Der Lehrer als Erzieher und Lernbegleiter - 1 Das Berufsbild im Laufe der Geschichte

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Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen
                                    Kusel
                     AS-Thema 34 Der Lehrer als Erzieher/Mai 2011/Schlegel

Der Lehrer als Erzieher und Lernbegleiter

1 Das Berufsbild im Laufe der Geschichte

Berufsbild und Selbstverständnis des Lehrers waren im Laufe der Geschichte starken Wandlungen
unterworfen, wie sich an einigen Stationen der letzten 500 Jahre zeigen lässt:

    Mittelalter:
Elementarschulen dienten der Vermittlung der Kulturtechniken Lesen - Schreiben - Rechnen. Eine
Lehrerausbildung gab es nicht; wer sich berufen oder für fähig hielt, erbat sich vom Magistrat die
Erlaubnis, eine Schule einzurichten. Mit dem Aufkommen des Zunftwesens erfolgte eine Anlehnung
des Lehrerberufes an das Handwerk.

    Reformationszeit und Absolutismus (16./17. Jahrhundert):
Lehrer an "teutschen Schulen" war häufig der Küster. Als "Schulmeister" unterstand er der Aufsicht
des Ortspfarrers und der örtlichen Obrigkeit.

    Aufklärung (18. Jahrhundert):
Die Kirche bleibt meist Aufsichtsorgan, doch nimmt der Einfluss weltlicher Obrigkeit zu. Lehrer
rekrutieren sich aus Handwerkern, Küstern oder Kantoren. Anfänge einer systematischen Zurüstung
auf die Aufgabe des Lehrers sind festzustellen (Salzmann - Ameisenbüchlein).

     19. Jahrhundert:
"Volksbildung" soll über Elementarbildung hinaus Nationalbildung und allgemeine Menschenbildung
leisten (Einfluss Pestalozzis). Daraus folgen:
     • systematische Ausbildung und generelle Ausrichtung der Lehrer auf ihre Unterrichts- und
         Erziehungsaufgabe (Gründung von Lehrerseminaren - Diesterweg, Herbart – 1866/79 Kusel)
     • Volksschullehrer wird Staatsbeamter; eine untere Schwelle für die Besoldung wird festgelegt.
         Starke Abhängigkeit von der Kirche
     • Stärkung des Selbstbewusstseins der Lehrerschaft; Gründung von Lehrervereinen

   20. Jahrhundert:
   •   Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhält das Berufsbild des Volksschullehrers einen neuen
       Akzent durch das Gedankengut der pädagogischen Reformbewegung. Die Bedeutung der
       Lehrerpersönlichkeit im Erziehungsgeschehen wird herausgestellt. Aus der Forderung nach
       einer gründlichen Beschäftigung mit philosophischen, pädagogischen und anthropologischen
       Fragen erwächst die Gründung Päd. Akademien bzw. die Lehrerausbildung an der Universität.
   •   Auch die ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte waren vom Gedankengut der
       Reformpädagogen bestimmt. Die folgende "realistische Wende der Pädagogik" / "Kritische
       Pädagogik" stellte dagegen das Lehrerbild der "alten Pädagogik" massiv in Frage und forderte
       an Stelle von "Tugendkatalogen" eine nüchterne Beschreibung der nötigen Berufskenntnisse
       und -fertigkeiten. Die Forderung nach "Professionalisierung" des Lehrberufs zielt ab auf
       höhere Einzelqualifikationen und verbesserte Randbedingungen, verbunden mit einer
       Aufwertung im Sozialprestige.
   •   Als Merkmale einer Profession gelten unter anderem:
   •   weitgehend monopolisierte Berufsaufgabe, die der Förderung zentraler gesellschaftlicher und
       kultureller Werte dient,
   •   wissenschaftliche Ausbildung mit fundierten Spezialkenntnissen, in entsprechenden
       Prüfungen nachgewiesen,
   •   Besitz von Experten-Wissen, das nur schwer der öffentlichen Kontrolle zu unterwerfen ist,
   •   ein weiter Raum eigener Handlungsfreiheit und damit hoher Verantwortung,
   •   Kodex von Verhaltensregeln, die in einem gemeinsamen Berufsethos wurzeln, hoher sozialer
       Status mit einem verhältnismäßig hohen Einkommen der Berufsträger (vgl. H. Glöckel,
       a.a.O.).
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      21. Jahrhundert:
      •   Die Bestrebungen des vergangenen Jhs – Professionalisierung - werden fortgesetzt, d.h. der
          Lehrer gilt zunehmend als Fachmann für Unterricht und Erziehung, bzw. als Experte für
          Schulfragen; wobei Eigenverantwortung - „lebenslanges Lernen“ - mehr denn je zum Tragen
          kommt.
      •   Mit einem neuen Verständnis von Erziehung und Bildung ergibt sich eine neue Definition des
          Berufsbildes. Begriffe wie Berater oder Lernbegleiterin werden nicht mehr allein auf der
          methodischen Ebene offener Unterrichtsformen angesiedelt, sondern prägen schulische
          Arbeit insgesamt..
      •   Mehr und mehr werden auch therapeutische Aufgabenbereiche der Schule zugeordnet.

