Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG

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Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG
Der Pflegemarkt
Niederlande

Übersicht über das System des
Pflegemarktes in den Niederlanden
Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG
Inhalt

Inhalt

1.        Auftrag		                                                             4

2.        DEMOGRAPHISCHE ENTWICKLUNG NIEDERLANDE                                5

  2.1.             Allgemeine Informationen                                     5
  2.2.             Demographische Entwicklung Niederlande                       6
  2.2.1.           Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung in den Niederlanden    8
  2.2.2.           Regionale Unterschiede in der demographischen Entwicklung   10
  2.2.3.           Prognose der Entwicklung des Anteils von
		                 über 80-jährigen in den Niederlanden                        14

3.        DER PFLEGEMARKT NIEDERLANDE                                          16

          3.1.     Die Struktur des Pflegemarktes                              16
          3.2      Die Gesundheitsreform von 2006                              17
          3.3      Kernelemente des Pflegesystems                              21
          3.4.     Ermittlung und Vergütung der Pflegebedürftigkeit            22
          3.5.     Zuständige Behörden und deren Aufgaben im Pflegemarkt       28
          3.6.     Trends und Herausforderungen                                32

4.        NACHFRAGE UND ANGEBOT
                                                           wird aktualisiert   34

          4.1.     Entwicklung des Pflegesektors                               35
          4.2.     Entwicklung des Pflegevolumens                              36
          4.3.     Regionale Verteilung der Heime                              37
          4.4.     Wartelisten für Plätze in Alten- und Pflegeheimen           39
          4.5.     Abbau von Mehrbettzimmern                                   40

5.        FINANZIERUNG                                                         41

          5.1.     Die Finanzierungsreform                                     41
          5.2.     Fallstudie zur Finanzierung                                 43
          5.3.     Gebäudefinanzierung                                         44
          5.4.     Finanzielle Kennzahlen zu Unternehmen im Pflegesektor       48
          5.4.1.   Der Gesundheitssektor 2010 (Studie von Ernst & Young)       49

6.        GESETZLICHE RAHMENBEDINGUNGEN                                        56
          6.1.     Relevante Gesetze im Pflegemarkt                            56

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Inhalt

              6.1.1      Das AWBZ „Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten“               56
              6.1.2      Das WMO „Wet Maatschappelijke Ondersteuning                   56
              6.1.3      Das WMG „Wet Marktordening Gezondheidszorg“                   56
              6.2        Das Kwaliteitswet Zorginstellingen                            56
              6.3        Das WGBO „Wet Geneeskundige Behandelovereenkomst“             56
              6.4        Das WTZi „Wet Toelating Zorginstellingen“                     57
              6.5        Gesetzliche Regelung zur Verwendung des
            		           Persönlichen Budgets (PGB)                                    57
              6.6        Überwachung und Qualitätssicherung in der Pflege              58

            7.    BETREIBERÜBERSICHT NIEDERLANDE                                       59
                  7.1.   Die Top 10 Betreiber 2009/2010                                59
                  7.2.   Umsatzstärkste und finanzstärkste Heimbetreiber               61

            8.    FIRMENGRÜNDUNG IN DEN NIEDERLANDEN                                   70
                  8.1.   Niederlassung                                                 70
                  8.2.   Einkommen- und Körperschaftssteuer                            70
                  7.3.   Immobilienrecht                                               71
                  7.4.   Gesellschaftsrecht                                            72

wird aktualisiert
            Abkürzungsverzeichnis                                                      ??

            Abbildungsverzeichnis                                                      ??

            Tabellenverzeichnis                                                        ??

           				                                                            Stand Juni 2012

                                                                                            3
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Auftrag

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Auftrag

Auftrag                                    Auftragsdurchführung

Die IMMAC Objektmanagement GmbH            Zielsetzung
-Fachbereich Analyse & Consulting-
wurde von der Firma IMMAC Verwal-          Ziel der Pflegemarktanalyse Niederlande
tungsgesellschaft für Immobilienfonds      ist es, die sich aus der Auftragsstellung
GmbH beauftragt, eine Marktanalyse         ergebenden Parameter zu ermitteln und
über den stationären Pflegemarkt in den    damit eine umfassende Entscheidungs-
Niederlanden zu erstellen.                 und Handlungsgrundlage für zukünftige
                                           Investitionen bereitzustellen.
Gegenstand der Untersuchung ist der
stationäre Pflegemarkt in den Nieder-      Aufbau
landen, im Besonderen die Bedarfser-
mittlung stationärer Pflegeplätze sowie    Ausgehend von einer allgemeinen Dar-
die Darstellung regionaler Unterschie-     stellung des Seniorenmarktes in den
de der Bedarfs- und Angebotsstruktur       Niederlanden mit Fokus auf die de-
stationärer Pflegeeinrichtungen in den     mographische Entwicklung sowie die
Niederlanden. Des Weiteren stehen der      Pflegemarktstruktur werden die The-
Finanzierungskreislauf stationärer Pfle-   menfelder Bedarf und Angebot statio-
geleistungen ebenso wie die gesetz-        närer Pflegeleistungen, die Aspekte der
lichen Rahmenbedingungen im Sinne          Finanzierung sowie gesetzliche Rah-
von Anforderungen für Betreiber und        menbedingungen beleuchtet. Der Un-
Immobilie im Fokus.                        tersuchungsgegenstand liegt primär auf
                                           Einrichtungen der vollstationären Pflege.

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Demografische Entwicklung

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Demographische Entwicklung in den Niederlanden

                                                       2.1 Allgemeine Informationen

                                                       Die Niederlande sind eine parlamentari-
                                                       sche, konstitutionelle Monarchie, wobei
                                                       die politische Verantwortung und die po-
                                                       litische Macht bei den Ministern liegen.
                                                       Gesetze, welche das Sozial- und Ge-
                                                       sundheitswesen betreffen, werden vom
                                                       Parlament beschlossen. Im Rahmen der
                                                       Exekutive ist das zuständige Ministerium
                                                       für Angelegenheiten im Bereich der Ge-
                                                       sundheit und für Soziales das Ministerie
                                                       van Volksgezondheit, Welzijn en Sport
                                                       (VWS), das Ministerium für Gesundheit,
                                                       Wohlfahrt und Sport.

                                                       In den Niederlanden leben 16.680.000
                                                       Menschen (Stand 2011) auf einer Flä-
                                                       che von 41.528 km², das sind rund 400
                                                       Bewohner pro km². Nirgendwo in Euro-
                                                       pa leben so viele Menschen auf so en-
                                                       gem Raum. Ungefähr die Hälfte davon
                                                       lebt im dicht besiedelten Westen, der
    Abbildung 1: Niederlande, Quelle: Wikipedia
                                                       „Randstad“. Die Randstad erstreckt sich
                                                       über Teile der Provizen Nordholland,
                                                       Südholland, Flevoland und Utrecht mit
     Städte der Randstad nach Einwohnerzahlen (2012)
                                                       einer Einwohnerzahl von ungefähr 8 Mio.
                                                       Menschen. Die Randstad macht 20 %
       Rang         Stadt                 Einwohner
                                                       der Gesamtfläche der Niederlande aus,
                                                       in diesem Ballungsgebiet wohnen aber
       1            Amsterdam             762.057
                                                       mehr als 40 % der niederländischen Be-
       2            Rotterdam             603.425
                                                       völkerung. Die Städte liegen zwischen
       3            Den Haag              488.370
                                                       min. 26 km und max. 77 km auseinan-
       4            Utrecht               301.632
                                                       der. Andere große Städte außerhalb der
       5            Eindhoven             212.679
                                                       Randstad sind Groningen, Maastricht,
       6            Tilburg               203.492
                                                       Eindhoven und Enschede.
       7            Almere                188.017
       8            Groningen             184.929
                                                       Diese Region bildet das wirtschaftliche
       9            Breda                 172.219
                                                       Herz der Niederlande und liegt im euro-
       10           Nijmegen              161.634
                                                       päischen Vergleich hinter London, Paris,
       11           Enschede              156.109
                                                       Rhein-Ruhr und Mailand auf dem fünften
       12           Apeldoorn             155.415
                                                       Platz.
     Quelle: CBS (2008)

