"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn

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"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Nummer 13
25. Juni bis 8. Juli 2017

                            Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau

«Dialogue en Route»
Religionen hautnah erleben
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Interreligiöser Dialog

                                                                                                             Editorial                                    Religiöse Vielfalt entdecken
                                                                                                             Wir waren alle sehr gespannt, was uns in     Startschuss für das Projekt «Dialogue en Route»
                                                                                                             dem alten Bahnhofsgebäude, das zu
                                                                                                             einer Moschee umgebaut worden war,
                                                                                                             erwarten würde. Wir, das waren Seel-         Eine Gruppe junger Menschen fährt mit           nichtreligiösem Hintergrund zur Verfügung
                                                                                                             sorgerinnen und Seelsorger aus unserem       dem Velo quer durch die Ostschweiz nach         gestellt und ausbilden lassen.
                                                                                                             Dekanat, die der Einladung des Türkisch-     Zürich. Sie macht Halt in Kirchen,              «Im Unterschied zu herkömmlichen Führun-
                                                                                                             Islamischen Vereins gefolgt waren. Der       Moscheen und Tempeln und eröffnet da-           gen, wo ein Priester oder Imam den Glau-
                                                                                                             Vorsitzende des Vereins führte uns           mit das Projekt «Dialogue en Route», das        ben eher aus einer theoretischen, dogmati-
                                                                                                             durchs ganze Haus, angefangen beim           ab Juli Einblicke in verschiedene Religio-      schen Perspektive darstellt, steht bei
                                                                                                             grossen Gebetsraum, über den Gebets-         nen ermöglicht.                                 unserem Projekt mehr die glaubensprakti-
                                                                                                             raum der Frauen bis hin zur kleinen                                                          sche Ebene im Vordergrund: Junge Men-
                                                                                                             Küche. Im Anschluss sassen wir noch im       In der Schweiz leben Menschen ganz unter-       schen bringen ein, was ihnen ihr Glaube be-
                                                                                                             kleinen Bistro der Gemeinde zusammen         schiedlicher Weltanschauungen und Reli-         deutet und wie sie ihn konkret leben», sagt
                                                                                                             und fragten ihn, was wir schon lange         gionen. Doch wer kennt schon die muslimi-       Moira Grieger, Kommunikationsbeauftragte
                                                                                                             wissen wollten: wie die Gebetszeiten bei     schen Feste, die die Arbeitskollegin jedes      für «Dialogue en Route». Neben den Treffen
                                                                                                             ihnen besucht sind, ob er schon einmal in    Jahr feiert? Wer weiss, wie sich sein hindu-    an verschiedenen Stationen könne man
                                                                                                             Mekka war und warum seine Tochter kein       istischer Nachbar die Welt vorstellt? Die       sich auch auf thematische Routen bege-
                                                                                                             Kopftuch trägt... Es war eine spannende      Interreligiöse Arbeitsgemeinschaft in der       ben, die über religiöse und gesellschaftlich
                                                                                                             Begegnung. Doch was mir besonders in         Schweiz IRAS COTIS möchte mit ihrem Pro-        relevante Fragen informieren. Es gebe auch
                                                                                                             Erinnerung geblieben ist, war das Nach-      jekt «Dialogue en Route» dazu beitragen,        Angebote, die ohne Guides geplant seien.
                                                                                                             mittagsgebet, das wir miterleben durften.    dass ein Austausch unter den Religionen
                                                                                                             Ich war beeindruckt, wie gesammelt und       stattfindet, dass vor allem junge Menschen      Von der Kathedrale zum Shiva Tempel
                                                                                                             wie ehrfürchtig diese Männer ihrem Gott      sich für Glaubensfragen interessieren und       Die ersten Stationen und Routen des Pro-
                                                                                                             begegneten. Ich bin an diesem Tag mit        in ihrer Dialogkompetenz gestärkt werden.       jektes wurden in der Ostschweiz und rund
                                                                                                             einem neuen Gefühl für die Grösse, Un-       Ziel ist es, Vorurteilen, Misstrauen und        um Zürich eingerichtet. Nun soll dieser Teil
                                                                                                             endlichkeit und Unverfügbarkeit Gottes       jeglicher Form von Fundamentalismus den         seiner Bestimmung übergeben werden.
                                                                                                             nach Hause gefahren. Dieses geistliche       Boden zu entziehen und somit ein fried-         Dazu besuchen die Guides vom 25. Juni
                                                                                                             Erlebnis hat mich lange Zeit beschäftigt.    liches Zusammenleben zu ermöglichen.            bis 2. Juli die entsprechenden Orte mit
                                                                                                                                                                                                          dem Velo und verbinden diese Besuche mit
                                                                                                             Der Paderborner Professor für Syste-
                                                                                                                                                          Glauben ganz praktisch                          kleinen Aktionen. Interessierte können sich
                                                                                                             matische Theologie, Klaus von Stosch,
                                                                                                                                                          Die Idee des Projektes «Dialogue en Route»      der Tour anschliessen.
                                                                                                             beschreibt einen solchen Zugang zu einer
                                                                                                                                                          ist, dass man sich an ausgewählten religiö-     Diese beginnt mit einem Abendessen bei
                                                                                                             anderen Religion mit dem Begriff Empa-
                                                                                                                                                          sen Stätten und Kulturorten mit sogenann-       den Benediktinern im Kloster Disentis. Sie
Titelbild: Es geht los: Die Guides besuchen alle Stationen von «Dialogue en Route» mit dem Velo. Bild: zVg

                                                                                                             thie. Er versteht darunter die Fähigkeit,
                                                                                                                                                          ten «Guides» trifft, um dort mehr über eine     führt dann über Ilanz, Chur und Hohenems
                                                                                                             sich von Rituale anderer Religionen
                                                                                                                                                          Glaubensrichtung oder eine Idee zu erfah-       nach Altstätten, wo die Teilnehmenden vom
                                                                                                             berühren und verändern zu lassen. Sie
                                                                                                                                                          ren und sich darüber auszutauschen. Als         serbischen Kulturverein in den traditionel-
                                                                                                             ist für ihn eine von fünf Haltungen, die
                                                                                                                                                          Guides haben sich junge Menschen mit jü-        len Volkstanz eingeführt werden. In St. Gal-
                                                                                                             dem interreligiösen Dialog Tiefe verleihen
                                                                                                                                                          dischem, christlichen, muslimischem, hin-       len sind unter anderem ein interreligiöses
                                                                                                             (vgl. www.3alog.net).
                                                                                                                                                          duistischem, buddhistischem und auch            Morgengebet in der Haldenkirche und Füh-
                                                                                                             Sich über andere Glaubensrichtungen zu                                                       rungen in der Kathedrale und der Stiftsbi-
                                                                                                             informieren, erweitert unsere Kenntnis                                                       bliothek geplant. Am 29. Juni erreicht die
                                                                                                             darüber, weckt ein gewisses Verständnis.                                                     Gruppe die Station «Albanische Moschee
                                                                                                             Aber andere Gläubige bei ihrem religiösen    Inhalt                                          Kreuzlingen», die mit einer Führung und ei-
                                                                                                             Vollzug zu erleben und sich selbst darauf                                                    nem Grillfest eröffnet wird. Einen Tag spä-
                                                                                                             einzulassen, ermöglicht eine Begegnung       Thurgau                                   4–5   ter erlebt sie das klösterliche Ambiente der
                                                                                                             jenseits des Intellekts. Es führt uns zu     Mehr als ein Kunstwerk                          Kartause Ittingen. Über Rikon (Tibet-Insti-
                                                                                                             jener geheimnisvollen Mitte, um die die      Ein Kreuz kehrt nach Kreuzlingen zurück         tut), Schlieren, (Shiva Tempel) führt der
                                                                                                             Religionen schon jahrtausendelang krei-                                                      Weg nach Opfikon, wo das Wagenfest des
                                                                                                             sen und der sich jede auf ihre Weise an-     Thurgau                                     7   Shiva Tempels stattfindet. Im Krishna Tem-
                                                                                                             zunähern versucht. Das Projekt «Dialogue     Erwachsenenbildung wird gestärkt                pel auf den Zürichberg nehmen die Guides
                                                                                                                                                          Synode der Landeskirche Thurgau
                                                                                                             en Route» bietet in Kirchen, Moscheen,                                                       an einer Tempelzeremonie teil. Beendet
                                                                                                             Tempeln und Meditationsräumen Ge-                                                            wird die Eröffnungstour mit einem Streifzug
                                                                                                                                                          Kinder fragen …                             9
                                                                                                             legenheit für solch intime religiöse         Wie kam Grossvater in den Himmel?
                                                                                                                                                                                                          durch Zürich zu religiös bedeutsamen Or-
                                                                                                             Erfahrungen. Eine Bereicherung für den                                                       ten der Stadt und einem Fest im Toni-Areal.
                                                                                                             Einzelnen, die Glaubensgemeinschaften        Kurse · Tagungen                           14
                                                                                                             und die Gesellschaft.                                                                        Nicht nur für Schüler
                                                                                                                                                          Gottesdienste an den Wochenenden           15   Das Projekt «Dialogue en Route» wurde zum
                                                                                                                                                          Filmtipp                                        einen für Schulklassen konzipiert. «Wir ver-
                                                                                                                                                                                                          stehen es als Beitrag zum ausserschuli-
                                                                                                                                                          Kalenderblatt · Zum Schluss                16   schen Lernen, das im Lehrplan 21 für das

                                                                                                             2   forumKirche | 13-2017
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Interreligiöser Dialog

                                                                                                        Bilder: zVg
                                                                                                                      News
                                                                                                                      ■ Bistum verweigert die Missio
                                                                                                                      Laut «Tages-Anzeiger» hat sich ein homo-
                                                                                                                      sexueller Theologe für eine teilzeitliche
                                                                                                                      Seelsorgestelle an der psychiatrischen
                                                                                                                      Klinik St. Urban LU beworben. Die Klinik
                                                                                                                      habe «routinemässig» beim Bistum Basel
                                                                                                                      um die Erteilung der Missio, der kirch-
                                                                                                                      lichen Beauftragung, nachgefragt. Dies sei
                                                                                                                      von Seiten des Bistums abgelehnt worden,
                                                                                                                      weil der Betroffene in einer eingetragener
                                                                                                                      Partnerschaft mit einem Mann lebe.