2 Die Aufgaben des Lehrers

2.1       Strukturplan 1970

Der Deutsche Bildungsrat hat im Strukturplan für das Bildungswesen 1970 die Aufgaben des Lehrers
in fünf Einzelaspekten dargestellt, die eng miteinander verbunden sind:

Lehren:
             -   vermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten,
             -   Verständnis für das Gelernte wecken,
             -   den Zusammenhang der Dinge sichtbar machen,
             -   Grundprinzipien des Gelernten anwenden (Transfer),
             -   problemlösendes Denken und Kreativität entwickeln,
             -   zur tätigen Mitwirkung in Gruppenarbeit anleiten .....

Erziehen:
             -   Hilfen zu persönlicher Entfaltung und Selbstbestimmung geben,
             -   zu freiem und verantwortlichem Handeln hinleiten,
             -   helfen, sein Lernen und Verhalten selbst zu verantworten,
             -   Vermittlungshilfe zwischen den persönlichen Lernbedürfnissen und den Forderungen
                 der Gesellschaft .....

Beurteilen:
             -   sich intensiv um Möglichkeiten einer Objektivierung des Lehrerurteils bemühen, (auch
                 individuelle Schülerbeurteilung)
             -   Anwendung von Methoden objektiver Leistungsmessung,
             -   Erfassung von Entwicklungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten von Methoden der
                 Leistungsmessung ...

Beraten:
             -   dem Lernenden Orientierungs- Beurteilungs- und Beratungshilfen geben,
             -   Beratungshilfe im Zusammenhang mit Bildungs- und Erziehungs-, Schullaufbahn-
                 und Berufsberatung für Schüler und Eltern,
             -   differenzierte Beratung und laufende pädagogische Beratung.....

Innovieren:
             -   kritische Aufnahme und Verarbeitung von neuen Ansätzen methodischer, didaktischer
                 und curricularer Art,
             -   Teilhabe an der Entwicklung neuer Bildungsinhalte und an der Bestimmung von
                 Bildungszielen.....

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2.2    Der Rahmenplan Grundschule (Juni 2002)
nennt die Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer (S. 16 f.)
Die Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern ist es, die Schülerinnen und Schüler im gesamten
schulischen Erziehungs- und Bildungsprozess zu begleiten und zu unterstützen.
Ihre Professionalität erweist sich in den Bereichen
    • Umgang mit Kindern
    • Lerntheoretische Grundlagen
    • Fachliche und fachdidaktische Grundlagen
    • Sprachkompetenz
    • Zukunftsfähige Lernstrategien
    • Diagnose und Optimierung von kindlichen Lernprozessen
    • Diagnose und Behebung von individuellen Lernschwierigkeiten und –problemen
    • Methodenvielfalt
    • Klassenführung
    • Selbstreflexion
    • Fortbildung
    • Kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Eltern

