Digitaler Aufbruch im Handwerk - Eine Untersuchung zum Weiterbildungsbedarf des Lehrpersonals in den Bildungszentren
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Digitaler Aufbruch im Handwerk Eine Untersuchung zum Weiterbildungsbedarf des Lehrpersonals in den Bildungszentren
Digitaler Aufbruch im Handwerk Hintergrund und Zielsetzung der Studie Die vorliegende Untersuchung ist im Rahmen des Im InnoVET-Projekt1 ProNet Handwerk (Pro- Projekts „ProNet Handwerk“ entstanden (s. Infokas- jektlaufzeit: 01.10.2020-30.09.2024) werden ten). ProNet Handwerk steht für Professionalisierung innovative Fortbildungen entwickelt, die und Vernetzung im Handwerk und wird als InnoVET- praxisbezogen und auf die Bedürfnisse des Projekt1 vom Bundesministerium für Bildung und For- Handwerks zugeschnitten, neue Karriere- schung gefördert. Ein wichtiger Baustein des Projekts wege für Fach- und Führungskräfte bieten. ist die Entwicklung eines bedarfsgerechten Weiterbil- Die Teilnehmenden lernen, gewerkeüber dungsprogramms für Dozierende und Lehrmeister*in- greifende Projekte zum energieeffizienten nen2 im Handwerk. Es soll das Lehrpersonal in der und nachhaltigen Bauen zu steuern, die betrieblichen, über- bzw. außerbetrieblichen Aus- und erforderlichen Gewerke in der Planung und Weiterbildung unterstützen, wenn es neuen Herausfor- auf der Baustelle zu koordinieren und die derungen im Unterrichtsalltag begegnet, insbesondere Aufgaben in den Schnittstellen der Gewerke bei dem Einsatz digitaler Medien. zu übernehmen. Das Bildungspersonal ist die zentrale Antriebskraft innerhalb dieses Die Daten der durchgeführten Bedarfsanalyse geben Auf- Wandels im Handwerk. Mit einem bedarfs- schluss über die bisherige Verwendung digitaler Medien gerechten Weiterbildungsprogramm zielt das in den Bildungszentren3 des Handwerks sowie über Wün- Projekt darauf ab, das Lehrpersonal insbe- sche und Einstellungen zu digital gestützter Aus-, Fort- sondere im digitalen Bereich der Unterrichts- und Weiterbildung im Handwerk aus der Perspektive der entwicklung zu unterstützen. Bildungsverantwortlichen und des Lehrpersonals. Für das Projekt ProNet Handwerk geben die Ergebnisse Orientie- rung für künftige Formate und Inhalte von Angeboten. Vier wesentliche Bausteine umfasst das Verbundprojekt: Die COVID-19-Pandemie als Zäsur Modulare, gewerkeüber greifende Fortbildungen in der Aus- und Weiterbildung eCampus Handwerk Die vorliegende Bedarfsanalyse fiel zeitlich in die drit- te Welle der COVID-19-Pandemie in Deutschland (vgl. Deutsches Ärzteblatt 2021). Der durch die Pandemie Prüfungssoftware ausgelöste tiefgreifende Einschnitt in den Bildungsbe- reich muss bei der Betrachtung der Ergebnisse berück- Weiterbildungsprogramm sichtigt werden. Die Pandemie zwang das Lehrpersonal für das Bildungspersonal in den Distanzunterricht und wirkte dadurch wie ein Ka- talysator für die Digitalisierung von Lernangeboten. Es war der Anstoß für eine Neuordnung der gesamten Bil- dungsbranche, die noch nicht abgeschlossen ist. 1 InnoVET ist der Innovationswettbewerb des Bundesministeriums für Die Digitalisierung war bereits vor der COVID-19-Pan- Bildung und Forschung (BMBF) für eine exzellente berufliche Bildung. demie ein wichtiges Thema im Diskurs der Weiterbildung 2 Dozierende und Lehrmeister*innen werden im vorliegenden (vgl. Rohs, Pietraß & Schmidt-Hertha 2020). Digitales