gedroht sie zu verletzen                    .715
 98   Ich bin hilfsbereit*                                                              .536
 99   Ich bin zu sehr auf Ordentlichkeit oder
      Sauberkeit bedacht
100   Ich habe Schlafprobleme
101   Ich schwänze die Schule oder einzelne
      Schulstunden
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                                     15

Nr. Item                                             F1      F2     F3      F4      F5      F6        F7
102 Ich habe nicht genug Energie
103 Ich bin unglücklich, traurig oder niederge-     .727
      schlagen
104   Ich bin lauter als andere Jugendliche
105   Ich trinke Alkohol, nehme Drogen oder                        .478
      Medikamente, die nicht von einem Arzt
      verschrieben wurden
106   Ich versuche anderen gegenüber fair zu                                               .514
      sein*
107   Ich habe Spaß an einem guten Scherz*                                                 .540
108   Ich nehme das Leben gerne von der                     .542
      leichten Seite*
109   Ich versuche, anderen Menschen zu helfen,                                            .631
      wenn ich kann*
110   Ich möchte gerne dem anderen Geschlecht
      angehören
111   Ich bin zurückhaltend, nehme keinen           .675
      Kontakt zu anderen auf
112   Ich mache mir viele Sorgen                    .654
Anmerkungen. Mit „*“ markierte Items sind Kontrollitems zur Beurteilung der sozialen Erwünschtheit.

ter Varianz von 42.87 %. Doppelladungen              Auf Item 67 wurde ebenfalls verzichtet, da
wurden inhaltlich geprüft und auf Grund              auch dieses in der neuen Validierung des
inhaltlicher Relevanz der jeweils höher la-          Fragebogens (Döpfner et al., 2014) nicht
denden Skala zugeordnet: Hierbei handelt             mehr mit aufgegriffen wurde. Die übrigen
es sich um die Items mit der ursprünglichen          neun wiesen keine bedeutungsvolle Faktor-
Nummerierung 16 (Ich bin gemein zu an-               ladung auf. Konservativ betrachtet verblei-
deren), 33 (Ich glaube, dass mich niemand            ben damit 59 Items auf sieben Skalen (vgl.
mag) und 35 (Ich fühle mich wertlos und              Tab. 4 und 5), nach inhaltlicher Abglei-
unterlegen). Auf Grund zu geringer Ladung            chung (vgl. oben) ergeben sich jedoch 68
fielen weitere 12 Items weg (Item 27, 45,            Items auf acht Skalen.
50, 52, 56d, 67, 73, 76, 77, 78, 87 und 91               Auf Grund der neu entstandenen Struk-
der ursprünglichen Nummerierung), zwei               tur lassen sich die Faktoren inhaltlich neu
davon waren Kontrollitems (Item 73 und 78)           benennen (einzusehen in Tabelle 3). Die
– sie wurden ebenfalls außen vor gelassen.           Skalen finden sich in ähnlicher Struktur zur

Tabelle 4: Die neue Skalenstruktur nach der EFA und deren Reliabilitätsmaße der internen Konsistenz
(kategorisiert nach Blanz, 2015) und der Trennschärfe von den N = 238 ausgewählten Fällen.
Skala                                                Anzahl Interne Konsistenz           Trennschärfe
                                                     Items    (Cronbach´s α)                  (rit)
Skala 1: Niedergeschlagenheit und Rückzug             14      .88 (gut / hoch)             .46 – .74
Skala 2: Oppositionelles Verhalten                    11      .80 (gut / hoch)             .35 – .57
Skala 3: Somatisierung                                  6     .82 (gut / hoch)             .50 – .68
Skala 4: Zwänge und Intrusionen                         9     .80 (gut / hoch)             .45 – .61
Skala 5: Prosoziales Verhalten                          9     .75 (akzeptabel)             .30 – .58
Skala 6: Aggressives Verhalten                          6     .73 (akzeptabel)             .37 – .62
Skala 7: Empfundener Ausschluss                         4     .71 (akzeptabel)             .41 – .55
16                                             Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

Tabelle 5 (diese und nächste Seite): Hauptachsen-Faktorenanalyse mit einer siebenfaktoriellen Lösung
und promax-rotierter Faktormatrix, eingeschlossen wurden Ladungen ≥ .364.

