Ausgewählte heimische Heilpflanzen und ihre Wirkung auf Mensch und Tier
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Ausgewählte heimische Heilpflanzen und ihre Wirkung auf Mensch und Tier Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Naturwissenschaften an der Karl-Franzens- Universität Graz vorgelegt von Marie Lena HATTINGER am Institut für Biologie Begutachterin Ao. Univ.-Prof. Dr.phil. Maria Müller Graz, 2021 1
Inhalt Abstract und Kurzzusammenfassung .................................................................................................. 3 Vorwort ............................................................................................................................................... 4 Einleitung ............................................................................................................................................. 5 1. Geschichte der Phytotherapie für Mensch und Tier ................................................................... 6 1.1. Geschichte der Phytotherapie in der Humanmedizin ................................................................. 6 1.2. Geschichte der Phytotherapie in der Veterinärmedizin.............................................................. 8 2. Wirkstoffgruppen ...................................................................................................................... 11 2.1. Alkaloide .................................................................................................................................... 13 2.2. Bitterstoffe ................................................................................................................................ 13 2.3. Ätherische Öle ........................................................................................................................... 15 2.4. Flavonoide ................................................................................................................................. 15 2.5. Gerbstoffe.................................................................................................................................. 16 2.6. Glykoside ................................................................................................................................... 17 2.7. Saponine .................................................................................................................................... 18 2.8. Schleimstoffe ............................................................................................................................. 18 2.9. Senföle ....................................................................................................................................... 19 3. Ausgewählte Pflanzen ............................................................................................................... 21 3.1. Baldrian...................................................................................................................................... 21 3.2. Beinwell...................................................................................................................................... 23 3.3. Blutwurz .................................................................................................................................... 26 3.4. Brennnessel ............................................................................................................................... 27 3.5. Eibisch ........................................................................................................................................ 29 3.6. Löwenzahn................................................................................................................................. 30 3.7. Mariendistel .............................................................................................................................. 32 3.8. Schachtelhalm ........................................................................................................................... 34 3.9. Sonnenhut ................................................................................................................................. 35 3.10. Spitzwegerich ............................................................................................................................ 37 3.11. Thymian .................................................................................................................................... 39 4. Interviews .................................................................................................................................. 41 4.1. Dr. Eva Fürnschuß - Vet. Med. und ganzheitliche Tierheilpraktikerin ...................................... 41 4.2. Ina Wähner, Verbandsbüroleiterin für Verband deutscher Tierheilpraktiker .......................... 47 4.3. Dipl. Ing. Agrar Tanja Bader -Tierheilpraktikerin in Deutschland .............................................. 53 4.4. Mag. Peter Sallegger - Pharmazeut ........................................................................................... 57 5. Resümee ........................................................................................................................................ 66 2
Abstract und Kurzzusammenfassung This diploma thesis is about local medical plants and their impact on humans and animals. In the first part you read about the historical background of human medicine and veterinary medicine. After this the most important active components of secondary plant substances are presented. The subsequent chapters contain information like environment, plant substances, appearance, usage and the impact on humans and animals of selected local plants. The cat, as a pure carnivore, holds an exceptional position in the treatment with plant-based medicine. Finally, you find four interviews of specialists about the usage of phytotherapy. The first one is with an Austrian veterinarian with some background of alternative practices. The following two are with German alternative practitioners for animals as in Germany it is allowed to practice this profession without support of a veterinarian. The last interview was done with an Austrian pharmacist with long experience in a plant-based therapy for animals. Diese Diplomarbeit befasst sich mit heimischen Heilpflanzen und deren Anwendung bei Menschen und Tieren. Zu Beginn wird der historische Hintergrund von Human- sowie Veterinärmedizin