"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
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Nummer 13 25. Juni bis 8. Juli 2017 Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau «Dialogue en Route» Religionen hautnah erleben
Interreligiöser Dialog Editorial Religiöse Vielfalt entdecken Wir waren alle sehr gespannt, was uns in Startschuss für das Projekt «Dialogue en Route» dem alten Bahnhofsgebäude, das zu einer Moschee umgebaut worden war, erwarten würde. Wir, das waren Seel- Eine Gruppe junger Menschen fährt mit nichtreligiösem Hintergrund zur Verfügung sorgerinnen und Seelsorger aus unserem dem Velo quer durch die Ostschweiz nach gestellt und ausbilden lassen. Dekanat, die der Einladung des Türkisch- Zürich. Sie macht Halt in Kirchen, «Im Unterschied zu herkömmlichen Führun- Islamischen Vereins gefolgt waren. Der Moscheen und Tempeln und eröffnet da- gen, wo ein Priester oder Imam den Glau- Vorsitzende des Vereins führte uns mit das Projekt «Dialogue en Route», das ben eher aus einer theoretischen, dogmati- durchs ganze Haus, angefangen beim ab Juli Einblicke in verschiedene Religio- schen Perspektive darstellt, steht bei grossen Gebetsraum, über den Gebets- nen ermöglicht. unserem Projekt mehr die glaubensprakti- raum der Frauen bis hin zur kleinen sche Ebene im Vordergrund: Junge Men- Küche. Im Anschluss sassen wir noch im In der Schweiz leben Menschen ganz unter- schen bringen ein, was ihnen ihr Glaube be- kleinen Bistro der Gemeinde zusammen schiedlicher Weltanschauungen und Reli- deutet und wie sie ihn konkret leben», sagt und fragten ihn, was wir schon lange gionen. Doch wer kennt schon die muslimi- Moira Grieger, Kommunikationsbeauftragte wissen wollten: wie die Gebetszeiten bei schen Feste, die die Arbeitskollegin jedes für «Dialogue en Route». Neben den Treffen ihnen besucht sind, ob er schon einmal in Jahr feiert? Wer weiss, wie sich sein hindu- an verschiedenen Stationen könne man Mekka war und warum seine Tochter kein istischer Nachbar die Welt vorstellt? Die sich auch auf thematische Routen bege- Kopftuch trägt... Es war eine spannende Interreligiöse Arbeitsgemeinschaft in der ben, die über religiöse und gesellschaftlich Begegnung. Doch was mir besonders in Schweiz IRAS COTIS möchte mit ihrem Pro- relevante Fragen informieren. Es gebe auch Erinnerung geblieben ist, war das Nach- jekt «Dialogue en Route» dazu beitragen, Angebote, die ohne Guides geplant seien. mittagsgebet, das wir miterleben durften. dass ein Austausch unter den Religionen Ich war beeindruckt, wie gesammelt und stattfindet, dass vor allem junge Menschen Von der Kathedrale zum Shiva Tempel wie ehrfürchtig diese Männer ihrem Gott sich für Glaubensfragen interessieren und Die ersten Stationen und Routen des Pro- begegneten. Ich bin an diesem Tag mit in ihrer Dialogkompetenz gestärkt werden. jektes wurden in der Ostschweiz und rund einem neuen Gefühl für die Grösse, Un- Ziel ist es, Vorurteilen, Misstrauen und um Zürich eingerichtet. Nun soll dieser Teil endlichkeit und Unverfügbarkeit Gottes jeglicher Form von Fundamentalismus den seiner Bestimmung übergeben werden. nach Hause gefahren. Dieses geistliche Boden zu entziehen und somit ein fried- Dazu besuchen die Guides vom 25. Juni Erlebnis hat mich lange Zeit beschäftigt. liches Zusammenleben zu ermöglichen. bis 2. Juli die entsprechenden Orte mit dem Velo und verbinden diese Besuche mit Der Paderborner Professor für Syste- Glauben ganz praktisch kleinen Aktionen. Interessierte können sich matische Theologie, Klaus von Stosch, Die Idee des Projektes «Dialogue en Route» der Tour anschliessen. beschreibt einen solchen Zugang zu einer ist, dass man sich an ausgewählten religiö- Diese beginnt mit einem Abendessen bei anderen Religion mit dem Begriff Empa- sen Stätten und Kulturorten mit sogenann- den Benediktinern im Kloster Disentis. Sie Titelbild: Es geht los: Die Guides besuchen alle Stationen von «Dialogue en Route» mit dem Velo. Bild: zVg thie. Er versteht darunter die Fähigkeit, ten «Guides» trifft, um dort mehr über eine führt dann über Ilanz, Chur und Hohenems sich von Rituale anderer Religionen Glaubensrichtung oder eine Idee zu erfah- nach Altstätten, wo die Teilnehmenden vom berühren und verändern zu lassen. Sie ren und sich darüber auszutauschen. Als serbischen Kulturverein in den traditionel- ist für ihn eine von fünf Haltungen, die Guides haben sich junge Menschen mit jü- len Volkstanz eingeführt werden. In St. Gal- dem interreligiösen Dialog Tiefe verleihen dischem, christlichen, muslimischem, hin- len sind unter anderem ein interreligiöses (vgl. www.3alog.net). duistischem, buddhistischem und auch Morgengebet in der Haldenkirche und Füh- Sich über andere Glaubensrichtungen zu rungen in der Kathedrale und der Stiftsbi- informieren, erweitert unsere Kenntnis bliothek geplant. Am 29. Juni erreicht die darüber, weckt ein gewisses Verständnis. Gruppe die Station «Albanische Moschee Aber andere Gläubige bei ihrem religiösen Inhalt Kreuzlingen», die mit einer Führung und ei- Vollzug zu erleben und sich selbst darauf nem Grillfest eröffnet wird. Einen Tag spä- einzulassen, ermöglicht eine Begegnung Thurgau 4–5 ter erlebt sie das klösterliche Ambiente der jenseits des Intellekts. Es führt uns zu Mehr als ein Kunstwerk Kartause Ittingen. Über Rikon (Tibet-Insti- jener geheimnisvollen Mitte, um die die Ein Kreuz kehrt nach Kreuzlingen zurück tut), Schlieren, (Shiva Tempel) führt der Religionen schon jahrtausendelang krei- Weg nach Opfikon, wo das Wagenfest des sen und der sich jede auf ihre Weise an- Thurgau 7 Shiva Tempels stattfindet. Im Krishna Tem- zunähern versucht. Das Projekt «Dialogue Erwachsenenbildung wird gestärkt pel auf den Zürichberg nehmen die Guides Synode der Landeskirche Thurgau en Route» bietet in Kirchen, Moscheen, an einer Tempelzeremonie teil. Beendet Tempeln und Meditationsräumen Ge- wird die Eröffnungstour mit einem Streifzug Kinder fragen … 9 legenheit für solch intime religiöse Wie kam Grossvater in den Himmel? durch Zürich zu religiös bedeutsamen Or- Erfahrungen. Eine Bereicherung für den ten der Stadt und einem Fest im Toni-Areal. Einzelnen, die Glaubensgemeinschaften Kurse · Tagungen 14 und die Gesellschaft. Nicht nur für Schüler Gottesdienste an den Wochenenden 15 Das Projekt «Dialogue en Route» wurde zum Filmtipp einen für Schulklassen konzipiert. «Wir ver- stehen es als Beitrag zum ausserschuli- Kalenderblatt · Zum Schluss 16 schen Lernen, das im Lehrplan 21 für das 2 forumKirche | 13-2017
