Der Geheimbund - Buchenbeekes Antwort auf den Da Vinci Code

Die Seite wird erstellt Stephan Betz
 
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Buchenbeeke, im Dezember 2006

Der Geheimbund –
Buchenbeekes Antwort auf den Da Vinci Code

Ich weiß gar nicht so recht, wie ich beginnen soll. Manchmal gebe ich
Sven Abramowski und Gerd Brunkhorst die Schuld an der ganzen
Geschichte. Freilich nur im Scherz, denn wenn diese beiden, mit einigen
anderen zusammen die Sache auch forciert haben, so ist die Wurzel
allen Übels schon bei mir selbst zu suchen. Gemeint ist natürlich die
Historie der so genannten „Lesung“.
Ich heiße Euch hier und heute zu einem kleinen Jubiläum herzlich
willkommen. Vor nunmehr 20 Jahren, also im Jahre 1986 geschah es.
Die Freude am Schreiben, die Lust anderen eine Freude zu bereiten und
wer weiß was sonst noch für Gründe „drückten mir“, wie berufene
Dichter zu sagen pflegen, „die Feder in die Hand“. So entstand damals
die erste Geschichte um Pippo, den kleinen Schlittenlenker. In den
beiden Jahren darauf folgte noch jeweils eine Fortsetzung. Dann geriet
diese schöne Geschichte etwas in Vergessenheit. Bis wir an einem
nebligen Herbsttag des Jahres 1999 mit einigen Leuten im so genannten
„Igelhaus“, dem Jugendzentrum, bei vielen, vielen Bieren zusammen
saßen. Ich weiß nicht mehr genau, wie wir dann auf die
Weihnachtsmärchen-Trilogie aus den Jahren 1986-88 zu sprechen
kamen. In jedem Fall wurde der Wunsch geäußert, diese Episoden doch
auch einmal hören zu wollen. Dieser Bitte wurde entsprochen und man
kam überein, den kleinen Schlittenlenker doch wieder auferstehen zu
lassen. Und um das Ereignis der Öffentlichkeit von vornherein
zugänglich zu machen, beschloss man, dass das Vorlesen in der
Ballerbude stattfinden sollte. Heute ist dieser Begriff ja eher etwas
verpönt, die Geschichte zeigt jedoch, dass dieses Wort schon im Jahre
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1999 kreiert worden ist. Wie dem auch sei, elf Jahre nach seinem letzten
Auftritt erhob sich Pippo wie der Phoenix aus der Asche, um mit den
anderen Bewohnern von Buchenbeeke ein unvergleichliches Comeback
zu feiern.
Vieles hat sich seitdem getan. Mittlerweile sind es 83 fiktive Personen
und einige Gastrollen, die in den verschiedenen Geschichten erwähnt
werden. Bei dieser Fülle von Mitstreitern ist es nicht mehr möglich, allen
immer wieder eine Rolle auf den Leib zu schreiben. Es ist also nicht
böse gemeint, wenn sich einige Akteure vergangener Märchen dieses
Mal nicht wieder erkennen werden. Diese sind jedoch nicht in
Vergessenheit geraten und werden sich bei entsprechenden Handlungen
in den nächsten Märchen mit Sicherheit wieder einbauen lassen.

Gestaltete sich die Lesung in den ersten Jahren noch als eine
Veranstaltung mit nur wenigen Zuhörern, so ist die Inszenierung in den
letzten Jahren doch erheblich gewachsen. An erster Stelle möchte ich da
meine beiden Engelchen nennen. Sigrid und Prolita sind mittlerweile bei
der Lesung nicht mehr wegzudenken. Assistiert vom unermüdlichen
Hexenhammer schaffen sie jetzt jedes Mal ein Ambiente, das den
Zuhörern und Zuschauern sehr lieb geworden ist. Auch eine mehrmalige
jährliche Erwähnung im Wehrmachtsbericht der Traumburger
Nachrichten trägt zur gesteigerten Popularität des Buchenbeeker
Weihnachtsmärchens bei. Lieber Christoph, herzlichen Dank dafür. Die
von meinem Bruder Wilfried immer auf vorbildliche Weise in Schuss
gehaltene Homepage von Wiedenbrügge bietet darüber hinaus noch die
Möglichkeit, die Geschichten auch außerhalb der Saison noch einmal in
Ruhe ansehen zu können. Auch Dir ist der Dank des Vaterlandes
gewiss.

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Damit aber nun genug der Lobhudelei. Die Brenninkmeyer zugeknöpft,
den Buchbinder zurecht gezogen, den Cognac eingeschenkt, jetzt kann
es richtig losgehen. Die Frage ist allerdings, ob mir der Stumpen noch so
gut bekommt wie in den letzten Jahren, nachdem ich ja wieder zum
Nichtraucher konvertiert bin. Egal, die Feingerippte, passend zu
Strickjacke und Schlips wird es schon aushalten.
Und dieses Mal ist die Lesung sogar wirklich lehrreich. Ja, ihr könnt hier
heute noch richtig was lernen oder das Gelernte doch auffrischen. Wie
das passieren kann, werdet ihr jetzt erfahren. Denn nun Vorhang auf und
Feuer frei für das Weihnachtsmärchen 2006.

Wir schreiben das Jahr 9 nach Christi Geburt. Ganz Germanien ist von
den Römern bedroht. Unter Quintilius Varus ziehen die 17., 18. und 19.
römische Legion durch das heutige Norddeutschland, um den
aufständischen Ureinwohnern ihren Willen aufzuzwingen. Doch ihr
Vordringen ist nicht unbemerkt geblieben. In einem kleinen Dorf
zwischen Rhein und Weser, unweit eines großen Binnensees wird
bereits darüber Kriegsrat gehalten, wie den Eindringlingen am besten
Einhalt geboten werden könnte.
Beim Thing auf dem Versammlungsplatz hatte soeben der große
Häuptling Roderik das Wort ergriffen.
„Wie mir unsere Späher gerade gemeldet haben, sind die Römer mit
neuen, starken Verbänden auf unser Gebiet vorgedrungen. Das können
wir unter gar keinen Umständen dulden. Schon jetzt ist die Anwesenheit
dieser Eroberer eine unerträgliche Schmach. Wenn wir den Feind jetzt
vernichtend schlagen, haben wir ein für alle mal Ruhe vor diesen
Verbrechern. Und die vier uns umgebenden Römerlager
Keinerschertsichdrum, Schrottscherum, Lichterum und Viktorum machen
wir dabei auch gleich dem Erdboden gleich.“

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Jubelnd bekundeten die Anwesenden ihre Zustimmung zu den Worten
ihres Häuptlings.
„Aber die Römer sind viel mehr als wir und auch besser bewaffnet, “ gab
der als etwas zögerlich bekannte Elektrik zu bedenken.
„Ach was, den hauen wir die Jacke voll, das es nur so raucht.“
Wer anders als der starke Rollik konnte diese Worte gesprochen haben.
Er hatte den Spähtrupp geführt und war somit direkt vor Ort gewesen.
„Einer von uns zählt soviel wie fünf von denen. Und schließlich sind wir
ja nicht allein. Die anderen Stämme werden schließlich auch noch
mitmischen. Lasst uns zunächst die Römerlager ringsum vernichten und
dann die neuen Eindringlinge für immer von unserem geheiligten Boden
vertreiben.“
Alle ließen sich von dieser Euphorie mitreißen und das Thing beschloss,
wie folgt vorzugehen. Es sollten zunächst vier Gruppen gebildet werden,
die die Römerlager auszuradieren hatten.
Die Führer dieser Trupps waren:
Gegen Keinerschertsichdrum übernahm der gewaltige Ziemlik das
Kommando, adjutiert von Feurik, dem fußfaulen Herrn über Feuer und
Wasser. Die Truppen gegen Lichterum führte der schlobärtige Hüne
Eckik, als Unterführer fungierte hier der quirlige Hendrik.
Mit der Zerstörung von Schrottscherum wurde der alte Recke Luebkik
beauftragt, dem Juristik dabei assistieren sollte. Als der Bezwinger von
Viktorum wurde der listenreiche Dropkik ausgewählt, dem Floristik an die
Seite gegeben wurde.
Ohne viel Zeit zu verlieren wurden die Truppen in die Schlacht geworfen
und konnten auch nach relativ kurzer Zeit Erfolg vermelden. Lediglich
der trotzige Centurio Marcus Bothus aus Schrottscherum wollte sich
zunächst nicht in sein Schicksal fügen. In einem gewaltigen Zweikampf