dargelegt. Anschließend werden die wichtigsten Wirkstoffgruppen der sekundären Pflanzenstoffe vorgestellt. Darauf folgt die Präsentation einiger ausgewählter heimischer Heilpflanzen. Dies beinhaltet deren Vorkommen, die wichtigsten wirksamen Pflanzenstoffe, den Phänotyp, die Anwendungsweise und die Wirkungsweise bei Mensch und Tier. Hierbei nimmt die Katze als reiner Fleischfresser eine Sonderstellung in der Behandlung mit pflanzenbasierter Medizin ein. Abschließend finden sich vier Interviews mit Spezialisten auf dem Gebiet der Phytotherapie. Das erste zeigt die Erfahrungen einer österreichischen Veterinärmedizinerin mit einer Zusatzausbildung zur Tierheilpraktikerin. Die beiden folgenden wurden mit deutschen Tierheilpraktikerinnen geführt. Im Gegensatz zu Österreich, wo nur in Kombination mit veterinärmedizinischer Ausbildung bzw. in Kooperation mit einem Veterinärmediziner praktiziert werden darf, kann diese Tätigkeit in Deutschland unabhängig ausgeübt werden. Das letzte Interview wurde mit einem österreichischen Pharmazeuten geführt, dessen Interessen und Ursprünge in der Behandlung von Tieren durch Heilpflanzen liegt. 3
Vorwort Bereits in meiner Kindheit drehte sich für mich alles um den Umgang mit Tieren. Wäre es also nach mir gegangen, hätten wir einen ganzen Bauernhof unser Eigen nennen können. Zu meinem Glück wohnten bei uns dann doch zumindest Katzen, ein Hund, ein paar Fische und ein Hase. Der Rest musste über häufige Zoobesuche abgedeckt werden. Auch die Leidenschaft zum Reiten entdeckte ich früh und so wurden häufig Ausflüge auf den Reiterhof gemacht. In meiner Jugend kaufte ich mir schließlich mein erstes eigenes Pferd. Leider war es nicht mehr das Jüngste und brachte einiges an Wehwehchen mit. Als sich die Tierarztrechnungen schließlich häuften, versuchte ich mich immer öfter an Phytotherapie als unterstützende Maßnahme. Zu dieser Zeit begann ich auch mein Biologie-Studium, in welchem ich mich sehr für Heilkräuter interessierte – die jedoch nur wenig bis gar keine Erwähnung im Curriculum fanden. So begann ich mich selbst, zusätzlich zu allgemeinen Ernährungsthemen, mit dem Einsatz von Phytotherapie zu befassen und die Sammlung an Büchern zu diesem Thema vergrößerte sich explosionsartig. Meine Behandlungsversuche machte ich an Mensch und Tier, wobei ich bei beiden gute Erfolge verzeichnen konnte. Schließlich beschloss ich, meine Diplomarbeit zu diesem Thema zu verfassen, um meinen laienhaften Versuchen etwas mehr Hintergrundwissen und Expertenerfahrungen zu verleihen. Aus diesem Grund finden sich in der Arbeit auch vier Interviews ausgewählter Spezialisten in diesem Bereich. Zur Anwendung der Phytotherapie bei Tieren gibt es leider kaum Literatur, da dies momentan auch im veterinärmedizinischen Studium kaum vorgesehen ist. Besonders bei Nutztieren könnte dabei oft auf einen großen Erfahrungsschatz bäuerlicher Betriebe aus früheren Zeiten zurückgegriffen werden. Schriftlich überliefert ist davon allerdings kaum etwas und somit besteht die Gefahr, dass Vieles für immer verloren sein könnte. Diese Arbeit ist auch vom Anliegen getragen, diesem Vergessen etwas entgegenzuhalten. 4
Einleitung Die Phytotherapie beschreibt, als Teilbereich der Heilpflanzenkunde, den Einsatz von Pflanzen, bzw. Pflanzenbestandteilen, wie Blättern, Blüten, Rinden, Samen oder Wurzeln zur Gesunderhaltung oder Therapierung von Erkrankungen (BRENDIECK- WORM, MELZIG 2018, 26F.). Die Heilpflanzenkunde setzt sich neben der Phytotherapie noch aus Bereichen der Phytochemie, Phytopharmazie sowie der Phytopharmakologie zusammen. Zusätzlich befasst man sich – neben der Pflanze selbst – mit deren Lebensbedingungen und ihrer stofflichen Zusammensetzung (FINTELMANN, WEISS 2006, 4). Die eingesetzten Pflanzen werden dann als Arznei- oder Heilpflanzen bezeichnet. Dies basiert auf aktuellen Erkenntnissen und Erfahrungen. Die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wird hierbei laut Arzneimittelgesetz unter dieselben Ansprüche gestellt wie synthetische Arzneimittel. Die Natur hat hierbei ein großes Spektrum an Heilpflanzen zur Verfügung gestellt, was eine individuelle und auch ganzheitliche Therapierung ermöglicht. Aufgrund der Komplexität von Arzneipflanzen kann das Wirkstoffgemisch eine Multi-Target-Wirkung, also eine übergreifende Wirksamkeit entfalten, wobei synthetische Therapeutika nur eine spezifische Wirkungsweise (Mono-Target) haben. Im Vergleich hierzu zeigen Phytotherapeutika auch deutlich weniger unerwünschte Arzneiwirkungen als synthetische Produkte und eignen sich auch aufgrund der geringen Toxizität für den präventiven Einsatz, für Langzeittherapien sowie infolgedessen auch für die Behandlung chronischer Krankheiten. Die oft unterstellte geringere Wirkung von Arzneipflanzen resultiert aus einem monokausalen Denken. Phytotherapie wirkt ganzheitlich und nicht auf eine einzelne Symptomatik. Viele Patienten profitieren gerade von diesem breiten Wirkspektrum, das mit herkömmlichen Arzneimitteln nur durch eine Kombination einzelner Medikamente zu erreichen wäre und oft erhebliche Risiken mit sich bringt. Ein spezifisch wirkendes synthetisches Arzneimittel kann somit auch nicht in derselben Wirkungsweise durch ein pflanzliches Präparat ersetzt werden, da das Wirkspektrum ganz anders ausgerichtet ist. In der Regel strebt die Phytotherapie an, durch eine präventive und unterstützende Medikation, den Einsatz von nebenwirkungsreichen Synthetika verhindern (BRENDIECK-WORM, MELZIG 2018, 26F.). 5
1. Geschichte der Phytotherapie für Mensch und Tier 1.1. Geschichte der Phytotherapie in der Humanmedizin Die Phytotherapie hat ihre Ursprünge bereits in jahrtausendealten Medizinsystemen. Bereits bei Ausgrabungen von Frühmenschen, die vor fast 400 000 Jahren in Mitteldeutschland lebten, fand man Pflanzenreste. Dies lässt vermuten, dass es bereits damals eine ausgeprägte Heilpflanzenkunde gab (WOLTERS 1999, 80). Eindeutig konnte man dies bereits bei den Neandertalern vor rund 60 000 Jahren feststellen, wobei ein Fund im kurdischen Irak aufgrund der Pollenanalyse bestätigt, dass der Verstorbene auf Heilpflanzen bestattet wurde. Alle in diesem Zusammenhang gefundenen Pflanzen werden auch heutzutage noch in der Phytotherapie eingesetzt (PABST 2013, 80). Die Therapie mit Pflanzenheilmitteln ist in allen kulturell verankerten Medizinsystemen der Erde anzutreffen. Dies reicht von der chinesischen, tibetanischen und indisch-ayurvedischen Medizin (FINTELMANN, WEISS 2011, 5) bis hin zur traditionell europäischen Medizin (TEM). Bereits