Interreligiöser Dialog Bilder: zVg News ■ Bistum verweigert die Missio Laut «Tages-Anzeiger» hat sich ein homo- sexueller Theologe für eine teilzeitliche Seelsorgestelle an der psychiatrischen Klinik St. Urban LU beworben. Die Klinik habe «routinemässig» beim Bistum Basel um die Erteilung der Missio, der kirch- lichen Beauftragung, nachgefragt. Dies sei von Seiten des Bistums abgelehnt worden, weil der Betroffene in einer eingetragener Partnerschaft mit einem Mann lebe. ■ Ausweitung der Freitodbegleitung Auf ihrer Generalversammlung beschloss die Selbstbestimmungsorganisation Exit die Bildung einer Arbeitskommission, die weitere Liberalisierungsbemühungen prüfen soll. In einem Jahr soll diese dar- über berichten, wie und in welcher Weise weitergehende Massnahmen für einen erleichterten Zugang zum Sterbemittel Florian Bachofner steht in der Kartause Ittingen als Guide zur Verfügung: «Bei einem Besuch in der Natrium-Pentobarbital (NaP) für betagte Kartause merke ich, wie sukzessive Tempo aus meinem Umfeld herausgenommen wird, ich mich Menschen möglich wären. zurückziehen kann und die Seele zur Ruhe kommt …» ■ Mehr Priesteramtskandidaten in England Die Kirche von England verzeichnet einen Fach ‹Religion und Kultur› angeregt wird», er- Das von IRAS COTIS lancierte Projekt wird deutlichen Zuwachs bei den Priesteramts- klärt Moira Grieger. Zum anderen sind aber von den Vertretungen der grossen Religio- kandidaten. Nach ihren Angaben werden auch Erwachsene – in Gruppen oder als Ein- nen wie der Schweizer Bischofskonferenz in diesem Herbst 543 Frauen und Männer zelpersonen – eingeladen, an den Stationen SBK, dem Schweizerischen Evangelischen in ganz England eine Ausbildung zum und Routen verschiedene Formen von Reli- Kirchenbund SEK, der Föderation Islami- Priester beginnen, gegenüber 476 im gion und Weltanschauung zu erleben und scher Dachorganisationen der Schweiz FIDS Vorjahr. Das ist ein Plus von 14 Prozent. darüber ins Gespräch zu kommen. und dem Schweizerischen Israelitischen Ein Viertel der angehenden Studenten sei Das Angebot in der Kartause Ittingen ist Gemeindebund SIG unterstützt. jünger als 32 Jahre; der Anteil weiblicher mit dem Titel «Gemeinsam still» überschrie- Studenten mache nun 52 Prozent aus. ben. Angeregt durch das Schweigen der Detlef Kissner ■ Vatikan befragt Jugendliche ehemaligen Kartäusermönche können Be- Der Vatikan hat eine weltweite Befragung sucherinnen und Besucher dort eine Drei Guides erzählen von sich von Jugendlichen zur Vorbereitung der Schweigemeditation erleben und sich über Abirami: Wo ist die Grenze zwischen Reli- nächsten Bischofssynode gestartet. Stille und ihr Kommunizieren Gedanken gion und Kultur? Was für eine Rolle hat die Erfasst werden auf einem Online-Frage- machen. Die Moschee in Kreuzlingen bietet Religion in meinem Leben? Wo unterschei- bogen unter youth.synod2018.va. die Möglichkeit, mehr über die Grundlagen den sich die Kulturen, in denen ich aufge- Erfahrungen mit dem Erwachsenwerden, des Islam zu erfahren, an einem Gebet teil- wachsen bin? Solche Fragen beschäftigen die Lebensziele Heranwachsender, ihre zunehmen und sich mit Jugendlichen und Sicht von Familie, Arbeit und Religion jungen Erwachsenen der Albanisch-Islami- sowie Angaben zur Nutzung des Internets. schen Gemeinschaft über Perspektiven von Auf www.jugend-macht-kirche.de wurde Integration auszutauschen. eine deutsche Fassung online gestellt. Weitere Stationen ■ Exkommunikation von Mafiosi geplant Die Vorbereitungen für das umfangreiche Der Vatikan denkt offenbar über eine Projekt laufen schon seit 2014. Zusammen härtere Gangart gegen kriminelle Vereini- mit den jungen Guides wurden die Angebo- gungen nach. Künftig könnte bereits die te an den Stationen und auf den Routen Zugehörigkeit zum organisierten Verbre- nach und nach entwickelt. Nun wird der ers- chen automatisch zur Exkommunikation te Teil von «Dialogue en Route» in der Ost- führen. Eine Arbeitsgruppe bereite ein schweiz und Zürich eröffnet. 2018 sollen Dokument vor, das «die Frage einer Ex- weitere Angebote in der Zentral- und Nord- kommunikation wegen Korruption und westschweiz und im Tessin folgen. Und Zugehörigkeit zu einer mafiösen Vereini- noch ein Jahr später wird das Projekt auf gung vertieft», so der Vatikan. das Mittelland und die Region um den Gen- kath.ch/Red. fer See ausgedehnt. (Fortsetzung nächste Seite) forumKirche | 13-2017 3
Interreligiöser Dialog · Thurgau Mehr als ein K Ein Kreuz kehrt nach Kreuzling (Fortsetzung von Seite 3) mich schon seit langem, da ich selber in gleich in die gesellschaftliche Norm passt. Nach über 160 Jahren kommt das silberne Zürich in einem Umfeld mit verschiedenen Doch braucht es diese Norm überhaupt? Kreuz, in dem bis 1848 ein Holzsplitter Religionen und Kulturen aufgewachsen bin. Oder können wir einfach so leben, wie es des Kreuzes Jesu aufbewahrt wurde, Und solche Fragen haben mich auch zur uns persönlich entspricht? Mein Ziel ist es, wieder an seinen Ursprungsort zurück. Teilnahme am Projekt «Dialogue en Route» Menschen anzuregen, Fragen zu stellen Ab 2. Juli kann dieses Kunstwerk in der motiviert. und offen zu sein für Unbekanntes, Frem- Kirche St. Ulrich Kreuzlingen bestaunt Dieses Projekt bietet mir die Gelegenheit, des und auch Neues. Ich finde es sehr werden. Es ist eng verwoben mit der als Guide mit Gleichaltrigen über solche wichtig, dass man Menschen nicht auf den Geschichte der Pfarrei und der Stadt. Fragen zu diskutieren und gleichzeitig auch ersten Blick in eine Schublade steckt und einen vertieften Einblick in die anderen Ge- sich nicht – basierend auf Vorurteilen – Bei der Neugestaltung des Hausmuseums meinschaften in meiner Umgebung zu er- eine Meinung bildet. der Kirchgemeinde, das unter anderem halten. Als Guide habe ich zudem die Mög- Informationen zur Geschichte des Chor- lichkeit, eine Religionsgemeinschaft vor Ort herrenstifts und der Pfarrei beherbergt, ent- erfahrbar zu machen und zu zeigen, wie ich deckte Jules Brenneis ein Schwarzweiss- selber den Hinduismus hier ausübe. Umge- foto, auf dem ein filigran gearbeitetes kehrt, habe ich auch eine Chance, die Sicht Silberkreuz zu sehen war. Dem Foto war der der Mitmenschen zu erfahren. In verschie- Hinweis beigefügt, dass in diesem Kunst- denen Diskussionen kann ich feststellen, werk bis 1848 der Kreuzpartikel des Chor- was für Erwartungen bezüglich der Religio- herrenstifts aufbewahrt war (siehe Kasten) nen herrschen und in welcher Form die und dass es sich in den Vatikanischen unterschiedlichen Religionen im Alltag an- Museen befindet. «Was macht das Kreuz zutreffen sind. dort? Das gehört doch hierher», dachte sich Jules Brenneis. Er begann Nachforschun- gen zur Geschichte des Kreuzes anzustel- len, befragte in diesem Zusammenhang auch den Lokal-Historiker Georg Strasser. Diesem waren das Kreuz und seine ver- schlungenen Wege bekannt. Er versicherte Brenneis, dass er es 1995 bei einem Be- Haris: Ich bin 23 Jahre alt und studiere such der Vatikanischen Museen gesehen Psychologie an der Universität Zürich. Ich habe. Auf einer Romreise