2.3    Der Orientierungsrahmen Schulqualität (ORS) 2004
hebt die Professionalität des Personals hervor, die gekennzeichnet wird durch
           • Pädagogisches Selbstverständnis
           • Externe Kooperation
           • Interne Kooperation
           • Fortbildung und Beratung
           • Umgang mit beruflichen Anforderungen und Belastungen

Lehrkräfte sind Fachleute für das Lehren und Lernen und sind sich bewusst, dass die
Erziehungsaufgabe in der Schule mit dem Unterricht und dem Schulleben verknüpft ist und in enger
Kooperation mit den Eltern erfolgt. Sie nehmen neben ihrem Unterricht zusätzliche Beurteilungs- und
Beratungsaufgaben wahr und entwickeln die für ihre Aufgaben notwendigen Kompetenzen ständig
weiter. Sie beteiligen sich an der Schulentwicklung, an der Gestaltung einer lernförderlichen
Schulkultur und eines motivierenden Schullebens. Diese Professionalität spiegelt sich im
pädagogischen Selbstverständnis der Lehrkräfte.

Die Lehrkräfte
    • haben Schüler/innen gegenüber eine positive Grundhaltung
    • sehen Bildung und Erziehung als untrennbare Einheit ihres pädagogischen Handelns
    • betrachten individuelle Förderung als besonderen Schwerpunkt des eigenen
       Handelns
    • sehen die regelmäßige Reflexion des eigenen Handelns als wesentlichen Bestandteil
       ihrer Arbeit
    • sehen die Eltern als Partner bei Erziehung und Bildung
    • erkennen die Bedeutung des sozialen und kulturellen Hintergrunds ihrer
       Schüler/innen für das schulische Lehren und Lernen
    • nutzen die Information- und Kommunikationstechnologien (Internet, PC,
       Anwendungssoftware, Unterrichtsmedien) in der täglichen Arbeit
    • halten ihr Wissen auf dem aktuellen Stand (z.B. durch Lektüre von Amtsblatt,
       Fachbüchern und –zeitschriften, Internet, Besuch von Fachtagungen)
    • bilden sich auf eigene Initiative fort
    • übernehmen persönliche Verantwortung für die schulische Qualität
    • gestalten die Qualitätsentwicklung durch Eigeninitiative aktiv mit
    • bringen Innovationen in die Schule und den Unterricht ein
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3 Der professionelle Lehrer im Kompetenzraster
Ichstärke Stabilität Realitätssinn Belastbarkeit Wahrnehmungsfähigkeit Einfühlungsvermögen
Toleranz Offenheit Vertrauenswürdigkeit Klarheit heit sprachliche Präsenz Rhetorik
Kommunikationsstärke Grundlagenwissen Fach          wissen Medienkompetenz systemisches
Denken Produktorientierung Reflexionsfä                 higkeit Gesetzeswissen Empathie
Echtheit Verlässlichkeit Flexibilität Sol                 idarität Wertschätzung Selbstwahr-
nehmung Selbstbewusstsein Deutungs                           vermögen Vermittlungsfähigkeit
Selbstbehauptung Selbstakzeptanz                                Planungsfähigkeit Struktursicht
Diagnosefähigkeit Lernfähigkeit                                   Lehrfähigkeit Loyalität
Verhandlungsgeschick Interpre                                       tationsfähigkeit Konferenz
techniken Vereinbarungsfähigkeit                                      gkeit Grundlagenkenntnis
Fachwissen wissenschaftliche                                             he Arbeitsweisen
Evaluationsfähigkeit                                                       Problemlösefähigkeit
Eigenmotivation Über                                                         sicht Weitsicht
Teamfähigkeit Bela                                                             stbarkeit Selbst-
kritik Kontakfähigkeit                                                            keit Mobilität
Zielorientierung                                                                   Begeisterungs
fähigkeit                                                                              Kreativität
Geduld                                                                                    Humor
Zuverläs                                                                                   sigkeit
Freude                                                                                       Aus
dauer                                                                                           zu-