Ergebnisbericht unter den Begriffen „Lehrpersonen“, „Lehrpersonal“ oder „Dozierende“ zusammengefasst. Lernen war vor Corona jedoch die Ausnahme und digita- le Medien dienten als organisatorische Instrumente, um 3 Die Bildungszentren der vorliegenden Bedarfsanalyse umfassen zu einem Großteil die staatlich geförderten überbetrieblichen sich über Bildungsangebote zu informieren, eine Veran- Berufsbildungsstätten (ÜBS) der Handwerkskammern und wenige staltung zu buchen oder sich über das Internet zu einem Bildungszentren unter gemeinnütziger Trägerschaft (gGmbH) oder Angebot beraten zu lassen (vgl. BMBF 2020, S. 17). aus der Privatwirtschaft. Seite 2
Digitaler Aufbruch im Handwerk Zahlreiche Untersuchungen bescheinigen Deutschland Die ÜBS werden in den Handwerkskammern u. a. als im internationalen Vergleich erhebliche Mängel beim Bildungszentren, Akademien oder Technologiezentren Einsatz digitaler Technologien, auch mit Blick auf die bezeichnet. Weiterbildungslandschaft (u. a. BMWi 2021, Eickelmann et al. 2019, Schmid et al. 2018). Seit 2016 fördert das BMBF mit dem „Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung“ die Fortentwicklung beruflicher Bil- Die besuchten Weiterbildungskurse in Deutschland wa- dung und reagiert damit auf die Veränderungen in einer ren laut Adult Education Survey (AES) 2018 zu 78 % digitalisierten Arbeitswelt. Ausgewählte ÜBS sollen bun- reine Präsenzveranstaltungen (vgl. BMBF 2020, S. 19). desweit zu Kompetenzzentren mit unterschiedlichen fach- Es ist davon auszugehen, dass sich bis zum Beginn der lichen Schwerpunkten weiterentwickelt werden. Langfristig COVID-19-Pandemie daran nicht viel geändert hat. Ein sollen die Kompetenzzentren ein „Netz von zeitgemäßen, Verbot von Präsenzveranstaltungen war im März 2020 nachfrageorientierten Bildungsdienstleistern“ (BMBF Teil eines umfangreichen Maßnahmenpakets, das Bund 2021, Überbetriebliche Berufsbildungsstätten) bilden. und Länder beschlossen, um die Pandemie einzudäm- men (vgl. Bundesregierung 2020). Es kam zu einem er- Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ver- heblichen Digitalisierungsschub und zu einer kurzfristi- öffentlichte Bekanntmachung „Förderung der digitalen Aus- gen Umstellung auf Online-Unterricht (vgl. BMWi 2021). stattung in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) Diese rasante Entwicklung betraf auch die Bildungsstät- und Kompetenzzentren“ vom 3. August 2018 erweitert die ten im Handwerk und sie ist ein Beispiel dafür, „dass Förderung des o. g. „Sonderprogramm[s] ÜBS-Digitalisie- eine bedrohliche Krise immer auch ein massiver Lern- rung“ nun auch für den Bereich Fort- und Weiterbildung. anlass ist“ (Gnahs 2021, S. 12). Die Höhe des Zuschusses aus Mitteln des Bundes liegt bei 90 % der förderfähigen Ausgaben (vgl. BMWi 2018). Förderung von überbetrieblichen Berufsbildungsstätten Forschungsdesign und methodisches Vorgehen Die Online-Umfragen und Telefongespräche der Bedarfs- analyse wurden zu einem Großteil mit Bildungsverantwort- Die vorliegenden Ergebnisse beruhen erstens auf Daten lichen und Lehrpersonal aus den überbetrieblichen Bil- halbstrukturierter, leitfadengestützter Telefongespräche dungsstätten (ÜBS) des Handwerks durchgeführt. Träger mit Bildungsverantwortlichen aus den Bildungszentren der ÜBS im Handwerk sind die Handwerkskammern sowie der Handwerkskammern und Fachverbände und zwei- die