                                                                                             5
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Demografische Entwicklung

2.2 Demographische Entwicklung                Nachdem in der Vergangenheit ein deut-     In der Periode zwischen dem Ende des
Niederlande                                   liches Bevölkerungswachstum zu ver-        zweiten Weltkriegs und dem Beginn
                                              zeichnen war, (1950: 10 Mio. Menschen,     der 70-er Jahre war die Geburtenrate
Die demografische Entwicklung wird            2010: 16,5 Mio. Menschen) gehen die zur    in den Niederlanden bedeutend höher
durch folgende drei Komponenten be-           Zeit aktuellsten Bevölkerungsprognosen     als in den Jahren davor und danach.
stimmt:                                       (CBS) davon aus, dass die Einwohnerzahl    Das hat zur Folge, dass die Niederlande
                                              in 2033-2036 knapp über 17 Mio. liegen     nun eine große Bevölkerungsgruppe von
1. Fertilität (dem Geburtenverhalten)         wird. Danach soll sie absinken und im      39 – 64-jährigen hat. Ab 2011 beginnt
2. Mortalität (Sterblichkeit)                 Jahr 2050 bei etwa 16,8 Mio. Menschen      diese Bevölkerungsgruppe die Marke von
3. Migration (Wanderungsverhalten)            liegen. Nach dieser Prognose würde die     65 Jahren und älter zu überschreiten, wo-
                                              Bevölkerung in über 40 Jahren nur um       durch die Anzahl von älteren Menschen
In den Niederlanden geht im Hinblick auf      500.000 wachsen.                           schnell ansteigt.
die Fertilität die Geburtenrate seit Jahren
zurück. Die durchschnittliche Kinderzahl      Dass sie wächst, ist der dritten Kompo-    Die geburtenstarken Nachkriegsjahr-
ist unter das Bestandhaltungsniveau ge-       nente, der Migration, zuzurechnen, die     gänge, auch Babyboom-Generation
sunken. Gründe hierfür liegen insbeson-       die Effekte aus sinkender Fertilität und   genannt, beginnen nun über 65 Jah-
dere in den individuellen Entscheidungen      Mortalität teilweise kompensieren wird.    re alt zu werden und aus dem akti-
in Bezug auf das Bildungs-, Erwerbs-,         Die Niederlande sind ein Einwanderungs-    ven     Erwerbsleben     auszuscheiden.
und Familienleben.                            land. Der zu erwartende Migrationssaldo    1950 betrug der Anteil der älteren Men-
Gleichzeitig ist eine anhaltende Verlänge-    wird nach den Prognosen auch in den        schen über 65 Jahre noch 7,75% der
rung der Lebenserwartung zu verzeich-         kommenden Jahrzehnten positiv sein         Gesamtbevölkerung der Niederlande. Im
nen und somit eine sinkende Mortalität.       und somit einen Anteil an der Erhaltung    Jahr 2000 stieg diese Zahl auf 13,6%
Die ist primär durch den medizinischen        der Bevölkerung haben.                     und für das Jahr 2050 wird der Anteil laut
Fortschritt bedingt mit der Folge, dass                                                  Angaben der UN Population Division auf
Männer heute ein Durchnittslebensalter        Im Zuge des demographischen Wan-           25% ansteigen.
von 77 Jahren erreichen, Frauen werden        dels wird die zunehmende Überalte-
im Schnitt 81 Jahre alt.                      rung der Bevölkerung zu einem immer
                                              dringlicheren Problem, ebenso wie in
Es ist davon auszugehen, dass die Le-         den meisten europäischen Ländern.
benserwartung in den Niederlanden in          Der Anteil der über 65-jährigen steigt
den kommenden Jahrzehnten noch zu-            zwar schon seit dem letzten Jahrhundert,
nehmen wird, wie auch in anderen euro-        aber in den kommenden Jahren wird es
päischen Ländern.                             zu einer deutlichen Beschleunigung des
                                              Alterungsprozesses der niederländischen
                                              Bevölkerung kommen.

6
Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG
Demografische Entwicklung

Nicht nur der Anteil älterer Menschen              Anteil der Pflegebedürftigen erhöhen,       Die Niederlande weisen im OECD-
nimmt zu, sondern auch die absoluten               andererseits nimmt die Bereitschaft von     Maßstab (Organisation for Economic
Zahlen. In den Niederlanden waren im               Familienangehörigen, für die älteren Men-   Cooperation and Development) eine
Jahr 1950 784.000 Menschen 65 Jah-                 schen zu sorgen, ab.                        vergleichsweise junge Bevölkerung auf.
re und älter und 103.000 Menschen                                                              Das Durchschnittsalter in den Niederlan-
80 Jahre und älter. Für 2050 wird erwar-           Eine Kombination aus Frühpensionie-         den beträgt 40,8 Jahre, während es in
tet, dass diese Zahlen auf ca. 4,3 Milli-          rung, eines durchschnittlich höheren        Deutschland bei 44,3 Jahren liegt (Stand
onen Menschen über 65 Jahre und 1,8                Zugangsalters zum Arbeitsmarkt und          2011). Aber der Anteil der über 80-jähri-
Millionen Menschen über 80 Jahre anstei-           eine insgesamt längere Lebenserwar-         gen steigt in den Niederlanden laut Prog-
gen.                                               tung bereiten auch dem niederländi-         nosen stärker als in den anderen Ländern
Dieser demographische Wandel stellt                schen Alterssicherungssystem Proble-        (U.S.Census Bureau, 2010). Dies ist ein
nicht nur das Alterssicherungssystem der           me. Auch hier sind die Auswirkungen         guter Indikator dafür, dass der Bedarf für
Niederlande vor eine Herausforderung,              der „doppelten Alterung“ zu spüren.         Pflege in Zukunft ebenfalls steigen wird.
sondern ist auch eine starke Belastung             Die Rente muss länger gezahlt werden
für den Pflegemarkt. Einerseits wird sich          und es stehen gleichzeitig immer weniger
aufgrund der Alterung der Menschen der             Beitragszahler zur Verfügung.

Bevölkerungsaufbau der Altersklassen 65+, 2010 bis 2030

Abbildung 2: Altersstruktur Niederlande 65+
Quelle: Sociaal Cultureel Planbureau (SCP), 2011

                                                                                                                                       7
Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG
Demografische Entwicklung

2.2.1 Prognosen zur Bevölke-
rungsentwicklung in den Nieder-
landen

Die Bevölkerungsentwicklung nach Al-
tersklassen zeigt einen generellen Trend
zur Abnahme des prozentuellen Anteils
der Altersklassen von 0-19 Jahren und
20-64 Jahren. Der Anteil von über 65-jäh-
rigen hingegen steigt stark an.

                                                            Jahre                Jahre        Jahre

                                                      65-79 Jahre        80 Jahre und älter

                                            Abbildung 3:
                                            Bevölkerung nach Altersklasse
                                            Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2008

8
Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG
Demografische Entwicklung

   Jahr      Anzahl Einwohner                Einwohner nach Alter (in%)           Wie in der nachstehenden Tabelle dar-
               (in Millionen)                                                     gestellt, liegt der Anteil der über 65-jäh-
                                                                                  rigen im Jahr 2011 bei 15,6%, bei ei-
                                    0-19 Jahre      20-64 Jahre    65 Jahre und   ner Einwohnerzahl von 16,7 Millionen.
                                                                       älter      Bis 2060 steigt der Anteil von über 65-jäh-
   2011             16,7               23,5            60,9                15,6   rigen in der Bevölkerung erwartungsge-
                                                                                  mäß auf 24,8 %.
   2015             16,9               22,7            59,6                17,7
   2020             17,2                22             58,3                19,7
   2025             17,5               21,3             57                 21,7
   2030             17,7               21,3             55                 23,7
   2035             17,8               21,4            53,3            25,3
   2040             17,8               21,5            52,6            25,9
   2045             17,8               21,4            53,1            25,5
   2050             17,8               21,2            53,7            25,1
   2055             17,8               21,2             54             24,8
   2060             17,7               21,2            53,9            24,8

Tabelle 1: Prognose zur Entwicklung der Einwohner nach Alter (2011-2060)
Quelle: CBS, 2010

                                                                                                                           9
Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG
Demografische Entwicklung

2.2.2 Regionale Unterschiede in der
demographischen Entwicklung

Abbildung 4: Übersicht der Provinzen
Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009

10
Demografische Entwicklung

                                                                 Auf regionalem Niveau läuft die Bevölke-
                                                                 rungsentwicklung bis 2025 stark ausein-
                                                                 ander. Je nach Provinz variiert diese dann
                                                                 zwischen einer Abnahme von beinahe
                                                                 70.000 Einwohnern in Limburg, hin zu
                                                                 einer Zunahme von etwa 190.000 Ein-
                                                                 wohnern in Noord-Holland (siehe Tabel-
                                                                 le 2). Vor allem in der Randstad Region
                                                                 werden die Einwohnerzahlen stark zu-
                                                                 nehmen. Beinahe die komplette Bevöl-
                                                                 kerungszunahme von einer halben Million
                                                                 Menschen bis 2025 wird in den Provinzen
                                                                 Noord-Holland, Zuid-Holland, Utrecht
                                                                 und Flevoland stattfinden.

                                                                 In relativer Sicht ist Flevoland die am
                                                                 schnellsten wachsende Provinz mit einer
                                                                 Bevölkerungszunahme von 20% bis 2025
Tabelle 2: Anzahl Einwohner per Provinz, 2007 und 2025
Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009                               (siehe Tabelle 3). Die Provinz Utrecht soll
                                                                 bis 2025 erwartungsgemäß 10% mehr
                                                                 Einwohner haben und Noord-Holland soll
                                                                 um 7% wachsen. Die restlichen Provin-
                                                                 zen werden nicht so stark wachsen und
                                                                 die Bevölkerung von Limburg soll bis
                                                                 2025 sogar um etwa 6% schrumpfen.
                                                                 Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass
                                                                 es sich um prozentuale Zuwächse han-
                                                                 delt, in absoluten Zahlen wirken sich die
                                                                 Zuwächse je nach Bevölkerungsanzahl in
                                                                 der entsprechenden Provinz anders aus,
                                                                 z.B. wächst danach Noord-Holland in ab-
                                                                 soluten Zahlen am stärksten.