frieden                                                                                     ruhig
entspan                                                                                  nt ge-
lassen neu                                                                             tral ver-
lässlich exak                                                                        t diszipli-
niert entgegen                                                                    kommend
offen freundlich                                                                aufmunternd
souverän positiv in                                                           spirierend klug
fortbildungsfreudig                                                       veränderungsbereit
pädagogisch fair durch                                                    setzungsfähig exakt
ausgeglichen risikobereit                                              wagemutig gerecht
anteilnehmend ausdauernd                                             ordnungsliebend direkt
orginell ideenreich klar mit                                       fühlend entscheidungsfähig
interessiert kontaktfreudig kon                                 sequent vermittelnd sorgfältig
wagemutig führungsfähig flexibel                              kooperativ vielfältig großzügig
angenehm warmherzig menschlich                             neugierig wissbegierig selbstsicher
Sensibilität Routine Dynamik Risiko                       bereitschaft Selbstwertgefühl Lern-
Bereitschaft Werteorientierung Selbstma                nagement Anspruchsbereitschaft Geduld
Umsicht Führungsfähigkeit Charisma Vor              sicht Verlässlichkeit Kreativität Problem-
orientierung Durchsetzungsfähigkeit Fakten        orientierung Verantwortungsbewusstsein
Überzeugungsfähigkeit Konfliktlösungsbereitsch aft Rollendistanz Kooperationsfähigkeit
Demokratiebewusstsein Menschenkenntnis Spontanietät Professionalität Frustrationstoleranz
In Anlehnung an Miller, Kliebisch/Meloefski, Klippert, u. Meyer

                                                                                            4
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4      Einzelne Komponenten einer Lehrerpersönlichkeit
4.1.   Der Lehrer - ein Erziehungsberuf

Grundsatz der Echtheit: Individualität und Authentizität
Leitgedanke: Achtsamkeit und Verlässlichkeit

Für den richtigen Pädagogen steht die Erziehung zur Mündigkeit seiner Schüler und
Schülerinnen an erster Stelle. Hierzu bedarf es der Ausrichtung des eigenen
Handelns nach sechs Grundwerten, die gleichzeitig unverzichtbare Bausteine einer
guten Schule sind:
   • demokratisch – für die konsequente Umsetzung der Menschenrechte und
      gegen jede Form von Gewalt und politischen Rassismus
   • humanistisch – für die freie Entfaltung des Einzelnen, für Toleranz und den
      respektvollen Umgang im menschlichen Zusammenleben, persönliche
      Entwicklung aller Kräfte und Talente im Sinne der Menschenwürde
   • sozial – für eine solidarische und humane Gesellschaft ohne skrupellosen
      Konkurrenzkampf
   • pädagogisch – universelle Menschenbildung als umfassende und kulturelle
      Bereicherung des Einzelnen und der Gesellschaft
   • ökologisch – für ein nachhaltiges Engagement zur Erhaltung/Rettung einer
      bedrohten Umwelt
   • wirtschaftlich – für eine moderne Arbeitskraftqualifizierung als Schutz gegen
      Arbeitslosigkeit und Fundament zur Bewältigung der globalen Herausforderung
      der Zukunft
       (unverändert und ungekürzt nachzulesen in Pädagogik 11/2008, Dr. E. Glöckner)

4.2.   Der Lehrer - ein Beziehungsberuf
       oder der Lehrer als Entwicklungshelfer

Grundsatz des einfühlenden Verstehens
Leitgedanke: Nähe und Distanz

Immer wieder erschüttern Nachrichten über unfassbare Gewaltakte Jugendlicher in
Schulen die Öffentlichkeit, wird der Ruf nach greifbaren Veränderungen laut und verhallt
ebenso schnell wie er aufkam in unserem aktionsreichen mediengesteuerten Umfeld.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass es neben der Vermittlung kognitiven Wissens
auch immer um die Bildung und Erziehung von Emotionen geht. Schon 1997 spricht
Daniel Goleman in diesem Zusammenhang von einem „emotionalen Unbehagen“,
offenbar der Preis, „den Kinder weltweit für das moderne Leben zu zahlen haben.“
Eindringlich fordert er gezielte Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen hinsichtlich der
„Defizite an emotionaler und sozialer Kompetenz“. Den Schlüssel hierzu findet er in
sozialer Interaktion, die emotionale Intelligenz – EQ – als Ergänzung zum IQ fördert
und zu einer wichtigen Größe, auch im modernen Wirtschaftsleben werden lässt.

