Selbstbestimmung am Lebensende - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - Katholische Pfarrei Romanshorn
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Nummer 22 19. November bis 2. Dezember 2017 Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau Selbstbestimmung am Lebensende
Ethik Editorial «Jeder Mensch stirbt ande Ein Elternpaar war gemeinsam aus dem Palliative Care als tragendes Netzwerk Leben geschieden. Die Ehepartner – im Alter von 81 und 77 Jahren – hatten sich für den assistierten Freitod entschieden. Das Thema Sterbehilfe hat im Oktober in Angehörige mit den Mitteln der modernen Der Mann hatte mit der Diagnose Haut- Ostschweizer Medien für Aufregung Medizin, Psychologie, Pflege und Seelsorge krebs gelebt, die Frau mit einer unheil- gesorgt. Pfarrerin Karin Kaspers Elekes sowie mit anderen Therapien zu begleiten, baren Nervenkrankheit. Zurück blieben ist Präsidentin des Vereins palliative so dass er kein «Schreckensende» erleben drei erwachsene Kinder, die sich mit dem ostschweiz. Sie sieht in der Palliative Care muss. Es geht also nicht mehr um die Entscheid ihrer Eltern schwertaten. Ihre einen gangbaren Weg am Lebensende. Gesundung eines Menschen, weil man individuellen Reaktionen darauf reichten weiss, dass diese nicht mehr zu erreichen von Schock, dem Gefühl des Aus- Braucht Sterben Mut? ist. Aber man versucht, unter den gegebe- geschlossen-Seins bis zum Verdacht, Sicher. Leben braucht Mut, und Sterben nen Voraussetzungen mit den bestehenden dass die Mutter möglicherweise auf braucht Mut. Den Schritt ins Unbekannte Möglichkeiten seine Lebensqualität – und Drängen des Vaters eingewilligt hatte. stelle ich mir vor wie den Gang über eine die seiner Bezugspersonen – aufrecht- Wackelbrücke, die ich nicht gebaut habe. zuerhalten oder zu verbessern. Dieser Fall sorgte letztes Jahr für media- les Aufsehen. Er zeigt auf: Kaum jemand Sie setzen sich für Palliative Care ein. Wie sieht die Hilfe konkret aus? stirbt für sich allein. Sterben geschieht Was ist das genau? Es ist mir ganz wichtig, dass Palliative Care nicht losgelöst vom gesellschaftlichen, Pallium kommt vom Lateinischen «Mantel». nicht nur als Pflege von Krebskranken in sozialen und familiären Umfeld. Das re- Mit dem englischen Care ist umfassende der Endphase verstanden wird. Es geht um klamierte Recht auf Selbstbestimmung Sorge gemeint. Der Begriff steht für einen jede Erkrankung, die unumkehrbar zum am Lebensende hat einen ethischen, Schutzraum, der gleich einem Mantel, den Tode führen wird. Palliative Care setzt be- rechtlichen und gesellschaftspolitischen Schwerstkranken und seine Angehörigen reits bei der Diagnose an. Dann nämlich, Rahmen. Sterbehilfeorganisationen wie umgibt. In diesem Sinne setzt sich Pallia- wenn das Leben eines Erkrankten und der Exit und Dignitas leiten diesem Recht ein tive Care für die Lebensqualität sterbens- Angehörigen plötzlich unter anderen Vorzei- Recht auf Selbsttötung ab. Eine Deutung, kranker Menschen ein, sodass diese unter chen steht. Das Ziel ist deshalb, beim die gesellschaftlich akzeptiert scheint. bestmöglicher Berücksichtigung ihrer Kranken Symptome zu lindern und gemein- Das jedenfalls legen die steigenden Mit- Wünsche bis zuletzt selbstbestimmt leben sam mit ihm Entscheidungen so aufzu- gliederzahlen der beiden Organisationen können. gleisen, dass möglichst Komplikationen nahe. Dem gegenüber steht die Haltung vermieden werden können. Dazu gehört der Schweizer Bischöfe. Sie lehnen jede Können Sie das noch ausführen? auch, Netzwerke zu bilden, sodass es nicht Beihilfe zum Suizid aus «rationalen und Wir handeln nach dem Grundsatz: High zur Erschöpfung von Angehörigen kommt. humanistischen Gründen» und mit dem person, low technology. Das heisst wir stel- Es ist deshalb wichtig, dass alle Personen, Hinweis auf den «Schutz allen mensch- len das Wohl des Menschen ins Zentrum, die im Gesundheitswesen tätig sind, die lichen Lebens» ab. Dagegen befürworten nicht das technisch Machbare. Was es in Zugänge zu Palliative Care kennen. Titelbild: Ein alter, kranker Mann mit einem Angehörigen. Was beschäftigt ihn? Bild: fotolia.com sie Palliative Care, als «vorbildliche Form dieser Lebensphase braucht, richtet sich von Nächstenliebe». nach der Lebensqualität, die der Patient Sie berufen sich auf Selbstbestimmung empfindet. Es geht darum, Patienten und bis zuletzt. Das tun auch Sterbehilfe- Feststeht: Sterben will nicht zu unserem organisationen. hektischen, leistungsorientierten Lebens- Es kommt auf die Definition von Selbstbe- stil passen. Denn Sterben ist selten der stimmung an. Für uns heisst Selbstbestim- schnelle Tod. Noch viel weniger kann es Inhalt mung nicht, ein autarkes Leben zu führen, als Erfolg in unserer Lebensbilanz ver- ohne Beziehungen durchs Leben zu gehen bucht werden. Für viele ist der Weg aus Christliches Hilfswerk 5 und auf niemanden angewiesen zu sein. So dem Leben mit Einsamkeit oder Schmer- «Wir investieren in Menschen» ein Leben gibt es nicht. Wir sind auf Men- zen verbunden. Wer ihn einschlägt, betritt Die Christoffel Blindenmission schen angewiesen, im Leben und sicher «Terra Incognita», unbekanntes Territo- auch im Sterben. Daher braucht Selbst- rium. Doch die allerletzte Lebensphase Kirche ohne Grenzen – Albanisch 10/11 bestimmung Beziehung. Das steht im Zen- ist nicht nur Kapitulation. Sie kann auch Die Gläubigen schätzen gemeinsame Kultur trum der Palliative Care: Wir fördern Selbst- Albanermission feiert 25-Jahre-Jubiläum Chance sein. Sie bietet die Möglichkeit bestimmung in jeder möglichen Beziehung. auf seelische Heilung und Versöhnung, Vielleicht stimmt der Satz, dass wir nicht Thurgau 12 wie sie nur stattfinden kann, wenn das Diakonie strukturell verankern nur für uns selber sterben, sondern auch Leben unter ganz neuen Vorzeichen steht. Riedener referiert bei der Pastoralkonferenz für die, die weiterleben. Eine Studie zeigt, In diesem Sinne sind wir als Einzelne, als dass das Erleben eines begleiteten Suizids Gesellschaft und als Kirche in der Ver- Kurse · Tagungen 14 negative Folgen für das seelische Befinden antwortung, dass Sterben unter den Vor- der Zurückbleibenden haben kann. zeichen des Lebens geschehen kann. Gottesdienste an den Wochenenden 15 Filmtipp Was kann Palliative Care bewirken: beim Kranken, beim Umfeld? Kalenderblatt · Zum Schluss 16 Sie öffnet den Raum für das Leben. Für 2 forumKirche | 22-2017
