Die Internationale Arbeitsorganisation und der Kakaosektor Das Beispiel Ghana - SÜDWIND-Institut Autor: Friedel Hütz-Adams - Südwind

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Die Internationale Arbeitsorganisation und der Kakaosektor Das Beispiel Ghana - SÜDWIND-Institut Autor: Friedel Hütz-Adams - Südwind
Herausforderungen für einen nachhaltigen Kakaosektor
               Challenges for a sustainable cocoa sector
                           20. Juni 2018, Köln

Die Internationale Arbeitsorganisation und der Kakaosektor
                    Das Beispiel Ghana

  SÜDWIND-Institut
  Autor: Friedel Hütz-Adams
Die Internationale Arbeitsorganisation und der Kakaosektor Das Beispiel Ghana - SÜDWIND-Institut Autor: Friedel Hütz-Adams - Südwind
Überblick

• ILO-Übereinkommen
• Beschäftigte
• PächterInnen
• Kinderarbeit
• Arbeitsaufsicht
• Empfehlungen
ILO-Übereinkommen

100 Jahr alte Ziele

 „Der Weltfriede kann auf die Dauer nur auf sozialer
 Gerechtigkeit aufgebaut werden.
 Nun bestehen aber Arbeitsbedingungen, die für eine
 große Anzahl von Menschen mit so viel Ungerechtigkeit,
 Elend und Entbehrungen verbunden sind, dass eine
 Unzufriedenheit entsteht, die den Weltfrieden und die
 Welteintracht gefährdet. Eine Verbesserung dieser
 Bedingungen ist dringend erforderlich.“

 aus: Präambel der Verfassung der Internationalen
 Arbeitsorganisation (1919)
ILO-Übereinkommen
Warum Kakao?
ILO-Übereinkommen

Ghana is cocoa – cocoa is Ghana

• Rund 800.000 Haushalte bauen auf 2 Mio. Hektar Kakao an
   • 5 Personen pro Haushalt
   • Rund 4 Mio. Menschen direkt teilweise / weitgehend von
     Kakaoanbau abhängig
• Zudem
   • Temporäre Arbeitskräfte
   • HändlerInnen von Kakaobohnen, Dünger und Pestiziden
   • Beschäftigte in den Sektoren Transport, Lagerung,
     Finanzdienstleistungen etc.
ILO-Übereinkom-
men
ILO-Übereinkom-
men
ILO-Übereinkommen
ILO-Übereinkommen
 Berechnung existenzsichernder Einkommen
 nach Anker/Anker

Nach: Khan, M.E. et al. 2016: 18
ILO-Übereinkommen

Ansätze zur Berechnung fairer Preise

Nach: Bronkhorst 2016: 4
Beschäftigte

Ghana: viele Arbeitskräfte

• Selbst Kleinbäuerinnen und –bauern heuern Arbeitskräfte an
• Befragung 2011: 71 % der Bäuerinnen und Bauern hatten im
  Jahr zuvor Beschäftigte, meist kurzzeitig
  (Hainmueller/Hiscox/Tampe 2011: 30)
• Erhebung 2015: 80 % hatten Beschäftigte
   • Stark angefragt: Hilfe beim jäten von Unkraut und der
     Ernte (Selten 2015: 25-27).
• Farmen 1,65 Hektar: 139 Arbeitstage je ha, 48 % durch
  Beschäftigte
• Farmen 10,12 Hektar: 35 Tage je ha, 67 % durch Beschäftigte
  (Kolavalli/Vigneri 2017: 20)
Beschäftigte

Status der Beschäftigten

• Meist kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse: 2012 hatten 38
  % der männlichen Beschäftigten Vertrag für Saison / 10 % der
  Frauen (Nelson et al. 2013: 69)
• Hintergrund:
   • 1. FarmbetreiberInnen, die manchmal selbst als
     LohnarbeiterInnen für andere arbeiten,
   • 2. Arbeitskräfte, die nebenher noch eine Kakaoplantage
     betreiben,
   • 3. Arbeitskräfte, die selber keinen Kakao anbauen (Waarts
     et al. 2015: 24)
• Zudem: Nnoboa: Arbeitsteilung in Gruppen
Beschäftigte

Arbeitskräftemangel?

• 5,2 % der Bevölkerung gelten als arbeitslos
• 47 % sind unterbeschäftigt (42,1 % der Männer / 51,5 % der
  Frauen (Ghana Statistical Service 2014: 42).
• Rund ein Viertel der Kinder im Alter von 5 - 14 Jahren ist
  ökonomisch aktiv
   • Davon 78 % im Agrar- und Fischereisektor (Ghana
     Statistical Service 2014: XI).
• Bäuerinnen und Bauern klagen über Arbeitskräftemangel
   • Müssten mehr zahlen, um Arbeitskräfte anzulocken
   • Limitierender Faktor der Lohnhöhe sei der Preis von Kakao
     (ICI 2016: 32-34).
   • Existenzsichernde Löhne erfordern existenzsichernde
     Einkommen
Beschäftigte
Übereinkommen 131 über Festsetzung
von Mindestlöhnen (1970)