vor zwei Jahren bin in Deutschland geboren, meine Eltern machten die beiden sich auf die Suche sind ursprünglich aus Mazedonien und ge- nach dem 460 Jahre alten Kunstwerk und hören einer türkischen Minderheit an. Ich entdeckten es wieder in einer Vitrine des verstehe mich als Schweizer Bürger musli- «Museo Cristiano». Damit war die Idee ge- mischen Glaubens. Mein Hintergrund ist boren, es wieder nach Kreuzlingen zu holen. von einer kulturellen Vielfalt geprägt, was ich als eine immense Bereicherung an- Nur an Museen sehe. Bei «Dialogue en Route» kann ich Zusammen mit ihrem Pfarrer Alois Jehle, Diversität vorleben, Mannigfaltigkeit, an- der gute Kontakte zu vatikanischen Behör- Dina: Schon mein ganzes Leben lang woh- treffen und Vielfalt sichtbar machen. den hat, bildeten sie ein Projektteam. ne ich in Bern. Mein Vater ist aus England Als Guide habe ich die Möglichkeit, selbst Schon bald wurde ihnen klar, dass es nicht und meine Mutter wurde in Israel geboren. Unbekanntes zu entdecken und andere leicht werden würde, das Vorhaben umzu- Wegen meinen Locken sehe ich nicht un- beim Entdecken von Neuem anzuleiten. Ich setzen. «Wir erfuhren, dass solche Objekte bedingt aus wie eine Schweizerin oder wie setze mich für die Vermittlung von Kennt- prinzipiell nicht an Pfarreien, sondern nur eine Engländerin, sondern eher wie eine nissen ein und fördere die Begegnungen an Museen verliehen werden», erzählt Jules Israelin. Und trotzdem fühle ich mich in ers- zwischen Menschen unterschiedlicher reli- Brenneis. Dieser Dämpfer konnte sie nicht ter Linie als Schweizerin. Ich bin jüdisch giöser sowie kultureller Traditionen und davon abhalten, für ihr Projekt zu werben und stehe dazu, und ich finde alles, was Lebensweisen. Dabei hoffe ich, zum Abbau und dafür namhafte Unterstützer wie mich ausmacht, widerspricht sich nicht. von Ängsten und Unsicherheiten beizutra- Bischof Felix Gmür, Edward Gullickson, Man sollte Menschen mit verschiedenen gen, Vertrauen aufzubauen und Vorurteile Apostolischer Nuntius der Schweiz, oder ethnischen und religiösen Hintergründen aufzulösen. Andreas Netzle, Stadtpräsident von Kreuz- kennenlernen können und auch offen und lingen, zu gewinnen. Sie bewarben sich respektvoll Fragen stellen dürfen. IRAS ■ Nähere Infos und Anmeldung zur Eröff- schliesslich mit einer Dokumentation, die COTIS bietet eine solche Plattform, und das nungstour bzw. zu den Stationen und detaillierte Angaben zur Stadt, zur Pfarrei möchte ich unterstützen. Jeder Mensch hat Routen unter www.en-route.ch und zur gemeinsamen Geschichte machte einen gewissen Hintergrund, der nicht und ein ausgefeiltes Ausstellungkonzept 4 forumKirche | 13-2017
Thurgau Kunstwerk gen zurück Ab 2. Juli wird das werden. «Wir wollen auch die Kreuzreliquie, 460 Jahre alte wenn möglich, wieder an ihrer ursprüng- Reliquienkreuz lichen Stelle im Kreuz einsetzen», sagt wieder in Kreuzlingen Jules Brenneis. Das Projektteam freut sich zu sehen sein. auf den festlichen Gottesdienst zum Patro- zinium, an dem das Kleinod enthüllt wird. Und es hofft auf die Nachricht aus Rom, dass das silberne Kreuz irgendwann ganz in Kreuzlingen bleiben kann. Warum auch nicht? Schliesslich sei das ganze Projekt unter einem guten Stern gestanden, so Brenneis. Detlef Kissner Ein Blick in die Geschichte 950 stiftete Bischof Konrad (934 – 975) dem Konstanzer Armenhospiz eine Kreuzreliquie, die er aus Jerusalem mit- gebracht hatte. Mit der Verlegung des Hospizes in das neu gegründete Augusti- Bild: Musei Vaticani, Città del Vaticano ner Chorherrenstift wanderte 1125 auch die Reliquie an diesen Ort. Ihr hat der Stiftsbezirk seinen Namen «crucelin» (Kreuzchen) zu verdanken, der später auch auf die Stadt Kreuzlingen überging. 1557 schenkte Abt Georg Tschudi (1545 – 1566) dem Chorherrenstift Kreuzlingen ein silbernes Reliquien- kreuz, das von Meister Remigius Meyer, einem Konstanzer Silberschmied, ge- enthielt. Dieses Dossier trägt den viel- äusserten wir den Wunsch, es zehn Jahre schaffen wurde. In diesem Gefäss wurde sagenden Titel «Das Kreuz – zurück in lang als Leihgabe zu erhalten», erklärt der Kreuzpartikel sichtbar aufbewahrt. seiner Heimat». Jules Brenneis. Begründet wurde dieser Mit der Aufhebung der Klöster im Thur- lange Zeitraum mit dem 100-Jahr-Jubiläum, gau 1848 wurden diese vom Kanton ent- Ein Stück Identität das die Stadt 2027 feiern wird. Die Mu- eignet. Das silberne Reliquienkreuz wur- Jules Brenneis betont die Bedeutung, die seumsverwaltung stimmte schliesslich de wie viele andere Kultgegenstände das Reliquienkreuz für Kreuzlingen hat: dem Kreuzlinger Antrag für eine vorläufig versteigert, wechselte mehrfach den «Das Museum und dessen Besucher sehen begrenzte Dauer zu, hielt aber vertraglich Eigentümer und gelangte schliesslich in in ihm lediglich ein Ausstellungsstück, für fest, dass eine Verlängerung der Leihdauer den Besitz des Vatikans. Der Kreuzparti- unsere Pfarrei und unsere Stadt verkörpert jeweils neu beantragt werden könne. kel verblieb in der Klosterkirche. Er wur- es ein Stück Identität.» Er verweist in die- de von da an in einem neu geschaffenen sem Zusammenhang auf das Medaillon Mit Reliquie Hochaltarkreuz aufbewahrt. unter dem Kreuz, auf dem ein wichtiger Teil Unklar blieb zunächst, ab wann das Kreuz 1927 bzw. 1928 schlossen sich die Ge- der Geschichte des Kreuzes festgehalten nach Kreuzlingen kommt. Die Hoffnung, meinden Kurzrickenbach, Egelshofen- wurde – eine Geschichte, dem der Ort dass es bis zum Patrozinium am 2. Juli Kreuzlingen und Emmishofen zu einer südlich von Konstanz letztlich auch seinen reichen könnte, wurde immer kleiner. Munizipalgemeinde zusammen, die in Namen verdankt. «Das Kreuz ist ein Be- Schliesslich erreichte die Initiatoren vor Anlehnung an das «crucelin» den Namen standteil der Klosterkirche», so Brenneis. Christi Himmelfahrt die freudige Nachricht, Kreuzlingen erhält. Beim Grossbrand der Darüber hinaus könne es an seinem dass sie mit dem ersehnten «Heimkehrer» Kirche 1963 konnte das Altarkreuz mit Herkunftsort wieder seiner ursprünglichen, ihr Fest feiern können. Die Vorbereitungen der Reliquie glücklicherweise gerettet liturgischen Bestimmung dienen: der liefen auf Hochtouren. werde. Als Anerkennung für den gelunge- Sammlung und dem Gebet. Das Reliquienkreuz, das eigens von einer nen Wiederaufbau wurde die Kloster- Dem Projektteam war klar, dass sie das Kuratorin aus dem Vatikan in seiner neuen kirche vor 50 Jahren zur «Basilica minor» Reliquiar weder als Geschenk erhalten, Vitrine aufgestellt wird, kann dann hinter erhoben. noch dem Museum abkaufen können. «So dem Chorgitter von St. Ulrich bewundert forumKirche | 13-2017 5