Ethik rs» News ■ Kein Verkauf am Heiligabend Dieses Jahr fällt Heiligabend auf einen Sonntag. Deshalb fordert die Gewerk- Bild: zVg Ist Palliative Care für Sterbewillige eine schaft Unia, dass alle Ladengeschäfte in Alternative zu Exit oder Dignitas? der Schweiz am 24. Dezember geschlos- Das grösste Problem sterbewilliger Men- sen bleiben. Man sei grundsätzlich kritisch schen ist wohl die Angst vor Schmerzen gegenüber der Sonntagsarbeit, begründe- und vor dem Alleinsein. Zudem passt das te Sprecherin Leena Schmitter die Forde- Angewiesen-Sein auf die Hilfe von andern rung. Hinzu komme, dass das Verkaufsper- nicht zur heutigen Lebensphilosophie. sonal gerade in der Weihnachtszeit unter Wenn wir in der Lage sind aufzuzeigen, einem «unglaublichen Druck» stehe. Zu- dass man mit Palliative Care Schmerzen dem sei es ein «spezieller Tag», an dem lindern oder sogar Schmerzfreiheit erlan- man es Mitarbeitern ermöglichen sollte, gen kann und dass man auch in Angewie- Zeit mit ihren Familien zu verbringen. senheit würdig leben und sterben kann, dann werden Menschen ihre Angst viel- ■ Gegen Waffenexporte leicht überwinden und darauf vertrauen, Die bischöfliche Kommission Justitia et dass sie bis zuletzt leben können – und Pax appelliert an die Mitglieder der sicher- nicht allein gelassen werden. heitspolitischen Kommission des Stände- rats, einer Lockerung des Waffenexport- Welche Bedeutung messen Sie als Theo- verbots nicht zuzustimmen. Aktuell sind Pfarrerin Karin Kaspers Elekes ist Präsidentin login dem Sterben als Weg zum Tod bzw. Schweizer Waffenexporte in Bürgerkriegs- des Vereins palliative ostschweiz. als Übergang vom Leben zum Tod zu? länder per Kriegsmaterialverordnung ver- Jedes Sterben ist ganz individuell. Sterben boten. «Eine Lockerung dieses Verbots ist Leben. Es ist eine Zeit unseres Lebens, würde die Verfügbarkeit von Waffen in den den Kranken bedeutet das Unterstützung in in der sich unsere Werte verändern kön- unzähligen Krisenherden dieser Welt in der Symptomkontrolle, in der Entschei- nen. Fragen nach Sinn und Ziel des Lebens unverantwortlicher Weise erhöhen», heisst dungsfindung, im Netzwerkaufbau und im werden wichtig. Oft erlebe ich Menschen, es in einer Mitteilung. Support. Sterben ist immer noch Leben. die in ihren letzten Lebenstagen noch ei- nen Sinn finden können. Das sind Men- ■ Bischöfe sehen ein Waffen-Problem Wie werden Sterbenskranke über die schen, die spüren, dass ihr Dasein noch Die katholischen Bischöfe der USA trau- Möglichkeiten der Palliative Care informiert? wichtig und für andere von Bedeutung ist. ern um die 26 Toten nach dem Überfall Im Kanton Thurgau haben wir eine gesetzli- Sie gehen den Weg als Lebensphase. Das auf eine Baptisten-Kirche in Texas und che Verankerung der Palliative Care. Der gilt auch für die Angehörigen. Sie können beklagen zugleich ein «fundamentales Kanton hat bei der Umsetzung der Nationa- Abschied nehmen. Das erleichtert oft den Problem» in der US-Gesellschaft. «Eine len Strategie Palliative Care Geld gespro- Trauerprozess. Kultur des Lebens darf sinnlose Waffen- chen für die Schulung von Mitarbeitenden gewalt in all ihren Formen nicht tolerieren im Gesundheitswesen. Im Kantonsspital Interview: Sibylle Zambon-Akeret und muss diese verhindern», schrieb der Münsterlingen gibt es eine spezialisierte Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardi- Palliative Care Abteilung mit zehn Betten. ■ Buchtipp: nal Daniel DiNardo. Das «unvergleichlich In Frauenfeld und Münsterlingen bestehen Nahe sein bis zuletzt kostenloser Rat- tragische Ereignis» lasse die lange Reihe zudem übergreifende Angebote mit speziell geber für Angehörige und Pflegende, von Massenerschiessungen weiter in Palliative Care geschulten Fachleuten. Infos siehe Seite 14 anwachsen. Etwa 20 % aller Menschen mit einer Erkran- kung, die zum Tode führen wird, benötigen ■ Zwei Frauen auf ranghohe Posten eine spezialisierte Palliative Care. 80 % Papst Franziskus hat zwei Frauen in die kommen mit Angeboten der Grundversor- Fakten zur passiven Sterbehilfe wichtige Vatikanbehörde für Laien, Familie gung aus. Beide Angebote sind im Thurgau Im Thurgau haben 2016 total 22 Men- und Leben berufen. Die Bioethikerin durch PalliativePlus, einen mobilen Brü- schen Suizidhilfe beansprucht. Davon wa- Gabriella Gambino (49) wird Untersekretä- ckendienst, verbunden. Dieser will die ren 14 Frauen. Gegenüber 2015 hat die rin für den Bereich «Leben» und die Juris- Kranken an ihrem Wohn- oder Lebensort Zahl um sieben Personen bzw. 46 % zu- tin Linda Ghisoni (52) Untersekretärin für erreichen, sodass eine Drehtürmedizin genommen. Gesetzlich ist die Suizidhilfe die Abteilung für Laien. Untersekretäre verhindert werden kann. im Strafgesetzbuch (Art 115) geregelt. stehen in den vatikanischen Behörden an Demgemäss ist sie straffrei, wenn die dritter Stelle nach dem Leiter (Präfekten) Wer bezahlt die Leistungen? sterbewillige Person die tödliche Sub- und dem Sekretär. Sie gehören zum Lei- Die Leistungen sind durch die Kranken- stanz ohne Fremdeinwirkung einnimmt. tungsteam. Bereits im Juli hatte der Papst kassen und Kantone weitgehend gedeckt. Straffällig wird, «wer aus selbstsüchtigen eine Frau in eine Kurienbehörde berufen. Allerdings haben wir auch sehr viele Frei- Motiven jemanden zum Selbstmord ver- willige, ohne die Palliative Care undenkbar leitet oder dazu Hilfe leistet». kath.ch/Red. wäre. forumKirche | 22-2017 3
Jugendtreffen Organisation auf unterschiedlichen Ebenen Basel bereitet sich auf Taizé-Treffen vor Bild: Georges Scherrer Eishalle braucht eine Heizung Bei ihm laufen viele Fäden zusammen. Er hat den logistischen Bereich unter sich. Er ist in Kontakt mit den SBB, den Basler Behörden und Verkehrsbetrieben, den Catering-Organisationen, welche für die Verpflegung zuständig sind. Die direkten Kontakte zu den Gastgemeinden und die Suche nach Freiwilligen hat er an die Basler Taizé-Vertretung abgegeben. Dinkel nennt ein Beispiel für die logistische Organisation: «Die Gebete am Treffen enden bereits um 20.30 Uhr, damit alle Teilnehmer wieder in ihre Gastgemeinden zurückkehren können.» Die grossen Begegnungen finden in der St. Jakobs-Halle und in der benach- barten Eishalle statt. Dort werden die Abendgebete durchgeführt und wird die Verpflegung verteilt. «Das müssen wir alles im Griff haben.» Zum Beispiel auch die Hei- zung in der Eishalle. Dort gibt es keine. «Wir werden aber eine Lösung finden.» Die Gruppe, die das diesjährige Taizé-Jugendtreffen in Basel vorbereitet, mit Bruder Richard (2. Reihe von untern, erster von links). Chaos verhindern Die Frage der Sicherheit und der «Lauf- wege» muss beantwortet werden. «Wenn Das nächste Europäische Jugendtreffen seine Weise: «Es geschieht immer wieder, 15'000 Personen auf so engem Raum bei- von Taizé findet vom 28. Dezember bis dass der Kontakt zwischen Gastfamilien einander sind, müssen wir schon darauf 1. Januar in Basel statt. Die Organisation und Teilnehmenden weitergeht.» schauen, dass sie sich nicht ständig im läuft auf Hochtouren. Gastfamilien für Wege stehen, wenn sie sich bewegen. Es 15'000 Teilnehmende müssen gefunden Freiwillige und Vorbereitungsteams darf nicht zu einem Chaos kommen.» Und werden. Um die Organisation besser gewährleisten Fabian Dinkel schmunzelt: «Ich vertraue auf zu können, wurden Basel und das Einzugs- Taizé. Sie haben 40 Jahre Erfahrung mit In Basel ist es das erste Mal, dass ein sol- gebiet in sechs Zonen unterteilt: