DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021

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DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
DER LABLOEFFLER
NEWS für das LABOR

                     Heft 1 2021, Nr. 22
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

                nach wie vor dominiert die Coronavirus-Pandemie das öffentliche Leben und lenkt die Auf-             Inhalt
                merksamkeit von den vielen sonstigen täglichen Forschungs- und Untersuchungsobjekten
                ab. So wurde die bis dato größte Geflügelpestepizootie in Deutschland und Mitteleuropa
                in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Mit den steigenden Temperaturen gingen die
                                                                                                                     2       Vorwort
                Fallzahlen zwar endlich zurück, ganz vorbei ist das Geschehen allerdings immer noch nicht.
                Und Influenzaviren sind immer für eine Überraschung gut, wie der Bericht über ein eigent-            3       Inhaltsverzeichnis
                lich als geringpathogen eingestuftes aviäres Influenzavirus vom Subtyp H3N1 zeigt, das
                                                                                                                     4–5     Die Tularämie in Deutschland
                durch eine einfache Mutation plötzlich hochpathogene Eigenschaften erlangt. Influenza-
                viren müssen wir also immer auf dem Schirm haben, nicht nur bei Geflügel, und sie bleiben            5–6     Cattle Connection: Molekulare Epidemiologie von BVDV-Ausbrüchen
                Top-Kandidaten für eine nächste Pandemie.
                                                                                                                     6–8     SARS-CoV-2 in Tieren: Empfängliche Wirte und geeignete Tiermodelle
                Natürlich ist SARS-CoV-2 auch im aktuellen LAB-Loeffler präsent. So berichten wir über               8-9     Neuer Pathomechanismus bei Aviären Influenzaviren entdeckt
                unsere Untersuchungen zur Empfänglichkeit verschiedener Nutztiere und möglicher
                                                                                                                     10–11 Die Bekämpfung der Blauzungenkrankheit nach dem neuen
                Modell­tiere. Hierfür wurde ein Bewertungssystem entwickelt, das die Ergebnisse in einer
                ansprechenden Grafik veranschaulicht. Aktuell stehen die verschiedenen Virusvarianten                        Tiergesundheitsrechtsakt
                von – Alpha bis Delta – auch am FLI im Fokus, wir bleiben am Ball.
                                                                                                                     12–14 Auswertung der Laborvergleichsuntersuchung zum Nachweis von Mykobakterien
                Nicht aus den Augen verlieren wir allerdings die „Klassiker“ wie z. B. BVD, Blauzungenkrank-         15–16 Vorgestellt: PD Sascha Knauf, PhD habil., Komm. Leiter des Instituts für
                heit und Tularämie, die uns insbesondere auf nationaler Ebene beschäftigen. International
                                                                                                                             Internationale Tiergesundheit/One Health (IITG) auf der Insel Riems
                spielt das FLI in verschiedenen Funktionen mit, ob als OIE-Referenzlabor oder im neuen
                internationalen Expertengremium „One Health“. Unser jüngstes Fachinstitut für Interna­
                tionale Tiergesundheit / One Health steht mit seinem neuen kommissarischen Leiter in den
                                                                                                                     KURZNACHRICHTEN
                Startlöchern, um hoffentlich bald wieder vor Ort mit Partnern in Aktion zu treten.

                Auch wenn digitale Medien den Austausch in der Pandemie weiterhin ermöglicht haben,
                                                                                                                     16      Neues OIE-Referenzlabor für die Bovine Virusdiarrhoe / Mucosal Disease am FLI
                gehört an vielen Stellen zur effizienten Zusammenarbeit eben doch der persönliche Aus-
                tausch, nicht nur in Labortrainings, sondern auch, um Projekte voranzutreiben und sich auf           17      FLI übernimmt Aufgaben als Referenzlabor für Ungarn
                den neuesten Stand zu bringen. Wir hoffen daher, dass wir das „kleine“ 111. FLI-Jubiläum im
                                                                                                                     17      Vor der nächsten Pandemie handeln: Internationales Expertengremium
                Oktober zumindest als Hybridveranstaltung in Greifswald ausrichten können. Wir würden
                uns freuen, möglichst viele von Ihnen dort begrüßen zu können!                                               One Health nimmt Arbeit auf
                                                                                                                     17      Hantavirusjahr 2021: schon 1000 Humaninfektionen für das erste
                                                                                                                             Halbjahr gemeldet
                Mit kollegialen Grüßen,
                                                                                                                     18      10. Dresdner Kolloquium auch online ein Erfolg
                                                                                                                     18      Friedrich-Loeffler-Institut feiert 111. Gründungsjubiläum
                                                                                                                     18      Ankündigung: Erster Ringtest für die Diagnostik von Bornavirusinfektionen bei Tieren
                                                                                                                     19      Laborvergleichsuntersuchungen 2021
                                                                                                                     20–22 Nationale Referenzlaboratorien
                                                                                                                     23      Aus der Zulassungsstelle

                Prof. Dr. Martin Beer 				                               Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas C. Mettenleiter