Nr.    Item                                                    F1    F2     F3     F4    F5   F6    F7
Skala 1: Niedergeschlagenheit und Rückzug
 1.    Ich komme von bestimmten Gedanken nicht los (9)     .385
 2.    Ich fühle mich einsam (12)                          .696
 3.    Ich bin durcheinander oder zerstreut (13)           .535
 4.    Ich bin tagsüber verträumt oder in Gedanken (17)    .560
 5.    Ich fühle mich wertlos und unterlegen (35)          .567
 6.    Ich bin lieber allein als mit anderen zusammen (42) .551
 7.    Ich bin unbeholfen oder schwerfällig (62)           .384
 8.    Ich will nicht sprechen (65)                        .501
 9.    Ich bin verschlossen, behalte Dinge für mich (69)   .669
10.    Ich bin befangen oder werde leicht verlegen (71)    .394
11.    Ich bin schüchtern (75)                             .661
12.    Ich bin unglücklich, traurig oder niedergeschlagen  .743
       (103)
13. Ich bin zurückhaltend, nehme keinen Kontakt zu           .660
    anderen auf (111)
14. Ich mache mir viele Sorgen (112)                         .696
Skala 2: oppositionelles Verhalten
 15. Ich streite häufig oder widerspreche (3)                       .479
 16. Ich habe Schwierigkeiten mich zu konzentrieren                 .398
       oder länger aufzupassen (8)
 17.   Ich kann nicht lange stillsitzen (10)                        .530
 18.   Ich bin gemein zu anderen (16)                               .425
 19.   Ich gehorche in der Schule nicht (23)                        .381
 20. Ich tue etwas, ohne zu überlegen (41)                          .480
 21. Ich lüge oder schwindele (43)                                  .478
 22. Ich bin eigensinnig, dickköpfig (86)                           .443
 23. Ich fluche oder gebrauche unanständige Wörter                  .475
     (90)
 24. Ich rede zu viel (93)                                          .519
 25. Ich nehme das Leben gerne von der leichten Seite               .485
     (108)*
Skala 3: Somatisierung
 26. Ich fühle mich schwindelig                                            .531
 27. Schmerzen (außer Kopf- und Bauchschmerzen) (51)                       .468
 28. Kopfschmerzen (56b)                                                   .723
 29. Übelkeit (56c)                                                        .785
 30. Bauchschmerzen oder Magenkrämpfe (56f)                                .819
 31. Erbrechen (56g)                                                       .506
Skala 4: Zwänge und Intrusionen
 32. Ich habe mich absichtlich verletzt oder versucht,                            .437
     mich umzubringen (18)
 33. Ich höre Geräusche oder Stimmen, die sonst                                   .521
     niemand zu hören scheint (40)
 34. Ich zupfe an der Haut oder kratze mich an anderen                            .417
     Körperstellen (58)
 35. Ich wiederhole bestimmte Handlungen immer                                    .594
     wieder (wie unter Zwang) (66)
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                                 17

Nr.   Item                                                   F1   F2   F3    F4     F5     F6     F7
 36. Ich sehe Dinge, die andere nicht zu sehen scheinen                     .609
      (70)
 37. Ich zündele gerne oder habe schon Feuer gelegt                         .504
     (72)
 38. Ich habe Probleme mit dem Sprechen (79)                                .496
 39. Ich horte Dinge, die ich nicht brauche (83)                            .594
 40. Ich tue Dinge, die andere Leute seltsam finden (84)                    .578
Skala 5: prosoziales Verhalten
 41. Ich helfe gern anderen, wenn sie Hilfe benötigen*                             .417
    (28)
42. Ich kann sehr freundlich sein (59)*                                            .418
43. Ich probiere gern etwas Neues aus (60)*                                        .433
44.   Ich setze mich für meine Rechte ein (80)*                                    .407
45.   Ich bringe andere gern zum Lachen (92)*                                      .564
46.   Ich bin hilfsbereit (98)*                                                    .657
47.   Ich versuche anderen gegenüber fair zu sein (106)*                           .566