Basel- solchen Treffen. Ich bin total zuversichtlich, ches Taizé-Treffen von drei Ländern organi- Stadt, das Laufental, Liestal bis Zofingen, dass alles gut funktioniert.» siert wird. «Das macht es spannend», sagt Fricktal bis Brugg, Deutschland und Frank- Dinkel weist zudem darauf hin, dass Er- Bruder Richard, der aus dem Kanton Bern reich. In den Gastgemeinden wurden mit wachsene an dem Treffen teilnehmen und stammt und schon lange der Gemeinschaft Hilfe von zwölf freiwilligen Helfern, die seit nicht Jugendliche unter 18 Jahren. Zudem von Taizé angehört. Aufgrund seiner Ver- Oktober unterwegs sind und aus ganz kämen die Teilnehmenden mit einer ande- trautheit mit der Schweiz, obliegt ihm die Europa kommen, Vorbereitungsteams auf ren Einstellung nach Basel als Personen, Führung des Organisations-Teams vor Ort. die Beine gestellt. Zudem werden, wie die über die Stränge schlagen wollten. Bruder Richard ausführt, «Animatoren» Austausch mit der Bevölkerung gesucht ernannt. Diese werden Ende Dezember Georges Scherrer Zu tun gibt es viel. Die Gastgemeinden direkt aus den Teilnehmenden rekrutiert müssen rechtzeitig mit den Listen der Teil- und sind dann für rund zehn Personen zu- nehmenden versorgt werden, welche sie ständig. Diese Animatoren bilden die Originalton aufnehmen. Die Gäste werden in Familien, Ansprechpersonen zwischen Gästen und Sara (21) stammt aus Polen. Sie hat bei Alleinstehenden oder auch in Wohn- Gemeinden. schon an vielen Treffen teilgenommen. gemeinschaften untergebracht. Rechnet man die Zahl der Menschen hoch, «Ich habe diese als sehr schön erfahren Seit bald einem Jahr wirkt der Schweizer die direkt mit dem Basler Treffen zu tun und gesehen, wie die Leute sich kennen- Fabian Dinkel als Koordinator in Basel. Er haben, kommt man auf eine stolze Zahl. lernen. Die Teilnahme verändert die Vor- sagt über den Anlass: «Die Grundidee des Zu diesen gehören die 15'000 erwarteten stellung von der Welt, so wie man sie zu- Treffens ist es, dass es zu einem Aus- Teilnehmenden, all jene, die sich in den Ge- vor erfahren hat. Die Treffen öffnen die tausch zwischen den Teilnehmenden und meinden an der Organisation des Treffens Herzen.» Darum hat sie sich entschie- der Bevölkerung kommt, die gastgebend beteiligen und die mehrköpfigen Gastfami- den, sich ab Anfang Oktober der Vorbe- ist.» Die Begegnungen können sehr lange lien. Zusammengezählt sind das gegen reitungsgruppe in Basel anzuschliessen. nachwirken. Bruder Richard sagt es auf 100'000 Personen, meint Fabian Dinkel. 4 forumKirche | 22-2017
Christliches Hilfswerk «Wir investieren in Menschen» Die Christoffel Blindenmission setzt sich für die Ärmsten ein Hansjörg Baltensperger kennt die Not behinderter Menschen in der Dritten Welt. Der Mann hinter dem Werk ermöglicht es ihnen, eine Berufslehre zu Als Geschäftsführer des Hilfswerks CBM «Vater der Blinden, Taubstummen und Nie- absolvieren. 1919 zwingt ihn die Auswei- Christoffel Blindenmission weiss er auch, mandskinder», steht auf seinem Grab- sung aller Deutschen aus der Türkei zur was man dagegen tun kann. stein: Ernst Christoffel. Geboren wird er Rückkehr nach Deutschland. Hier setzt er 1876 in Deutschland. Sein Herz schlägt sich weiter für die Menschen ein, die er zu- Warum braucht es ein Hilfswerk speziell für schon früh für die Vergessenen der Gesell- rückliess. Unterstützt wird er von Jugend- Blinde? schaft. Für sie ist er unermüdlich – und un- lichen, die ihm helfen, Spenden zu sam- Wir heissen zwar Blindenmission, setzen ter Lebensgefahr – im Einsatz. Kurz nach meln. Das ermöglicht ihm 1924 die uns aber auch für Menschen mit Hör- oder dem Theologiestudium an der Prediger- Gründung der Organisation, die heute den körperlichen Behinderungen ein – und auch schule in Basel bricht er nach Armenien Namen Christoffel Blindenmission trägt. Ein für psychisch Erkrankte, etwa mit Depres- auf. Dort leitet er gemeinsam mit seiner Jahr später reist er in den Iran. In Isfahan sion oder Kriegstrauma. Ein Teil unserer Schwester zwei Waisenheime und wird auf und Täbris entstehen zwei neue Heime. Arbeit findet zudem als Nothilfe bei Kata- das Leiden der orientalischen Blinden auf- Während des Zweiten Weltkriegs wird Ernst strophen oder Kriegen statt. Da arbeiten merksam. Er schreibt: «Die materielle, mo- Christoffel verhaftet und verbringt drei Jah- wir mit andern Organisationen zusammen ralische und religiöse Lage der Blinden ist re in einem britischen Internierungslager. und sorgen dafür, dass Menschen mit Be- furchtbar. Der grösste Prozentsatz bettelt. 1951 reist er erneut in den Iran – jetzt hinderung nicht vergessen gehen. Blinde Mädchen und Frauen verfallen viel- 75-jährig. Sein Ziel ist ungebrochen: im fach der Prostitution.» Diesem Elend will er Namen Christi Behinderten, Armen und Wie helfen Sie den Menschen konkret? etwas entgegensetzen. Er gründet 1908 Verlassenen zu helfen. 1955 stirbt Ernst Ein Schwerpunkt unserer Arbeit sind Opera- ein Heim für behinderte Waisenkinder und Christoffel in Isfahan, wo er begraben wird. tionen des Grauen Star. Da können wir le- bensverändernd helfen. Stellen Sie sich vor, jemand ist blind, kann nicht mehr arbei- ten, ist immer auf Hilfe angewiesen. Nach tenzzentrum für blinde und mehrfachbehin- rechtlos sind. Oft haben sie keinen Aus- der Operation kann er wieder für den Le- derte Menschen, wo sich Leute ausbilden weis und somit keinen Anspruch auf Hilfe- bensunterhalt sorgen. Das ist individuell lassen, die Behindertenheime aufbauen. leistung vom Staat. Die Organisationen vor und gesellschaftlich ein enormer Nutzen. Wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit Ort, mit denen wir zusammenarbeiten, Behindertenorganisationen und Selbst- unterstützen die Betroffenen und ermuti- Sie sind weltweit vernetzt und auf vielen hilfegruppen mit dem Ziel, behinderten gen sie, ihre Rechte einzufordern. Gebieten tätig. Wie muss man sich Ihr Menschen ein würdiges Leben zu er- Vorgehen vorstellen? möglichen. Mit welchen Krankheiten sind die Wir investieren in Menschen und in die Menschen konfrontiert? Infrastruktur. Vor Ort arbeiten wir oft über Wie geht das? Oft sind es solche, die zu Behinderung oder Spitäler oder dörfliche Gesundheitsdiens- Indem man ihnen den Schulunterricht und Erblindung führen. Etwa die Flussblindheit te. Da ermöglichen wir Ausbildungen, eine Ausbildung ermöglicht. Man muss – ausgelöst durch Wurmbefall, der zu Ent- also etwa von Ärzten zu Augenärzten. Aber sich vorstellen, dass diese Menschen in zündungen der Augenhöhle und schliess- auch Kirchen und Konvente sind unsere Schwellen- oder Drittweltländern, also in lich zur Erblindung führt. Eine heimtücki- Partner. In Vietnam fördern wir ein Kompe- Mittelamerika, Afrika und Asien meist sche Krankheit, die aber relativ einfach medikamentös behandelt werden kann. Wichtig ist, dass man nicht nur einzelne Er- Bild: zVg krankte, sondern ganze Bevölkerungsgrup- pen behandelt. Das erfordert aber perso- nelle Ressourcen, Logistik – und auch Diplomatie im Umgang mit Behörden. Wie erreichen Sie die Menschen? Das ist nicht immer einfach. In Äthiopien etwa praktizieren 98 Prozent der Augen- ärzte in der Hauptstadt. Wir sorgen dafür, dass sie regelmässig auch aufs Land kom- men, wo sie jeweils zwei Wochen operieren. Das sind meist Operationen des Grauen Star, die man auch in einem sauberen Schulzimmer durchführen kann. Dank Seh- und Hörhilfen kann dieser Junge zur Schule gehen. Interview: Sibylle Zambon-Akeret forumKirche | 22-2017 5