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft12Seite
                             Seite202                                                                                                                                         LabLOEFFLER 22.2021, Heft 1 Seite 3
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
Die Tularämie in Deutschland
Herbert Tomaso, Jörg Linde und Timo Homeier-Bachmann                     Taubertal. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schien       Mittlerweile sind fast fünfhundert Isolate aus vielen Regio-           tung, weil F. tularensis als potentielles B-Agens gilt und sich
                                                                         die Tularämie in Deutschland fast zu verschwinden. In den          nen Deutschlands sequenziert. Die Kenntnis um die regional             so eher ungewöhnliche Ausbrüche von zu erwartenden, na-
FLI, Institut für bakterielle Infektionen und Zoonosen, Nationales       letzten Jahren gab es aber sowohl beim Menschen als auch           vorkommenden Isolate ist auch deshalb von großer Bedeu-                türlichen Ereignissen unterscheiden lassen.
Referenzlabor für Tularämie und Institut für Epidemiologie               bei Tieren (Feldhasen) eine deutliche Zunahme der Fälle, die
                                                                         vermutlich kein Meldeartefakt durch die immer weiter ver-
Die Tularämie ist eine Zoonose, die durch Francisella (F.) tu-           besserte Diagnostik ist. Die gute Ausbildung der Jäger*innen
larensis hervorgerufen wird. Das Verbreitungsgebiet umfasst              und das Engagement der Kolleg*innen in den Bundesländern
weite Teile Eurasiens und Nordamerikas. Die unterschied­                 haben aber sicher das Bewusstsein und den (diagnostischen)
lichen Erreger der Tularämie (Subspezies tularensis, mediaa-             Blick für die Erkrankung geschärft. Die geographische Ver-
siatica, holarctica, novicida) sind derzeit gemäß Biostoffver-           teilung der gemeldeten Tularämie-Fälle scheint mit der Ha-
ordnung in unterschiedliche Risikogruppen eingestuft. Die                sendichte zu korrelieren, wie sie vom Wildtier-Informations-
„amerikanische“ Subspezies (tularensis) unterliegt der Eintei-           system der Länder Deutschlands berichtet wird. In Regionen
lung in Gruppe 3, während alle anderen Subspezies in Grup-               mit einer hohen Hasendichte werden auch häufiger erkrankte
pe 2 eingestuft sind. Eine Schutzimpfung gegen Tularämie ist             Hasen gefunden. Da der Mensch mit dem Reservoir der Tula-
derzeit in den westlichen Ländern (EU, USA, Kanada) nicht                rämie in der Natur hauptsächlich über infizierte Hasen kon-
verfügbar.                                                               frontiert wird, findet man in diesen Regionen auch vermehrt
                                                                         humane Fälle. In den letzten Jahren wurden aus den ehema-
Die Subspezies holarctica konnte bisher in sehr vielen ver-              ligen Hochendemiegebieten an der Ostsee kaum Fälle gemel-
schiedenen Säugetieren, Vögeln und Arthropoden nach-                     det. Serologische Untersuchungen von Wildschweinen lassen
gewiesen werden. Vermutlich spielen kleine Nagetiere und                 aber vermuten, dass der Erreger noch immer in der Region
Zecken die Hauptrolle bei der Aufrechterhaltung von en-                  vorkommt.
zootischen Herden. Hasen erkranken an Tularämie schwer
und verenden nach wenigen Tagen. Erkrankte Tiere werden                  Die Labordiagnostik beinhaltet - wie in der Amtlichen
so apathisch, dass sie z.  T. mit der Hand eingefangen werden            Metho­densammlung beschrieben - vor allem die Kultur auf
können. Hauskatzen und Hunde können an Tularämie erkran-                 Spezialnährböden, PCR-Systeme, Serologie und MALDI-TOF
ken und in seltenen Fällen eine Infektionsquelle für Men-                MS. Die Landesuntersuchungslabore haben die Methoden
schen sein. Bei Nutztieren spielt die Tularämie keine relevante          professionell etabliert und senden freundlicherweise regel-
Rolle. Kontaminiertes Wasser, infestierte Zecken, Stechmü-               mäßig Isolate zur weiteren Charakterisierung an das Nati-
                                                                                                                                            Abb. 1. Verteilung der Hauptkladen (A) und Subkladen (B) in Deutschland (Linde J, Homeier-Bachmann T, Dangel A, Riehm JM, Sundell D,
cken und vor allem Kontakt mit infizierten Hasen sind die                onale Referenzlabor (NRL) am IBIZ in Jena. Am NRL werden
                                                                                                                                            Öhrman C, Forsman M, Tomaso H. Genotyping of Francisella tularensis subsp. holarctica from Hares in Germany. Microorganisms.
wichtigsten Humaninfektionsquellen.                                      die Genome der Isolate sequenziert und mit Hilfe der Bioin-
                                                                                                                                            2020 Dec 5;8(12):1932.)
                                                                         formatik analysiert. Die bioinformatische Pipeline wurde
Kleine Hautverletzungen können beim Menschen zu Haut­                    in Labor­vergleichsuntersuchungen getestet, publiziert und
ulzerationen mit starken Lymphknotenschwellungen führen;                 jedes Labor kann sie auf seinem eigenen Server speichern           Cattle Connection: Molekulare Epidemiologie von BVDV-Ausbrüchen
je nach Eintrittspforte können aber auch schwere Pneumo-                 und nutzen. Für die Länder können aber auch entsprechen-
nien und andere Verlaufsformen auftreten. Aufgrund der                   de Prüfberichte basierend auf der Gesamtgenomanalyse ihrer         Jacqueline King, Anne Pohlmann, Kerstin Wernike                        den Infektionszyklus aufrecht, weshalb sie das Hauptziel von
natürlichen Resistenz der Francisellen gegen eine Vielzahl               jeweiligen Isolate erstellt werden.                                                                                                       Seuchenbekämpfungsprogrammen darstellen. In Deutschland
von empirisch eingesetzten Antibiotika (z. B. Penicilline und                                                                               FLI, Institut für Virusdiagnostik, Labor für Datenkurierung, OIE Re-   reduzierte sich der Anteil der PI-Tiere an den neugeborenen
Cephalosporine) und der häufig unspezifischen klinischen                 Eine grobe Unterteilung von F. tularensis subsp. holarctica        ferenzlabor u. Nationales Referenzlabor für Bovine Virusdiarrhoe /     Kälbern seit Implementierung des verpflichtenden Bekämp-
Symptomatik, sind anamnestische Hinweise auf eine mög­                   auf genomischer Ebene erfolgt über die Hauptkladen. Wäh-           Mucosal Disease                                                        fungsprogramms von ca. 0,47 % im Jahr 2011 auf 0,005 %
liche Exposition wichtig. Zu den Risikogruppen gehören u. a.             rend B.6 vor allem im westlichen Teil von Deutschland vor-                                                                                im Jahr 2020.
Jägerinnen und Jäger, Wildbret verarbeitende Personen,                   kommt, wird der östliche Teil von B.12 dominiert (Abb. 1 a).                                 Die Bovine Virusdiarrhoe/Mucosal
Landwirtinnen und Landwirte, Soldatinnen und Soldaten so-                Genetisch fast identische Stämme kommen gehäuft in eher                                      Disease (BVD/MD) gehört zu den               BVDV gehört zur Gattung der Pestiviren aus der Familie der
wie Laborpersonal, da die infektiöse Dosis gering ist.                   kleinen Gebieten vor, können sich aber auch über hunderte                                    weltweit wirtschaftlich bedeutsam­           Flaviviridae. Innerhalb der Gattung Pestivirus werden die
                                                                         Kilometer verbreiten (Abb. 1b). Nur die Gesamtgenomse-                                       sten Infektionserkrankungen beim             Spezies Pestivirus A (= BVDV-1) und B (= BVDV-2) derzeit ge-
Die Nord- und Ostseeküsten sind seit Mitte des 20. Jahr-                 quenzierung ermöglicht eine hochauflösende Analyse der                                       Rind, Infektionen mit dem BVD-               netisch in 21 BVDV-1 und vier BVDV-2 Subtypen unterschie-
hunderts bekannte Endemiegebiete, aber auch innerhalb                    molekularepidemiologischen Zusammenhänge. F. tularensis                                      Virus (BVDV) wurden allerdings               den. Etwa 95 % der in Deutschland zirkulierenden Stämme
Deutschlands kommt die Tularämie in vielen Gebieten seit                 subsp. holarctica mutiert sehr langsam, sodass das stabi-                                    auch bei weiteren Tierarten be-              gehören zur Virusspezies BVDV-1. Üblicherweise werden die
Jahrzehnten vor. Die größten Ausbrüche gab es mit 50 bis zu              le Genom nur kleinste Änderungen über die Zeit aufweist.                                     schrieben (Schafe, Ziege, Schweine,          5' untranslatierte Region und das Npro-Protein zur Subty-
138 humanen Fällen um 1950, vor allem in Eiderstedt, Greifs-             Deshalb ist es nicht sicher möglich, die Ausbreitung der                                     Hirsche, Büffel, Bisons und Alpa­            pisierung herangezogen. Allerdings haben frühere Studien
wald, der Peenemündung, Ueckermünde und in Röttingen im                  verschiedenen Bakterienstämme zeitlich nachzuvollziehen.                                     kas). In akut infizierten Rindern            gezeigt, dass die genetische Variabilität von BVDV nur ein-
                                                                                                                                            Jacqueline King           reicht der Krankheitsverlauf von             geschränkt durch diese Genomfragmente abgebildet werden
                                                                                                                                            (© W. Maginot, FLI)       subklinischen oder akuten gast-              kann. Durch eine Vollgenomauswertung wird dieses hingegen
 Jahr                                         2011      2012     2013      2014      2015     2016      2017      2018     2019      2020                             rointestinalen, respiratorischen und         ermöglicht.
                                                                                                                                            reproduktiven Symptomen bis hin zu perakuten Verlaufsfor-
                                                                                                                                            men mit einem hämorrhagischen Syndrom. Darüber hinaus                  Die Generierung von Vollgenomsequenzen aus klinischen
 Tularämie-Fälle bei Tieren                    12        38       44        119       97        63       56        75       208      146
                                                                                                                                            kann eine intrauterine Infektion potenziell zu einer vertikalen        Proben ist oft eine Herausforderung aufgrund geringer
                                                                                                                                            Übertragung führen und immuntolerante, persistent infizier-            Virus­
                                                                                                                                                                                                                        lasten oder einer begrenzten Probenintegrität. Dies
 Tularämie-Fälle beim Menschen                 17        22        20       23        34        43       56        58        74      65     te (PI) Kälber induzieren. Aufgrund der lebenslangen Aus-              kann heute erfolgreich durch Tiling-Amplikon-PCR-Sche-
                                                                                                                                            scheidung hoher Virusmengen durch diese PI-Tiere sind sie              mata um­­gangen werden, die für eine Reihe von Viren er-
Tab. 1: Zahl gemeldeter Fälle von Tularämie in Deutschland (2011 bis 2020), (Quellen: TSN und SurvStat, RKI; Stichtag: 05.05.2021)          die Hauptinfektionsquelle für empfängliche Tiere und halten            folgreich eingesetzt wurden, darunter das Zika-Virus, das