                                                                                                                      ■ Ausweitung der Freitodbegleitung
                                                                                                                      Auf ihrer Generalversammlung beschloss
                                                                                                                      die Selbstbestimmungsorganisation Exit
                                                                                                                      die Bildung einer Arbeitskommission, die
                                                                                                                      weitere Liberalisierungsbemühungen
                                                                                                                      prüfen soll. In einem Jahr soll diese dar-
                                                                                                                      über berichten, wie und in welcher Weise
                                                                                                                      weitergehende Massnahmen für einen
                                                                                                                      erleichterten Zugang zum Sterbemittel
Florian Bachofner steht in der Kartause Ittingen als Guide zur Verfügung: «Bei einem Besuch in der
                                                                                                                      Natrium-Pentobarbital (NaP) für betagte
Kartause merke ich, wie sukzessive Tempo aus meinem Umfeld herausgenommen wird, ich mich
                                                                                                                      Menschen möglich wären.
zurückziehen kann und die Seele zur Ruhe kommt …»
                                                                                                                      ■ Mehr Priesteramtskandidaten in England
                                                                                                                      Die Kirche von England verzeichnet einen
Fach ‹Religion und Kultur› angeregt wird», er-     Das von IRAS COTIS lancierte Projekt wird                          deutlichen Zuwachs bei den Priesteramts-
klärt Moira Grieger. Zum anderen sind aber         von den Vertretungen der grossen Religio-                          kandidaten. Nach ihren Angaben werden
auch Erwachsene – in Gruppen oder als Ein-         nen wie der Schweizer Bischofskonferenz                            in diesem Herbst 543 Frauen und Männer
zelpersonen – eingeladen, an den Stationen         SBK, dem Schweizerischen Evangelischen                             in ganz England eine Ausbildung zum
und Routen verschiedene Formen von Reli-           Kirchenbund SEK, der Föderation Islami-                            Priester beginnen, gegenüber 476 im
gion und Weltanschauung zu erleben und             scher Dachorganisationen der Schweiz FIDS                          Vorjahr. Das ist ein Plus von 14 Prozent.
darüber ins Gespräch zu kommen.                    und dem Schweizerischen Israelitischen                             Ein Viertel der angehenden Studenten sei
Das Angebot in der Kartause Ittingen ist           Gemeindebund SIG unterstützt.                                      jünger als 32 Jahre; der Anteil weiblicher
mit dem Titel «Gemeinsam still» überschrie-                                                                           Studenten mache nun 52 Prozent aus.
ben. Angeregt durch das Schweigen der                                               Detlef Kissner
                                                                                                                      ■ Vatikan befragt Jugendliche
ehemaligen Kartäusermönche können Be-
                                                                                                                      Der Vatikan hat eine weltweite Befragung
sucherinnen und Besucher dort eine                 Drei Guides erzählen von sich
                                                                                                                      von Jugendlichen zur Vorbereitung der
Schweigemeditation erleben und sich über           Abirami: Wo ist die Grenze zwischen Reli-
                                                                                                                      nächsten Bischofssynode gestartet.
Stille und ihr Kommunizieren Gedanken              gion und Kultur? Was für eine Rolle hat die
                                                                                                                      Erfasst werden auf einem Online-Frage-
machen. Die Moschee in Kreuzlingen bietet          Religion in meinem Leben? Wo unterschei-
                                                                                                                      bogen unter youth.synod2018.va.
die Möglichkeit, mehr über die Grundlagen          den sich die Kulturen, in denen ich aufge-
                                                                                                                      Erfahrungen mit dem Erwachsenwerden,
des Islam zu erfahren, an einem Gebet teil-        wachsen bin? Solche Fragen beschäftigen
                                                                                                                      die Lebensziele Heranwachsender, ihre
zunehmen und sich mit Jugendlichen und
                                                                                                                      Sicht von Familie, Arbeit und Religion
jungen Erwachsenen der Albanisch-Islami-
                                                                                                                      sowie Angaben zur Nutzung des Internets.
schen Gemeinschaft über Perspektiven von
                                                                                                                      Auf www.jugend-macht-kirche.de wurde
Integration auszutauschen.
                                                                                                                      eine deutsche Fassung online gestellt.
Weitere Stationen                                                                                                     ■ Exkommunikation von Mafiosi geplant
Die Vorbereitungen für das umfangreiche                                                                               Der Vatikan denkt offenbar über eine
Projekt laufen schon seit 2014. Zusammen                                                                              härtere Gangart gegen kriminelle Vereini-
mit den jungen Guides wurden die Angebo-                                                                              gungen nach. Künftig könnte bereits die
te an den Stationen und auf den Routen                                                                                Zugehörigkeit zum organisierten Verbre-
nach und nach entwickelt. Nun wird der ers-                                                                           chen automatisch zur Exkommunikation
te Teil von «Dialogue en Route» in der Ost-                                                                           führen. Eine Arbeitsgruppe bereite ein
schweiz und Zürich eröffnet. 2018 sollen                                                                              Dokument vor, das «die Frage einer Ex-
weitere Angebote in der Zentral- und Nord-                                                                            kommunikation wegen Korruption und
westschweiz und im Tessin folgen. Und                                                                                 Zugehörigkeit zu einer mafiösen Vereini-
noch ein Jahr später wird das Projekt auf                                                                             gung vertieft», so der Vatikan.
das Mittelland und die Region um den Gen-                                                                                                             kath.ch/Red.
fer See ausgedehnt.                                                       (Fortsetzung nächste Seite)

                                                                                                                                        forumKirche | 13-2017      3
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Interreligiöser Dialog · Thurgau

                                                                                               Mehr als ein K
                                                                                               Ein Kreuz kehrt nach Kreuzling
(Fortsetzung von Seite 3)