Kreishandwerkerschaften und Innungen. Die Träger der tens auf Daten einer standardisierten Online-Umfrage ÜBS werden gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) dauer- unter Bildungsverantwortlichen und Dozierenden aus haft vom Bundesbildungsministerium und vom Bundes- eben diesen Bildungszentren. wirtschaftsministerium gefördert (vgl. BMBF 2021, Über- betriebliche Berufsbildungsstätten). Die kontaktierten Bildungsverantwortlichen besetzen unterschiedliche Positionen in den Bildungszentren, z. B. Die ÜBS sind in der dualen Ausbildung neben den Be- Bildungszentrumsleitungen, (Fach-)Abteilungsleitungen trieben und den Berufsschulen ein dritter Lernort und oder medienpädagogische Fachleute. stellen zusätzlich die Qualifizierung in der Fort- und Wei- terbildung sicher. Die ÜBS ergänzen die Ausbildung in Die in der Online-Umfrage befragten Lehrpersonen sind kleinen und mittleren Unternehmen durch praxisnahe freiberufliche (56 %) oder festangestellte (41 %) Dozieren- Lehrgänge. Wenn Betriebe digitale Inhalte aufgrund feh- de. Die übrigen 3 % sind ehrenamtlich lehrend tätig oder lender Ressourcen nicht abbilden können, werden sie Lehrpersonal, das keine Zuordnung vorgenommen hat. ebenfalls durch die ÜBS ergänzt, indem innovative Tech- Die befragten Lehrpersonen verbringen durchschnittlich nik angeschafft wird und Lernszenarien – auch digitale betrachtet mehr Unterrichtszeit in der Fort- und Weiterbil- – weiterentwickelt werden. Fachkräften werden auf diese dung (68 %) als im Bereich der Ausbildung (32 %). Weise digitale Kompetenzen vermittelt (vgl. BIBB o. D.). Seite 3
Digitaler Aufbruch im Handwerk Bedarfsanalyse in zwei Schritten Methode Halbstrukturiertes, Standardisierte Online-Umfrage leitfadengestütztes Telefongespräch Stichprobe 36 Bildungsverantwortliche 42 Bildungsverantwortliche 235 Lehrpersonen Handwerksorganisation 32 Handwerkskammern 23 Handwerkskammern 25 Handwerkskammern 4 Zentralfachverbände 1 Zentralfachverband 3 Zentralfachverbände Regionale Verteilung 14 Bundesländer 12 Bundesländer 13 Bundesländer Erhebungszeitraum Dezember 2020 bis Februar und März 2021 Februar und März 2021 März 2021 Auswertungsverfahren Thematisches Kodieren Deskriptive Analyse mit Deskriptive Analyse mit und Ermittlung absoluter relativen Häufigkeiten der relativen Häufigkeiten der Häufigkeiten kategorialen Variablen und kategorialen Variablen und Mittelwerten der diskreten Mittelwerten der diskreten und stetigen Variablen und stetigen Variablen Abbildung 1: Vorgehensweise in der Bedarfsanalyse Deutschlandweit gaben 36 Bildungsverantwortliche in chen von positiven Erfahrungen (13 Nennungen) trotz Telefongesprächen Antworten auf zwölf Leitfragen zur der plötzlichen Umstellung des Seminarangebots auf technischen Ausstattung in den Bildungszentren, zum Online-Unterricht: „Digitale Lernangebote wurden von Einsatz digitaler Medien im Unterricht, zur aktuellen den Lernenden besser angenommen als gedacht“, und: Weiterbildungssituation und zum bestehenden Weiter- „Auf ILIAS wollen wir nicht mehr verzichten.