Alles klar? Sprache im Gottesdienst - Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau - kath. Pfarrei Romanshorn
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Nummer 16 14. bis 27. August 2016 Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau Alles klar? Sprache im Gottesdienst
Kirche und Gesellschaft Editorial Einfach reden wie beim Bie Ohne Zweifel, es gibt sie, die grossen un- Kritik an lebensfremder Sprache in Gottesdiensten vergessenen Predigten. Eine von ihnen jährte sich in diesen Tagen zum 75. Mal. Damals hatte der Münsteraner Bischof, Im Mai erschien ein Buch, das in kirch- Clemens August Graf von Galen, der zuvor lichen Kreisen für Furore sorgt. Es trägt schon durch regimekritische Äusserungen den provozierenden Untertitel «Wie die Kir- aufgefallen war, erstmals öffentlich ausge- che an ihrer Sprache verreckt». In ihm kri- sprochen und aufs Schärfste verurteilt, tisiert der Politikberater Erik Flügge, dass dass die Nazis Kranke und Behinderte Predigten oft unverständlich seien und die umbringen würden. In der Kirche brachen Angesprochenen nicht mehr erreichen daraufhin Tumulte aus, in denen sich die würden. Er rät Theologinnen und Theolo- Wut gegen den NS-Staat entlud. Alarmiert gen, so zu reden wie bei einem Bier. durch diese Predigt unterbrachen die NS- Funktionäre ihr Euthanasie-Programm. Der Der Beginn des Buches, der ursprünglich Bischof blieb unbehelligt, da man keinen als Blogeintrag veröffentlicht wurde, gleicht Märtyrer schaffen wollte. Seine Predigt, die einem Aufschrei: «Liebe Theologinnen und Gottesdienstbesucher mitgeschrieben hat- Theologen, ich halte es nicht aus, wenn ihr ten, verbreitete sich wie im Flug. Sie wurde sprecht. Es ist oft so furchtbar. Verschrobe- vervielfältigt, unter der Hand weitergege- ne, gefühlsduselige Wortbilder reiht ihr an- ben und erreichte sogar entlegene Front- einander und wundert euch, warum das abschnitte in Finnland und Nordafrika. niemand hören will.» Man bekommt den Eindruck, da hat sich etwas lange aufge- Der Kontrast zu Predigten, die Erik Flügge staut, da hält es einer nicht mehr aus. Und in seinem Buch beschreibt, könnte kaum Flügge doppelt nach: «Wo bekommt man grösser sein. Dieser ist entsetzt darüber, beigebracht, die Betonung im Satz an ge- wie blutleer die kirchliche Verkündigung nau der falschen Stelle zu setzen? Gibt es heute oft daherkommt. Er fordert Theolo- Rhetorikkurse für Zombie-Sprache für Pre- ginnen und Theologen auf, offen und au- digten?» Dieser wuchtigen und schonungs- Der Kommunikationsberater Erik Flügge macht sich daf thentisch von ihren eigenen Glauben zu losen Rückmeldung folgt ein konkreter wird, die die Menschen erreicht. erzählen. Tipp: «Sprecht doch einfach über Gott, wie Hier zeigt sich meines Erachtens die ihr bei einem Bier sprecht.» eigentliche Problematik: Wie kann man die Zahl der Gottesdienstbesucher ab- wöchentlich authentisch von seinem eige- Aus Angst nimmt, investieren sie immer weniger Zeit in nen Glauben erzählen? Warum gibt es in Doch Erik Flügge bleibt nicht bei einfachen ihre Predigtvorbereitung. Eine Fehlentschei- unserer Kirche nur ein paar wenige Exper- Ratschlägen stehen. Er bohrt tiefer, sucht dung, so Flügge, weil sich dadurch die Spira- ten, die dazu berufen sind, das Wort Got- nach Ursachen für diese unglückliche Ent- le noch weiter nach unten bewegt. tes auszulegen? Mit dem Predigtverbot wicklung. Eine entdeckt er in der hohen Ar- Nichtssagende Worte kommen auch dort für Laien, das Papst Johannes Paul II. beitsbelastung von Seelsorgenden: Diese heraus, wo Angst im Spiel ist. Viele liberal 1997 aussprach, verschärfte sich diese sind gezwungen, Prioritäten zu setzen. Da eingestellte Theologinnen und Theologen Problematik noch. hätten nach Ansicht des Kommunikations- Ich bin überzeugt, dass es in unseren experten durchaus etwas zu sagen. Sie Pfarreien einige Menschen gibt, die etwas Inhalt könnten mit ihrer Botschaft eine breite zu sagen hätten, die anderen etwas ge- Öffentlichkeit erreichen. Diese deckt sich Titelbild: Cartoon von Thomas Plaßmann, Bild: © Thomas Plaßmann ben könnten. Menschen, die an den Her- Jahr der Barmherzigkeit – «Berühren(d)» 7 allerdings oft nicht mit der kirchlichen Lehr- ausforderungen ihres Lebens gewachsen Mehr als ein Dach über dem Kopf meinung. Aus Sorge, ihre Anstellung zu ver- sind und dabei tragende Glaubenserfah- Wo Obdachlose eine Bleibe finden lieren, sehen sie sich dann gezwungen, rungen gemacht haben. Menschen, die «gegen sich selbst zu predigen», «ihre Aussa- lange nachgedacht haben oder wichtige Kirche ohne Grenzen – Albanisch 10 gen ständig zu relativeren». Heraus kommt Fragen stellen. Sicherlich wären solche Ein Kraftort für die Familie dabei «unambitioniertes Sprechen» oder Der Schweizer Marienwallfahrtsort Ziteil/GR Glaubenszeugnisse nicht immer rheto- «das lange Reden um den heissen Brei». risch ausgefeilt und theologisch «wasser- Serie «Ökumene» 12 fest». Vielleicht würden sie auch hier und «Seife, Suppe, Seelenheil» Zu theatralisch da Widerspruch hervorrufen. Auf jeden Einblicke in die Heilsarmee Bei Priestern scheint die Versuchung, sich Fall würden sie die Zuhörenden aufhor- einer Sondersprache zu bedienen, be- chen lassen, zum Nachdenken bringen Kurse · Tagungen 14 sonders gross. Die meisten von ihnen mei- und ihrem Glauben Nahrung bieten. nen, «sie müssten eine Bühne füllen. Der Gottesdienste an den Wochenenden 15 Gottesdienst müsste der sonstigen Welt Filmtipp entrückt sein. Sie führen ein Schauspiel auf», zitiert Flügge einen ihm bekannten Kalenderblatt · Zum Schluss 16 Geistlichen. Wer seine Rolle so versteht, 2 forumKirche | 16-2016
Kirche und Gesellschaft r Quelle: kath.ch News ■ Kloster feiert 700-jähriges Bestehen Am 15. August, Fest «Mariä Himmelfahrt», beginnt das Dominikanerinnenkloster in Bild: David Sievers Estavayer-le-Lac (FR) mit den Feierlichkei- Zum Autor ten zu seinem 700-jährigen Bestehen. Erik Flügge (30) wuchs in Backnang, in Alain de Raemy, Weihbischof von Lausan- der Nähe von Stuttgart, auf. Dort begann ne, Genf und Freiburg, wird der Eröff- er eine vorbildliche Karriere in der kirch- nungsmesse vorstehen, in der auch ein lichen Jugendarbeit: Er brachte es zum neuer Ambo geweiht wird. Am 20. August Oberministrant und durchlief in einem ka- und am 10. September lädt das Kloster tholischen Jugendverband sämtliche Sta- jeweils zu einem «Tag der offenen Tür» ein. tionen vom Dekanat, über die Diözese bis hin zur Bundesebene. Von 2005 bis ■ Partriarch fordert Befreiung Mosuls 2012 studierte er an der Universität Tü- Zum zweiten Mal jährt sich die Vertreibung bingen, zunächst Theologie, später dann der Christen aus der irakischen Ninive- Germanistik und Politologie. Heute ist er Ebene durch die Terrormiliz IS. Der chaldä- isch-katholische Patriarch Sako hat aus