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft12Seite
                             Seite402                                                                                                                                                                                                       LabLOEFFLER 22.2021, Heft 1 Seite 5
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
Ebola-Virus und das kürzlich aufgetretene schwere akute re-
spiratorische Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2). Im Ver-                                                                                  Überwachungsstudien sowie einzelne Fallberichte konnten                 sich zwar nicht in der menschlichen Bevölkerung durchset-
gleich zu anderen Target-Anreicherungsmethoden bietet die                                                                                  die natürlich vorkommende Infektion von SARS-CoV-2 bei                  zen, zeigt aber die Wichtigkeit der Überwachung großer Tier-
PCR eine kostengünstige, schnelle, zugängliche und sensitive                                                                               beiden Tierarten bestätigen. Hierbei wird allerdings davon              haltungen von empfänglichen Arten. Neben Nerzen müssen
Anreicherung und Amplifikation in einem Schritt. Die darauf-                                                                               ausgegangen, dass das Virus lediglich von infizierten Men-              hierbei auch andere pelzliefernde Tierarten berücksichtigt
folgende Amplikon-Sequenzierung mit dem Oxford Nanopo-                                                                                     schen auf die Tiere übertragen wurde. Eine Rückübertragung              werden, wie zum Beispiel der Marderhund, der sich ebenfalls
re MinION Gerät der dritten Generation hat sich insbesonde-                                                                                wurde bisher nicht beschrieben und gilt als unwahrscheinlich.           als empfänglich für SARS-CoV-2 erwies. Eine experimentelle
re bei Ausbrüchen als Mittel der Wahl erwiesen, da sie eine                                                                                                                                                        Infektion führte zu einer starken Virusreplikation, die aller-
kostengünstige Sequenzierung in Echtzeit ermöglicht. Auf-                                                                                  Ein weiteres Haustier, das zwar in bedeutend geringerer Zahl            dings auf die Nasenhöhlen begrenzt zu sein scheint, und ei-
grund der beschriebenen Vorteile wurde auch für BVDV ein                                                                                   gehalten wird, aber dennoch intensiven Kontakt zu seinem/               ner horizontalen Übertragung zu beigestellten Kontakttieren.
Tiling-Amplikon-PCR-Protokoll mit anschließender Nanopo-                                                                                   seiner Halter*in, aber auch zu haushaltfremden Personen so-             Klinische Zeichen wurden beim Marderhund aber nicht beob-
ren-MinION-Volllängensequenzierung entwickelt.                                                                                             wie der Umwelt haben kann, ist das Frettchen. Experimen-                achtet.
                                                                                                                                           telle Studien konnten zeigen, dass eine SARS-CoV-2-Infek-
Für die Validierung der schnellen Vollgenomsequenzierung                 Beladung des Oxford Nanopore MinION Geräts zur Amplikon           tion mit einer starken Virusreplikation im oberen Atemtrakt             Wie das Infektionsgeschehen in den Nerzfarmen zeigte, ist
sowohl von BVDV-1- als auch von BVDV-2-Stämmen, wur-                     Sequenzierung (© FLI)                                             der Frettchen einhergeht, ohne charakteristische klinische              die Entwicklung eines separaten Übertragungszyklus, aus
den Nanoporen-Sequenzierungen von zwölf repräsentati-                                                                                      Zeichen auszulösen. Die natürlich vorkommende Infektion                 dem eine Infektion von Menschen resultieren kann, eine
ven BVDV-Proben nach einem Tiling-PCR-Verfahren durch-                                                                                     wurde bei einem als Haustier in einem SARS-CoV-2-positiven              ernst zu nehmende Gefahr. Aus diesem Grund wurden diver-
geführt. Dabei wurden eine Vielzahl von Subtypen (1 b, 1 d,              Mit Hilfe des etablierten Protokolls ist eine schnelle und kos-   Haushalt gehaltenem Frettchen bestätigt.                                se Wildtiere experimentell infiziert. Eine hohe Empfänglich-
1 f, 2 a, 2 c), Probenmatrices (Plasma, EDTA und Ohrstanze),             tengünstige Vollgenomsequenzierung von früheren und ak-                                                                                   keit konnte bei Weißwedelhirschen und mehreren Tierarten
Viruslasten (Cq-Werte 19–32) und Wirtspezies (Rinder und                 tuell zirkulierenden BVDV-Stämmen realisierbar. Die dadurch       Auch bei Nerzen, die ebenfalls der Familie der Marder ange-             der Familie der Wühler festgestellt werden. Die in Europa
Schafe) berücksichtigt. Es konnten erfolgreich aus zehn der              erreichbare präzise genetische Auswertung bildet die Grund-       hören, konnte eine ähnlich hohe Empfänglichkeit gegenüber               vorkommende Rötelmaus zeigte dabei im Gegensatz zu ihrem
zwölf Proben Vollgenome gewonnen werden, wobei zwei                      lage für phylogenetische und Netzwerkanalysen, die eine           SARS-CoV-2 festgestellt werden. Nachdem erste Infektio-                 amerikanischen Pendant, der Hirschmaus, keine Übertragung
Proben mit niedrigem Titer 96 % Genomabdeckung auf-                      molekulare epidemiologische Verfolgung von Ausbrüchen             nen bei Nerzen in einer niederländischen Pelzfarm Ende April            zu beigestellten Kontakttieren. Ob andere in Europa vorkom-
wiesen. Die molekulare epidemiologische Analyse der Voll-                und Unterbrechung von Infektketten ermöglichen.                   2020 festgestellt wurden, traten etliche Ausbrüche in Pelz-             mende Tierarten ein potentielles Reservoir für SARS-CoV-2
genomsequenzen lieferte detaillierte Einblicke in die zirku-                                                                               farmen in mehreren europäischen Ländern sowie in den USA                darstellen, wurde bisher noch nicht hinreichend untersucht.
lierenden BVDV-Stämme und erlaubte die Untersuchung                                                                                        und Kanada auf. Dabei zeigte sich eine schnelle Durchseu-
möglicher (direkter und indirekter) Zusammenhänge zwi-                                                                                     chungsrate innerhalb der Betriebe. Obwohl in einigen Betrie-            Die Empfänglichkeit diverser Tierarten für eine SARS-CoV-2-
schen Ausbrüchen.                                                                                                                          ben ein Anstieg der Mortalität nach Auftreten von respira-              Infektion stellt nicht nur eine Gefahr dar, sie wird auch in
                                                                                                                                           torischen Symptomen beobachtet werden konnte, wurde das                 der Impfstoff- und Medikamentenforschung zu Nutze ge-
                                                                                                                                           Vorkommen von SARS-CoV-2 auf den meisten Betrieben erst                 macht. Dabei stellen nichtmenschliche Primaten durch ihre
SARS-CoV-2 in Tieren: Empfängliche Wirte und geeignete Tiermodelle                                                                         durch diverse Überwachungsprogramme entdeckt, da nur ein                nahe Verwandtschaft zum Menschen ein sehr geeignetes
                                                                                                                                           geringer Anteil der infizierten Tiere charakteristische Symp-           Tiermodell dar. Das klassische Labortier, die Hausmaus, er-
Anna Michelitsch und Kerstin Wernike                                                                                                       tome zu zeigen scheint. Im Zuge dieser Ausbrüche entstand               wies sich im Wildtyp als nicht empfänglich für SARS-CoV-2.
                                                                                                                                           im Tierwirt eine neue SARS-CoV-2-Variante, die vom Nerz                 Erst nach genetischer Modifizierung, die den menschlichen
FLI, Institut für Virusdiagnostik, Nationales Referenzlabor für Bovine   Basierend auf der bisherigen Datenlage ist davon auszu-           auf den Menschen übertragbar ist. Diese Variante konnte                 Zellrezeptor ACE2 in die Tiere einbrachte, konnte die Maus
Virusdiarrhoe/Mucosal Disease und Schmallenberg-Virus                    gehen, dass Vögel nicht empfänglich für SARS-CoV-2 sind.
                                                                         Nach der experimentellen Inokulation von Hühnern konn-
                         Wie die aktuelle Corona-Pandemie                ten weder eine virale Replikation noch eine Serokonversion
                         zeigt, sind Tiere ein wichtiger Fak-            nachgewiesen werden. Folglich wurde auch keine Übertra-
                         tor in der Dynamik von Infektions-              gung zu beigestellten Kontakttieren beobachtet. Vergleich-
                         krankheiten. Von einem vermute-                 bare Experimente an weiteren Vertretern diverser Vogelarten
                         ten Ursprung des Erregers in einem              (Ente, Truthuhn, Höckergans, Japanwachtel) kamen zu glei-
                         tierischen Reservoirwirt, über die              chen Ergebnissen. Neben Hühnern sind Rinder und Schweine
                         Gefahr der Etablierung eines sepa-              die beiden wirtschaftlich relevantesten landwirtschaftlichen
                         raten Übertragungszyklus in der                 Nutztierarten. Bei beiden Tierarten konnten zwar einzelne
                         Natur, bis hin zur Entstehung neuer             Tiere experimentell infiziert werden, doch kam es weder zu
                         Varianten ist die wichtige epide-               einer relevanten Virusausscheidung noch konnte eine Über-
Anna Michelitsch         miologische Rolle etlicher Tierarten            tragung zu beigestellten Kontakttieren festgestellt werden.
(© F. Wernike)           unbestreitbar. Darüber hinaus sind              Daher ist auch bei Rindern und Schweinen davon auszuge-
                         Tiere für die Forschung und Ent-                hen, dass sie keine epidemiologische Rolle im Verlauf der
wicklung von Impfstoffen und Medikamenten unersetzlich.                  SARS-CoV-2-Pandemie spielen.
Aus diesen Gründen ist es erforderlich, die Empfänglichkeit
einzelner Tierarten gegenüber einer SARS-CoV-2-Infektion                 Hunde und Katzen sind beliebte Haustiere. Neben dem in-
einzuschätzen. Basierend auf wissenschaftlichen Veröffent-               tensiven Kontakt mit ihrem / ihrer Besitzer*in, haben sie ge-
lichungen wurden daher Tierarten, die eine wichtige soziale              wöhnlich auch Kontakt zu haushaltsfremden Menschen und
oder wirtschaftliche Rolle in der Gesellschaft einnehmen,                Tieren. Beide Tierarten zeigten sich empfänglich für eine ex-
sowie Wildtiere und gängige Versuchstierarten anhand eines               perimentelle Infektion mit SARS-CoV-2, wobei die Rate der         Empfänglichkeit verschiedener Tierarten für SARS-CoV-2. Es wurden jeweils null bis drei Punkte in den Kategorien Genomnachweis,
festgelegten Bewertungssystems hinsichtlich ihrer Empfäng-               erfolgreich infizierten Katzen höher war als die der Hunde        Serokonversion, Übertragung auf Artgenossen und klinische Symptome vergeben. Die Tierarten wurden entsprechend der Summe der
lichkeit für SARS-CoV-2 klassifiziert.                                   und eine Übertragung zu beigestellten nichtinfizierten Kat-       vergebenen Punkte platziert. Null Punkte (links) bedeuten, dass die Tierart unempfänglich für eine SARS-CoV-2-Infektion ist und zwölf
                                                                         zen nachgewiesen werden konnte. Mehrere serologische              Punkte (rechts) stehen für eine sehr hohe Empfänglichkeit. Original erschienen in Advances in Virus Research. (© A. Michelitsch, FLI)