48.   Ich habe Spaß an einem guten Scherz (107)*                                   .522
49.   Ich versuche, anderen Menschen zu helfen, wenn                               .687
      ich kann (109)
Skala 6: aggressives Verhalten
 50. Ich glaube, dass andere mir etwas antun wollen                                       .381
    (34)
51. Ich gerate oft in Raufereien oder Schlägereien (37)                                   .740
52. Ich bin mit Kindern oder Jugendlichen zusammen,                                       .413
    die in Schwierigkeiten geraten (39)
53. Ich greife andere körperlich an (57)                                                  .678
54. Ich habe anderen gedroht sie zu verletzen (97)                                        .681
55. Ich trinke Alkohol, nehme Drogen oder Medika-                                         .380
      mente, die nicht von einem Arzt verschrieben
      wurden (105)
Skala 7: empfundener Ausschluss
 56. Ich komme mit anderen Kindern oder Jugendlichen                                             .433
    nicht zurecht (25)
57. Ich glaube, dass mich niemand mag (33)                                                       .643
58. Ich werde oft gehänselt (38)                                                                 .583
59. Ich bin bei anderen Kindern/Jugendlichen nicht                                               .548
      beliebt (48)
Andere Probleme
  a. Ich bin auf andere eifersüchtig (27)
 b. Ich bin nervös, reizbar oder angespannt (45)
  c. Ich bin zu furchtsam oder zu ängstlich (50)
 d. Ich habe starke Schuldgefühle (52)
  e. Augenbeschwerden (56d)
  f. Ich schlafe weniger als die meisten Jugendlichen (76)
  g. Ich schlafe tagsüber und/oder nachts mehr als die
      meisten Jugendlichen (77)
  h. Meine Stimmung oder Gefühle wechseln plötzlich
      (87)
   i. Ich denke darüber nach, mich umzubringen (91)
Anmerkungen. In () ist die ursprüngliche Item-Nummerierung angegeben. Mit „*“ markierte Items sind in
der ursprünglichen Version Kontrollitems zur Beurteilung der sozialen Erwünschtheit.
18                                          Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

Tabelle 6: Gegenüberstellung der Skalen aus der Originalversion mit der neuen, möglichen modifizier-
ten Version (Anzahl Items).
Originalversion nach Achenbach (Döpfner                 Ermittelte Dimensionen für Berufsschü­
et al., 1998)                                           lerinnen und ­schüler
Sozialer Rückzug (7)                                    Niedergeschlagenheit und Rückzug (14)
Körperliche Beschwerden (9)                             Somatisierung (6)
Ängstlich depressiv (16)                                -
Soziale Probleme (8)                                    -
Schizoid/ Zwanghaft (7)                                 Zwänge und Intrusionen (9)
Aufmerksamkeitsprobleme (9)                             -
Dissoziales Verhalten (11)                              Oppositionelles Verhalten (11)
Aggressives Verhalten (19)                              Aggressives Verhalten (6)
-                                                       Empfundener Ausschluss (4)
Andere Probleme (20)                                    Andere Probleme (9)

Originalversion wieder, teilweise jedoch                nem Arzt verschrieben wurden“ trug zur
mit weniger Items und somit auch mit ei-                Verbesserung der internen Konsistenz der
nem inhaltlich modifizierten Schwerpunkt                Skala „Aggressives Verhalten“ bei (von α =
(vgl. Tab. 5 und 6).                                    .73 auf α = .74). Die Trennschärfe aller Items
    Für alle Skalen fand sich eine interne              lag im akzeptablen Bereich (rit > .3) nach
Konsistenz im akzeptablen bis guten/hohen               Fisseni (2004) (vgl. Tab. 4).
Bereich (Cronbach´s α von .710 bis .880)                    Die Interkorrelationen der Skalen sind
(vgl. Blanz, 2015). Lediglich die Entfernung            zwischen schwach und stark einzustufen
des Items „Ich trinke Alkohol, nehme Dro-               und reichen von r = -.13 bis r = .50. Somit
gen oder Medikamente, die nicht von ei-

Tabelle 7: Interkorrelation der Skalen des modifizierten YSR/11-18 sowie erzielte Mittelwerte (M) und
Standardabweichungen (SD) der Stichprobe.