Bibel und Literatur Ein Haus mit verschiedenen Räumen Das Vaterunser in verschiedenen Variationen Vom wohl bekanntesten christlichen auf dem Weg, mir das Gebet konstruktiv aneignet und es in den eigenen Lebensvoll- Gebet existieren viele Variationen. 150 anzueignen, indem ich mir die Freiheit des zug integriert. Man kann mit diesem Gebet davon sind in einem Buch versammelt, Variierens nehme. Das geht recht gut. Es kämpfen und streiten, aber auch seine das der Sprachwissenschaftler Rainer ist bibelwissenschaftlich erwiesen, dass Schönheit geniessen, indem man wahr- Stöckli und die evangelische Theologin das «Unser Vater» keine feste Form sein nimmt, wie andere es umschreiben oder Ina Praetorius kürzlich herausgegeben ha- will, sondern eher eine Anleitung zum persiflieren. ben. Im Interview erklärt Praetorius, dass Beten. solche Variationen die Freiheit schaffen, Im Nachwort heisst es, die Texte laden den bekannten Text in das eigene Leben Welches ist Ihre persönliche Lieblings- dazu ein, die eigene Gottes-Anschauung zu zu integrieren. version? revidieren. Wie ist das zu verstehen? Natürlich sind mir die Mutter-Unser-Texte Das lässt sich gut am Beispiel der feminis- Das Gebet ist für Sie mit dem Duft von nahe, etwa die Varianten von Dorothee tischen Theologie erklären. Zuerst gingen Zwiebeln und Rotwein verbunden. Wie Sölle und Luise Schottroff. Ich schätze wir davon aus: Gott ist und bleibt ein Mann, kommt das? aber auch die altsprachlichen und exoti- daran kann man nichts ändern, weil das Pa- Obwohl meine Eltern mich nicht sehr schen Sprachvarianten wie beispielsweise triarchat stark ist, und das ist schrecklich. fromm erzogen haben, nahmen sie mich die sardische Version. Texte, bei denen ich Dann kam die Vorstellung der Muttergott- schon mit in die Kirche, bevor ich sprechen nicht jedes Wort verstehe, schaffen eine heit auf: Man trieb den Vater aus, indem konnte. Frauen, die in den Sonntagsgottes- interessante Distanz zum scheinbar Alt- man die Mutter an seine Stelle setzte. Die dienst gingen, nahmen damals den Kü- bekannten. Gleichzeitig schaffen sie eine Auseinandersetzung mit der «Bibel in ge- chendunst des Sonntagsbratens in die Kir- Freiheit, das Gebet selber zu variieren. rechter Sprache» hat schliesslich zu einer che mit, ihre Mäntel rochen danach. Das Unsere Textsammlung ist für mich wie ein Befreiung hin zur Vielfalt geführt. Hier wur- ist meine allererste Erfahrung mit dem Haus mit verschiedenen Räumen, in denen de sichtbar, dass patriarchale Gottesbilder «Unser-Vater». Dieser Duft hat sich mit der ich immer wieder Neues entdecke. quantitativ gesehen in der Bibel zwar häufig Sinnlichkeit des gemeinsamen Gemurmels sind, aber wenn man die biblischen Texte vermischt, das hat sich mir gleichsam ein- Wer soll dieses Buch unbedingt lesen? genau anschaut, erkennt man eine Vielfalt verleibt. (Lacht) Alle natürlich! Das Buch ist wichtig in den Gottesvorstellungen. Die Variationen für Menschen, die das Gefühl haben, in der des Gebets sind also nicht nur sprachwis- Das Gebet sei «nicht wegzukriegen», Kirche gehe es vor allem darum, etwas rich- senschaftlich interessant, sondern die Aus- schreiben Sie in einem Essay des Buches. tig zu machen. Menschen also, die finden, einandersetzung damit kann existenzielle Hätten Sie es denn gerne abgeschafft? «geheiligt werde der Wortlaut», wie es in Veränderungen auslösen oder begleiten. In meinen feministischen Revoltenjahren meinem Essay heisst. Gottesbeziehung hat wollte ich dieses Gebet abschaffen. Ich nichts damit zu tun, dass man sich an ei- Warum ist es so schwer, dieses Gebet in der musste aber feststellen, dass das nicht nen Wortlaut klammert. Ich wünsche sol- Liturgie zu verändern? geht. Das hat mit der oben beschriebenen chen Menschen, dass sie es als Befreiung Das ist tatsächlich ein Dilemma, an dem Kindheitserfahrung zu tun. Ich bin daher erfahren, wenn man sich das «Unser-Vater» ich leide. In verschiedenen christlichen Kreisen und in Gesprächen erfahre ich ganz viel Freiheit und Kreativität, gerade Bild: © Katja Nideröst auch im Umgang mit dem Gebet. Wenn ich dann aber in einen Gottesdienst komme, wird noch immer derselbe klassische Text gesprochen. Ich frage mich, was das be- deutet. Natürlich kann es sein, dass all die Leute, die im Sonntagsgottesdienst neben mir sitzen, in ihrem Inneren etwas ähnlich Vielfältiges vollziehen wie ich. Vielleicht aber auch nicht. Die Kirche muss sich öff- nen für die wunderbare Vielfalt, die sich in theologischen Entwicklungen oder im inter- religiösen Dialog entfaltet. Interview: Sylvia Stam/Red. ■ Zum Buch: Rainer Stöckli/Ina Praetorius: Vaterunser, Mutterunser – Das Gebet des Herrn in 150 Variationen aus 250 Ina Praetorius (*1956) ist Germanistin und evangelische Theologin. Sie lebt in Wattwil SG. Jahren, Appenzeller Verlag 2017 6 forumKirche | 22-2017
Thurgau Auf der Suche nach Kandidaten Eine Synodenwahl will gut vorbereitet sein Bild: Arianna Maineri Bild: zVg Ende Mai 2018 endet die vierjährige Amtszeit der Synode der katholischen Landeskirche Thurgau. Es stehen Neu- wahlen an. Wer kann für dieses Parlament kandidieren? Was muss sie/er mitbrin- gen? Wer sucht die Kandidatinnen und Kandidaten oder kümmert sich um die Wahl? forumKirche warf einen Blick hinter die Kulissen. Bei der Wahl des Grossen Rates schicken die Parteien ihre Kandidaten ins Rennen, beim kirchlichen Pendant, der Synode, ist das anders. Hier beauftragt der Kirchenrat die Vorsteherschaften der einzelnen Kirch- gemeinden damit, in ihren Wahlkreisen nach geeigneten Kandidatinnen Ausschau zu halten. Besonders in die Pflicht genom- men werden dabei die «Koordinatoren» der elf Wahlkreise. Das sind in der Regel die Präsidentinnen und Präsidenten der Vor- Giuseppe Palmisano kandidiert erneut. Alex Frei bereitet als Koordinator die Synoden- steherschaften, die dem Wahlkreis den wahl in seinem Wahlbezirk vor. Namen geben. Sie haben die Aufgabe, zu klären, wer von den bisherigen Synodalen nochmals kandidiert, weitere Kandidaten ab diktiert», sagt Alex Frei. Im Durchschnitt sionen vorgeschlagen. «Ob sie geschaffen zu suchen und eine Wahlvorschlagsliste zu treten etwa ein Drittel der Synodalen nicht wird, werden wir sehen», sagt Palmisano. erstellen. mehr zur Wahl an. Im Wahlkreis Sirnach Alex Frei, Präsident der Kirchenvorsteher- sind es dieses Mal etwa die Hälfte – über- Möglichkeit zur Mitwirkung