Geschäftsführer eines Unternehmens, diesem Anlass erneut einen Appell an die das Spitzenpolitiker und Parteien bei der Staatengemeinschaft gerichtet, die Befrei- Kommunikation berät. ung Mosuls mit allen Kräften voranzutrei- Er bezeichnet sich selbst als «kirchenfern ben. Er forderte auch, Geld- und Waffenlie- – so fern wie man nur sein kann». Auf der ferungen in die Region zu unterbinden, anderen Seite zeigt sich in seinem Ringen da diese meist in falsche Hände gerieten. um eine ansprechende Kirche seine Nähe und Verbundenheit zu dieser Institution, ■ Olympia von Doping überschattet «in der man zu Hause sein kann» und die Der katholische Olympia-Seelsorger Rolf «allem zum Trotz dennoch gut ist». Faymonville sieht die Wettkämpfe in Rio von zahlreichen negativen Begleiterschei- ür stark, dass in der Kirche eine Sprache gesprochen nungen überschattet. Bei aller Vorfreude Predigten brauchen erstens Relevanz, was dürfe man nicht die Augen verschliessen bedeutet, dass man Themen aufgreifen vor Doping, sozialen Problemen und ei- muss, die gerade viele Menschen beschäf- nem übertriebenen Nationalismus im kann nicht natürlich und alltagsnah spre- tigen. Dies wiederum setzt voraus, dass Sport. Doping etwa sei eine «schlimme chen. Daran ändert auch eine professionel- man gut informiert ist und die Menschen Missachtung» der Sportler und ein Betrug, le Einführung in den Predigtdienst offen- kennt, zu denen man spricht. In Predigten der die olympische Idee untergrabe. sichtlich nicht viel. Denn Berufsanfänger sollen auch die eigenen Emotionen spürbar würden sich in der Praxis an den erfahrene- werden: «Zorn eignet sich genauso gut… ■ Flüchtlingsteam in Rio bestärkt ren Kollegen orientieren und deren Sprech- wie wahre Liebe, Trauer oder Enttäuschung.» Papst Franziskus hat dem Flüchtlingsteam weise. So vererbt sich der Kirchenjargon Denn Emotionen wecken das Interesse bei bei den Olympischen Spielen in Rio Erfolg immer weiter. den Zuhörern, weil sie für sie entschei- gewünscht: Ihr Mut und ihre Kraft solle in Eine besondere Aversion lässt der Autor dungsrelevant und damit für ihren Alltag den Wettkämpfen einen «Schrei nach gegenüber «emotionalen Methoden» erken- wichtig sind. Ausserdem lebt jede Predigt Brüderlichkeit und Frieden» vernehmen nen. Mit spitzen Kommentaren schildert er von klaren, pointierten Aussagen: «Erfolg- lassen, schrieb er an die zehn Athleten, das Bemühen einer Pastoralreferentin, in reicher ist man, wenn man… frei heraus die er alle namentlich grüsste. Durch sie meditativer Weise und durch die Entfaltung sagt, was man denkt.» Und schliesslich solle die Menschheit begreifen, «dass mit einer vertrockneten Wüstenblume, Firmlin- darf die theologische Substanz nicht feh- dem Frieden alles gewonnen, aber mit gen das Osterereignis näherzubringen. len. Allerdings betont Flügge, dass theologi- dem Krieg alles verloren ist». Für Flügge zeigt sich in einer solch bildhaft sche Aussagen weder in verkürzter Kinder- überzogenen Sprache der Versuch, über an- sprache noch im universitären Vorlesungs- ■ Kommission zum Diakonat der Frau Papst Franziskus hat eine wissenschaftli- dere Menschen Macht auszuüben: «Man stil daherkommen dürfen, sondern für alle che Kommission zur Untersuchung der Ge- zwingt ihnen das Gefühl auf, das man aus- verständlich dargestellt werden müssen. schichte des Frauendiakonats berufen. lösen möchte.» Sechs der zwölf Mitglieder des Gremiums Nerv getroffen sind Frauen. Die Kommission soll sich mit Worte, die verstören Eigentlich habe er in dem Blogeintrag nur dem Amt weiblicher Diakone befassen, «vor Nach Kritik und Analyse folgt eine klare An- seinem Ärger über einen theologisch allem mit Blick auf die frühesten Zeiten der sage: «Mein Problem ist, dass mich Kirche schwülstigen Facebook-Eintrag Luft ma- Kirche». Ende Juni wandte sich der Papst nur unterbricht, aber nicht stört. Ich würde chen wollen, erzählt Erik Flügge auf Nach- gegen Medienberichte über eine angebli- mir wünschen, sie würde mich stören oder frage. Doch innerhalb weniger Stunden ha- che Öffnung der Kirche für Diakoninnen. gar verstören.» Wie das gelingen kann, be sich seine Sprachkritik explosionsartig fasst der Kommunikationsberater in vier kath.ch/Red. Thesen zusammen. (Fortsetzung auf Seite 4) forumKirche | 16-2016 3
Kirche und Gesellschaft Weitere Wette (Fortsetzung von Seite 3) Menschen in Ostafrika sind au Bild: © Thomas Plaßmann Ostafrika erlebt eine der schlimmsten Nahrungsmittelkrisen der letzten Jahrzehn- te. Allein in Äthiopien sind zehn Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. Hunderttausende von Kindern leiden an akuter Mangelernährung. Jens Steuer- nagel, Delegierter von Caritas Schweiz in Ostafrika, berichtet über die aktuelle Situation. Welche Situation haben Sie angetroffen, als Sie Anfang Juli die betroffenen Gebiete in Äthiopien bereisten? Seit zwei Jahren hat es in weiten Teilen des Landes nicht mehr geregnet. Die Bauern können in den betroffenen Gebieten nichts mehr ernten. Sie sind auf Nahrungsmittel- hilfe angewiesen. Die Regierung macht zusammen mit den internationalen Hilfs- organisationen viel und verhindert das Schlimmste, indem sie Nahrungsmittelhilfe organisiert. Die Gebiete, in denen die Cari- tas Schweiz mit ihren lokalen Partnerorgani- sationen arbeitet, sind besonders stark in den sozialen Netzwerken, vor allen in Aussage haben. Und wer nichts zu sagen betroffen. Hier wohnen vor allem nicht Predigtforen, verteilt. Bereits eine Woche habe, solle «lieber die Klappe halten». sesshafte Bauern, so genannte Pastoralis- später erhielt er das Angebot eines Ver- Ein Beispiel für gelungene Kommunikation ten. Die Viehbestände, mit denen sie ihr lags, über das aufgegriffene Thema ein ist für ihn Papst Franziskus. Er drücke sich Überleben sichern, sind sehr stark dezi- Buch zu schreiben. «Der Eintrag traf einen klar und einfach aus, ohne dabei an Tief- miert. Die meisten besitzen nur noch eini- Nerv. Ich sprach etwas an, was offensicht- gang einzubüssen. «Ihm hören die Men- ge wenige Ziegen und Schafe. Die betroffe- lich viele beschäftigte.» schen gern zu.» Aber der Papst könne nicht nen Menschen sind verzweifelt und sehen Dies zeigte sich auch in den Rückmeldun- alles verändern. Entscheidender sei die selber keinen Ausweg aus der Misere. Die gen, die er erhielt. Viele dankten ihm dafür, Verkündigung vor Ort. Wenn die Sprache in meisten Pastoralisten ziehen schon lange «dass es endlich mal einer sagt». Flügge Predigten und Ansprachen attraktiver wer- nicht mehr weiter, weil sie die Hoffnung auf überraschten die vielen dramatischen Bele- den soll, müssten Theologinnen und Theo- das Auffinden eines ertragreicheren Weide- ge von Menschen, die aufgehört haben, logen damit beginnen, sich von Freunden gebiets aufgegeben haben. An den Stras- Gottesdienste zu besuchen, weil