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mit dem Hünen Knickrik zog er jedoch letztendlich den Kürzeren und
musste seine Niederlage eingestehen.
Nach der Zerschlagung der benachbarten Römerfestungen sammelten
sich die einzelnen Heerhaufen dann wieder, um unter dem Befehl von
Oberhäuptling Roderik und verstärkt durch verbündete umliegende
Stämme den Feldzug gegen Quintilius Varus zu beginnen.
Der schwarzbärtige Geschichtsschreiber Lyrik aus Vuonherestorp
schildert uns eindrucksvoll den Kampf, der dann immerhin zur ewigen
Befreiung Germaniens vom römischen Joch führen sollte und in den
Geschichtsbüchern seither bekannt ist als „Die Schlacht im
Buchenbeeker Wald“.
‚Vom Met aufgeputscht warfen sich die Germanen todesmutig in den
Kampf gegen die zahlenmäßig weit überlegenen Römer. Keiner, der
nicht aus vielen Wunden blutete, vollbrachten die Krieger wahre Wunder
an Heldenmut. Selbst eher klein gewachsene Heroen wie z.B. der
stimmgewaltige und aus Keinerschertsichdrum übergelaufene Mickerik,
wollten nicht zurückstehen und wateten knöcheltief im Blut ihrer Feinde.
Allen voran kämpfte der hünenhafte, rotlockige Athletik, der den
bärenstarken Legionär Bullus im Zweikampf besiegte und den Römern
damit den letzten Funken an Widerstandswillen nahm. Nie war ein Sieg
glänzender erfochten worden als dieser. Kaum einer der vom Tiber
ausgezogenen Mannen sollte das Collosseum jemals wieder sehen. Und
so kam es dann auch zu dem berühmten Ausspruch Kaiser Augustus,
als er von der Vernichtung seiner Truppen hörte:
´Varus, Varus, lass Dich niemals in diesen Regionen nieder´.

Nachdem Roderik die befreundeten Stämme mit reichlich Beute
beschenkt in ihre Dörfer entlassen hatte, machte auch er sich mit seinen
Kriegern auf den Weg nach hause. Dort wurde einer alten Tradition

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folgend ein großes Festmahl vorbereitet. Als dieses nun im vollen Gange
war, dem Met und dem Wildschweinbraten so richtig zugesprochen
wurde, kam es dann in der Pinkelecke des Festplatzes unseres kleinen
germanischen Dorfes zu jener geheimnisumwitterten Zusammenkunft,
die das Zusammenleben der Völker bis hinein in unsere heutige Zeit so
signifikant gestalten sollte.
Zunächst nur von dem Drang getrieben ihre übervollen Blasen zu
entleeren, hatten sich ungefähr ein Dutzend Krieger
zusammengefunden, die nun noch einmal das bisher Geschehene
Revue passieren ließen.
Der listenreiche Billik, seines Zeichens Chronist und Trommelbauer,
hatte wie schon so oft das Wort ergriffen.
„Es kann doch kein Zufall sein, dass ein kleines Dorf in Germanien dazu
ausersehen ist, die Geschicke der Welt zu leiten. Ich glaube, wir sind von
der Vorsehung dazu bestimmt, dem Lauf der Geschichte unseren
Stempel aufzudrücken.“
(Anmerkung des Verfassers: Keine Ahnung, woher Billik damals schon
von Stempeln wusste, die es eigentlich noch gar nicht gab.
Wahrscheinlich entschied sich damals das Schicksal seiner Familie,
später mal zur Post zu gehen. Aber das ist eine andere Geschichte.)
So sprach er jedenfalls und fügte noch hinzu:
„Lasst uns eine geheime Bruderschaft gründen, die sich über die ganze
Welt verteilt und fürderhin die Historie dieses Planeten nicht mehr dem
Zufall überlässt.“
„Wie meinst Du das jetzt genau?“ wollte Hungrik wissen, der den Posten
eines Unterhäuptlings innehatte.
„Nun, wir können nicht alle hier im Dorf bleiben und alles auf uns zu
kommen lassen. Wir werden uns in alle Himmelsrichtungen verstreuen
und uns in die einflussreichsten Positionen dieser Welt schleichen.

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Heimlich bleiben wir natürlich weiterhin alle in Kontakt und tauschen
Informationen aus. Das ist zwar teuflisch, aber saugut, oder nicht?“
„Echt keine schlechte Idee, “ meinte der Dorfschmied und Alchimist
Leitik.
„Aber wie wollen wir unseren Bund nennen?“
Da meldete sich Dropkik in seiner trockenen Art zu Wort.
„Billik hat doch vorhin gesagt, wir wollen der Welt unseren Stempel
aufdrücken. Wir sind alle mit frischem Lorbeer gekränzte Ritter des
Schlachtfeldes. Warum nennen wir unseren Geheimbund also nicht
einfach den „Orden der Stempelritter“?“
Nachdem dieser Vorschlag allgemeine Zustimmung gefunden hatte
beschloss man noch, den Plan nicht auf die lange Bank zu schieben
sondern vielmehr am nächsten Tag in die Tat umzusetzen. Es wurde
lediglich noch vereinbart, wer wohin gehen sollte und das man über
Kuriere in Verbindung bleiben wolle.
So schnürte man seine Bündel und machte sich nächstentags mit den
Seinen auf den Weg, um die Herrschaft über die Welt anzutreten. Im
Laufe der Jahre spann sich ein derart feines Netzwerk um den Planeten,
dass in nahezu allen Institutionen die Bruderschaft der Stempelritter
vertreten war. In dieser Erzählung seien nun nur einige der bekanntesten
Ereignisse aufgeführt, für die die Stempelritter verantwortlich zeichnen.

Wie so oft in den Weihnachtsgeschichten rund um das Dorf
Buchenbeeke sehen wir uns auch diesmal wieder gezwungen, einen
Zeitsprung zu machen. Diesen Galopp durch die Geschichte der
Menschheit ist der gewogene Zuhörer ja mittlerweile gewohnt. Schauen
wir also mal, was sich so in der Gegenwart tut in dem kleinen Dörfchen
diesseits der Hirschburger Berge.

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Nach langem mühsamem Kampf war es den Buchenbeekern endlich
gelungen die im Nachbarort geschlossene Postagentur hinunter ins Tal
zu holen. Im neu gebauten Container war eine kleine Ecke zur
Erledigung aller postalischen Angelegenheiten eingerichtet worden. Zur
Oberposthalterin war deutlich, wenn auch nicht ohne Bedenken,
Christine gewählt worden. Durch ihre einnehmende Art auf dem
Festplatz hatte sie sich wie keine andere für diesen Job empfohlen. Und
bis jetzt waren auch noch keine Beschwerden zu hören gewesen. Sie
saß souverän im Sattel und teilte sich die Arbeit mit Chrisdiane und
Renate. Irgendwann stellte sich aber heraus, dass der 40 Meter lange
Container viel zu groß für nur ein Gewerbe war.
„Sicherlich ist es gut, wenn man in Buchenbeeke einen Brief aufgeben
kann. Aber was ist, wenn sich dabei jemand die Hand oder den Fuß
bricht?“
Den genaueren Sinn dieser Frage von Prolita Wedemüller konnte
niemand so genau ergründen. Jedoch war auch niemand gewillt sich mit
ihr zu streiten und nachdem Sigrid Zebramowski diesen Vorschlag auch
noch massiv unterstützte, kam man schnell überein, eine Krankenstation
im Container einzurichten, die Prolita als Chefärztin und Frau
Zebramowski als Oberschwester Sigrid führen sollten.
Doch damit hatte man die Lawine erst richtig losgetreten. Nun fühlte sich
natürlich die gesamte Damenwelt von Buchenbeeke aufgerufen,
ebenfalls irgendein Gewerbe auf dem Festplatz zu betreiben. Agnes
Sauermeister wurde ein eigenes Pressestudio zugesagt, dass sie
unterstützt von Mareike betreiben wollte.
Die Girlies Katja Wäscher, Frauke Holz und Sandra Reizmann kamen
überein, einen Shop des Merchandisings rund um den Firlefanz von
Buchenbeeke aufzumachen.