mich schon seit langem, da ich selber in        gleich in die gesellschaftliche Norm passt.    Nach über 160 Jahren kommt das silberne
Zürich in einem Umfeld mit verschiedenen        Doch braucht es diese Norm überhaupt?          Kreuz, in dem bis 1848 ein Holzsplitter
Religionen und Kulturen aufgewachsen bin.       Oder können wir einfach so leben, wie es       des Kreuzes Jesu aufbewahrt wurde,
Und solche Fragen haben mich auch zur           uns persönlich entspricht? Mein Ziel ist es,   wieder an seinen Ursprungsort zurück.
Teilnahme am Projekt «Dialogue en Route»        Menschen anzuregen, Fragen zu stellen          Ab 2. Juli kann dieses Kunstwerk in der
motiviert.                                      und offen zu sein für Unbekanntes, Frem-       Kirche St. Ulrich Kreuzlingen bestaunt
Dieses Projekt bietet mir die Gelegenheit,      des und auch Neues. Ich finde es sehr          werden. Es ist eng verwoben mit der
als Guide mit Gleichaltrigen über solche        wichtig, dass man Menschen nicht auf den       Geschichte der Pfarrei und der Stadt.
Fragen zu diskutieren und gleichzeitig auch     ersten Blick in eine Schublade steckt und
einen vertieften Einblick in die anderen Ge-    sich nicht – basierend auf Vorurteilen –       Bei der Neugestaltung des Hausmuseums
meinschaften in meiner Umgebung zu er-          eine Meinung bildet.                           der Kirchgemeinde, das unter anderem
halten. Als Guide habe ich zudem die Mög-                                                      Informationen zur Geschichte des Chor-
lichkeit, eine Religionsgemeinschaft vor Ort                                                   herrenstifts und der Pfarrei beherbergt, ent-
erfahrbar zu machen und zu zeigen, wie ich                                                     deckte Jules Brenneis ein Schwarzweiss-
selber den Hinduismus hier ausübe. Umge-                                                       foto, auf dem ein filigran gearbeitetes
kehrt, habe ich auch eine Chance, die Sicht                                                    Silberkreuz zu sehen war. Dem Foto war der
der Mitmenschen zu erfahren. In verschie-                                                      Hinweis beigefügt, dass in diesem Kunst-
denen Diskussionen kann ich feststellen,                                                       werk bis 1848 der Kreuzpartikel des Chor-
was für Erwartungen bezüglich der Religio-                                                     herrenstifts aufbewahrt war (siehe Kasten)
nen herrschen und in welcher Form die                                                          und dass es sich in den Vatikanischen
unterschiedlichen Religionen im Alltag an-                                                     Museen befindet. «Was macht das Kreuz
zutreffen sind.                                                                                dort? Das gehört doch hierher», dachte sich
                                                                                               Jules Brenneis. Er begann Nachforschun-
                                                                                               gen zur Geschichte des Kreuzes anzustel-
                                                                                               len, befragte in diesem Zusammenhang
                                                                                               auch den Lokal-Historiker Georg Strasser.
                                                                                               Diesem waren das Kreuz und seine ver-
                                                                                               schlungenen Wege bekannt. Er versicherte
                                                                                               Brenneis, dass er es 1995 bei einem Be-
                                                Haris: Ich bin 23 Jahre alt und studiere       such der Vatikanischen Museen gesehen
                                                Psychologie an der Universität Zürich. Ich     habe. Auf einer Romreise vor zwei Jahren
                                                bin in Deutschland geboren, meine Eltern       machten die beiden sich auf die Suche
                                                sind ursprünglich aus Mazedonien und ge-       nach dem 460 Jahre alten Kunstwerk und
                                                hören einer türkischen Minderheit an. Ich      entdeckten es wieder in einer Vitrine des
                                                verstehe mich als Schweizer Bürger musli-      «Museo Cristiano». Damit war die Idee ge-
                                                mischen Glaubens. Mein Hintergrund ist         boren, es wieder nach Kreuzlingen zu holen.
                                                von einer kulturellen Vielfalt geprägt, was
                                                ich als eine immense Bereicherung an-          Nur an Museen
                                                sehe. Bei «Dialogue en Route» kann ich         Zusammen mit ihrem Pfarrer Alois Jehle,
                                                Diversität vorleben, Mannigfaltigkeit, an-     der gute Kontakte zu vatikanischen Behör-
Dina: Schon mein ganzes Leben lang woh-         treffen und Vielfalt sichtbar machen.          den hat, bildeten sie ein Projektteam.
ne ich in Bern. Mein Vater ist aus England      Als Guide habe ich die Möglichkeit, selbst     Schon bald wurde ihnen klar, dass es nicht
und meine Mutter wurde in Israel geboren.       Unbekanntes zu entdecken und andere            leicht werden würde, das Vorhaben umzu-
Wegen meinen Locken sehe ich nicht un-          beim Entdecken von Neuem anzuleiten. Ich       setzen. «Wir erfuhren, dass solche Objekte
bedingt aus wie eine Schweizerin oder wie       setze mich für die Vermittlung von Kennt-      prinzipiell nicht an Pfarreien, sondern nur
eine Engländerin, sondern eher wie eine         nissen ein und fördere die Begegnungen         an Museen verliehen werden», erzählt Jules
Israelin. Und trotzdem fühle ich mich in ers-   zwischen Menschen unterschiedlicher reli-      Brenneis. Dieser Dämpfer konnte sie nicht
ter Linie als Schweizerin. Ich bin jüdisch      giöser sowie kultureller Traditionen und       davon abhalten, für ihr Projekt zu werben
und stehe dazu, und ich finde alles, was        Lebensweisen. Dabei hoffe ich, zum Abbau       und dafür namhafte Unterstützer wie
mich ausmacht, widerspricht sich nicht.         von Ängsten und Unsicherheiten beizutra-       Bischof Felix Gmür, Edward Gullickson,
Man sollte Menschen mit verschiedenen           gen, Vertrauen aufzubauen und Vorurteile       Apostolischer Nuntius der Schweiz, oder
ethnischen und religiösen Hintergründen         aufzulösen.                                    Andreas Netzle, Stadtpräsident von Kreuz-
kennenlernen können und auch offen und                                                         lingen, zu gewinnen. Sie bewarben sich
respektvoll Fragen stellen dürfen. IRAS         ■   Nähere Infos und Anmeldung zur Eröff-      schliesslich mit einer Dokumentation, die
COTIS bietet eine solche Plattform, und das         nungstour bzw. zu den Stationen und        detaillierte Angaben zur Stadt, zur Pfarrei
möchte ich unterstützen. Jeder Mensch hat           Routen unter www.en-route.ch               und zur gemeinsamen Geschichte machte
einen gewissen Hintergrund, der nicht                                                          und ein ausgefeiltes Ausstellungkonzept

4   forumKirche | 13-2017
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Thurgau

Kunstwerk
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                                                                                                                   Ab 2. Juli wird das     werden. «Wir wollen auch die Kreuzreliquie,
                                                                                                                   460 Jahre alte          wenn möglich, wieder an ihrer ursprüng-
                                                                                                                   Reliquienkreuz          lichen Stelle im Kreuz einsetzen», sagt
                                                                                                                   wieder in Kreuzlingen   Jules Brenneis. Das Projektteam freut sich
                                                                                                                   zu sehen sein.          auf den festlichen Gottesdienst zum Patro-
                                                                                                                                           zinium, an dem das Kleinod enthüllt wird.
                                                                                                                                           Und es hofft auf die Nachricht aus Rom,
                                                                                                                                           dass das silberne Kreuz irgendwann ganz
                                                                                                                                           in Kreuzlingen bleiben kann. Warum auch
                                                                                                                                           nicht? Schliesslich sei das ganze Projekt
                                                                                                                                           unter einem guten Stern gestanden, so
                                                                                                                                           Brenneis.

                                                                                                                                                                         Detlef Kissner

                                                                                                                                            Ein Blick in die Geschichte
                                                                                                                                            950 stiftete Bischof Konrad (934 – 975)
                                                                                                                                            dem Konstanzer Armenhospiz eine
                                                                                                                                            Kreuzreliquie, die er aus Jerusalem mit-
                                                                                                                                            gebracht hatte. Mit der Verlegung des
                                                                                                                                            Hospizes in das neu gegründete Augusti-
                                                                        Bild: Musei Vaticani, Città del Vaticano

                                                                                                                                            ner Chorherrenstift wanderte 1125 auch
                                                                                                                                            die Reliquie an diesen Ort. Ihr hat der
                                                                                                                                            Stiftsbezirk seinen Namen «crucelin»
                                                                                                                                            (Kreuzchen) zu verdanken, der später
                                                                                                                                            auch auf die Stadt Kreuzlingen überging.
                                                                                                                                            1557 schenkte Abt Georg Tschudi
                                                                                                                                            (1545 – 1566) dem Chorherrenstift
                                                                                                                                            Kreuzlingen ein silbernes Reliquien-
                                                                                                                                            kreuz, das von Meister Remigius Meyer,
                                                                                                                                            einem Konstanzer Silberschmied, ge-
     enthielt. Dieses Dossier trägt den viel-       äusserten wir den Wunsch, es zehn Jahre                                                 schaffen wurde. In diesem Gefäss wurde
     sagenden Titel «Das Kreuz – zurück in          lang als Leihgabe zu erhalten», erklärt                                                 der Kreuzpartikel sichtbar aufbewahrt.
     seiner Heimat».                                Jules Brenneis. Begründet wurde dieser                                                  Mit der Aufhebung der Klöster im Thur-
                                                    lange Zeitraum mit dem 100-Jahr-Jubiläum,                                               gau 1848 wurden diese vom Kanton ent-
     Ein Stück Identität                            das die Stadt 2027 feiern wird. Die Mu-                                                 eignet. Das silberne Reliquienkreuz wur-
     Jules Brenneis betont die Bedeutung, die       seumsverwaltung stimmte schliesslich                                                    de wie viele andere Kultgegenstände
     das Reliquienkreuz für Kreuzlingen hat:        dem Kreuzlinger Antrag für eine vorläufig                                               versteigert, wechselte mehrfach den
     «Das Museum und dessen Besucher sehen          begrenzte Dauer zu, hielt aber vertraglich                                              Eigentümer und gelangte schliesslich in
     in ihm lediglich ein Ausstellungsstück, für    fest, dass eine Verlängerung der Leihdauer                                              den Besitz des Vatikans. Der Kreuzparti-
     unsere Pfarrei und unsere Stadt verkörpert     jeweils neu beantragt werden könne.                                                     kel verblieb in der Klosterkirche. Er wur-
     es ein Stück Identität.» Er verweist in die-                                                                                           de von da an in einem neu geschaffenen
     sem Zusammenhang auf das Medaillon             Mit Reliquie                                                                            Hochaltarkreuz aufbewahrt.
     unter dem Kreuz, auf dem ein wichtiger Teil    Unklar blieb zunächst, ab wann das Kreuz                                                1927 bzw. 1928 schlossen sich die Ge-
     der Geschichte des Kreuzes festgehalten        nach Kreuzlingen kommt. Die Hoffnung,                                                   meinden Kurzrickenbach, Egelshofen-
     wurde – eine Geschichte, dem der Ort           dass es bis zum Patrozinium am 2. Juli                                                  Kreuzlingen und Emmishofen zu einer
     südlich von Konstanz letztlich auch seinen     reichen könnte, wurde immer kleiner.                                                    Munizipalgemeinde zusammen, die in
     Namen verdankt. «Das Kreuz ist ein Be-         Schliesslich erreichte die Initiatoren vor                                              Anlehnung an das «crucelin» den Namen
     standteil der Klosterkirche», so Brenneis.     Christi Himmelfahrt die freudige Nachricht,                                             Kreuzlingen erhält. Beim Grossbrand der
     Darüber hinaus könne es an seinem              dass sie mit dem ersehnten «Heimkehrer»                                                 Kirche 1963 konnte das Altarkreuz mit
     Herkunftsort wieder seiner ursprünglichen,     ihr Fest feiern können. Die Vorbereitungen                                              der Reliquie glücklicherweise gerettet
     liturgischen Bestimmung dienen: der            liefen auf Hochtouren.                                                                  werde. Als Anerkennung für den gelunge-
     Sammlung und dem Gebet.                        Das Reliquienkreuz, das eigens von einer                                                nen Wiederaufbau wurde die Kloster-
     Dem Projektteam war klar, dass sie das         Kuratorin aus dem Vatikan in seiner neuen                                               kirche vor 50 Jahren zur «Basilica minor»
     Reliquiar weder als Geschenk erhalten,         Vitrine aufgestellt wird, kann dann hinter                                              erhoben.
     noch dem Museum abkaufen können. «So           dem Chorgitter von St. Ulrich bewundert