schaft Sirnach, ist ein solcher Koordinator. wiegend aus Altersgründen. Trotz dieses Darüber hinaus möchte er auch einen Bei- Für ihn ist klar: «Wer für die Synode kandi- grossen Wechsels ist Alex Frei optimis- trag für die Weitergabe und die Weiterent- diert, sollte grundsätzlich eine Beziehung tisch, die nötige Anzahl von Kandidatinnen wicklung des christlichen Glaubens leisten. und Interesse zur Kirche haben.» Eine wei- zu finden. Denn im Vergleich zu anderen «Wer etwas verändern will, muss sich dafür tere Voraussetzung ist für ihn, dass jemand kirchlichen Aufgaben halte sich der einsetzen. In der Schweiz stehen dafür de- Freude daran hat, Akten zu studieren und zeitliche Aufwand für dieses Amt doch in mokratische Strukturen zur Verfügung», sich eine Meinung über kirchlich-adminis- Grenzen. sagt Giuseppe Palmisano. Er schätzt die trative Themen zu bilden. dual verfasste Kirche in der Schweiz mit Auch ohne Schweizer Pass ihren Möglichkeiten zur Mitsprache und Überschaubarer Aufwand Nach dem bisherigen Kirchenorganisations- Mitwirkung: «Themen werden geordnet dis- Sollten sich nicht gerade Personen aus den gesetz (KOG) von 1968 können auch Katho- kutiert und Veränderungen wohlüberlegt Vorsteherschaften in die Synode wählen likinnen ohne Schweizerischer Staatsbür- angepackt.» Deshalb ist es für den 61-Jäh- lassen? «Das ist sicherlich kein Manko», gerschaft das Stimm- und Wahlrecht für die rigen auch klar, dass er für die neue Amts- so Frei, «aber es müssen auch Leute von Synodenwahl erhalten, wenn sie sich nach periode nochmals kandidieren wird. So ausserhalb in der Synode vertreten sein.» mindestens fünfjährigem Wohnsitz in der kann er an seinen Anliegen dranbleiben. Wichtig sei auf jeden Fall, dass die Syno- Schweiz im Stimmregister ihrer Kirchge- dalen in gutem Kontakt zu ihrer Kirchen- meinde eintragen lassen. Diese Regelung Detlef Kissner vorsteherschaft stünden. soll nach dem Entwurf des neuen KOG so- Alex Frei möchte bei seiner Kandidatensu- gar noch vereinfacht und erweitert werden. che auf einzelne Personen zugehen, nutzt Giuseppe Palmisano stammt aus Italien Daten zur Synodenwahl aber auch die Gelegenheit eines Dankan- und hat seit 1994 die doppelte Staats- Bis 6. Januar 2018 können Wahlvor- lasses für Freiwillige, um für diese Aufgabe bürgerschaft. Er ist seit 2014 Mitglied der schläge eingereicht werden und können Werbung zu machen. Für ihn ist die Synode Synode. Als Präsident des Consiglio Pasto- sich Katholiken ohne Schweizerische ein wichtiges Instrument, das die demokra- rale der Missione Cattolica di Lingua Italiana Staatsbürgerschaft in das Stimmregister tischen Strukturen der Kirche in der (MCLI) Kreuzlingen-Arbon-Romanshorn ihrer Kirchgemeinde eintragen lassen. Schweiz ermöglicht und garantiert. «Beim möchte er sich in der Synode für den Fort- Am 3./4. März finden die Synodenwah- Finanzausgleich zwischen den einzelnen bestand der italienischen Missionen und len statt. Es werden 95 Mitglieder ge- Kirchgemeinden zum Beispiel können alle deren Anliegen einsetzen. Konkret hat er wählt. mitbestimmen. Er wird nicht von oben her- die Bildung einer Kommission für die Mis- forumKirche | 22-2017 7
Leserbrief · Inserat · Thurgau · Schaffhausen Leserbrief forumKirche Nr. 20, Seite 10: Katholizität: Vielfalt und Einheit?! Herr Conrad beschreibt, dass die je nach Herkunftsland unter- schiedliche Frömmigkeitspraxis Befremden auslösen kann. Erst kürzlich war ich mal wieder in einer katholischen Kirche eingeladen, Bild: Regula Wermelinger frohen Mutes bin ich dorthin gegangen und als sehr schön habe ich den Gesang einer 3-köpfigen Band empfunden. Ich gehe selten in die Kirche, vor ca. 25 Jahren bin ich bereits ausgetreten. Obwohl ich katholisch erzogen wurde und auch Religionsunterricht genossen habe, sind mir Textstellen, die in jedem Gottesdienst zitiert werden, fremd geblieben. Es fällt mir auf, dass die Trennung in der katholi- Die Umweltteams der zweiten Thurgauer Staffel haben das Zwischenziel schen Kirche immer wieder betont wird, auch die Trennung von Gott. der Zertifizierung Grüner Güggel erreicht. Wenn ein Mensch sich von Gott getrennt fühlt und das immer wie- der bestätigt sieht in seiner Kirche, ist doch klar, dass er sich dann auch von anderen Menschen getrennt sieht. Dann ist auch klar, Zertifikate überreicht dass so ein Mensch Tiere tötet und sich nichts dabei denkt, war ja Grüner Güggel für Landeskirche nur ein «Nutztier». Im Buddhismus ist der Mensch eins mit allem, mit allen Wesen, ein Teil des Ganzen. Im Rahmen eines Gottesdienstes wurden vier Thurgauer Kirch- Leider bin ich nach dem Besuch einer katholischen Messe immer gemeinden und der katholischen Landeskirche Thurgau das Zerti- sehr deprimiert, denn dann heisst es auch noch: «Herr, ich bin nicht fikat Grüner Güggel verliehen (vgl. auch forumKirche 2017/19, würdig, dass Du eingehst unter mein Dach, doch sprich nur ein Seite 5). Wort...». Ich spreche täglich mit Gott und er hilft mir, er schickt mir Zeichen. Da ich sein Kind bin, erachte ich mich als würdig und wich- Ein System zur beständigen Förderung von umweltfreundlichen und tig genug, wie ich jeden anderen Menschen als wichtig erachte. fairen Massnahmen, dafür steht der Grüne Güggel. Dieses Zertifi- Wenn die katholische Kirche wieder mehr Menschen erreichen kat wurde am Ende der zweiten Staffel an weitere Kandidaten ver- möchte, sollte sie moderner werden, die Liturgie verständlicher liehen, nämlich an die drei katholischen Kirchgemeinden Amriswil, machen, Texte überdenken, vielleicht erlebe ich es noch, dass ich Dussnang und FrauenfeldPlus, an die evangelische Kirchgemeinde mal in einen Gottesdienst gehe und genau so fröhlich herausgehe, Arbon und an die katholische Landeskirche Thurgau mit ihrer Ver- wie ich hineingegangen bin. Ich hoffe darauf. waltung im Zentrum Franziskus Weinfelden. Als erste Landeskirche in der Schweiz hat sie das System für Umweltmanagement im- Evelyn Bucher Bräm, Kreuzlingen plementiert. Das Zertifikat «Grüner Güggel» in Form von Urkunden und Plaketten nahmen die Umweltbeauftragten der Institutionen am 29. Oktober in Weinfelden entgegen. Die Kirchenratspräsiden- ten der beiden Landeskirchen, Cyrill Bischof (kath.) und Wilfried Bührer (evang.), überbrachten ermutigende Grussworte. Wir suchen per 1. Februar oder nach Vereinbarung Gaby Zimmermann, Präsidentin der Kommission Kirchenmusikerin/Kirchenmusiker ca. 80 % «Kirche und Umwelt»/Red. und Organistin/Organisten ca. 20 % oder Bild: Christine Wipf Hauptorganistin/Hauptorganisten ca. 70 % und Chorleiter/Chorleiterin ca. 20 % Leben mit Erinnerung für die Pfarrei St. Stefan Gedenkfeier für verstorbene Kinder Sie passen zu uns, wenn Sie: – Ein abgeschlossenes Musikstudium oder Orgelstudium (mind. Der Tod eines Kindes – ob in der Kindheit, in der Jugend oder im Lehrdiplom oder adäquate Ausbildung) besitzen – Teamfähig und aufgeschlossen sind Erwachsenenalter – ist ein besonders schwerer