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft12Seite
                             Seite602                                                                                                                                                                                                        LabLOEFFLER 22.2021, Heft 1 Seite 7
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
als Modell verwendet werden. Neben den bereits erwähnten                   Literatur                                                             Mutation im N1 Protein ändert Gewebetropismus
Frettchen zeigten sich auch diverse Hamsterarten hochemp-
fänglich für SARS-CoV-2 und werden weitverbreitet in der                   Originalpublikation     erschienen     in   Advances     in   Virus   In Zusammenarbeit des Instituts für Virusdiagnostik (IVD)
Forschung eingesetzt.                                                      Research:                                                             und des Instituts für molekulare Virologie und Zellbiologie
                                                                                                                                                 (IMVZ) sowie der Abteilung für experimentelle Tierhaltung
Die hohe Empfänglichkeit diverser Tierarten offenbart die                  A. Michelitsch, K. Wernike, L. Ulrich, T. C. Mettenleiter,            und Biosicherheit (ATB) des FLI konnte dieses Paradoxon
Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtung des Pandemie-                   M. Beer. 2021. SARS-CoV-2 in animals: From potential                  wissenschaftlich gelöst und die Ergebnisse in Plos Patho-
geschehens. Im Sinne eines One Health-Ansatzes muss die                    hosts to animal models. Adv Virus Res.                                gen veröffentlicht werden (Schön et al., 2021, https://doi.
Interaktion zwischen Mensch und Tier weiterhin auf allen                   DOI: 10.1016/bs.aivir.2021.03.004                                     org/10.1371/journal.ppat.1009490.g002). Wir konn­­ten zeigen,
Ebenen untersucht und fortlaufend überwacht werden.                                                                                              dass in Geflügel-adaptierten H3N1/BE-Viren eine Mutation in
                                                                                                                                                 der Neuraminidase (N1) auftrat, die eine stark konservierte
                                                                                                                                                 Glykosylierungsstelle aufhob (N130S). Aufgrund dieses Be-
Neuer Pathomechanismus bei Aviären Influenzaviren entdeckt                                                                                       fundes vermuteten wir, dass analog zu einem experimentell
                                                                                                                                                 durch Gehirnpassage erzeugten Stamm (A/WSN/33 (H1N1))
Christian Grund, Timm Harder, Jacob Schön; Jürgen Stech und                                                                                      das N1 der H3N1/BE-Geflügelvarianten mit Plasminogen in-
Martin Beer (im Namen des Autorenteams)                                                                                                          teragiert. Diese sonst durch die Glykosylierung verhinderte
                                                                                                                                                 Assoziation von N1 und Plasminogen ermöglicht die pro-
FLI, Institut für Virusdiagnostik, Institut für molekulare Virologie und                                                                         teolytische Aktivierung des HA durch die in Plasmin konver-
Zellbiologie                                                                                                                                     tierte Peptidase. Entsprechende Folgeuntersuchungen wiesen
                                                                                                                                                 nach, dass durch einen Plasmin-Inhibitor (6-aminohexanoic        Systemische LPAIV-Replikation einer natürlich auftretenden
                          Ein Meilenstein der Influenzafor-                                                                                      acid) die zuvor in Zellkultur beobachtete proteolytische         H3N1 Variante
                          schung war die Entdeckung der                                                                                          HA-Aktivierung gehemmt war. Analog zu klassischen LPAIV          Bei H3N1-Stämmen wurde eine für LPAIV untypische neuronale
                          molekularen Grundlage der Haupt-                                                                                       blieb die Infektion in Gegenwart des Inhibitors auf einzelne     Manifestation im Gehirn nachgewiesen
                          pathogenitätsdeterminante         bei                                                                                  Zellen beschränkt, d. h. die Infektion konnte sich nicht mehr    (Kreis: rot gefärbte, Virusantigen positive Zellen im Gehirn).
                          avi­ä­ren Influenzaviren (AIV) (Klenk                                                                                  durch neu entstandene Virionen ausbreiten.                       Analog ist für diese bei Geflügel aufgetretenen Viren in Zellkultur
                          et al. 1975; Lazarowitz and Chop-                                                                                                                                                       eine multizyklische Replikation zu beobachten (grüne Plaques),
                          pin 1975), die durch Unterschiede                                                                                      Die Untersuchungen am FLI liefern damit den erstmaligen          während sich klassische LPAIV unter diesen Bedingungen
                          der proteolytischen Aktivierung                                                                                        Nachweis einer derartigen N1-Mutation (N130S) bei einer in       nicht ausbreiten können und die Infektion auf einzelne Zellen
                          des Hämagglutinins (HA) bestimmt                                                                                       einem Infektionsgeschehen natürlich auftretenden AIV-Va-         beschränkt bleibt (grün angefärbte Einzelzellen). (© FLI)
                          wird: Während die in Wildvögeln                  Neben den anzeigepflichtigen hochpathogenen aviären                   riante und weist diese Mutation als Pathogenitätsdetermi-
Christian Grund           endemisch vorkommenden niedrig                   Influenzaviren als Erreger der Geflügelpest bei Hühnern und           nante aus. Die Arbeiten konnten damit einen entscheidenden
(© W. Maginot, FLI)       pathogenen Viren (LPAIV) auf die                 Puten sind aviäre Influenzaviren auch bei lokalen Infektionen der     Anteil zum Verständnis der Pathogenese des außergewöhn-
                          Spaltung durch extrazelluläre tryp-              Atemwege und des Darmes wichtige Differentialdiagnosen.               lichen AIV H3N1-Infektionsgeschehens in Belgien leisten.
sinartige Proteasen angewiesen sind und die Virusreplikation               (© C. Grund)                                                          Es bleibt festzustellen, dass das Erkennungsmotiv der pro-
somit auf den Respirations- und Digestionstrakt beschränkt                                                                                       teolytischen HA-Spaltstelle der dominierende Pathogeni-
ist, werden hochpathogene Pathotypen (HPAIV) der HA-Sub-                                                                                         tätsmarker bei HPAIV H5/H7 ist. Unbenommen davon, kön-
typen H5 und H7 von der ubiquitär im Körper vorkommen-                     Erkrankung bei Legehennen allerdings mit einem 100%igen               nen bei außergewöhnlicher Manifestation von klassischen
den Subtilase Furin oder verwandten Proteasen aktiviert. Als               Rückgang der Legeleistung und einer Sterblichkeit von 58 %            LPAIV-Stämmen alternative Pathogenitätsmechanismen zu
Erkennungsmotiv dient eine polybasische Sequenz im Bereich                 (de Wit et al., 2020). Bei juvenilen männlichen SPF-Hühnern           Grunde liegen. Die Charakterisierung der N1-Glykosylie-
der proteolytischen Spaltstelle des HA (RXK/RR), die diese                 war die Klinik deutlich schwächer, mit milden Krankheits­             rungsstelle (N130S) sollte daher zukünftig in weiterführende
HPAIV befähigt, systemisch zu replizieren. Deren Replikati-                zeichen bei 22 % der Tiere (3/15) (de Wit et al., 2020). Dabei        Untersuchungen einbezogen werden.
onskompetenz schließt myocardiales, endotheliales und neu-                 induzierte die experimentelle Infektion auch in dieser Gruppe
ronales Gewebe ein und führt zu perakuten Krankheitsver-                   bei einem Tier eine starke Störung des Allgemeinbefindens,            Referenzen
läufen bei Geflügel mit einer Sterblichkeit von bis zu 100 %.              so dass dieses Tier am Tag fünf der Infektion aus Tierschutz-
                                                                           gründen euthanisiert wurde.                                           de Wit JJ, Fabri THF, Molenaar RJ, Dijkman R, de Bruijn N,       Schön J, Breithaupt A, Höper D, King J, Pohlmann A, et al.
LPAIV-H3N1-Geschehen in Belgien bricht mit Dogma                                                                                                 Bouwstra R. Major difference in clinical outcome and repli-      (2021) Neuraminidase-associated plasminogen recruitment
                                                                           Eigene Untersuchungen von zwei H3N1/BE-Isolaten aus ei-               cation of a H3N1 avian influenza strain in young pullets and     enables systemic spread of natural avian Influenza viruses
Berichte aus Belgien über ein seuchenhaftes und mit hoher                  nem Huhn und einer Pute bestätigten die geringe Patho-                adult layers. Avian Pathology. 2020; 49(3):286–95. https://      H3N1. PLOS Pathogens 17(4): e1009490.
Mortalität einhergehendes Geschehen im Jahr 2019, das of-                  genität für SPF-Junghühner, zeigten aber bei jeweils einem            doi.org/10.1080/03079457.2020.1731423 PMID: 32064915             https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1009490
fenbar durch ein LPAIV H3N1 mit monobasischer Schnitt­                     Tier zentralnervöse Krankheitszeichen und Manifestation
stelle verursacht wurde, passten jedoch nicht in dieses                    der Infektion im Gehirn (Schön et al., 2021). Die neuronale           Klenk HD, Rott R, Orlich M, Blodorn J (1975) Activation of       Steensels M, Gelaude P, Van Borm S, Van den Berg T, Carg­
klassische Dogma. Insgesamt waren 82 Farmen betroffen.                     Manifestation konnte in weiteren Versuchen auf dem Riems              influenza A viruses by trypsin treatment. Virology 68:426–       nel M, Roupie V, et al. Atypical Pathogenicity of Avian
Insbesondere trat die Infektion bei Hühner- und vereinzelt                 bestätigt werden. Unsere Befunde belegten eindrücklich eine           439.                                                             Influenza (H3N1) Virus Involved in Outbreak, Belgium,
bei Putenbeständen im Nordwesten Belgiens auf mit einer                    systemische Infektion des als LPAIV einzustufenden H3N1/                                                                               2019. Emerg Infect Dis. 2020; 26 (8):1899–903.
Sterblichkeit von bis zu 60 % (Steensels et al., 2020). Das                BE-Virus. In Zellkultur replizierte der exemplarisch getestete        Lazarowitz SG, Choppin PW (1975) Enhancement of the in-          https://doi.org/10.3201/eid2608.191338 PMID: 32687049
nachgewiesene aviäre H3N1-Virus stellte sich aufgrund sei-                 H3N1-Stamm (A/Chicken/Belgium/1940/2021) allerdings auch              fectivity of influenza A and B viruses by proteolytic cleavage
ner HA-Spaltstelle und des intravenösen Pathogenitätsindex                 ohne Trypsinsupplementierung und bildete deutliche Plaques;           of the hemagglutinin polypeptide. Virology 68:440–454
zunächst eindeutig als LPAIV dar. In Tierexperimenten mit                  diese in-vitro-Charakteristika sind ansonsten nur HPAI-Viren
spezifiziert pathogenfreien (SPF) Hühnern zeigte sich eine                 eigen.