                                                                                                                                                             forumKirche | 13-2017       5
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Schaffhausen/Schweiz

Mit Bruder Klaus unterwegs
Verein 600 Jahre Niklaus von Flüe mit zwei Projekten

                                                                                               Bild: Trägerverein «Mehr Ranft»/Sibylle Kathriner
                                                                                                                                                   fortgeführt. Dann besuchen Gymnasiasten
                                                                                                                                                   Schulklassen in der Westschweiz – und
                                                                                                                                                   referieren auf Französisch.

                                                                                                                                                   Mobiles Einkehrhaus
                                                                                                                                                   Ende Juni startet ein weiteres Projekt des
                                                                                                                                                   Trägervereins: Unter dem Namen Niklaus
                                                                                                                                                   von Flüe – Unterwegs macht ein mobiles
                                                                                                                                                   Einkehrhaus in verschiedenen grösseren
                                                                                                                                                   Schweizer Städten Halt. Die Veranstalter
                                                                                                                                                   wollen zum einen «über die gelebten Werte
                                                                                                                                                   und das weitgreifende Wirken des Friedens-
                                                                                                                                                   botschafters und Ratgebers informieren».
                                                                                                                                                   Zudem wollen sie Interessierten einen Au-
                                                                                                                                                   genblick der Begegnung mit Niklaus von
                                                                                                                                                   Flüe ermöglichen, den sie gleichsam «unge-
                                                                                                                                                   stört mit dem Menschen, Mystiker und
                                                                                                                                                   Mittler teilen». Konkret stellen sie Passan-
                                                                                                                                                   ten einen Ort zur Verfügung, der zur «Besin-
                                                                                                                                                   nung und zur Selbstreflexion» einladen soll.
                                                                                                                                                   Sie wollen Interessierten zentrale Werte
                                                                                                                                                   vermittelt, für die Bruder Klaus bis heute
                                                                                                                                                   steht. Im Wesentlichen lautet die Bot-
Für Bruder Klaus unterwegs: Botschafterinnen im Einsatz                                                                                            schaft: Weniger ist mehr. Im mobilen Haus
                                                                                                                                                   der Besinnung sind Passanten deshalb ein-
                                                                                                                                                   geladen, aus dem Alltag herauszutreten
Gleich zwei ganz unterschiedliche Projek-        nach. Vertieft wurde ihre zweistündige Prä-                                                       und innezuhalten. In drei Schritten – War-
te des Vereins 600 Jahre Niklaus von Flüe        sentation durch Filmausschnitte und ein                                                           ten, Begegnen, Reflektieren – werden sie in
sorgen für Schlagzeilen. Sie haben eines         Quiz. Anhand eines Dominospiels konnten                                                           die Stille geführt. Wichtig: Wenn der Besu-
gemeinsam: Sie bringen Bruder Klaus zu           Schüler der sechsten Klasse in Schleit-                                                           cher den abgedunkelten Meditationsraum
den Menschen.                                    heim abschliessend ihr Wissen testen.                                                             betritt, lässt er Handy, Uhr und Schuhe
                                                 Laut der Projektverantwortlichen Francesca                                                        draussen. Wer sich auf das Experiment ein-
Der Kanton Obwalden ist der Heimatkanton         Moser ist die Kampagne ein voller Erfolg.                                                         lässt, erlebe fünf bereichernde Minuten,
von Niklaus von Flüe (1417–1487). Das            «Ich habe nur positive Rückmeldungen er-                                                          sind die Veranstalter überzeugt.
nehmen Staat und Kirche zum Anlass, das          halten, sowohl von den besuchten Klassen,
Leben und Wirken des Heiligen im gesell-         als auch von den Schülerinnen und Schü-                                                                                 Sibylle Zambon-Akeret
schaftlichen, religiösen und politischen         lern, die für Bruder Klaus unterwegs sind»,
Umfeld bekannter zu machen. Dazu wurde           sagte Moser gegenüber Schweiz aktuell.
eigens ein gemeinsamer Trägerverein ge-          Nach den Sommerferien wird das Projekt                                                            ■   Weitere Infos: www.mehr-ranft.ch
gründet. Der organisiert zusammen mit
einem schweizweiten Netzwerk das Ge-
                                                                                                                                                                                                  Bild: zVg

denkjahr für den Emeriten vom Ranft.

Erfolgreiches Schulprojekt
Im Rahmen des Gedenkjahres haben sich
rund 70 Jugendliche aus dem Kanton Ob-
walden auf den Weg gemacht und besu-
chen noch bis zu den Sommerferien Schul-
klassen in der ganzen Schweiz. Über
hundert sind es schon. Ein Team aus Sar-
nen war letzte Woche mit seiner Mission im
Kanton Schaffhausen. SRF berichtete in
der Sendung Schweiz aktuell darüber. Die
Botschafter, in diesem Fall je zwei Sekun-
darschüler und -schülerinnen aus Sarnen,
zeichneten in Kurzvorträgen das Leben und
Wirken des Schweizer Nationalheiligen            Das mobile Begegnungshaus im Rohbau

6   forumKirche | 13-2017
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Thurgau

Erwachsenenbildung wird gestärkt
Synode der Landeskirche Thurgau

                                              Bild: Arianna Maineri Luterbacher
Die katholische Landeskirche Thurgau
schafft eine zusätzliche, unbefristete
Stelle in der Erwachsenenbildung. Der
Entscheid der Synode stützt die Position
des Kirchenrats. Und die Beratungen für
die gesetzlichen Grundlagen der Landes-
kirche gehen nun in der Synodal-
kommission weiter.

An ihrer Sommersitzung berieten die
Synodalen der katholischen Landeskirche
Thurgau den Tätigkeitsbericht und die
Rechnung 2016. Im Rathaus Frauenfeld
entschied das «katholische Parlament»
über die Verwendung des Überschusses
von rund CHF 430‘000. Dabei erhielten die
Anträge des Kirchenrats volle Zustimmung:
CHF 280‘000 nähren das Eigenkapital der
Landeskirche. Je CHF 75‘000 fliessen in
zwei Projekte der kommenden Jahre; den
künftigen Web-Auftritt «Katholische Kirche
im Thurgau» und das Jubiläum «150 Jahre
Thurgauer Landeskirchen – 2019/20».
Markus Signer (Arbon) wurde einstimmig
als Mitglied des Synodenbüros gewählt.
Er ist Nachfolger von Benedikt Wey, der
2016 aus gesundheitlichen Gründen von                                             Kirchenratspräsident Cyrill Bischof (r.) übergibt dem Vorsitzenden der Synode, Dr. Alois Schwager, einen
Frauenfeld wegzog.                                                                Stick mit den Entwürfen für die neue Rechtsgrundlage der katholischen Landeskirche Thurgau.