Schaffhausen/Schweiz Mit Bruder Klaus unterwegs Verein 600 Jahre Niklaus von Flüe mit zwei Projekten Bild: Trägerverein «Mehr Ranft»/Sibylle Kathriner fortgeführt. Dann besuchen Gymnasiasten Schulklassen in der Westschweiz – und referieren auf Französisch. Mobiles Einkehrhaus Ende Juni startet ein weiteres Projekt des Trägervereins: Unter dem Namen Niklaus von Flüe – Unterwegs macht ein mobiles Einkehrhaus in verschiedenen grösseren Schweizer Städten Halt. Die Veranstalter wollen zum einen «über die gelebten Werte und das weitgreifende Wirken des Friedens- botschafters und Ratgebers informieren». Zudem wollen sie Interessierten einen Au- genblick der Begegnung mit Niklaus von Flüe ermöglichen, den sie gleichsam «unge- stört mit dem Menschen, Mystiker und Mittler teilen». Konkret stellen sie Passan- ten einen Ort zur Verfügung, der zur «Besin- nung und zur Selbstreflexion» einladen soll. Sie wollen Interessierten zentrale Werte vermittelt, für die Bruder Klaus bis heute steht. Im Wesentlichen lautet die Bot- Für Bruder Klaus unterwegs: Botschafterinnen im Einsatz schaft: Weniger ist mehr. Im mobilen Haus der Besinnung sind Passanten deshalb ein- geladen, aus dem Alltag herauszutreten Gleich zwei ganz unterschiedliche Projek- nach. Vertieft wurde ihre zweistündige Prä- und innezuhalten. In drei Schritten – War- te des Vereins 600 Jahre Niklaus von Flüe sentation durch Filmausschnitte und ein ten, Begegnen, Reflektieren – werden sie in sorgen für Schlagzeilen. Sie haben eines Quiz. Anhand eines Dominospiels konnten die Stille geführt. Wichtig: Wenn der Besu- gemeinsam: Sie bringen Bruder Klaus zu Schüler der sechsten Klasse in Schleit- cher den abgedunkelten Meditationsraum den Menschen. heim abschliessend ihr Wissen testen. betritt, lässt er Handy, Uhr und Schuhe Laut der Projektverantwortlichen Francesca draussen. Wer sich auf das Experiment ein- Der Kanton Obwalden ist der Heimatkanton Moser ist die Kampagne ein voller Erfolg. lässt, erlebe fünf bereichernde Minuten, von Niklaus von Flüe (1417–1487). Das «Ich habe nur positive Rückmeldungen er- sind die Veranstalter überzeugt. nehmen Staat und Kirche zum Anlass, das halten, sowohl von den besuchten Klassen, Leben und Wirken des Heiligen im gesell- als auch von den Schülerinnen und Schü- Sibylle Zambon-Akeret schaftlichen, religiösen und politischen lern, die für Bruder Klaus unterwegs sind», Umfeld bekannter zu machen. Dazu wurde sagte Moser gegenüber Schweiz aktuell. eigens ein gemeinsamer Trägerverein ge- Nach den Sommerferien wird das Projekt ■ Weitere Infos: www.mehr-ranft.ch gründet. Der organisiert zusammen mit einem schweizweiten Netzwerk das Ge- Bild: zVg denkjahr für den Emeriten vom Ranft. Erfolgreiches Schulprojekt Im Rahmen des Gedenkjahres haben sich rund 70 Jugendliche aus dem Kanton Ob- walden auf den Weg gemacht und besu- chen noch bis zu den Sommerferien Schul- klassen in der ganzen Schweiz. Über hundert sind es schon. Ein Team aus Sar- nen war letzte Woche mit seiner Mission im Kanton Schaffhausen. SRF berichtete in der Sendung Schweiz aktuell darüber. Die Botschafter, in diesem Fall je zwei Sekun- darschüler und -schülerinnen aus Sarnen, zeichneten in Kurzvorträgen das Leben und Wirken des Schweizer Nationalheiligen Das mobile Begegnungshaus im Rohbau 6 forumKirche | 13-2017
Thurgau Erwachsenenbildung wird gestärkt Synode der Landeskirche Thurgau Bild: Arianna Maineri Luterbacher Die katholische Landeskirche Thurgau schafft eine zusätzliche, unbefristete Stelle in der Erwachsenenbildung. Der Entscheid der Synode stützt die Position des Kirchenrats. Und die Beratungen für die gesetzlichen Grundlagen der Landes- kirche gehen nun in der Synodal- kommission weiter. An ihrer Sommersitzung berieten die Synodalen der katholischen Landeskirche Thurgau den Tätigkeitsbericht und die Rechnung 2016. Im Rathaus Frauenfeld entschied das «katholische Parlament» über die Verwendung des Überschusses von rund CHF 430‘000. Dabei erhielten die Anträge des Kirchenrats volle Zustimmung: CHF 280‘000 nähren das Eigenkapital der Landeskirche. Je CHF 75‘000 fliessen in zwei Projekte der kommenden Jahre; den künftigen Web-Auftritt «Katholische Kirche im Thurgau» und das Jubiläum «150 Jahre Thurgauer Landeskirchen – 2019/20». Markus Signer (Arbon) wurde einstimmig als Mitglied des Synodenbüros gewählt. Er ist Nachfolger von Benedikt Wey, der 2016 aus gesundheitlichen Gründen von Kirchenratspräsident Cyrill Bischof (r.) übergibt dem Vorsitzenden der Synode, Dr. Alois Schwager, einen Frauenfeld wegzog. Stick mit den Entwürfen für die neue Rechtsgrundlage der katholischen Landeskirche Thurgau. Landeskirchen feiern gemeinsam Die evangelische Kirche und die katholi- renz (DOK) möchten ihre Beratungen über Frühjahr 2018 berät die Synode das neue sche Kirche sind im Kanton Thurgau seit die Einführung neuer Ausbildungen weiter Gesetzeswerk im Plenum. Dafür plant sie bald 150 Jahren öffentlich-rechtlich aner- vertiefen. Doch die KEB soll ihre Tätigkeit zwei bis drei ausserordentliche Sitzungen. kannt. Synodale Paul Würms (Bischofszell) dauerhaft verbreitern und verstärken sprach sich im Namen der Finanzkommis- können. Der Meinung des Kirchenrats war Arianna Maineri Luterbacher, sion dafür aus, das Jubiläum gemäss Vor- heute auch die Synode. Sie beschloss mit Kath. Landeskirche Thurgau schlag der Kirchenräte zu begehen. Denn nur einer Gegenstimme: Die neue Stelle das gemeinsame Anliegen der Landes- als Erwachsenenbilder/in (80 – 100 %) ist kirchen fruchte schon jetzt, etwa durch unbefristet. Sobald die Ausbildung nicht- mehr gemeinsame Themen. Ausserdem theologischer Mitarbeitenden möglich ist, Jubiläum «150 Jahre Thurgauer könne das Jubiläum als Image-Kampagne macht die KEB die nötigen Arbeitsressour- Landeskirchen – 2019/20» dienen. Gelinge es dabei, einen Impuls in cen dafür frei. Der Kanton Thurgau gab sich im Jahr der Bevölkerung auszulösen, werde sich 1869 eine neue Verfassung. Sie legte in der Aufwand gelohnt haben. Vorschläge für künftige Gesetze überreicht Bezug auf die evangelische und die ka- Eine eigene Verfassung sowie zwei ergän- tholische Kirche fest, dass sie öffentlich- Mehr kirchliche Bildung für Erwachsene zende Gesetze – das Landeskirchengesetz rechtlich anerkannt werden. Im Folgejahr, Die katholische Landeskirche Thurgau (LKG) und das Kirchgemeindegesetz 1870, hielt die Synode der katholischen möchte künftig Ausbildungen für neue Mit- (KGG) – sollen künftig die Rechtsgrundlage Landeskirche ihre erste Sitzung ab. arbeitende ohne Theologiestudium an- der katholischen Landeskirche Thurgau Heute werten die Kirchenräte ihre Lan- bieten. Im Hinblick darauf hat die Synode bilden. Inzwischen ist die Vernehmlassung deskirchen als «Erfolgsmodell», das sie in ihrer Sitzung vom 24. November 2016 beendet und die 50 Stellungnahmen sind gemeinsam feiern möchten. Die Ziele bereits eine befristete Doppelbesetzung bearbeitet. Nach rund dreieinhalb Jahren dabei sind laut Grobkonzept: die Ge- bei der Fachstelle für Kirchliche Erwachse- Redaktionsarbeit übergab Kirchenrats- schichte der Landeskirchen aufarbeiten nenbildung (KEB) genehmigt. Umgesetzt präsident Cyrill Bischof die Gesetzesent- – die Schwerpunkte der kirchlichen Tätig- wurde die Aufstockung aber noch nicht. Die würfe dem Synodenpräsidenten, Dr. Alois keit beleuchten – zum Glauben einladen, kirchlichen Verantwortungsträger in der Schwager. Nun wird die vorberatende Kom- Glauben vertiefen. Deutschschweizerischen Ordinarienkonfe- mission der Synode die Texte prüfen. Im forumKirche | 13-2017 7