Artikel 3
…. zu beachten:
a) die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und ihrer
Familienangehörigen unter Berücksichtigung der allgemeinen
Höhe der Löhne in dem betreffenden Land, der
Lebenshaltungskosten, der Leistungen der sozialen Sicherheit und
des vergleichbaren Standes der Lebenshaltung anderer sozialer
Gruppen;
b) wirtschaftliche Gegebenheiten, einschließlich der Erfordernisse
der wirtschaftlichen Entwicklung, der Produktivität und des
Interesses daran, einen hohen Beschäftigungsstand zu erreichen
und aufrechtzuerhalten (ILO 1970).
Beschäftigte

Frauen schlechter bezahlt

• Einkommen von Tagelöhnerinnen sind geringer als die der
  Männer
• 2014: Tageslohn männliche Beschäftigte 7,49 GHS (damals
  5,35 US-Dollar), weibliche Beschäftigte erhielten 4,44 GHS
  (3,17 US-Dollar) (Nelson et al. 2013: 68)
• Niedrigere Bezahlung von Frauen weit verbreitet:
   • Männer im ländlichen Agrarsektor: 1,36 GHS (0,63 US-
     Dollar) pro Stunde
   • Frauen lediglich 0,33 GHS (0,15 US-Dollar)
   • Agrarsektor deutlich unter dem landesweiten
     Durchschnittslohn von 1,82 GHS (0,84 US-Dollar) (GLSS 6
     2014: 32)
Beschäftigte
Übereinkommen 100: Gleichheit des
Entgelts (1951)

Art. 2:
1. Jedes Mitglied hat mit den Mitteln, die den bestehenden
Verfahren zur Festsetzung der Entgeltsätze entsprechen, die
Anwendung des Grundsatzes der Gleichheit des Entgelts
männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit
auf alle Arbeitnehmer zu fördern und, soweit es mit diesen
Verfahren vereinbar ist, sicherzustellen (ILO 1951).
Beschäftigte

Niedriger Organisierungsgrad

• Aufbau starker Organisationen könnte helfen, höhere Löhne
  durchsetzen
   • Nur Bruchteil der ländlichen Arbeitskräfte organisiert
   • Ohne gezielte Unterstützung insbesondere durch staatliche
     Stellen kaum Fortschritte möglich
• Bäuerinnen und Bauern brauchen ebenfalls Organisationen, um
  ihre Verhandlungsmacht zu stärken
   • Preise haben großen Einfluss auf existenzsichernde
     Einkommen und Löhne
Beschäftigte
Übereinkommen 141 über Verbände
ländlicher Arbeitskräfte (1975)

Art. 2
1. Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck
„ländliche Arbeitskräfte" alle in der Landwirtschaft, im Handwerk
oder in verwandten Berufen in ländlichen Gebieten tätige
Personen, gleichviel ob sie Lohnempfänger sind oder, nach
Maßgabe von Absatz 2 dieses Artikels, selbständig erwerbstätig
sind, wie etwa Pächter, Teilpächter oder Kleinlandwirte (ILO
1975).
PächterInnen

Abunu

• Bäuerinnen und Bauern erhalten Land für Kakaoplantage
   • 4 – 10 Jahre Aufbauarbeit ohne Lohn
• Entlohnung: 50 % der Fläche
   • Bei Start zusätzlich kleinere Zahlungen oder Geschenke
   • Oft 0,2 - 1,5 Hektar
• Abunu-PächterInnen verlassen sich meist auf Arbeitskräfte aus
  Familie
• Viel Spielraum, doch Aufsicht der LandbesitzerInnen
PächterInnen

Abusa

• Abgabe von bis zu 2/3 der Ernte an LandbesitzerInnen, die
  Plantage und teilweise Inputs stellen
• Feste Abgaberate unabhängig vom Ernteertrag!
• Manchmal Mischform mit Abunu und Landübergaben möglich

(Do Didi (weed to eat)
• Bewirtschaftung von Plantage gegen Erlaubnis, Nahrungsmittel
  zusätzlich anzubauen)
PächterInnen

Verbreitung? Höhe der Pacht?