                                                                 In den kommenden Jahren wird die Über-
                                                                 alterung stetig zunehmen und ein immer
                                                                 wichtigeres Thema für den Staat werden.
                                                                 Die geburtenstarke Nachkriegsgeneration
                                                                 hat ab 2010 angefangen, die Altersklasse
                                                                 von 65 Jahren und älter zu erreichen.
Tabelle 3: Prozentuelles Bevölkerungswachstum per Provinz zwi-
schen 2007 und 2025                                              Alle Gemeinden müssen also mit einer
Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009
                                                                 zunehmenden Überalterung rechnen,
                                                                 was auch zu einer zunehmenden Nach-

                                                                                                        11
Demografische Entwicklung

frage nach Pflege und geeigneten Wohn-
formen führen wird.

Die nachstehende Tabelle zeigt die Anteile
der 65+er nach Provinzen, Stand 2007
und erwartet 2025.

In 2007 lag der Anteil von 65+ern in den
meisten Provinzen dicht am landesweiten
Wert von 14,5%.

Obwohl nach Tabelle 3 in Flevoland pro-
zentual gesehen der stärkste Bevölke-
rungszuwachs zu erwarten ist, ist jedoch
Flevoland deutlich weniger überaltert:
der Anteil von 65+ern war 9%. In dieser
Provinz leben viele junge Familien und
die relativ hohe Geburtenrate hemmt die
Überalterung etwas.

Besonders die südlichen Gemeinden            Tabelle 4: Anteil über 65-jähriger per Provinz, 2007 und 2025
Limburg und Zeeland haben einen hohen        Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009

Anteil an alten Menschen. Andere überal-
terte Gebiete sind das östliche Groningen,
das südwestliche und östliche Friesland,
große Teile von Drenthe, der Norden von
Gelderland und das Nordholländische
Küstengebiet. Dass diese ländlichen Ge-
biete eine stärkere Überalterung erfahren,
hängt damit zusammen, dass viele der
Jüngeren in städtische Gegenden weg-
ziehen, während die Älteren zurückblei-
ben.

12
Demografische Entwicklung

Die am stärksten überalterte Provinz          Diese Region rund um Vecht ist seit jeher     auf der Suche nach bezahlbarem Woh-
in 2007 ist Zeeland mit etwa 17% über         bei vermögenden älteren Menschen sehr         nen und einer Umgebung, die attraktiv
65-jährigen, dicht gefolgt von Limburg        beliebt. Durch die hohen Hauspreise in        für junge Familien ist. Dadurch bleibt die
und Drenthe, beide auch mit fast 17%.         Kombination mit wenigen Neubauten ist         Bevölkerung in den Städten überdurch-
Aus diesen Provinzen ziehen viele junge       diese Gegend besonders unattraktiv für        schnittlich jung.
Leute zum Studieren oder Arbeiten weg.        junge Starter auf dem Immobilienmarkt.
                                              Auch andere Gemeinden mit hohen
Bis zum Jahr 2025 werden diese drei           Hauspreisen, wie Rozendaal, Heemstede
Provinzen auch am stärksten von der           und Wassenaar, lassen eine starke Über-
Überalterung betroffen sein. Nach Erwar-      alterung erkennen.
tungen soll dann einer von vier Einwoh-
nern 65 Jahre oder älter sein. Für Flevo-     In Utrecht ist der Anteil an über 65-jähri-
land wird eine Verdoppelung der Anzahl        gen relativ gering, was daran liegt, dass
von 65+ern erwartet: von 9% in 2007 auf       die Stadt sehr attraktiv für Studenten ist,
18% in 2025.                                  sowie für junge Arbeitnehmer und Fami-
                                              lien.
Im Fall von Süd-Limburg spielt außer-
dem die Tatsache, dass die Geburtenzahl       Die großen Städte sind vergleichsweise
schon Jahrzehnte niedriger ist als der nie-   wenig überaltert: In den Städten studie-
derländische Durchschnitt, eine wichtige      ren und arbeiten relativ viele junge Men-
Rolle. Auch im Südosten von Amsterdam         schen, die aus kleineren Gemeinden in
befindet sich eine Anzahl von Gemeinden       die Städte ziehen. Sobald sie ein Alter um
mit einer hohen Konzentration von Älte-       die 30 Jahre erreicht haben, ziehen viele
ren.                                          Menschen wieder aus den Städten weg

                                                                                                                                  13
Demografische Entwicklung

2.2.3 Prognose der Entwicklung
des Anteils von über 80-jährigen
in den Niederlanden

Die folgenden Prognosen isolieren den
Anteil von über 80-jährigen in den Nieder-
landen, welche auch einen Großteil der
Alten- und Pflegeheimbewohner ausma-
chen und daher als Altersklasse beson-
ders interessant sind.

Die verwendeten Zahlen stammen aus
der “Regionalen Bevölkerungs- Aus-
länder- und Haushaltsprognose 2007-
2025”, ein gemeinsames Produkt von
dem PBL Planungsbüro (“Planbureau
voor de Leefomgeving”, www.pbl.nl) und
dem CBS (“Centraal Bureau voor de Sta-       Abbildung 5: Anteil von über 80-jährigen in 2010
tistiek”, www.cbs.nl).                       Quelle: PBL/CBS
Die Zahlen basieren auf Annahmen über
die zukünftige Entwicklung von regionalen

                                             Abbildung 6: Anteil von über 80-jährigen in 2015
                                             Quelle: PBL/CBS

14
Demografische Entwicklung

                                                   Unterschieden in Geburten- und Ster-
                                                   beraten, Ein- und Auswanderungen und
                                                   Umzüge innerhalb des Landes. Mit dieser
                                                   umfassenden Methodik können unter-
                                                   schiedliche Zukunftsszenarien errechnet
                                                   werden. In den folgenden Karten ist die
                                                   Bevölkerungsprognose für über 80-jähri-
                                                   ge für die Jahre 2010, 2015, 2020 und
                                                   2025 wiedergegeben.
                                                   In der Periode von 2010-2025 soll der
                                                   prozentuelle Anteil von über 80-jährigen
                                                   landesweit von 3,9% auf 5,2% steigen.
                                                   An den Landesgrenzen, insbesondere
                                                   im Norden, Osten und in Süd-Limburg
                                                   ist der Anteil von Älteren höher, während
                                                   dieser Anteil in Flevoland und rund um die
                                                   großen Städte in der Randstad, niedriger
Abbildung 7: Anteil von über 80-jährigen in 2020   ist und auch bleiben wird. Auf Grund des
Quelle: PBL/CBS                                    hohen Anteils von älteren Menschen wird
                                                   Limburg auch als das Florida der Nieder-
                                                   lande bezeichnet.

Abbildung 8: Anteil von über 80-jährigen in 2025
Quelle: PBL/CBS

                                                                                         15
Gesetzliche Rahmenbedingungen

3
Gesetzliche Rahmenbedingungen

3.1 Relevante Gesetze im Pfle-              3.1.3 Das WMG „Wet Marktor-                  3.2 Das „Kwaliteitswet Zorgin-
gemarkt                                     dening Gezondheidszorg“                      stellingen“

                                            Das „Gesetz zur Marktordnung in              Das Qualitätsgesetz für Pflegeein-
3.1.1 Das AWBZ „Algemene Wet                der Gesundheitsversorgung“ ist am            richtungen bestimmt, dass sowohl die
Bijzondere Ziektekosten“                    1. Oktober 2006 in Kraft getreten und        Einrichtungen als auch die Personen,
                                            macht Vorschriften bezüglich der Orga-       die Pflege leisten, für die Qualität dieser
Das AWBZ (Allgemeines Gesetz für            nisation, Effizienz und Wirtschaftlichkeit   Pflege verantwortlich sind. Die Qualität
besondere Krankheitskosten) re-             im Gesundheitswesen                          von Pflege bezieht sich sowohl auf die
gelt die schweren Krankheitsfälle ein-                                                   Qualität der geleisteten Pflege also auch
schließlich der Pflege. Jeder, der in den   Das Ziel des WMG ist, durch mehr Wett-       die Qualität der verwendeten Produk-
Niederlanden lebt oder arbeitet, ist hier   bewerb und mehr Handlungsfreiheit ei-        te. Dieses Gesetz gilt für alle Arten von
versichert. Das AWBZ deckt schwere          nen verbesserten Markt mit einem effizi-     Pflege, die in einem Alten- oder Pflege-
gesundheitliche Risiken ab, die nicht un-   enten und effektiven System der Pflege       heim angeboten wird, also auch die pri-
ter die allgemeine Krankenversicherung      zu erreichen. Die Überwachung der            vat finanzierte Pflege. Privat finanzierte
fallen. Es wird zwischen fünf Funktio-      Leistungen und Gebühren der Anbieter         Pflege muss die gleichen Qualitätsstan-
nen unterschieden: persönliche Pflege,      erfolgt durch die Behörde „Nederland-        dards wie reguläre Pflege erfüllen.
Heimpflege, Begleitung, Behandlung,         se Zorgautoriteit“ (NZa) und diese sorgt
Aufenthalt.                                 auf diesem Wege auch dafür, dass die
                                            Interessen der Verbraucher geschützt         3.3    Das WGBO „Wet Ge-
3.1.2 Das WMO „Wet Maats-                   werden.                                      neeskundige Behandelovereen-
chappelijke Ondersteuning                                                                komst“

Die Idee hinter dem „Gesetz für staat-                                                   Das Gesetz für medizinische Be-
liche Unterstützung“ ist, dass es allen                                                  handlungsübereinstimmung (WGBO)
Bürgerinnen und Bürgern gleicherma-                                                      regelt eine Anzahl an essenziellen Rech-
ßen möglich ist, am gesellschaftlichen                                                   ten von Klienten sowie das Recht auf
Leben teilzunehmen. Alle Bürger in den                                                   Information, die benötigte Zustimmung
Niederlanden sind versichert.                                                            zur Behandlung, das Recht auf Einsicht
.                                                                                        in das medizinische Dossier sowie das
Bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie                                                       Recht auf Privatsphäre und Geheimhal-
zum Beispiel ältere Menschen, Behin-                                                     tung.
derte und Obdachlose, sind dabei auf
Unterstützung angewiesen. Diese Un-
terstützung wird durch das WMO ge-
währleistet. Die Verantwortlichkeit für
die Umsetzung dieses Gesetzes liegt bei
den Gemeinden.