YSR in der           1       2      3       4       5      6       7     Gesamt        Mit      Ohne
Berufsschule                                                                       Förderbe­ Förderbe­
                                                                         M (SD)       darf       darf
                                                                         N = 238    M (SD)     M (SD)
                                                                                    N = 41     N = 197
1 Niederge-                                                              .45 (.39)   .46 (.40)  .45 (.39)
   schlagenheit
   und Rückzug
2 Oppositionel- .35**                                                      .64 (.36)  .58 (.38)     .68 (.36)
   les Verhalten
3 Somatisierung .45** .30**                                                .25 (.38)  .31 (.40)     .24 (.38)
4 Zwänge und         .48** .37** .43**                                     .16 (.27)  .14 (.27)     .16 (.29)
   Intrusionen
5 Prosoziales         -.07   .02   -.04 -.01                              1.61 (.33) 1.60 (.34) 1.62 (.33)
   Verhalten
6 Aggressives        .32** .42** .31** .46** -.13*                         .25 (.33)  .25 (.33)     .26 (.33)
   Verhalten
7 Empfundener .50** .23** .40** .32** -.16* .53**                          .17 (.31)  .21 (.32)     .16 (.31)
   Ausschluss
Anmerkungen. Auf Grund der stark differierenden Anzahl Items pro Skala wurde zur verbesserten Vergleich-
barkeit der Mittelwert über die Anzahl der Items berechnet und nicht der Skalensummenmittelwert. * zwei-
seitig signifikant auf dem Niveau p ≤ .05; ** zweiseitig signifikant auf dem Niveau p ≤ .001. Es fanden sich
keinerlei signifikante Unterschiede der Schülerinnen und Schüler mit und ohne festgestellten sonderpäda-
gogischen Förderbedarf.
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                                       19

entsprechen sie den theoretisch erwarteten              Diskussion, Limitationen
Zusammenhängen (vgl. Tab. 7).                           und Fazit
                                                        Ziel dieser Untersuchung war es zu prüfen,
Unterschiedsanalyse                                     inwiefern sich für das Instrument YSR (Ar-
                                                        beitsgruppe Deutsche Child Behavior Che-
Die ursprüngliche Skalenstruktur wurde auf              cklist, 1998) eine nachvollziehbare Fakto-
Unterschiede bezüglich des Geschlechts                  renstruktur zur Nutzung bei der spezifi-
und der Einflussfaktoren Alter und Förder-              schen Zielgruppe von Schülerinnen und
bedarf mittels MANOVA geprüft. In der                   Schülern an Berufs- und Berufsfachschulen
Ausgangsversion wies der Faktor Geschlecht              ergibt und wie diese Faktorenstruktur zu be-
bei den N = 238 Schülerinnen und Schülern               schreiben ist. Hierzu wurde auf eine vor-
einen signifikanten Haupteffekt auf mit Pil-            handene Datenbasis aus einem bayernwei-
lai Spur F(9,214) = 2.58, p = .008, ηp2 = .10,          ten Forschungsprojekt zurückgegriffen; der
das Alter und der Förderbedarf zeigten kei-             YSR fand hierbei Verwendung, da er, im
ne Effekte (p > .05). Der signifikante Einfluss         Gegensatz zu anderen Instrumenten (z.B.
des Geschlechts trat ausschließlich auf der             dem SCL-90 oder dem PHQ-D), eine mehr-
Skala Körperliche Beschwerden mit F(1,222)              perspektivische Sichtweise ermöglicht, wel-
= 9.15, p = .003, ηp2 = .04 auf, wobei Schü-            che explizit für die Beantwortung einzelner
lerinnen mit M = 1.46 (SD = .38) höhere                 Forschungsfragen von Relevanz war.