ca. 3000 v. Chr. wurden in Mesopotamien pflanzliche Rezepturen in Keilschrift niedergeschrieben. Zeitgleich wurden in Indien Kräutergärten angelegt. Ca. 2600 v. Chr. verordnete der ägyptische Arzt, Priester und Baumeister Imhotep den Arbeitern beim Pyramidenbau Rettich, Knoblauch und Zwiebel zum Schutz vor Infektionskrankheiten und der Papyrus Ebers (ca. 2600 v. Chr.) enthält 877 erwähnte Heilpflanzen. Typisch für die ägyptische Medizin war die sogenannte Dreckapotheke. Dies war eine Art Antibiotikum, welches aus Friedhofserde, die reich an Streptomyces-Arten war, gewonnen und zur Behandlung von Wunden eingesetzt wurde. Im 5. Jhdt. v. Chr. gab der bekannteste Arzt des griechischen Altertums Hippokrates in seiner Schriftensammlung Corpus hippocraticum genaue Anleitungen für die Verwendung pflanzlicher Heilmittel (BÄUMLER 2006, 3). Er betrachtete den Menschen als Gesamtes und sah Krankheiten als ein Ungleichgewicht der Körpersäfte an. Dies bezeichnet man als die Viersäftelehre. Sein Ziel war nicht nur die Behandlung der Krankheit, sondern des ganzen Menschen durch Diät und die Verabreichung pflanzlicher Drogen (Focus online, 2016). Griechische Ärzte brachten die Pflanzenheilkunde um 128 v. Chr. 6
schließlich ins Römische Reich. Dioskurides verfasste eine fünfbändige Arzneimittellehre, die Materia medica, welche an die 800 Arzneimittel großteils pflanzlichen Ursprungs mit 4000 Anwendungsgebieten beschrieb (BÄUMLER 2006, 3). Galen, der Leibarzt des römischen Kaisers (FINTELMANN, WEISS 2006, 5), ordnete ca. 160 n. Chr. Pflanzen erstmals bestimmte Qualitäten zu und legte so einen Grundstein für das pharmakologische Verständnis. Ebenso beschrieb er einen Wirkungsgrad der Pflanze in vier Stufen. Im Mittelalter, nach dem Untergang des weströmischen Reichs, ging ein Großteil des Wissens aus dem Altertum verloren. Die Verwendung von Heilpflanzen hatte keinen großen Stellenwert mehr und die Nutzung wurde sogar als etwas Böses angesehen. Im Vordergrund standen nun Behandlungsmethoden wie Schröpfen, Klistiere und Aderlässe. Trotz alldem förderte Karl der Große (747-814) den Bau von Heilkräutergärten in Klöstern. Diese waren zugleich der Sitz des medizinischen Wissens. Im 12. Jahrhundert verbindet Hildegard von Bingen in ihren Rezepten Klostermedizin mit der traditionellen Volksheilkunde. Im 16. Jhdt. trat schließlich Paracelsus als Begründer der modernen Naturheilkunde auf. Er beschrieb alle Wiesen und Berge als Apotheken. Er nutzte vorwiegend Heilpflanzen und begründete die Signaturenlehre, die einen Zusammenhang der äußeren Gestalt und der Wirkungsweise bei bestimmten Krankheiten herstellte. Nach der Erfindung des Buchdrucks in der Neuzeit konnte das Wissen nun einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Das erste, mit Holzschnitten illustrierte Kräuterbuch in deutscher Sprache wurde vom Arzt Wonnecke von Kaub verfasst. Erst 1532 wurde das erste Kräuterbuch, das die Kräuter nach Familien ordnete, vom Arzt Otto von Brunfels verfasst. Dies brachte ihm den Namen als „Vater der Botanik“ ein. Zwischen dem 16. und 17. Jhdt. kamen vermehrt Pflanzen über den Seeweg von Indien und Amerika nach Europa. Zu dieser Zeit waren die Mediziner stark von der Vier-Säfte- Lehre des Hippokrates geprägt. Mit der Entwicklung der Naturwissenschaften trat im 19. Jhdt. eine entscheidende Wende ein. Durch die Extraktion des Morphins, also der schlafmachenden Wirkung des Mohns, war der Stoffnachweis der modernen Phytotherapie durch den Apotheker Friedrich Wilhelm Sertürner geglückt. Durch die rasante Entwicklung der Chemie wurde die Entwicklung chemisch-synthetischer Arzneimittel möglich und drängte die Phytotherapie insbesondere seit der Mitte des 20. Jahrhunderts stark zurück. Sebastian Kneipp gab im 19. Jhdt. mit der Wasserkur ergänzende therapeutische Impulse zur traditionellen Heilpflanzenkunde. Rudolf Fritz Weiß gründet den ersten Lehrstuhl für das Fachgebiet der Phytotherapie und stellt die 7
Heilpflanzenkunde so auf eine wissenschaftliche Basis. Damit legte er auch den Grundstein für die Anerkennung in der Schulmedizin. Heutzutage ist die Phytotherapie wichtiger Bestandteil vieler Therapiekonzepte. Etwa 10% der verordneten Medikamente lassen sich den Phytopharmaka zuordnen, was aus Sicht eines großen Teils der Bevölkerung auch erwünscht und favorisiert wird (BÄUMLER 2006, 3FF.). Aus medizinischer Sicht hat die TEM ihren Ursprung zwar in Asien, wurde dann aber über das imperiale Rom, genauer durch Galen, dem Leibarzt des römischen Kaisers, und schließlich durch Dioskurides, der das erste Kräuterbuch der westlichen Welt schrieb, durch die Vier-Säfte-Lehre und natürlich von Paracelsus und Hildegard von Bingen weitergetragen. Aus ethnologischer Sicht hatte allerding jede Ethnie, jede Kultur und jeder Stamm seine eigene vollkommen Heilkunde, die stark mit den örtlichen Gegebenheiten korreliert. So wurden viele Erfahrungen diesbezüglich über den Volksmund weitergegeben und haben einen starken Einfluss der Eingeborenenvölker Mitteleuropas. Dies umfasst vorchristliche Ethnien wie Kelten, Germanen, Slawen und Balten, welche vorwiegend im oder am Waldrand lebten. Die Natur bot ihnen hier alles, was für ein Überleben notwendig war, somit eben auch Pflanzen, die zu Heilungszwecken dienlich waren. Wenig überraschend ist es also, dass sich die spirituelle Welt dieser Völker auf Naturgeister und das Eigenleben des Waldes fokussierte (Vgl. STORL 2017, 7-23). Nicht nur in Europa entwickelte sich eine Art Volksmedizin aus den Überlieferungen der Urvölker. Ebenso verhielt es sich mit den Medizinmännern Afrikas, Nord- und Südamerikas sowie Ozeaniens, welche ihre Heilkräfte aus der Nutzung von Pflanzen bezogen. Viele dieser Pflanzen, wie die Echinacea oder die Teufelskralle, haben ihren Weg auch in die heutigen Anwendungsgebiete gefunden (FINTELMANN, WEISS 2011, 5). 1.2. Geschichte der Phytotherapie in der Veterinärmedizin Pflanzen bilden die Basis für jegliches tierische Leben. Sie dienen seit jeher der Ernährung, Gesunderhaltung und Medikation von Beschwerden. Besonders bei den beiden letztgenannten Punkten spielen die sekundären Pflanzenstoffe eine tragende Rolle. Sie dienen der Pflanze als Schutz vor Fraßfeinden oder auch Umwelteinflüssen. 8