sie es in- und Vertrauten ein Feedback geben zu las- senrändern liegen oft verhungerte Tiere, haltlich nicht mehr aushalten und weil sie sen und die ehrliche Meinung der Gottes- vor allem Kühe und Esel. Wir haben selber nicht den Eindruck haben, dass es sie dienstbesucher einzufordern. miterlebt, wie Tiere vor unseren Augen ver- braucht. «Wohlgemerkt, das sind nicht hungert sind. Bauern, die vor allem Feldbau Menschen, die die Kirche hinter sich gelas- Detlef Kissner betreiben, sind von Regenfällen abhängig. sen haben, sondern den Gottesdienstbe- Gibt es zu wenig oder gar keinen Regen, such – eine Sache, die man durchaus än- ■ Nähere Infos zum Buch beim Buchtipp fällt die Ernte aus oder ist so gering, dass dern kann», so Flügge. auf Seite 14. sie nicht zum Überleben reicht. Den Bau- ern, die Zugang zur Bewässerung haben, Feedback einholen geht es verhältnismässig gut. Das sind In seinem Buch nimmt Erik Flügge kein Blatt Und Sie? aber weniger als ein Prozent der Bevölke- vor den Mund, bisweilen in derber, umgangs- Wie erleben Sie die Sprache in Gottes- rung. Viele Menschen haben ihre letzten sprachlicher Weise. Diese Art zu reden ist diensten, die Sie besuchen? Was spricht Saatgutreserven als Nahrungsmittel benut- für ihn auch ein Modell für den kirchlichen Sie an? Was befremdet Sie? Was nehmen zen müssen. Zusätzlich zu der verheeren- Raum, wie er in einem Telefonat bekräftigt. Sie aus dem Gottesdienst für Ihren Alltag den Dürre der letzten zwei Jahre kam es in Jesus habe ja auch Tische umgestossen mit? Schreiben Sie uns Ihre Wahrnehmun- diesem Jahr teils zu starken Überflutungen, und herumgewütet. Er habe Klartext geredet gen und Erfahrungen (an: redaktion@ die das Saatgut auf den bestellten Feldern und seine Wort nicht «abgeschmirgelt». forumkirche.ch). Wir veröffentlichen sie – einfach fortgewaschen haben. Wichtig sei, dass man genau wisse, was soweit möglich – in unserer nächsten man theologisch sagen wolle. Das Spre- Ausgabe. Zehn Millionen Menschen sind allein in chen von Gott müsse eine starke, fundierte Äthiopien von Hunger bedroht. Ist es abseh- 4 forumKirche | 16-2016
Ostafrika rextreme drohen f Nothilfe angewiesen Bild: Caritas Schweiz Caritas wird betroffenen Dorfgemeinschaften Pflugochsen abgeben, damit sie ihre Felder für die Aussaat vorbereiten können. bar, dass sich die Situation in den nächsten helfen. Sie benötigen schnellkeimendes von Hilfsmassnahmen kommt. Diese Zu- Monaten entspannen wird? Saatgut und genug ordentliches Futter für sammenarbeit klappt mittlerweile recht gut. Der Regen hat nun endlich wieder einge- die Pflugochsen. Zeit ist das grösste Pro- setzt. Aber von Entspannung kann noch kei- blem, denn der Regen hat wieder eingesetzt Die Dürre in Ostafrika ist eine Folge des ne Rede sein. Die Bauern besitzen weder und die Feldarbeit muss jetzt beginnen. Klimawandels. Ist zu befürchten, dass Ost- ausreichend Saatgut, um die Felder zu be- afrika in Zukunft häufiger solchen Katastro- stellen, noch verfügen sie über genug Pflug- Was trägt Caritas dazu bei, die Krise zu phen ausgesetzt sein wird? ochsen. Diese sind in den vergangenen bewältigen? Das ist wahrscheinlich. Nach den jüngsten zwei Jahren in grosser Zahl gestorben, der Der Schwerpunkt der Arbeit von Caritas Auswirkungen im Zuge des El Niño-Phäno- Bestand ist auf einen Fünftel gesunken. liegt jetzt zuerst in der Nothilfe, um mens werden jetzt – wenn auch abgemil- Viele der noch lebenden Ochsen sind zu schnellstmöglich auf den dringendsten dert – Effekte des so genannten La Niña- schwach, um die anstrengende Pflugarbeit Bedarf zu reagieren: Bereitstellung von gu- Phänomens erwartet. In der Natur der zu verrichten. Meteorologen wie auch die tem Saatgut, Futter für die Pflugochsen und Sache des Klimawandels liegt es aber, Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisa- Sicherstellung, dass ausreichend Trinkwas- dass eventuelle Auswirkungen immer unbe- tion der Vereinten Nationen sagen zudem ser für die Menschen vorhanden ist. Diese rechenbar sind. Man kann nicht sagen, voraus, dass es nach der jüngsten Dürre, Massnahmen ergänzen die Anstrengungen wann und in welchem Ausmass ähnliche die durch das globale El Niño-Phänomen der Regierung gut. Denn es soll oberstes Situationen wieder auftreten werden. In ausgelöst wurde, weitere Wetterextreme Ziel sein und bleiben, dass Hilfsorganisa- jedem Fall sind derzeit noch die unmittelba- geben wird. tionen lediglich ergänzen. Die Menschen ren Auswirkungen der vergangenen Dürre- und die Regierung sollen immer ihr Mög- jahre und der nachfolgenden Überschwem- Sie haben mit vielen Betroffenen gespro- lichstes beisteuern. Caritas stimmt sich mungen zu sehen und zu spüren. Daher ist chen. Was sind ihre grössten Probleme? Wel- generell bei allen Massnahmen, die sie es jetzt unerlässlich, die Menschen so zu che Unterstützung brauchen die Menschen, unterstützt oder durchführt, mit anderen unterstützen, dass sie sich schnell erholen um über die Krise hinwegzukommen? Organisationen ab. Darüber hinaus muss können und ohne Hilfe zurechtkommen. Neben Nahrungsmitteln brauchen die Men- jedes Projekt im Vorfeld von der Regierung schen jetzt vor allem wieder ausreichend genehmigt werden, damit es nicht zu inhalt- Regen. Nur das kann wirklich und langfristig lichen und räumlichen Überschneidungen Caritas Schweiz/Red. forumKirche | 16-2016 5
Weltjugendtag Vorreiter der Geschichte sein Rückblick auf den Weltjugendtag in Krakau Bild: Vera Rüttimann Alain de Raemy, Weihbischof von Lausan- ne, Genf und Freiburg, war mit Schweizer Jugendlichen über zehn Tage unterwegs am Weltjugendtag in Krakau. Im Studen- tenwohnheim «Krakowiak» sprach er über seine persönlichen Erlebnisse und zog Bilanz über dieses kirchliche Gross- ereignis in Polen. Mehr als eine Millionen Pilger trotzten der Hitze und feierten mit dem Papst an der Vigil. Mit einer grossen Messe endete der Weltjugendtag. Wie haben Sie die beiden letzten Tage erlebt? Ich wohnte zusammen mit anderen Bischö- fen aus aller Welt im Hotel «Krakowiak», ei- nem der Studentenwohnheime der Univer- sität etwas ausserhalb des Stadtzentrums. Von dort wurden wir mit dem Bus zum «Feld der Barmherzigkeit» gebracht. Auf der Fahrt dorthin sah ich, wie Tausende Pilger sich in der brütenden Hitze auf den Weg zum Feld machten, um die nächtliche Vigil zu erleben. Schweizer Jugendliche am Weltjugendtag in Krakau. Was hat Sie am meisten beeindruckt? Das war der Kreuzweg mit dem Papst auf lich für die Aufnahme von Flüchtlingen ist, tungen. Und ich bin überzeugt, dass der den Krakauer Błonia-Wiesen, wo es auf dem berichtete mir, wie schwierig es sei, eine Weltjugendtag jeden in seiner persönlichen ganzen Gelände verteilt zu jeder Kreuzweg- offene Haltung diesem Thema gegenüber Beziehung zu Gott weiterbringt. station kunstvolle