Diagnose und Therapie der sogenannten Lewy-Körperchen-Demenz - www.kup.at

 
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Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
             www.kup.at/
 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Diagnose und Therapie der
                                                                               Homepage:
sogenannten Lewy-Körperchen-Demenz
                                                                       www.kup.at/
Fischer P, Krenn Y                                               JNeurolNeurochirPsychiatr

Journal für Neurologie                                                 Online-Datenbank
                                                                         mit Autoren-
Neurochirurgie und Psychiatrie
                                                                      und Stichwortsuche
2006; 7 (1), 32-42

                                                                                            Indexed in
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 Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz
 P.b.b. 02Z031117M,            Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21           Preis : EUR 10,–
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                                                                                                             Prim. Ass. Prof. Dr. Karl Matz
                                                                                                         Vorstand Abteilung für Neurologie
                                                                                                           Landesklinikum Baden-Mödling

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                          Die Teilnahme an dieser Fortbildungsveranstaltung ist Angehörigen der Fachkreise
                          gemäß Pharmig VHC Artikel 2.2 vorbehalten und ist nicht übertragbar.

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                          Wissenschaftliche Leitung:
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                          Prim. Univ.-Prof.
                          Dr. Rudolf Likar, MSc                                                                    Do.,                           17:00 – 19:15

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                                                                                                                                                           Uhr
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Diagnose und Therapie der sogenannten
                          Lewy-Körperchen-Demenz *
                                                                    Y. Krenn, P. Fischer
     Die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) ist nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste Demenzform alter Menschen. Ihre Eigenständigkeit als
     Krankheitsentität ist wegen der Überlappungen mit der Alzheimer-Demenz einerseits und dem Morbus Parkinson (mit und ohne Demenz) andererseits
     umstritten. Patienten mit Lewy-Körperchen-Pathologie zeigen klinische Besonderheiten (kognitive Fluktuationen, Halluzinationen, REM-sleep behavior
     disorder, vegetative Symptome, neuroleptische Sensitivität, schnellere Demenzprogression) und werden anders therapiert als Patienten mit Alzheimer-
     Demenz oder Morbus Parkinson ohne Demenz. Die rechtzeitige Diagnose einer DLB ist daher für den Patienten und seine Angehörigen von großer
     Bedeutung. Um die Sensitivität der Diagnose DLB zu erhöhen, wurden die klinischen Kriterien im Jahr 2005 überarbeitet und erweitert.
          Sowohl mittels psychometrischer Untersuchungen als auch aus MRI, HMPAO-SPECT, FDG-PET und [I-123]-MIBG-Myokardszintigraphie kann
     früh im Verlauf eine DLB vermutet werden. Patienten mit DLB zeigen neuropsychologisch Schwankungen der Aufmerksamkeit sowie Störungen der
     räumlichen Wahrnehmung und des räumlichen Handelns. Im kranialen MRI zeigen sie weniger mediotemporale Atrophie und relativ mehr Atrophie
     im Putamenbereich im Vergleich zu Patienten mit Alzheimer-Demenz. In der Durchblutungsmessung mittels SPECT oder PET zeigt sich bei Patienten
     mit DLB im Vergleich zur Alzheimer-Demenz insbesondere eine okzipitale Hypoperfusion. Mittels der [I-123]-MIBG-Szintigraphie kann bei DLB
     bereits früh im Verlauf eine sympathische Denervation des Myokards nachgewiesen werden. Die sensitivste Methode zur frühen Diagnose einer DLB
     stellt die Darstellung der dopaminergen Degeneration im β-CIT-SPECT (oder FP-CIT-SPECT bzw. PET) dar, die diese Krankheit jedoch nicht vom
     Morbus Parkinson abgrenzt. Mittels Polysomnographie kann eine DLB sogar schon vor Ausbruch der Demenz vermutet werden, wobei durch Nach-
     weis der REM-assoziierten Verhaltensauffälligkeiten andere Erkrankungen mit Synukleinopathie (Morbus Parkinson, Multi-System-Atrophie) nicht
     ausgeschlossen werden können.
                                     Schlüsselwörter: Demenz, Lewy-Körperchen, Diagnose, Neuropsychologie, Bildgebung

     Dementia with Lewy Bodies (DLB). Dementia with Lewy Bodies (DLB) is the second commonest cause of dementia in the elderly. Overlaps with
     Alzheimer’s and Parkinson’s disease make the pathological entity of DLB subject of debates. Patients with Lewy pathology show specific symptoms
     (fluctuating cognition, hallucinations, REM-sleep behavior disorder, autonomic failure, neuroleptic sensitivity) and need different treatment than
     patients with Alzheimer’s or Parkinson’s disease. Therefore, diagnosis of DLB is essential for patients and their relatives.
          Neuropsychological assessment as well as MRI, HMPAO-SPECT, FDG-PET and [I-123] MIBG myocardial scintigraphy are useful in the recogni-
     tion of DLB. Patients with DLB are substantially impaired in their attention, visuo-spatial functions and visuo-constructional abilities. MRI shows less
     medial temporal lobe atrophy and relatively more atrophy in putamen in subjects with DLB compared to AD. On SPECT and PET patients with DLB
     can be distinguished by perfusion deficits and hypometabolism in occipital regions. Early cardiac sympathetic denervation can be assessed by
     myocardial imaging with [I-123] MIBG scintigraphy. Though, detecting dopaminergic degeneration on β-CIT-SPECT (or FP-CIT-SPECT) remains the
     most sensitive method in early diagnosis of DLB. Also polysomnography can be expected to provide an early diagnostic means in DLB although other
     synucleinopathies (Parkinson’s disease, multiple system atrophy) can not be excluded. J Neurol Neurochir Psychiatr 2006; 7 (1): 32–42.
                                             Key words: dementia, Lewy bodies, diagnosis, neuropsychology, imaging

                        Historischer Rückblick                                     Kosaka et al. (1984) [4] formulierten nach Forschungen am
                                                                                   Neurologischen Institut der Universität Wien dann erst-
     Friedrich Lewy (Berlin, Philadelphia; 1885–1950) betrach-                     mals den Begriff der „Diffusen Lewy-Körperchen-Erkran-
     tete die von ihm 1912 erstmals beschriebenen eosinophi-                       kung“. Weitere Beschreibungen kamen von Lennox et al.
     len Körperchen im Soma von großen cholinergen Nerven-                         (1989) [5], Perry et al. (1990) [6] oder Dickson et al. (1991)
     zellen der Substantia innominata und des dorsalen Vagus-                      [7]. Hansen et al. (1990) [8] benannte diese – wegen der
     kerns als histologisches Merkmal der Paralysis agitans                        meist ebenfalls nachweisbaren Pathologie vom Alzheimer-
     (Morbus Parkinson) [1]. Erst ab den 1960er Jahren be-                         Typ – als „Lewy-Körperchen-Variante der Alzheimer-Er-
     schrieben verschiedene Pathologen (u. a. Okasaki et al.,                      krankung“. Heute wird nach 4 internationalen Treffen mit
     1961; Kosaka et al., 1978) Patienten mit Demenz, in deren                     Konsensuscharakter von der Lewy-Körperchen-Demenz
     Kortex Lewy-Körperchen zu finden waren [2, 3]. Bis zur                        („Dementia with Lewy Bodies“) gesprochen [9–12], die in
     Entwicklung immunzytochemischer Methoden zur Dar-                             Folge wie im Englischen als DLB abgekürzt wird. Diese
     stellung der Lewy-Körperchen galten diese Fälle jedoch als                    Arbeit versucht, den Konsensus der seit 1999 publizierten
     Rarität. Die Darstellung der Lewy-Körperchen entwickelte                      Arbeiten zur Diagnose der DLB zusammenzufassen und
     sich von der klassischen HE-Färbung über die Anti-Ubi-                        erläutert so die 2005 neu erstellten Kriterien [12].
     quitin-Methode zum sensitivsten Verfahren mit α-Synu-
     klein-Antikörpern. Daß manche Lewy-Körperchen und
     insbesondere auch viele Lewy-Neuriten nur durch die zu-                              Die neuropathologische Diagnose der
     letzt genannte, nicht jedoch durch die Darstellung von                                  Demenz mit Lewy-Körperchen
     Ubiquitin erfaßt werden, bestätigte, daß sich die Lewy-
     Körperchen aus Ablagerungen abnorm gefalteten α-Synu-                         Neuropathologisch konnten bis zum Jahr 2005 annähernd
     kleins (welches wahrscheinlich eine Rolle bei der Produk-                     20 % aller Demenzen als DLB identifiziert werden, weil
     tion präsynaptischer Vesikel spielt) entwickeln und erst                      eine beliebige Zahl an nachgewiesenen Lewy-Körperchen
     nachfolgend mit Ubiquitin aggregieren.                                        diese Diagnose möglich machte [9]. Seit dem 4. interna-
                                                                                   tionalen DLB-Konsortium existiert eine semiquantitative
                                                                                   Einteilung in 4 Schweregrade, die sich an einer definierten
     * Diese Arbeit ging aus der Wahlfacharbeit (Wahlfach Gerontopsychia-
     trie) von Frau Dr. Yvonne Krenn im WS 2004/05 hervor.
                                                                                   Anzahl von Lewy-Körperchen, dargestellt durch α-Synukle-
                                                                                   in-Antikörper, orientiert [12]. Neuropathologisch können
     Aus der Klinischen Abteilung für Allgemeine Psychiatrie, Medizinische         andere Erkrankungen, die Parkinson-Symptome hervorru-
     Universität Wien
     Korrespondenzadresse: ao. Univ.-Prof. DDr. Peter Fischer, Klinische
                                                                                   fen können, wie zum Beispiel die progressive supranukle-
     Abteilung für Allgemeine Psychiatrie, AKH Wien, A-1090 Wien,                  äre Blickparese, die Multi-System-Atrophien oder die kor-
     Währinger Gürtel 18–20; E-Mail: peter.fischer@meduniwien.ac.at                tikobasale Degeneration, ausgeschlossen werden. Eine