Der Geruchs- und Geschmackssinn, welche bei Tieren meist deutlich besser ausgeprägt sind als beim Menschen, dienten schon immer der Selektion von Nahrung. Mit ihrer Hilfe lässt sich oft der Unterschied zwischen toxischen und wohltuenden Pflanzen ausmachen. Durch Erfahrung und Instinkt konnte sich so eine Selbstmedikation bei Mensch und Tier entwickeln. Ebenso passten sich im Laufe der Evolution Körpermechanismen, wie Metabolisierung, Detoxifikation und Resorption der pflanzlichen Nahrung an. Dies hatte Auswirkungen auf Immunsystem und Stoffwechsel. Mittlerweile sind sekundäre Pflanzenstoffe also ein wesentlicher Bestandteil der Gesunderhaltung aller, sich von Pflanzen ernährenden Organismen. Tiere wählen bei Befindungsstörungen oft instinktiv Pflanzen, die der Linderung dieser dienen. Besonders konnte der Vorgang der Selbstmedikation bei Primaten beobachtet werden, die bis zu 20% ihrer Nahrung in Form von Kräutern und Früchten aufnehmen, welche keinen nennenswerten Nährwert für sie bedeutet, allerdings antibakterielle, antivirale, antiparasitäre oder immunstimulierende Eigenschaften aufweist (BRENDIECK-WORM, MELZIG 2018, 28). Die eigentliche pflanzliche Behandlung von Tieren durch den Menschen begann mit der Domestikation von Wildtieren. Hierdurch konnten auch die Wirkungsweisen an Tieren genauer beobachtet werden. Das erste domestizierte Tier war der Wolf vor etwa 135 000 Jahren. Durch seinen Nutzen für den Menschen war sein Wert groß genug, ihn bei Erkrankungen und Verletzungen medizinisch zu versorgen. Aufzeichnungen darüber lassen sich aus Zeiten finden, in welchen die Reichen und Herrschenden den Hund zur Jagd einsetzten. Als Beginn der Veterinärmedizin konzentrierten sich Mediziner allerdings vermehrt auf Nutztiere, da der Hund durch seine Kurzlebigkeit und einfacher Ersetzbarkeit keine große Rolle für sie spielte. Die Domestikation von Nutztieren sowie die Kultivierung von Pflanzen hingegen ermöglichten es den Menschen vor rund 100 000 Jahren sesshaft zu werden. Nun hing also das Schicksal der Menschen auch vom Wohlbefinden der Tiere ab. Domestiziert wurden besonders Tiere, die umgänglich bzw. vom Menschen beherrschbar, schnellwüchsig und nicht wählerisch in der Ernährung waren. Ebenso spielte es eine Rolle, dass sich diese Tiere auch in Gefangenschaft fortpflanzten. Bereits um 1850 vor Chr. fand man das älteste Schriftzeugnis der Tierheilkunde, den Veterinärpapyrus von Lahun, in welchem Räucherungen und Einreibungen bei Rindern beschrieben wurden. Daraufhin entwickelten sich zwischen dem zweiten Jahrhundert v. Chr. und dem 5. Jahrhundert nach Chr. umfangreiche Schriften zur Behandlung von Haustieren, insbesondere der 9
Pferdeheilkunde. Die Sesshaftwerdung, und damit auch die große Anzahl an Tieren und Menschen auf begrenztem Raum, brachte jedoch auch Seuchen und Zoonosen mit sich. Häufig trugen Wildtiere Krankheiten in sich, welche erst bei der Übertragung auf domestizierte Artgenossen und Menschen Symptome zeigten. Tiere, die in ihrer natürlichen Umgebung und deren Lebensrhythmus eingeschränkt sind, zeigen eine deutlich höhere Krankheitsanfälligkeit. Beispiele von Krankheiten, die durch das enge Zusammenleben übertragen wurden, wären Milzbrand, Tuberkulose und vermutlich auch Pocken, Pest, Masern und Grippe. Die Eindämmung dieser ist hauptsächlich auf die verbesserten Hygienemaßnahmen, insbesondere auf die Verwendung von Desinfektionsmittel, Antibiotika, Antiparasitika und Rodentiziden zurückzuführen (BRENDIECK-WORM, MELZIG 2018, 28F.). Die Wahl der kultivierten Pflanzen fiel auf Sorten, welche eine hohe Dichte an Nährstoffen wie Fetten, Eiweißen und Kohlenhydraten aufwiesen. Weitere Kriterien stellten die Lagerfähigkeit, die Haltbarkeit, sowie der unkomplizierte Anbau dar. Die Ernährungsweise der domestizierten Tiere änderte sich dadurch stark und auch die Pflanzeninhaltsstoffe veränderten sich mit den Züchtungen. Häufig wurden sekundäre Pflanzenstoffe als störend empfunden und ausselektiert. Durch Selektion und die starke Bewirtschaftung von Viehweiden kam es zu einem Zurückdrängen der Pflanzenarten mit einer hohen Menge an Sekundärstoffen. Stattdessen breiteten sich wenig vielfältige Kulturgräser immer weiter aus. Auch aus diesem Grund kam es schließlich zu einer Trennung zwischen kalorienreichen Kulturpflanzen und sekundärstoffreichen Wildpflanzen, die für die Therapie von Erkrankungen genutzt wurden. Einzig Gewürze hielten ihre Stellung zwischen dieser Trennung. 10
2. Wirkstoffgruppen Abbildung 1 Zusammenhang zwischen Primär- und Sekundärstoffwechsel der Pflanze. Eine Pflanze besitzt primäre und sekundäre Pflanzenstoffe. Die primären bezeichnen Stoffe wie Eiweiße, Fette oder Kohlenhydrate, sekundäre Pflanzenstoffe hingegen erfüllen für die Pflanze Funktionen wie die Abwehr von Fraßfeinden, Schädlingen oder Krankheiten, sowie die Anlockung von Bestäubern. Sie wirken als Verdunstungsschutz, Farb- Geruchs- und Geschmacksstoff. Diese sekundären Pflanzenstoffe werden in der Phytotherapie als Heilmittel genutzt und können in verschiedene Wirkstoffgruppen eingeteilt werden (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 41). Die Abbildung 1 zeigt hierzu den Zusammenhang zwischen Primär- und Sekundärstoffwechsel, wobei vor allem aus Acetyl-CoA, Pyruvat und aromatischen Aminosäuren die Hauptgruppen des sekundären Metabolismus, Terpenoide, Phenole und Alkaloide hergestellt werden (JAROSCH 2019, 139). Pflanzliche Heilmittel sind – im Vergleich zu chemisch hergestellten Arzneimitteln – Vielstoffgemische, die erst im Zusammenspiel ihre spezifische Wirkung entfalten. Die Inhaltsstoffe sind für die pharmakologische Wirksamkeit in unserem Körper verantwortlich, und obwohl in der 11
Beschreibung einer Pflanze meist ein Hauptwirkstoff angeführt ist, so wirkt dieser isoliert oft anders als im pflanzlichen Komplex. Ebenso weisen Pflanzen Ballast- oder sogenannte Begleitstoffe auf, die unter anderem beeinflussen, wie schnell oder langsam Wirkstoffe in den Organismus aufgenommen werden. Auch dies ist eine Besonderheit pflanzlicher Arzneimittel. Die Wirkstoffe einer Heilpflanze sind meist nicht gleichmäßig über die Pflanze verteilt, sondern kommen oft akkumuliert in Blüte, Wurzel, Rinde, Blättern oder Samen vor. Ein Nachteil von pflanzlichen Heilmitteln kann der Wirkstoffgehalt sein, welcher sich nach Klima, Ernte und Standort richtet. Dieser kann durch sorgfältige Aufbereitung und das Sammeln zur richtigen Zeit jedoch größtenteils vermindert werden. Durch richtige Zubereitung und Lagerung verlieren die Pflanzen auch beim Trocknen nur wenig an Wirksamkeit. In der Phytotherapie wird häufig das Wort Droge verwendet, welches sich vom altdeutschen Wort für trocken ableitet und hier somit kein Sucht- oder Rauschmittel beschreibt, sondern aufbereitete, getrocknete Heilpflanzen oder