16
Gesetzliche Rahmenbedingungen

3.4   Das WTZi „Wet Toelating               3.5 Überwachung und Quali-                   Das BIG bestimmt unter anderem, dass
Zorginstellingen“                           tätssicherung in der Pflege                  es strafbar ist, die Gesundheit eines Pa-
                                                                                         tienten zu schädigen. Ferner bestimmt
Das WTZi (Gesetz zur Genehmigung            Die Qualität der Pflege ist gesetzlich ge-   es mehrere spezifische Tätigkeiten (z.B.
von Pflegeeinrichtungen) regelt die         regelt. Die Hauptidee, die den relevan-      Anästhesie), welche nur von qualifizier-
Genehmigung von Pflegeinrichtungen          ten Gesetzen unterliegt, besteht darin,      ten Fachleuten ausgeführt werden dür-
(Nederlandse Overheid, 2005). Nach          dass die primäre Verantwortung für die       fen.
diesem Gesetz benötigt eine Pflege-         Qualität bei den Pflegeeinrichtungen
einrichtung eine Genehmigung, um            selbst liegt. Das Gesundheitsfürsor-         Außerdem hat die Nederlandse Zorg-
bestimmte Pflegeleistungen erbringen        ge-Inspektorat (IGZ) hat lediglich eine      autoriteit (NZa) eine spezielle Rolle als
zu dürfen, welche durch das AWBZ be-        Rolle als Aufsichtsorgan.                    ein Aufsichtsorgan, Marktmacher und
stimmt werden. Das bedeutet, dass ein                                                    Regulierungsbehörde in der Gesund-
Pflegeheim lediglich die gesetzlich fest-   Zwei Gesetze betreffen direkt die            heitsfürsorge. Die NZa kontrolliert Kon-
gelegten Pflegeleistungen anbieten darf,    Regelung der Qualität in der Pflege:         kurrenz im häuslichen Pflegesektor und
die einem Pflegeheim zugeteilt wurden.                                                   bestimmt maximale Tarife.
Es werden Voraussetzungen bestimmt,         1. Gesetz über die Qualität in Pfle-         Stationäre Pflege wurde vor 2009 noch
welche eine Pflegeeinrichtung erfüllen      ge-Organisationen       (Kwaliteitswet       relativ stark staatlich reguliert, wird aber
muss, um eine Zulassung zu erhalten.        zorginstellingen; KWZ)                       durch die Einführung des neuen Finan-
Wichtig ist, dass Pflegeeinrichtungen       2. Gesetz über Berufe in der persön-         zierungsystems zunehmend mehr kon-
effektiv und transparent geführt werden.    lichen Gesundheitsfürsorge (Wet op           kurrenzfähig.
                                            de Beroepen in de Individuele Gezond-        Des Weiteren gibt es seit Anfang 2009
                                            heidszorg; Wet BIG)                          keine Kapazitätsplanung durch die Re-
                                                                                         gierung mehr.
                                            Das KWZ betrifft Organisationen, die
                                            gesundheiltliche Versorgung liefern und
                                            somit auch Alten- und Pflegeheime. Or-
                                            ganisationen müssen ihre Firmenpolitik
                                            auf das Liefern qualitativ guter Pflege
                                            richten. Es muss ein System geben, um
                                            die Qualität der Pflege zu schützen, und
                                            es muss ein jährlicher Qualitätsbericht
                                            erstellt werden, der zum IGZ gesandt
                                            wird.
                                            Die Arbeit von Pflegekräften muss den
                                            Kriterien des Gesetzes BIG entspre-
                                            chen, welches, abhängig von ihrem
                                            Beruf und der Art von Tätigkeiten, mehr
                                            oder weniger streng sein kann.

                                                                                                                                 17
Der Pflegemarkt

4
Der Pflegemarkt in den Niederlanden

4.1 Die Struktur des                        genleistung, welche die Heimbewohner        Pflegeheime, Altenheime
Pflegemarktes                               bezahlen müssen, wird über ein soge-        und Einrichtungen für Demenz-
                                            nanntes „zorgkantoor“ ermittelt.            kranke
Nachfolgend werden zusammenfassend          Ein zorgkantoor ist eine selbstständige
die Grundstrukturen des Pflegemarktes,      Organisation und der in der jeweiligen      Es existieren verschiedene Formen von
des Pflegebedarfs, der Pflegeangebote,      Region größte Pflegeversicherer stellt      stationärer Betreuung, abhängig vom
die gesetzlichen Rahmenbedingungen,         das zorgkantoor, um deren Aufgaben          Pflegegrad und Art der Bedürftigkeit.
die Refinanzierung von Pflege sowie ak-     auszuführen. Das zorgkantoor ist ver-       Pflegeheime beherbergen hauptsäch-
tuelle politische Tendenzen erörtert.       antwortlich für die Zuweisung und die       lich Patienten, die intensiv gepflegt wer-
                                            Finanzierung von Pflege. Die Nieder-        den müssen, während Altenheime sich
Pflegeleistungen können auf zwei unter-     lande sind in 32 Regionen unterteilt        um weniger pflegeintensive Fälle küm-
schiedlichen Wegen angeboten werden:        und für jede Region ist ein zorgkantoor     mern. Die Alten- und Pflegeheime in
im Wege der formellen und der infor-        zuständig. Es bestehen also aktuell 32      den Niederlanden werden überwiegend
mellen Pflege. Informelle Pflege wird in    zorgkantooren. Jeder Pflegebedürftige       von Wohlfahrtsverbänden, den soge-
der Regel von Familie und Angehörigen       hat das Recht auf die Pflege, die ihm in    nannten ”stichtingen”, getragen.
erbracht. Daneben gibt es die formel-       der Untersuchung des CIZ zugewiesen         Für demenzkranke Patienten gibt es ne-
le, d.h. die ambulante und stationäre       wurde.                                      ben den Alten- und Pflegeheimen auch
Pflege, wobei die Prämisse ambulant                                                     besondere Einrichtungen, wovon in den
vor stationär gilt. Ambulante Pflege-       Die Mitarbeiter eines zorgkantoor ver-      Niederlanden etwa 60 existieren. Wie
dienstleister sind in den Niederlanden      mitteln grundsätzlich zwischen den An-      die anderen Heime in den Niederlanden
ausschließlich private Anbieter. Man        bietern und den Empfängern von Leis-        wird auch die Pflege für demenzkranke
unterscheidet allerdings zwischen den       tungen der Langzeitpflege wie:              Patienten von der Pflegeversicherung
traditionellen „non-profit“-Anbietern und                                               nach dem AWBZ finanziert.
den neuen „for-profit“-Anbietern, welche    •   ambulanter Pflege,                      Allerdings verschwinden die Grenzen
sich durch die gesetzlichen Änderungen      •   Leistungen in Alten- und Pflege-        zwischen Alten- und Pflegeheimen und
im Rahmen der Gesundheitsreform eta-            heimen,                                 es bilden sich immer mehr Mischformen.
blieren konnten.                            •   langfristiger Verbleib im Kranken-      Diese Entwicklung hat in den Niederlan-
                                                haus oder Rehabilitationseinrich-       den wesentlich früher begonnen als in
Die Aufnahme in ein Alten- oder Pflege-         tungen,                                 anderen europäischen Ländern und ist
heim wird durch ein Indikationsgutach-      •   bestimmte Formen der Versorgung         dort auch viel weiter ausgebreitet.
ten des CIZ (Zentrum für Bedarfsana-            von Menschen mit psychischen Er-
lyse in der Pflege) gewährt, welches            krankungen oder                         Die gesellschaftspolitische Verantwor-
den Pflegebedarf einstuft. Dieses wird      •   Betreuung und Begleitung von            tung für die Langzeitpflege liegt bei der
durch eine Indikationskommission, die           Menschen mit Behinderung.               Regierung, welche auch die Gesetzent-
von einem Arzt mit Sachkenntnis in der                                                  würfe einbringt.
(Psycho)Geriatrie begleitet wird, inner-    Die zorgkantooren versuchen außer-
halb der Wohngemeinde des Patienten         dem, die Nachfrage und das Angebot          Die Abrechnung der Kosten für die
erstellt. Die Finanzierung von Pflege und   der Langzeitpflege in ihrer Region auf-     Langzeitpflege in einem stationären
Unterkunft in Alten- und Pflegeheimen       einander abzustimmen. Sie bilden die        Pflegeheim, erfolgt direkt zwischen Be-
erfolgt auf Grundlage des AWBZ so-          zentrale Anlaufstelle für alle Regelungen   treiber und dem zuständigen zorgkan-
wie über Beiträge der Heimbewohner,         bezüglich AWBZ-Leistungen nach der          toor, das die Abrechnung wiederum mit
sofern bei diesen keine Bedürftigkeit       Bedarfsfeststellung.                        der Pflegeversicherung vornimmt.
vorliegt. Die Höhe der finanziellen Ei-