32   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2006

            For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
neuropathologisch nachgewiesene Alzheimersche Gewe-                           Körperchen, die ohne erkennbare Alzheimer- oder vasku-
bepathologie jeglicher Schwere ist kein Ausschließungs-                       läre Pathologie zu einer Demenz führen, berechtigen nach
grund für die Diagnose DLB.                                                   wie vor zu einer Publikation als Einzelfall [19]. Dies wird
                                                                              in den jüngst erschienenen Kriterien insofern berücksich-
Folgende Subtypen der DLB werden nach dem Vorkom-                             tigt, als bei der neuropathologischen Beurteilung eine ge-
men der Lewy-Körperchen in verschiedenen Gehirnregio-                         wisse Wahrscheinlichkeit verlangt wird, mit der eine be-
nen beschrieben [12], wobei dem Hirnstammtyp klinisch                         stimmte Neuropathologie das klinische Erscheinungsbild
der idiopathische Morbus Parkinson entsprechen dürfte,                        einer DLB bedingen kann. Diese Wahrscheinlichkeit ist
wie er ohne Alzheimer-Läsionen und ohne klinische Zei-                        um so höher, je schwerer der Grad der Lewy-Körperchen-
chen von Demenz beschrieben ist. Tabelle 1 zeigt die be-                      Pathologie ist und um so niedriger, je mehr Alzheimer-Pa-
schriebenen Subtypen der Lewy-Körperchen-Pathologie,                          thologie im Einzelfall vorliegt [12]. Klinisch und neuro-
wobei bei DLB in der Regel auch limbische und eventuell                       pathologisch ist auch die Unterscheidung zwischen DLB
auch neokortikale Lewy-Körperchen gefunden werden.                            und MP mit Demenz (MP+D) problematisch. Heute wird
                                                                              bereits von einem „Spektrum der Lewy-Körperchen-Krank-
Auch nach diesen neuropathologischen Kriterien ist die                        heiten“ gesprochen, wobei ein Hirnstammtyp entspre-
DLB nach der Alzheimer-Demenz (AD) die zweithäufigste                         chend dem klassischen idiopathischen MP an dem einen
Ursache für Demenz älterer Menschen, häufiger als die                         Ende und ein kortikaler Typ entsprechend der diffusen
Gruppe der vaskulären Demenzen (VD). Allerdings über-                         Lewy-Körperchen-Krankheit, die Kosaka et al. [4] 1984
schneidet sich die Pathologie der DLB weitgehend mit je-                      beschrieben haben, am anderen Ende des Spektrums steht.
ner der AD und jener des Morbus Parkinson (MP). Die Tat-                      Da allerdings die Lewy-Körperchen-Pathologie zu klini-
sache, daß in über 90 % der Fälle von DLB auch beglei-                        schen Besonderheiten und etwas anderen medikamentö-
tend Alzheimer-Pathologie vorliegt [13] und bei bis zu                        sen therapeutischen Algorithmen führt, als sie bei reiner
50 % der Patienten mit AD auch zumindest vereinzelt                           AD gelten, ist die Identifikation der klinischen Entität DLB
Lewy-Körperchen gefunden werden [14, 15], legt die Fra-                       bedeutsam, sei sie nun eine Sonderform der AD oder des
ge nach der eigenen Entität der DLB nahe [16–20]. Lewy-                       MP, eine Kombination dieser beiden Erkrankungen oder
                                                                              eine eigenständige degenerative Demenz.
Tabelle 1: Beschriebene Subtypen der Lewy-Körperchen-Pathologie (mod.
nach [12])
                                                                                    Die aktuellen klinischen Kriterien der
                                                     Neokortikal
               Hirn-   Transento-                                                      Demenz mit Lewy-Körperchen
Subtyp        stamm      rhinal Cingulum Temporal       Frontal    Parietal
                                                                              Die heute weltweit verwendeten Kriterien zur Diagnose
Hirnstamm       +         ±         ±          –           –          –
                                                                              einer DLB gehen auf die Forschergruppe um McKeith in
Limbisch        +         +         +          +           ±          –
                                                                              Newcastle upon Tyne zurück [9–12]. Diese Kriterien sind
Neokortikal     +         +         +          +           +          +       in ihrer Version von 2005 in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2: Die klinischen Kriterien der DLB modifiziert nach McKeith et       Als frühe kognitive Symptome werden Beeinträchtigungen
al. 2005 [12]. Mögliche DLB bei Demenz und einem suggestiven Merk-            der Aufmerksamkeit, das dysexekutive Syndrom und Stö-
mal; wahrscheinliche DLB bei Demenz, einem Kernmerkmal und einem              rungen des räumlichen Denkens angeführt. Eine bleibende
suggestiven Merkmal                                                           Gedächtnisstörung ist zu Beginn einer DLB nicht obligat,
Demenz                          Progrediente kognitive Verschlechte-
                                                                              jedoch bei Fortschreiten der Erkrankung immer zu beob-
(Notwendig für die Diagnose     rung von ausreichender Schwere, um            achten. Fluktuationen werden als Schwankungen der Auf-
einer möglichen oder wahr-      soziale und berufliche Funktionen zu          merksamkeit, wie sie auch bei der akuten Verwirrtheit (Sy-
scheinlichen DLB)               beeinträchtigen. Eine persistierende          nonym: Delir) auftreten, beschrieben. Visuelle Halluzina-
                                Gedächtnisstörung kann auch erst mit          tionen treten oft schon im frühen Krankheitsverlauf auf
                                dem Fortschreiten der Erkrankung
                                eintreten. Auffällig ist die Beeinträchti-    und sind detailreich und wirklichkeitsnahe. Die Parkin-
                                gung der Aufmerksamkeit, der Exeku-           son-Symptomatik bei DLB unterscheidet sich vom Schwe-
                                tivfunktionen und des räumlichen              regrad her nicht von jener bei MP, jedoch liegt meist eine
                                Denkens.                                      axiale Betonung mit Haltungsinstabilität, Gangschwierig-
Kernmerkmale                    Fluktuationen; wiederkehrende visuelle        keiten und mimischer Hypokinesie vor, während Ruhe-
                                Halluzinationen; spontane Parkinson-
                                Symptomatik
                                                                              tremor eher selten ist. Unter „REM sleep behavior disor-
                                                                              der“ versteht man eine Schlafstörung mit Fehlen der moto-
Suggestive Merkmale             „REM sleep behavior disorder“; neuro-
                                leptische Sensitivität; SPECT (PET):          rischen Entspannung während des REM-Schlafes, sodaß
                                Verminderung der Dopamin-Wieder-              die Träume des REM-Schlafes von Bewegungen begleitet
                                aufnahme in den Basalganglien                 sind.
Supportive Merkmale             Wiederkehrende Stürze (Synkopen);
                                transienter Bewußtseinsverlust; schwe-        Die neuen Kriterien [12] unterteilen die unterstützenden
                                re autonome Funktionsstörungen, z. B.         klinischen Merkmale in suggestive und supportive Merk-
                                orthostatische Hypotension, Blasen-
                                funktionsstörungen; Halluzinationen in        male. Für suggestive Merkmale ist ein signifikant höheres
                                anderen Sinnesmodalitäten; systemati-         Vorkommen bei DLB als bei anderen Demenzformen
                                sierter Wahn; Depression; CCT/MRI:            nachgewiesen, supportive Merkmale haben geringere
                                relative Verschonung von Strukturen           Spezifität, kommen jedoch sehr häufig und oft auch schon
                                des medialen Temporallappens;
                                SPECT/PET-Perfusion: generalisierte
                                                                              früh im Verlauf einer DLB vor.
                                Signalminderung mit okzipitaler Hypo-
                                perfusion; MIBG-Szintigraphie: ver-           Auch wurden 2005 neue diagnostische Möglichkeiten in
                                minderte Traceraufnahme; EEG: lang-           die Richtlinien zur Diagnose einer DLB miteinbezogen,
                                same Wellen mit temporalen transien-          um die Sensitivität der klinischen Kriterien zu erhöhen,
                                ten steilen Elementen
                                                                              welche geringer ist als ihre Spezifität.