Teile davon (BÜHRING 2015, 14). Hiervon leitet sich auch der Begriff des „Drogisten“ ab (PAHLOW 2016, 27). Die meisten Pflanzen mit den in diesem Kapitel angeführten Wirkstoffgruppen können sowohl Mensch als auch Tier verabreicht werden. Da sich die Tierwelt parallel zur Pflanzenwelt entwickelt hat, haben die meisten Tierarten im Lauf der Evolution gelernt, sich über die Nahrung selbst zu heilen und die Inhaltsstoffe der Pflanzen für sich zu nutzen. Besonders Pflanzenfresser haben zudem Mechanismen entwickelt, um Überdosierungen von sekundären Pflanzenstoffen durch spezielle Ausscheidungsmöglichkeiten entgegenzuwirken. Allesfressern, wie dem Affen und dem Menschen, stehen diese Strategien zur Entgiftung in einem deutlich geringeren Maß zur Verfügung (BRENDIECK- WORM, KLARER, STÖGER 2015, 41). Eine Ausnahme zu den übrigen Tierarten bildet die Katze, auf welche die meisten Pflanzenwirkstoffe toxisch wirken, da ihr evolutionärer Weg einen reinen Fleischfresser hervorgebracht hat, welchem das Enzym zur Ausscheidung vieler sekundärer Pflanzenstoffe fehlt. Als Folge treten Vergiftungserscheinungen und Schäden der Leber und Niere auf (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 62). 12
2.1. Alkaloide Alkaloide sind meist sehr stark wirkende Stoffe, die auch als Heilgifte bekannt sind. Wie schon Paracelsus postulierte, "Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei." – oder kurz gesagt „Die Dosis macht das Gift“ (FLEXICON) wobei die meisten Alkaloidpflanzen aufgrund ihrer ausgeprägten Wirkung auf das Nervensystem zu starken Psychopharmaka zählen, entsprechende Nebenwirkungen aufweisen und somit rezeptpflichtig sind. Aus diesen Gründen sind sie für die Selbstmedikation üblicherweise ungeeignet (BÜHRING 2015, 30). Sie wirken primär über das zentrale und vegetative Nervensystem und ähneln in ihrer Struktur den körpereigenen Neurotransmittern. Beispiele hierfür sind: o Atropin der Tollkirsche o Colchizin der Herbstzeitlose o Morphin des Schlafmohns Als ungiftige Nebenwirkstoffe kommen sie in geringer Menge auch in anderen Heilpflanzen vor, wo sie die Heilwirkungen der Pflanze unterstützen, ohne selbst hervorzutreten (PAHLOW 2016, 27). Pyrrolizidinalkaloide, wie sie in Huflattich oder Beinwell vorkommen, sind spezifische Alkaloidverbindungen, die keine therapeutische Wirkung haben, jedoch bei Überdosierung giftige Stoffwechselprodukte bilden können. Aus diesem Grund werden sie oft nicht innerlich, oder nur über einen begrenzten Zeitraum angewendet (BÜHRING 2015, 30). 2.2. Bitterstoffe Sie sind Hauptbestandteile vieler alter Lebenselixiere und werden schon lange in der Volksheilkunde für ihre kräftigende Wirkung geschätzt. Im Allgemeinen regen sie Appetit und die Produktion von Verdauungssäften an, womit sie Verdauungsfördernd, entblähend und fäulnishemmend wirken. Ebenso erleichtern sie die Resorption von Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien und helfen, das Säure-Basen-Gleichgewicht sowie das vegetative Nervensystem des Körpers zu regulieren und auszugleichen. Besonders für ältere Menschen bringen sie durch die tonisierende Wirkung und die Förderung der Durchblutung von Herzkranzgefäßen und Extremitäten Erleichterung. Auch im Tierreich nehmen ältere Individuen Bitterstoffdrogen eher auf als Jungtiere, mit der erneuten Ausnahme von Katzen, welche diesen gänzlich abgeneigt sind und 13
deshalb auch nicht verabreicht werde sollten (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 36). Problematisch können Bitterstoffe bei Überreizung von Magen und Darm sowie bei Gallesteinen wirken (BÜHRING 2015, 33F.). Aufgrund ihres Geschmackes werden sie von Menschen und Tieren ungerne aufgenommen und dienen der Pflanze ursprünglich als Fraßschutz. In der Phytotherapie werden nur Pflanzen als Bitterstoffdrogen bezeichnet, deren Wirksamkeit allein auf das Vorhandensein von Bitterstoffen zurückgeführt werden kann. Diese werden auch „Amara“ genannt und, je nach Stoffzusammensetzung, in drei Gruppen unterteilt: • „Amara tonica“ – reine Bittermittel. Diese werden als besonders wirksam empfohlen und entfalten eine kräftigende Allgemeinwirkung. Zudem regen sie die Magensaftsekretion stark an und wirken so verdauungsfördernd. Auch bei Schwächezuständen, Rekonvaleszenz oder Erschöpftheit sind sie kurartig sehr förderlich. Zu den typischen Bitterstoffdrogen zählen: o Tausendgüldenkraut o Enzian • „Amara aromatica“ – Bittermittel, die in nennenswerter Menge auch ätherische Öle enthalten. Sie zeichnen sich im Grunde genommen durch dieselbe Wirksamkeit wie Amara tonica aus, jedoch wird das Wirkspektrum um das der ätherischen Öle erweitert. Die Wirkung erstreck dich also neben dem Magen auch auf Darm, Leber und Galle. Aufgrund der antiseptischen Wirkung der Öle wirken diese Bittermittel auch gegen Bakterien und Parasiten. Beispiele hierfür wären: o Beifuß o Wermut o Engelwurz o Schafgarbe „Amara acria“ – Bittermittel, die Scharfstoffe enthalten. Diese sind unter unseren heimischen Heilpflanzen kaum zu finden. Sie unterstützen die Kreislauffunktion und sollen den Körper, den – wie man feststellen konnte – belastenden Vorgang der Verdauung erleichtern. Zu ihnen zählen (PAHLOW 2016, 27F.): o Ingwer o Galgant o Pfeffer 14
2.3. Ätherische Öle Ätherische Öle sind in nahezu allen Pflanzen enthalten, riechen sehr intensiv und bis auf wenige Ausnahmen angenehm. Die Löslichkeit in Wasser ist schlecht, jedoch empfehlen sich stattdessen Honig, Milch, Sahne, Alkohol, Salz oder anderes Öl (BÜHRING 2015, 29). In der Pflanze wird das Öl in Öldrüsenhaaren, Ölzellen oder Ölgängen abgelagert und meist durch Dampfsterilisation extrahiert, wodurch man reine ätherische Öle erhält. Als Öldrogen werden nur jene Pflanzen bezeichnet, die einen besonders hohen Anteil dieser (0,1-10%) aufweisen. Dies betrifft insbesondere die Pflanzenfamilien der: o Lippenblüter o Korbblüter o Doldenblüter Aufgrund der starken Flüchtigkeit werden Öldrogen oder Aufgüsse aus diesen immer zugedeckt bzw. luftdicht gelagert. Ätherische Öle setzen sich aus weit über 100 Einzelstoffen zusammen und besitzen ein sehr breites Wirkungsspektrum. Sie wirken entzündungshemmend, durchblutungsfördernd, krampflösend, harntreibend, tonisierend auf Magen, Darm, Leber und Galle und fördern das Abhusten. Zudem stehen sie in der Vermutung, neben der Bekämpfung von Gärungserregern und Bakterien, auch gegen Viren wirksam zu sein (PAHLOW 2016, 28). Durch ihre Struktur können sie über Haut und Schleimhäute sehr leicht in den Körper gelangen und können sowohl innerlich als auch äußerlich angewendet werden. Ätherische Öle können jedoch auch hautreizend, abortiv sowie leber- und nierenschädigend wirken und sind in größeren Mengen toxisch (BÜHRING 2015, 29). Die haut- und schleimhautreizende Wirkung schützt die Pflanze vor zu starkem Verbiss in der freien Natur. Trotzdem werden sie auch bei Tieren angewendet, wobei viele auch bereits in kleinen Mengen für Katzen toxisch wirken (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 37F.). 2.4. Flavonoide Sie sind ein Sammelbegriff für verschiedene Pflanzenstoffe gleicher chemischer Grundstruktur, die in fast allen Pflanzen enthalten sind. Sie gehören zu den wichtigsten Wirkstoffen in der Phytotherapie und treten meist als gelblich-orange Farbstoffe auf. 15