Inszenierungen gab. selbst den Bischöfen zu vermitteln. Zweifel- los aber müsse sich die Gesellschaft – Welche Begegnungen am Weltjugendtag Gab es besonders starke Aussagen seitens das war eines der Kernthemen während stachen für Sie besonders heraus? des Papstes? dieses Treffens – der wurzellosen Secon- Die erste eindrückliche Begegnung war Es gab viele starke Aussagen von ihm in dos annehmen und sich für die Aufnahme gleich zu Beginn des Vortreffens mit einem dieser Woche. Besonders berührt hat mich von Flüchtlingen öffnen. jungen Paar, das bereits an drei Weltju- sein Appell an die Jugendlichen an der gendtagen war. Sie kamen zu mir und sag- nächtlichen Vigil, «Vorreiter der Geschichte» Papst Franziskus und die Jugend: Wie nah- ten, dass sie sich hier am Treffen verloben zu sein. Stark fand ich, als er zu ihnen sag- men Sie diese Beziehung in Krakau wahr? wollten. Während einer Messe mit den te, sie seien nicht auf die Welt gekommen, Eindrücklich war seine Fahrt mit dem Tram Westschweizer Pilgern hielt ich für sie eine um zu vegetieren, um es sich bequem zu ins Zentrum Krakaus, wo Tausende ihm kleine Liturgiefeier. Ich stelle immer wieder machen, um aus dem Leben ein Sofa zu zujubelten. Er zeigte Grösse in seiner Ein- fest: Der Weltjugendtag ist die beste katho- machen, das uns einschläfert. Vor allem fachheit – ein sehr nahbarer Papst. Ande- lische Heiratsagentur der Welt. sein Satz: «In der heutigen Zeit braucht es rerseits ist mir aufgefallen, dass Papst keine Sofa-Jugendlichen, sondern junge Franziskus anders als seine Vorgänger Auch die Schweizer Jugendlichen kehren Menschen mit Schuhen, noch besser mit nach der Vigil nach dem Segen nicht mehr nun zurück. Der Papst wünscht, dass der Stiefeln an den Füssen, um Spuren zu auf die Bühne zurückkehrte, um die Jugend- Weltjugendtag dort in ihrem Alltag weiter- hinterlassen», bleibt wohl nicht nur mir in lichen mit einigen Worten in die Nacht zu geht. Was können die Pfarreien vom Erinnerung. verabschieden. Vielen ist das vielleicht Schwung dieses Treffes mitnehmen? gar nicht aufgefallen oder sie haben es Sie können die Begeisterung der Jugend- Die nationalkonservative Regierung in War- nicht vermisst. lichen mitnehmen. Es kommt jetzt sehr schau lehnt die Aufnahme von Flüchtlingen darauf an, ob es unsere Leute im Dienst der ab. Auf welche Weise wurden Sie am Welt- Wie deuten Sie das? Kirche vor Ort verstehen, die Jugendlichen in jugendtag mit diesem Thema konfrontiert? Ich habe gesehen und herausgespürt – ihrem Elan zu packen und ihnen mit Neugier Einen profunden Einblick erhielt ich durch nicht nur an der Vigil – dass es den meis- und Interesse zu begegnen. Gemeinsam die Gespräche mit Weihbischof Krzysztof ten Jugendlichen nicht allein um den Papst kann auf diese Weise viel vom Schwung die- Zadarko, dem Vorsitzenden des Rates für oder nur um eine euphorisierende katholi- ses Weltjugendtages erhalten bleiben. Migration, Tourismus und Wallfahrt der pol- sche Party-Stimmung geht. Ich glaube an nischen Bischofskonferenz. Er, der persön- die Kraft von spirituellen Grossveranstal- Vera Rüttimann/Red. 6 forumKirche | 16-2016
Jahr der Barmherzigkeit – «Berühren(d)» Mehr als ein Dach über dem Kopf Wo Obdachlose eine Bleibe finden Der Verlust der eigenen Wohnung ist gebe es immer wieder Bewohner, die länger Teamleitern, stundenweise arbeiten kön- meist der Endpunkt eines längeren Ab- bleiben würden, manche bis zu einem Jahr. nen», sagt Eberhart. Ausserdem könne stiegs. Menschen, die dieses Schicksal In der Regel seien die zehn Notschlafplätze man sich beim Umzugsservice oder im in Schaffhausen trifft, werden in ihrer Not in der SWG zur Hälfte belegt. Ein Unter- Nähstüble engagieren. Mit diesen Diensten aber nicht alleingelassen. Die Stadt stellt schied in der Belegung zwischen Sommer unterstütze man Hausbewohner und ande- in ihrer Einrichtung Soziales Wohnen und Winter sei nicht festzustellen. re bedürftige Menschen ebenso wie öffent- Geissberg (SWG) Notschlafstellen und Finanziert werden die Plätze vom Sozialamt. liche Einrichtungen. Notwohnungen zur Verfügung – ein sozia- Wer von dort keine Kostengutsprache er- les Engagement, das nicht selbstver- hält, muss aus eigener Tasche acht Franken Professionelle Begleitung ständlich ist. pro Nacht für seinen Schlafplatz bezahlen. Betreut wird das Haus am Geissberg von elf Teilzeit-Mitarbeitenden, die überwiegend Jean-Claude Eberhart, der Leiter des SWG, Eigenes Arbeitsprogramm Qualifikationen aus sozialen Berufen mit- öffnet die Tür zu einem kleinen Zimmer: Ein Die Notschlafstellen machen im ehemali- bringen. «Wir versuchen, positiv auf die frisch bezogenes Bett, ein Nachttisch, ein gen Personalhaus des Kantonsspitals, in Menschen hier einzuwirken, sie zu einem Tisch, ein Stuhl und zwei Blechregale – das dem das SWG seit 1989 untergebracht ist, Entzug oder einer Therapie zu motivieren ist die schlichte Ausstattung einer Not- allerdings den kleineren Teil aus. Über 40 oder ihnen zu helfen, sich wieder ins schlafstelle, in der Menschen ohne Woh- Zimmer sind für das «Betreute Wohnen» Arbeitsleben zu integrieren», sagt Jean- nung unterkommen. «Das kann jemand vorgesehen. Diese Wohnform ist für Men- Claude Eberhart. Der Sozialpädagoge ver- sein, der schon längere Zeit von Suchtmit- schen gedacht, die über eine gewisse Ta- heimlicht dabei nicht, dass dies mitunter tel abhängig ist und von Sozialhilfe lebt. gesstruktur verfügen, d. h. die mindestens eine schwierige Aufgabe ist. Manchmal kä- Weil er zunehmend seine Hygiene vernach- drei Mal pro Woche einer Tätigkeit nachge- me es auch vor, dass im Haus eine explosi- lässigt oder durch sein Verhalten auffällt, hen, sei es in der Privatwirtschaft oder ve Stimmung herrsche. Wichtig sei ihm, wird ihm eines Tages die Wohnung gekün- im Rahmen eines Arbeitsprogramms. Sie dass er allen Bewohnern – egal ob nüch- digt», erzählt der 57-jährige Sozialpädago- erhalten eigene Schlüssel und können sich tern oder betrunken, friedlich oder aggres- ge. Es würden sich aber auch junge Er- tagsüber in ihrem Zimmer aufhalten. siv – offen begegne. «Man muss unsere wachsene melden, die aus der elterlichen Um dieser Gruppe, aber auch anderen Sozi- Leute gern haben», beschreibt er seine Wohnung rausgeschmissen wurden, Rück- alhilfeempfängern, weitere Beschäftigungs- Grundeinstellung. Denn Eberhart weiss um kehrer, die vergeblich ihr Glück im Ausland möglichkeiten zu bieten, hat das SWG seit die Schicksale vieler, die im SWG Unter- suchten, oder Menschen mit einer psychi- Ende 2013 mit finanzieller Unterstützung schlupf finden. Und diese machen ihm be- schen Erkrankung. Ebenso komme es vor, der Hülfsgesellschaft ein eigenes Arbeits- wusst, dass der Grat zwischen Gelingen und dass die Polizei jemanden im Fall von häus- programm aufgebaut. «Wir haben eine Holz- Scheitern