                                                                                               J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2006       33
Zur Differentialdiagnose der                              Tabelle 4: Gesicherte spezifische neuropsychologische Defizite bei DLB
                 Demenz mit Lewy-Körperchen                                 • Aufmerksamkeitsstörungen (einfache und geteilte; besonders visuell)
                                                                            • Störungen des räumlichen Denkens
     Als wichtigste Differentialdiagnose der DLB [11, 21] gilt
                                                                            • Störungen des räumlichen Handelns
     die vaskuläre Demenz (VD). Die Diagnose einer DLB ist
     daher nach einem Schlaganfall nicht möglich (Tab. 3).                  • Gedächtnisstörungen: später als bei AD ohne Lewy-Körperchen
     Auch alle anderen somatischen Erkrankungen, welche die
     kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, machen die               Mini Mental State Examination (MMS)
     Diagnose einer DLB unwahrscheinlich. Aufgrund der fluk-                Die MMS beinhaltet Aufgaben, in denen psychometrische
     tuierenden kognitiven Leistungsfähigkeit wird oft anstelle             Unterschiede zwischen Alzheimer-Demenz (AD) und DLB
     einer DLB eine VD diagnostiziert. Wichtig ist einerseits,              erfaßt werden können [25, 26]. So wird mit der Rechen-
     die Fluktuationen der kognitiven Leistungen zu erkennen,               aufgabe (5maliges Subtrahieren der Zahl 7 beginnend bei
     andererseits aber auch, diese dann diagnostisch nicht nur              100) oder durch das Rückwärts-Buchstabieren eines Wor-
     in Richtung einer VD, sondern auch in Richtung einer DLB               tes mit 5 Buchstaben (Woche, Julia …) die Aufmerksam-
     einzuordnen, insbesondere wenn die bildgebenden Ver-                   keit erfaßt (max. 5 Punkte). Mittels Fähigkeit zur Wieder-
     fahren keine oder nur geringe vaskuläre Läsionen aufdek-               gabe dreier zuvor genannter Dinge nach Distraktor wird
     ken. Vor 1996 galten Fluktuationen als mögliches Sym-                  das Gedächtnis geprüft (max. 3 Punkte), die Kopie zweier
     ptom der VD und grenzten diese klinisch von der AD ab                  sich überschneidender Fünfecke spiegelt die Konstruk-
     [22–24].                                                               tionsfähigkeit wider (max. 1 Punkt). Ala et al. [25] testeten
                                                                            17 DLB- und 27 AD-Patienten mittels MMS, wobei alle
     Demenz kombiniert mit extrapyramidal-motorischer Sym-                  Patienten mindestens 13 Punkte erreichen mußten, um in
     ptomatik wie Rigor oder Akinesie können sowohl bei der                 die Studie aufgenommen zu werden. Sowohl hinsichtlich
     Creutzfeld-Jakob-Erkrankung als auch bei der fortgeschrit-             der Aufmerksamkeit als auch in der Konstruktionsfähigkeit
     tenen AD und anderen degenerativen Erkrankungen vor-                   erreichten die AD-Patienten wesentlich höhere Punkte-
     kommen. Jegliche akute Verwirrtheit (synonym: Delir) un-               zahlen als die DLB-Patienten, wobei letztere der AD-
     terschiedlicher Genese führt zu fluktuierenden kognitiven              Gruppe bezüglich Gedächtnis leicht überlegen waren.
     Störungen, oft kompliziert durch Halluzinationen, und
     kann so zur Diagnose einer DLB verführen. Dies beson-                  Um die Möglichkeit zur Differenzierung zwischen den
     ders, wenn die Symptomatik, wie z. B. beim substanzindu-               beiden Gruppen zu verbessern, wurde mit den Subscores
     zierten Delir, länger andauert. Vor allem anticholinerge               folgende Berechnung angestellt: „Aufmerksamkeit“ – 5/3 ×
     oder monaminerge Medikationen müssen im diagnosti-                     „Gedächtnis“ + 5 × „Konstruktion“. Eine mittels dieser For-
     schen Prozeß einer DLB hinterfragt werden. Auch die                    mel erhobene Punktezahl von weniger als 5 wies, was die
     überaus häufigen psychiatrischen Störungen mit Wahn                    Assoziation mit einer DLB betrifft, eine Sensibilität von
     und/oder Halluzinationen, wie z. B. die wahnhafte De-                  82 % sowie eine Spezifität von 81 % auf.
     pression mit Halluzinationen, können als DLB fehldiagno-
     stiziert werden. Bei diesen Patienten sind medikamentös                Die Fähigkeit zur räumlichen Konstruktion, dem MMS ent-
     bedingt orthostatische Kollapse möglich und wegen der                  sprechend getestet, wurde von Cormack et al. [27] für 100
     notwendigen Neuroleptikamedikation können extrapyra-                   DLB-, 50 AD-, 81 MP-Patienten und 36 Patienten mit
     midal-motorische Nebenwirkungen beobachtet werden.                     MP+D erhoben. Dabei wurden die Zeichnungen anhand
     Auch können als Nebenwirkung der Therapie mit z. B.                    einer 6-Punkte-Skala beurteilt (6 = perfekt). DLB-Patienten
     anticholinergen Psychopharmaka optische Halluzinatio-                  schnitten schlechter als alle anderen Gruppen ab (mittlere
     nen auftreten und die Diagnose einer DLB fälschlich nahe-              Punktezahl = 2,84), signifikant waren die Unterschiede
     legen.                                                                 jedoch nur bezogen auf die AD- (3,87 Punkte) und MP-
                                                                            Gruppe (5,20 Punkte), wobei letztere keine wirkliche Ver-
                                                                            schlechterung erkennen ließ. Patienten mit MP+Demenz
                   Zur Diagnostik der Demenz                                (3,08 Punkte) ließen sich nicht von DLB-Patienten abgren-
                      mit Lewy-Körperchen                                   zen. Auch diese Arbeit zeigte, daß Leistungseinbußen in
                                                                            den räumlich-konstruktiven Fähigkeit bei DLB dissoziiert
     Psychometrische Untersuchungen                                         von der globalen kognitiven Verschlechterung früh im Ver-
     Untersuchungen der letzten 5 Jahre belegten die neuro-                 lauf auftreten.
     psychologischen Besonderheiten von Patienten mit DLB
     im Vergleich zu Patienten mit MP ohne Demenz oder Pati-                CAMCOG
     enten mit VD oder AD (Tab. 4), wobei leicht bis mittelgra-             Neben der MMS stellt das umfangreichere CAMCOG
     dig demente Patienten getestet wurden.                                 (Cambridge Assessment for Cognitive Disorders in the
                                                                            Elderly) ein neuropsychologisches Testverfahren zur Beur-
                                                                            teilung von kognitiven Leistungseinbußen alter Menschen
     Tabelle 3: Wichtige Differentialdiagnosen zur Lewy-Körperchen-Demenz
                                                                            dar. Schriftlich werden Orientierung, Sprachverständnis,
     (DLB)                                                                  sprachliche Ausdrucksfähigkeit, visuospatiale Fähigkeiten,
                                                                            Kurzzeitgedächtnis, visuelles Gedächtnis, Langzeitge-
     • Vaskuläre Demenz (VD) (auch im Beginn)                               dächtnis, Aufmerksamkeit, Agnosie/Perzeption, abstraktes
     • Alzheimer-Demenz (AD) (fortgeschritten)                              Denken und Sprachfluß geprüft, wobei eine maximale
     • Delir unterschiedlicher Genese                                       Punktezahl von 107 erzielt werden kann. Ballard et al.
     • Behandelte psychiatrische Störungen                                  [28] untersuchten 228 Demenzpatienten (DLB: 54, AD:
     • Progressive supranukleäre Blickparese                                102, VD: 72) mit vergleichbaren CAMCOG-Summen-
     • Multi-System-Atrophie                                                scores anhand ihrer CAMCOG-Subtestergebnisse und
     • Kortikobasale Degeneration                                           stellten für Patienten mit DLB eine signifikante Verschlech-
     • Creutzfeldt-Jakob-Krankheit                                          terung des räumlichen Denkens fest. Andererseits waren
                                                                            die DLB-Patienten bei Prüfung ihres Kurzzeitgedächtnisses