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Allerdings erfordert die Förderung des EQ mindestens die gleiche Aufmerksamkeit
und Einsatzbereitschaft wie die Förderung des IQ.
„Emotionen sind Urkräfte, um deren Bändigung sich die Menschheit seit ihrem Bestehen mit
mehr oder weniger Erfolg bemüht. ... Angesichts ihrer gewaltigen Macht könnte man
verzweifeln – oder aber grade nicht. Auch wenn die Schule und die Menschheit nicht davor
bewahrt werden können, immer wieder in Chaos und Barbarei zurückzufallen, können wir auf
der anderen Seite darüber staunen, dass so viele Menschen tagtäglich zusammenleben,
ohne sich ständig zu verletzen und zu töten.“ (Blanke, Friedrich Jahresheft 2010)
Möglich ist dies mit einer bewusst arbeitenden Lehrerschaft, deren Handeln basiert auf:

 PRÄSENZ                           INTERAKTION                                  DISTANZ

4.2.1 Präsenz
Hierzu gehört die Schulung der Achtsamkeit als einer Fähigkeit, sich mit allen Sinnen
dem gegenwärtigen Augenblick mit all seiner Vielfalt und Tragweite zu widmen. Eine
kritische Selbstwahrnehmung mag dabei helfen.
(Vgl. hierzu Eichler, Kaltwasser in Päd.11/2008, Lohmann)
    • Körperhaltung - „unbewusst ausgestrahlte Signale des Körpers
        werden blitzartig aufgenommen und bestimmen den ersten Eindruck“
         - freies Stehen /Sitzen         - Fehlhaltungen( Salzsäule/Wanderer)
         - Bodenkontakt/Raumanker
            -
    •   Blickkontakt: Erst blicken – dann sprechen
        - als Chance – Verstärkung verbaler Kommunikation
        - als Pause – Verstärkung der Konzentration

    •   Beachtung der Distanzzonen
        - Wahrung der Intimdistanz (unbewusster Schutzabstand) von 50 –70 cm
           -   Distanzverringerung als pädagogisches Mittel
            -
    •   Gestik
        - „Übereinstimmung zwischen verbalen Äußerungen und begleitenden
           körperlichen Signalen“
        - Vermeidung hohler Dominanzgebärden (z.B. Fingertrommeln, Fußtippen, Blick zur Uhr)
        - Offene Gesten mit der Hand
         - Keine Kontaktbarrieren

    •   Mimik
        - Kulturübergreifende Bedeutung des Lächelns
        - Emotionale Gestimmtheit

    •   Sprache
        - Impulskontrolle
        - Respektvolle Sprache (Lohmann, S.98)
        - Rückmeldung und Ermutigung
        - Gezielter Einsatz nonverbaler Kommunikation/ aktives Zuhören
        - Feedbackerziehung (Metakommunikation)

    •   Stimme
        - 5x wichtiger für den Empfänger als der Inhalt des Gesagten

    •   Erscheinung- „Der optische und nonverbale Eindruck geht dem Wort voraus, haftet aber
        umso stärker im Gedächtnis“ (Müller, a.a.O.)
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Als Kontrollorgan wünscht sich Lohmann den „reflektierenden Praktiker“, der „gegenüber
einem bloßen Erwerb von kontextunabhängigen Managementfähigkeiten und –fertigkeiten ...
eher eine Kongruenz seiner Handlungen mit seinen persönlichen Werten und Überzeu-
gungen ... (anstrebt)...Er ist flexibel hinsichtlich verschiedener Lerngruppen, Schülerpersön-
lichkeiten und unvorhersehbarer Ereignisse. Er passt als `Problemlöser` seine Management-
strategien den jeweiligen Situationen und den Bedürfnissen seiner Klientel an durch die
Fähigkeit, neue und besser angepasste Verhaltensweisen zu generieren“.