im Leben oft sehr schmal ist. licher Gewalt vorbeibringe. Voraussetzung und Metallwerkstatt eingerichtet, in der für die Aufnahme im SWG ist, dass jemand Interessierte, begleitet von qualifizierten Detlef Kissner obdachlos ist und aus dem Kanton Schaff- hausen stammt. Menschen, die von woan- Bild: Detlef Kissner ders herkommen, können nur im Notfall für eine Nacht bleiben. «Wir sind ja kein billi- ges Hotel», so Eberhart. Keine Dauerlösung Von einem Hotel unterscheidet sich diese Unterbringung auch in anderer Hinsicht: Den Bewohnern steht eine zweckmässig eingerichtete Küche zur Verfügung, in der sie sich ihre Mahlzeiten zubereiten können. Daneben teilen sie sich einen Aufenthalts- raum, ein Bad und die Toiletten. Mit dem Bezug der Notschlafstelle verpflichten sie sich, das Haus tagsüber – von 10 bis 17 Uhr – zu verlassen. Sie erhalten auch kei- nen Zimmer- oder Haustürschlüssel. Ihre Habseligkeiten können sie im Zimmer las- sen, Wertsachen werden weggeschlossen. «Die Notschlafstelle soll nicht zur Dauerein- richtung werden. Die Betroffenen sollen sich nach einer anderen Lösung umschau- en», erklärt Jean-Claude Eberhart. Dennoch Jean-Claude Eberhart stellt die Einrichtung Soziales Wohnen Geissberg anhand eines Schaubildes vor. forumKirche | 16-2016 7
Kirche Schweiz · Thurgau Konzert für 118 Glocken Einzigartiges künstlerisches Projekt in St. Gallen Am 21. August werden die Kirchenglocken von St. Gallen 35 Bild: Hans Jürg Gnehm, Denkmalpflege der Stadt St. Gallen Minuten lang zu einem Konzert zusammenklingen. An einem zentralen Hörort ist die Musik koordiniert zu hören, an jedem anderen Punkt in der Stadt eine Variation davon. Realisiert haben das Projekt «Zusammenklang» die Komponistin Natalija Marchenkova Frei und der Musiker Karl Schimke. 118 Glocken von 29 Kirchtürmen der Stadt St. Gallen werden am 21. August von 14.35 bis 15.10 Uhr in einem inszenierten Anschla- gen von Karl Schimke und im Anschluss in einer neoromantischen Komposition von Natalija Marchenkova Frei strukturiert erklingen. Damit der Klang der bis zu 16 Kilometer auseinander liegenden Kir- chenglocken am zentralen Hörort Dreilindenweg (unterhalb Buben- weiher) koordiniert erklingt, ist eine ausgefeilte Technik notwendig. Denn nicht nur die Distanzen, sondern auch die Wetterbedingungen und die Reaktionszeit der Menschen, die die Glocken schlagen, ha- Glocken der evangelisch reformierten Kirche St. Georgen ben Einfluss auf die Dauer des Schalls. Alle Komponenten werden von den Programmierspezialisten der Softwarefirma Namics AG und den Experten für Glockensteuerung der Muff Kirchenturmtechnik AG zudem eine gesellschaftliche und spirituelle Ebene. Nur durch die berechnet und fliessen in die Entwicklung einer eigens für das Kon- konfessionsübergreifende Zusammenarbeit aller Quartiere und zert konzipierten Steuerungssoftware ein. Kirchen der Stadt, kann das Projekt gelingen. Das Konzert-Projekt «Zusammenklang», das in Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden St. Gallens und der Wirk Raum Kirche Ann Katrin Cooper/Red. entstanden ist, ist ein weltweit einzigartiges künstlerisches Pro- jekt. Noch nie wurden in einer Stadt alle Kirchenglocken «orches- ■ Nähere Infos: www.zusammenklang.com triert» zum Klingen gebracht. Für die Initiatoren hat das Projekt Solidarisch mit Flüchtlingen Patenschaften mit Kindern begleiten Einladung zum Bistumsjugendtreffen 2016 Caritas Thurgau sucht freiwillige Vermittler «Stand up for refugees» – so lautete das Motto des diesjährigen Möchten Sie sich in der Region Kreuzlingen oder Frauenfeld als re- Bistumsjugendtreffens. Bischof Felix Gmür lädt Jugendliche ab gionale Vermittlerin oder Vermittler engagieren und so im Auftrag 14 Jahren aus der Diözese Basel am 11. September nach Biel - der Caritas Thurgau Kontakt- und Vermittlungsperson von fünf bis Bienne ein, um auf das Leid der Flüchtlinge aus aller Welt auf- zehn Patenschaften sein? Sie vermitteln und begleiten die freiwilli- merksam zu machen. gen Patinnen und Paten, die Patenkinder wie auch deren Eltern. Sie führen Abklärungs-, Vermittlungs- und Standortgespräche Der Tag beginnt um 10 Uhr mit einem Gottesdienst, den Bischof Felix durch. Dabei werden Sie von der Caritas Thurgau in Ihren Aufgaben- Gmür zusammen mit den Jugendlichen feiert. Daran schliesst sich bereich eingeführt, begleitet und weitergebildet. ein Multi-Kulti-Apéro mit Spezialitäten aus Syrien, dem Libanon, Eri- Sie bringen idealerweise Erfahrung in der Freiwilligenarbeit mit, Sie trea, Kurdistan, Afghanistan und anderen Ländern an. In dessen Zen- haben kommunikative Fähigkeiten und Gesprächsführungserfah- trum stehen Begegnungen mit Menschen aus den jeweiligen Kulturen rung. Ausserdem sind Sie team- und konfliktfähig, haben Erfahrun- und untereinander. Ab 12 Uhr sind die Teilnehmenden eingeladen, gen mit Familiensituationen, ein Flair für organisatorische und ad- sich mit der Realtäten von Flucht auseinanderzusetzen Sie erfahren ministrative Arbeiten und besitzen EDV-Basiskenntnisse. In Ihrer mehr über die tragischen Bedingungen von Menschen auf der Flucht. Tätigkeit ist Verschwiegenheit sehr wichtig. Ihre Einsätze sind an Begegnungen und praktische Beispiele veranschaulichen die un- verschiedenen Orten im Thurgau, deshalb sollten sie mobil sein. glaublichen Wege, welche Flüchtlinge auf sich nehmen müssen. Nach Die Caritas Thurgau sucht dafür dringend regionale Vermittlerinnen einem Hip-Hop-Jamboree (Konzert) im Volkshaus wird Bischof Felix oder Vermittler. Der Zeitaufwand beträgt ca. vier Stunden pro Gmür gegen 15.30 Uhr den Tag mit den Teilnehmenden beschlies- Woche. Melden Sie sich, wenn Sie sich für diesen anspruchsvollen sen. Die Anmeldung läuft über eine Ansprechpersonen in den Pfar- und spannenden Einsatz interessieren, bei Caritas Thurgau, reien. Patenschaftsprojekt «mit mir», Simone Rutishauser, srutishauser@caritas.ch oder Tel. 071 626 11 84. Detlef Kissner ■ Nähere Infos: www.jugendtreffen.org Simone Rutishauser 8 forumKirche | 16-2016