34   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2006
signifikant besser als Patienten mit AD oder VD. Zur weite-   DLB deutlich schlechter gelang als die korrekte Zuord-
ren Differenzierung wurden das Verhältnis zwischen den        nung Tier-Vegetation im rein verbalen Modus. Patienten
Leistungen im Kurzzeitgedächtnis und denen für räumli-        mit reiner AD wiesen keinen solchen Unterschied bezüg-
ches Denken errechnet und auch optimale Cut-off-Werte         lich der beiden Darbietungsmodi auf. Somit bestätigte
zur Diskriminierung zwischen den einzelnen Gruppen            auch diese Untersuchung die selektiv stärkere Verschlech-
ermittelt. Diese Werte zeigten eine Sensitivität von nur      terung der visuell-räumlichen Wahrnehmung als Symptom
33 %, jedoch eine Spezifität von 98 %. Wenn also deutliche    von Patienten mit DLB.
Störungen des räumlichen Denkens vorliegen, ist eine DLB
sehr wahrscheinlich, liegt dieses neuropsychologische         Ein weiterer neuropsychologischer Unterschied zwischen
Muster jedoch nicht vor, ist eine DLB trotzdem möglich.       DLB und AD ergab sich beim Vergleich von „Category
                                                              Fluency“ (in einer Minute müssen möglichst viele Beispie-
Mosimann et al. [29] verglichen Patienten mit MP+D und        le für eine Kategorie genannt werden) und „Letter Fluency“
DLB im CAMCOG und fanden keine Unterschiede im Lei-           (in einer Minute müssen möglichst viele mit F, A oder S
stungsprofil, bestätigten jedoch insgesamt die Subtester-     beginnende Wörter genannt werden). Während DLB-Pati-
gebnisse der Untersuchung von Ballard et al. [28].            enten in beiden Aufgaben gleichermaßen schlecht ab-
                                                              schnitten, war die „Letter Fluency“ der AD-Patienten signi-
Andere psychometrische Untersuchungen                         fikant besser als deren „Category Fluency“.
Die Verschlechterung des räumlichen Denkens bei DLB
wurde auch in einer kleineren Studie von Calderon et al.      Eine im Vergleich zu AD schlechtere verbale Flüssigkeit
bestätigt [30]. Die Autoren untersuchten 9 AD- und 10         bei DLB, getestet anhand des „Controlled Oral Word
DLB-Patienten sowie 17 Kontrollpersonen anhand einer          Association Test“ [Benton und Hamsher, 1989], konnten
Testbatterie, die Gedächtnis (verbales Kurzzeitgedächtnis,    auch Gilman et al. [32] feststellen. Letztere bestätigten
episodisches und semantisches Gedächtnis), räumliche          auch die schwerwiegendere Neugedächtnisstörung von
Wahrnehmung und räumliches Denken, Aufmerksamkeit             AD-Patienten anhand des „Hopkins Verbal Learning Test –
und Exekutivfunktionen erfaßte. Wenn es darum ging, ab-       Revised“ [Benedict et al., 1998]. Die Unterschiede zwi-
strahierte bzw. fragmentierte Buchstaben, Silhouetten oder    schen AD- und DLB-Patienten bezüglich des räumlichen
Würfel in einem dreidimensionalen Gebilde zu erkennen         Denkens fielen im „Visual Form Discrimination Test“ [Ben-
(alle Tests waren dem Visual Object and Space-Test ent-       ton et al., 1994] nicht signifikant aus.
nommen), schnitten die DLB-Patienten deutlich schlechter
ab als jene mit AD.                                           Mosimann et al. [29] testeten das visuelle Unterschei-
                                                              dungsvermögen sowie die Objekt-, Form-, Raum- und
Ähnliche Leistungsunterschiede zeigten sich bezüglich der     Bewegungswahrnehmung bei AD, DLB, MP+D, MP und
Aufmerksamkeit. Sowohl Konzentration als auch selektive       normalen Kontrollpersonen. Dabei zeigten Patienten mit
Aufmerksamkeit waren bei DLB-Patienten schlechter als         DLB und MP+D ähnliche Leistungseinbußen in allen Auf-
bei Kontrollen. Nur in ihrer selektiven akustischen Auf-      gaben, wodurch sie sich deutlich von Patienten mit AD,
merksamkeit lag die DLB-Gruppe im Niveau der AD-              MP und normalen Kontrollen unterschieden.
Gruppe, welche in akustisch getesteter Konzentration,
selektiver visueller Aufmerksamkeit, Stroop-Test (Benen-      Cormack et al. [33] gingen von zwei unterschiedlichen
nen von Farben, in denen Farbworte gedruckt sind, wobei       Schritten bei der Analyse eines visuellen Szenarios aus.
diese Farbworte nie in der Farbe gedruckt sind, die dem       Der erste Schritt, die visuelle Extraktion eines bestimmten
Farbwort entspricht) und geteilter Aufmerksamkeit (Dual-      Objektes, erfolgt automatisch und ohne besondere Auf-
Performance-Test) den Patienten mit DLB überlegen war.        merksamkeitsleistung. Dieser Prozeß wird auch als „Pop-
                                                              out“ bezeichnet. Der zweite Schritt ist die Integration des
Das episodische Gedächtnis wurde anhand der Fähigkeit         Objektes in seine bildliche Umgebung, wobei verschie-
zur Wiedergabe des Inhaltes zweier kurzer, 25 Elemente        denste Bildpunkte nacheinander visuell abgetastet werden
enthaltender Textpassagen beurteilt. Während Kontroll-        müssen. Hierbei handelt es sich um den sogenannten
personen 78 % des Gehörten wiedergeben konnten, waren         „Top-down“-Prozeß, welcher nun nicht mehr automa-
es bei DLB nur 28 % und bei der AD-Gruppe gar nur 4 %.        tisch, sondern aufmerksamkeitsabhängig ist. Für jeden der
Patienten mit AD waren somit durch ihre frühere und           beiden Analyseschritte steht eine geeignete Testmethode
schwerere Neugedächtnisstörung von Patienten mit DLB          zur Verfügung. Bei der „parallelen Suche“, die den ersten
abgrenzbar.                                                   Schritt des „Pop-out“ erfaßt, wird der Testperson das Ziel-
                                                              objekt (roter Punkt) inmitten homogener Nebenobjekte
Lambdon et al. beschrieben eine vergleichbare Beein-          (grüne Punkte) präsentiert. Aufgabe ist es, innerhalb immer
trächtigung von Patienten mit DLB und AD in Tests des         kürzer werdender Zeitspannen, in denen das Bild darge-
semantischen Gedächtnisses [31]. Basierend auf 64 Abbil-      boten wird (200 ms, 400 ms, 800 ms) festzustellen, ob das
dungen, deren Themen in 6 verschiedene Kategorien fie-        Zielobjekt anwesend war oder nicht. Dabei ändern sich
len (Haushaltsgeräte, Werkzeug, Fortbewegungsmittel,          nicht nur die Zeitspannen, sondern auch die Anzahl der
Tiere, Vögel, Früchte) mußten Bilder benannt, richtig aus-    Umgebungsobjekte (grüne Kreise) in den verschiedenen
gesucht, in Kategorien eingeteilt, sowie vom Patienten        Durchgängen. Der zweite Schritt der visuellen Analyse,
selbst Beispiele für die 6 verschiedenen Bereiche geliefert   der „Serial Search“, wurde danach gemessen, wobei so-
werden. Differenzierbar wurden die beiden Demenz-             wohl homogene als auch inhomogene Objekte (grüne
gruppen erst im „Kamel und Kaktus“-Test. Dabei mußte          Punkte und rote Quadrate) das Zielobjekt umgeben.
beispielsweise passend zu einem Kamel aus drei mögli-
chen Vegetationen (Kaktus, Baum, Rose) die richtige aus-      Die Fehlerquoten der DLB-Patienten waren sowohl bei
gewählt werden, wobei die Themen entweder als ge-             paralleler Suche als auch bei serieller Suche höher als die
schriebene Wörter oder als Bilder angeboten wurden. Hier      der AD- und MP-Patienten, außerdem zeigten sie ein an-
ergab sich ein signifikanter Unterschied zwischen AD und      deres Fehlermuster. Die Verschlechterung der visuellen
DLB, wenn es um die Zuordnung von Bildern ging, die bei       Suchleistung von DLB-Patienten gegenüber den anderen