Verlust. Bei den – Einen Bezug zur katholischen Kirche haben Eltern und in der Familie bleibt eine grosse Trauer zurück, oft über – Bereitschaft mitbringen, aktiv am Pfarreileben teilzunehmen viele Jahre. Die schweizerische Selbsthilfevereinigung «Regenbogen Wir bieten Ihnen: – Leben mit dem Tod eines Kindes» ermöglicht Begegnungen mit – Eine Neidhardt & Lhôte Orgel (1975) mit 32 Registern und 32’ Menschen, die von einem ähnlichen Verlust betroffen sind. Die – Einen einsatzfreudigen und aktiven Chor – Ein attraktives Gehalt Selbsthilfegruppe Schaffhausen lädt jeweils am ersten Mittwoch – Kirchenmusikalisch interessierte Gemeinde des Monats zu einem Treffen ein, das um 19.30 Uhr im Familien- – Möglichkeiten zur Durchführung von Konzerten zentrum, Kirchhofplatz 19, stattfindet. Der Sonntag, 10. Dezember Ausführliche Stellenbeschriebe unter: www.kath-kreuzlingen.ch 2017 ist der internationale Gedenktag für verstorbene Kinder. In Auskunft erteilt Ihnen gerne Isabelle Mahler Klemenz Schaffhausen findet um 17.00 Uhr in der Kirche St. Johann eine Tel. 071 669 14 90 oder E-Mail: aktuariat@kath-kreuzlingen.ch Gedenkfeier statt. Sie wird von Mitgliedern des Vereins Regen- Bitte senden Sie Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bogen und Spitalseelsorger Ingo Bäcker vorbereitet. Unter dem bis am 23. Dezember 2017 an: Thema «Leben mit Erinnerung» ist die Feier ein Ort, wo Betroffene Kath. Kirchgemeinde Kreuzlingen-Emmishofen Bernrainstrasse 8, 8280 Kreuzlingen gemeinsam der Trauer und der Erinnerung Raum geben können. oder per E-Mail an: pflege@kath-kreuzlingen.ch Andreas Egli und Ingo Bäcker, Spitalseelsorger Schaffhausen/Red. 8 forumKirche | 22-2017
Kinder fragen … Zeichnung: Eva (8 Jahre) Die drei 3. Klassen der Volksschule Rheindorf in Lustenau, Vorarlberg, philosophieren seit ihrem Schuleintritt und kennen alle Werkzeuge und Magic Words, die das Forschen unter- stützen. Die 3c, 18 Kinder im Alter von acht bis neun Jahren, hat sich heute für folgende Frage entschieden: Was wäre, wenn die Welt aus Süssigkeiten wäre? Sofort fliegt der Gesprächsball durch den Raum: «Dann das Meer zu Kakao wird, wenn es über den Strand gäbe es die Welt nicht mehr, weil alles von den Men- fliesst.» Eine neue Frage taucht auf: «Warum sind wir schen aufgefressen wäre.» – «Die Süssigkeiten würden selbst nicht aus Süssigkeiten?» – «Ich bin immer noch alt werden, bis alle aufgegessen sind.» – «Ich würde ich.» – «Wenn wir auch aus Süssigkeiten sind, könnten Kugeln machen und essen, damit sie niemand auf- wir keine Karies bekommen, aber ich könnte auch kei- isst.» – «Dann wäre das nicht so gesund.» – «Spaghetti nen Zucker essen, weil ich selbst aus Zucker wäre.» – wären Gummischlangen.» – «Es würde Bonbon regnen.» «Es wären nur die Anziehsachen und die Haare aus – «Das würde aber weh tun und ich hätte nur einen Zucker, nicht der Körper.» – «Oder wir sind aus Lebku- Süssigkeiten-Regenschirm.» – «Man würde Karies be- chen.» – «Ja, wie der Lebkuchenmann.» – «Wir sind kommen.» – «Ja, aber wie sollen wir die Welt aufessen, Menschen. Die Tiere sind Süssigkeiten.» wenn uns alle Zähne ausfallen?» – «Das Meer wäre aus «WISCHA – Wir schweifen ab!» wendet ein Mädchen Kakao.» – «Wenn die Welt aus Süssigkeiten wäre, dann ein. «Wir reden nicht über die Welt, sondern über Tiere. wird mein Traum wahr.» – «Wenn es mir reicht, dass ich Ich will wissen, aus was der Kern der Welt, die Lava die ganze Nacht im Süssen liege und ich dusche mich und das Feuer, wäre und aus was die Schichten und am nächsten Tag, bin ich noch klebriger, weil Zucker- die Steine.» Nun brauchen wir ein weiteres Werkzeug: wasser aus der Dusche kommt.» – «Der Strand wäre «Was meinen wir mit Welt?» – Ein Junge antwortet: aus Kakao.» – «Oder aus Kaugummi.» «Wolken, Erde, Gras, Bäume, Tiere.» Genauer können Hier unterbreche ich, um die Kinder an die Werkzeuge wir dieser Frage leider nicht nachgehen, da das Philo- «Stimmt das?» und «Warum?» zu erinnern: «Ist der sophieren sich einer Grenze fügen muss: der Zeit. Strand nun aus Kakao oder Kaugummi?» Ein Mädchen erklärt: «Der Strand muss aus Kakaopulver sein, weil Maria Rüdisser, Kinderphilosophin forumKirche | 22-2017 9
Advent · Kirche ohne Grenzen – Albanisch Die eigenen Wurzeln suchen «Die Gläubige Treffen in der Ranftschlucht feiert Jubiläum Albanermission feiert 25-Jahre- Seit 40 Jahren findet am Wochenende vor wegs setzt er sich mit seiner Identität und Seit 25 Jahren besteht in der Schweiz die Weihnachten das Ranfttreffen statt. Der den Fragen «Was prägt mich?», «Was brau- Albanermission. Ein Grund zum Feiern. Anlass wurde 1977 lanciert, mit der Idee, che ich, um mich wohl zu fühlen?» ausein- Dazu trafen sich die albanischsprachigen dass Jugendliche Kirche mitgestalten; ander. Um 19.00 Uhr versammeln sich die Gläubigen Mitte Oktober in Luzern. bewusst an einem Ort, der eine hohe rund 300 Teilnehmenden in der Ranft- spirituelle Kraft ausstrahlt. Auch in die- schlucht zu einem Wortgottesdienst. Das Die Albaner aus dem Kosovo kamen schon sem Jahr werden Kinder, Jugendliche und Licht in den Laternen wird dann zum Leuch- in den 70er-Jahren in die Schweiz. Damals Erwachsene sich besinnen und sich damit ten gebracht und die Hoffnung auf Frieden war es nicht ihr Ziel lange zu bleiben. auseinandersetzen, wo ihre Wurzeln sind wird durch das Gemeinschaftserlebnis Heute aber leben sehr viele römisch- und was ihnen Kraft gibt. Das Ranfttreffen gestärkt. katholische Albaner aus dem Kosovo in findet 2017 unter dem Motto «jublaliert» der Schweiz. Dank der Albanermission, statt. Ranfttreffen Erlebnisnacht die an drei Standorten in der Schweiz – Am frühen Abend brechen Jugendgruppen Luzern, Aargau und Thurgau – vertreten Zum Abschluss des Jubiläumsjahres «Mehr aus der ganzen Deutschschweiz ab Sarnen ist, fühlen sich die Albaner aus dem Ranft» findet am 16./17. Dezember 2017 in und Sachseln in die Winternacht auf. Auch Kosovo in der Schweiz wohl. Don Albert Flüeli-Ranft das Jubiläum 40 Jahre Ranft- sie setzen sich mit Fragen nach der eige- Demaj hat mit Kirche ohne Grenzen über treffen statt. Diesen Zusammenhang nutzt nen Identität und den eigenen Wurzeln aus- die Festlichkeiten gesprochen. Jungwacht Blauring Schweiz als Organisator, einander. Dabei steht die Lebenswelt der um sich darauf zu besinnen, was sie unter Jugendlichen im Zentrum. Durch die Grup- Wie wurde das 25-Jahre-Jubiläum gefeiert? «Mehr Ranft» verstehen und wo dieses penrunden und Ateliers wird diese in Ver- Am Vorabend des Festtages fand eine «Mehr Ranft» auch im Alltag stattfinden bindung zum Kraftort Ranftschlucht und feierliche Vorlesung statt, bei der die Ge- kann. Aufgrund der steigenden Teilnehmer- somit auch zu Niklaus von Flüe gesetzt. schichte unserer Mission in der Schweiz zahlen in den vergangenen Jahren wagt der Morgens um 3 Uhr – bevor der neue Tag vorgestellt wurde. Am Sonntag schliesslich Verband zu behaupten, dass dies ein gesell- erwacht – versammeln sich die über 1000 feierten wir als Höhepunkt des Wochen- schaftliches Bedürfnis ist, sich das «Inne- Teilnehmenden in der Ranftschlucht. Im endes gemeinsam mit Monsignore Dode halten» im oft hektischen Alltag bewährt und Wortgottesdienst freuen sich die Organi- Gjergji, dem angereisten Bischof aus dem solche Pausen bewusst gesucht werden. sationen auf den Besuch des Bischofsvikar Kosovo, die heilige Messe in Sursee. Ruedi Heim und die musikalische Be- Nachmittags verweilten wir bei diversen Ranfttreffen Familienweg gleitung des Coro Sonoro aus Kirchdorf. Ge- kulturellen und künstlerischen Vorstellun- Der Anlass startet am Nachmittag mit dem meinsam wird das «Puzzle des Lebens» zu- gen und Aktivitäten. So reiste beispiels- «Familienweg». 