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Lediglich der Vorschlag von Ralf Gurke, dass jemand von den Damen
auch noch ein Nagelstudio eröffnen könne, fiel auf keinen fruchtbaren
Boden. Gina Summnie, die Frau von Udo Summnie hatte zwar kurz mit
dem Gedanken geliebäugelt, ihn dann aber doch wieder verworfen. Zu
guter letzt meinten Regina Röhrich und Silvy Vegt noch, eine Döner-
Bude einrichten zu wollen. Immerhin sei der Gatte von Regina doch nicht
nur erklärter Spezialist für Gas, Wasser, Scheiße und Schwimmbadbau
sondern auch ein großer Grillmeister vor dem Herrn. War er doch der
einzige Mensch, dem es um Haaresbreite gelungen wäre, eine
Verkaufsbude in ein T-Bone-Steak zu verwandeln.
Lange Rede – kurzer Sinn. Der neu angeschaffte Container war rein
flächenmäßig schon fast wieder belegt. Mit großer Besorgnis hatte Billy,
der Schriftführer des Ballervereins und Vorsitzende des im vergangenen
Jahr neu gegründeten Fordervereins, dieser Entwicklung zugeschaut.
Freilich war er der Initiator für die Anschaffung des gigantischen
Containers, einzig seine Bestimmung war aus seiner Sicht eine ganz
andere gewesen. Die Einrichtung der Postagentur hatte er ja noch für
einigermaßen sinnig gehalten, der Rest schmeckte ihm allerdings nicht
so recht. Nun ist Billy ja ein Mann, der Neuerungen nicht unbedingt
ablehnend gegenübersteht, aber in diesem Fall war er nicht begeistert.
Unter größter Geheimhaltung berief er den großen Kriegsrat ein, ein
Gremium, das früher auch unter dem Namen Zentralkomitee von
Buchenbeeke brillierte.
Und nun schließt sich der Kreis wieder, wenn man an die anfangs
geschilderten Ereignisse dieser Geschichte denkt. Denn – die
Honoratioren, mithin die Stimmgewaltigen von Buchenbeeke, sind
niemand anders als - Die Großmeister des Stempelordens.

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„Meine Herren,“ so eröffnete Billy die Versammlung. Er konnte diese
Formulierung ohne weiteres benutzen, denn bislang war der Zutritt in
den elitären Kreis der Großmeister nur den Herren der Schöpfung
vorbehalten.
„Meine Herren, ich sehe mit Besorgnis, wie ein wohl überlegter Plan den
Bach runter zu gehen droht. Sowohl CIA, MOSSAD, KUS als auch
Scotland Yard haben in der letzten Zeit immer größere Anstrengungen
unternommen, unsere Kreise zu stören. Viele unserer Telefone werden
bereits abgehört, Rechner wurden angezapft und Observationen
gehören für viele von uns mittlerweile dazu. Aus diesem Grund war ich
auf die Idee mit der Postagentur gekommen, die immerhin eine gewisse
Affinität mit dem Namen unserer Vereinigung erkennen lässt. Jetzt
lassen die Aktivitäten unserer Damenwelt diese Hoffnung schrumpfen.
Als wenn wir nicht schon populär genug wären.“
„Vielleicht ist es ganz gut, wenn möglichst viele andere Aktionen rund um
die Postagentur laufen. Die lenken unter Umständen von der
eigentlichen Mission ab.“
Mit seinen wie immer messerscharfen Gedankengängen hatte Heinz-
Peter Wedemüller wieder einmal nicht ganz Unrecht. Sofort schlug auch
Kurt Bratworst in die gleiche Kerbe.
„Wir Alsterschützen verfolgen schon seit dem letzten Jahr die gleiche
Politik“, erklärte er.
„Möglichst viel um sich herum aufbauen, ohne allerdings richtig
aufzufallen.“
Dem konnten alle Anwesenden nur zustimmen. Die Alsterschützen, eine
vor einiger Zeit gegründete Unterabteilung des BvB, die es sich zur
Aufgabe gemacht hatte, das gute Traumburger Bier mit Brause zu
verschandeln, war nicht von jedermann im Ort wohl gelitten. Obwohl von
der Schreibweise her den Altersschützen ähnlich, hatten die

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Alsterschützen doch sehr wenig mit ihnen gemeinsam. Keiner wusste
mehr so Recht, wie es überhaupt zu deren Gründung gekommen war.
Aber nachdem Kurt am Montag nach dem Schützenfest mit einem Alster
in der Hand gesehen worden war, galt er als geheimer Chef dieser von
allen Biertrinkern doch eher belächelten Sorte Mensch. Als sich Kurt,
bekannt als der größte Schweine- und Geflügelproduzent der Ortes,
dann auch noch die Blöße gegeben hatte, beim letzten Preisdoppelkopf
einen ‚Fleischlosen’ zu spielen und diesen auch noch zu gewinnen, war
der Rest seiner Glaubwürdigkeit dahin und man erklärte ihn zum Boss
der mysteriösen Alsterschützen. Doch diese Anekdote sei hier auch nur
am Rande erwähnt.
„Genug geschwatzt, die Lage ist ernst.“
Jan-Peter Vegt, der StellV. des Fordervereins und gleichzeitig
Organisationsleiter des Stempelordens, rief die Versammlung zur
Ordnung.
„Ich beantrage hier noch einmal eine Auswahl der wichtigsten Projekte
der letzten 2000 Jahre anzusprechen. Wo haben wir uns gut positioniert
und wo ist noch Nachholbedarf. Wie sieht es finanziell es aus? Stehen
uns die Mittel zur Verfügung, uns den Nachforschungen der diversen
Geheimdienste zu entziehen oder brauchen wir Hilfe von außerhalb. Ich
bitte zunächst um den Bericht des Schwatzmeisters.“
Die Frage nach der Person des Schwatzmeisters des Stempelordens
höre ich hier gar nicht erst aufkommen. Es kann schließlich nur einen
geben.
„Nun, nachdem es uns gelungen ist, einen unserer besten Leute bei der
Deutschen Bank einzuschleusen, stehen uns beinahe unbegrenzte Mittel
zur Verfügung. Die Geschichte hat uns zwar zunächst viel Geld gekostet,
aber der Erfolg gibt uns letztendlich Recht. Seit Hauke Döner als

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Manager die dortige Geschäftsführung übernommen hat, rollt der Laden.
Insgesamt ist also zu sagen, wir können aus dem Vollen schöpfen.“
„Vielen Dank für den ausführlichen Bericht“, sagte Jan-Peter.
„Wie bereits angedeutet, sollten wir jetzt noch einmal einige der
wichtigsten Projekte der Vergangenheit ansprechen. Erhard, kannst Du
als Schriftführer vielleicht noch mal einige Highlights präsentieren?“
„Das will ich gerne tun. Ich habe allerdings noch etwas zu Essen
vorbereitet. Vielleicht sollten wir uns erstmal stärken, bevor es weiter
geht.“
Dem stimmten alle Anwesenden bedenkenlos zu und so wurde die
Sitzung für die Zeit der Aufnahme von Speis und Trank unterbrochen.