                                                                               J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2006      35
Gruppen wurde vor allem in der parallelen Suche, also im      sen. Keiner der 12 AD-Patienten erreichte die für die Be-
     „Pop-out“-Prozeß sehr deutlich. Läsionen im okzipito-         stätigung von Fluktuationen nötige Punktezahl. Die gute
     temporalen Kortex verschlechtern das „Pop-out“, während       Abgrenzung der beiden Gruppen wird auf die Abhän-
     sich Läsionen im okzipito-parietalen Kortex auf das „Top-     gigkeit der Bewertung von bestimmten Schilderungen der
     down“ der visuellen Wahrnehmung auswirken. Die unter-         Betreuer zurückgeführt. Aus diesem Grund lassen sich an-
     schiedlichen Ergebnisse könnten somit auf einen okzipito-     hand der „One Day Fluctuation Assessment Scale“, die
     temporal betonten Funktionsausfall bei DLB mit relativer      sich auf den Tag vor der Befragung bezieht, weniger gute
     Aussparung des Lobus parietalis im Vergleich zu AD zu-        Unterschiede feststellen. Hier werden, mit Ausnahme
     rückgeführt werden.                                           einer Frage, nur einfache Antworten mit „Ja“ oder „Nein“
                                                                   verlangt. Qualitative Analysen von Berichten betreuender
     Angesichts der deutlichen Differenzierbarkeit des Fehler-     Personen ergaben unterschiedliche Charakteristika für
     musters der DLB-Patienten beim visuellen Erkennen von         Fluktuationen bei DLB und AD. Während DLB-Patienten
     Objekten könnte in Zukunft die Messung des visuellen          vorwiegend eine spontane, das heißt situationsunabhän-
     „Pop-out“-Prozesses eine diagnostische Möglichkeit zur        gige Verschlechterung ihrer kognitiven Funktionen und
     Erkennung einer DLB darstellen.                               Wachheit von kurzer Dauer aufweisen, zeigen AD-Patien-
                                                                   ten situationsabhängige und eher länger persistierende
     Fluktuationen                                                 Schwankungen, die oft als „gute“ bzw. „schlechte Tage“
     Unter Fluktuationen versteht man Schwankungen der Auf-        beschrieben werden.
     merksamkeit und Wachheit, wobei sich Episoden guter
     kognitiver Funktion, Orientiertheit und Vigilanz mit Episo-   Ferman et al. [34] isolierten aus dem „Mayo Fluctuation
     den erhöhter kognitiver Einschränkung, Verwirrtheit,          Questionnaire“ vier Charakteristika von Fluktuationen, in
     Lethargie und Somnolenz bis hin zum Stupor innerhalb          denen sich DLB- und AD-Patienten besonders von einan-
     von Minuten, Stunden oder Tagen abwechseln [12, 34].          der unterschieden. Dazu gehören Schläfrigkeit und Lethar-
     Fluktuationen kommen bei 50–75 % der Patienten mit            gie tagsüber, mehr als zwei Stunden Tagschlaf, Perioden,
     DLB jeden Stadiums vor [11] und können als spezifisches       in denen die Patienten lange vor sich hin starren und Epi-
     Merkmal zur Abgrenzung einer DLB gegenüber einer AD           soden mit unorganisierter Sprache. Liegen drei oder vier
     nützlich sein. Das setzt allerdings standardisierte Metho-    dieser Symptome vor, handelt es sich in 83 % der Fälle um
     den zur Erfassung von Fluktuationen voraus, um falsche        eine DLB.
     Interpretationen aus Berichten von betreuenden Personen
     zu vermeiden. Der Unterschied zwischen Fluktuationen          Jede der angeführten Methoden dient der besseren Defini-
     bei DLB und denen anderer Demenzen ist sowohl quanti-         tion von Fluktuationen, deren richtige Erfassung ein wich-
     tativer als auch qualitativer Natur und kann durch neuro-     tiger Schritt bei der Diagnose einer DLB ist.
     physiologische Testbatterien und standardisierte Inter-
     views erfaßt werden.                                          MRI
                                                                   Patienten mit DLB zeigen im kranialen MRI weniger me-
     Ballard et al. [35] untersuchten Patienten mit DLB, AD,       diotemporale Atrophie als AD-Patienten [39–41], wohin-
     MP+D und MP mittels der „Cognitive Drug Research Com-
     puterised Batterie“ (CODGRAS-D), wobei „Single Reac-          Tabelle 5: „Clinician Assessment of Fluctuation“ (mod. nach Walker et
     tion Time“, „Choice Reaction Time“, „Cognitive Reaction       al. 2000 [37])
     Time“ und „Digit Vigilance“ ermittelt wurden. Die Stan-       „Fluktuierende Verwirrtheit“ oder „vermindertes Bewußtsein“ werden
     dardabweichungen der gemessenen Zeiten von mehreren           durch eine positive Antwort auf eine oder beide der folgenden Fragen
     Durchgängen ergab den Fluktuationsgrad von Aufmerk-           erfaßt:
     samkeit und kognitiver Funktion. DLB und MP+D zeigten         (a) Zeigt der/die PatientIn eine spontane Verminderung seiner/ihrer
     ein sehr ähnliches Profil mit deutlich größerem Fluktua-          Wachheit oder Konzentration, sieht er/sie zum Beispiel manchmal
     tionsgrad im Vergleich zu AD, MP und normalen Kontrol-            schläfrig aus und starrt vor sich hin, so als ob er/sie nicht wüßte,
                                                                       was um ihn/sie herum vorgeht?
     len. In einer anderen Untersuchung mit derselben Metho-           – Klare Beispiele sind Voraussetzung für eine positive Antwort.
     de, jedoch nur an DLB- und AD-Patienten geringerer                – Sind solche Episoden innerhalb des letzten Monats aufgetreten?
     Schwere durchgeführt [36], wird vor allem auf die Spezifi-        0 = Nein      1 = Ja
     tät der kognitiven Reaktionszeit hingewiesen, da sie die      (b) Schwankt der Grad der Verwirrtheit in letzter Zeit stark von Tag zu
     einzige Reaktionszeit darstellt, die nur bei DLB verlängert       Tag oder von Woche zu Woche? Hat die Verwirrtheit beispielswei-
     ist, sich bei AD jedoch nicht signifikant von normalen            se abgenommen und sich dann wieder verschlimmert, liegt also
                                                                       ein Auf und Ab dieser Symptomatik vor?
     Kontrollen unterscheidet.                                         – Nur wenn klare Beispiele, die sich auf mindestens zwei unter-
                                                                         schiedliche Begebenheiten im letzten Monat beziehen, angege-
     Zur quantitativen und qualitativen Abgrenzung von Fluk-             ben werden können, kann von Fluktuationen gesprochen werden.
     tuationen bei DLB auch schwer dementer Patienten dient            0 = Nein 1 = Ja
     die „Clinician Assessment of Fluctuation Scale“[37]. Fluk-    Ist die obige Beurteilung fluktuierender Verwirrtheit positiv ausgefallen,
     tuationen werden hier durch positive Antworten betreuen-      so sollte sich eine Beurteilung des Schweregrades der Fluktuationen
     der Personen auf Fragen nach den zwei wesentlichen Cha-       anschließen:
     rakteristika von Fluktuationen und Angaben über Häufig-       – Häufigkeit der fluktuierenden           – Dauer der fluktuierenden
     keit und Dauer bestätigt. Die Antworten müssen dabei            Verwirrtheit                              Verwirrtheit
     auch konkrete Beispiele für die erfragte Symptomatik ent-       1 = einmal pro Monat                      0 = Sekunden
                                                                     2 = monatlich–wöchentlich                 1 = ≤ 5 Minuten
     halten, um positiv gewertet zu werden. Die Angaben be-          3 = wöchentlich–täglich                   3 = ≥ 1 Stunde
     ziehen sich auf das Monat vor der Befragung. Die deutsche       4 = ≥ täglich                             4 = ≥ 1 Tag
     Übersetzung der Skala ist in Tabelle 5 wiedergegeben.
                                                                   Gesamtbeurteilung des Schweregrades (= Häufigkeit × Dauer)
     Bradshaw et al. [38] konnten mit der „Clinician Assess-        0 = keine fluktuierende Verwirrtheit
     ment of Fluctuation Scale“ signifikante Fluktuationen für     12 = schwerwiegende fluktuierende Verwirrtheit
                                                                   16 = kontinuierlicher Verwirrtheitszustand (keine Fluktuationen!)
     77 % der untersuchten DLB-Patienten (n = 13) nachwei-