“ Auch im bildungsbedarf. Zu den gleichen Themen gaben 42 Bil- Hinblick auf Bildungszentren in ländlichen Regionen dungsverantwortliche und 235 Lehrpersonen Auskunft wurden positive Erfahrungen gesammelt, die aufgrund auf Basis einer zielgruppenspezifischen Online-Umfrage eines neu entstandenen Online-Angebots eine Zunah- (vgl. Abb. 1). me an Teilnehmendenzahlen verzeichnen konnten. Wei- terbildungsangebote, die aufgrund von zu geringen Teil- In den leitfadengestützten Telefongesprächen hatten die nehmendenzahlen hätten abgesagt werden müssen, Bildungsverantwortlichen die Gelegenheit, sich zu unter- konnten virtuell durchgeführt werden. Es zeigte sich da- schiedlichen Aspekten frei und zum Teil auch über Frage- durch ein perspektivisches Umdenken und der Wunsch stellungen hinaus zu äußern. Das bedeutet, dass bei der nach einem langfristigen Online-Angebot: „Wir haben Betrachtung und Interpretation der Nennungen berück- hier sehr ländliche Regionen. Das bedeutet, dass An- sichtigt werden muss, dass sich nicht alle Befragten zu fahrten langwierig und schwierig sein können. Online- den gleichen bzw. zu jedem Aspekt geäußert haben. Weiterbildungen könnten das auffangen (…).“ Sieben Bildungsverantwortliche machten in den Tele- Erfahrungen mit digitalen fongesprächen deutlich, dass Präsenzangebote von Lernangeboten Dozierenden im Ausbildungsbereich bevorzugt werden. Vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Entwick- „Für das Handwerk hat der Einsatz digitaler Medien lung berichteten die Bildungsverantwortlichen aus den seine Grenzen.“ Auszug aus Telefongespräch mit Bildungsverantwortlichen Bildungszentren des Handwerks in den Telefongesprä- Seite 4
Digitaler Aufbruch im Handwerk Das hinge damit zusammen, dass praktische Übungen Die Bildungsverantwortlichen erklärten in den Telefon- oftmals nur in Übungs- und Funktionsräumen erteilt und gesprächen, dass das gewählte Unterrichtsformat und die Inhalte von den Teilnehmenden nur in Präsenz er- die eingesetzten digitalen Medien in Abhängigkeit vom lernt werden können. Unterrichtsinhalt und auch Gewerk stehen. „Die Ausbildung kann nicht digital vermittelt werden In beiden Online-Umfragen, sowohl unter den Bildungs- – auf meinen konkreten Fall bezogen: Man muss verantwortlichen als auch unter den Dozierenden, wur- die Steine in der Hand haben. Am Tablet oder PC den der Zugang zu, die Nutzung von und die Sicherheit kann man diese taktilen Fertigkeiten, die man in im Umgang mit insgesamt 18 verschiedenen digitalen unserem Beruf braucht, nicht vermitteln (…).“ Medien abgefragt. Auszug aus Online-Umfrage unter Dozierenden Laut Online-Umfrage unter den Bildungsverantwortli- chen sind in den Bildungszentren der Handwerkskam- Einsatz digitaler Medien mern und Fachverbände zu einem Großteil Beamer im Unterricht (95 %), digitale Endgeräte für Dozierende (90 %) und Smartboards (88 %) vorhanden. Somit gehören sie zur Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Standardausstattung. 75 % der Befragten gaben an, Medien im Unterricht sind die technische Infrastruktur dass ein Lernmanagementsystem (LMS) zur Verfügung und medienpädagogische Kenntnisse des Lehrperso- steht, und 70 % der Befragten bieten ihrem Lehrpersonal nals (u. a. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kul- einen Zugang zu Dokumentenkameras. tusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutsch- land [KMK] 2016, S. 29 sowie S. 49). 