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft12Seite
                             Seite802                                                                                                                                                                                                       LabLOEFFLER 22.2021, Heft 1 Seite 9
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
Die Bekämpfung der Blauzungenkrankheit nach dem neuen Tiergesundheitsrechtsakt
Jörn Gethmann, Franz J. Conraths                                                                                                                                                                                               Beim innergemeinschaftlichen Verbringen ist es jetzt nicht
                                                                                                                                                                                                                               mehr möglich, bilaterale Abkommen zwischen Mitglieds-
FLI, Institut für Epidemiologie                                                                                                                                                                                                staaten zu schließen. Während bei einem optionalen Til-
                                                                                                                                                                                                                               gungsprogramm relativ genaue Anforderungen an das
                              Situation der Blauzungenkrankheit                So war ein Verbringen von Kälbern innerhalb Deutschlands                                                                                        Überwachungsprogramm in Artikel 37 der DelV 2020/689
                              in Deutschland                                   möglich, wenn deren Mütter nachweislich geimpft waren                                                                                           angegeben sind, gibt es ohne Tilgungsprogramm nur allge-
                                                                               und die Kälber Kolostrum erhalten hatten. Um Kälber auch in                                                                                     meine Regeln (Artikel 3 der DelV 2020/689). Darüber hinaus
                       Zwischen Februar 2012 und Dezem-                        andere Mitgliedsstaaten verbringen zu dürfen, wurden bila-                                                                                      können nur geimpfte oder getestete Tiere aus nicht freien
                       ber 2018 war Deutschland offiziell                      terale Abkommen mit anderen Mitgliedsstaaten abgeschlos-                                                                                        Gebieten in freie Gebiete verbracht werden. Die Überwa-
                       frei von der Blauzungenkrankheit                        sen. Derartige Abkommen gab es z.  B. mit den Niederlanden,                                                                                     chung ist deutlich strenger geworden. Nach wie vor erfolgt
                       (BTV). Am 8. Dezember 2018 wur-                         Spanien und Italien. Während Italien und Spanien Kälber von                                                                                     die Überwachung auf der Basis geographischer Einheiten.
                       de die BTV dann erstmals wieder in                      geimpften Muttertieren akzeptierten, mussten Kälber vor                                                                                         Allerdings sind die Erkennungsschwellen auf 1 % in Restrik-
                       Baden-Württemberg festgestellt.                         dem Transport in die Niederlande auf BTV getestet werden.                                                                                       tionsgebieten und 5 % in freien Gebieten jeweils pro geo-
                       Seitdem wurden 63 Ausbrüche in                                                                                                                                                                          graphischer Einheit gesenkt worden. Die Irrtumswahrschein-
Jörn Gethmann          Baden-Württemberg, Rheinland-                           Nach den Regeln der Verordnung (EG) Nr. 1266/20073 wurde                                                                                        lichkeit bleibt bei 5 %. Zusätzlich muss in Gebieten, die an
(© M. Jörn, FLI)       Pfalz und dem Saarland bestätigt,                       in Deutschland aktive Überwachung sowohl in den Restrik­                                                                                        einen betroffenen Mitgliedsstaat grenzen, ein erhöhter
                       davon die meisten im Frühjahr                           tionszonen als auch in den freien Gebieten durchgeführt.                                                                                        Stichprobenumfang genommen werden. Zudem ist ein ento-
2019. Insgesamt fünf Ausbrüche wurden seit Juni 2019 ge-                       Sie basiert auf so genannten geographischen Einheiten (gE),                                                                                     mologisches Monitoring vorgegeben.
meldet (Tab. 1).                                                               das sind Gebiete mit einer Fläche von etwa 2.000 km². Dabei
                                                                               wurden in den Restriktionszonen mindestens 59 Proben pro                                                                                        Fazit
Um die Ausbruchsbetriebe wurde eine Restriktionszone ge-                       gE und in den freien Gebieten 14 Proben pro gE auf BTV un-
mäß BlauzungenV 1 in Verbindung mit der Richtlinie 2000/75/                    tersucht. Dies entspricht Erkennungsschwellen von 5 % bzw.                                                                                       Nach dem Inkrafttreten des neuen Tiergesundheitsrechts in
EG2 und der Verordnung 1266/20073 eingerichtet (Abb. 1). Die                   20 % bei 5 % Irrtumswahrscheinlichkeit (95 % Konfidenz­                                                                                          der EU sind alle Regelungen zur BTV als Delegierte Verord-
Restriktionszone betrifft damit ganz oder teilweise die Län-                   niveau). Hinzu kamen Tests bei klinisch erkrankten Tieren und                                                                                    nungen und Durchführungsrechtsakte veröffentlicht und
der Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Bayern,                      Handelsuntersuchungen.                                                                                                                           damit in allen Mitgliedsstaaten, also auch in Deutschland,
Hessen und Nordrhein-Westfalen. Aus der Restriktionszone                                                                                                                                                                        unmittelbar anzuwenden. Eine Anpassung des nationalen
durften Tiere nur in freie Gebiete verbracht werden, wenn                      Im Jahr 2020 wurden in Deutschland insgesamt fast 190.000                                                                                        Rechts ist somit nicht erforderlich. Die Anforderungen an
sie entweder geimpft waren oder mittels PCR- oder Anti­                        Rinder, etwa 870 Schafe und etwa 200 Ziegen auf BTV-Ge-                                                                                          ein Überwachungsprogramm sind deutlich gestiegen, was zu
körpertest getestet wurden. Da eine Impfung für Kälber                         nom (PCR) oder Antikörper untersucht, dabei entfiel der                                                                                          einem höheren Probenaufkommen führt. Beim Verbringen
nicht möglich ist, wurden andere erleichterte Bedingun-                        größte Teil auf Handelsuntersuchungen.                                                                                                           von Tieren aus nicht BTV-freien Gebieten in BTV-freie Ge-
gen für Kälber mit einem Alter unter 90 Tagen beschlossen.                                                                                               Abb. 1: Nicht BTV-freies / BTV-freies Gebiet in Deutschland (© FLI)   biete ist nach wie vor entweder eine Impfung der Tiere oder
                                                                                                                                                                                                                               eine Untersuchung erforderlich. Dies wird auch weiterhin zu
                                                                                                                                                         Neues Tiergesundheitsrecht der EU                                     einem hohen Probenaufkommen führen. Sollte Deutschland
    Jahr                 Monat              Baden-Württemberg                Rheinland-Pfalz                Saarland                    Gesamt                                                                                 es schaffen, komplett frei von BTV zu werden, dürfte sich die
                                                                                                                                                         Am 21. April 2021 ist die Verordnung (EU) 2016/4294 in                Anzahl der Handelsuntersuchungen deutlich verringern. Al-
    2018               Dezember                         1                                                                                  1             Kraft getreten. Damit ändern sich die Überwachungs- und               lerdings besteht jederzeit die Gefahr, dass BTV wieder nach
                                                                                                                                                         Verbringungsregeln in Bezug auf die Blauzungenkrankheit               Deutschland eingeschleppt wird.
    2019                 Januar                        29                            5                           1                         35            maßgeblich. So ist die BTV in der Durchführungsverordnung
                                                                                                                                                         (EU) 2018/18825 der Kategorie C zugeordnet6. Damit ändert
                                                                                                                                                                                                                               4
                                                                                                                                                                                                                                 Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates
                        Februar                        11                                                                                  11                                                                                    vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung
                                                                                                                                                         sich der Status der BTV von einer zu tilgenden Krankheit zu             einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“)
                          März                          5                                                        2                         7             einer optional zu tilgenden Krankheit. Wenn sich ein Mit-               (ABl. L 84 vom 31.03.2016, S. 1)
                                                                                                                                                         gliedsstaat entscheidet die Seuche zu tilgen, muss das Auf-           5
                                                                                                                                                                                                                                  Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 der Kommission vom
                          April                         2                                                                                  2             treten weiterhin innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden.              3. Dezember 2018 über die Anwendung bestimmter Bestimmungen zur
                                                                                                                                                         Die Vorgaben für ein optionales Bekämpfungsprogramm                     Seuchenprävention und -bekämpfung auf Kategorien gelisteter Seuchen
                                                                                                                                                                                                                                 und zur Erstellung einer Liste von Arten und Artengruppen, die ein
                           Mai                          2                                                                                  2             und die Falldefinition sind in der Delegierten Verordnung               erhebliches Risiko für die Ausbreitung dieser gelisteten Seuchen darstellen
                                                                                                                                                         (EU) 2020/689 zu finden, während die freien Regionen in                 (ABl. L 308 vom 04.12.2018, S. 21).
    2020                Oktober                                                      1                           1                         2             der Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 gelistet sind               6
                                                                                                                                                                                                                                 Delegierte Verordnung (EU) 2018/1629 der Kommission vom 25. Juli 2018
                                                                                                                                                         (Abb. 1). Die Regeln zum Verbringen innerhalb der EU sind in            zur Änderung der Liste der Seuchen in Anhang II der Verordnung (EU)
    2021                Februar                                                      1                                                     1             der Delegierten Verordnung 2020/6887 und die zum Eingang                2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates zu Tierseuchen
                                                                                                                                                                                                                                 und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der
                                                                                                                                                         in die EU in der Delegierten Verordnung 2020/6928 zu finden.            Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (ABl. L 272 vom 31.10.2018, S. 11)
    Gesamt                                             50                            8                           5                         63                                                                                  7
                                                                                                                                                                                                                                 Delegierte Verordnung (EU) 2020/688 der Kommission vom 17. Dezember
                                                                                                                                                         Mit dem Inkrafttreten des Tiergesundheitsrechtsaktes im                 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen
Tab. 1: Anzahl der in TSN gemeldeten Ausbrüche der BTV seit 2012; 2012–2017 war Deutschland frei von BTV                                                 April 2021 haben sich insbesondere die Vorgaben für die                 Parlaments und des Rates hinsichtlich Tiergesundheitsanforderungen an
                                                                                                                                                         Bekämpfung, das Überwachungsprogramm als auch für den                   Verbringungen von Landtieren und Bruteiern innerhalb der Union (ABl.
1
  Verordnung zum Schutz gegen die Blauzungenkrankheit in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juni 2015 (BGBl. I S. 1095)                                                                                                      L 174 vom 03.06.2020, S. 140).
                                                                                                                                                         Handel geändert. Die Bekämpfung der BTV setzt im We-                  8
                                                                                                                                                                                                                                 Delegierte Verordnung (EU) 2020/692 der Kommission vom 30. Januar
2
  Richtlinie 2000/75/EG des Rates vom 20. November 2000 mit besonderen Bestimmungen für Maßnahmen zur Bekämpfung und Tilgung der
  Blauzungenkrankheit                                                                                                                                    sentlichen auf die Impfung der Zielpopulation. Wenn davon               2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen
3
  Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 der Kommission vom 26. Oktober 2007 mit Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2000/75/EG des Rates hinsichtlich der   abgewichen werden soll, muss die zuständige Behörde im                  Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften für den Eingang
  Bekämpfung, Überwachung und Beobachtung der Blauzungenkrankheit sowie der Beschränkungen, die für Verbringungen bestimmter Tiere von für die           Rahmen einer Risikobewertung begründen, dass andere Maß-                von Sendungen von bestimmten Tieren, bestimmtem Zuchtmaterial und
  Blauzungenkrankheit empfänglichen Arten gelten                                                                                                         nahmen zur Tilgung ausreichen.                                          bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs in die Union und für deren
                                                                                                                                                                                                                                 anschließende Verbringung und Handhabung (ABl. L 174 vom 03.06.2020,
                                                                                                                                                                                                                                 S. 379)

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft12Seite
                             Seite1002                                                                                                                                                                                                                     LabLOEFFLER 22.2021, Heft 1 Seite 11
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
Auswertung der Laborvergleichsuntersuchung zum Nachweis von Mykobakterien
Stefanie Barth                                                           Ziel der Laborvergleichsuntersuchung war es, in Gewebepro-                                                                                              Abb.1: Effizienz der Gesamt-DNS-
                                                                         ben DNS der Mitglieder des MTC mittels NAT zu identifizie-                                                                                              Extraktion aus den verschiedenen
FLI, Institut für molekulare Pathogenese, Nationales Referenzlabor       ren. Außerdem sollte erfasst werden, ob die in den teilneh-                                                                                             Gewebeproben, gemessen am Nachweis
für Tuberkulose der Rinder                                               menden Landesuntersuchungsämtern eingesetzte Methodik                                                                                                   des β-Aktin-Gens
                                                                         zur molekularbiologischen Untersuchung der Proben über-                                                                                                 Darstellung als Box-Whisker-Plots
Die Tuberkulose der Rinder (bTB) wird hervorgerufen durch                einstimmt oder ob Unterschiede vorliegen.                                                                                                               (Minimum, 25 %-Quartil, Median,
Mitglieder aus dem Mycobacterium tuberculosis-Komplex                                                                                                                                                                            75 %-Quartil, Maximum)
(MTC), insbesondere die Erreger Mycobacterium bovis und                  Als Probenmaterial wurden acht Gewebeproben von capri-                                                                                                  Zg/Rd = Mischung aus Gewebeproben
M. caprae. Für die amtliche Feststellung der bTB ist der Erre-           nem und/oder bovinem Gewebe ohne makroskopisch erkenn-                                                                                                  von Ziegen und Rindern;
gernachweis mittels bakteriologischer Kultur oder molekular-             bare bzw. molekulargenetisch nachweisbare Anzeichen für                                                                                                 Lnn = Lymphknoten (© FLI)
biologischer Untersuchung (Nukleinsäure amplifikationstech-              eine MTC-Infektion verschickt (Tab. 1). Fünf der Proben wur-
nik, NAT) essentiell. Der Nachweis mittels NAT ermöglicht es,            den mit unterschiedlichen Mengen des Risikogruppe-2-Stam-
fragliche Proben in einem überschaubaren Zeitaufwand auf                 mes M. bovis BCG versetzt und eine Probe mit M. avium
MTC-spezifische DNS-Fragmente zu untersuchen.                            subsp. hominissuis (MAH). Zwei Proben ohne Zugabe von
                                                                         Mykobakterien dienten als Kontrollproben.