36   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2006
Tabelle 6: Unterschiede zwischen DLB und AD in der kranialen MRI   („regions of interest“) oder durch SPM (statistical para-
• Relativ mehr medio-temporale Atrophie bei AD
                                                                   metric mapping) ist möglich [43].
• Relativ mehr Atrophie des Putamens bei DLB
                                                                   Als roter Faden in der nuklearmedizinischen Unterschei-
                                                                   dung zwischen DLB und AD erwies sich die okzipitale
gegen es zu relativer Atrophie im Bereich des Putamen              Hypoperfusion bei DLB, die nicht mit Lewy-Körperchen-
kommt. Das MRI ermöglicht jedoch im Einzelfall keine               Pathologie ebendort erklärt werden kann [44, 45]. Eine
Diagnose der DLB (Tab. 6).                                         mögliche Erklärung wären dopaminerge Defizite der Reti-
                                                                   na, sodaß der dadurch gestörte visuelle Input in den ge-
Barber et al. [40] stellten mittels MRI fest, daß der hippo-       nannten okzipitalen Regionen Hypoperfusion verursacht
kampale und der parahippokampale Zellverlust (mediale              [46, 47]. Dafür spricht auch, daß okzipitale Hypoperfu-
Temporallappenatrophie) von Patienten mit AD signifikant           sion auch bei MP ohne Demenz gefunden wird, wobei
größer war als bei Patienten mit DLB. Im Hippokampus               hier seit vielen Jahren ein retinales dopaminerges Defizit
selbst konnten die genannten Volumenunterschiede für               bekannt ist. Aber auch die cholinerge Aktivitätsabnahme
seine gesamte Länge nachgewiesen werden. Bei DLB er-               und ein selektiver Untergang cholinerger Neuronen im
gaben sich positive Korrelationen zwischen CAMCOG-                 Nucleus basalis Meynert, der bei DLB ausgeprägter ist als
Scores und dem Volumen der hippokampalen und para-                 bei AD, wurden als Ursache für die okzipitale Hypoperfu-
hippokampalen Region sowie von Gyrus temporalis infe-              sion diskutiert [45–48].
rior und Gyrus temporalis medius. Die Beeinträchtigung
des Kurzzeitgedächtnisses zeigte den stärksten Zusam-              Insgesamt konnte, mit Ausnahme einer Untersuchung
menhang mit den genannten Veränderungen. In allen un-              [44], kein Zusammenhang zwischen okzipitaler Hypo-
tersuchten Regionen (Hippokampus, parahippokampale                 perfusion und optischen Halluzinationen nachgewiesen
Region, Gyrus fusiformis, G. temporalis inferior/medius,           werden. Harding fand bei optischen Halluzinationen eine
G. temporalis superior) korrelierte der Volumenverlust             erhöhte Häufigkeit von Lewy-Körperchen im Temporal-
auch mit dem Alter der DLB-Patienten. Dies wiederum                lappen [49]. Nachdem die okzipitale Hypoperfusion auch
könnte durch die mit dem Alter zunehmende AD-Patholo-              bei MP auftreten kann, stellt sich die Frage einer dopaminer-
gie bei vielen Patienten mit DLB erklärt werden. Es be-            gen bzw. nigrostriatalen Ursache [45–47].
stand bei Patienten mit DLB kein Zusammenhang zwi-
schen dem Ausmaß der Temporallappenatrophie und dem                Nicht nur die unterschiedlichen Methoden der Analyse
Auftreten von Halluzinationen.                                     der mittels SPECT gewonnenen Daten, sondern auch Un-
                                                                   terschiede in der technischen Ausstattung und unter-
Cousins et al. [41] unternahmen MRI-Studien zum Ver-               schiedliche Patientenrekrutierung sind für Diskrepanzen
gleich der Putamenvolumina von AD- und DLB-Patienten               der Untersuchungsergebnisse verantwortlich, welche in
sowie von Kontrollen. Für die absoluten Volumina ergab             Tabelle 7 zusammengefaßt sind [43, 44, 46, 47, 50, 51].
sich eine signifikante Abnahme des Volumens in rechtem             Frontale Hypoperfusion wurde nur in einzelnen Untersu-
und linkem Putamen von Patienten mit DLB im Vergleich              chungen beschrieben [43, 46]. Die Ergebnisse zur Diffe-
zu nichtdementen Kontrollen. Weder die Differenz zwi-              renzierung DLB von AD sprechen aufgrund eines hohen
schen DLB- und AD-Patienten noch zwischen AD und                   Grades an Überlappungen gegen die diagnostische Ge-
Kontrollen erreichte statistische Signifikanz. Aussagekräfti-      nauigkeit der SPECT alleine, jedoch können die daraus
ger als die absoluten Werte waren die Ratios zwischen              gewonnenen Befunde den Verdacht auf eine DLB erhärten
Putamenvolumen und totalem intrakraniellem Volumen,                [44, 47].
welches bei AD im Vergleich zu DLB und Kontrollen ver-
mindert war. Die Involution des Putamen bei AD dürfte              PET
Ausdruck generalisierter Hirnatrophie sein, wohingegen             In Untersuchungen zur Darstellung der zerebralen Meta-
sie bei DLB vom totalen intrakraniellen Volumen unab-              bolismusrate von Glukose (CMRglc) mittels FDG ([18F]-2-
hängig war. Trotzdem kann aufgrund der großen Überlap-             Fluor-Desoxy-D-Glukose) und PET erwies sich, den Ergeb-
pungen der Meßwerte der drei Gruppen die Atrophie des              nissen der HMPAO-/ECD-SPECT entsprechend, der okzi-
Putamens im individuellen Fall nur als diagnostisches              pitale Hypometabolismus bei DLB im Vergleich zu AD als
Hilfsmittel dienen.                                                gemeinsamer Nenner. Daneben wurden zahlreiche ande-
                                                                   re Auffälligkeiten bei DLB mittels PET beschrieben. Neben
MRI-Studien über den Nucleus caudatus [42] bei AD, DLB             dem okzipitalen werden auch der parietale [52] und der
und VD ergaben keine Differenzen zwischen den drei                 temporale Hypometabolismus als Merkmal der DLB im
Gruppen. Auch konnte keine Assoziation von Parkinson-              Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen von der Mehr-
symptomen mit atrophischen Veränderungen des Nucleus               zahl der Autoren beschrieben, wobei ja der herabgesetzte
caudatus festgestellt werden.                                      parietotemporale Energieverbrauch für die AD typisch ist
                                                                   [45]. Bei AD finden einige Autoren verminderten Stoff-
Darstellung der regionalen Hirndurchblutung bei Demenz             wechsel im posterioren Cingulum und mediotemporal
mit Lewy-Körperchen                                                [48, 53], während andere bei DLB weniger Aktivität im
SPECT                                                              Cerebellum beschreiben [46, 48]. Imamura et al. [48]
Der regionale zerebrale Blutfluß und infolgedessen die             untersuchten den Zusammenhang zwischen okzipitalem
Parenchymaktivität können durch Tracer wie 99mTc-
HMPAO (99m Technetium-Hexamethylpropylen-Amino-
oxim) oder 99mTc-ECD (99mTc-Ethyl-Cysteinat-Dimer)                 Tabelle 7: Wahrscheinliche Auffälligkeiten bei DLB im Durchblutungs-
                                                                   SPECT
erfaßt werden, wobei 99mTc-HMPAO häufiger Verwen-
dung findet. Die Analyse der mit einer Gammakamera auf-            • Hypoperfusion okzipitaler Regionen bei DLB
genommenen Bilder erfolgt in der Regel durch visuelle              • Hypoperfusion temporaler Regionen bei DLB und AD
Inspektion, eine relative Quantifizierung durch Ermittlung         • Hypoperfusion parietaler Regionen bei DLB und AD
der Perfusionsindizes bestimmter definierter Regionen