18
Der Pflegemarkt

4.2 Allgemeine Information zur             Die wesentlichen Elemente des               •   Beiträge für Kinder: Die Beiträge für
Kranken-, Pflege- und Renten-              neuen Krankenversicherungs-                     Kinder unter 18 Jahren werden voll-
versicherung                               systems sind:                                   ständig aus Steuermitteln finanziert.
                                                                                       •   Tarifwahlfreiheit für Versicherte: Das
Wie in den meisten europäischen Län-       •   Privatisierung der Krankenversiche-         Tarifangebot ist groß. Versicherte
dern leidet auch das niederländische           rer: Das alte System aus gesetzli-          haben die Wahl zwischen Kosten-
Gesundheitssystem insbesondere auf-            cher und privater Krankenversiche-          erstattung und Sachleistung einer-
grund der Überalterung der Bevölkerung         rung ist ersetzt worden durch ein           seits und unterschiedlich hohen
unter finanziellem Druck. Das aus den          System, welches eine ausschließ-            Selbstbehalten andererseits.
Nachkriegsjahren stammende Kran-               lich privatrechtliche Struktur hat      •   Wettbewerb: Das neue System
kenversicherungssystem wurde immer             und den Krankenversicherer Mög-             kurbelt den Wettbewerb an. Anbie-
schwieriger finanzierbar. Nach langen          lichkeiten zur Gewinnerzielung bie-         ter von medizinischen Leistungen
Diskussionen trat am 1.1.2006 eine Ge-         tet.                                        bemühen sich um die Gunst von
sundheitsreform in Kraft. Damit sind die   •   Versicherungspflicht: Es gilt eine          Krankenversicherungen und Versi-
Niederlande auf ein vollständig privati-       Krankenversicherungspflicht für alle        cherten. Den Krankenversicherun-
siertes Versicherungssystem mit starker        in den Niederlanden lebenden oder           gen ist die Möglichkeit gegeben,
staatlicher Kontrolle umgestiegen.             arbeitenden Personen. Wer dage-             innerhalb der verschiedenen Ver-
                                               gen verstößt, muss mit Nach-und             sorgungsbereiche mit Leistungser-
                                               Strafzahlungen rechnen.                     bringern individuelle Verträge abzu-
                                           •   Kontrahierungszwang:       Kranken-         schließen.
                                               versicherer müssen Menschen un-
                                               geachtet ihres Alters, Geschlechts      Der Staat regelt in dem neuen Kranken-
                                               oder Gesundheitszustands versi-         versicherungssystem nicht mehr alles.
                                               chern.                                  Im Gesundheitswesen gibt es nach der
                                           •   Risikostrukturausgleich: Der mor-       Reform dementsprechend mehr Frei-
                                               biditätsorientierte   Risikostruktur-   heit, um die Gunst der Kunden zu wer-
                                               ausgleich (RSA), der bereits vor der    ben.
                                               Reform von den Krankenversiche-
                                               rungen vorgenommen wurde, wird          Der Staat ist aber weiterhin für die Zu-
                                               auch im neuen System praktiziert.       gänglichkeit sowie die Finanzierbarkeit
                                               Von einer zentralen Stelle aus wer-     und die Qualität des Gesundheitswe-
                                               den finanzielle Ausgleichszahlun-       sens verantwortlich.
                                               gen an die Krankenversicherungen
                                               geleistet, um die aufgrund der je-
                                               weiligen Kundenzusammensetzung
                                               unterschiedliche      Risikostruktur
                                               auszugleichen. So soll verhindert
                                               werden, dass Versicherungen mit
                                               einem hohen Anteil an alten oder
                                               kranken Kunden schlechter gestellt
                                               sind.

                                                                                                                             19
Der Pflegemarkt

Die Gesundheitsversorgung in
den Niederlanden ist auf 3 Säulen                     Die 3 Säulen der Gesundheitsversorgung
aufgebaut
                                                                in den Niederlanden
Seit der Gesundheitsreform im Jahr
2006 beruht das Gesundheitssystem
der Niederlande im Wesentlichen auf
drei Säulen, die für die Finanzierung un-
terschiedlicher Leistungsbereiche wie
folgt zuständig sind:

Das AWBZ (Algemeen Wet Bijzondere                                              *
Ziektekosten) ist für alle Bürger obliga-
torisch. Ihr Beitrag wird wie eine Steuer
erhoben. In 2012 beträgt sie 12,15% des
Bruttoeinkommens mit einer Beitragsbe-
messungsgrenze von € 33.000. Diese
Versicherung deckt keine ambulante oder       *länger als ein Jahr dauernde, stationäre Versorgung
akutmedizinische Behandlung durch ei-         Tabelle 5: Das 3-Säulenmodell der Gesundheitsversorgung
nen Hausarzt oder eine Klinik ab, sondern
das Risiko der Pflege für Menschen mit        Daneben haben Niederländer die Mög-                    Familienhilfe und Arzneimittel. Das AWBZ
Behinderung oder im Alter. In Deutsch-        lichkeit private Zusatzversicherungen                  ist eine Pflichtversicherung, in der jeder
land werden vergleichbare Leistungen          für Leistungen abschließen, die nicht                  Einwohner der Niederlande versichert ist.
von der Pflege- und Rentenversicherung,       von den obligatorischen Versicherungen
aber auch von der Sozialhilfe getragen.       abgedeckt sind. Dies sind zum Beispiel                 Die zweite Säule stellt die generelle
Im Vergleich zur deutschen Pflegever-         Zahnersatz und Physiotherapie.                         Krankenversicherung (Zorgverzekerings-
sicherung deckt das AWBZ neben den                                                                   wet- ZVW) dar. Die ZVW ist eine obliga-
klassischen Pflegeleistungen auch dauer-      Die erste Säule ist die Pflegeversiche-                torische Basisversicherung, welche für
hafte Erkrankungen ab, wie z.B. psychia-      rung (Algemeen Wet Bijzondere Ziekte-                  Akutversorgung und Basisleistungen in
trische Erkrankungen.                         kosten- AWBZ), welche gesundheitliche                  Krankheitsfällen aufkommt.
                                              Langzeitrisiken abdeckt. Die Leistungen
Die ZVW Versicherung (Zorgverzeke-            auf Grundlage des AWBZ sind umfang-                    In der dritten Säule wird die private Zu-
ringswet) ist ebenfalls obligatorisch und     reicher als die der deutschen Pflegever-               satzversicherung dargestellt. Die private
deckt die ambulante und stationäre Ba-        sicherung. Der Leistungskatalog des                    Zusatzversicherung kann freiwillig abge-
sisversorgung ab und ist mit der deut-        AWBZ sichert gegen besonders schwere                   schlossen werden und deckt Leistungen
schen gesetzlichen Krankenversicherung        gesundheitliche Risiken wie die Langzeit-              ab, die nicht in den anderen beiden Ver-
(GKV) vergleichbar, jedoch mit einem          pflege, dauerhafte Behinderungen oder                  sicherungen einbezogen sind, wie z.B.
wichtigen Unterschied: Sie ist eine privat-   psychische Erkrankungen ab. Es ergibt                  Zahnersatz und Physiotherapie.
rechtliche Versicherung, die von privaten     sich nach dem AWBZ ein Anspruch auf
Versicherungsunternehmen angeboten            Leistungen wie z.B. Aufnahme und Auf-                  Der Unterschied zwischen gesetzlicher
wird. Die ZVW Versicherung wird – wie in      enthalt in einem Krankenhaus oder einer                und privater Krankenversicherung entfällt
Deutschland – von den Versicherten, den       voll- oder teilstationären Pflegeeinrich-              in diesem System zugunsten eines ein-
Arbeitgebern und dem Staat finanziert.        tung, psychosoziale Versorgung, präven-                heitlichen Systems mit privatrechtlicher
                                              tive Leistungen, Rehabilitationsleistungen,            Struktur.