4.2.2 Interaktion
So wie der „unterweisende Lehrer“ durch geschickte Impulsgebung ein fruchtbares,
zielführendes Unterrichtsgespräch „managen“ kann, braucht der „erziehende,
beratende Lehrer“ mehr denn je eine gepflegte Feedbackkultur und wirkungsvolle
Gesprächstrategien, um als „Problemlöser“ bestehen zu können. Für alle Gesprächs-
situationen gilt das Wort von Thornton Wilder:

                                „Das Ohr ist wichtiger als die Zunge“

Die Regeln der Mediation können dabei hilfreich sein:
      1. Kontaktaufnahme
      2. Klärung des Gesprächsbedarfs (Gegenseitigkeit)
      3. Problemerkundung / Problemklärung

              -   bestätigendes Zuhören (passives Zuhören)
              -   reflektierendes Zuhören (inhaltliches Spiegeln)
              -   aktives Zuhören (Emotionen mit anderen/eigenen Worten spiegeln)
                  „Das ist weder Zustimmung noch Widerspruch, kein Urteil darüber, ob die Gefühle richtig oder
                  falsch sind. Der Hörer bejaht die Tatsache, dass die Gefühle vorhanden sind“. (R. Mitschka, zitiert
                  bei Sommer/Eckstein, in Päd. 9/2008, a.a.O.)

         4. Strukturierung durch geschickte Fragen
         5. realistische Schlussvereinbarungen; kleine Handlungsschritte wählen
         6. Fortsetzungs- bzw. Rückmeldegespräche

„Gespräche zu führen ist ein life-long-learning-Geschäft, das durch Mut zum
Ausprobieren und dann durch Erfahrung zunehmend leichter und erfolgreicher wird.“
(Sommer/Eckstein, in Päd. 9/2008, S.46)

4.2.3 Distanz
Vom Gespräch zu unterscheiden ist die Ansage. Ansagen dienen der Regel-
verdeutlichung und einer aktuellen Grenzziehung. Die Lehrkraft spricht aus, worum
es jetzt geht, was zu unterlassen ist und sorgt damit für eine klare Rollenverteilung in
pädagogischer Verantwortung.
Wie in der Beziehungsgestaltung des Kindes zu den Eltern geht es auch in der
Schule darum, „Grenzen anzuerkennen, um ein strukturell höheres Niveau von
Entwicklung zu erreichen“...“Auch in der Schule kann deshalb eine auf Abstand und
Differenz zielende pädagogische Haltung den Schülern etwas angedeihen lassen,
was für den Aufbau eines reifen Ich-Ideals unverzichtbar ist, nämlich die Zumutung
angemessener Enttäuschungen und Versagungen: dass es Generationsgrenzen
gibt, dass man nicht dauernd im Mittelpunkt stehen kann usw.“ (Bröckelmann/Felten in
Pädagogik 11/2002, S. 25)

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                   AS-Thema 34 Der Lehrer als Erzieher/Mai 2011/Schlegel

Nicht selten kommt es hierbei zu problematischen Verhaltensweisen von Schülern.
Berater und Psychologen von STEP (systematisches Elterntraining), zitiert bei Blanke,
Friedrich Jahresheft 2010, S. 72 ff unterscheiden vier Typen schwierigen Verhaltens:

          -   Aufmerksamkeitstyp – Emotion der Bedeutung
          -   Machttyp – Emotion der Macht
          -   Rachetyp – Emotion der Rache
          -   Typ, der seine Unfähigkeit beweisen will – Emotion der Resignation

Als Diagnosemittel empfiehlt Blanke der Lehrkraft die Erkundung ihrer Gefühle (s.o.),
„die sie in der Konfrontation mit den schwierigen Schülern und Schülerinnen
wahrnimmt. Sie betrachtet diese Gefühle nicht als ihre eigenen, sondern als ihr von
den Schülern übertragene“ und bewahrt so professionelle Distanz.
Das bedeutet:
       1. Keine Bedienung des Aufmerksamkeitstyps, sondern Entlastung der
            Lehrkraft durch Aufgabendelegierung an gerade diese Schüler.