Kunst + Glauben Bild: © Robert Weber / www.robert-weber.com In Gott geborgen Es braucht seine Zeit, zwischen oder hinter den schwebenden Kreisformen die sitzen- de Gestalt der Maria zu erkennen. Die Vor- lage ist die Maria aus der Verkündigungs- gruppe vom Altar der Sieben Freuden Mariens im Chor der Abteikirche von Brou, Robert Weber – «Und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten», 2005, Öl auf Leinwand, Franche-Comté, entstanden um 1520. In 190 × 150 cm ein weites Gewand gehüllt, scheint sie beim Lesen der Heiligen Schrift gerade in- nezuhalten und den Kopf nachdenklich und gegenseitige Bezüge sehen: So wie denfülle, die Maria durch ihr gläubiges Ja- nach hinten zu neigen. Hinter dem Schleier Maria mit ihrem Ja-Wort Gott selbst leiblich Wort bei Gott ausgelöst hat und die vom ist sie unseren Blicken entrückt, Symbol für in sich aufgenommen hat, so nimmt Gott Künstler «schwebend» zwischen Maria und ihr gleichzeitiges geistiges Entrückt-Sein die Mutter seines Sohnes mit Leib und den Betrachter gemalt wurde, fliesst weiter bei Gott. Es ist die Stille zu spüren, in die Seele bei sich auf. In der Verkündigung und und macht auf wunderbare Weise für Men- Maria hineinhorcht und durch den Engel der Aufnahme in den Himmel stehen sich schen Unmögliches möglich (vgl. Lk 1,37; Gottes Wort und Anspruch hört: «einen Anfang und Vollendung gegenüber, die 18,27): Gott in sich aufzunehmen als auch Sohn wirst du gebären … er wird gross Menschwerdung Gottes und die Erfüllung von Gott aufgenommen und geborgen zu sein und Sohn des Höchsten genannt wer- des menschlichen Daseins bei Gott. In werden. den. … Die Kraft des Höchsten wird dich Maria wird deutlich, wie Gott zu seiner Ver- überschatten.» (Lk 1,31f.35) heissung durch Jesus steht: «Wer an mich Patrik Scherrer So sehr das Bild Maria bei der Verkündi- glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und gung darstellt, lässt es durch die weisslich- jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf rötliche Übermalung mit den vielen Kreis- ewig nicht sterben.» (Joh 11,25-26) Maria formen als Ausdruck der ihr Wesen «über- hat geglaubt und ist dafür als Erste mit der schattenden» göttlichen Gegenwart und leiblichen Aufnahme in den Himmel belohnt erfüllenden Gnade auch Mariens leibliche worden. Aufnahme in den Himmel sehen. Das ver- Wie durch einen Schleier hindurch lässt hüllende Weiss vermag dabei genauso auf uns der Künstler ehrfurchtsvoll an diesen ihre innere Reinheit zu verweisen wie auf einzigartigen Geschehen teilhaben. Die Ver- himmlische Sphären, die sie von nun an wendung einer alten Mariendarstellung so- umgeben. Die gleichzeitige Schau der bei- wie die «blasse» Zeichnung Mariens mögen den Glaubensgeheimnisse lässt Parallelen in die Vergangenheit weisen. Doch die Gna- forumKirche | 16-2016 9
Thurgau · Kirche ohne Grenzen – Albanisch Glaubensgemeinschaft erwünscht Ein Kraftort fü Thomas Mauchle ist neuer Gemeindeleiter ad interim Der Schweizer Marienwallfahrt Seit dem 1. August ist Thomas Mauchle assistent gefunden. Nun fühlt er sich wie- Was für die Juden Jerusalem oder für die der neue Gemeindeleiter ad interim für die der bereit für eine Leitungsfunktion, die Muslime Mekka ist, das ist für das grau- Pfarreien Gündelhart, Homburg, Pfyn und ihm die Abteilung Personal des Bistums bündnerische Tal Oberhalbstein Ziteil. Steckborn. Wichtig ist ihm, dass unter vorgeschlagen hat. Wobei die Gemeinde- Der höchste Wallfahrtsort Europas (2’434 seiner Leitung jede der vier Pfarreien auch leitung nur ein Teil seiner Arbeit sei, wie Meter über Meer) liegt in der politischen als eigene Pfarrei wahrgenommen wird. Mauchle betont: «Ich bin Seelsorger, und Gemeinde Salouf. Kirche ohne Grenzen hat zwar einer, der vor Ort präsent sein möch- sich mit Sandra Cipolletta (46) aus Erma- Thomas Mauchle ist ein Mann mit Erfah- te.» Und zu einer Leitung gehöre es auch, tingen getroffen und über den anerkannten rung. Diese hat er sich nicht nur in seinem zusammen mit den bereits tätigen Men- Schweizer Marienwallfahrtsort gesprochen. Theologiestudium angeeignet, sondern schen vor Ort zusammenzuarbeiten. «Ich auch in seinen bisherigen Tätigkeiten. Er bin froh, dass wir nicht bei Null beginnen Ziteil erinnert Sandra Cipolletta an ihre war Pastoralassistent, Pastoralstellenleiter müssen», sagt er dazu. Kindheit: «Meine Mutter ist in Salouf aufge- wie auch Regionalverantwortlicher der Bis- wachsen. Als Kind bin ich regelmässig zum tumsregion St. Urs (AG, BL, BS). Ein Mann Kritisches Interesse Wallfahrtsort gepilgert.» Die Verbindung also, der Kirche von der Basis als pastoral Die Herausforderung und Chance sieht zum Marienheiligtum verstärkte sich, als ih- Tätiger wie auch von der Leitungsebene her Mauchle darin, mit Menschen in den vier re Tante die Pilgerbetreuung übernahm. «Es kennengelernt hat. Seine Motivation be- Pfarreien zusammenzuarbeiten. Er ist sich gab einiges in der Kirche und in der Bewir- schreibt er folgendermassen: «Ich erlebe bewusst, dass mit der neuen Gemeinde- tung der Pilger zu tun», erinnert sich die Kirche als bunt, vielseitig und mit Tief- leitung eine Menge Fragen und Unsicher- 46-Jährige. «Wir haben unserer Tante nach gang.» Um sich für seinen Job als Regional- heiten sichtbar werden. Das zeigte sich Kräften geholfen. Die Begegnung mit den verantwortlicher fit zu machen, hat er einen bereits an einem ersten Treffen mit den Pilgern war für mich eindrücklich.» Aber wie Kurs für Kirchenmanagement absolviert. vier Kirchenvorsteherschaften. «Ich spürte wurde Ziteil zu einem Wallfahrtsort? Diese Erfahrungen in Leitung und Führung Interesse und grosses Wohlwollen, aber kommen dem 51-jährigen Theologen nun in auch Fragen wie etwa: Wie soll das gehen?», Die himmlische Begegnung seiner neuesten Herausforderung zugute. sagt Mauchle. Ein kritisches Interesse be- Sandra Cipolletta erzählt: «1580 soll im grüsse er, ja, es sei sogar bereichernd, um graubündnerischen Oberhalbstein einem Leitung und Seelsorge sich zusammen auf den Weg zu machen. 18-jährigen Mädchen eine kleine weissge- Und eine Herausforderung kann die Ge- Ein Ziel ist, wie bei anderen Kirchgemeinden kleidete Frau mit einem weissen Schleier meindeleitung ad interim durchaus werden. und Pfarreien auch, die Bildung eines Pasto- erschienen sein.» Die Botschaft der himmli- «Wie auch eine grosse Chance», sagt ralraums. schen Gestalt, Busse zu tun und mit dem Mauchle. Er habe bewusst nach seiner Tä- Kreuz Prozessionen zu halten, richtete sich tigkeit als Regionalverantwortlicher eine Vier Begrüssungsgottesdienste an das sündige Volk im Tal Oberhalbstein. Aufgabe in einer Pfarrei gesucht und diese Bis dahin möchte er die vier Pfarreien und Die junge Visionärin behielt aus Furcht die vor 2 ½ Jahren in Weinfelden als Pastoral- deren Menschen kennenlernen, mit ihnen Botschaft für sich, worauf es am nächsten beten und glauben. «Ich bin ein Mitarbeiter Tag zu einer zweiten himmlischen Begeg- wie die anderen auch, mit dem Unter- nung mit der gleichen Botschaft gekommen Bild: Claudia Koch schied, dass ich die Leitung inne habe und sein soll. Die 18-Jährige schwieg aber über die Grenzen schauen werde», sagt er. weiterhin. Erst als die Mutter der 18-Jähri- Um sich bei den Leuten bekannt zu ma- gen bei der dritten Erscheinung Zeugin die- chen, wird er in jeder Pfarrei mit einem ses Phänomens geworden war, verbreitete Begrüssungsgottesdienst willkommen ge- sich die Botschaft bis zum Landvogt, der heissen. Den Anfang macht am 14. August daraufhin die Prozession verordnete. Acht Pfyn. Angesprochen auf seine künftige Tage später soll wiederum ein 16-jähriger Tätigkeit, sagt er: «Ich wünsche mir, dass Knabe von einer Begegnung mit der himmli- wir eine Glaubensgemeinschaft werden, schen Frau berichtet haben. Sandra über die Pfarreigrenzen hinaus.» Cipolletta präzisiert: «Dieses Mal betonte die himmlische Gestalt eine aufrichtige Claudia Koch Bekehrung und verlangte weitere Prozessio- nen.» Als man dieser Bitte nachkam, fingen alle verdorrten Feldfrüchte wieder an zu grünen. Seit circa 436 Jahren pilgern des- halb Menschen nach Ziteil und erfüllen so die Bitte der Muttergottes. Möchte mit den Menschen vor Ort glauben Eine Botschaft für heutige Familien und leben: der neue Gemeindeleiter Die Botschaft hat laut Sandra Cipolletta ad interim Thomas Mauchle auch heute an Aktualität nichts verloren: 10 forumKirche | 16-2016