6- bis 10-jährige Kinder sammengesetzt und die Hoffnung nach weise die Tanzgruppe Arbresha mit einem lernen zusammen mit ihren Eltern mittels Frieden in den Alltag mitgenommen. Bus extra für diese Festlichkeiten nach Postenlauf den Hasen «Niki» kennen und Sursee. Wir hatten eine tolle Feier. Ich bin gestalten eine eigene «Ranfttreffen-Later- Andrea Pfäffli, sehr stolz und freue mich auf die weiteren ne». Niki fühlt sich in seinem zu Hause Jungwacht Blauring Schweiz/Red. Jahre. Unter den Gästen waren neben nicht mehr wohl und macht sich auf die unseren Gläubigen auch angereiste Gäste Suche nach einem besseren Ort. Unter- ■ Nähere Infos unter www.jubla.ch aus dem Kosovo dabei, Leute aus den Lan- deskirchen wie auch des Bistums Basel. Bild: zVg Wann und warum wurde die Mission gegründet? Die erste katholische Albanermission wur- de 1991 in Littau Luzern gegründet. Zu dieser Zeit kamen immer mehr katholische Albaner in die Schweiz. Darum hatte man beschlossen, einen albanischen Pfarrer in die Schweiz zu schicken. Dieser feierte einmal pro Monat einen Gottesdienst in Luzern, weil es dort am meisten Albaner gab. Mit der Zeit entstand der Wunsch – auch aufgrund der grossen Zahl an Gläu- bigen in der Ostschweiz – eine weitere Mission zu gründen. Somit folgte im Jahre 2003 die zweite Gründung in Sirnach im Thurgau. Und die dritte folgte im Jahre 2005 in Aarau für die Nord- und West- Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Erlebnisnacht singen am Lagerfeuer. schweiz. Die drei Missionssitze werden 10 forumKirche | 22-2017
Kirche ohne Grenzen – Albanisch n schätzen die gemeinsame Kultur» -Jubiläum Bild: Arben Prenka 25 vjetori i themellimit te Misionit Katolik Shqiptar ne Zvicer Një intervistë me don Albert Demaj, Misionar në Sirnach TG Gjenerata e parë e bashkëatdhetarëve tanë që kanë ardhur në Zvicër, fillon që nga vitet e `70 të shekullit të kaluar. Natyrisht që arsyeja kryesore ishin kushtet e vështira ekonomike. Dhe gjenerata e parë ishin vetëm kryefami- ljarët. Viteve të `90 situata politike bëhej gjithnjë e më pasigurtë. Andaj filloj një valë e re e ardhjës së bash- këatdhetarëve në Zvicër, gjë që edhe më shumë u shtua kur filloj lufta në Kosovë. Dhe ne sot kemi tre gjenerata të shqiptarëve që jetojnë në Zvicër. Si do të festohet 25 vjetori i themelimit të Misionit? Më 15.10.2017. Në Lucern do të mba- het manifestimi qëndror me rastin e 25 Ein besonderer Gast war der extra aus dem Kosovo angereiste Bischof Dode Gjergji. vjetorit të themelimit të Misionit tonë në Zvicër. Në manifestim pritet të marrin pjesë mysafir të shumtë nga Kosova në zurzeit von drei Priestern und vier Schwes- Wie sehen Sie die Zukunft der Albaner- krye me ipeshkvin tonë, Mons Dodë tern betreut. mission? Gjergji, meshtaret që kanë shërbyer si Ihre Bedeutung wird noch zunehmen. Sieht misionar, përfaqësues të Ipeshvkisë së Für was steht heute die Albanermission, man sich die Mitgliederzahlen an und die Baselit, Landes Kirche etj. Herr Demaj? Arbeit, die die Mission für die Gläubigen Falënderojmë Zotin për këto 25 vjet Die katholische Albanermission steht macht, dann deutet alles daraufhin, dass shumë të sukesshme të Misioneve tona heute für Gemeinschaft, für Tradition und ihr Stellenwert noch wachsen wird. Erst në Zvicër, duke lutur Zotin që edhe në të für die Menschen, die auf Hilfe angewie- dann, wenn die Not der Menschen besiegt ardhmën të jetë me ne, duke na ndih- sen sind. Die Mission hat eine tiefe Be- ist, hat auch die Mission keine Arbeit muar në integrimin tonë sa më të mirë në deutung: Sie versucht die christliche mehr. Ich glaube dieser Satz sagt einiges shoqërinë zviceriane, duke mos e harruar Botschaft über die Kulturbarrieren hinaus über die Zukunft der Mission aus. asnjëherë identitetin tonë fetar dhe zu tragen. Nur so kann man friedvoll mit- kombëtar. Urme shqiptar të besimit einander leben und gemeinsam wachsen. Herzlichen Dank für das Gespräch! katolik këtë përvjetor të rëndësishëm. Ausserdem ist sie eine Anlaufstelle für Të shtunën, 14.10.2017 në lokalet e die Gläubigen geworden. Diese Gläubigen Interview: Marijeta Cerkini Misionit në Lucern me fillim në ora 18:00 schätzen es sehr, dass sie sich bei Pro- Übersetzung: Don Albert Demaj do të jetë një Akademi solemne me ligjëra- blemen jederzeit an die Mission wenden ta rreth historisë së Misionit tonë në Zvi- können. Sie suchen in den Anlässen der cër, fjalë përshëndetës, pika muzikore etj. Mission die Gemeinschaft, die sie sonst in Të dielën, 15.10.2017. në Stadthalle në ihrem Alltag vermissen. Vielleicht verbin- Marijeta Cerkini (23) Sursee, do të jetë mesha në ora 13:00 e Bild: zVg den sie auch die Tatsachen, dass sie bei stammt ursprünglich udhëhequr nga ipeshkvi Kosovës, Mons Anlässen eine gemeinsame Kultur haben aus dem Südosten des Dodë Gjergji. Pas meshës do të jetë një und die gleiche Sprache sprechen und Kosovos und studiert program kulturo artistik. Dhe pas vielleicht den gleichen Geschmack an in Luzern. programit do të jetë një appero. Kulturellem und Religiösem teilen. forumKirche | 22-2017 11
Thurgau Diakonie strukturell verankern Sepp Riedener als Gastreferent an der Pastoralkonferenz Bild: Claudia Koch die aufsuchende Sozialarbeit sind weitere Eckpfeiler des Vereins. Bei den Sterbenden sein Für die Seelsorge war Sepp Riedener zu- ständig. Regelmässig suchte er Göttis oder Gotten für Kinder von armuts- oder sucht- betroffenen Frauen. «Ich wurde immer fündig», so Riedener, der in seinen Gottes- diensten dazu aufrief. Besonders berüh- rend waren die Berichte über die rund 350 Frauen und Männer, die er in den Tod be- gleitet hat. Zahlreiche Bücher mit Fotos und Lebensgeschichten dieser Menschen hat Riedener angefertigt. «Es ist unsere wesentliche christliche Aufgabe bei den Sterbenden zu sein», sagte Riedener. Der Treffpunkt Stutzegg an der Baselstrasse, dem Hôtel Dieu in Beaune nachempfun- den, ist ein Gasthaus, das bedürftigen Menschen offen steht, auch am Wochen- ende. Es gibt Näh-Ateliers, eine Schreiner- werkstatt und Möglichkeiten zur Medita- tion. Ein solches Angebot könnte er sich gut für den Thurgau vorstellen. Sepp Riedener forderte dazu auf, der Diakonie genügend Gewichtung