      2. Das Spiel um Macht und Ohnmacht nicht mitspielen, sondern aus dem
         Kampf heraustreten, einen Schritt zurücktreten. Gefordert sind Ruhe,
         Sicherheit und Distanz. Der Machttyp darf sich nicht in die Enge getrieben
         fühlen. „Er braucht Raum, Freiheit und sichere Orientierung.“

      3. “Das Gefühl des Verletztseins soll nicht zum Kern der Lehrerreaktion
         werden. Es darf keine Spirale entstehen. „Wichtig für den Lehrer ist,
         zwischen dem Schüler einerseits und seinen Handlungen andererseits zu
         unterscheiden. Verletzende Handlungen können nicht toleriert werden,
         wohl aber der Mensch“ (Blanke, a.a.O.)
         Oft können diese Schüler keine körperliche Nähe vertragen: Kontakt mit
         Abstand

      4. Kein Mitleid bei Unvermögens-Gejammer. „Oft sind es die stillen Mädchen,
         die für sich die Blockade des Resignierens wählen. Die pädagogische
         Antwort hierauf ist, keine wohlfeile Einsicht zu zeigen, sondern vielmehr zu
         ermutigen.“ (Blanke)

      Grundregeln zur Bändigung von Emotionen

              1. Distanz wahren
                 Die Lehrkraft darf keinesfalls Teil des Systems werden
                 Störende Schüler werden fest und deutlich aus der Distanz angesprochen
              2. Fest geerdet stehen
                 Akustische Signale nutzen
                 Körperlich absolute Ruhe ausstrahlen
                 Anweisungen mit tiefer / abgesenkter Stimme erteilen
              3. Respekt zeigen und fallbezogen reagieren
                 Unterschiedliche Nähe- und Distanzwünsche von Schülern akzeptieren
              4. Kontakt halten
                 Problemlösende Gespräche außerhalb des Unterrichts führen
                 Beratungshilfen suchen
                 Selbstreflexion üben (siehe Lohmann und Kliebisch/Meloesfski)

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5 Erziehungsstile (z.B. typologisches Konzept nach K. Lewin)

Der Begriff Erziehungsstil erfasst weniger die spontanen und manchmal wechselhaften
Verhaltensweisen von Lehrerinnen und Lehrern, sondern kennzeichnet eine durchgängige
Grundhaltung zu den Schülerinnen und Schülern. Diese Grundhaltung zeigt sich in verschiedenen
Verhaltensweisen, die miteinander in Verbindung stehen und immer auftreten.
Der österreichische Psychologe Kurt Lewin beschritt einen neuen Weg der Erziehungsforschung.
Durch planmäßige Beobachtung einer experimentellen Situation sollten Führungsstile formuliert
werden. Er beschrieb im Jahre 1993 folgende
Erziehungsstile:

               - autoritär
               - demokratisch
               - laissez-faire

•   Merkmale des autoritären Lehrerverhaltens
       - alle Aktivitäten werden von der Lehrperson bestimmt,
       - der Lehrer / die Lehrerin gibt Befehle und Kommandos (etwa 60% Sprechanteil),
       - übernimmt für alle Tätigkeiten der Schüler die Verantwortung.....

       Auswirkungen auf die Schüler
       - Aggressionen gegen schwächere Gruppenmitglieder,
       - Spontaneität und Kreativität sind eingeschränkt,
       - Dominanz der Wörter ich, mir, mein, mich,
       - Schülerinnen / Schüler sind auf die Lehrperson fixiert, bei ihrer Abwesenheit
         bricht die Arbeitsaktivität ab.....