Leserbriefe · Aus dem Bistum Leserbrief Leserbrief forumKirche Nr. 10, Seite 2 und 3: forumKirche Nr. 11, Seite 8: Musik, die nicht vom Himmel fällt Leserbrief zum Thema geschlechtergerechte Sprache Ich sehe unbesorgt in die Zukunft der Chöre. Chöre bleiben Liebe Frau Neidhart. Dass Sie das Lesen eines Textes als mühsam attraktiv. Das Singen gehört zur Kirche genauso wie das Gebet. Es empfinden, wenn jeweils die männliche und die weibliche Bezeich- ist eine fast übermenschliche Urgewalt. Zudem wird heute sehr viel nungen für Ämter oder Berufe geschrieben oder gesagt werden, Wert auf eine fundierte Chorleiterausbildung gelegt. Die ist ganz kann ich nachvollziehen. Dass sie es aber als Übertreibung oder besonders auf Kirchenchöre ausgerichtet. gar als lächerlich bezeichnen, dass in Texten auch die weibliche Und trotzdem ist traurig, wenn ein Chor aufgelöst werden muss, Bezeichnung aufgeführt wird, irritiert und verärgert mich. wie in Bischofszell. Bis sich ein neuer Chor etablieren kann, Ihr Leserinbrief schlägt in eine Kerbe, die es auszumerzen und braucht es sehr viel Überzeugungsarbeit und Goodwill von allen nicht noch zu vertiefen gilt. Es kann nicht sein, dass 2017 die Seiten. Aus der Sicht eines Chorleiters möchte ich den Chören Mut Hälfte der Menschheit, in diesem Fall die Frauen, immer nur mit- machen, die Entwicklung des Chores nicht allein dem Chorleiter zu gemeint und nicht explizit genannt wird. Ich plädiere daher in die- überlassen. Im Gegenteil: Der Chor sollte den Mut haben sich zu ser Sache für mehr Kreativität und Vielfalt, wie es die Redaktion profilieren und sich auf Kernkompetenzen auszurichten. Heute ma- von forumKirche immer wieder praktiziert. chen das zum Beispiel die Gospelchöre. Sie schränken ihr Reper- toire stark ein, was ihnen oft mehr Mitglieder beschert. Texte können nur mit der weiblichen Bezeichnung, am besten Plu- In alten Protokollen habe ich gelesen, dass im Kirchenchor nur ral feminin geschrieben werden: bei den Mitgestalterinnen oder mitsingen durfte, wer ledig war. Wer dagegen heiratete, musste den Ministrantinnen ist die männliche Form vollumfänglich inte- austreten. Wer zu spät zur Probe kam, «durfte» einen Beitrag in die griert und die Männer also nicht nur mitgemeint. Eine andere Vari- Vereinskasse bezahlen. Es ist nicht ratsam, solche Vorschriften ante ist, die Formen abwechslungsweise zu gebrauchen: Also den heute noch anwenden zu wollen. Aber ein Chor muss sein Profil Dank an die Mitgestalter, die Musikerinnen, die Ministrantinnen, finden. Mitglieder können sich dann entscheiden, ob sie sich den Mesmer und die Helfer usw. zu richten im Wissen darum, dass diesem fügen wollen oder nicht. die eine Form immer die andere mit meint. So werden Personen Am schlimmsten ist es, wenn der Chor einfach allen offensteht, beider Geschlechter gleichwertig genannt und gewürdigt. Ob sich weil alle froh sind, dass noch jemand kommt. Das führt dazu, dass die männlichen Musiker mit diesem Dank wohl persönlich ange- auch in der vorletzten Probe vor dem Auftritt noch Singende nach sprochen fühlen? Das wäre interessant zu erfahren. Noten fragen. Das gibt eine schlechte Grundstimmung. Je klarer der Chor seine Ansprüche formuliert, desto einfacher wird es auch Simone Curau-Aepli, Weinfelden für den Chorleiter, sich der musikalischen Arbeit zu widmen. Präsidentin SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund Ruedi Keller, Chorleiter Der Weg zu mir: Chance oder Risiko? Was mich bewegt: Ein Beitrag von Margrith Mühlebach Das Wort «Weg» fasziniert mich. Unzählige Aphorismen beziehen dem Leben hadern. Aus Bewegung wird Stillstand, aus Freude sich darauf, z. B. «Der Weg ist das Ziel» oder «Viele Wege führen Trauer, aus Optimismus Resignation. nach Rom». Der Weg beinhaltet die Verben ziehen und fahren. Dar- in verbirgt sich eine Sehnsucht nach Veränderung, nach Bewegung In diesen Situationen brauchen wir den Mitmenschen, den Mit- in einer festgefahrenen Situation, nach Verbesserung, aber auch christen, die uns wieder auf den richtigen Weg bringen. Wir dürfen das weg (!) gehen von einem Ort, der uns nicht gefällt. auch Gott vertrauen, uns auf Jesus verlassen: «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.» Ich wünsche uns allen diese Mit- «Ich will etwas bewegen in meinem Leben», sagen wir – vor allem, christen, und dass ich diese Mitchristin für andere bin. «Welches wenn wir noch jung und voller Träume und Ideale sind. Voller Taten- ist der weiteste Weg? Der Weg zu meinem Nächsten.» drang stürmen wir in die Welt hinaus, um alsbald auch an Steinen anzustossen, die der Weg für uns bereithält. Umwege, Sackgas- sen, Steigungen und Tunnels fordern uns heraus. Sie machen stärker und weiser (wenn wir diese Prüfungen bestehen) oder deprimieren und bringen Zynismus und Stillstand (wenn wir an den Prüfungen verzweifeln und scheitern). Ich sehe heute viele Jugendliche, die bereits früh am Weg zu ver- zweifeln scheinen, weil sie keine Chancen bekommen. Ich sehe auch viele ältere Menschen, die durch Jobverlust, Schicksals- Margrith Mühlebach-Scheiwiller schläge oder Krankheit vom Weg abkommen, resignieren und mit Regionalverantwortliche St. Viktor 8 forumKirche | 13-2017