                               Kurze Pause

Als alle gesättigt waren, fing Erhard mit seinem Bericht an.
„Ich erzähle am besten in chronologischer Reihenfolge seit unserer
Gründung im Jahre 9 nach Christus. Besondere Berücksichtigung wird
dabei der Verdienst heute noch lebender Verbindungsmitglieder finden,
weil sie selbst oder ihre Vorfahren die direkten Auslöser dieser historisch
bedeutenden Ereignisse sind oder waren. Es wird unmöglich sein, alle
Geschehnisse zu erwähnen. Daher hier nur ein Potpourri unserer
größten Erfolge.“

20.06.451 – Schlacht auf den Katalaunischen Feldern

Attilas Expansion in Mitteleuropa wird gestoppt. Der Urahne von Ralf
Gurke wird scheinbar durch eine große Schlacht an der Eroberung
Westeuropas gehindert. In Wirklichkeit beschließt die Bruderschaft der

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Stempelritter diesen Schritt vorerst nicht zu vollziehen und lässt durch
eine dilettantische Heeresführung den Plan scheitern.

732 - Schlacht von Tours und Poitiers - Karl Martell stoppt die
arabische Expansion in Mitteleuropa

Unter der Führung der Vorfahren unseres werten Bruders Ingo Wehage
findet die Bedrohung aus dem Westen durch die kriegerischen Mauren
ein blutiges Ende. Einzig dem energischen Auftreten dieses Recken, den
die Nachwelt auch Karl, den Hammer nennt, ist es zu verdanken dass
Europa nicht schon frühzeitig unter dem Zeichen des Halbmondes
versinkt.

800 - Kaiserkrönung Karls des Großen in Rom

Hier wird der eine oder andere vermuten, dass auch Karl der Große ein
Stempelritter war. Das ist jedoch nicht richtig. Unser Orden war vielmehr
durch eine andere Person maßgeblich an der Krönung beteiligt. Papst
Leo III. nämlich, nahm es mit dem Zölibat nicht so genau. Und nur
diesem Umstand ist es zu verdanken, dass wir heute seinen direkten
Nachkommen in Gestalt von Heinz-Jörg Zebramowski unter uns
begrüßen dürfen.

1077 - Canossagang von Kaiser Heinrich IV.

Noch einmal im Laufe der Geschichte wurde unsere Verbindung mit dem
heiligen Stuhl konfrontiert. Papst Gregor VII. verhängte im Verlaufe des
Investiturstreits den Kirchenbann über König Heinrich IV. Die beiden
konnten sich nicht über das Recht einigen, wer nun Bischöfe und Äbte in

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ihre Ämter einsetzen dürfe. Um des lieben Friedens Willen und auch
heute noch als ein Mann der Harmonie und des Ausgleiches bekannt
machte sich der Vorfahre von Hans Göhlmüller auf, um über die Alpen
zu steigen und dieses Problem aus der Welt zu schaffen.

1119 - Templerorden wird in Jerusalem gegründet

Aller Wahrscheinlichkeit nach waren es Hugo von Payens, Gottfried von
Saint-Omer und sieben weitere französische Ritter, die den Orden
gründeten. Eine Bruderschaft, die bis auf den heutigen Tag versucht,
uns Konkurrenz zu machen. Die Geschichte, zumindest von Gottfried
von Saint-Omer, lässt sich bis auf den heutigen Tag zurückverfolgen.
Sein Ururururenkel wohnt noch heute unter dem Namen Ignaz
Untermüller in einem Nachbarort von Buchenbeeke.

1298 - Marco Polo verfasst in genuesischer Haft seine
Reiseberichte aus China

Eine der beliebtesten Speisen des europäischen Abendlandes hielt
seinen Einzug aus China über Italien auch nach Buchenbeeke. Die
Erben von Eckig, dem Zerstörer von Lichterum, hatten sich während der
Völkerwanderung nach Italien aufgemacht, um das Geschlecht der Polos
zu gründen. In neuerer Zeit ist der bisher letzte dieser ruhmreichen
Familie mit seiner Frau Katrin und seinen Töchtern hier bei uns in
Buchenbeeke heimisch geworden.

1389 - Schlacht auf dem Amselfeld - Niederlage Serbiens gegen die
Osmanen und Herrschaft über den Balkan

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Eine eigentliche Verknüpfung zwischen der berühmten Schlacht und
einem Angehörigen unseres Ordens lässt sich nur etwas mühselig
herleiten. Den Ausgang des Gemetzels haben die Vorfahren von
Fuchsgang Meiner bestimmt nicht beeinflussen können. Aber schon
damals reifte in ihnen der Vorsatz, nicht mehr son korkigen Wein wie den
Amselfelder zu saufen, sondern kommenden Generationen von
Buchenbeekern besseren Traubensaft zu kredenzen.

1429 - Jeanne d' Arc erscheint in Chinon , um Karl VII. von ihrer
göttlichen Mission zur Befreiung Frankreichs zu überzeugen

Bei all den bisher geschilderten Zusammenhängen mag beim geneigten
Zuhörer die Vermutung aufkommen, lediglich männliche Nachfahren der
Bruderschaft des Stempelordens hätten ruhmreiche Taten vollbracht.
Doch weit gefehlt. Wurde eingangs der Ereignisse auch noch davon
berichtet, dass die Gründung nur von Männern durchgeführt wurde, kam
es im Laufe der Geschichte doch mehrfach dazu, das Angehörige des
zarten Geschlechts Taten vollbrachten, die ihren festen Platz auf den
Seiten der Geschichtsbücher haben. So auch mit Jean d´Arc. Standfest
und resolut wie heute die Sigrid von Buchenbeeke war sie standhaft
unter den sie umgebenden Männern und führte Frankreich schließlich
zum Sieg. Eventuelle Parallelen zu ihrer berühmten Vorgängerin in
Bezug auf ihre Spitzzüngigkeit und einem damit verbundenen Tod auf
dem Scheiterhaufen lassen sich bis heute nicht nachweisen.

1455 - Johannes Gutenberg erfindet die Technik des beweglichen
Buchdrucks

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Wie damals in Germanien üblich, meißelte Lyrik, der schwarzbärtige
Geschichtsschreiber, seine Anekdoten noch in Stein. Im Laufe der
Jahrhunderte verfeinerten seine Nachfahren die Techniken des
Niederschreibens immer wieder, bis ihnen im Jahre 1455 in Person von
Johannes Gutenberg der endgültige Durchbruch gelang. Noch heute
schwärmt Christian Peppermann davon, wie sein Uropa die Schreibkunst
revolutionierte. Freilich mussten die Bilder in den Büchern immer noch
von Hand gemalt werden. Erst Joseph Nicéphore Nièpce gelang es 1826
die erste Fotografie zu erstellen. Dieser war, wie sollte es wohl auch
anders sein, ein Vorfahre von Reginald Cibulski, dem begnadeten
Zelluloidkünstler der Traumburger Nachrichten.

1492 - Entdeckung Amerikas durch Kolumbus , der auf der Insel
Guanahani ( San Salvador) landet

Die Endeckung eines neuen Erdteils. Natürlich war diese Sensation nicht
ohne das Zutun der Gemeinschaft des Stempelordens möglich.
Gemeinhin wird in diesem Zusammenhang nur der Name von Christoph
Columbus genannt. Doch auch hier war es wiederum eine Frau, die
diesen fundamentalen Schritt ermöglichte. Isabella I. von Kastilien schuf
die Vorraussetzung für die Entdeckung Amerikas, in dem sie die
Finanzierung der Reise durch die Krone vornahm. Wie dieses
Abkommen genau zu Stande kam bleibt ein wenig im Dunklen
verborgen. Eine Liaison zwischen Columbus und ihr gilt jedoch als sehr
wahrscheinlich. Jan-Peter und Chrisdiane Vegt werden jedenfalls
gemeinhin als Nachfahren des berühmten Paares angesehen.