20
Der Pflegemarkt

 Sozialversicherung                        Arbeitnehmerbeitrag                Arbeitgeberbeitrag              Beitragshöhe (2012)

 Allgemeines Gesetz über                   12,15% (2011: 12,15%)              beitragsfrei
                                                                                                              Jeder, der in den Niederlanden wohnt
 besondere Krankheitskos-
                                                                                                              und arbeitet, ist verpflichtet, Beiträge zu
 ten (AWBZ)
                                                                                                              den Arbeitnehmerversicherungen (Ar-
  Krankenversicherung                      beitragsfrei                       7,10%*                          beitslosigkeit, Erwerbsminderung), Ren-
 (ZVW)                                                                        (2011:7,75%)                    te (AOW), AWBZ, sowie zu der allgemei-
 Arbeitslosenversicherung                  beitragsfrei                       4,50%                           nen Krankenversicherung zu leisten. Der
 (WW)                                                                         (2011: 4,20%)                   Arbeitgeber behält diese Beiträge von
                                                                                                              den Löhnen ein und leitet diese weiter.
 Altersrente (AOW)                         17,90% (2011: 17,90%)              beitragsfrei
 Allgemeines Hinter-                       1,10% (2011: 1,10%)                beitragsfrei
 bliebenengesetz (Anw)

*Den Beitrag zur Krankenversicherung (ZVW) behält der Arbeitgeber vom Lohn ein. Er ist jedoch verpflichtet,
diesen Beitrag zu erstatten und erhöht daher den Bruttolohn um den entsprechenden Satz.

                                                                                                                                                     21
Der Pflegemarkt

Finanzierung der Krankenversi-               a)    Einkommensunabhängiger              2. Rentenversicherung
cherung und der Rentenversi-                 Anteil (Prämie/Kopfpauschale)
cherung                                                                                Das Rentensystem in den Niederlanden
                                             Die Versicherten müssen eine Kopfpau-     besteht ebenfalls aus 3 Säulen:
1. Krankenversicherung (ZVW)                 schale (unabhängig vom Einkommen)
                                             von € 1050 im Jahr (Stand 2011) zahlen.   •   Die erste Säule, welche zugleich
Die niederländische Krankenversiche-         Einkommensschwache Versicherte er-            auch die Basissäule ist, besteht aus
rung ist umlagefinanziert. D.h. die Versi-   halten steuerfinanzierteTransferzahlun-       der allgemeinen Altersrente, dem
cherungskosten werden durch Beiträge         gen, um die durch den Pauschalbeitrag         AOW („Algemene Ouderdoms-
gedeckt.                                     entstandenen finanziellen Belastungen         wet“), welche auf Umlagefinanzie-
Der Versicherungsbeitrag besteht aus         auszugleichen.                                rung basiert.
einem einkommensabhängigen und               Bei Einkommen < € 25 000 im Jahr kann     •   Die zweite Säule besteht aus den
einem einkommensunabhängigen Teil.           ein Zuschuss (zorgtoeslag) von maximal        betrieblichen Altersrenten, welche
Der einkommensabhängige Beitrag              € 403 beantragt werden.                       eine Ergänzung zum AOW darstel-
muss vom Arbeitgeber getragen wer-                                                         len und auf dem Kapitaldeckungs-
den. Der einkommensunabhängige               b)       Einkommensabhängiger                 verfahren basieren.
Beitrag wird von den Versicherten auf-       Anteil                                    •   Die dritte Säule umfasst die kapi-
gebracht und ist pauschal und auch                                                         talgedeckte Privatvorsorge. Hierbei
unabhängig vom Alter, Geschlecht und         Arbeitgeber müssen 2012 7,10% (2011:          handelt es sich um freiwillige, teils
Gesundheitszustand kalkuliert.               7,75%) der Einkommen als Arbeitgeber-         steuerbegünstigte     Sparmaßnah-
                                             anteil abführen. Pensionäre und Selbst-       men, welche direkt bei den Anbie-
                                             ständige führen 5,0% (2011: 5,65%)            tern abgeschlossen werden kön-
                                             vom Einkommen ab.                             nen.
                                             Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
                                             sind kostenlos mitversichert.
                                                                                       Die Sozialpolitik in den Niederlanden
                                                                                       und Deutschland ähneln sich in Vielem,
                                                                                       aber es gibt auch Unterschiede: In den
                                                                                       Niederlanden wird die Rente wesentlich
                                                                                       mehr über Kapitalanlagen finanziert als
                                                                                       in Deutschland, denn es besteht ledig-
                                                                                       lich für die einheitliche Grundrente (Säu-
                                                                                       le 1) eine Art Generationenvertrag wie in
                                                                                       Deutschland.

22
Der Pflegemarkt

4.3 Das AWBZ – Kernelemente               Die Finanzierung der Pflege in den Nie-    Anfang des Jahres 2009 bezogen etwa
des niederländischen Pflege-              derlanden erfolgt durch das oben be-       600.000 Personen in den Niederlanden
systems                                   schriebene AWBZ.                           AWBZ-Leistungen, davon 260.000 in in-
                                          Die Finanzierung des AWBZ wiederum         stitutionellen Einrichtungen (43,3%) und
                                          erfolgt über einkommensabhängige           250.000 in Form von häuslicher Pflege
Management und Finanzierung               Beiträge und Subventionen vom Staat.       (41,7%).
von Pflegeleistungen                      Dabei wird das gesamte steuerliche
                                          Einkommen bis zur Beitragsbemes-           Das Ausgabenvolumen des AWBZ wird
1968 trat das „Allgemeine Gesetz für      sungsgrenze herangezogen. Die AWBZ-        jährlich geschätzt, um den Beitragssatz
besondere Krankheitskosten“ in Kraft,     Beiträge werden direkt vom Arbeitgeber     gegebenenfalls anzupassen. Der Aus-
welches in den Niederlanden als das       eingezogen und an das Finanzamt über-      gabenbetrag für das Jahr 2010 liegt
AWBZ – Algemene Wet Bijzondere            wiesen. Dieses leitet die Versicherungs-   bei 23,3 Mrd. Euro (Rijksoverheid und
Ziektekosten - bezeichnet wird. Durch     beiträge dann an die entsprechenden        Tweede Kamer der Staten- Generaal
dieses Gesetz und die darauf aufbauen-    Versicherer weiter. Die AWBZ Versiche-     2010). Häufig muss dieser Ausgaben-
de Versicherung sind Risiken der Lang-    rung muss beim gleichen Versicherer        betrag im Laufe des Jahres angepasst
zeitpflege, psychiatrische Erkrankungen   abgeschlossen werden, bei dem auch         werden. Das AWBZ trägt etwa 42% al-
oder chronische Erkrankungen abgesi-      die Krankenversicherung (ZVW) abge-        ler gesundheitsbezogenen Ausgaben in
chert.                                    schlossen wurde. Die Versicherer küm-      den Niederlanden (Hull et al. 2008).
Diese Pflegeversicherung ist mit der      mern sich vor allem um die administra-
zwei Jahrzehnte später in Deutschland     tive Durchführung. Der Beitragssatz in
eingeführten Pflegeversicherung nur be-   2012 liegt bei 12,15% des Bruttoein-
dingt vergleichbar. Das AWBZ deckt ein    kommens.
breiteres Risikospektrum ab und über-
nimmt nicht nur die Kosten, wenn je-      Die Beiträge zum AWBZ werden aus-
mand durch Alter, Krankheit oder Unfall   schließlich von den Versicherten getra-
zum Pflegefall wird, sondern beispiels-   gen, wobei Kinder unter 15 Jahren und
weise auch für den Aufenthalt in psych-   Personen ohne eigenes Einkommen
iatrischen Einrichtungen oder Langzeit-   beitragsfrei mitversichert sind.
aufenthalte in Krankenhäusern.

                                                                                                                         23
Der Pflegemarkt

      Wer bezahlt was im AWBZ? – eine grafische Zusammenfassung

                                            Bürger bezahlen AWBZ-Prämie an den Staat
                                               Bürger zahlen die Prämie via den Arbeitgeber
                                               Selbstständige zahlen die Prämie direkt an die Steuerbehörde
                                               Die AWBZ-Prämie beträgt 12,15% des Bruttoeinkommens, bis zu maximal € 33.000

                            Bürger          Bürger kaufen Pflege mit einem persönlichen Budget (pgb)
                                                Das CIZ untersucht die Bürger und bescheinigt das Recht auf ein pgb
                                                Bürger erhalten von dem Pflegebüro ein pgb um selbst Pflege einzukaufen

                                            Bürger bezahlen einen eigenen Beitrag an das CAK
                                                Bürger, die AWBZ-Pflege in Anspruch nehmen, zahlen einen eigenen Beitrag
                                                Die Höhe des eigenen Beitrages ist abhängig von Alter, Einkommen, Familiensituation etc.
                                                In 2010 betrug der maximale eigene Beitrag pro Monat für stationäre Pflege € 2.081,60

                                            Der Staat gibt die AWBZ-Prämie weiter an das CVZ (College voor Zorgverzekeringen)
                                                Der Staat überweist die Prämie in den durch das CVZ verwalteten Gesundheitsfonds (AFBZ)

                            Staat           Der Staat zahlt einen Kostenbeitrag (BIKK) an das CVZ
                                                Der Staat füllt die AWBZ-Prämien mit Geld aus allgemeinen Mitteln auf: dem BIKK
                                                Das BIKK kompensiert die verminderten Prämienerträge als Folge der Steuerreform von 2001
                                                Der Staat überweist das BIKK in den AFBZ
  Wer
 bezahlt                                    Der Staat bezahlt eventuelle Defizite im AFBZ
                                                Der AFBZ hat jährlich einen finanziellen Überschuss oder ein Defizit
 was im                                         Der Staat kompensiert Defizite aus der Staatskasse
                                                Der AFBZ zahlt Zinsen für Defizite an den Staat, in 2009 betrugen diese Zinsen € 34 Mio.
 AWBZ?