• Statistisches Amt (2014):
   • 8 % der Haushalte Abunu-System / 3 % Abusa-System
• Studien:
   • 66 % arbeiten auf eigenem Land, 25 % PächterInnen / 9 %
     Land der Familie (Waarts et al. 2015: 18).
   • 22,7 % in Abunu-System / 14,5 % mit Abusa-System
     (Asamoah/Owusu-Ansah 2017: 16)
       • 20,3 % mussten 50% / 10,3 % mussten 66 % / 6 %
         mussten 33 % abgeben (Asamoah/Owusu-Ansah 2017:
         16).
PächterInnen
Empfehlung 132 Lebens- und Arbeitsbedin-
gungen Pächtern, Teilpächtern, ähnlichen
Gruppen landwirtschaftlicher Arbeitskräfte

Definition der betroffenen Haushalte:
„landwirtschaftliche Arbeitskräfte, die
    a) einen festen Pachtzins in Form von Bargeld, Naturalien,
    Arbeit oder in einer Verbindung dieser Formen leisten,
    b) einen Pachtzins in Form von Naturalien leisten, der in einem
    vereinbarten Anteil am Ertrag besteht,
    c) durch einen Anteil am Ertrag entlohnt werden (….),
    soweit sie das Land selbst oder mit Hilfe ihrer
    Familienangehörigen bestellen oder, innerhalb der von der
    innerstaatlichen Gesetzgebung vorgeschriebenen Grenzen, die
    Hilfe anderer Personen in Anspruch nehmen.“
PächterInnen
Empfehlung 132 Lebens- und Arbeitsbedin-
gungen Pächtern, Teilpächtern, ähnlichen
Gruppen landwirtschaftlicher Arbeitskräfte

Empfehlung zur Bemessung eines Pachtzinses der:
        i) dem Bewirtschafter eine Lebenshaltung ermöglicht, die
        mit der Menschenwürde vereinbar ist;
        ii) jeder der beteiligten Parteien einen gerechten und
        angemessenen Erlös sichert; (….)
c) unter gewissen Umständen, z.B. bei erheblichen Schwankungen
des Bodenwertes, der Erträge und der Preise, eine Anpassung des
Pachtzinses vorzunehmen;
d) die Zahlung des Pachtzinses zu stunden und diesen, falls die
Umstände es erfordern, herabzusetzen, wenn das Pachtgut von
einer Mißernte oder anderen Katastrophen betroffen wird, die auf
natürliche Ursachen zurückzuführen sind (…) (ILO 1968).
Kinderarbeit

Kinderarbeit

• Kinderarbeit weit verbreitet (Tulane University 2009 und 2015;
  Republic of Ghana 2008; Upton/Asuming-Brempong 2009)
• Rund 1 Mio. Kinder betroffen
• Armut wichtige Ursache: Eltern wollen Kinder in die Schule
  schicken
Kinderarbeit

Übereinkommen 138 über Mindestalter

• „verbietet generell die Beschäftigung von Kindern, die jünger
  als 13 Jahre sind. Entwicklungsländer können
  Ausnahmeregelungen erlassen und die Arbeit nur für Kinder
  verbieten, die jünger als 12 Jahre sind;
• erlaubt unter bestimmten Bedingungen leichte Arbeit für 13- bis
  15-Jährige. In Entwicklungsländern kann dies schon für
  12-Jährige gelten. Als „leicht“ gilt eine Arbeit, wenn diese
  einen geregelten Schulbesuch nicht behindert und weder
  für die Gesundheit noch die Entwicklung schädlich ist;
• verlangt als Mindestalter für eine Vollzeitbeschäftigung 15
  Jahre, wobei Entwicklungsländer auch 14 Jahre als Mindestalter
  gesetzlich festsetzen können;
• verbietet auch für 15- bis 18-Jährige alle Arbeiten, die für die
  Gesundheit, Sicherheit oder Moral der Jugendlichen gefährlich
  sein könnten“ (ILO 1973).
Kinderarbeit
Übereinkommen 182 über schlimmste
Formen der Kinderarbeit

Verlangt „die sofortige Abschaffung von
• Sklaverei, Sklaverei-ähnlicher Zwangsarbeit und
  Zwangsrekrutierung von Kindern als Soldaten;
• Kinderprostitution und Produktion von Kinderpornografie;
• dem Einsatz von Kindern in illegalen Bereichen (z. B.
  Drogenhandel);
• Arbeit, die der Gesundheit, Sicherheit oder Moral schadet“ (ILO
  1999).
Arbeitsaufsicht
Übereinkommen 129 über die
Arbeitsaufsicht in der Landwirtschaft

Artikel 4:
Die Arbeitsaufsicht in der Landwirtschaft hat alle
landwirtschaftlichen Betriebe zu erfassen, in denen Arbeitnehmer
oder Lehrlinge beschäftigt sind, ohne Rücksicht auf die Form ihrer
Entlohnung und die Art, Form oder Dauer ihres Vertrags (ILO
1969).
Empfehlungen

Empfehlungen

• Empfehlung an die Regierung Ghanas: Konsequente Umsetzung
  der ILO-Übereinkommen
• Empfehlung an die ILO: Empfehlung 132 sollte Übereinkommen
  werden
• Empfehlung an die Unternehmen: Verantwortung übernehmen
• Empfehlung an alle: Konsequenzen aus dem Scheitern
  freiwilliger Ansätze ziehen und gesetzliche Vorgaben einfordern
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
        huetz-adams@suedwind-institut.de

             www.suedwind-institut.de

 SÜDWIND e.V. - Institut für Ökonomie und Ökumene
    Kaiserstrasse 201, 53113 Bonn, Germany
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