1517 - 95 Thesen werden von Martin Luther in Wittenberg
angeschlagen (31.10.1517)

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Es stellte das bis dorthin bekannte Weltbild nahezu auf den Kopf als
Martin Luther einen neuen Glauben predigte. Es erschien ihm einfach
nicht geraten, für etwas zu bezahlen, dass er in seinem Leben nicht
bekommen sollte. Der Ablass, die Vergebung der Sünden durch die
Zahlung schnöden Mammons, war der eigentliche Anlass für seine
Abkehrung vom katholischen Glaubensbekenntnis. Schon seit der alte
Germane Knickrik seine Goldstücke zu horten wusste, wurde das
Wissen um die Macht des Geldes von Generation zu Generation
weitergegeben. Luther vertrat die These, dass es dem Menschen in
erster Linie im Diesseits gut gehen müsse, nicht erst im Jenseits. Und
diese These schlug er zusammen mit 94 anderen an die Schlosskirche
zu Wittenberg. Er schwang sich damit auf zum Schwatzmeister der
Armen und Gebeutelten, ein Amt das sein Urgroßenkel in Buchenbeeke
heute noch wahrnimmt.

1587 – Hinrichtung Maria Stuarts

Wenn auch dieses Kapitel der Weltgeschichte mit Blut geschrieben
wurde, so ist es der Nachwelt doch besser bekannt als ein Stück bester
Weltliteratur. Die am 08.Dezember 1542 geborene Maria Stuart war
Königin von Schottland. Am 08.Februar 1587 wurde sie auf Befehl der
englischen Königin Elisabeth I. hingerichtet. Obwohl der Twist der beiden
Frauen im Ränkespiel der Weltgeschichte eine eher untergeordnete
Rolle spielte, inspirierte er jedoch William Shakespeare zu einem seiner
berühmten Dramen. Der Stempelorden hat selbstverständlich auch seine
Kapitel in das Buch der Weltliteratur geschrieben. Während Mareikes
Vorfahren bis zu ihrer Vertreibung aus Schottland in ein kleines Dorf
nordöstlich von Buchenbeeke die Königinnen von Schottland stellten,

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blickt Christine auf einen Stammbaum der Herrscher von England
zurück. Obgleich in der englischen Thronfolge nicht mehr explizit
aufgeführt, merkt man ihr heute noch manchmal das herrische Wesen
an. Wer aber Billys Homepage im Internetauftritt von Buchenbeeke
kennt, der wird schnell merken, dass seine genetischen Wurzeln bis zu
Willy Shakespeare zurückgehen.

1762 - Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst wird nach dem Sturz
und Tod ihres Mannes Peter III. als Katharina II. (die Große) Zarin
von Russland

Selten hat eine Frau soviel Einfluss genommen auf die Geschicke
Europas wie Katharina die Große von Russland. Eine solche
Gelegenheit konnte sich die Buchenbeeker Bruderschaft natürlich nicht
entgehen lassen. Durch geschickte Manipulationen gelang es, das
Augenmerk der Herrscherin aller Reussen, Elisabeth, auf die Prinzessin
in Anhalt-Zerbst zu lenken. Der Rest ist dann der dominanten
Persönlichkeit der späteren Zarin zu verdanken. Auch hier ist wieder
einmal der Fall einer Reinkarnation gegeben. 38 Jahre nach dem Tod
von Katharina der Großen kam es zu einer Wiedergeburt in Form der
Kaiserin Elisabeth von Österreich, uns allen besser bekannt als Sissy. In
einem eher unbekannten Spross dieses Stammbaums lebt Katharina
heute als Katja in Buchenbeeke.

1815 - Waterloo , Schlacht von ( 18.6.1815 )

Große Männer der Weltgeschichte waren oftmals nicht besonders groß
von Statur. Und auf wenige trifft das wohl mehr zu als auf Kaiser
Napoleon I. von Frankreich. Meine Güte, zunächst als der Befreier

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Europas gefeiert, hatte Europa später Mühe sich von ihm selbst zu
befreien. Nachdem das dann noch gelungen war, fristete er ein eher
karges Dasein auf der Insel St. Helena im Atlantik. Seinen Nachfahren
war das eine Lehre. Sie gaben den Beruf des Despoten ganz auf und
wandten sich mehr der Installation und Feuerungstechnik zu. In späteren
Jahren kam auch noch der Schwimmbadbau hinzu. In Sachen
Versorgung mit Lebensmitteln von heißen Metallstangen haben sie sich
zu wahren Spezialisten gemausert, die von Grillutensilien bis hin zu den
Stätten, wo sie verkauft werden, wahre Wunder vollbringen. Dem
Umstand, dass dieses Umdenken in den Köpfen der Nachfahren von
Napoleon stattgefunden hat, gedenkt man heute in Buchenbeeke noch
mit der Tatsache, dass das Schützenfest immer am Wochenende um
den 18. Juni, also dem Jahrestag von Waterloo gefeiert wird. Aber wer
weiß, wie lange das noch so bleiben wird. Sicher ist nur, dass Udo und
Regina Röhrich sich auch weiterhin dem Ort Buchenbeeke verpflichtet
fühlen.

1879 - Erfindung der Glühlampe

Der Menschheit soll ein Licht aufgehen. Zeit seines Lebens beschäftigte
sich Thomas Alva Edison mit diesem Thema. Er entstammte einer
uralten Familie von Tüftlern, die bereits mit der Mayflower aus der Alten
Welt herüber gekommen waren nach Amerika. Sein Stammbau lässt
sich zurückverfolgen auf den Germanen Elektrik, der schon in der
Schlacht im Buchenbeeker Wald seinen Kameraden bei
hereinbrechender Dunkelheit mit seinen Fackeln Erleuchtung geschaffen
hatte. Obgleich seine bahnbrechende Erfindung das Startsignal für die
Beleuchtung der Welt bedeutet hatte, machten ihm andere sein
Lebenswerk mit der Wechselstromtechnik zunichte. Enttäuscht gingen

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seine Nachkommen zurück nach Europa, um in der alten Heimat wieder
Fuß zu fassen. Hoch angesehen unter den Dorfbewohnern lebt sein
Urenkel Dutzel noch heute mit seiner Frau Silvy in Buchenbeeke.

1917 – Oktoberrevolution

Völker hört die Signale! Der Erste Weltkrieg tobt in Europa. Im
zaristischen Russland streben die Bolschewiken an die Macht. Nach
militärischen Fehlschlägen der gemäßigt sozialistisch-liberalen
„Provisorischen revolutionären Regierung“ gelang es den Bolschewiki
und den neu gegründeten Sowjets im November 1917 (nach dem in
Russland noch geltenden julianischen Kalender im Oktober) die
bürgerliche Regierung zu stürzen. Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt
Lenin, war jetzt der uneingeschränkte Herrscher aller Reussen. Woher
hatte dieser Mann derart gefährliches Gedankengut? Obwohl in persona
in eine Familie geringen Adels hineingeboren, war seine ursprüngliche
Abstammung mehr bürgerlicher Art. Die Indoktrination der russischen
Geschichte durch den Stempelorden gilt wohl als einer dessen größten
Coups. Auf den Ruinen des vor der Schlacht im Buchenbeeker Wald
zerstörten Römerlagers Keinerschertsichdrum wurde viele Jahrhunderte
später ein neues Dorf erbaut. Als die Bruderschaft davon Nachricht
erhielt, beschloss man sofort geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Um dieser Keimzelle des Verrats gar nicht erst neuen Nährboden zu
geben, wurde ein Spionagenetz im Ort aufgebaut, das sich auch
heutigen Tages noch großer Aktivität erfreut. Doch davon vielleicht
später mehr. Drei Familien zeichneten sich dabei durch besondere
Raffinesse und Skrupellosigkeit aus. Die jeweils jüngsten Söhne dieser
Dynastien zogen Mitte des 14. Jahrhunderts aus, um in Russland neu zu
siedeln. Diese drei Familien waren der Spross für die Saaten Lenin,

                              Seite 20 von 37
Trotzki und Romanow. Während die Romanows sich schon bald
durchsetzen konnten und den Ursprung des späteren zaristischen
Herrscherhauses bildeten, kämpften die Lenins und Trotzkis lange im
Verborgenen. Erst während der Oktoberrevolution kreuzten sich ihre
Wege erneut. Zar Nikolaus II. wurde von Lenin samt seiner Familie zum
Tode verurteilt. Aber bei der Liquidierung passierte ein Fehler. Die
jüngste Tochter des Zaren, die Großfürstin Anastasia entkam dem
Massaker und konnte auf den seltsamsten Wegen nach Deutschland
entkommen. Aus alten Stammrollen hatte sie entnommen, dass hier die
Wurzeln ihrer Familie zu finden waren. So kam sie im Frühjahr 1920
nach Buchenbeeke. Eine völlige Amnesie vortäuschend legte sie ihre
adlige Herkunft ab, heiratete einen ansässigen Landwirt und gebar ihm
mehrere Kinder. Das Großkind jener Großfürstin lebt heute als
Chrisdiane in Buchenbeeke.
Die Familien der ausgewanderten Söhne aus dem Nachbarort aber
leben ebenfalls noch heute dort. Burghard Türsau und Hellfurcht Polter
führen ein Leben als Doppelagenten und versorgen Freund und Feind
nach wie vor mit Informationen. Dass die russische Zarendynastie
Romanow allerdings aus der heutigen Familie von Kuddel Wolf hervor
gegangen ist, weiß heute kaum noch jemand.