Werte      aufwiesen     als    die    Schüler              In der nachgängigen Analyse des Daten-
(M = 1.19, SD = .27).                                   materials konnte die Struktur der ersten
    Um Unterschiede zwischen der Origi-                 deutschsprachigen Fassung des YSR (1998)
nalstruktur und der neuen Struktur zu über-             nicht vollständig repliziert werden; den-
prüfen, wurden die inhaltlich korrespondie-             noch ergaben sich Ähnlichkeiten, verbun-
renden neuen Dimensionen ebenfalls mit-                 den mit einer deutlich reduzierten Anzahl
tels MANOVA mit dem Hauptfaktor Ge-                     von Items. Wegen geringer Ladung findet
schlecht und den weiteren Einflussfaktoren              sich die Hälfte der ursprünglich 119 Items
Alter und Förderbedarf überprüft.                       in der neuen Faktorenstruktur von sieben
    Die Prüfung auf Unterschiede der neuen              Skalen nicht wieder. Insgesamt ergibt sich
Skalenstruktur ergab ebenfalls einen signi-             somit eine kompakte Version aus 68 Items
fikanten Haupteffekt für das Geschlecht                 (59 Items auf sieben Skalen zzgl. 9 Items in
(Pillai Spur F(8,215) = 2.98, p = .004, ηp2 =           der Sammlung „Andere Probleme“). Die
.10); dieser zeigte sich ebenfalls nur auf der          Faktoren wiesen sowohl bezüglich der
Skala Somatisierung mit F(1,222) = 12.01,               Items als auch bezüglich der Reliabilitäts-
 p < .001, ηp2 = .05. Die Schülerinnen wie-             analysen zufriedenstellende Maße auf.
sen erneut höhere Werte auf (M = 1.46,                      Die veränderte Item- und Skalenstruktur
SD = .44) als die Schüler mit M = 1.15                  lässt vermuten, dass einige Items eventuell
(SD = .29). Das Alter wies keinen Effekt auf,           nicht altersentsprechend und deshalb aus-
ebenso ergab sich kein Unterschied zwi-                 zuschließen waren. Andererseits könnten
schen Schülerinnen und Schülern mit und                 hierfür auch die spezifischen Entwicklungs-
ohne Förderbedarf (p > .05)4.                           aufgaben sowie der veränderte Lebenskon-
                                                        text von Heranwachsenden, insbesondere
                                                        auch die Berufsausbildung und die damit
                                                        einhergehenden Setzungen, eine Rolle
                                                        spielen. Diese eruierten Aspekte gilt es für
4
    Die Mittelwerte wurden statt der eigentlich für die CBCL üblichen Rohwerte aufgeführt, da diese auf
    Grund der differierenden Itemanzahl der gegenübergestellten Skalen aussagekräftiger für eine Interpreta-
    tion sind.
20                                     Sophie Clara Holtmann, Hans-Walter Kranert & Roland Stein

das langfristige Vorhaben der Autoren – der      zu einer Veränderung der inhaltlichen Aus-
Entwicklung eines Instruments zur ökono-         gestaltung von Lehr- und Lernprozessen.
mischen Erfassung von Belastungen im Ver-        Hierdurch könnte sich die Wahrnehmung
halten und Erleben in einer Altersspanne         von Aufmerksamkeitsproblemen interindi-
von 15 bis vornehmlich 25 Jahren unter           viduell verändern.
dem Aspekt der Mehrperspektivität – zu be-           Limitierend ist zu bemerken, dass die
rücksichtigen.                                   Struktur ausschließlich an einer selektiven
    Die Korrelationen der Skalen fielen er-      Stichprobe, nämlich Berufsschülerinnen
wartungsgemäß aus, einzig für die Skala          und -schülern, gewonnen wurde und sich
„Prosoziales Verhalten“ ergaben sich keine       die gewonnenen Erkenntnisse demnach
signifikanten Zusammenhänge. Jedoch              nicht per se auf sämtliche Bildungsgänge in
spiegelt die Ausrichtung der Korrelationsko-     der Sekundarstufe II bzw. die dort vorzufin-
effizienten – in negativer Richtung – ein er-    denden Altersbereiche generalisieren las-
wartbares Moment dar, da es sich hierbei         sen. Jedoch wird hierdurch die Altersstich-
um eine ressourcenorientierte Skala han-         probe jenseits von 18 Jahren im schulischen
delt, die damit von den anderen Skalen in-       Kontext dezidiert in den Blick genommen.