                                            Das CVZ gibt Geld für Pflegeansprüche weiter an das CAK
                             CvZ
                                                 Das CVZ verwaltet den AFBZ, woraus die AWBZ-Pflege bezahlt wird

                                            Das CVZ bezahlt die Pflegebüros (zorgkantoren)
                                                 Das CVZ zahlt pgb-Zuschüsse an die Pflegebüros

                                             Das CAK zahlt den eigenen Beitrag der Bürger weiter an das CVZ
                             CAK                Das CAK empfängt den eigenen Beitrag der Bürger und zahlt diesen weiter an das CVZ
                                                Der eigene Beitrag für stationäre Pflege betrug € 1,6 Milliarden in 2010
                                                Der eigene Beitrag für nicht stationäre Pflege betrug € 70,5 Millionen

                                             Das CAK bezahlt die Pflegeanbieter (z.B. Heimbetreiber)
                                                Das CAK bezahlt die Pflegeanbieter im Auftrag von den Pflegebüros (zorgkantoren)
                                                Das CAK bezahlt € 13,2 Milliarden für Pflege in Alten- oder Pflegeheimen, € 6,5 Milliarden für
                                                Behindertenpflege (in 2010) sowie € 1,7 Milliarden für langzeitige psychiatrische Pflege (GGZ)

                                             Die Pflegebüros (zorgkantoren) treffen Absprachen mit den Heimbetreibern
                                                 Pflegebüros treffen Absprachen mit den einzelnen Heimbetreibern über
                          Pflegebüros            die zu liefernde Pflege in der Region
                         Zorgkantoren            Pflegebüros geben Zahlungsaufträge an das CAK, um die Heimbetreiber zu bezahlen

                                             Pflegebüros bezahlen Bürger
                                                 Pflegebüros zahlen das persönliche Budget (pgb) an die Bürger

24
Der Pflegemarkt

                                                                Die Zahlungsströme im niederländischen Pflegemarkt

                                                              Bürger

                                                     AWBZ
                                                     Prämie

                                                                                                                Pfl
                             gb

                                                               Staat

                                                                                                                eg
                           np

                                                                                                                 ee
                        ge

                                                                                                                  ink
                       lun

                                                                                                                      au
                      zah

                                                                                                                      fp
                                                                                                                       gb
                      Be

                                                                             Zuschuss     Eigener
                                                                             AFBZ         Beitrag

                                                               CVZ
                                                            Kranken- und
                                                           Pflegeversiche-
                                                          rungsverwaltung
                              BZ
                pgb

                             e AW

                                                 Z
                                             AWB
               sse

                           rüch
              chü

                                        itrag
                        nsp
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                                           e
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                                      er B
                      Pfle

                                         n
                                    Eige

                               CAK                                                                                               Pflege-
 Pflegebüros             Zentrales
                      Verwaltungsbüro                                                                                            anbieter

  Pflege-                                                                               Altenpflege
versicherer
                                                                                        Behindertenpflege

                                                                                        Psychiatrische Pflege

                                                                                        Andere Pflege

                                                                                                                                        25
Der Pflegemarkt

4.4.   Ermittlung der Pflege-
bedürftigkeit

Ob ein Klient Anspruch auf die Leistun-
gen der Pflegeversicherung hat, stellt
das CIZ („Centrum Indicatiestelling
Zorg“) fest, welches im ganzen Land
Büros unterhält.
Das CIZ prüft die Pflegebedürftigkeit
der Patienten und stuft diese ein. Das
CIZ ist eine unabhängige Organisation
und muss feststellen, in welchem Um-
fang und auf welche Art der Pflege der
                                                                      Festgestellter
Patient ein Recht hat. Die medizinische                             Versorgungsbedarf
Diagnose zur Ermittlung der Pflegebe-                                nach dem AWBZ
dürftigkeit wird durch einen Haus- oder
Facharzt durchgeführt.

Bedarfsfeststellung durch das
CIZ

Als Grundlage für die Bedarfsermitt-
lung durch das CIZ wird anhand von
bestimmten Indikatoren der individuelle
Pflegebedarf ermittelt.
                                          Abbildung 9: Das Trichtermodell
                                          Schematische Darstellung der Bedarfsfeststellung durch das CIZ
Die Bedarfsfeststellung des CIZ erfolgt
                                          Quelle: IGES, nach (CIZ 2010)
durch das sogenannte „Trichtermodell“
(Abbildung 9).
Dabei wird zunächst der Status quo
der Lebenssituation und des Gesund-
heitszustands des Antragsstellers er-
hoben. Im nächsten Schritt wird der
Versorgungsbedarf festgestellt. Dabei
werden die bereits bestehenden Unter-
stützungsangebote betrachtet und an-
schließend ermittelt, wie hoch der Um-
fang der Leistungen sein sollte.

26
Der Pflegemarkt

Im ersten Schritt analysiert das CIZ        Im zweiten Schritt („Versorgungssitua-          Im vierten Schritt trifft CIZ die Ent-
die Situation eines potentiellen AWBZ-      tion des Versicherten“, Abb. 9) bestimmt        scheidung über die Pflege in einer Ein-
Empfängers. Es schaut nicht nur soma-       das CIZ, welche Maßnahmen für eine              richtung oder zu Hause.
tische, psycho-geriatrische und mentale     Versorgung des Patienten erforderlich           Das CIZ erstellt einen Bericht über die
Beschränkungen an, sondern auch die         sind.                                           Ergebnisse der Netto-Bedarfsfeststel-
Umstände, unter denen die Person lebt.      Das Ergebnis der Bedarfsfeststellung ist        lung und übermittelt diesen an das zu-
Die Umstände betreffen die Verfügbar-       zunächst der Brutto-Pflegebedarf, den           ständige lokale „Pflegebüro“, das zorg-
keit von „ üblicher Versorgung“ (gebrui-    der Antragsteller im Rahmen des AWBZ            kantoor.
kelijke zorg) und informeller Versorgung,   benötigt. Anschließend wird festgestellt,
sowie bestehende staatliche Unterstüt-      ob Teile dieses Pflegebedarfs durch             Die Bedarfsfeststellung des CIZ ist maxi-
zung.                                       bereits bestehende freiwillige informelle       mal fünf Jahre gültig, wobei die Periode
                                            Versorgung gedeckt werden können.               durch Veränderungen in der Pflegebe-
Unter „übliche Versorgung“ fallen Haus-                                                     dürftigkeit oder der Lebensumstände
haltsleistungen, kurzzeitige Versorgung     Dieser dritte Schritt betrifft die mögli-       verkürzt werden kann.
oder finanzielle Unterhaltsleistungen       che Rolle der freiwilligen (s.o.) Pflegeleis-
durch Angehörige oder andere im glei-       tungen. Familienmitglieder sollen zwar          Das zorgkantoor ist dafür verantwort-
chen Haushalt wohnende Personen.            die Pflegeleistungen im üblichen Aus-           lich, dass der Patient auch die entspre-
Durch den zunehmenden Ausbau des            maß erbringen, weitergehende Leistun-           chende Pflegeleistung tatsächlich erhält.
AWBZ, ist die Anzahl der Leistungs-         gen sind jedoch freiwillig. Somit besteht       Des Weiteren verhandelt das zorgkan-
bezieher ständig gestiegen und damit        für alle Leistungen, die das übliche Aus-       toor mit den Pflegeanbietern über die zu
einhergehend auch die Kosten. Um wei-       maß an informeller Pflege überschreiten,        liefernde Pflege und den dazugehörigen
tere Kostensteigerungen im Bereich der      ein Anspruch auf Erstattung durch das           Tarif. Sie erhalten ein Regionalbudget
Langzeitpflege zu vermeiden, wurden         AWBZ.                                           und sind angehalten, die Pflegeleistun-
die Zugangsbestimmungen zusehends           Das CIZ versteht unter „freiwilliger Ver-       gen so effizient wie möglich einzukaufen
verschärft.                                 sorgung“ (mantelzorg) die Versorgung            und innerhalb des vom VWS Ministe-
So wurde beispielsweise die informelle      durch beispielsweise Familie, Freunde           rium jährlich neu berechneten Budgets
Pflege durch Familienmitglieder in die      oder Nachbarn. „Freiwillige Versorgung“         zu bleiben.
Anspruchsvoraussetzungen mit einbe-         wird bei der Ermittlung des Netto-Be-           Die Kosten für stationäre Pflegeleistun-
zogen. D.h. wenn Familienmitglieder         darfs nur berücksichtigt, wenn sie zum          gen werden vom AWBZ Fonds bezahlt.
vorhanden sind, die Pflege in einem         Zeitpunkt der Ermittlung und nach Auf-
„üblichen“ Ausmaß leisten können, re-       fassung des CIZ auch dauerhaft und in
duzieren sich dadurch die Leistungen        hinreichender Qualität geleistet werden
des AWBZ.                                   kann.