1927 - Erster Transatlantikflug von Charles Lindbergh am 20.5.1927

Charles Lindbergh behauptete Zeit seines Lebens ein Freimaurer zu
sein. Dass er in Wirklichkeit selbstverständlich einer anderen
Organisation angehörte, braucht hier wohl nicht sonderlich erwähnt zu
werden. Nur dem Stempelorden war es möglich, die Mittel bereit zu
stellen, die nötig waren, um den spektakulären Atlantikflug zu
verwirklichen. Wieder einmal bestand Grund zur Freude im

                              Seite 21 von 37
Hauptquartier. Aber wie können wir solch unglaubliches Genmaterial für
uns als Bestand sichern, fragte man sich. So setzte man eine junge
hübsche Blondine auf ihn an. Und was dann passierte, war eigentlich
noch erstaunlicher als der Atlantikflug. Im hohen Alter von 66 Jahren
zeugte er noch mal einen Sohn. Fast jeder kennt die Story vom
entführten Lindbergh-Baby. Doch bei diesem Kind lag die Geschichte
anders. Die namentlich nicht genannte Blondine brachte am 05. Mai
1969 einen Sohn zur Welt der heute in Buchenbeeke lebt. Rolf hat die
fliegerischen Instinkte seines Vaters geerbt, wenn er auch mehr
Militärmaschinen bevorzugt. Sicher ist nur – das Lindbergh-Baby lebt in
Buchenbeeke.

1954 – Das Wunder von Bern

Erinnern wir uns – Ziemlik, der Bezwinger von Keinerschertsichdrum,
hatte sich damals aufgemacht und sich in der Nähe von Mannheim
niedergelassen. Auch hier wurde das Wissen um die Bruderschaft von
Generation zu Generation weitergegeben. Am 28.März 1897 wurde dann
die Person geboren, die Geschichte machen sollte. Sepp Herberger,
genannt der Chef, sollte es als seine Lebensaufgabe betrachten, den
Deutschen Fußball zu internationaler Größe zu führen. Zunächst
rekrutierte er die Nationalmannschaft noch aus gewöhnlichen Spielern
aus allen Vereinen Deutschlands. Als jedoch die
Fußballweltmeisterschaft 1954 heranrückte, sah er sich gezwungen, von
dem Wissen Gebrauch zu machen, das ihn sein Vater gelehrt hatte. Er
nahm Kontakt zur Zentrale der Stempelritter in Buchenbeeke auf, um
sich mit Namen von Fußballspielern aus dieser Elitetruppe zu versorgen.
Der Sieger von Victorum, Dropkik, war in die Nähe des heutigen
Kaiserslautern gezogen um dort in aller Stille die erste Gladiatorenschule

                              Seite 22 von 37
Germaniens aufzubauen. Über die Jahrhunderte hinweg blieb seine
Familie dem Sport verbunden und nahm irgendwann den Namen Walter
an. Es ist jetzt wohl unnötig zu erwähnen, dass Fritz und Ottmar Walter,
zwei der Garanten für die Weltmeisterschaft aus den Reihen der
Stempelritter kamen und damit die erste Fußball-WM nach Deutschland
holten. Unvergessen ist das Endspiel, das uns Herbert Zimmermann so
unnachahmlich kommentierte. Nur am Rande sei hier noch folgendes
bemerkt. Herbert Zimmermann starb am 16.Dezember 1966 in Hamburg.
Am 16.September 1967, also fast auf den Tag genau neun Monate
später, erblickte Christian Peppermann, der berüchtigte Berichterstatter
der Traumburger Nachrichten das Licht der Welt. Wer da noch glaubt,
dass das mit rechten Dingen zugeht, der hat sich noch nie mit
Reinkarnation beschäftigt.

1961 – Der Bau der Berliner Mauer

Der Ministerrat der DDR beschloss am 12. August den Einsatz der
„bewaffneten Organe“ zur Besetzung der Grenze zu West-Berlin und zur
Errichtung von Grenzsperren. Das war der direkte Aufruf zum Bau der
Berliner Mauer. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der damals 26-jährige
Buchenbeeker Wolli Wutte, den mal damals schon den Schnauzenpolier
nannte, zu Besuch in Berlin. Als er hörte, dass eine große Mauer gebaut
werden sollte, wollte er nicht untätig beiseite stehen. Die Macht von Funk
und Fernsehen war zu jener Zeit noch nicht so fortgeschritten wie heute
und so kam es wohl, dass Wolli den Sinn dieser Mauer gar nicht richtig
mitbekam. Er nahm einfach seine Kelle und seinen Maurerhammer und
fuhr zu der Baustelle. Wohl wunderten sich die Angehörigen der
Betriebskampfgruppen über den fleißigen Handwerker, der nun als
Einziger von der westlichen Seite aus zu mauern begann, aber sie ließen

                              Seite 23 von 37
ihn gewähren. So arbeitete Wolli den ganzen Tag. Als sich dann am
Abend herausstellte, dass ihn niemand für seine Arbeit bezahlen wollte,
verließ er wutentbrannt die Baustelle und kam nie mehr wieder.
Unbestritten ist aber, dass ein Buchenbeeker den ersten Stein der
Berliner Mauer gesetzt hatte.

1969 - Die Mondlandung

Am 20. Juli 1969 blickte die Welt zum Himmel. Oder genauer gesagt
zum Mond. Der US-Amerikaner Neil Armstrong betrat als erster Mensch
den Erdtrabanten. Wer aber hatte diese Sensation erst möglich gemacht.
Nun, die meisten unter uns werden es schon ahnen. Es war ein
Wissenschaftler deutscher Herkunft mit Namen Wernher von Braun. Die
Geschichte der von Brauns lässt sich zurückverfolgen bis zu Zeit der
Geburt Christi. Damals hielt der Alchimist und Dorfschmied Leitik seinen
Einzug in der Gegend des heutigen Posen. Schon immer an der
Wissenschaft interessiert gab er sein Wissen an seine Nachkommen
weiter, aus denen sich nach und nach eine Dynastie an Genies
entwickelte, welches seines Gleichen sucht. Auch hier können wir die
Abstammung von den Stempelrittern einwandfrei nachweisen. Die
Verbindung machte es außerdem möglich, auch den ersten Menschen
auf dem Mond aus ihren Kreisen zu rekrutieren. Die Historie von Neil
Armstrong, der ja bekanntlich nicht allzu groß von Gestalt war, lässt sich
zweifelsfrei zurückführen auf einen der Helden aus der Schlacht im
Buchenbeeker Wald, nämlich den ebenso kleinen wie kräftigen Mickerik.
Unvergessen sind uns noch Amstrongs Worte beim Betreten des
fremden Himmelskörpers:
„Ein großer Sprung für mich, aber ein kleiner Sprung für die Menschheit.“

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2003 – Die Entdeckung des Bernsteinzimmers

Als vorerst letzten, aber nicht geringsten, Streich des Stempelordens
darf die Entdeckung des Bernsteinzimmers erwähnt werden. Die
legendäre Geschichte, wie die unbezahlbare Kostbarkeit in die Hände
der Buchenbeeker gefallen ist, dürfte hier allenorten bekannt sein.