Kirche ohne Grenzen – Albanisch r die Familie sort Ziteil/GR Bilder: Mike Qerkini Sandra Cipolletta: «In Ziteil besinnen wir uns auf das Wesentliche im Leben!» Die Wallfahrtskirche in Ziteil wird von zahlreichen Pilgern besucht. «Ziteil ist ein Ort der Bekehrung und Besin- «Obwohl unsere Hütte keinen grossen Lu- Bild: zVg nung.» Die schnelllebige Gesellschaft habe xus bietet, wollen unsere drei Mädchen im- Mike Qerkini (29), Religions- verlernt, worauf es im Leben ankommt. mer wieder nach Som igls Mellens», erklärt pädagoge, stammt aus «Zeit füreinander zu haben und miteinander die dreifache Mutter. Die kleinste Tochter, dem Südosten des Kosovos zu verbringen, ist nicht mehr selbstver- Chiara (7), erzählt, dass sie gerne künftig und studiert Theologie an ständlich. Ziteil ist darum für meine Familie ihre Schulferien mit ihrer Freundin dort ver- der Universität in Luzern. ein Kraftort, wo wir uns neu auf Gott aus- bringen möchte. Auch Verwandte und Be- Neben seiner Arbeit als richten.» Dafür benutzt die Familie Cipolletta kannte nutzen die Gelegenheit, in der Hütte Religionspädagoge engagiert er sich ihre Hütte ohne fliessendes Wasser und oh- zu übernachten und den Kraftort Ziteil auf- ehrenamtlich in der albanischen Mission ne elektrische Geräte in Som igls Mellens. zusuchen. in Sirnach/TG. Regelmässig pilgern sie den circa 1 ½ Stun- den langen Weg zum Marienheiligtum. Bericht und Übersetzung: Mike Qerkini Një vend për familje Sandra Cipolletta flet për shënjtroren e Zojes në Ziteil/Graubünden Ajo çka për hebrenjtë është Jerusalemi vello të bardhë.» Por vajza që pa Zojën nuk tharë, përsëri filluan të gjelbërohen. Ako- apo për myslimanët Mekka, kjo është ju tregoj njerzëve në luginën Oberhalbstein ma edhe ne këto ditë, 436 vjet pas shfa- Ziteil për njërzit në Oberhalbstein / GR. mesazhin. Të nesërmen perseri ju shfaq qes së Zojes, besimtarët shtegtojnë në Zi- Vendi më i lartë i pelegrinazhit në Evropë Zoja duke kërkuar përseri pendimin dhe teil dhe i lutën Zotit nëpermjet Zojes (2’434 metra mbi nivelin e detit) është procesionin. Por 18-vjeçaria perseri heshti. Bekuar. në komunen politike Salouf. «Kisha pa ku- Mesazhi u përhap pasi që të tretën herë fij» është takuar me znj Sandra Cipolletta kur Zoja ju dëftua vajzës ishte dëshmitare Fjalet e Zojës janë, sipas Sandra Cipollet- (46) nga Ermatingen dhe foli për dëftimet edhe nëna e 18-vjeçarjës. Qeveria e atë- ta, edhe në kohën tonë aktuale. «Ziteil e Zojes në Ziteil. hershme urdhëroi procesionin me kryq. Te- është një vend i kthimit dhe meditimit.» të ditë më vonë raportuan së një djalë 16- Njërëzit e kanë harruar se çfarë është e Sandra Cipolletta tregon, se dëftimi i Zojes vjeçar perseri kishte te shfaqurit e Zojes rëndësishme në jetë. Sandra Cipolletta Bekuar ndodhi në vitin 1580: «Mesazhi Bekuar. Sandra Cipolletta sqaron: «Këtë dhe familja e saj gjëjnë kohë për njëri-tje- qiellor ishte, që njerzit të pendohen dhe te herë ka theksuar Zoja një kthim të sinqertë trin dhe kalojnë kohë së bashku. «Ziteil bëjnë procesione me Kryq. Kjo porosi i ish- të njërzeve dhe kërkoi më shumë procesio- është për familjen time një vend i mrekul- te drejtuar një vajzës 18-vjeçare nga një ne.» Pasiqe njerëzit e luginës u kthyen tek lëshem. Atje kthehemi në tek Hyji.» grua e vogël e veshur me të bardhë me një Zoti të gjitha mbjellat e atij viti që ishin forumKirche | 16-2016 11
Serie «Ökumene» «Seife, Suppe, Seelenheil» Einblicke in die Heilsarmee Bild: Maria Feck Schlägereien bei Auftritten 1882 kam die Heilsarmee in die Schweiz. Bei den ersten Versammlungen kam es zum Teil zu gewalttätigem Widerstand. Da- her war die Bewegung zu Beginn in man- chen Kantonen verboten. Schliesslich ge- wann sie die Sympathie der Bevölkerung. Sie ist heute für ihre professionelle Arbeit bekannt und betreibt in der Schweiz 34 so- ziale Institutionen, 22 Sozialprojekte wie Mittagstische, Beratungsstellen, 57 Ge- meinden, 22 Brockis, und Projekte zu Mis- sion und Entwicklung. Dazu kommt ein brei- tes Bildungsangebot. Sie beschäftigt rund 1800 Mitarbeitende in verschiedenen Beru- fen. Nur 20 Prozent davon sind auch Kir- chenmitglieder. Ökumenisch ausgerichtet Die Mitarbeitenden der Heilsarmee begegnen Menschen in Not auf Augenhöhe. Die Heilsarmee ist Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz und kantonal sowie lokal enga- Sie begegnet uns bei Brockis, Männerhei- Dabei geht es nicht ums Missionieren. Der giert. Sie arbeitet ausserdem mit unter- men und Kleiderkammern. Ihre Hauptamt- derzeitiger General André Cox betont, er schiedlichen Religionsvertretern zusam- lichen fallen durch dunkelblaue Uniformen würde niemals sagen: «Du musst so den- men. Bei den Sakramenten nimmt sie eine auf. Wer ist diese 150 Jahre alte Freikirche? ken wie wir, sonst unterstützen wir dich Sonderstellung ein: Sie spendet keine. Der nicht. Erst mal rollen wir die Ärmel hoch und Gründer William Booth glaubte, dass viele Meist trifft man ihre Vertreter und Vertrete- helfen. Und vielleicht fühlen die Menschen Christen ihr Heil in Ritualen suchten. Des- rinnen an der Seite von Alkoholkranken, dann etwas von der Wärme und der Liebe, halb beschloss er, Taufe und Abendmahl Prostituierten, Gefangenen, Flüchtlingen die uns motiviert.» Immer gehe es darum, wegzulassen. Es ist den Mitgliedern freige- und Verzweifelten oder bei weihnachtlichen «die Menschen am Rand in die Mitte der stellt, diese in anderen Gemeinschaften zu Feiern für Bedürftige. Eine ihrer Bands hat Gesellschaft und der Kirche zu holen». Cox praktizieren. es auch schon bis in den Eurovision Song wendet sich dabei gegen die Praxis vieler Die Tatsache, dass in der Heilsarmee Glau- Contest geschafft. Die Heilsarmee ist für Christen, «Gott in der Kirche zu loben und ben und Handeln eine Einheit bilden, wirkt Überraschungen gut! Ihr Gründer kam aus die Menschen in ihrem Leid zu vergessen». bis heute anziehend. «Sie muss aber auch ärmlichen Verhältnissen. Der methodisti- immer wieder ihre Konzepte an die aktuel- sche Pfarrer William Booth lebte im Londo- Gleichberechtigte Frauen len Nöte anpassen. So nutzt das Sozial- ner East End und war erschüttert über das Die Heilsarmee ist wie eine Armee aufge- werk der Heilsarmee neben den bekannten Elend in den Slums. 