Ihre Wirksamkeit richtet sich nach der Art und Menge der enthaltenen Flavonoide, weshalb das Wirkspektrum schwierig einzugrenzen ist (PAHLOW 2016, 29). Besonders häufig ist ihr vorkommen in Obst und Gemüse wie: o Brokkoli o Tomaten o Grünkohl o Kirschen o Orangen Obwohl keine einheitliche Wirkung annehmbar ist, sind ein paar Hauptwirkungen für die meisten Flavonoide bezeichnend. Sie binden freie Radikale, die die Zellmembran schädigen und den Alterungsprozess begünstigen. Sie zählen daher auch zu den ernährungsphysiologisch wichtigsten, krebsvorbeugenden Substanzen. Durch ihr breites Wirkspektrum weisen sie auch ein weites Anwendungsgebiet auf. Die Hauptwirkung liegt in ihrem Zellschutz, dem Schutz der Kapillargefäße, der positiven Wirkung der Durchblutung der Herzkranzgefäße, der entzündungshemmenden, stoffwechselfördernden und stimmungsaufhellenden Wirkung. Aus diesem Grund werden sie oft bei Herz-Kreislauf- oder Gefäßerkrankungen, Ödemen, Lebererkrankungen und Allergien eingesetzt. Da sie ohne Nebenwirkungen sind und rasch ausgeschieden werden, können sie in großen Dosen und als Langzeittherapie beim Menschen (PAHLOW 2016, 32) und den meisten Tieren eingesetzt werden. Nicht jedoch bei der Katze, da ihr das nötige Enzym zur Ausscheidung fehlt (BRENDIECK- WORM, KLARER, STÖGER 2015, 38). 2.5. Gerbstoffe Sie wurden einst verwendet, um aus Tierhäuten Leder zu gewinnen, und schützen die Pflanze selbst vor Fäulnis und Verderb. Als Gerbstoffe im pharmazeutischen Sinne gelten Pflanzeninhaltsstoffe, die in der Lage sind, Eiweißstoffe der Haut und Schleimhaut zu binden und in unlösliche Stoffe zu überführen. Mit dieser Fähigkeit entziehen sie den angesiedelten, schlechten Bakterien den Nährboden und wirken somit entzündungshemmend, zusammenziehend, blutungsstillend und austrocknend. Durch die durchblutungshemmende Wirkung kommt es außerdem zu einer Schmerz- und Juckreizminderung. Bei innerlicher Einnahme wirken sie stuhlfestigend, da sie die 16
Resorption von Wasser und Giften aus dem Darm ins Gewebe vermindern. So werden sie auch oft als Gegengifte bei Alkaloid- und Schwermetallvergiftungen eingesetzt (BÜHRING 2015, 34). Auch als Mittel gegen Durchfall oder bei Hämorrhoiden und Frostbeulen sind sie hilfreich. Um Nebenwirkungen wie Magenreizungen zu reduzieren, bereitet man kalte Auszüge zu, die nur einen kleinen Teil der Gerbstoffe lösen. Bei Magengeschwüren und als Dauermedikation sind sie allerdings dennoch nicht geeignet. Sie finden sich beispielsweise in (PAHLOW 2016, 29): o Heidelbeeren o Blutwurz o Eichenrinde o Bärentraubenblätter Es wird zusätzlich zwischen resorbierbaren und nicht resorbierbaren Gerbstoffen unterschieden, wobei zuerst genannte über verletzte Haut oder Schleimhaut in den Blutkreislauf gelangen und durch ihren Abbau in der Leber diese belasten können. Auch Gerbstoffdrogen sind für Katzen ungeeignet (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 38). 2.6. Glykoside Alle Glykoside unter eine Art von Wirkung zu stellen, ist aufgrund der Wirkungsverschiedenheit nahezu unmöglich. Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass sie bei Aufspaltung mit Wasseraufnahme einen Zucker und ein Aglykon bilden, welches in weiterer Folge deren Wirkung bestimmt (PAHLOW 2016, 29). Hervorzuheben sind die Digitalisglykoside, wie sie im Fingerhut (Digitalis) anzufinden sind. Sie steigern die Kraft des Herzmuskels, vermindern einen zu schnellen Puls. Da die Nebenwirkungen hoch sind und die Dosis sehr genau eingestellt werden muss, ist hier eine Selbstmedikation mit Digitalisglykosiden nicht geeignet (BÜHRING 2015, 31). Weitere Beispiele für Aglykone sind: o schleimlösende Substanzen der Primelwurzel o abführende Substanzen der Faulbaumrinde o schweißtreibende Substanzen der Lindenblüten Aufgrund der diversen Wirkungsweisen kann hier keine allgemeine Auskunft über die Wirkung bei Tieren gegeben werden. 17
2.7. Saponine Saponine oder Seifenstoffe sind pflanzliche Glykoside, die in Kombination mit Wasser einen haltbaren Schaum bilden. Früher wurden sie deshalb häufig als Reinigungs- und Waschmittel verwendet. Sie besitzen eine hämolytische Wirkung, was bedeutet, dass sie den Blutfarbstoff aus den roten Blutkörperchen austreten lassen. Sie werden durch ihre verflüssigenden Eigenschaften oft als schleimlösende Mittel gebaucht. Zusätzlich beeinflussen sie die Resorption anderer sekundärer Pflanzenstoffe und können somit auch schon kleine Mengen stark wirksam auf den Organismus sein (PAHLOW 2016, 30). Saponine finden sich beispielsweise in: o Efeu o Schlüsselblume o Süßholz o Birke o Ginseng Im Allgemeinen kann man die Gesamtwirkung als schleimlösend, stoffwechselfördernd, harn- und schweißtreibend, keimwidrig, ödemhemmend, Immunsystem stimulierend und venenstärkend beschreiben. Saponine besitzen eine leicht reizende Wirkung auf die Magenschleimhaut, was – wie oft gewollt – eine vermehrte Sekretion aller Drüsen verursacht, bei Überdosierung jedoch Magen- und Darmschleimhaut stark reizt. Auch kann eine zu große Menge Erbrechen und im Extremfall eine Hämolyse auslösen, weshalb viele saponinhaltige Pflanzen als giftig gelten (BÜHRING 2015, 35). Da sie die Oberflächenspannung von Wasser herabsetzten, sind sie für Fische besonders toxisch (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 39). 2.8. Schleimstoffe Unter Schleimstoffen werden Polysaccharide verstanden, also kohlenhydrathaltige Stoffe, die bei Kontakt mit Wasser aufquellen und eine visköse Flüssigkeit bilden (PAHLOW 2016, 30). Aufgrund ihrer ausgeprägten Fähigkeit Wasser zu speichern, sind sie besonders für Samen wichtig, die diese zum Quellen benötigen (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 38). Sie sind zwar im Pflanzenreich häufig anzutreffen, doch nur selten in ausreichender Menge vorhanden, um sie therapeutisch zu nutzen. 18