So und an dieser Stelle musste sich der Autor während des Schreibens
einmal kurz selbst zur Ordnung rufen.
‚Ey Gaxe, bedenke was Du jetzt gerade schreiben willst. Du willst eine
nie geschehene Geschichte in eine Erzählung einfassen, die sich so nie
zugetragen hat. Erzählt von einer Person, die es nie gegeben hat und
wahrscheinlich auch nie geben wird. Du hast anderthalb Flaschen
Rotwein intus und bist absolut nicht mehr in der Lage um so viele Ecken
zu denken.’
Das hat der Autor dann eingesehen und von dem letzten Rückblick
abgesehen.

Und hiermit endet auch der Rückblick von Erhard.
„Vielen Dank für diesen überaus informativen Rückblick“, bedankte sich
Jan-Peter.
„Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, halte ich es für richtig, erneut
eine kleine Pause einzulegen. Ist irgendjemand dagegen?“
Das war auch dieses Mal nicht der Fall und so kam es zu der besagten

                              Kurzen Pause

                               Seite 25 von 37
Während der Sitzungspause war selbstverständlich intern munter weiter
diskutiert worden. Als jetzt wieder zur Ruhe gerufen wurde, um offiziell
fortzufahren, ergriff Cord Summnie das Wort.
„Wenn man sich den Rückblick von Erhard mal in Ruhe betrachtet,
verstehe ich die ganze Aufregung nicht so Recht. Die meisten der
aufgezählten Ereignisse waren doch nur von Vorteil für das christliche
Abendland. Was haben wir also schon groß zu befürchten, wenn
bekannt wird, wer hinter alledem steckt?“
Dieser ebenso richtigen wie einfachen Beweisführung wusste auf Anhieb
niemand etwas entgegenzusetzen. Im Gegensatz zu vielen anderen
Geheimbünden dieser Welt waren die Aktivitäten des Stempelordens nur
sehr selten nicht mit dem Gesetz in Einklang zu bringen.
Den entstandenen Einzelgesprächen Einhalt gebietend meldete sich Jan
Zebramowski zu Wort.
„Also, ich würde es ruhig auf eine Aufdeckung unserer Aktivitäten
ankommen lassen. Was haben wir schon zu verlieren? Wir sollten lieber
noch einen richtigen Kracher loslassen. Lasst uns noch mal was
vorbereiten, was die Welt aufhorchen lässt. Ich habe da auch schon eine
Idee. Jetzt haben wir April, im Juni startet hier bei uns in Deutschland
eine Veranstaltung, wo wir die ganze Welt zu Gast haben. Ihr wisst, was
ich meine. Genau, die Fußballweltmeisterschaft. Wie wäre es, wenn wir
noch mal alle unsere Verbindungen spielen lassen und diese
Sportveranstaltung zu einer Feier ganz besonderer Güte werden lassen.
Ich als ehemaliger Profi vom RSV Hirschburg kann mir das jedenfalls
sehr gut vorstellen.“
Alle Versammelten überschlugen sich fast mit Komplimenten und
Glückwünschen für diesen Vorschlag.
„Na klar“, sagte Jochen Vegt. „Und dieses Mal toppen wir die ganze
Veranstaltung noch. 54, 74, 90, 2006 – Weltmeister im eigenen Land zu

                               Seite 26 von 37
werden, das war schon lange nicht mehr da. Und wenn jemand das wahr
werden lassen kann, dann wohl doch wir.“
„Der sportliche Aspekt muss zwar im Vordergrund stehen, aber wir
sollten den kulturellen Gesichtpunkt auch nicht ganz vernachlässigen.
Das wir es hier in Buchenbeeke verstehen, Feste zu feiern und Gäste zu
beherbergen ist ja allgemein bekannt, aber diesmal müssen wir uns um
die ganze Welt kümmern.“
Billy, als Chef des Fordervereins, sprach Allen aus dem Herzen. Der
sportliche Erfolg war ihm selbst zwar weitestgehend egal, aber bei
Angelegenheiten des Prestiges von Buchenbeeke waren seine
Überlegungen immer sehr hilfreich.
So einigte man sich darauf, zwei Unterkomitees zu gründen. Das eine
sollte sich um das sportliche Ziel, den Gewinn der Weltmeisterschaft
kümmern, das andere darum, dass dieses Fußballfest der Welt noch
lange in guter Erinnerung bleiben sollte. Einzelne Komiteechefs wurden
zunächst nicht ernannt, alle Mitglieder sollten in gleichberechtigter
Funktion agieren. Diese Vorgehensweise erwies sich aber schon nach
ca. 10 Minuten als nicht praktikabel. Weil man sich aber auch nach
längerer Diskussion nicht auf jemanden einigen konnte, der allen
Ansprüchen genügte, beschloss man, das Los entscheiden zu lassen.
„Bei einer derart großen Aktion bin ich der Meinung, wir sollten auch die
Frauen mit ins Boot nehmen.“
Keiner konnte sich erklären, wieso dieser Vorschlag ausgerechnet von
Ralf Gurke kam. Aber er würde für gut befunden und man beschloss in
einer Woche eine neue Sitzung einzuberufen, in der auch die weiblichen
Leistungsträger von Buchenbeeke anwesend sein sollten.
Auf dieser Sitzung wurde dann wie besprochen per Los entschieden, wer
den einzelnen Komitees vorsitzen sollte. Chrisdiane Vegt, als der
angestammten Glücksfee von Buchenbeeke, kam es auch dieses Mal

                               Seite 27 von 37
zu, die Lose zu ziehen. Fortuna wollte es dann, dass Gina Summnie als
Chefin der Sparte kulturelles Umfeld gezogen wurde, während Agnes
Sauermeister der sportliche Anteil zugelost wurde. Nachdem sie die
Glückwünsche und besten Empfehlungen aller Anwesenden in Empfang
genommen hatten, gingen beide schnell daran, sich die Leute für ihr
Team auszusuchen.
Um die Wichtigkeit einer finanziellen Grundlage für ein solches
Unternehmen wissend, waren natürlich beide Damen bemüht, sich der
Mitarbeit des Schwatzmeisters zu versichern. Dieser erklärte jedoch zur
allgemeinen Verblüffung und entgegen seines sonst zu jeder passenden
und nicht passenden Gelegenheit geäußerten Wahlspruches, es könne
nur einen geben, er wolle der Jugend auch mal eine Chance geben und
ernannte Mario Wäscher kurzerhand zu seinem Stellvertreter. Dieser
wurde dem Komitee Kulturelles zugeordnet, während der
Schwatzmeister selbst sich der sportlichen Fraktion anschloss.
Noch am selben Abend nahmen die Komitees ihre Arbeiten auf. Es fiel
auf, das sich die Gruppe um Gina Summnie mehr aus weiblichen und
jugendlichen Personen rekrutierte, während Agnes Sauermeister mehr
die alten Recken und Heroinnen um sich scharte.
„Wie wollen wir jetzt im Einzelnen vorgehen?“ fragte Agnes, nachdem
sich alle ihre Mitarbeiter um sich versammelt hatten.
Erhard Mieze, der Chefkünstler im Ort, hatte sich natürlich auf die Seite
derer geschlagen, die für den kulturellen Teil verantwortlich zeichnen
sollten. Er war es auch, der sich als erster zu Wort meldete.
„Ich schätze, es ist am wichtigsten, dass wir zunächst unsere Kontakte
zu Franz Beckenbauer überprüfen. Er ist bislang die Leitfigur bei der
Ausrichtung dieser Weltmeisterschaft. Wie ist der Stempelorden also mit
den Beckenbauers verbandelt? Weißt Du da genaueres, Billy.“