haltlich erheblich divergiert. Erstaunlich ist       In der zugrundeliegenden Stichprobe
jedoch der positive, wenn auch nicht signi-      finden sich sowohl Berufsschülerinnen und
fikante Zusammenhang mit der Skala „Op-          -schüler mit sonderpädagogischem Förder-
positionelles Verhalten“. Eventuell könnte       bedarf als auch ohne entsprechende Fest-
in der spezifischen Altersgruppe das Be-         stellungen wieder, da in dem Modellver-
wusstsein der eigenen Kompetenzen stärker        such eine Überrepräsentierung der Schüler-
ausgeprägt sein, bei gleichzeitigem Erken-       schaft mit attestierten Förderbedarfen einge-
nen von alternativen Handlungsweisen im          schlossen wurde. Gleichzeitig konnte aller-
Alltag (Performanz). Auch könnte der positi-     dings kein signifikanter Unterschied zwi-
ve Zusammenhang auf eine soziale Er-             schen Schülerinnen und Schülern mit und
wünschtheit im Antwortverhalten hindeu-          ohne Förderbedarf festgestellt werden. Die-
ten. Insbesondere letzterer Aspekt wäre bei      ser überraschende Befund lässt einerseits
der Entwicklung eines eigenständigen Inst-       vermuten, dass sich das Belastungserleben
ruments kritisch in Betracht zu ziehen.          nicht ausschließlich in der diagnostizierten
    Im Rahmen der neuen Struktur ergibt          Gruppe von förderbedürftigen Schülerinnen
sich keine Skala bezüglich Aufmerksam-           und Schülern niederschlägt. Vielmehr ist es
keitsproblemen, obwohl derartige Auffällig-      als Querschnittsthema auch in dieser spezi-
keiten aufgrund der Prävalenzraten in den        fischen Altersgruppe anzusehen, was die
jüngeren Altersstufen noch vorhanden sein        Notwendigkeit zur Entwicklung eines ei-
dürften. Jedoch kann dieser Aspekt mögli-        genständigen Instruments unterstreicht. An-
cherweise aufgrund der Altersstruktur sowie      dererseits betont es die Notwendigkeit,
der spezifischen Organisation des Berufs-        Items zu generieren, um spezifisch vorhan-
bildenden Systems individuell nicht mehr in      dene Belastungen im Förderschwerpunkt
dieser Qualität von Bedeutung sein. Insbe-       Emotionale und soziale Entwicklung (ESE)
sondere die Teilzeitbeschulung innerhalb         aufzudecken (vgl. Stein, Kranert & Wagner,
des dualen Systems könnte hierfür ein be-        2016).
deutsamer Faktor sein, der sich grundlegend          Mit der vorliegenden Version konnte
von der organisatorischen Rahmung von            eine nachvollziehbare Faktorenstruktur der
Bildungsprozessen in der Sekundarstufe I         Achenbachskalen für den Berufsbildenden
unterscheidet. Trotz eines ganztägigen           Bereich abgebildet werden. Im Vorfeld der
Schultages führen des Weiteren fachprakti-       angestrebten Neuentwicklung eines Erhe-
sche Inhalte sowie eine Ausrichtung am           bungsinstrumentes für dieses Segment wur-
handlungsorientierten Lernfeldkonzept mit        de die stichprobenspezifische Überprüfung
Einsatz des Youth Self Report bei Heranwachsenden                                           21

eines bestehenden Verfahrens vorgenom-                schlossen wurden, wertvolle Hinweise
men, welcher eine angemessene Anzahl                  auf bedeutsame, bisher aber weniger
von Fällen aus bayerischen Berufs- und Be-            berücksichtigte      Belastungsmomente
rufsfachschulen zugrunde lag. Somit konn-             dieser Altersstufe (vgl. Sammlung „An-
ten zumindest für dieses schulische Feld              dere Probleme“). Dies bedarf einer wei-
erste wichtige Erkenntnisse hinsichtlich ei-          teren und tiefergehenden Analyse, evtl.