Landeskirchen feiern gemeinsam
Die evangelische Kirche und die katholi-                                          renz (DOK) möchten ihre Beratungen über              Frühjahr 2018 berät die Synode das neue
sche Kirche sind im Kanton Thurgau seit                                           die Einführung neuer Ausbildungen weiter             Gesetzeswerk im Plenum. Dafür plant sie
bald 150 Jahren öffentlich-rechtlich aner-                                        vertiefen. Doch die KEB soll ihre Tätigkeit          zwei bis drei ausserordentliche Sitzungen.
kannt. Synodale Paul Würms (Bischofszell)                                         dauerhaft verbreitern und verstärken
sprach sich im Namen der Finanzkommis-                                            können. Der Meinung des Kirchenrats war                               Arianna Maineri Luterbacher,
sion dafür aus, das Jubiläum gemäss Vor-                                          heute auch die Synode. Sie beschloss mit                               Kath. Landeskirche Thurgau
schlag der Kirchenräte zu begehen. Denn                                           nur einer Gegenstimme: Die neue Stelle
das gemeinsame Anliegen der Landes-                                               als Erwachsenenbilder/in (80 – 100 %) ist
kirchen fruchte schon jetzt, etwa durch                                           unbefristet. Sobald die Ausbildung nicht-
mehr gemeinsame Themen. Ausserdem                                                 theologischer Mitarbeitenden möglich ist,              Jubiläum «150 Jahre Thurgauer
könne das Jubiläum als Image-Kampagne                                             macht die KEB die nötigen Arbeitsressour-              Landeskirchen – 2019/20»
dienen. Gelinge es dabei, einen Impuls in                                         cen dafür frei.                                        Der Kanton Thurgau gab sich im Jahr
der Bevölkerung auszulösen, werde sich                                                                                                   1869 eine neue Verfassung. Sie legte in
der Aufwand gelohnt haben.                                                        Vorschläge für künftige Gesetze überreicht             Bezug auf die evangelische und die ka-
                                                                                  Eine eigene Verfassung sowie zwei ergän-               tholische Kirche fest, dass sie öffentlich-
Mehr kirchliche Bildung für Erwachsene                                            zende Gesetze – das Landeskirchengesetz                rechtlich anerkannt werden. Im Folgejahr,
Die katholische Landeskirche Thurgau                                              (LKG) und das Kirchgemeindegesetz                      1870, hielt die Synode der katholischen
möchte künftig Ausbildungen für neue Mit-                                         (KGG) – sollen künftig die Rechtsgrundlage             Landeskirche ihre erste Sitzung ab.
arbeitende ohne Theologiestudium an-                                              der katholischen Landeskirche Thurgau                  Heute werten die Kirchenräte ihre Lan-
bieten. Im Hinblick darauf hat die Synode                                         bilden. Inzwischen ist die Vernehmlassung              deskirchen als «Erfolgsmodell», das sie
in ihrer Sitzung vom 24. November 2016                                            beendet und die 50 Stellungnahmen sind                 gemeinsam feiern möchten. Die Ziele
bereits eine befristete Doppelbesetzung                                           bearbeitet. Nach rund dreieinhalb Jahren               dabei sind laut Grobkonzept: die Ge-
bei der Fachstelle für Kirchliche Erwachse-                                       Redaktionsarbeit übergab Kirchenrats-                  schichte der Landeskirchen aufarbeiten
nenbildung (KEB) genehmigt. Umgesetzt                                             präsident Cyrill Bischof die Gesetzesent-              – die Schwerpunkte der kirchlichen Tätig-
wurde die Aufstockung aber noch nicht. Die                                        würfe dem Synodenpräsidenten, Dr. Alois                keit beleuchten – zum Glauben einladen,
kirchlichen Verantwortungsträger in der                                           Schwager. Nun wird die vorberatende Kom-               Glauben vertiefen.
Deutschschweizerischen Ordinarienkonfe-                                           mission der Synode die Texte prüfen. Im

                                                                                                                                                            forumKirche | 13-2017      7
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Leserbriefe · Aus dem Bistum

Leserbrief                                                              Leserbrief
forumKirche Nr. 10, Seite 2 und 3:                                      forumKirche Nr. 11, Seite 8:
Musik, die nicht vom Himmel fällt                                       Leserbrief zum Thema geschlechtergerechte Sprache

Ich sehe unbesorgt in die Zukunft der Chöre. Chöre bleiben              Liebe Frau Neidhart. Dass Sie das Lesen eines Textes als mühsam
attraktiv. Das Singen gehört zur Kirche genauso wie das Gebet. Es       empfinden, wenn jeweils die männliche und die weibliche Bezeich-
ist eine fast übermenschliche Urgewalt. Zudem wird heute sehr viel      nungen für Ämter oder Berufe geschrieben oder gesagt werden,
Wert auf eine fundierte Chorleiterausbildung gelegt. Die ist ganz       kann ich nachvollziehen. Dass sie es aber als Übertreibung oder
besonders auf Kirchenchöre ausgerichtet.                                gar als lächerlich bezeichnen, dass in Texten auch die weibliche
Und trotzdem ist traurig, wenn ein Chor aufgelöst werden muss,          Bezeichnung aufgeführt wird, irritiert und verärgert mich.
wie in Bischofszell. Bis sich ein neuer Chor etablieren kann,           Ihr Leserinbrief schlägt in eine Kerbe, die es auszumerzen und
braucht es sehr viel Überzeugungsarbeit und Goodwill von allen          nicht noch zu vertiefen gilt. Es kann nicht sein, dass 2017 die
Seiten. Aus der Sicht eines Chorleiters möchte ich den Chören Mut       Hälfte der Menschheit, in diesem Fall die Frauen, immer nur mit-
machen, die Entwicklung des Chores nicht allein dem Chorleiter zu       gemeint und nicht explizit genannt wird. Ich plädiere daher in die-
überlassen. Im Gegenteil: Der Chor sollte den Mut haben sich zu         ser Sache für mehr Kreativität und Vielfalt, wie es die Redaktion
profilieren und sich auf Kernkompetenzen auszurichten. Heute ma-        von forumKirche immer wieder praktiziert.
chen das zum Beispiel die Gospelchöre. Sie schränken ihr Reper-
toire stark ein, was ihnen oft mehr Mitglieder beschert.                Texte können nur mit der weiblichen Bezeichnung, am besten Plu-
In alten Protokollen habe ich gelesen, dass im Kirchenchor nur          ral feminin geschrieben werden: bei den Mitgestalterinnen oder
mitsingen durfte, wer ledig war. Wer dagegen heiratete, musste          den Ministrantinnen ist die männliche Form vollumfänglich inte-
austreten. Wer zu spät zur Probe kam, «durfte» einen Beitrag in die     griert und die Männer also nicht nur mitgemeint. Eine andere Vari-
Vereinskasse bezahlen. Es ist nicht ratsam, solche Vorschriften         ante ist, die Formen abwechslungsweise zu gebrauchen: Also den
heute noch anwenden zu wollen. Aber ein Chor muss sein Profil           Dank an die Mitgestalter, die Musikerinnen, die Ministrantinnen,
finden. Mitglieder können sich dann entscheiden, ob sie sich            den Mesmer und die Helfer usw. zu richten im Wissen darum, dass
diesem fügen wollen oder nicht.                                         die eine Form immer die andere mit meint. So werden Personen
Am schlimmsten ist es, wenn der Chor einfach allen offensteht,          beider Geschlechter gleichwertig genannt und gewürdigt. Ob sich
weil alle froh sind, dass noch jemand kommt. Das führt dazu, dass       die männlichen Musiker mit diesem Dank wohl persönlich ange-
auch in der vorletzten Probe vor dem Auftritt noch Singende nach        sprochen fühlen? Das wäre interessant zu erfahren.
Noten fragen. Das gibt eine schlechte Grundstimmung. Je klarer
der Chor seine Ansprüche formuliert, desto einfacher wird es auch                                         Simone Curau-Aepli, Weinfelden
für den Chorleiter, sich der musikalischen Arbeit zu widmen.                     Präsidentin SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund

                                             Ruedi Keller, Chorleiter

Der Weg zu mir: Chance oder Risiko?
Was mich bewegt: Ein Beitrag von Margrith Mühlebach

Das Wort «Weg» fasziniert mich. Unzählige Aphorismen beziehen           dem Leben hadern. Aus Bewegung wird Stillstand, aus Freude
sich darauf, z. B. «Der Weg ist das Ziel» oder «Viele Wege führen       Trauer, aus Optimismus Resignation.
nach Rom». Der Weg beinhaltet die Verben ziehen und fahren. Dar-
in verbirgt sich eine Sehnsucht nach Veränderung, nach Bewegung         In diesen Situationen brauchen wir den Mitmenschen, den Mit-
in einer festgefahrenen Situation, nach Verbesserung, aber auch         christen, die uns wieder auf den richtigen Weg bringen. Wir dürfen
das weg (!) gehen von einem Ort, der uns nicht gefällt.                 auch Gott vertrauen, uns auf Jesus verlassen: «Ich bin der Weg,
                                                                        die Wahrheit und das Leben.» Ich wünsche uns allen diese Mit-
«Ich will etwas bewegen in meinem Leben», sagen wir – vor allem,        christen, und dass ich diese Mitchristin für andere bin. «Welches
wenn wir noch jung und voller Träume und Ideale sind. Voller Taten-     ist der weiteste Weg? Der Weg zu meinem Nächsten.»
drang stürmen wir in die Welt hinaus, um alsbald auch an Steinen
anzustossen, die der Weg für uns bereithält. Umwege, Sackgas-
sen, Steigungen und Tunnels fordern uns heraus. Sie machen
stärker und weiser (wenn wir diese Prüfungen bestehen) oder
deprimieren und bringen Zynismus und Stillstand (wenn wir an den
Prüfungen verzweifeln und scheitern).