26 der insgesamt Wenige Bildungszentren bieten ihren Dozierenden die 36 befragten Bildungsverantwortlichen gaben in den Möglichkeit der Verwendung von Selbstlernprogram- Telefongesprächen an, dass ihr Bildungszentrum über men (25 %), Mobile Learning (13 %), Social-Media-An- eine moderne Ausstattung verfüge und auf dem neu- wendungen (13 %), Game-based Learning (3 %), Lear- esten Stand der Technik sei, zum Teil auch mit dem di- ning Nuggets (3 %), digitalem Audiomaterial (3 %) und rekten Hinweis auf eine in Anspruch genommene För- AR-Anwendungen (3 %). VR-Anwendungen bilden die derung durch das BMBF. Schlusslichter unter den digitalen Medien und sind in keinem der befragten Bildungszentren zugänglich. 74 % der befragten Bildungsverantwortlichen gaben in der Online-Umfrage an, dass die Internetverbindung in „Es kommt alles zum Einsatz, was es zurzeit auf dem ihrem Bildungszentrum eher gut oder sehr gut ist. Die Markt der digitalen Medien gibt.“ Dozierenden sehen Verbesserungspotenzial: Nur 46 % Auszug aus Telefongespräch mit Bildungsverantwortlichen von ihnen bewerten die Internetverbindung als eher gut oder sehr gut. Trotzdem gaben immerhin 69 % der Do- Für den Unterricht kommen bei 83 % der befragten Do- zierenden und 89 % der Bildungsverantwortlichen an, zierenden digitale Endgeräte für Lehrende, wie z. B. PC, dass der Einsatz von digitalen Medien in der Aus-, Fort- Laptop und/oder Tablet zum Einsatz. Auch die Beamer und Weiterbildung in ihrem Bildungszentrum einen ho- werden von einem Großteil der Dozierenden (83 %) ge- hen Stellenwert hat (vgl. Abb. 2). nutzt. Es erscheint daher wenig überraschend, dass sich 89 % der Dozierenden mit dem Laptop und PC und 73 % Die Dozierenden gaben in der Online-Umfrage an, di- von ihnen mit dem Tablet in der Nutzung sicher bis sehr gitale Medien vorwiegend als Ergänzung des Präsenz- sicher fühlen (vgl. Abb. 3). unterrichts (87 %) und teilweise als Kombination von Präsenz- und Online-Phasen (45 %), aber weniger als reine Online-Formate (25 %) einzusetzen. Seite 5
Digitaler Aufbruch im Handwerk „Für unsere Bildungsstätte hat der Einsatz von digitalen Medien in der Aus-, Fort- und Weiterbildung einen hohen Stellenwert.“ Bildungsverantwortliche (n=38) Dozierende (n=109) 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % stimme nicht zu stimme eher nicht zu bin unentschieden stimme eher zu stimme vollkommen zu Abbildung 2: Bildungsverantwortliche und Dozierende über den Stellenwert digitaler Medien in der Aus-, Fort- und Weiterbildung in ihrer Bildungsstätte Wie sicher fühlen Sie sich in der Nutzung folgender digitaler Medien? PC / Laptop Digitales Textmaterial Tablet Digitale Videokamera / Webcam Dokumentenkamera Videos Live-Online-Training Interaktives Whiteboard / Smartboard Lernplattform / Lernmanagementsystem 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % sehr unsicher eher unsicher mittelmäßig sicher sehr sicher Abbildung 3: Dozierende (n=217) über die eigene Sicherheit in der Nutzung digitaler Medien Seite 6
Digitaler Aufbruch im Handwerk Digitale Medien in Textform, also z. B. PDF, werden bei stehe. Nur vier Bildungsverantwortliche gaben an, dass 56 % der Dozierenden im Unterrichtsalltag genutzt. Vi- kein Weiterbildungsbedarf bestehe, da notwendige di- deos folgen mit 34 %, während digitales Audiomaterial, gitale Kompetenzen beim Lehrpersonal bereits vorhan- also z. B. Tutorial und Podcast, nur von 4 % der befragten den oder durch eigene interne Weiterbildungsangebote Dozierenden für den Unterricht verwendet wird. abgedeckt seien. Die Ergebnisse der Online-Umfrage unter den Dozierenden lassen darauf schließen, dass Auffallend