                                                                                       J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2006            37
Hypometabolismus und Veränderungen im nigrostriatalen         Polysomnographie
     dopaminergen System (siehe SPECT), indem sie die PET-         Die bei Demenzen häufig auftretenden Schlafstörungen
     Messungen von DLB-Patienten ohne Parkinsonismus mit           zeigen eine unterschiedliche Änderung des Schlafprofils,
     jenen mit Parkinsonismus verglichen. Es konnten keine         je nachdem, ob es sich um eine AD oder eine DLB han-
     signifikanten Unterschiede festgestellt werden.               delt. Unterschiede zwischen den beiden Gruppen konnten
                                                                   von Grace et al. [61] anhand von Fragebögen erhoben
     Sowohl Spezifität (91 %) als auch Sensitivität (86 %), mit    werden, welche nächtliche Schlafstörungen („Pittsburgh
     denen die DLB von der AD abgegrenzt werden kann, sind         Sleep Quality Inventory“ PSQI, Buysee et al. 1988), die
     bei der Feststellung eines okzipitalen Hypometabolismus       Einschlafneigung tagsüber („Epworth Sleepiness Scale“
     durch PET höher als bei SPECT-Technik. Bezüglich der          ESS, Johns 1993) und die durch Schlafstörungen bedingte
     Sensitivität in der Diagnose einer DLB dürfte die FDG-PET-    Belastung für die betreuenden Personen (aus dem „Neuro-
     Untersuchung aber nicht an die β-CIT- (FP-CIT-) Untersu-      psychiatric Inventory“ NPI, Cummings et al. 1994) erfaß-
     chung, also die In-vivo-Abbildung der Degeneration dop-       ten. Obwohl nur 20 AD- und 17 DLB-Patienten an der Stu-
     aminerger Neurone, heranreichen.                              die teilnahmen, unterschieden sich die beiden Gruppen
                                                                   deutlich in den bei der Beurteilung der drei erfragten Be-
     Darstellung des nigrostriatalen dopaminergen Systems          reiche erreichten Punktezahlen. Sowohl die Störung des
     mittels SPECT bei Demenz mit Lewy-Körperchen                  Nachtschlafes als auch die Einschlafneigung untertags und
     Die Integrität des nigrostriatalen dopaminergen Systems       die Last für die Betreuer wurden bei DLB schwerwiegen-
     kann mittels dopaminerger präsynaptischer Liganden wie        der beurteilt als bei AD. Außerdem ergab sich bei den spe-
     123J-β-CIT oder FP-CIT und SPECT dargestellt werden.          zifischen Schlafproblemen eine stärkere Neigung der
     FP-CIT ist wegen seiner schnelleren Kinetik und seinem        DLB-Patienten zu periodischen Bewegungen im Schlaf,
     damit kürzeren Injektions-Scan-Abstand (3–6 h anstelle        Alpträumen und Verwirrung beim Erwachen. Keine Unter-
     von 20–30 h) praktisch von Vorteil. „Regions of interest“     schiede zeigten sich für die subjektive Schlafqualität,
     sind der Nucleus caudatus, das anteriore und posteriore       Schlaflatenz und Schlafdauer.
     Putamen und der okzipitale Kortex. Radioaktive Ratios
     werden folgendermaßen gebildet: „FP-CIT-Bindung = STR/        Der Objektivierung von Schlafstörungen dient die Poly-
     OCC“, wobei STR die durchschnittliche Radioaktivität des      somnographie (PSG). Hierbei zeigt sich für AD-Patienten
     Striatums als spezifische Region mit hohem Dopamin-           ein gehäuftes Vorkommen von Schlafapnoe, eine Abnah-
     Rezeptorgehalt ist und OCC die mittlere Radioaktivität des    me des REM-Schlafs sowie ein vermindertes Auftreten von
     Okzipitallappens als unspezifische Region mit niedrigem       schlafspezifischen EEG-Mustern wie Schlafspindeln und
     oder keinem Dopamin-Rezeptorgehalt.                           K-Komplexen. Dagegen ist für die DLB der Verlust der für
                                                                   den REM-Schlaf typischen Muskelatonie kennzeichnend
     Patienten mit DLB und MP zeigen eine im Vergleich zu AD       [61]. Bei dieser als „REM sleep behavior disorder“ (REM-
     deutlich reduzierte striatale radioaktive Bindung. Die FP-    BD) bezeichneten Schlafstörung kann es sich entweder
     CIT-SPECT bzw. β-CIT-SPECT werden durchgehend [50,            nur um eine elektromyographisch faßbare Erhöhung des
     51, 54–58] als sensitive Methoden zur Sicherung der klini-    Muskeltonus oder um komplexe motorische Aktivitäten,
     schen Diagnose einer DLB beschrieben.                         also Bewegungen, handeln. Oft werden die motorischen
                                                                   Phänomene von lebhaften Träumen begleitet, an die sich
     Die radioaktive Bindung am präsynaptischen Dopamin-           die Betroffenen nach dem Erwachen noch deutlich erin-
     transporter grenzt die DLB nicht nur von der AD ab, es        nern [62] (Tab. 8).
     ergeben sich auch interessante Unterschiede zu MP. Zwar
     zeigen DLB und MP insgesamt dasselbe Ausmaß an dop-           Außer der DLB zeigen auch die Multisystematrophie, der
     aminergem Transporterverlust, jedoch findet man bei DLB       MP, die spinozerebelläre Atrophie sowie die supranukle-
     eine geringere Caudatus:Putamen-Ratio [56, 59]. Dies          äre Blickparese jene spezifische REM-BD [63]. Anderer-
     kann auf einer selektiven Degeneration von ventrolatera-      seits wurde noch nie über das Auftreten einer REM-BD bei
     len, zum Putamen projizierenden Neuronen der Substan-         reiner AD (ohne Lewy-Körperchen-Pathologie) berichtet.
     tia nigra bei MP beruhen. Eine solche Selektivität der dop-   Das weist auf die Assoziation einer REM-BD mit Synuklei-
     aminergen Degeneration kann bei DLB nicht beobachtet          nopathien hin. Dieser Zusammenhang konnte in retro-
     werden. Putamen und Nucleus caudatus sind hier glei-          spektiven Studien von Boeve et al. [63] bestätigt werden.
     chermaßen betroffen, wodurch sich eine normale Cauda-         Es wurden 15 autopsierte Fälle mit diagnostizierter REM-
     tus:Putamen-Ratio ergibt. Der dopaminerge Transporter-        BD plus Demenz oder Parkinson-Symptomatik identi-
     verlust im Nucleus caudatus und die Degeneration der          fiziert, wobei die neuropathologische Untersuchung in
     dorthin projizierenden, nigralen Neurone könnte auch          12 Fällen DLB und in 3 Fällen MSA lautete. In einer ande-
     kognitive und psychiatrische Symptome der DLB, die bei        ren Studie zeigten 42 von 65 DLB-Patienten (65 %) und
     MP nicht vorkommen, erklären.                                 nur 2 von 196 AD-Patienten (1 %) wahrscheinliche oder
                                                                   mittels Polysomnographie bestätigte REM-Schlaf-assozi-
     Weiters zeigt sich bei MP eine größere Asymmetrie der         ierte Verhaltensauffälligkeiten. Aufgrund solcher Ergeb-
     dopaminergen Wiederaufnahme [56, 59, 60], welche              nisse kann die REM-BD als ein Kriterium der DLB aner-
     mit den UPDRS-Scores korreliert [60]. Die Parkinson-          kannt werden, welches bei der Abgrenzung von einer AD
     Symptomatik bei DLB entwickelt sich symmetrischer als         hilft.
     bei MP.