1865 gründete er mit baut, an ihrer Spitze steht ein General oder Begriffen ‹Suppe, Seife, Seelenheil› auch Freiwilligen aus verschiedenen Kirchen die eine Generalin. Frauen waren von Beginn die Worte Sicherheit, Selbstwert und Sinn», Bewegung, die sich ab 1878 offiziell «Die weg gleichberechtigt, auch in der Predigt. erklärt Mori. Heilsarmee» nannte. Deren Auftrag fasste Die uniformierten Mitglieder (Heilssoldaten er mit dem legendären Slogan «Seife, Sup- und Offiziere) verpflichten sich, nach christ- Christiane Faschon pe, Seelenheil» zusammen: Für ihn und lichen Massstäben zu leben, auf Alkohol, seine Frau Catharine ging es darum, die Tabak, Drogen, Pornografie und übermässi- Nöte der Menschen zu lindern und den Ar- ge Medikamenteneinnahme zu verzichten. men mit christlichem Glauben und sozialer Sie engagieren sich aktiv in der sozialen Zahlen und Fakten Nächstenliebe zu helfen. und verkündigenden Tätigkeit. Offiziere • Die Heilsarmee ist in 127 Ländern tätig sind ausgebildete Geistliche. und hat etwa 1,7 Millionen Mitglieder. Zuerst Unterstützung Man passt sich aber auch an: «Die Heilsar- • In 15’765 Gemeinden, rund 1’900 Paul Mori, Sonderbotschafter der Heilsar- mee verhält sich so, dass sie in den jeweili- Schulen, 3’600 Sozialinstitutionen, 21 mee, betont: «Es gibt zwei Türen, durch die gen Ländern nicht als Exotin auftritt, son- Spitälern und 202 Gesundheitszentren Menschen Zugang zur Heilsarmee erhalten: dern als eine Bewegung, die einerseits beschäftigt sie rund 17’100 Offiziere Wer einen seelsorgerlichen Rat will, be- Farbe bekennt, gleichzeitig aber Teil der je- und 110’000 Angestellte. kommt diesen und wer Hunger hat, be- weiligen Gesellschaft ist», sagt Mori. So • Sie ist in Schaffhausen und an sechs kommt etwas zu essen. Manchmal brau- sind die Uniformen je nach Region und Kli- Orten im Thurgau tätig. chen hilfesuchende Menschen beides.» ma unterschiedlich. 12 forumKirche | 16-2016
Thurgau Von der Vielfalt der Erzählkultur Dem Kamishibai als Erzähltheater auf der Spur Biblische Geschichten können nicht nur sich damit schon selber. Anfangs des 20. Freude an dieser Art des Erzählens, indem erzählt oder durch Bilderbücher veran- Jahrhunderts fuhren Süsswarenhändler auf sie riefen: Das ist ja wie im Kino! Ausser- schaulicht werden. Das japanische Erzähl- ihren Fahrrädern durch Städte und Dörfer. dem haben die Kinder und Jugendlichen theater Kamishibai eignet sich dafür eben- Im Gepäck hatten sie nicht nur Schlecke- die Möglichkeit, sich durch selbstgemalte so. Am 7. September bietet die Fachstelle reien, sondern auch leichte, robuste und oder -gestaltete Bilder sowie Fotos einzu- Katechese eine Weiterbildung an. transportfähige Holzrahmen, z. B. für A3- bringen und an der Geschichte teilzuhaben Bilder, in die aus Papier gefertigte Bilder oder ihre eigene Geschichte zu gestalten «Geschichten zu erzählen ist etwas vom Ur- geschoben wurden. Damit erzählten sie und zu erzählen. Vom Alter her spricht das tümlichsten, das wir haben», sagt Barbara Geschichten und verdienten ihren Lebens- Kamishibai mit seinen Möglichkeiten kleine Schicker Fischer. Sie muss es wissen, ist unterhalt durch den Verkauf der Süssigkei- Kinder ab vier Jahren, Oberstufenschülerin- sie doch Ressortleiterin der Mediothek der ten. Mit dem Aufkommen des Fernsehers nen und -schüler und auch Erwachsene katholischen Landeskirche des Kantons verlor diese Erzählkultur an Attraktivität, gleichermassen an. «Erzählen ist eine Thurgau und Katechetin. Erzählungen seien fand in den späten 70er-Jahren hingegen Kunst», sagt Barbara Schicker. Dazu leistet lebenswichtig und hätten bereits vor dem den Weg nach Europa und die USA. Was das Kamishibai einen wichtigen Beitrag: Schriftlichen existiert. So sei auch gewähr- Barbara Schicker am Kamishibai schätzt, ist Zusammen mit ansprechenden Bildern im leistet gewesen, dass Kultur erhalten bleibt die Konzentration und die Fokussierung, die Holztheater, den Zuhörenden, der erzählen- und Traditionen weitergegeben werden, sagt das Theater ermöglicht. Im Mittelpunkt den Person und der entsprechenden Erzähl- Schicker. Biblische Geschichten bezeichnet steht immer ein Bild, gehalten und gerahmt Atmosphäre ergebe sich daraus ein «Ge- sie als Urgestein des christlichen Glaubens. durch das Theater. Es sei ideal, da ein Bild samtkunstwerk». Inzwischen können in der Es sind Geschichten von dem einen, der auch länger stehen bleiben könne. Das Mediothek zwei Kamishibais und eine Aus- selbst Geschichten erzählt hat. Damit Er- Kamishibai ermögliche bildgestütztes Erzäh- wahl an Bildkartensets ausgeliehen wer- zählen gelingt, muss man sich das Zielpubli- len, unterstütze und fördere so auch die den. Doch egal, auf welche Art und mit wel- kum vor Augen halten, und die Geschichte Sprache der Kinder, sagt sie dazu. chen Mitteln laut Schicker eine Geschichte muss von der erzählenden Person verinner- erzählt wird, gilt: Jede Geschichte hat eine licht werden. Ebenso ist auf eine Erzähl- Wie im Kino Botschaft, die ankommen will. Atmosphäre zu achten, z. B. mithilfe eines Der anfänglichen Zurückhaltung Schickers Rituals (Erzählstuhl, Klangschale usw.). gegenüber der ungewohnten Erzählart ist Claudia Koch schnell eine grosse Akzeptanz gefolgt. Die Hören und nacherzählen Kinder bestätigten ihr ihr Interesse und ihre ■ Nähere Infos zum Kurs auf Seite 14. Es gibt unterschiedliche Methoden, eine biblische Geschichte zu erzählen. Die «klas- Bild: Claudia Koch sische» Variante ist das Erzählen aus der Bibel. Bei dieser Methode stehen das ge- sprochene Wort, das Hören, die Stimme, an erster Stelle. Es mache einen Unterscheid, ob man selber erzähle oder die Geschichte via Tonträger abspiele, so Schicker. Beim Erzählen hat man die Möglichkeit, bestimm- te Szenen oder Personen hervorzuheben. Biblische Bilderbücher können das Erzählte unterstützen. Bei allen Methoden ist es der erfahrenen Katechetin wichtig, dass die Kinder die Geschichte mit eigenen Worten nacherzählen. Hier zeigt sich, was den Kin- dern wichtig ist, wie sie etwas verstanden haben, wie sie sich etwas vorstellen. Denn es ist schon passiert, dass die Jün- ger Jesu als Jungs bezeichnet wurden oder dass Jesus seine Jünger für das letzte Abendmahl in ein Restaurant einlud. Konzentration und Fokussierung Aus Japan kommend gibt es eine Erzähl- technik, die sich auch für biblische Ge- schichten sehr gut eignet: Das Kamishibai. Das Wort setzt sich zusammen aus «Kami» = Papier und «shibai» = Theater und erklärt Kamishibai eignet sich sehr, um biblische Geschichten zu erzählen. forumKirche | 16-2016 13
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