•   Merkmale des demokratischen Lehrerverhaltens
       - alle wichtigen Entscheidungen werden in der Gruppe diskutiert,
       - die Schülerinnen / Schüler werden aktiv unterstützt und ermutigt,
       - jeder kann zusammenarbeiten mit wem er will, die Aufgabenteilung liegt in
         der Verantwortung der Gruppe.....

       Auswirkungen auf die Schüler
       - ein hohes Maß an kreativen Verhaltensweisen und konstruktiven
         Arbeitsprodukten, Atmosphäre entspannt und zufrieden, wenig Aggressionen,
       - die Verantwortung liegt bei allen,
       - es bilden sich stabile Untergruppen, die auch dann arbeiten, wenn sie
         alleingelassen werden.....

•   Merkmale des laissez-faire Lehrerverhaltens
       - die Lehrperson verhält sich passiv,
       - die Arbeitsergebnisse werden kaum bewertet,
       - die Rolle des Lehrers / der Lehrerin beschränkt sich auf das Anbieten von Material.....

       Auswirkungen auf die Schüler
       - oft planloses und wenig zielgerichtetes Verhalten, es werden Vorschläge unterbreitet, die
         aber mangels Mehrheit nicht verwirklicht werden,
       - die Beziehungen zwischen Schülerinnen / Schüler sind instabil...

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                      AS-Thema 34 Der Lehrer als Erzieher/Mai 2011/Schlegel

6 Literaturverzeichnis
Blanke, Mechthild: Störfälle – Mit Emotionen im Beruf umgehen lernen. Friedrich Jahresheft 2010,
S.72 ff.

Bröckelmann, Wilfried / Felten, Michael: Sind Sie streng?, in Pädagogik 11/02, S. 23 ff.

Deutscher Bildungsrat:
Empfehlungen der Bildungskommission - Strukturplan für das Bildungswesen, Stuttgart 1970

Dietrich, Th.:
Vom Berufsbild des Lehrers in Gegenwart und Vergangenheit, in: Päd. Welt 1980, Heft 8

Eichler, Dagmar: Körpersprache im Frontalunterricht, in Pädagogik 11/08, S. 12 ff.

Gensicke, Thomas:
Wertewandel und Erziehungsleitbilder, in: Pädagogik 7-8/94,

Glöckner, Eckhard: Gute Lehrer – gute Schulen, in Pädagogik 11/08, S. 36 ff.

Goleman, Daniel: EQ Emotionale Intelligenz. Dtv München 1997, 4. Aufl.

Gudjohns, H.:
Lehrerpersönlichkeit im Aufwind, in: Westermanns pädagogische Beiträge 34. Braunschweig 1982,
S.249 - 252.

Gutzeit, Sabine F.: Sprechsituationen meistern, in Pädagogik 11/08, S. 32 ff.

Hurrelmann, Klaus: Mut zur demokratischen Erziehung, in Pädagogik 7-8/94, S. 13ff

Jäger, R.S./Behrens, U.:
Weiterentwicklung der Lehrerbildung, Ministerium für Bildung, Wissenschaft u. Weiterbildung, Mainz
1994

Kaltwasser, Vera: Achtsamkeit und Präsenz, in Pädagogik 11/08, S. 16 ff.

Kliebisch, Udo W. / Meloefski, Roland: LehrerSein, Schneider Verlag, Hohengehren. 2. Auflage 2006

Lohmann, Gert: Mit Schülern klarkommen, Berlin 2007, 7. Aufl.

Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend: Rahmenplan Grundschule. Mainz 2002

Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur: Orientierungsrahmen Schulqualität für
Rheinland-Pfalz. Mainz 2007.

Miller, Reinhold:
Lehrer lernen; Beltz Grüne Reihe, Weinheim/Basel 5. Aufl. 1993

Ders.: 99 Schritte zum professionellen Lehrer, Seelze 2004.

Müller, Werner: Der Lehrer auf der Bühne des Klassenzimmers, in Pädagogik 11/08, S. 26 ff.

Sommer/Eckstein: Gespräche führen: Ein pädagogisches Kerngeschäft. In: Pädagogik 9/2008, S.42
ff.

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