     Zusammenfassend leistet die β-CIT-SPECT bzw. FP-CIT-          Tabelle 8: Polysomnographie bei DLB und AD
     SPECT einen wichtigen Beitrag zur Diagnose einer DLB.         •   Schlafapnoe bei AD relativ häufig
     Auch wenn gelegentlich falsch positive Befunde vorkom-        •   REM-Schlafverminderung bei AD
     men dürften, ist die Sensitivität der Methode äußerst hoch    •   Verlust der Muskelatonie im REM-Schlaf bei DLB
     und kann eine DLB mittels unauffälligem β-CIT- (FP-CIT-)
                                                                   •   Verlust der Muskelatonie im REM-Schlaf bei Synukleinopathien
     SPECT sehr verläßlich ausgeschlossen werden!

38   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 1/2006
Das Vorkommen einer REM-BD in Assoziation mit Synu-          Auch in dieser Untersuchung wurden keine Korrelationen
kleinopathien hängt mit der Lokalisation der Lewy-Körper-    der myokardialen Befunde mit der Dauer der DLB oder
chen-Pathologie zusammen. Die Physiologie des REM-           dem Vorhandensein einer orthostatischen Hypotension
Schlafes hängt von cholinergen Neuronen der pedunkulo-       festgestellt. Die histologische und immunhistochemische
pontinen Nuklei ab, welche unter inhibitorischem Einfluß     Untersuchung von sympathischen Ganglien von 5 MP-
des Locus coeruleus stehen und für die REM-Schlaf-assozi-    Patienten ergab in 4 Fällen das Vorhandensein von Lewy-
ierte Muskelatonie verantwortlich sind. So könnten Verän-    Körperchen bei erhaltener Neuronenzahl. Zweimal zeigte
derungen im Locus coeruleus im Rahmen einer Lewy-Kör-        sich in der immunhistochemischen Darstellung ein Verlust
perchen-Pathologie zu einer Dysregulation der genannten      der Tyrosinhydroxylase in erhaltenen Nervenzellsomata
cholinergen Neurone und somit zu einer RBD führen [63,       (in 20–30 % der Neuronen). Da in nur einem Fall ein Neu-
64]. Diesbezüglich ist auch der Zeitpunkt des Auftretens     ronenverlust bestand, scheint die Denervation vor dem
der REM-BD interessant. Schlafstörungen und REM-BD bei       tatsächlichen Neuronenverlust einzutreten.
DLB, MP und MSA gehen der Demenz bzw. Parkinson-
Symptomatik oft um Jahre, manchmal sogar um Jahrzehnte       Auch für die DLB wird die Anwesenheit von Lewy-Körper-
voraus, was die sequentielle Ausbreitung der Pathologien,    chen-Pathologien in den autonomen Ganglien, wie sie bei
kaudal im Hirnstamm beginnend, widerspiegeln könnte          MP beobachtet wird, angenommen. Die aus der Untersu-
[63]. Parasomnien sind dabei nicht obligat, es gibt auch     chung von Suzuki et al. [67] hervorgehende stärkere sym-
subklinische bzw. präklinische Formen der REM-BD, die        pathische Denervation bei DLB im Vergleich zu MP könn-
sich nur im EMG an einer erhöhten phasischen oder toni-      te einerseits auf einem stärkeren Befall von sympathischen
schen Muskelaktivität zeigen und erst Jahre später in Form   Grenzstrangganglien bei DLB beruhen, andererseits könn-
von Schlafstörungen symptomatisch werden. Die PSG            ten auch hippokampale Strukturen als zentrale Steue-
eröffnet somit die Möglichkeit einer Verdachtsdiagnose       rungsstelle autonomer Funktionen und die dortige Lewy-
„subklinische DLB“, und könnte zur sekundären Präven-        Körperchen-Pathologie eine Rolle spielen.
tion dieser Demenz durch vorzeitige medikamentöse
Behandlung mit Cholinesterasehemmern beitragen, was          Die sich durch die frühe sympathische Denervation bei
jedoch noch der Untersuchung harrt [63].                     DLB ergebenden deutlichen Unterschiede zwischen DLB
                                                             und AD in der myokardialen [I-123]-MIBG-Szintigraphie
[I-123]-MIBG-Myokardszintigraphie                            könnten diese Untersuchung zu einer Methode zur frühen
Metaiodobenzylguanidine (MIBG) ist ein physiologisches       Erkennung einer DLB machen.
Analogon des Noradrenalins und wird somit aktiv in
sympathische Nervenendigungen aufgenommen. Mittels
[I-123]-MIBG-Szintigraphie können Schädigungen myo-                         Zur Therapie der Demenz
kardialer sympathischer Nervenfasern unterschiedlicher                        mit Lewy-Körperchen
Genese (Herzerkrankungen, Neuropathien) dargestellt
werden. Als Vergleichsregion gegenüber dem Myokard           Das Erkennen einer DLB ist wichtig, um rechtzeitig die
dient das Mediastinum, wobei sich im Normalzustand           pharmakologische Intervention in Form des Cholinesterase-
eine szintigraphische Herz/Mediastinum- (H/M-) Ratio von     hemmers Rivastigmin zu beginnen und Komplikationen
ca. 2 ergibt.                                                durch Neuroleptika oder Anticholinergika möglichst zu
                                                             vermeiden [24]. Etwa 50 % aller mit Neuroleptika behan-
Während sich die H/M-Ratios von AD-Patienten nicht von       delten DLB-Patienten zeigen teils lebensbedrohliche Re-
jenen altersgleicher Kontrollen unterscheiden, sind sie      aktionen im Sinne einer Neuroleptikasensitivität, wie sie
hingegen bei DLB-Patienten deutlich niedriger [65, 66].      auch bei Patienten mit MP gefürchtet sind. Dazu gehören
Diese Reduktion ist nicht an das Vorhandensein von ve-       erhöhte Rigidität, Immobilität und Sturzneigung sowie
getativen Symptomen, wie zum Beispiel orthostatischer        Bewußtseinsstörungen bis hin zum Koma, Sedierung und
Hypotension, gebunden.                                       Intensivierung oder Neuauftreten neuropsychiatrischer
                                                             Symptome. Die geringe Dichte striataler postsynaptischer
Bei verminderten H/M-Ratios in der [I-123]-MIBG-Szinti-      D2-Rezeptoren bei DLB könnte hierbei eine Rolle spielen
graphie handelt es sich um eine Gemeinsamkeit von DLB        (Tab. 9).
und MP. In einer Untersuchung von Suzuki et al. [67] zeig-
ten allerdings DLB-Patienten (H/M ~1,25) gegenüber MP-       Obwohl atypische Neuroleptika ein niedrigeres Risiko für
Patienten (H/M ~1,58) eine noch stärkere Verminderung        die genannten Überempfindlichkeitsreaktionen aufwei-
ihrer H/M-Ratios, wobei sich auch Patienten mit MP in der    sen sollen, sind auch außer für Quetiapin Berichte über
[I-123]-MIBG-Aufnahme von den Kontrollen (H/M ~2,08)         schwere Folgen neuroleptischer Sensitivität bekannt [21,
unterschieden. Im Gegensatz zu MP korreliert die Reduk-      69, 70]. Darüber hinaus kann sich bei Patienten mit DLB
tion der H/M-Ratios bei DLB nicht mit dem Hoehn-und-         auch die anticholinerge Wirkung von Clozapin und Olan-
Yahr-Stadium der Parkinson-Symptomatik. So scheint es        zapin stärker auswirken als bei AD, VD oder MP.
im Krankheitsverlauf der DLB früher als bei MP zu einer
sympathischen Denervation des Myokards zu kommen.

Auch die immunhistochemische Darstellung der Tyrosin-        Tabelle 9: Medikamentöse Besonderheiten bei Demenz mit Lewy-
                                                             Körperchen
hydroxylase (TH) in sympathischen Nervenendigungen
des Myokards bestätigte eine Denervation als Merkmal der     • Cave: Anticholinergika
Lewy-Körperchen-Krankheiten. Im Myokard von MP- und          • Cave: klassische Neuroleptika („Neuroleptikasensitivität“)
DLB-Patienten sowie von DLB-Patienten mit begleitender       • Cave: atypische Neuroleptika (Ausnahme: Quetiapin)
Alzheimer-Pathologie konnten Orimo et al. [68] einen fast    • Gutes Ansprechen auf den Acetylcholinesterase-Hemmer Rivastigmin
vollständigen Verlust von TH-immunoreaktiven Nervenfa-       • Memantine nicht empfohlen
sern nachweisen, während sich bei AD, PSP und MSA kei-       • Dopaminagonisten nicht empfohlen
ne Hinweise auf eine sympathische Denervation ergaben.

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