Kinder fragen … Zeichnung: Cristina Nach dem Tod des Grossvaters hat die Mutter Noa (7) erklärt, dass dieser nun im Himmel sei. Noa möchte wissen: Wie ist Grossvater in den Himmel hinaufgekommen? Lieber Noa sicher kein Ort, an den man so einfach gelangen Schön, dass du weiter an deinen Grossvater denkst könnte. Der Himmel ist genau so wenig oben wie und er dir wichtig bleibt! Ich glaube, dass dein Verhal- unten, weder links noch rechts. ten schon darauf hindeutet, wie wir den Himmel ver- Doch was ist er also, dieser Himmel? Oder wo ist er? stehen können... Wenn uns jemand wichtig ist, sagen Vielleicht ist es ganz einfach. Wie wir andere Men- wir doch oft: «Er (oder sie) ist mir ans Herz gewach- schen in unser Herz schliessen, schliesst auch Gott sen!» Ja, was uns wichtig ist, schliessen wir ins Herz: uns Menschen ins Herz. So viele Erzählungen der Bibel Unsere Familie, die Freunde und Freundinnen, schöne zeigen, dass wir Menschen Gott unheimlich wichtig Erinnerungen – oder vielleicht auch das eigene sind. Und darum lässt uns Gott sicher auch nicht im Kuscheltier. Dabei bedeutet Herz so viel wie: unser Stich, wenn wir einmal sterben. So wie du weiter an Innerstes. Das Herz ist der Sitz von Liebe, Güte und deinen Grossvater denkst, vergisst auch Gott alle die Mitgefühl. Das Herz ist das, was uns ausmacht, wo wir Menschen nicht, die bereits gestorben sind. Diese ganz uns selbst sind – es steht für unsere Lebenskraft. Menschen sind bei Gott im Himmel. Was also ist der Und was wir ins Herz geschlossen haben, dem geben Himmel? Der Himmel ist das Herz Gottes. Genau so wir Anteil an uns selbst. stelle ich mir das vor! Bei Gott ist das vielleicht gar nicht so viel anders. Es gibt doch sicher auch Dinge, die Gott ins Herz ge- Daniel Ritter, Leiter der Fachstelle Katechese schlossen hat – oder meinst du nicht? Was das mit dem Himmel zu tun hat fragst du dich nun? Mitmachen! Wenn Ihnen Ihr Kind oder Enkel schon einmal Als der erste Astronaut die Erde umkreiste, meinte er eine «grosse Frage» gestellt hat, schicken Sie sie an uns nach seiner Rückkehr: «Ich habe Gott nicht gesehen!» (redaktion@forumkirche.ch). Wir versuchen darauf zu Kein Wunder, denn auf diese Weise kann man weder antworten. Wir freuen uns auch über Kinderzeichnungen. Gott noch unsere Verstorbenen finden. Der Himmel ist forumKirche | 13-2017 9
500 Jahre Reformation · Kirche ohne Grenzen – Englisch In Originalen lesen «Wir sind Trou Dokumente zur Reformation im Internet Die Seelsorge der Flughafen-Ki Geschichte kann spannend sein. Das bekannten Reformator Vadian reduziert 26’000 Mitarbeitende und rund 70’000 erlebt man, wenn man die Webseite der werden dürfe. Aus den Quellen gehe hervor, Reisende pro Tag gehen im Flughafen Klo- St. Galler Stadtarchive besucht. Dort wer- dass auch Gefährten wie Johannes Kessler ten ein und aus. Auch die Zürcher Kirchen den einem Einblicke in Originaldokumente und Gastprediger eine wichtige Rolle ge- sind vor Ort vertreten. Beim Check-In 2, aus der Zeit der Reformation in St. Gallen spielt hätten. dort wo man zur Zuschauerterrasse ge- geboten – mit wertvollen Lese- und Die Historikerinnen und Historiker der ge- langt, befinden sich die Räumlichkeiten Verständnishilfen. nannten Archive seien überrascht gewesen der Flughafenkirche Zürich. Hier herrscht vom Zusammenleben zwischen katholi- 24 Stunden am Tag Betrieb, und zwar 356 Warum kam es zu Bilderentfernungen in schem Kloster, reformierter Stadt und ka- Tage im Jahr. Kirche ohne Grenzen traf den den St. Galler Kirchen? Wie schmuggelte tholischem Umland. «Vor allem die Schied- reformierten Pfarrer Stephan Pfenninger man verbotene Schriften? Ab wann konnte mauer, die 1566 erbaut wurde, zeugte Schait und die katholische Seelsorgerin man sich scheiden lassen? Waren die bisher von einer strikten Trennung», so Andrea Thali. Mönche im Kloster St. Gallen tatsächlich Sonderegger. Die Dokumente zeigten aber, bewaffnet? Auf solche und andere Fragen dass es sich eher um ein Geben und Neh- Was ist die Flughafenkirche und zur Reformation haben das St. Galler Stadt- men gehandelt habe, reiche Bürger aus der für wen ist sie? archiv und die Vadianische Sammlung der reformierten Stadt hätten beispielsweise Pfenninger: Es handelt sich hierbei um eine Ortsbürgergemeinde St. Gallen Antworten. Sommersitze auf dem Gebiet des Fürstabts ökumenische Seelsorgestelle der katholi- Neu können diese auch online angeschaut besessen. schen, reformierten und christkatholischen werden: «Anhand von Originaldokumenten Kirchen des Kantons Zürich. Wir sind für al- werden Menschen aus der Zeit der Refor- Ausstellung mit Originaldokumenten le da, die am Flughafen sind: für Mitarbei- mation vorgestellt und Ereignisse in deren Jeder Text beginnt laut Website des Stadt- tende – vom Kioskverkäufer und Reini- Zusammenhang erklärt», heisst es dazu archivs mit einem abgebildeten Auszug aus gungsmitarbeitenden bis zu Piloten oder auf der Website des Stadtarchivs. einer Originalquelle und mit einer buchsta- Managern –, für Reisende, für ankommen- «Wiborada Mörli verteidigt die Schwestern bengetreuen Umschrift. Darauf folgten eine de Flüchtlinge und Migrantinnen, für Ob- von St. Leonhard», heisst beispielsweise Übersetzung in heutiges Deutsch, eine dachlose, die hier am Flughafen schlafen ein Dokument, ein anderes erzählt von der Erläuterung zum spezifischen Fall sowie oder gar leben, für Auswanderer die ge- Einführung des Schriftprinzips, wieder ein eine Interpretation. Anhand verschiedener scheitert sind und zurückkommen, für alle anderes von «Leibeigenschaft» oder von Aspekte soll so «ein möglichst breiter Angehörigen. den «Zukunftsaussichten ehemaliger Zugang zur Geschichte St. Gallens in der Thali: Wir sind für diese Menschen da, un- Nonnen des Klosters St. Katharinen». Reformationszeit» ermöglicht werden. abhängig davon, welche Religiosität, Welt- Wer die Dokumente im Original sehen anschauung oder Konfession jemand hat. Neue Erkenntnisse möchte, hat dazu Gelegenheit in der Aus- Für unsere Arbeit ist das nicht zentral. Auch «Wir wollten etwas Nachhaltiges zum Refor- stellung «Reformation findet Stadt», die in unseren Gebetsräumen, welche bewusst mations-Jubiläum beisteuern», sagte Stadt- vom 28. Oktober bis 26. November 2017 interreligiös gestaltet wurden, sind alle archivar Stefan Sonderegger. Für diese Zu- im Stadthaus St. Gallen gezeigt wird. Menschen willkommen. Das Wesentliche sammenstellung seien die Dokumente dieser Seelsorgestelle ist das «Zeit-haben», nochmals unter die Lupe genommen wor- kath.ch/Red. denn in diesem oft hektischen und auch den und hätten auch neue Erkenntnisse zu- grossen Betrieb ist das ein rares Gut. tage gebracht. So zeige sich etwa, dass die ■ Reformation im Internet: https:// Reformation in St. Gallen nicht nur auf den stadtarchiv.ch/reformation-findet-stadt/ Wie sieht Ihre Arbeit in der Flughafen- seelsorge konkret aus? Pfenninger: Relevant für unsere Arbeit ist die Vernetzung mit den diversen Personen Bild: Screenshot Umschrift: Vincenz Vetter, Tisch- und Firmen des gesamten Flughafens, wie macher, sait, er habe dem Abbt etlich Büchsen gefasset, ligend etlich auf Polizei, Terminalmanagement, Airlines, Mit- dem Schloss Rorschach. Und bey 10 glieder des Care-Teams und anderen. Handbüchsen seyen her ins Closter Thali: Wir kommen zum Einsatz, wenn wir geführt. Und seye kein Mönch nit, beispielsweise von Mitarbeitern oder ihren er habe 3 Gewehr in seiner Cell. Vorgesetzen gerufen werden; wenn es Pro- Osswald sait, Gluss hab Harnisch und Waffen in seiner Kammer, dess- bleme am Arbeitsplatz gibt; bei schweren gleichen der Unter-Pfister auch, und Krankheiten oder persönlichen Schicksals- geredt, man hat mir Harnisch und schlägen; bei kleinen und grossen Sorgen Waffen herüber geben. Auch habe ein der Angestellten. Aber auch wenn ein Pas- jeder Mönch Waffen in der Cell. sagier bei der Durchreise Probleme berei- tet, weil er eine psychische Krise zu bewäl- Die neue Webseite zeigt Originalschriftstücke mit Umschrift und hilfreichen Erklärungen tigen hat – was hier am Flughafen häufig (hier zu: «Bewaffnete Mönche im Kloster») vorkommt. Wenn Flüchtlinge stranden, sind 10 forumKirche | 13-2017