 Code                                 Tierart                        Gewebe [je 1 g]          Status

 MTC-A                                Ziege / Rind                   Lymphknoten              10 KbE M. bovis BCG / Gefäß                 Nachweis der MTC-spezifischen DNS-Sequenzen                   Vergleich der zwei MTC-Target-Sequenzen. Insgesamt wur-
                                                                                                                                                                                                        den beide MTC-spezifischen DNS-Abschnitte mit ähnlicher
 MTC-B                                Ziege / Rind                   Lymphknoten              100 KbE M. bovis BCG / Gefäß                Von allen Teilnehmenden wurden die Proben auf das Vorhan-     Effizienz detektiert. So lagen die Ct-Werte für beide PCRs
                                                                                                                                          densein der Zielsequenzen „Heli“ und „IS1081“ zum Nach-       einer Probe stets nah beieinander und bei allen Teilneh-
 MTC-C                                Ziege                          Lunge                    4.000 KbE M. bovis BCG / Gefäß              weis der DNS von Mitgliedern des MTC in je einer real-time    menden konnte eine exzellente Korrelation gezeigt werden
                                                                                                                                          PCR-Reaktion überprüft. Zur einfacheren Auswertung wur-       (Abb. 3). Die Amtliche Methodensammlung schreibt vor, dass
                                                                                                                                          den alle als negativ befundeten Proben einheitlich auf ei-    die Abweichung der mittleren Ct-Werte für beide Zielsequen-
 MTC-D                                Ziege                          Leber                    ohne Mykobakterien
                                                                                                                                          nen Ct-Wert von 46, d. h. +1 zur maximalen Zyklenzahl der     zen „Heli“ und „IS1081“ nicht mehr als 2,25 betragen soll.
                                                                                                                                          Amplifikationsreaktion, gesetzt.                              Diese Vorgabe wurde nur bei fünf der 144 Untersuchungen
 MTC-E                                Ziege                          Leber                    40 KbE M. bovis BCG / Gefäß                                                                               nicht eingehalten, wobei bei vier dieser fünf Proben mindes-
                                                                                                                                          Quantitativer Nachweis von MTC. Alle Proben wurden ei-        tens ein Ct-Wert über dem Cut-Off von 39 lag.
 MTC-F                                Ziege                          Lymphknoten              ohne Mykobakterien                          ner Doppelbestimmung anhand der beiden MTC-spezifischen
                                                                                                                                          DNS-Abschnitte „Heli“ und „IS1081“ unterzogen. Wie die        Cut-Off. Der in der Amtlichen Methodensammlung vorge-
 MTC-G                                Rind                           Lymphknoten              100 KbE M. bovis BCG / Gefäß                Abb. 2 zeigt, wurden die unterschiedlich stark mit M. bovis   geben Cut-Off von Ct 39 zur Beurteilung des Ergebnisses
                                                                                                                                          BCG versetzten Proben in beiden PCRs im Mittel dosisabhän-    als positiv oder negativ wurde von 17 der 18 Teilnehmenden
 MTC-H                                Rind                           Lymphknoten              15.000 KbE MAH / Gefäß                      gig detektiert.                                               eingehalten (Auswertung durch Vergleich der Befundanga-
                                                                                                                                                                                                        be mit den Ct-Werten). Ein Teilnehmender wies zwei Proben
                                                                                                                                                                                                        als „fraglich“ aus, wobei alle vier MTC-Target-Ct-Werte < 39
Tab. 1: Charakteristika der verschickten Probenmaterialien
                                                                                                                                                                                                                                             Abb. 2: Nachweis der
Methodik der Untersuchung                                                Nachweis des β-Aktin-DNS-Fragments                                                                                                                                  MTC-spezifischen DNS-
                                                                                                                                                                                                                                             Sequenzen (Heli, IS1081)
Eine mechanische Zerkleinerung des Gewebes (Homogenisa-                  Um den Erfolg der DNS-Extraktion zu kontrollieren und Hin-                                                                                                          in den eingesetzten
tion) vor der DNS-Extraktion wurde von 14 Teilnehmenden                  weise auf die PCR-Reaktion inhibierende Bestandteile in ei-                                                                                                         Probenmaterialien
durchgeführt. Am häufigsten wurden Kugelmühlensysteme                    ner Probe zu erfassen, wurde in jeder real-time PCR-Reak­                                                                                                           (negative Proben
(u. a. FastPrep, TissueLyser, Precellys), aber auch UltraTurrax          tion als interne Kontrolle ein Abschnitt des β-Aktin-Gens aus                                                                                                       einheitlich auf einen
und Mörser genannt.                                                      dem Wirtsgewebe detektiert.                                                                                                                                         Ct-Wert von 46
                                                                                                                                                                                                                                             gesetzt) Darstellung
Die Extraktion der Gesamt-DNS der Proben erfolgte mit zehn               Anhand der je Probe erzielten Ct-Werte für β-Aktin (Abb. 1)                                                                                                         als Box-Whisker-
verschiedenen kommerziellen Kits der Firmen QIAgen / Indi-               war kein Einfluss der verschiedenen Organmatrizes auf die                                                                                                           Plots (Minimum,
cal, Macherey-Nagel, Analytik Jena oder Roche. Zur Durch-                Extraktion nachweisbar. Der Vergleich der β-Aktin-Ct-Werte                                                                                                          25 %-Quartil,
führung der PCR wurden Kits der Firmen Qiagen und Thermo                 zwischen den Laboren zeigte dagegen Unterschiede. Bei den                                                                                                           Median, 75 %-Quartil,
Fisher verwendet.                                                        Teilnehmenden mit den niedrigsten β-Aktin-Ct-Werten lagen                                                                                                           Maximum) (© FLI)
                                                                         die Werte zwischen Ct 14,2 und 18,1 (im Mittel 15,5), bei den
                                                                         Teilnehmenden mit den höchsten Ct-Werten zwischen 26,2
                                                                         und 37,5 (im Mittel 31,9). Aus dieser Analyse fielen aber drei
                                                                         Teilnehmende heraus, da entweder (a) nur ein Mittelwert für
                                                                         alle Proben angegeben wurde, (b) einzelne Proben 1:10 ver-
                                                                         dünnt getestet wurden oder (c) nur die β-Aktin-Werte der
                                                                         MTC-positiven Proben mitgeteilt wurden.

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
                      Heft12Seite
                             Seite12
                                   02                                                                                                                                                                                         LabLOEFFLER 22.2021, Heft 1 Seite 13
DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
β-Aktin-Ct-Wert) auch die MTC-spezifischen DNS-Sequen-          Vorgestellt
                                                                     zen Heli und IS1081 schlechter detektiert (höhere MTC-Ct-
                                                                     Werte) werden. Diese positive Korrelation besaß Korrela-        PD Sascha Knauf, PhD habil.
                                                                     tionskoeffizienten nach Pearson von r = 0,610 (Heli) bzw.
                                                                     r=0,680 (IS1081).                                               Komm. Leiter des Instituts für Internationale
                                                                                                                                     Tiergesundheit/One Health (IITG) auf der Insel Riems
                                                                     Befundung der Proben
                                                                                                                                     PD Sascha Knauf, PhD, ist Fachtierarzt für Wildtiere, ha-
                                                                     Insgesamt neun Teilnehmende identifizierten alle fünf           bilitiert im Bereich „Wildlife Health und One Health“ und
                                                                     MTC-positiven und die drei MTC-negativen Proben korrekt.        kommissarischer Leiter des Instituts für Internationale
                                                                     Ein falsch negatives oder zweifelhaftes Ergebnis lag bei sie-   Tiergesundheit / One Health (IITG) auf der Insel Riems. Es
                                                                     ben Teilnehmenden für eine Probe und bei je einem Teilneh-      ist das jüngste Institut des FLI. Ziel der Forschungsarbeiten
                                                                     menden für zwei bzw. drei Proben vor (Tab. 2). Insbesonde-      ist die Bekämpfung von Tierseuchen und Zoonosen dort,
                                                                     re die nur mit 10 KbE M. bovis BCG versetzte Probe MTC-A        wo sie ursprünglich auftreten.
                                                                     wurde von fünf Teilnehmenden negativ und von drei Teilneh-
                                                                     menden zweifelhaft befundet und erwies sich damit als die       Kristin Schalkowski: Was hat Sie ans FLI geführt und welche      Sascha Knauf (© privat)
                                                                     Probe, die am häufigsten falsch befundet wurde.                 Forschungsschwerpunkte verfolgten Sie bisher?