ner möglichen Skalenstruktur gewonnen                 verbunden mit der Neuentwicklung er-
werden; gleichzeitig wurde die Bedeutung              gänzender Skalen.
eines solchen Verfahrens für die Praxis             • Für die Neuentwicklung eines Instru-
nochmals hervorgehoben.                               mentes wäre es notwendig, entspre-
    Inhaltlich ergeben sich aus der vorlie-           chende Teilgruppen mit unterschiedli-
genden Untersuchung folgende Implikatio-              chen Förderbedarfen, insbesondere aber
nen für die Entwicklung eines eigenständi-            mit dem Förderschwerpunkt ESE, einzu-
gen Instrumentes unter den oben genannten             beziehen, um ggf. spezifische Problem-
Prämissen:                                            lagen solcher Teilgruppen genauer iden-
• Aus (sonder-)pädagogischer Perspektive              tifizieren zu können und um diese Prob-
    können mit dem YSR auch in der Berufs-            lemlagen in der neu zu entwickelnden
    schule relevante Aspekte hinsichtlich             Itemstruktur zu berücksichtigen.
    des Belastungserlebens von Schülerin-           • Das auf der Grundlage der skizzierten
    nen und Schülern erhoben werden; je-              Aspekte neu entwickelte Instrumentari-
    doch stößt das Verfahren u.a. aufgrund            um wäre in der Folge mit Hilfe einer
    seiner genuin klinischen Ausrichtung in           größeren Stichprobe aus dem Bereich
    pädagogischen Kontexten an seine                  der Beruflichen Schulen zu validieren
    Grenzen. Demgemäß wäre es in der                  und zu normieren. Hier wäre zum einen
    Konstruktion eines Verfahrens notwen-             auf eine angemessene Altersstruktur der
    dig, sich stärker auf pädagogische Felder         Stichprobe jenseits von 18 Jahren zu
    hin zu orientieren und auch direktere             achten; zum anderen wäre auch der Ver-
    Ableitungen pädagogischer Maßnah-                 such lohnenswert, das gesamte, breite
    men zu ermöglichen. Dadurch müssten               Feld von Beruflichen Schulen – jenseits
    aus einer interaktionistischen Perspekti-         von Berufsschulen wie beispielsweise
    ve auf psychische Belastungen heraus              Berufsoberschulen oder Berufliche
    nicht nur die jungen Menschen selbst in           Gymnasien – abzubilden (vgl. Pahl,
    den Blick genommen werden, sondern                2018).
    auch die Gestaltung ihres Lernumfeldes;         • Die für das Lebensalter der Heranwach-
    darüber hinaus gälte es nicht nur die             senden relevanten Entwicklungsaufga-
    Problematiken, sondern etwa auch wei-             ben und damit verbundenen möglichen
    tere Kompetenzen und Ressourcen zu                Lebenskrisen müssen insofern bei der
    berücksichtigen (vgl. Fingerle, 2010),            Itementwicklung besonders Eingang fin-
    wie es sich bereits in Ansätzen in der            den.
    Skala „Prosoziales Verhalten“ wider-
    spiegelt. Auch der YSR gibt hierzu in der       Zur praktischen Umsetzung von inklusiven
    Gesamtfassung mit seinen zwei kompe-            Strukturen in der Beruflichen Bildung müs-
    tenzorientierten Skalen Hinweise.               sen die pädagogischen Fachkräfte in die
• Dies zeichnet sich möglicherweise be-             Lage versetzt werden, adaptive Lehr-Lern-
    reits über die Kontrollitems der Ur-            arrangements zu entwickeln. Neben metho-
    sprungsfassung des YSR (1998) ab, die           dischen und personalen Kompetenzen be-
    teilweise auf einzelne Faktoren hoch la-        darf es auch der Ressource, mögliche Un-
    den. Zudem geben einzelne Items, die            terstützungsbedarfe junger Menschen –
    aufgrund der Faktorenanalyse ausge-             möglichst frühzeitig – zu erkennen. Hierfür
Sie können auch lesen