zu schenken. Gleichwertig behandeln Bezogen auf den Thurgau sagte Riedener, Diakonie war das Hauptthema an der fortan diesen vom Leben überforderten dass für die Diakonie nicht gleich viel Geld Pastoralkonferenz vom 9. November in Menschen widmen. fliesst wie für andere kirchliche Aufgaben. Frauenfeld. Der gebürtige Kreuzlinger «Die Diakonie ist oft zu wenig strukturell Sepp Riedener berichtete über seine über Unterstützung von Kirche und Politik verankert. Schaut in eurer Pfarrei oder 30-jährigen Erfahrungen aus der diakoni- 1985 gründete Riedener die Gassenarbeit, Kirchgemeinde, wie die Diakonie geregelt schen Praxis in Luzern. die heute als Verein Kirchliche Gassenar- ist und was dafür konkret eingerichtet beit Luzern 47 Mitarbeitende beschäftigt. werden muss», forderte Riedener die Teil- Mit dem Thema Diakonie hatte der Vor- Finanziell wie ideell unterstützt wird der nehmenden auf, die sich in Arbeitsgruppen stand der Pastoralkonferenz mit Sepp Verein von den beiden Landeskirchen, von aufteilten. Bei den Rückmeldungen stellte Riedener einen ausgewiesenen Experten drei Kirchgemeinden in Luzern wie auch der sich bei allen dasselbe Problem: Die Armut nach Frauenfeld geholt. Riedener, ausge- Stadt und dem Kanton Luzern. Riedener ist oder die Suchtabhängigkeit ist im länd- zeichnet mit einem Ehrendoktor der Univer- um diese Unterstützungen sehr dankbar. lichen Thurgau nicht sofort erkennbar. Be- sität Luzern, hat vor mehr als 30 Jahren die «Früher fehlte jedes Jahr bis zu einer Mil- vor Angebote wie etwa eine Notschlafstelle Gassenarbeit in Luzern gegründet und auf- lion Franken, die ich durch Spenden eintrei- eingerichtet werden, gilt es, das Bedürfnis gebaut. Ein Beweggrund des gebürtigen ben musste», sagte Riedener. Inzwischen zu klären. Eine Fachstelle Diakonie einzu- Kreuzlingers war die Armut, die er während gibt es verschiedene Anlaufstellen, wie et- richten fanden die meisten nicht nötig. des Krieges am eigenen Leib erfahren hat- wa der Schalter 20, der Menschen behilf- Wichtiger sei, dass es in der Pfarrei, in der te. Nur durch eine Notlüge, nämlich Pfarrer lich ist, mit ihren Finanzen zurechtzukom- Kirchgemeinde oder im Pastoralraum eine werden zu wollen, konnte er überhaupt die men. Ein wichtiges Standbein des Vereins Ansprechperson für Diakonie gibt. Diese Matura absolvieren und Theologie studie- ist die GasseChuchi. «Sie ist die Stube der Person sollte über eine entsprechende ren. Für das Studium der Sozialpädagogik sucht- und armutsbetroffenen Menschen», Fachkompetenz verfügen. Riedener regte kam er Mitte der Siebzigerjahre nach so Riedener. Untergebracht in einem drei- an, ein mögliches diakonisches Projekt im Luzern. Dort stiess er auf viele Menschen, stöckigen Haus gibt es täglich eine voll- Thurgau ökumenisch und mit Unterstützung die am Rande der Gesellschaft lebten: in wertige Mahlzeit für fünf Franken. Auch der Politik anzugehen. Für die Pfarreien und Armut, gezeichnet von Drogen-, Alkohol- einfache Arbeiten können gegen eine Ent- Kirchgemeinden äusserte er den Wunsch: oder Medikamentenmissbrauch. «Ich hatte schädigung verrichtet werden, wie die «Die Diakonie soll gleichwertig wie andere eine seismographische Wahrnehmung für Mithilfe in der GasseChuchi oder beim Aufgaben behandelt werden.» die Bedürftigen», sagte Riedener. Ganz dem Cateringdienst. Das Paradiesgässli für Evangelium folgend wollte sich Riedener drogenabhängige Frauen mit Kindern und Claudia Koch 12 forumKirche | 22-2017
forumKirche intern Alles in Farbe Änderungen bei forumKirche zum Jahreswechsel Am meisten werden die Pfarreiseiten auf- fallen: Ab 2018 kommen sie farbig statt grau daher. Wer sie durchblättert, wird auch feststellen, dass sich in drei der vier Innenteile die Zusammensetzung leicht verändert hat. Der Wechsel auf Umwelt- schutzpapier sollte für die Leserinnen und Leser hingegen kaum bemerkbar sein. Bereits vor vier Jahren wurde eine soge- nannte «Splitumstellung» durchgeführt, d. h. dass die Zusammensetzung der Pfarreien in den verschiedenen Innenteilen (Splits) geändert wurde. Aus fünf Splits wurden vier, einzelne Pfarreien wechselten den Split. Diese Änderungen wurden not- Jeder Pastoralraum und alle Pfarreien eines zukünftigen Pastoralraumes erscheinen in einer wendig, weil die einzelnen Pfarreien sich zu gemeinsamen Farbe. Pastoralräumen zusammenschliessen soll- ten, deren Gebiete sich nicht mit der vor- maligen Splitaufteilung deckten. Umweltschutzpapier erscheinen. Es ist erstaunlich, wie wenig Die 2014 durchgeführte Umstellung wurde Die Neueinteilung der Splits machte eine der Unterschied zum herkömmlichen Papier allerdings nicht von allen Kirchgemeinden Ausschreibung des Druckauftrages von auffällt. Das neue Papier ist ausserdem gutgeheissen. Deshalb suchte man ge- forumKirche notwendig. Die Wahl der Ver- 100 Prozent chlorfrei. meinsam nach einer besseren Lösung. waltungskommission fiel auf die Goldacher Nun wird Anfang 2018 eine weitere An- Druckerei AVD, die damit die Kreuzlinger Farbige Fotos passung erfolgen. Ausserdem musste im Bodan AG nach drei Jahren ablösen wird. Jahrzehntelang hob sich bei forumKirche Split See für die Pfarrei Arbon Platz ge- Da sich die katholische Landeskirche Thur- der farbige Mantelteil von den in Schwarz, schaffen werden, die ab dem neuen Jahr gau im Rahmen des Umweltmanagement- Weiss und Grau gehalten Pfarreiseiten ab. in forumKirche vertreten sein wird. Damit systems Grüner Güggel verstärkt darum Dies soll sich zum neuen Jahr ebenfalls sind alle Pfarreien im Thurgau dem Pfarrei- bemüht, ökologische Standards einzuhal- ändern. Zum einen werden die Fotos auf blatt-Verbund angeschlossen. ten, liess sich die Verwaltungskommission den Pfarreiseiten künftig in Farbe erschei- 2014 wurde Leserinnen und Lesern, die bei der Ausschreibung des Druckes nur nen. Zum anderen erhalten alle Pastoral- Einblick in einen benachbarten Split Verfahren auf Umweltschutzpapier anbie- räume bzw. alle Pfarreien, die künftig einen wünschten, ein zusätzliches Abonnement ten. So wird die über 50‘000 Exemplare Pastoralraum bilden, eine einheitliche gewährt. Diese Abonnements sind mit der starke Auflage von forumKirche ab der Farbgebung. Diese zeigt sich in den Unter- erneuten Umstellung nun überflüssig und ersten Nummer 2018 auf Recycling-Papier legungen von Überschriften und Text- werden eingestellt. kästen. Dabei wechseln die Farben dem Verlauf des Lichtspektrums entsprechend vom Rötlichen über Gelb und Blau ins Violette. Die neue Farbgebung wird den Leserinnen und Lesern die Orientierung auf den Pfarreiseiten erleichtern und eine attraktive Bebilderung bieten. Detlef Kissner Nord West Mitte Süd See Die Pfarrei Arbon kommt zum Split See dazu. Der Pastoralraum Bischofsberg wechselt vom Split See zum Split Mitte-Süd. Der zukünftige Pastoralraum TG11 erscheint im Split Nord und im Split West. forumKirche | 22-2017 13
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