Abb.3: Korrelation der Ct-Werte der MTC-spezifischen DNS-            Zusammenfassung                                                 Sascha Knauf: Obwohl das Ziel der One Health-orientierten        gleichwertige Partnerschaften mit den außereuropäischen
Abschnitte „Heli“ und „IS1081“ in einer Probe                                                                                        Wildtierforschung für mich immer klar war, ist mein bishe-       Ländern setzen. Neben den eigenen Forschungsinteressen
Darstellung aller 144 Ct-Werte-Paare, negative Werte wurden auf      Alle Teilnehmende waren in der Lage, MTC-positive Proben        riger Werdegang nicht geradlinig verlaufen. Bevor ich zum        im Bereich der internationalen Tiergesundheit werden unsere
Ct 46 gesetzt Korrelationskoeffizient nach Pearson r=0,990 (© FLI)   zu identifizieren. Schwierigkeiten ergaben sich vor allem bei   FLI gekommen bin, habe ich in verschiedenen Bereichen ge-        Arbeitsgruppen vor allem die Bedürfnisse unserer Partner im
                                                                     der nur mit 10 KbE M. bovis BCG versetzten Probe, wobei         arbeitet. Angefangen von dem Wirken in zoologischen Ein-         Ausland im Fokus haben. Man kann die zukünftigen Arbeiten
waren und somit beide Proben korrekt mit „MTC-positiv“               hier für den reproduzierbaren Nachweis die Menge des ein-       richtungen bis hin zum industrienahen Arbeiten in der trans-     ganz gut mit dem Slogan „lokal relevant - global signifikant“
hätten befundet werden können.                                       gesetzten Gewebes in der DNS-Extraktion eine große Rolle        lationalen Forschung im Bereich der Atemwegsimmunologie          zusammenfassen. Letztlich wollen wir Tierseuchen und Zoo-
                                                                     spielt. Lässt man diese Probe außen vor, dann konnten 15        am Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle        nosen dort bekämpfen, wo diese auftreten.
Robustheit. Die Proben MTC-B und MTC-G, welche beide mit             von 18 teilnehmenden Labors alle Probenmaterialien kor-         Medizin sowie dem Deutschen Primatenzentrum GmbH. Der
100 KbE M. bovis BCG versetzt worden waren, zeigten eine             rekt befunden. Drei Teilnehmende beurteilten eine bzw. zwei     direkte Weg ist nicht immer der Beste - entscheidend ist,        KS: Welche Rolle spielt dabei die Implementierung labordiag-
hervorragende Übereinstimmung der Ergebnisse mit mittle-             MTC-positive Proben als „zweifelhaft“.                          dass man auf seinem Weg die Fähigkeiten erwirbt, die einem       nostischer Methoden und Kapazitäten?
ren Ct-Werten für MTC-B Heli 31,8 und IS1081 31,3 und für                                                                            später helfen, seine Sache gut zu machen. Das FLI war eine
MTC-G Heli 31,6 und IS1081 31,7 in den jeweiligen Laboren.           Eine große Heterogenität zeigte sich bezüglich der ange-        logische Konsequenz aus meiner bisherigen Arbeit in der in-      SK: Labordiagnostik ist ein zentrales Element des Capacity
Eine Korrelationsanalyse der Ct-Werte der Proben MTC-B               wandten Methodik zur Probenaufarbeitung, insbesondere           ternationalen One Health-Infektionsforschung, vor allem im       Buildings im Gesundheitswesen, einschließlich der Bekämp-
und MTC-G wies Korrelationskoeffizienten nach Pearson von            des Zellaufschlusses (Homogenisation) und der Extraktion        Bereich der vernachlässigten Tropenerkrankungen und den          fung von Tierseuchen und Zoonosen. Es ist in vielen Fällen
r = 0,823 (Heli) bzw. r=0,892 (IS1081) auf.                          der DNS. Aufgrund der Vielzahl der eingesetzten Methoden        Krankheitsreservoirsystemen. Man kann am FLI seine Arbei-        der erste Schritt, Infektionserreger vor Ort zu erkennen, be-
                                                                     und deren Kombinationen ist es hier nicht möglich, einen        ten in einem hervorragenden wissenschaftlichen Umfeld auf        vor diese zu einem globalen Problem werden. Allerdings darf
Zusammenhang DNS-Extraktion und MTC-Ct-Werte. Ei-                    Vergleich zu ziehen.                                            hohem Niveau weiterführen und die Ergebnisse auf direktem        man nicht den Fehler machen, auf dieser Stufe stehen zu
ne Korrelationsanalyse der Ct-Werte der beiden mit 100 KbE                                                                           Wege auch den Entscheidungsträgerinnen und -trägern prä-         bleiben. In vielen Ländern sind die klassischen Bereiche Hu-
M. bovis BCG versetzten Proben MTC-B und MTC-G zeigte                Ich danke den Mitarbeitenden der teilnehmenden Landesun-        sentieren. Diese Kombination ist einmalig und macht unter        manmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften
eine positive Korrelation zwischen den Ct-Werten des β-Akt-          tersuchungsämter für die konstruktive Zusammenarbeit und        anderem den Reiz der Arbeit am FLI aus. Auch der klar de-        nicht miteinander vernetzt. Ergebnisse aus dem Labor sind
in-Gens und den beiden MTC-Targetsequenzen. Dies belegt,             Thu Ha Franziska Nguyen für die exzellente Unterstützung        finierte Auftrag des internationalen Capacity Buildings ist      nutzlos, wenn diese nicht für die anderen Disziplinen und
dass bei geringerer Effizienz der DNS-Extraktion (höherer            bei der Vorbereitung des Versuchs.                              ein besonderes Merkmal der Arbeiten am FLI und hat mich          letztlich den Entscheidungsträgerinnen und -trägern zu-
                                                                                                                                     gereizt.                                                         gänglich gemacht werden, um sinnvolle Entscheidungen zu
                                                                                                                                                                                                      treffen. Daher gilt auch hier: was immer wir im Ausland um-
                                                                                                                                     KS: Wie sehen jetzt Ihre Aufgaben und Schwerpunkte aus,          setzen, es muss unserem Anspruch genügen, dass wir etwas
                                                                                                                                     was möchten Sie mit dem neuen Fachinstitut erreichen?          für und mit dem Land, in dem wir arbeiten, machen. In vielen
                                                                                                                                                                                                      Fällen erreicht man sogar schon etwas, wenn man einfach
                                                                                                                                     SK: Die Aufgaben und Schwerpunkte der Arbeit des neuen           nur ein funktionierendes humanmedizinisches Labor mit der
                                                                                                                                     Fachinstitutes sind klar im § 27 (8) des Tiergesundheitsgeset-   Tierärzteschaft vor Ort vernetzt oder eben die vorhandene
                                                                                                                                     zes definiert. Das Mandat beinhaltet die Unterstützung des       veterinärmedizinische Expertise vor Ort den Human- und
                                                                                                                                     deutschen Engagements in der Infektionsforschung im Aus-         Umweltforscherinnen und -forschern zugänglich macht.
                                                                                                                                     land sowie das Capacity Building und die technische Unter-       Man ist oft geneigt, die vorhandene Infrastruktur und
                                                                                                                                     stützung für internationale Partnereinrichtungen. Man sollte     Expertise innerhalb eines Kontinentes zu vereinheitlichen.
                                                                                                                                     von einem neuen Fachinstitut nicht erwarten, dass es sofort      Genau wie Europa, ist aber auch der afrikanische Konti-
                                                                                                                                     alle Bereiche des One Health-Ansatzes abdeckt und in allen       nent eine sehr heterogene Landschaft. Zwischen Südafrika
                                                                                                                                     Ländern der Erde aktiv ist. Wesentlich für uns wird sein, dass   und der Demokratischen Republik Kongo kann das Capaci-
                                                                                                                                     unsere Arbeiten Qualität haben und wir in den ersten Jah-        ty Building sehr unterschiedlich ausfallen. Wo das eine Land
                                                                                                                                     ren mit den anderen Instituten des FLI Leuchtturmprojek-         ein Qualitätsprogramm für seine nationalen Referenzla­
                                                                                                                                     te im internationalen One Health-Bereich aufbauen, die es        bore benötigt, ist vielleicht bei dem anderen Land kaum eine
                                                                                                                                     uns ermöglichen, ein Leitbild abzugeben. Wir werden aktu-        Laborinfrastruktur vorhanden. Auf diese Bedürfnisse müssen
                                                                                                                                     elle Probleme innovativ und nachhaltig lösen und dabei auf       wir auch im Laborbereich eingehen.
Tab. 2: Zusammenfassung der Untersuchungsbefunde zum molekularbiologischen Nachweis von Mitgliedern des MTC in acht verschiedenen
Gewebeproben (MTC-A bis MTC-H)