Trotzdem beeinflussen sie die Wirkung anderer sekundärer Pflanzenstoffe (PAHLOW 2016, 30). Die Wirkung von Schleim ist rein lokal und dadurch, dass dieser einen schützenden Film auf den Schleimhäuten bildet, als reizlindernd zu bezeichnen. Aus diesem Grund werden sie erfolgreich bei Schleimhautentzündungen, Juckreiz, oberflächlichen Schmerzen oder Hustenreiz angewendet. Aufgequollen wirken sie leicht abführend, können allerdings bei anderer Anwendung auch Wasser und Giftstoffe im Stuhl binden und Durchfall lindern. Für eine Anwendungsdauer, die länger als eine Woche dauert, sind sie sowohl aus diesem Grund ungeeignet, als auch deshalb, da sie die Nährstoffaufnahme durch den Darm vermindern (BÜHRING 2015, 35). Schleimstoffe allgemein, aber besonders deutlich zu bemerken in Obst wie etwa Himbeeren, mindern den Geschmackssinn, besonders den sauren. Aus diesem Grund empfinden wir Himbeeren, die mehr Schleimstoffe und Säure aber weniger Zucker enthalten als Johannisbeeren, trotzdem als süßer (PAHLOW 2016, 30). Weitere Beispiele sind: o Eibisch o Isländisch Moos o Malve o Lein 2.9. Senföle Senföle, oder auch Glucosinolate bzw. Senfölglycoside, sind für den scharfen Geschmack in einigen Pflanzen verantwortlich. Sie entfalten ihre Wirkung erst bei der Zerstörung der Zellen, wobei sich aus Glucosinolaten Senfölglycoside bilden (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 32F.). Sie sind fettlöslich und dringen schnell in die Haut ein (BÜHRING 2015, 35). Ihre Wirkung ist antibiotisch, jedoch auch Haut- und Schleimhaut reizend sowie gefäßerweiternd. Beim Kochen geht ihre Wirkung oft schon bei 45°C verloren, was bei deren Anwendung zu beachten ist (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 32F.). Eingesetzt werden sie häufig bei rheumatischen Schmerzen, Gelenksbeschwerden, Nasennebenhöhlenentzündung, Bronchitis, bei Erkältungen und bei Infektionen als Breitbandantibiotikum. Auch eine Wirkung gegen Krebs konnte bisher festgestellt werden. Bei zu langer Anwendung oder zu hoher Dosierung kann es zu Hautreizungen oder sogar Nervenschäden 19
kommen, weshalb sie für Kleinkinder und Menschen mit Sensibilitätsstörungen nicht geeignet sind (BÜHRING 2015, 35). Beispiele für Pflanzen, die Senföle enthalten sind: o Radieschen o Kohlarten o Kressen 20
3. Ausgewählte Pflanzen 3.1. Baldrian Allgemeines Der Baldrian Valeriana officinalis stammt aus der Familie der Baldriangewächse, der Valerianaceae. Er wird bis 1,70 Meter groß und bildet aus einem kurzen Wurzelstock grundständige Blätter sowie einen gegenständig beblätterten Abbildung 2: Valeriana officinalis Abbildung 3: Valeriana officinalis Foto Stängel. Der Stängel ist hohl, schwach behaart und gefurcht und trägt an der Spitze einen doldenartigen Blütenstand. Die Blüten besitzen fünf hellrosa bis weiß gefärbte, verwachsene Kronblätter und bilden über dem Grund der Kronröhre eine Aussackung, in welcher Nektar dargeboten wird. In der Fruchtreife, die an die Blütezeit, welche sich von Mai bis September erstreckt, folgt, bildet sich eine kleine Schließfrucht mit oder ohne Haarkranz. Die Laubblätter sind unpaarig gefiedert. Heimisch ist der Baldrian in Europa und Teilen Asiens, wobei er in Nordamerika eingebürgert wurde. Bevorzugt wächst die Pflanze an Flussufern, feuchten Wiesen oder Wäldern und in Hochstaudenfluren. Kultiviert wird er unter anderem in Deutschland, Polen, Tschechien, Russland und einigen anderen europäischen Staaten. Bei der Drogengewinnung wird der gesamte Wurzelstock in den Monaten von Oktober bis Dezember oder im zeitigen Frühjahr ausgegraben und getrocknet (ENNET, REUTER 2015, 31F.). Verwechslungen mit anderen Doldenblütern wie dem giftigen, gefleckten Schierling sind möglich, allerdings aufgrund der unterschiedlichen Blattformen unwahrscheinlich (Wildfind.com). Geschichte Schon im fünften Jahrhundert vor Christus war die Wirkung des Baldrians bei Hippokrates bekannt (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 225). Auch 800 n. Chr. wurde er im Lorscher Arzneibuch aufgrund seiner ausgleichenden Eigenschaften 21
bei Schlafmangel oder zu viel Schlaf erwähnt (BÜHRING 2015, 52). Ein Honigtrunk versetzt mit Baldrian, Haselwurz, Pfeffer, Betonie, Steinbreche, Röhrenkassie und Steckenwurzharz galt zu Zeiten von Karl des Großen als „Göttliches Heilmittel“, das bei allen krankheitsbedingten Schmerzen helfe (Wildfind.com). Im Mittelalter waren Baldrianpflanzen als Arzneimittel bereits allseits gut bekannt. Im 16. Jahrhundert wurde er bereits im Garten kultiviert, wobei es sich hierbei nicht um den wilden Baldrian, sondern um den, aus Sibirien stammenden, großen Baldrian handelt. Neben seiner Nutzung als Arzneimittel gegen diverse Krankheiten, wie beispielsweise die Pest, wurde er oft als Mottenmittel zwischen die Kleidung gelegt und auch auf spiritueller Ebene spielte er aufgrund der stark duftenden ätherischen Öle eine große Rolle. Im Volksglauben sollte er böse Geister und Hexen vertreiben bzw. fernhalten. Im 18. Jahrhundert wurde er schließlich vom englischen Arzt John Hill als Beruhigungsmittel in die Therapie eingeführt (ENNET, REUTER 2015, 32F.). Inhaltsstoffe In der Droge, also den getrockneten Wurzeln, sind bis zu zwei Prozent Valepotriate, wie Valtrat oder Didrovaltrat, enthalten. Ebenso enthalten sie ätherisches Öl, Alkaloide, Phenolcarbonsäuren und Sesquiterpene, wie Valerensäure oder Valerenal (ENNET, REUTER 2015, 32). Keinem dieser Inhaltsstoffe allein kommt eine besondere Wirkung zugute. Vielmehr macht die Gesamtheit aller Inhaltsstoffe die Wirksamkeit des Baldrians aus (PAHLOW 2016, 64). Wirkung Im Vordergrund seiner Wirksamkeit steht die, auch in Versuchen nachgewiesene, beruhigende Wirkung bei nervöser Unruhe, Schlafstörungen (ENNET, REUTER 2015, 32) oder Angstzuständen. Damit einher geht eine krampflösende Wirkung, weshalb der Baldrian auch bei krampfartigen Schmerzen im Magen-Darmbereich angewendet wird. Dadurch schützt er auch vorbeugend gegen Magen- und Darmgeschwüre, besonders wenn diese aus einer psychischen Belastung resultieren. Auch bei leichten Herzbeschwerden und zur Steigerung des Immunsystems kann er eingesetzt werden (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 225). Bei einer üblichen Dosierung sind keine Nebenwirkungen bekannt. Einzig bei der regelmäßigen Einnahme größerer Mengen können Kopfschmerzen und Unwohlsein auftreten (ENNET, REUTER 2015, 32). Auch Tiere können aus diversen Gründen, wie beispielsweise in Paarungszeiten, bei wechselnden Sozialkontakten oder abweichenden Tagesrhythmen Stress empfinden. Baldrian hilft also auch ihnen, Stress, Angst oder Nervosität und die 22