                                                                                                                                 27
Der Pflegemarkt

4.5. Die verschiedenen Pflegestufen und deren Vergütung

CODE         TITEL                                          KUNDENPROFIL                          wöchentliche Pflege
                                                                                                  (in Stunden)
ZZP 1 VV     Beschütztes Wohnen                             somatische Krankheiten von unter-     3,0 bis 5,0 Stunden
             mit etwas Unterstützung                        schiedlicher Intensität

ZZP 2 VV     Beschütztes Wohnen                             somatische Krankheiten von unter-     5,5 bis 7,5 Stunden
             mit Unterstützung und Pflege                   schiedlicher Intensität
ZZP 3 VV     Beschütztes Wohnen                             somatische Krankheiten von unter-     9,5 bis 11,5 Stunden
             mit Unterstützung und intensiver Pflege        schiedlicher Intensität
ZZP 4 VV     Beschütztes Wohnen mit intensiver              psycho-geriatrische Krankheiten       11,0 bis 13,5 Stunden
             psychologischer Betreuung und Pflege
ZZP 5 VV     Beschütztes Wohnen mit intensiver Pflege       psycho-geriatrische Krankheiten       16,5 bis 20,0 Stunden
             bei Demenz
ZZP 6 VV     Beschütztes Wohnen mit intensiver              schwerwiegende somatische Krank-      16,5 bis 20,0 Stunden
             Behandlung und Pflege                          heiten (z.B. Parkinson, Hirnschäden
                                                            etc.)
ZZP 7 VV     Beschütztes Wohnen mit intensiver Pflege       schwerwiegende somatische oder        20,0 bis 24,5 Stunden
             von spezifischen Krankheiten mit Fokus auf     psycho-geriatrische Krankheiten
             Unterstützung                                  (z.B. schwere Demenz, Korsakow-
                                                            Syndrom etc.)
ZZP 8 VV     Beschütztes Wohnen mit intensiver Pflege       somatische Krankheiten in terminaler 24,0 bis 29,5 Stunden
             von spezifischen Krankheiten mit Fokus auf     Phase (z.B. Hurlington-Syndrom,
             Pflege                                         ALS, MS, starkes Rheuma etc.)
ZZP 9 VV     Rehabilitations-orientierte Behandlung und     sowohl somatische als auch psycho- 18,0 bis 22,0 Stunden
             Pflege                                         geriatrische Krankheiten, solange es
                                                            sich um einen Rehabilitations-Fall
                                                            handelt
ZZP 10 VV    Beschütztes Wohnen mit intensiv-terminaler     sowohl somatische als auch psycho- 26,5 bis 35,5 Stunden
             palliativer Pflege                             geriatrische Krankheiten

                                         Die Pflegepakete (ZZP’s)

                                         Das CIZ stellt für die stationäre Pflege
                                         den Pflegebedarf fest, und da nicht je-
                                         der gleichviel Pflege benötigt, gibt es
                                         eine Einteilung in 10 Pflegestufen, ZZP’s
                                         (Zorgzwartepakketten) genannt. Diese
                                         bestimmen, auf wie viele Stunden Pfle-
                                         ge pro Woche ein Patient ein Recht hat.

28
Der Pflegemarkt

 ZZP                     Tarif pro Tag                           Die Vergütung der Alten- und
                                                                 Pflegeheimbetreiber
 1VV                     € 58,55
 2VV                     € 74,77                                 Auch die Vergütung, die die Heime er-
                                                                 halten, hängt von den ZZP’s ab. Sie wird
                                                                 anhand der Pflegestufe bestimmt:

 ZZP                     Tarif pro Tag
                                                                 Diese Tarife gelten lediglich für die sta-
                         Patient ist nicht zugelassen            tionäre Pflege. Für die häusliche Pflege
                         für Behandlung*                         gelten andere Tarife.
 3VV                     € 90,49
 4VV                     € 103,27
 5VV                     € 141,51
 6VV                     € 141,55
 7VV                     € 166,62
 8VV                     € 194,20
 9VV                     € 137,76
 10VV                    € 212,42

 ZZP                     Tarif pro Tag
                         Patient ist zugelassen
                         für Behandlung**
 3VV                     € 113,18
 4VV                     € 125,96
 5VV                     € 165,38
 6VV                     € 165,42
 7VV                     € 197,39
 8VV                     € 224,97
 9VV                     € 196,15
 10VV                    € 243,20

Tabelle 7: Vergütung ZZP´s für „Verpleging & Verzorging“ (V&V)

*Tarif berücksichtigt nicht besondere medizinische Behandlung
**Tarif berücksichtigt besondere medizinische Behandlung

                                                                                                       29
Der Pflegemarkt

4.6. Das Persönliche Budget                Zu den Bereichen, für die im Rahmen           Auch Familienmitglieder und Freunde
(PGB)                                      eines Persönlichen Budgets Unterstüt-         können mit dem Persönlichen Budget
                                           zung in Anspruch genommen werden              beschäftigt und vergütet werden. Die
In 1995 wurde das PGB eingeführt, wel-     konnte, zählten:                              externen, qualitätssichernden Maßnah-
ches Pflegebedürftigen die Möglichkeit                                                   men im Rahmen des PGB beschränken
gab, sich über ein persönliches Pflege-    •   persönliche Versorgung (z.B. Hilfe        sich auf professionelle Leistungsanbie-
budget zu Hause pflegen oder betreu-           beim Duschen, Toilettengang, An-          ter, die auch Sachleistungen erbringen.
en zu lassen. Diese zweckgebundene             und Auskleiden, Rasieren, Essen           Diese unterliegen dem Qualitätsgesetz
Geldleistung wurde als Folge eines als         und Trinken),                             für Anbieter im Gesundheitswesen
erfolgreich bewerteten Modellversuchs      •   Pflege (z. B. Wundversorgung, In-         (Kwaliteitswet zorginstellingen) und wer-
mit dem Ziel, das Ausmaß der Selbst-           jektionen),                               den durch die Inspektion im Gesund-
bestimmung der Pflegebedürftigen zu        •   Begleitung, evtl. in Verbindung mit       heitswesen (Inspectie voor de Gezond-
erhöhen, eingeführt. Die Bezieher des          Transport (z. B. Unterstützung, den       heidszorg) kontrolliert.
persönlichen Budgets konnten frei wäh-         Tagesablauf zu strukturieren und
len, welchen staatlich zugelassenen            die Regie über das eigene Leben zu        Das Persönliche Budget unterlag ei-
Pflegeleistungsanbieter sie in Anspruch        ermöglichen, Tagesaktivitäten) und        ner jährlich festgelegten Deckelung,
nehmen wollen oder ob sie lieber eine      •   kurzzeitiger Verbleib in einer Institu-   mit deren Hilfe die Ausgabenentwick-
von ihnen bestimmte private Person an-         tion bis zu maximal 6 Tage pro Wo-        lung kontrolliert werden sollte. Dies war
stellen mochten.                               che (z.B. im Falle von kurzfristiger      möglich, da das AWBZ das Recht auf
                                               Krankheit der Pflegeperson).              Sachleistung garantiert, auf das Persön-
Wie bei anderen Pflegeleistungen auch,                                                   liche Budget aber kein Rechtsanspruch
war ein medizinisches Gutachten erfor-     Um Sachleistungen anbieten zu können,         bestand.
derlich, um das persönliche Budget zu      bedarf es in den Niederlanden einer Zu-       Die Gesamtzahl von PGB-Budgethal-
erhalten. Das zorgkantoor bestimmte        lassung (Wet Toelating Zorginstellingen).     tern stieg von 13.000 in 1998 auf bei-
auf Grundlage des CIZ-Ergebnisberichts     Die einzigen rechtlichen Regelungen, die      nahe 150.000 in 2008. In 2008 machte
die Höhe des PGBs.                         bei der Erbringung von Leistungen im          das PGB 20% des gesamten AWBZ-
                                           Rahmen des PGB berücksichtigt wer-            Gebrauchs aus und 10% (€ 2,1 Milliar-
Das Persönliche Budget wurde anhand        den müssen, sind hingegen allgemeine          den) der Gesamtkosten des AWBZ.
eines Tarifsystems je Leistungsart be-     niederländische Gesetze, die sich bspw.
rechnet. Die Höhe des Bedarfs wurde        mit Arbeitsrecht, Brandschutz oder Hy-
in Stunden ermittelt und in Klassen ein-   giene befassen. Es existieren also keine
gestuft. Für jede Klasse je Leistungs-     spezifischen rechtlichen Regelungen in
art wurden jährlich vom Ministerium        Bezug auf die Leistungserbringung im
für Volksgesundheit (VWS) Euro-Tarife      Rahmen des PGB und die für analoge
auf Jahresbasis festgelegt (AWBZ Art.      Sachleistungen geltenden Regelungen
2.6.6) (vgl. Tabelle 6).                   sind auf die Leistungserbringer im PGB
                                           nicht anwendbar.
                                           Eine formelle Ausbildung des von Bud-
                                           gethaltern beschäftigten Personals ist
                                           nicht vorgeschrieben und 72% der im
                                           Rahmen des PGB tätigen Personen ha-
                                           ben keine Ausbildung in einem Pflege-
                                           beruf.

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