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
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DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
KURZNACHRICHTEN
KS: Wie werden die Veterinärbehörden vor Ort in die Ent-        Mücken verspeisen und damit das Risiko für den Menschen           FLI übernimmt Aufgaben als Referenzlabor für Ungarn
wicklung und Etablierung des One Health-Konzeptes einbe-        erhöhen, an vektorübertragenen Infektionen wie Gelbfieber
zogen?                                                          oder Malaria zu erkranken.                                        Auf Bitten des ungarischen Landwirtschaftsministeriums und        Erfahrung in der Diagnostik von Krankheiten aquatischer
                                                                                                                                  Veterinärdienstes wird das FLI die Aufgaben als Nationales        Tiere wurde das FLI gebeten, diese Funktion für Ungarn zu
SK: In den bereits bestehenden Projekten des IITG werden        KS: Das FLI ist seit April Mitglied der Schnell Einsetzbaren      Referenzlabor für Krebstierkrankheiten für Ungarn überneh-        übernehmen. Der Leiter des Nationalen Referenzlabors für
lokale Veterinärbehörden in unsere Arbeit mit einbezogen.       Expertengruppe Gesundheit (SEEG). Was hat es damit auf            men.                                                              Krebstierkrankheiten, PD Dr. Uwe Fischer, wird diese zusätz-
Forschungs- und Laborergebnisse sind nutzlos, wenn die-         sich?                                                                                                                               liche Aufgabe wahrnehmen. Das Nationale Referenzlabor am
se nicht auch der Entscheidungsfindung dienen. Es ist ein                                                                         Nach der europäischen Tiergesundheitsgesetzgebung müssen          FLI fungiert bereits als Referenzlabor für Krebstierkrankhei-
Hauptbestreben unserer Arbeit, nicht nur Kapazitäten im         SK: Ziel der SEEG ist es, Partnerländer besser darauf vorzu-      alle Mitgliedstaaten nationale Referenzlaboratorien für           ten für die Tschechische Republik.
Forschungs- und Wissenschaftsbereich aufzubauen, son-           bereiten, Krankheitsausbrüche, die zur Epidemie oder gar          bestim­
                                                                                                                                        mte Tierseuchen vorweisen. Auf Grund der großen
dern auch die Labore vor Ort untereinander und mit den Be-      Pandemie werden können, zu erkennen, zu diagnostizieren
hörden zu vernetzen. Im Sinne des One Health-Gedankens          und einzudämmen. Dass das FLI jetzt ein Bestandteil der
sollte man hier aber nicht nur den Blick auf die öffentliche    SEEG ist, zeigt, wie nachhaltig sich inzwischen die traditio-     Vor der nächsten Pandemie handeln: Internationales Expertengremium One Health nimmt Arbeit auf
Verwaltung im Veterinärbereich richten, sondern ebenso die      nelle Sichtweise auf Infektionskrankheiten zu einem ganz-
Gesundheits- und Umweltbehörden mit einbeziehen. Die Ar-        heitlichen One Health-Ansatz verändert. Für das FLI werden        Der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Prof. Dr.   Zudem sollen Faktoren, die ein Überspringen von Erregern
beitsweise des 12. Fachinstitutes am FLI ist immer inklusiv,    die Einsätze durch das IITG koordiniert. Wir, das gesamte FLI,    Dr. h. c. Thomas C. Mettenleiter, und Prof. Dr. Wanda Mar-        von Tier auf Mensch beeinflussen, identifiziert werden. Ziel
das bedeutet, bevor überhaupt Projekte angefangen werden,       werden damit zukünftig Kollegeninnen und Kollegen in den          kotter, Leiterin des Zentrums für virale Zoonosen an der          ist die Entwicklung einer globalen Agenda zur Reduktion des
gibt es intensive Absprachen mit den Behörden und anderen       Zielländern in ihrem Kampf gegen Zoonosen unterstützen,           Universität von Pretoria, Südafrika, übernehmen den Grün-         Risikos von Pandemien.
Entscheidungsträgerinnen und -trägern vor Ort. Gerade am        indem wir unser Fachwissen in alte und neue Netzwerke ein-        dungsvorsitz des neuen internationalen One Health-Ex-
FLI bündelt sich eine langjährige Expertise auf dem Gebiet      bringen und zum Capacity Building beitragen.                      pertengremiums. Das „One Health High Level Expert Panel“          Vier Arbeitsgruppen werden sich mit der Implementierung
der öffentlichen Tierseuchen- und Zoonosebekämpfung und                                                                           (OHHLEP) aus 26 Mitgliedern wurde am 20. Mai 2021 offi-           von One Health-Ansätzen, der umfassenden Vernetzung
die gilt es hier zu nutzen.                                     KS: Kommunikation ist das A und O schon in kleinsten Ar-          ziell vorgestellt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die     bestehender und geplanter Aktivitäten, der Überwachung,
                                                                beitseinheiten. Wie schafft man einen transparenten, offe-        Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE), die Ernährungs-        Früh­erkennung und Verhinderung von zoonotischen Infek-
KS: Worin besteht Ihrer Meinung nach die größte Herausfor-      nen Dialog innerhalb einer interdisziplinären, interkulturellen   und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen            tionen sowie der Identifizierung und Risikobewertung der
derung im Bereich One Health?                                   Kooperation?                                                      (FAO) und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen               beeinflussenden Faktoren beschäftigen. Im Gremium sind
                                                                                                                                  (UNEP) hatten zu Bewerbungen für das Gremium aufgeru-             unterschiedlichste Fachbereiche von Zoonosen über Biodi-
SK: Ich sehe derzeit eine Herausforderung darin, den One        SK: In der Tat spielt die Kommunikation eine große Rolle.         fen. An der Schnittstelle der Gesundheit von Mensch, Tier         versität, Epidemiologie und Gesundheitswesen bis zu Sozial­
Health-Begriff nicht leichtfertig und inflationär zu nutzen.    Leider sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler häufig       und Umwelt soll es die vier Partnerorganisationen wissen-         wesen, Wirtschaft, Informatik, Modellierung, Klima und
Das One Health-Konzept ist keine Disziplin, es ist eine Bewe-   eher gewohnt, gegeneinander als miteinander zu arbeiten.          schaftlich beraten. Schwerpunkte sind hierbei die Interakti-      Umwelt vertreten. Die OHHLEP-Sachverständigen wurden
gung, in der es darum geht, dass wir das, was wir als einzel-   Letztlich lebt die Wissenschaft vom Widerspruch. Das Wich-        onen zwischen Mensch, Tier und Ökosystem und das frühzei-         zunächst für einen Zeitraum von zwei Jahren ernannt, eine
ne Person oder Fachdisziplin tun, mit dem verknüpfen, was       tigste im Teamsport One Health ist daher die Teambildung          tige Erkennen zukünftiger Bedrohungen für die Gesundheit.         Wiederernennung ist möglich.
andere machen. Es liegt an uns allen, den Begriff mit Ergeb-    und ein offener, respekt- und vertrauensvoller Umgang mit-
nissen zu füllen. Wir brauchen Vorzeigeprojekte, die überzeu-   einander. Es kann dauern, bis alle die gleiche Sprache spre-
gen und vor allem zeigen, dass der One Health-Ansatz der        chen und ein gemeinsames Ziel definiert haben. Sobald das         Hantavirusjahr 2021: schon 1000 Humaninfektionen für das erste Halbjahr gemeldet
einzig funktionierende Weg ist, den vielen Problemen unse-      Team aber steht, beginnt die Arbeit effizient zu werden und
rer Zeit gerecht zu werden. Infektionskrankheiten kann man      fängt an, Spaß zu machen. Für mich ist Respekt, Vertrauen         Bis Ende Juni wurden dem Robert Koch-Institut bereits an          Die von den Bundesländern berichteten Daten zur Buchen-
nur verstehen, wenn man Mikroorganismen als Bestandteil         und Diversität in vielerlei Hinsicht der Schlüssel zum Erfolg.    die 1000 Fälle von humanen Hantavirusinfektionen gemel-           mast zeigten im vergangenen Jahr kein einheitliches Bild.
komplexer Ökosysteme versteht. In diesen Systemen ist nicht     In einem Team ist man ein Teil eines größeren Ganzen, das         det. Damit werden bis zum Jahresende vermutlich die Fall-         Während in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen
der Mensch zentral. Stattdessen geht es um die gleichwerti-     funktioniert auch in traditionell eher hierarchischen Struktu-    zahlen der „Hantavirusjahre“ 2019 und 2017 übertroffen.           die Mast stark ausgeprägt war, gab es in Niedersachsen
ge Gesundheit von Menschen, Tier und Umwelt. Wir sollten        ren und über Ländergrenzen hinweg. Dazu muss man aber             Schon Ende Mai verzeichneten bestimmte Landkreise Baden-          und Thüringen keine Auffälligkeiten. Dieses heterogene Bild
uns auch nicht nur auf Zoonosen konzentrieren. Das derzei-      bereit sein, sein eigenes Ego hin und wieder herunterzu­          Württembergs und Nordrhein-Westfalens einen deutlichen            scheint sich in den gemeldeten Hantavirus-Erkrankungsfällen
tige globale Massensterben der Amphibien durch einen nicht      fahren. Gerade im Ausland braucht es ein Grundmaß an Ein-         Anstieg von Hantavirus-Erkrankungsfällen.                         widerzuspiegeln.
humanpathogenen Hautpilz wird zum Beispiel indirekt die         fühlungsvermögen und Kommunikationssicherheit.
Gesundheit des Menschen beeinflussen, spätestens dann,                                                                            In Niedersachsen war in den letzten Jahren der Landkreis Os-      Wegen dieser regionalen Unterschiede sollten regionalspezi-
wenn es keine Frösche mehr gibt, die in den Tropen die          Infos zur SEEG unter www.giz.de/de/weltweit/40435.html            nabrück ebenfalls stark betroffen. Im laufenden Jahr 2021 ist     fische Hinweise zum Verhalten zur Vermeidung von Hantavi-
                                                                                                                                  die Zahl der gemeldeten Hantavirus-Erkrankungen bisher, im        rusinfektionen kommuniziert werden. Die weitere Beobach-
                                                                                                                                  Gegensatz zu bestimmten Teilen Baden-Württembergs und             tung der Fallzahldynamik kann dazu dienen, weitere lokale
KURZNACHRICHTEN                                                                                                                   Bayerns, eher gering. Allerdings zeigen aktuelle Untersu-         Ausbrüche rechtzeitig zu erkennen. Für weitere Informatio-
                                                                                                                                  chungen von Niedersächsischem Landesamt für Verbraucher-          nen sei auf das Merkblatt „Wie vermeide ich Hantavirusin-
Neues OIE-Referenzlabor für die Bovine Virusdiarrhoe / Mucosal Disease am FLI                                                     schutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), Julius Kühn-Ins-       fektionen“ und die FAQs auf der Internetseite des FLI ver-
                                                                                                                                  titut (JKI), Niedersächsischem Landesgesundheitsamt (NLGA)        wiesen (www.fli.de unter Aktuelles/Tierseuchengeschehen/
Auf der 88. Generalversammlung der OIE Ende Mai 2021            zur Geburt dauerhaft infizierter Kälber führen. Diese Kälber      und Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) im Rahmen des Zoonose-      Hantavirus-Erkrankungen).
wurde das Nationale Referenzlabor für die Bovine Virusdiarr-    scheiden das Virus lebenslang aus und spielen damit für die       forschungsverbundes RoBoPub bei Rötelmäusen an vier der
hoe / Mucosal Disease am FLI auf der Insel Riems auf Antrag     Aufrechterhaltung von Infektketten in Beständen oder Re-          fünf untersuchten Fangorte in diesem Landkreis hohe Virus-        Elke Reinking, Stephan Drewes und Rainer G. Ulrich
des FLI als OIE-Referenzlabor benannt. Leiterin des neuen       gionen eine zentrale Rolle. In Deutschland wird die anzeige-      nachweisraten von bis zu 92 %.
OIE-Referenzlabors ist Frau PD Dr. Kerstin Wernike, die auch    pflichtige Tierseuche seit 2011 mit großem Erfolg bekämpft.
das Nationale Referenzlabor leitet. Die Bovine Virusdiarr-      Mit dem neuen EU-Tiergesundheitsrecht wird die Bekämp-
hoe ist eine der weltweit wirtschaftlich bedeutsamsten In-      fung der Bovinen Virusdiarrhoe seit April 2021 erstmalig
fektionskrankheiten der Rinder. Infektionen trächtiger Tiere    auch umfassend auf EU-Ebene geregelt.
können zu schwerwiegenden Fruchtbarkeitsstörungen oder

DER LOEFFLER22.2021,
LabLOEFFLER  26.2019,Heft
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DER LAB LOEFFLER NEWS für das LABOR - Heft 1 2021, Nr. 22 - NEWS für das LABOR, Ausgabe 22/2021
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