ist, dass nur 38 % der Dozierenden ein Lern- das bestehende Weiterbildungsangebot als nicht aus- managementsystem (LMS) nutzen, obwohl es in drei reichend empfunden wird oder den Dozierenden nicht Viertel der befragten Bildungszentren zur Verfügung bekannt ist. Sie wünschen sich Weiterbildungsangebote steht. Rund 60 % der Dozierenden gaben jedoch an, im Umgang mit digitalen Medien: dass sie sich sehr unsicher bis mittelmäßig sicher in der Nutzung von LMS fühlen. „Die aktuelle Situation ist als sehr unbefriedigend einzustufen. Weiterbildungsangebote in neue Ein ähnliches Bild ergibt sich in Bezug auf die interakti- Technologien fehlen.“ ven Whiteboards/Smartboards. Diese sind laut 88 % der Bildungsverantwortlichen in den Bildungsstätten für den „Regelmäßige Weiterbildungsangebote für die Einsatz im Unterricht verfügbar, jedoch fühlen sich 62 % Dozenten wären echt toll!“ der Dozierenden sehr unsicher bis mittelmäßig sicher in „Schulung für den Onlineunterricht wäre denke der Nutzung von interaktiven Whiteboards/Smartboards. ich, sehr wichtig. Momentan ist der Unterricht sehr Immerhin gaben dennoch 51 % der Dozierenden eine anstrengend, ein paar Tipps und Tricks wären doch Nutzung im Unterricht an. Mögliche Erklärungen sind sehr hilfreich.“ einerseits bestehende Berührungsängste und Kompe- Auszüge aus Online-Umfrage unter Dozierenden tenzmängel der Dozierenden aufgrund der abrupten Umstellung auf Online-Unterricht und andererseits feh- lende mediendidaktische Weiterbildungsmöglichkeiten. An erster Stelle der gewünschten Weiterbildungsange- bote für Dozierende steht die methodisch-didaktische „Grundausbildung in der Nutzung digitale[r] Medien Planung von Blended-Learning-Lehrgängen, laut Online- (z. B. digitales Whiteboard) ist nicht gegeben. Wer Umfragen sowohl unter den Bildungsverantwortlichen nicht selbst versucht, damit zu arbeiten (dadurch den (95 %) als auch unter den Dozierenden (53 %). Darauf Umgang erlernt), kann sie nicht nutzen.“ folgt der Wunsch nach Weiterbildungsangeboten zur Aktivierung und Motivation von Lernenden (Bildungsver- „Dozierende brauchen Schulungen im Umgang mit antwortliche: 73 %, Dozierende: 47 %) und zur Gestal- Online-Unterricht.“ tung von Lernaufgaben (Bildungsverantwortliche: 60 %, Auszüge aus Online-Umfrage unter Dozierenden Dozierende: 44 %). Die beiden letztgenannten möglichen Weiterbildungsangebote beziehen sich auf Präsenz- und Online-Unterricht. Auffallend ist hierbei die nahezu glei- Weiterbildung: che Rangfolge der von Dozierenden und Bildungsverant- Bedarf und Angebot wortlichen gewählten Themen (vgl. Abb. 4). Insgesamt gaben 28 der befragten Bildungsverantwort- Mit Bezug auf die vorgenannten Ergebnisse erscheint lichen an, dass es in ihrem Bildungszentrum interne es folgerichtig, dass sich Dozierende und Bildungsver- Weiterbildungsangebote gebe, u. a. zu fachlichen The- antwortliche Weiterbildungsangebote für den Einsatz von men (13 Nennungen), zu methodisch-didaktischen The- Live-Online-Training (Bildungsverantwortliche: 70 %, Do- men (12 Nennungen) und zum Einsatz digitaler Medien zierende: 47 %) wünschen (vgl. Abb. 5). Der zielgerichtete (23 Nennungen). Die große Mehrheit der befragten Bil- Einsatz von Live-Online-Training ist eine wesentliche Vor- dungsverantwortlichen (31 Nennungen) ist sich einig, aussetzung zur erfolgreichen, integrativen Gestaltung der dass ein Weiterbildungsbedarf bei den Dozierenden in Online-Phasen in Blended-Learning-Lehrgängen. Das Bezug auf den Einsatz digitaler Medien im Lehralltag be- Live-Online-Training steht für Bildungsverantwortliche Seite 7