                              Seite 28 von 37
„Der Stempelorden ist erst relativ spät auf den Kaiser aufmerksam
geworden. Auf der Weihnachtsfeier des Jahres 1999 ist es uns jedoch
gelungen, nachhaltig mit ihm Kontakt aufzunehmen. Die Geschichte ist
damals ja auch ziemlich publik geworden. Die Dame, mit der der Franz
seinerzeit ein nicht ohne Folgen gebliebenes Tete a Tete hatte, kam aus
unseren Reihen. Mithin sind wir in keiner schlechten Position, dem
Organisationskomitee der WM indirekt unseren Willen aufzuzwingen.“
„Na super, “ kommentierte Agnes die Berichte ihrer Mitarbeiter.
„Ich würde empfehlen, wir schicken eine Delegation zu Franz, um ihn mit
unseren Vorstellungen betreffs der WM bekannt zu machen. Um der
Sache nicht zuviel Härte zu geben, würde ich eine weibliche Abordnung
präferieren. Dass der Kaiser femininen Argumenten immer
aufgeschlossen gegenüber steht, ist hinlänglich bekannt. Christine und
Mareike, würdet ihr Euch bereit erklären, diesen Part zu übernehmen?“
Nachdem sich die beiden kurz abgesprochen hatten, erklärte Mareike:
„Wir opfern uns im Dienste der Sache für diese Aufgabe und werden
versuchen, mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln einen positiven
Entscheid herbeizuführen.“
„Das wäre also geklärt. Bemüht Euch mit dem Hinweis beim Kaiser, dass
eventuell für ihn unangenehmes Hintergrundwissen zu der
Weihnachtsfeier im Jahre 1999 an die Presse gehen könnte, wenn er
nicht bereit ist, zu kooperieren. Das Ergebnis dieser Konferenz erwarten
wir spätestens in zwei Wochen.“

Das für den sportlichen Ausgang der Fußball-WM 2006 in Deutschland
zuständige Komitee trat ebenfalls noch am Abend der
Zentralkomiteesitzung zusammen. Wie bereits erwähnt waren hier mehr
altgediente Mitglieder zugegen. Entsprechend wurde der Sache mehr
pragmatisch entgegengetreten.

                             Seite 29 von 37
„Bevor hier nicht anständig einer eingeschenkt wird, geht hier gar nichts“,
meinte Dutzel gerade.
Gina Summnie als Vorsitzende versuchte vergeblich diesem
Gedankengut schon zu Beginn die Grundlage zu entziehen. Allein, sie
hatte wenig Erfolg. Erst nachdem auch das letzte Komiteemitglied mit
Bier und Birnenschluck versehen war, kam es zu den ersten
konstruktiven Äußerungen.
„Unsere Aufgabe ist es zu erreichen, dass Deutschland am Ende dieser
Fußballweltmeisterschaft mit dem Pokal in den Händen da steht. Wie
wollen wir das bewerkstelligen?“
Heinz-Jörg Zebramowski, auch für sein analytisches Denkvermögen
bekannt, sagte daraufhin.
„Das erste Ziel ist das Überstehen der Vorrunde. Unsere Mannschaft
muss ran gegen Costa Rica, Polen und Ecuador. Gegen diese
Gruppengegner können wir uns wahrscheinlich noch vornehm zurück
halten. Wenn wir die ganz nicht normal schlagen, wird es für uns fast
unmöglich, die restlichen Spiele zu manipulieren. Aber man sollte so
wenig wie möglich dem Zufall überlassen.“
„Costa Rica ist eines der wenigen Länder der Erde, in denen wir keinen
Stützpunkt haben“, warf Longly ein.
„Okay, dann auf unsere Jungens vertrauen, Augen zu und durch, “
beschloss Agnes.
„Wie sieht es mit Polen aus?“
„Arthur Boruc, der polnische Schlussmann steht derzeit bei Celtic
Glasgow in Schottland unter Vertrag. Die Schotten machen ihrem
Namen alle Ehre und zahlen nicht besonders gut. Vielleicht ist da
finanziell was machbar. Ich nehme da mal Kontakt auf, “ erklärte der
Schwatzmeister.

                                Seite 30 von 37
„Bleibt noch Ecuador als letzter Gruppengegner. Ich schätze, die kann
unsere Elf ebenfalls mit eigenen Mitteln bezwingen. Also brauchen auch
wir hier nicht einzugreifen. Der Gruppensieg ist also machbar. Nach dem
letzten Vorrundenspiel sehen wir uns hier wieder, um über den nächsten
Gegner zu beraten.“

Unter großer Anteilnahme vieler Buchenbeeker wurden die
Gruppenspiele der Deutschen Nationalmannschaft in der Ballerbude im
Fernsehen verfolgt. Nicht nur hier war die Begeisterung ganz gewaltig.
Der Besuch von Christine und Mareike bei Kaiser Franz war also
erfolgreich verlaufen. Die angestrebte Begeisterung in der Heimat und
beim Rest der Welt war nahezu grenzenlos. Der Verkauf von Fanartikeln
überall in Deutschland, besonders aber im Merchandising-Container der
Buchenbeeke-Girlies auf dem Festplatz lief auf Hochtouren. Kalle Bliese
von der Traumburger Brauerei konnte den benötigten Nachschub an
Gerstensaft kaum schaffen und Christian Peppermann von den
Traumburger Nachrichten warf alle nationale Zurückhaltung über Bord
und berichtete geradezu herzerfrischend vom Auftreten unserer Kicker.
Dass auch das für den sportlichen Erfolg zuständige Komitee seiner
Aufgabe gewachsen war, lässt sich am Gruppensieg ablesen. Dass
dabei dem polnischen Schlussmann in der Nachspielzeit ein scheinbar
haltbarer Schuss von Oliver Neuville durch die Hände schlüpfte, fiel nur
ganz wenigen Eingeweihten auf.
Vor dem Achtelfinale gegen die Schweden kam es wieder zu zwei
Komiteesitzungen in Buchenbeeke.
„Das Spiel findet in München statt“, verkündete Gina Summnie ihren
interessierten Mitstreitern.
„Was können wir tun, um die Motivation unserer Elf noch mehr zu
erhöhen.“

                               Seite 31 von 37
„Wir haben uns da schon was einfallen lassen“, meinte Mario.
„Adrian, Maximilian und ich haben den Vorverkauf der Tickets für das
Spiel etwas in bessere Bahnen gelenkt. Es werden keine Schweden im
Stadion sein. Selbst wenn es auf den ersten Blick nicht danach
aussehen sollte, das sind alles Leute von uns. Die Stimmung wird also
ganz gewaltig zu unserer Seite hin ausschlagen.“
„Gute Arbeit“, lobte Gina.

Auch Agnes hatte ihre Mannen um sich geschart.
„Wie können wir den Schweden am besten beikommen?“ fragte sie
gerade.
„Der Schiedsrichter ist Carlos Simon aus Brasilien. Den können wir zwar
vielleicht nicht so becircen, wie uns das mit Herrn Hoyzer gelungen ist,
aber ich sehe da schon gewisse Möglichkeiten,“ sagte Jan Zebramowski.
„Wenn der ein bisschen mithilft, dass die Skandinavier zu Anfang gleich
unter Druck geraten, ist schon alles gewonnen. Von einem frühen
Rückstand erholen die sich nicht mehr. Ein paar entscheidende Pfiffe in
der ersten Viertelstunde für uns und wir haben die Katze im Sack. Für
Geld ist der Brasilianer allerdings nicht empfänglich. Aber der steht auf
deutsche Blondinen und davon haben wir in Buchenbeeke nun wahrlich
genug.“
Welche unserer rassigen hellhaarigen Schönheiten sich letztendlich zum
Wohle des Vaterlandes geopfert hat, soll hier besser verschwiegen
werden. Bekannt ist nur das Resultat ihrer Bemühungen. Deutschland
siegte 2 : 0 durch zwei Tore von Lukas Podolski in der 4. und 12. Minute.
Dass der Schiedsrichter in der ersten Viertelstunde des Spieles noch
ziemliche Augenränder gehabt haben soll, wurde allerdings nie
bestritten.

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