Kirche ohne Grenzen – Englisch bleshooter am Flughafen» rche Zürich im 24-Stundendienst Bild: Martin Thomann wir zur Stelle, wenn Auswanderer zurück- kommen und nicht mehr weiterwissen, weil sie alles verloren haben ... Pfenninger: Natürlich kommen wir auch bei Krisensituationen jeglicher Art als Notfall- seelsorger zum Einsatz – bei Grossereignis- sen als Teil des Care-Teams. Des Weiteren feiern wir monatlich einen Gottesdienst und gestalten jeden Mittwoch ein meditati- ves Mittagsgebet in unseren Räumlichkei- ten. Wieso machen Kirche und Seelsorge am Flughafen Sinn? Pfenninger: Am Flughafen läuft auf engstem Raum sehr viel ab – zwischen- menschlich, aber eben auch seelisch; bei Menschen, die auf der Durchreise sind, ankommen oder die Schweiz verlassen, verlassen müssen. Das Flugpersonal, die Arbeitenden in den Terminals oder an an- dern Orten haben beschränkt Zeit für die Sorgen und Nöte der Menschen – was auch niemand erwartet. Wir jedoch, sind in die- sem ganzen Komplex diejenigen, welche Seelsorgerin Thali (2. v. r.) und Pfarrer Pfenninger (2. v. l.) im Team der Flughafenkirche sich Zeit nehmen können. Durch unsere gute Vernetzung können wir schnell und adäquat agieren und entsprechende Lösungen finden. Troubleshooter at the Airport Thali: Ein Geschäftsleitungsmitglied des Flughafens nannte die Flughafenkirche ein- 24/7 service at the Airport Chaplaincy Zurich mal die «Seele des Flughafens». Eine schö- ne Anerkennung, die ausdrückt, warum ei- The facilities of the Airport Chaplaincy are located at Check-In 2, close to the access ne solche Seelsorgestelle hier Sinn macht. point for the observation deck. But why does an airport need a 24/7 service chap- Wir selbst bezeichnen uns gerne auch als laincy, serving 365 days a year? At the Airport Zurich there are 26’000 employees die Troubleshooter des Flughafens: Wir and an average of 70’000 travelers going in and out daily. Kirche ohne Grenzen has sind da, um mit den Menschen nächste met Pastor Stephan Pfenninger Schait (working there since summer 2016) and the Schritte zu tun, schlichten, beruhigen, zu- catholic Chaplain Andrea Thali (working at the Airport Chaplaincy Zurich for 17 years hören, beten für oder mit jemandem, trös- already) to talk about the relevance/ impact of an airport chaplaincy and to learn ten oder vermitteln und vieles mehr. more about their daily business. Herzlichen Dank für das Gespräch! What does a working day at the Airport Chaplaincy Zurich look like? What is your daily business like? Interview: Romina Monferrini Pfenninger: Important for us and our work is professional networking. To be connected Übersetzung: Stefanie Blaser with the various departments of the airport like police, terminal management, airlines, care-team staff and so on. Thali: We are called, for example, by employees or line managers, if there are problems at work, such as, for example, difficult working-situations or private problems. Or we are called if a passenger has problems during his/hers transit or is in a crisis (caused by psychic stress for example).This happens quiet often. We are also offering our help if Bild: zVg Romina Monferrini (29) there are stranded refugees or if expats are coming back to Switzerland because it stammt aus dem Dorf didn’t work out for them in their planned-to-be-new-home. Both of these «client groups» Monteroni di Lecce (Süd- don’t know how their lives should go on as they have lost everything… italien). Sie studiert Pfenninger: We offer our help as emergency chaplains in any situation you could say. Theologie an der Uni- Further, we celebrate a liturgy once a month and offer a meditative prayer every versität Luzern. Wednesday noon in our chapel. forumKirche | 13-2017 11
Thurgau «Wir müssen zeitgemäss sein» Bildungshäuser unter Druck Bildungshäuser und Seminarhotels verbin- Infrastruktur ist top mit verschiedenen Massnahmen begeg- den Gastlichkeit mit Weiterbildung. Doch In Fischingen im Hinterthurgau hat man nen. So gelte es, aus Fehlern zu lernen. die Ansprüche der Gäste steigen, die das rechtzeitig erkannt. Dort wurde das Bil- Man habe früher zu sehr auf Events ge- Konkurrenz ist gross. In Fischingen und dungshaus des Klosters vor drei Jahren zu setzt. Die Erfahrung zeige nun, dass sich Ittingen geht man deshalb in die Offensive. einem modernen Dreisterne-Seminarhotel zu viel Betrieb negativ auf Seminargäste und Tagungsort umgebaut. Denn kaum sei auswirke, die Ruhe suchten. Hier müsse Wer die Webadresse des Bildungshauses das Bildungshaus 1982 eröffnet worden, eine «optimale maximale Auslastung» an- Fernblick anwählt, landet auf der Website hätten Firmen und Konzerne es für ihre Se- gestrebt werden. «Die Qualität soll für alle eines Schuhanbieters. Das Haus hoch über minare entdeckt. «Bald bestand unsere stimmen», so Ibig. Teufen mit Panoramablick auf den Alpstein Kundschaft zu 80 Prozent aus Firmen», so Zusätzliche Mittel möchte Ibig durch Fund- wurde Ende 2016 geschlossen. Über 40 Hoteldirektor Werner Ibig. Er ergänzt: «Heu- raising generieren. Spenden, die unabding- Jahre lang war der Fernblick vom einst ka- te sind Infrastruktur und Technik auf dem bar für den baulichen Erhalt der Kloster- tholischen Katharina-Werk Basel geführt neusten Stand.» 30 Hotelzimmer und ein anlage sind. Im Geschäftsjahr 2016 worden. Zuerst als Erholungsheim; ab breites Angebot an Seminarräumen stehen betrugen sie 100‘000 Franken; das Defizit 1986 als Bildungshaus, das sich der Ver- Übernachtungs- und Tagesgästen zur Verfü- rund sechsmal mehr. Investieren will Ibig in söhnungsarbeit widmete. Theres Bleisch, gung. «Damit haben wir unser Angebot der Marketingmassnahmen. Dafür arbeitet ehemalige Leiterin des Fernblick, nennt Nachfrage angepasst», sagt Ibig. man nun mit einem externen Spezialisten mehrere Gründe für die Schliessung: Es ha- Dennoch schreibt das Klosterhotel zum zusammen. be in den letzten Jahren an personellen dritten Mal in Folge rote Zahlen. Mit einer und finanziellen Ressourcen gefehlt. «Wir Bettenbelegung von 45 Prozent im Jahr Koorporation und Innovation konnten das Bildungsprogramm nicht mehr 2016 ist man sogar noch unter derjenigen Marketing sei enorm wichtig für den Erfolg mit unseren eigenen Leuten bestreiten», so des Vorjahres. An der Positionierung könne eines Betriebs, bestätigt Corinne Rüegg. Theres Bleisch. Zudem habe man zu keiner es nicht