Ich sehe heute viele Jugendliche, die bereits früh am Weg zu ver-
zweifeln scheinen, weil sie keine Chancen bekommen. Ich sehe
auch viele ältere Menschen, die durch Jobverlust, Schicksals-                       Margrith Mühlebach-Scheiwiller
schläge oder Krankheit vom Weg abkommen, resignieren und mit                       Regionalverantwortliche St. Viktor

8   forumKirche | 13-2017
"Dialogue en Route" Religionen hautnah erleben - Katholische Pfarrei Romanshorn
Kinder fragen …

Zeichnung:
Cristina

                    Nach dem Tod des Grossvaters hat die Mutter Noa (7) erklärt, dass dieser nun im Himmel
                    sei. Noa möchte wissen:

Wie ist Grossvater in den Himmel
hinaufgekommen?
                    Lieber Noa                                                 sicher kein Ort, an den man so einfach gelangen
                    Schön, dass du weiter an deinen Grossvater denkst          könnte. Der Himmel ist genau so wenig oben wie
                    und er dir wichtig bleibt! Ich glaube, dass dein Verhal-   unten, weder links noch rechts.
                    ten schon darauf hindeutet, wie wir den Himmel ver-        Doch was ist er also, dieser Himmel? Oder wo ist er?
                    stehen können... Wenn uns jemand wichtig ist, sagen        Vielleicht ist es ganz einfach. Wie wir andere Men-
                    wir doch oft: «Er (oder sie) ist mir ans Herz gewach-      schen in unser Herz schliessen, schliesst auch Gott
                    sen!» Ja, was uns wichtig ist, schliessen wir ins Herz:    uns Menschen ins Herz. So viele Erzählungen der Bibel
                    Unsere Familie, die Freunde und Freundinnen, schöne        zeigen, dass wir Menschen Gott unheimlich wichtig
                    Erinnerungen – oder vielleicht auch das eigene             sind. Und darum lässt uns Gott sicher auch nicht im
                    Kuscheltier. Dabei bedeutet Herz so viel wie: unser        Stich, wenn wir einmal sterben. So wie du weiter an
                    Innerstes. Das Herz ist der Sitz von Liebe, Güte und       deinen Grossvater denkst, vergisst auch Gott alle die
                    Mitgefühl. Das Herz ist das, was uns ausmacht, wo wir      Menschen nicht, die bereits gestorben sind. Diese
                    ganz uns selbst sind – es steht für unsere Lebenskraft.    Menschen sind bei Gott im Himmel. Was also ist der
                    Und was wir ins Herz geschlossen haben, dem geben          Himmel? Der Himmel ist das Herz Gottes. Genau so
                    wir Anteil an uns selbst.                                  stelle ich mir das vor!
                    Bei Gott ist das vielleicht gar nicht so viel anders. Es
                    gibt doch sicher auch Dinge, die Gott ins Herz ge-                    Daniel Ritter, Leiter der Fachstelle Katechese
                    schlossen hat – oder meinst du nicht? Was das mit
                    dem Himmel zu tun hat fragst du dich nun?
                                                                                Mitmachen! Wenn Ihnen Ihr Kind oder Enkel schon einmal
                    Als der erste Astronaut die Erde umkreiste, meinte er
                                                                                eine «grosse Frage» gestellt hat, schicken Sie sie an uns
                    nach seiner Rückkehr: «Ich habe Gott nicht gesehen!»        (redaktion@forumkirche.ch). Wir versuchen darauf zu
                    Kein Wunder, denn auf diese Weise kann man weder            antworten. Wir freuen uns auch über Kinderzeichnungen.
                    Gott noch unsere Verstorbenen finden. Der Himmel ist

                                                                                                               forumKirche | 13-2017        9
500 Jahre Reformation · Kirche ohne Grenzen – Englisch

In Originalen lesen                                                                                                       «Wir sind Trou
Dokumente zur Reformation im Internet                                                                                     Die Seelsorge der Flughafen-Ki

Geschichte kann spannend sein. Das                 bekannten Reformator Vadian reduziert                                  26’000 Mitarbeitende und rund 70’000
erlebt man, wenn man die Webseite der              werden dürfe. Aus den Quellen gehe hervor,                             Reisende pro Tag gehen im Flughafen Klo-
St. Galler Stadtarchive besucht. Dort wer-         dass auch Gefährten wie Johannes Kessler                               ten ein und aus. Auch die Zürcher Kirchen
den einem Einblicke in Originaldokumente           und Gastprediger eine wichtige Rolle ge-                               sind vor Ort vertreten. Beim Check-In 2,
aus der Zeit der Reformation in St. Gallen         spielt hätten.                                                         dort wo man zur Zuschauerterrasse ge-
geboten – mit wertvollen Lese- und                 Die Historikerinnen und Historiker der ge-                             langt, befinden sich die Räumlichkeiten
Verständnishilfen.                                 nannten Archive seien überrascht gewesen                               der Flughafenkirche Zürich. Hier herrscht
                                                   vom Zusammenleben zwischen katholi-                                    24 Stunden am Tag Betrieb, und zwar 356
Warum kam es zu Bilderentfernungen in              schem Kloster, reformierter Stadt und ka-                              Tage im Jahr. Kirche ohne Grenzen traf den
den St. Galler Kirchen? Wie schmuggelte            tholischem Umland. «Vor allem die Schied-                              reformierten Pfarrer Stephan Pfenninger
man verbotene Schriften? Ab wann konnte            mauer, die 1566 erbaut wurde, zeugte                                   Schait und die katholische Seelsorgerin
man sich scheiden lassen? Waren die                bisher von einer strikten Trennung», so                                Andrea Thali.
Mönche im Kloster St. Gallen tatsächlich           Sonderegger. Die Dokumente zeigten aber,
bewaffnet? Auf solche und andere Fragen            dass es sich eher um ein Geben und Neh-                                Was ist die Flughafenkirche und
zur Reformation haben das St. Galler Stadt-        men gehandelt habe, reiche Bürger aus der                              für wen ist sie?
archiv und die Vadianische Sammlung der            reformierten Stadt hätten beispielsweise                               Pfenninger: Es handelt sich hierbei um eine
Ortsbürgergemeinde St. Gallen Antworten.           Sommersitze auf dem Gebiet des Fürstabts                               ökumenische Seelsorgestelle der katholi-
Neu können diese auch online angeschaut            besessen.                                                              schen, reformierten und christkatholischen
werden: «Anhand von Originaldokumenten                                                                                    Kirchen des Kantons Zürich. Wir sind für al-
werden Menschen aus der Zeit der Refor-            Ausstellung mit Originaldokumenten                                     le da, die am Flughafen sind: für Mitarbei-
mation vorgestellt und Ereignisse in deren         Jeder Text beginnt laut Website des Stadt-                             tende – vom Kioskverkäufer und Reini-
Zusammenhang erklärt», heisst es dazu              archivs mit einem abgebildeten Auszug aus                              gungsmitarbeitenden bis zu Piloten oder
auf der Website des Stadtarchivs.                  einer Originalquelle und mit einer buchsta-                            Managern –, für Reisende, für ankommen-
«Wiborada Mörli verteidigt die Schwestern          bengetreuen Umschrift. Darauf folgten eine                             de Flüchtlinge und Migrantinnen, für Ob-
von St. Leonhard», heisst beispielsweise           Übersetzung in heutiges Deutsch, eine                                  dachlose, die hier am Flughafen schlafen
ein Dokument, ein anderes erzählt von der          Erläuterung zum spezifischen Fall sowie                                oder gar leben, für Auswanderer die ge-
Einführung des Schriftprinzips, wieder ein         eine Interpretation. Anhand verschiedener                              scheitert sind und zurückkommen, für alle
anderes von «Leibeigenschaft» oder von             Aspekte soll so «ein möglichst breiter                                 Angehörigen.
den «Zukunftsaussichten ehemaliger                 Zugang zur Geschichte St. Gallens in der                               Thali: Wir sind für diese Menschen da, un-
Nonnen des Klosters St. Katharinen».               Reformationszeit» ermöglicht werden.                                   abhängig davon, welche Religiosität, Welt-
                                                   Wer die Dokumente im Original sehen                                    anschauung oder Konfession jemand hat.
Neue Erkenntnisse                                  möchte, hat dazu Gelegenheit in der Aus-                               Für unsere Arbeit ist das nicht zentral. Auch
«Wir wollten etwas Nachhaltiges zum Refor-         stellung «Reformation findet Stadt», die                               in unseren Gebetsräumen, welche bewusst
mations-Jubiläum beisteuern», sagte Stadt-         vom 28. Oktober bis 26. November 2017                                  interreligiös gestaltet wurden, sind alle
archivar Stefan Sonderegger. Für diese Zu-         im Stadthaus St. Gallen gezeigt wird.                                  Menschen willkommen. Das Wesentliche
sammenstellung seien die Dokumente                                                                                        dieser Seelsorgestelle ist das «Zeit-haben»,
nochmals unter die Lupe genommen wor-                                                 kath.ch/Red.                        denn in diesem oft hektischen und auch
den und hätten auch neue Erkenntnisse zu-                                                                                 grossen Betrieb ist das ein rares Gut.
tage gebracht. So zeige sich etwa, dass die        ■   Reformation im Internet: https://
Reformation in St. Gallen nicht nur auf den            stadtarchiv.ch/reformation-findet-stadt/                           Wie sieht Ihre Arbeit in der Flughafen-
                                                                                                                          seelsorge konkret aus?
                                                                                                                          Pfenninger: Relevant für unsere Arbeit ist
                                                                                                                          die Vernetzung mit den diversen Personen
                                                                                                       Bild: Screenshot