Folgeerscheinungen, wie Magen- Darm- Muskel- oder Verhaltensprobleme zu lindern (Tiere & Natur). Die Anwendung bei Tieren unterscheidet sich somit – wiederum mit Ausnahme der Katze – nicht zu jener beim Menschen. Einzig die Dosierung ist je nach Tierart abweichend (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015). Nach EU-Verordnung darf der Wirkstoff allerdings nicht bei lebensmittelliefernden Tieren als Therapie eingesetzt werden (VO (EWG) Nr. 2377/90). Eine gegenteilige Wirkung als er sie auf andere Tiere und Menschen hat, bewirkt der Baldrian bei Katzen. Der Geruch wirkt sehr anziehend, was beispielsweise bei der Verwendung eines Baldriankissens als Spielzeug zu beobachten ist. Es wird vermutet, dass die Ausdünstungen jenen ähneln, welche Katzen in der Paarungszeit absondern. Baldrian dient also bei Katzen nicht zur inneren Einnahme als Heilmittel, sondern eher als Aufwertung des Spielzeugs. Viele meinen, dass das Kraut in geringen Mengen noch nicht giftig für Katzen wirke, wohingegen es in höheren Mengen Erbrechen auslösen würde (HOLLENBACH 2018). Andere wiederum empfehlen Vorsicht walten zu lassen, da die enthaltenen ätherischen Öle nicht abgebaut werden können und zu Vergiftungen führen können (Tiere & Natur, BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015, 62). 3.2. Beinwell Allgemeines Der Beinwell Symphytum officinale stammt aus der Familie der Borretschgewächse, der Boraginaceae. Der Wurzelstock ist dick, außen schwarz und innen weiß. Aus ihm entspringen verästelte, bis zu einem Meter hohe Stängel, die mit lanzettlichen, rau behaarten Blättern bewachsen Abbildung 4: Symphytum Abbildung 5: Symphytum officinale Foto officinale sind. Glockige, rot-violette oder gelblich gefärbte Blüten sitzen in überhängenden Trauben (PAHLOW 2016, 73) am Ende des Stängels in den Blattachseln. In der Fruchtreife bilden sich vier einsamige, graubraune oder schwarze Nüsschen (ENNET, REUTER 2015, 38). Die Pflanze blüht von Mai bis September, wobei die Ernte des Wurzelstocks zur Drogengewinnung von März 23
bis Mai im Frühjahr erfolgt. Der Beinwell bevorzugt feuchte Standorte, wie Waldraine, Gräben, Bachufer, Äcker, Wiesen und Gebüsche (PAHLOW 2016, 73). Er ist in ganz Europa sowie Westsibirien, auf der Krim und im Kaukasus häufig anzutreffen. In Nordamerika wurde er einst eingeschleppt und ist nun auch wild zu finden. Viele Boretscharten werden nicht nur als Arzneipflanzen kultiviert, sondern auch als Futter und Gemüsepflanzen angebaut (ENNET , REUTER 2015, 38). Eine Verwechslung wäre mit dem höchst giftigen Fingerhut möglich, wobei die Blattränder des Fingerhuts, im Vergleich zum Beinwell gezähnt sind. Einfacher zu unterscheiden sind sie in der Blütezeit, da der Fingerhut auffällig in langen Trauben blüht (WWF Blog). Geschichte Bereits in der Antike bei Dioskurides und Plinius war der Beinwell bereits zur Wundheilung bekannt. Auch im Mittelalter wusste Hildegard von Bingen um seine Wirksamkeit als Heilmittel zur äußeren Anwendung bei Knochenverletzungen und Beinbrüchen. Aber auch innerlich wurde er bei Durchfallerkrankungen, Blutspeien, Blutharnen und Gonorrhö angewendet (ENNET, REUTER 2015, 39). Inhaltsstoffe Der Beinwell enthält Allantoin, Pyrrolizidinalkaloide, Asparagin, Gerbstoffe, Schleim, Stärke, Triterpene, Aminosäuren (ENNET, REUTER 2015, 38F.), Flavonoide und Vitamin B12 (PAHLOW 2016, 73). Wirkung Wie der Name „Beinwell“ (von Bein – Knochen, und well von Wallen bzw. Zusammenwachsen, oder auch „symphytum“ vom Griechischen symphein für Zusammenwachsen oder Verbinden) bereits aussagt, wurde er traditionell bei Knochenbrüchen angewendet (BÜHRING U. 2015, 58). Üblicherweise wird der Beinwell äußerlich als Tinktur, Teeaufguss oder Brei aus frischen Wurzeln in Form von Umschlägen und Salben angewendet. Er hilft bei Prellungen, Zerrungen sowie Verstauchungen, wobei die Anwendung hier nur bei intakter Haut erfolgen darf. Durch das enthaltene Allantoin wird eine wundheilungsfördernde Wirkung herbeigeführt, welche besonders bei Haut- und Schleimhautdefekten zu Tragen kommt. Unterstützend wirken ebenso die einhüllenden Schleimstoffe sowie die adstringierenden und desinfizierenden Gerbstoffe (ENNET, REUTER 2015, 39). Erstaunlicherweise konnte man bereits Heilerfolge bei chronischen Eiterungen aufgrund von Knochenmarksentzündungen, offenen Beinen, sowie Zellgewebsentzündungen feststellen, bei denen die üblichen Mittel bereits versagten. 24
Das Allantoin löst hierbei Wundsekrete auf, verflüssigt den Eiter und unterstützt die Granulation. Bei äußerlicher Anwendung sind, bei einer Anwendung auf intakter Haut, keine Nebenwirkungen bekannt. Schwangere sollten ihn allerdings trotzdem nicht nutzen (PAHLOW 2016, 73). Bereits einige Studien zeigen mittlerweile die Wirkung von Präparaten mit Beinwellextrakten im Vergleich zu Placebos. Bei Distorsionen des Sprunggelenks können beispielsweise schnelle Reduktionen der Schwellung, des Schmerzes und der Bewegungseinschränkung beobachtet werden (KOLL R., 2000). Ebenso verhielt es sich bei Testungen an Sportverletzungen des Kniegelenks (HESS 1991 156-162), wobei die Zustandsverbesserung bereits vier Tage nach Anwendungsbeginn einsetzte (MAYER 1992, 888-891). Die vorhandenen Pyrrolizidinalkohole haben sich hingegen bei innerlicher Anwendung in Tierversuchen als leberschädigend und krebserregend erwiesen. Bei äußerlicher Anwendung gelangen diese nur in geringen, unschädlichen Mengen in den Körper (ENNET, REUTER 2015, 39). Mittlerweile existiert auch eine Kreuzung mit dem rauen Beinwell – Symphytum asperum, welcher nun auch innerlich angewendet werden darf, da ihm die toxischen Stoffe des Symphytum officinale fehlen. Dieser wird deshalb auch Futterbeinwell genannt und oft Tieren, wie Pferden oder Kühen, mit dem Futter verabreicht. Tragenden Stuten darf jedoch unter keinen Umständen Beinwell zugefüttert werden (LIATH 2012, 171). Nach EU-Richtlinien darf er auch keinen Tieren verabreicht werden, welche der Milchproduktion dienen. Lediglich der Wirkstoff selbst darf auf intakter Haut angewendet werden (VO (EWG) Nr. 2377/90). Ansonsten gilt für Tiere dieselbe Anwendung wie bei Menschen, mit Ausnahme der Katze, bei welcher Beinwell nicht angewandt werden sollte. Artabhängig gibt es jedoch Unterschiede in der Dosierung (BRENDIECK-WORM, KLARER, STÖGER 2015). 25
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