liegen, so Ibig. Den Businessplan Sie ist Verantwortliche für Marketing und Zeit Subventionen erhalten. Und schliess- habe man mit einem Spezialisten analy- Kommunikation in der Kartause Ittingen. lich habe man feststellen müssen, dass siert. «Wir sind auf Gruppen ausgerichtet.» Deren Hotelzimmer werden zu fast Dreivier- der Ausbaustandard veraltet war. Jetzt wird Dazu gehören auch solche, die den Ort ta- teln von Seminargästen und zu einem Vier- der Fernblick abgebrochen. «Es wäre un- geweise buchen. Freilich seien auch Einzel- tel von Individualreisenden belegt. «Wir möglich gewesen, aus der bestehenden gäste willkommen. Sie habe man aber müssen zeitgemäss sein», sagt Corinne Substanz etwas Vernünftiges zu machen.» nicht im Fokus. Ibig ist überzeugt: «Das Rüegg. «Wichtig ist, dass man im Gespräch Eine gute Hotellerie aber, so Theres Konzept stimmt.» Dem Defizit will der Direk- bleibt und in den Medien erscheint», weiss Bleisch, sei heute unabdingbare Vorausset- tor, der das Hotel im Kollektiv mit den ein- die Fachfrau. Gezielt versucht man des- zung für den Erfolg eines Bildungshauses. zelnen Abteilungsverantwortlichen leitet, halb, auch für Einzelgäste ein attraktives Angebot bereitzustellen. Das gelingt einer- seits durch die Kooperation mit tecum, Bild: zVg dem Zentrum für Spiritualität, Bildung und Gemeindebau der evangelischen Landeskir- che des Kantons Thurgau. Aber auch in der Nutzung der Partnerschaften vor Ort: dem Thurgauer Kunstmuseum und dem Ittinger Museum. Zudem führt die Stiftung Kartau- se Ittingen nebst der Hotellerie einen Heim- und Werkstättenbetrieb sowie einen Guts- betrieb. «Diese Vielfalt ist unser Erfolgsre- zept», so Rüegg. So sei das Konzept der Kartause – die notabene schwarze Zahlen schreibt – immer noch dasselbe, das Ende der 1970er-Jahre entwickelt worden war. Es beruht auf klösterlichen Werten, wie Kultur, Spiritualität, Bildung, Fürsorge, Gastfreund- schaft und Selbstversorgung. Aber auch Corinne Rüegg weiss: «Innovation ist wich- tig. Man kann sich nie auf den Lorbeeren ausruhen.» Sibylle Zambon-Akeret Der Unterhalt der Klosteranlage Fischingen ist kostenintensiv. 12 forumKirche | 13-2017
Schaffhausen Ein Diener der Freude Ein Priester blickt auf sein Leben zurück Bild: Judith Keller Der bald 95-jährige Priester Paul Müller, ehemaliger Pfarrer von St. Maria und Antonius Thayngen, hat Notizen seines bewegten Lebens in dem Buch «Noch ist kein Pfarrer vom Himmel gefallen» veröf- fentlicht. Interessant sind vor allem seine Erfahrungen und Begegnungen während seiner langjährigen Missionszeit in Schwe- den und in den USA. In seinen Erinnerun- gen sind viel Augenzwinkern, bildhafte Vergleiche, aber auch Anregungen für die Kirche zu entdecken. Nach seiner Gymnasialzeit am Missions- haus Immensee und dem anschliessenden Missionsseminar studierte Paul Müller Theologie in Rom. Hier erlebte er den Prunk und den Beamtenapparat der Amts- kirche. Sehr beeindruckt hat ihn die Atmo- sphäre der römischen Katakomben, wo die Urchristen sich versammelten. Trotz der lustigen und lausbübischen Zeit mit seinen Theologie-Kommilitonen entschied sich der Paul Müller zeigt Illustrationen von Martina Theisen zu seinem neuen Buch «Noch ist kein Pfarrer gebürtige Herisauer für einen Wechsel vom Himmel gefallen». nach Innsbruck. Dort wehte ihm an der von Jesuiten geleiteten Theologischen Fakultät ein offener Geist entgegen. Endlich konnte Müller fühlte sich wie Paulus mit seiner ur- schen Diaspora oder in einer amerikani- der Theologiestudent an tiefgründige Dis- christlichen Gemeinde. Es war alles be- schen Grossstadt war das regelmässige kussionen teilnehmen. Es war Müller nun scheiden, offen und gemeinschaftlich. Nach Wiedersehen im Gottesdienst und die Pfle- bewusst: «Ich werde kein Priester, der sich den Gottesdiensten blieben alle zusammen ge der Gemeinschaft lebenswichtig. Es wie ein Museumswächter in seinen vier und man hat gemeinsam gegessen. Müller baute auf und machte viele fröhlich. Paul Kirchenwänden einschliesst und nur noch unterrichtete dann die Kinder in Religion. In Müller vergleicht es mit einer Oase: «Eine aufbewahrt!» der schwedischen Diaspora konnte der kleine lebendige Gruppe, die lebt, kann Seelsorger den Katholiken, die von weit her mehr erreichen und zieht andere an!» Beweglicher Seelsorger angereist kamen, ihren Hunger nach Le- Müllers Sorge war immer, dass die Kirche Nach der Priesterweihe 1951 in Innsbruck benssinn stillen und Freude verbreiten. erstarrt, verstaubt und sich nicht mehr drängte es Paul Müller hinaus in die Welt. entwickelt. Mit diesen Katholiken war die «Ich möchte ein beweglicher Seelsorger Freude in der Kirche vermitteln Kirche offen und beweglich. werden», erzählt Müller, «der neue Impulse Müllers Lebensaufgabe ist es, anderen die für eine offene Kirche gibt.» Der Appenzel- Freude an Jesus und am Nächsten zu we- Andere bewegen ler missionierte über 20 Jahre in Schweden cken. «Die beste Methode, eine Botschaft «Wir alle leisten einen ganz gehörigen Bei- und war zehn Jahre in den USA tätig. Es zu vermitteln, ist eine kurze Geschichte zu trag zum Versagen der Kirche!», bedauert gab keine Kirchensteuer. Die Katholiken erzählen», verrät er. Von den damaligen üb- der fast 95-Jährige. Anstatt selber etwas zu mussten sich für ihre monatlichen Zu- lichen kirchlichen Drohungen hält der Pen- bewegen, erwartet man hoffnungsvolle Er- sammenkünfte sogar in Baracken oder Pri- sionär überhaupt nichts. Er erzählt gerne neuerung von «oben» oder fordert heute zu vathäusern einrichten. «Die Seelsorger einen kleinen Witz im Gottesdienst und be- viel vom Priester. Paul Müller resümiert: müssen wieder zu den Menschen gehen», obachtet: «Die Augen und Herzen der Leute «Wer immer wieder anfängt – und wer nie empfiehlt der Priester, «und nicht umge- leuchten und sie haben wieder Freude in enttäuscht aufhört – der bleibt beweglich, kehrt!» Der Missionar erlebte so durch sei- der Kirche!» Bei ihm durfte in der Kirche ge- und er wird auch fähig sein, andere zu be- ne vielen privaten Besuche viel Gastfreund- lacht und geklatscht werden, was vor Jahr- wegen!» lichkeit und besonders viel Geselligkeit. zehnten verpönt war. Der Schweizer Missio- nar sieht seine Berufung als «Diener eurer Judith Keller Eine «grosse Familie» Freude», so wie dies Paulus bei den Korin- Seine erste Pfarrei war in Helsingborg. Hier thern beschreibt. ■ Buchvorstellung und Begegnung mit fand der monatliche Gottesdienst in einer Paul Müller am Donnerstag, 29. Juni, Fabrik eines Fischerdorfes statt. Der «Orga- Lebendige Kirche als Oase 20.00 Uhr, im Pfarreisaal von St. Maria nist» war ein Mundharmonikaspieler. Paul Für die wenigen Katholiken in der schwedi- und Antonius Thayngen forumKirche | 13-2017 13
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