                                                               Umschrift: Vincenz Vetter, Tisch-
                                                                                                                          und Firmen des gesamten Flughafens, wie
                                                               macher, sait, er habe dem Abbt etlich
                                                               Büchsen gefasset, ligend etlich auf
                                                                                                                          Polizei, Terminalmanagement, Airlines, Mit-
                                                               dem Schloss Rorschach. Und bey 10                          glieder des Care-Teams und anderen.
                                                               Handbüchsen seyen her ins Closter                          Thali: Wir kommen zum Einsatz, wenn wir
                                                               geführt. Und seye kein Mönch nit,                          beispielsweise von Mitarbeitern oder ihren
                                                               er habe 3 Gewehr in seiner Cell.
                                                                                                                          Vorgesetzen gerufen werden; wenn es Pro-
                                                               Osswald sait, Gluss hab Harnisch
                                                               und Waffen in seiner Kammer, dess-
                                                                                                                          bleme am Arbeitsplatz gibt; bei schweren
                                                               gleichen der Unter-Pfister auch, und                       Krankheiten oder persönlichen Schicksals-
                                                               geredt, man hat mir Harnisch und                           schlägen; bei kleinen und grossen Sorgen
                                                               Waffen herüber geben. Auch habe ein                        der Angestellten. Aber auch wenn ein Pas-
                                                               jeder Mönch Waffen in der Cell.
                                                                                                                          sagier bei der Durchreise Probleme berei-
                                                                                                                          tet, weil er eine psychische Krise zu bewäl-
Die neue Webseite zeigt Originalschriftstücke mit Umschrift und hilfreichen Erklärungen                                   tigen hat – was hier am Flughafen häufig
(hier zu: «Bewaffnete Mönche im Kloster»)                                                                                 vorkommt. Wenn Flüchtlinge stranden, sind

10 forumKirche | 13-2017
Kirche ohne Grenzen – Englisch

bleshooter am Flughafen»
rche Zürich im 24-Stundendienst

                                                                                                                                                                     Bild: Martin Thomann
    wir zur Stelle, wenn Auswanderer zurück-
    kommen und nicht mehr weiterwissen, weil
    sie alles verloren haben ...
    Pfenninger: Natürlich kommen wir auch bei
    Krisensituationen jeglicher Art als Notfall-
    seelsorger zum Einsatz – bei Grossereignis-
    sen als Teil des Care-Teams. Des Weiteren
    feiern wir monatlich einen Gottesdienst
    und gestalten jeden Mittwoch ein meditati-
    ves Mittagsgebet in unseren Räumlichkei-
    ten.

    Wieso machen Kirche und Seelsorge
    am Flughafen Sinn?
    Pfenninger: Am Flughafen läuft auf
    engstem Raum sehr viel ab – zwischen-
    menschlich, aber eben auch seelisch; bei
    Menschen, die auf der Durchreise sind,
    ankommen oder die Schweiz verlassen,
    verlassen müssen. Das Flugpersonal, die
    Arbeitenden in den Terminals oder an an-
    dern Orten haben beschränkt Zeit für die
    Sorgen und Nöte der Menschen – was auch
    niemand erwartet. Wir jedoch, sind in die-
    sem ganzen Komplex diejenigen, welche                      Seelsorgerin Thali (2. v. r.) und Pfarrer Pfenninger (2. v. l.) im Team der Flughafenkirche
    sich Zeit nehmen können. Durch unsere
    gute Vernetzung können wir schnell und
    adäquat agieren und entsprechende
    Lösungen finden.                                            Troubleshooter at the Airport
    Thali: Ein Geschäftsleitungsmitglied des
    Flughafens nannte die Flughafenkirche ein-                  24/7 service at the Airport Chaplaincy Zurich
    mal die «Seele des Flughafens». Eine schö-
    ne Anerkennung, die ausdrückt, warum ei-                    The facilities of the Airport Chaplaincy are located at Check-In 2, close to the access
    ne solche Seelsorgestelle hier Sinn macht.                  point for the observation deck. But why does an airport need a 24/7 service chap-
    Wir selbst bezeichnen uns gerne auch als                    laincy, serving 365 days a year? At the Airport Zurich there are 26’000 employees
    die Troubleshooter des Flughafens: Wir                      and an average of 70’000 travelers going in and out daily. Kirche ohne Grenzen has
    sind da, um mit den Menschen nächste                        met Pastor Stephan Pfenninger Schait (working there since summer 2016) and the
    Schritte zu tun, schlichten, beruhigen, zu-                 catholic Chaplain Andrea Thali (working at the Airport Chaplaincy Zurich for 17 years
    hören, beten für oder mit jemandem, trös-                   already) to talk about the relevance/ impact of an airport chaplaincy and to learn
    ten oder vermitteln und vieles mehr.                        more about their daily business.

    Herzlichen Dank für das Gespräch!                           What does a working day at the Airport Chaplaincy Zurich look like? What is your daily
                                                                business like?
                   Interview: Romina Monferrini                 Pfenninger: Important for us and our work is professional networking. To be connected
                   Übersetzung: Stefanie Blaser                 with the various departments of the airport like police, terminal management, airlines,
                                                                care-team staff and so on.
                                                                Thali: We are called, for example, by employees or line managers, if there are problems
                                                                at work, such as, for example, difficult working-situations or private problems. Or we are
                                                                called if a passenger has problems during his/hers transit or is in a crisis (caused by
                                                                psychic stress for example).This happens quiet often. We are also offering our help if
                                                   Bild: zVg

     Romina Monferrini (29)                                     there are stranded refugees or if expats are coming back to Switzerland because it
     stammt aus dem Dorf                                        didn’t work out for them in their planned-to-be-new-home. Both of these «client groups»
     Monteroni di Lecce (Süd-                                   don’t know how their lives should go on as they have lost everything…
     italien). Sie studiert                                     Pfenninger: We offer our help as emergency chaplains in any situation you could say.
     Theologie an der Uni-                                      Further, we celebrate a liturgy once a month and offer a meditative prayer every
     versität Luzern.                                           Wednesday noon in our chapel.

                                                                                                                                          forumKirche | 13-2017 11
Thurgau

«Wir müssen zeitgemäss sein»
Bildungshäuser unter Druck

Bildungshäuser und Seminarhotels verbin-            Infrastruktur ist top                                      mit verschiedenen Massnahmen begeg-
den Gastlichkeit mit Weiterbildung. Doch            In Fischingen im Hinterthurgau hat man                     nen. So gelte es, aus Fehlern zu lernen.
die Ansprüche der Gäste steigen, die                das rechtzeitig erkannt. Dort wurde das Bil-               Man habe früher zu sehr auf Events ge-
Konkurrenz ist gross. In Fischingen und             dungshaus des Klosters vor drei Jahren zu                  setzt. Die Erfahrung zeige nun, dass sich
Ittingen geht man deshalb in die Offensive.         einem modernen Dreisterne-Seminarhotel                     zu viel Betrieb negativ auf Seminargäste
                                                    und Tagungsort umgebaut. Denn kaum sei                     auswirke, die Ruhe suchten. Hier müsse
Wer die Webadresse des Bildungshauses               das Bildungshaus 1982 eröffnet worden,                     eine «optimale maximale Auslastung» an-
Fernblick anwählt, landet auf der Website           hätten Firmen und Konzerne es für ihre Se-                 gestrebt werden. «Die Qualität soll für alle
eines Schuhanbieters. Das Haus hoch über            minare entdeckt. «Bald bestand unsere                      stimmen», so Ibig.
Teufen mit Panoramablick auf den Alpstein           Kundschaft zu 80 Prozent aus Firmen», so                   Zusätzliche Mittel möchte Ibig durch Fund-
wurde Ende 2016 geschlossen. Über 40                Hoteldirektor Werner Ibig. Er ergänzt: «Heu-               raising generieren. Spenden, die unabding-
Jahre lang war der Fernblick vom einst ka-          te sind Infrastruktur und Technik auf dem                  bar für den baulichen Erhalt der Kloster-
tholischen Katharina-Werk Basel geführt             neusten Stand.» 30 Hotelzimmer und ein                     anlage sind. Im Geschäftsjahr 2016
worden. Zuerst als Erholungsheim; ab                breites Angebot an Seminarräumen stehen                    betrugen sie 100‘000 Franken; das Defizit
1986 als Bildungshaus, das sich der Ver-            Übernachtungs- und Tagesgästen zur Verfü-                  rund sechsmal mehr. Investieren will Ibig in
söhnungsarbeit widmete. Theres Bleisch,             gung. «Damit haben wir unser Angebot der                   Marketingmassnahmen. Dafür arbeitet
ehemalige Leiterin des Fernblick, nennt             Nachfrage angepasst», sagt Ibig.                           man nun mit einem externen Spezialisten
mehrere Gründe für die Schliessung: Es ha-          Dennoch schreibt das Klosterhotel zum                      zusammen.
be in den letzten Jahren an personellen             dritten Mal in Folge rote Zahlen. Mit einer
und finanziellen Ressourcen gefehlt. «Wir           Bettenbelegung von 45 Prozent im Jahr                      Koorporation und Innovation
konnten das Bildungsprogramm nicht mehr             2016 ist man sogar noch unter derjenigen                   Marketing sei enorm wichtig für den Erfolg
mit unseren eigenen Leuten bestreiten», so          des Vorjahres. An der Positionierung könne                 eines Betriebs, bestätigt Corinne Rüegg.
Theres Bleisch. Zudem habe man zu keiner            es nicht liegen, so Ibig. Den Businessplan                 Sie ist Verantwortliche für Marketing und
Zeit Subventionen erhalten. Und schliess-           habe man mit einem Spezialisten analy-                     Kommunikation in der Kartause Ittingen.
lich habe man feststellen müssen, dass              siert. «Wir sind auf Gruppen ausgerichtet.»                Deren Hotelzimmer werden zu fast Dreivier-
der Ausbaustandard veraltet war. Jetzt wird         Dazu gehören auch solche, die den Ort ta-                  teln von Seminargästen und zu einem Vier-
der Fernblick abgebrochen. «Es wäre un-             geweise buchen. Freilich seien auch Einzel-                tel von Individualreisenden belegt. «Wir
möglich gewesen, aus der bestehenden                gäste willkommen. Sie habe man aber                        müssen zeitgemäss sein», sagt Corinne
Substanz etwas Vernünftiges zu machen.»             nicht im Fokus. Ibig ist überzeugt: «Das                   Rüegg. «Wichtig ist, dass man im Gespräch
Eine gute Hotellerie aber, so Theres                Konzept stimmt.» Dem Defizit will der Direk-               bleibt und in den Medien erscheint», weiss
Bleisch, sei heute unabdingbare Vorausset-          tor, der das Hotel im Kollektiv mit den ein-               die Fachfrau. Gezielt versucht man des-
zung für den Erfolg eines Bildungshauses.           zelnen Abteilungsverantwortlichen leitet,                  halb, auch für Einzelgäste ein attraktives
                                                                                                               Angebot bereitzustellen. Das gelingt einer-
                                                                                                               seits durch die Kooperation mit tecum,
                                                                                                   Bild: zVg

                                                                                                               dem Zentrum für Spiritualität, Bildung und
                                                                                                               Gemeindebau der evangelischen Landeskir-
                                                                                                               che des Kantons Thurgau. Aber auch in der
                                                                                                               Nutzung der Partnerschaften vor Ort: dem
                                                                                                               Thurgauer Kunstmuseum und dem Ittinger
                                                                                                               Museum. Zudem führt die Stiftung Kartau-
                                                                                                               se Ittingen nebst der Hotellerie einen Heim-
                                                                                                               und Werkstättenbetrieb sowie einen Guts-
                                                                                                               betrieb. «Diese Vielfalt ist unser Erfolgsre-
                                                                                                               zept», so Rüegg. So sei das Konzept der
                                                                                                               Kartause – die notabene schwarze Zahlen
                                                                                                               schreibt – immer noch dasselbe, das Ende
                                                                                                               der 1970er-Jahre entwickelt worden war. Es
                                                                                                               beruht auf klösterlichen Werten, wie Kultur,
                                                                                                               Spiritualität, Bildung, Fürsorge, Gastfreund-
                                                                                                               schaft und Selbstversorgung. Aber auch
                                                                                                               Corinne Rüegg weiss: «Innovation ist wich-
                                                                                                               tig. Man kann sich nie auf den Lorbeeren
                                                                                                               ausruhen.»

                                                                                                                                     Sibylle Zambon-Akeret

Der Unterhalt der Klosteranlage Fischingen ist kostenintensiv.

12 forumKirche | 13-2017
Schaffhausen

Ein Diener der Freude
Ein Priester blickt auf sein Leben zurück

                                                                                                                                                    Bild: Judith Keller
Der bald 95-jährige Priester Paul Müller,
ehemaliger Pfarrer von St. Maria und
Antonius Thayngen, hat Notizen seines
bewegten Lebens in dem Buch «Noch ist
kein Pfarrer vom Himmel gefallen» veröf-
fentlicht. Interessant sind vor allem seine
Erfahrungen und Begegnungen während
seiner langjährigen Missionszeit in Schwe-
den und in den USA. In seinen Erinnerun-
gen sind viel Augenzwinkern, bildhafte
Vergleiche, aber auch Anregungen für die
Kirche zu entdecken.

Nach seiner Gymnasialzeit am Missions-
haus Immensee und dem anschliessenden
Missionsseminar studierte Paul Müller
Theologie in Rom. Hier erlebte er den
Prunk und den Beamtenapparat der Amts-
kirche. Sehr beeindruckt hat ihn die Atmo-
sphäre der römischen Katakomben, wo die
Urchristen sich versammelten. Trotz der
lustigen und lausbübischen Zeit mit seinen
Theologie-Kommilitonen entschied sich der      Paul Müller zeigt Illustrationen von Martina Theisen zu seinem neuen Buch «Noch ist kein Pfarrer
gebürtige Herisauer für einen Wechsel          vom Himmel gefallen».
nach Innsbruck. Dort wehte ihm an der von
Jesuiten geleiteten Theologischen Fakultät
ein offener Geist entgegen. Endlich konnte     Müller fühlte sich wie Paulus mit seiner ur-       schen Diaspora oder in einer amerikani-
der Theologiestudent an tiefgründige Dis-      christlichen Gemeinde. Es war alles be-            schen Grossstadt war das regelmässige
kussionen teilnehmen. Es war Müller nun        scheiden, offen und gemeinschaftlich. Nach         Wiedersehen im Gottesdienst und die Pfle-
bewusst: «Ich werde kein Priester, der sich    den Gottesdiensten blieben alle zusammen           ge der Gemeinschaft lebenswichtig. Es
wie ein Museumswächter in seinen vier          und man hat gemeinsam gegessen. Müller             baute auf und machte viele fröhlich. Paul
Kirchenwänden einschliesst und nur noch        unterrichtete dann die Kinder in Religion. In      Müller vergleicht es mit einer Oase: «Eine
aufbewahrt!»                                   der schwedischen Diaspora konnte der               kleine lebendige Gruppe, die lebt, kann
                                               Seelsorger den Katholiken, die von weit her        mehr erreichen und zieht andere an!»
Beweglicher Seelsorger                         angereist kamen, ihren Hunger nach Le-             Müllers Sorge war immer, dass die Kirche
Nach der Priesterweihe 1951 in Innsbruck       benssinn stillen und Freude verbreiten.            erstarrt, verstaubt und sich nicht mehr
drängte es Paul Müller hinaus in die Welt.                                                        entwickelt. Mit diesen Katholiken war die
«Ich möchte ein beweglicher Seelsorger         Freude in der Kirche vermitteln                    Kirche offen und beweglich.
werden», erzählt Müller, «der neue Impulse     Müllers Lebensaufgabe ist es, anderen die
für eine offene Kirche gibt.» Der Appenzel-    Freude an Jesus und am Nächsten zu we-             Andere bewegen
ler missionierte über 20 Jahre in Schweden     cken. «Die beste Methode, eine Botschaft           «Wir alle leisten einen ganz gehörigen Bei-
und war zehn Jahre in den USA tätig. Es        zu vermitteln, ist eine kurze Geschichte zu        trag zum Versagen der Kirche!», bedauert
gab keine Kirchensteuer. Die Katholiken        erzählen», verrät er. Von den damaligen üb-        der fast 95-Jährige. Anstatt selber etwas zu
mussten sich für ihre monatlichen Zu-          lichen kirchlichen Drohungen hält der Pen-         bewegen, erwartet man hoffnungsvolle Er-
sammenkünfte sogar in Baracken oder Pri-       sionär überhaupt nichts. Er erzählt gerne          neuerung von «oben» oder fordert heute zu
vathäusern einrichten. «Die Seelsorger         einen kleinen Witz im Gottesdienst und be-         viel vom Priester. Paul Müller resümiert:
müssen wieder zu den Menschen gehen»,          obachtet: «Die Augen und Herzen der Leute          «Wer immer wieder anfängt – und wer nie
empfiehlt der Priester, «und nicht umge-       leuchten und sie haben wieder Freude in            enttäuscht aufhört – der bleibt beweglich,
kehrt!» Der Missionar erlebte so durch sei-    der Kirche!» Bei ihm durfte in der Kirche ge-      und er wird auch fähig sein, andere zu be-
ne vielen privaten Besuche viel Gastfreund-    lacht und geklatscht werden, was vor Jahr-         wegen!»
lichkeit und besonders viel Geselligkeit.      zehnten verpönt war. Der Schweizer Missio-
                                               nar sieht seine Berufung als «Diener eurer                                           Judith Keller
Eine «grosse Familie»                          Freude», so wie dies Paulus bei den Korin-
Seine erste Pfarrei war in Helsingborg. Hier   thern beschreibt.                                  ■   Buchvorstellung und Begegnung mit
fand der monatliche Gottesdienst in einer                                                             Paul Müller am Donnerstag, 29. Juni,
Fabrik eines Fischerdorfes statt. Der «Orga-   Lebendige Kirche als Oase                              20.00 Uhr, im Pfarreisaal von St. Maria
nist» war ein Mundharmonikaspieler. Paul       Für die wenigen Katholiken in der schwedi-             und Antonius Thayngen

                                                                                                                      forumKirche | 13-2017 13
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