Digitaler Aufbruch im Handwerk Zu welchen Themen des Präsenz- und Online-Unterrichts wünschen Sie sich Weiterbildungsangebote für Dozierende? Methodisch-didaktische Planung von Blended-Learning-Lehrgängen Lernende aktivieren und motivieren Lernaufgaben gestalten Inhalte visualisieren und präsentieren Erreichen der Lernziele überprüfen Gruppenarbeit gestalten Bildungsverantwortliche (n=40) Dozierende (n=228) Betreuung der Lernenden Inhalte kreativ erarbeiten 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % Abbildung 4: Gewünschte Weiterbildungsangebote für Dozierende zu Themen des Präsenz- und Online-Unterrichts an erster Stelle und wird bei den Dozierenden nur von Doch nicht nur über die gesamten Bildungszentren hinweg dem Wunsch nach Weiterbildungsangeboten zum Ein- betrachtet ergibt sich ein heterogenes Kompetenzbild, satz von interaktiven Whiteboards/Smartboards (54 %) sondern auch innerhalb der einzelnen Bildungszentren übertroffen. An dritter Stelle für Dozierende (42 %) und liegen große Unterschiede zwischen den digitalen Kompe- an zweiter Stelle für Bildungsverantwortliche (68 %) steht tenzen des Lehrpersonals vor: 89 % der Bildungsverant- der Wunsch nach Weiterbildungsangeboten zum Einsatz wortlichen gaben an, dass sich die allgemeine Kompetenz von LMS. Beide Wünsche nach Weiterbildungsangebo- der Dozierenden im Umgang mit digitalen Medien in ihrem ten, sowohl zum Einsatz eines LMS als auch eines inter- Bildungszentrum erheblich voneinander unterscheidet. aktiven Whiteboards/Smartboards, sind kongruent zur empfundenen Unsicherheit der Dozierenden im Umgang Spannend in diesem Zusammenhang erscheint, dass mit genau diesen digitalen Medien (vgl. Abb. 3). 83 % der befragten Dozierenden den Einsatz digitaler Medien für die eigene tägliche Arbeit als unerlässlich Die digitalen Kompetenzen des Lehrpersonals in den einschätzen, jedoch über die Hälfte (57 %) der befragten Bildungszentren des Handwerks sind sehr heterogen Dozierenden selbstkritisch anmerken, dass fehlendes ausgeprägt. Es gibt auf der einen Seite Bildungsverant- Know-how von Dozierenden im Handwerk insgesamt wortliche, die berichteten, dass im gesamten Bildungs- den Einsatz digitaler Medien im Unterricht verhindert. zentrum nur zwei Dozierende über die notwendigen Da laut Online-Umfrage aktuell 76 % der Bildungsver- digitalen Kompetenzen verfügen, um Online-Unterricht antwortlichen in ihrem Bildungszentrum auch nach den anbieten zu können. Auf der anderen Seite berichtete Kontaktbeschränkungen, die durch die COVID-19-Pan- eine Gesprächsperson davon, dass eine Vielzahl von demie ausgelöst wurden, mit einem höheren Anteil von Dozierenden so technikaffin sei, dass sie sich den Ein- Online-Lehre planen, sollte hierauf ein besonderes Au- satz neuester Technologien, etwa der jüngsten Genera- genmerk gelegt werden. tion interaktiver Whiteboards/Smartboards für die Gestal- tung ihres Unterrichts wünsche. Seite 8
Digitaler Aufbruch im Handwerk Zum Einsatz welcher digitaler Medien im Unterricht wünschen Sie sich Weiterbildungsangebote für Dozierende? Live-Online-Training Lernplattform / Lernmanagementsystem Interaktives Whiteboard / Smartboard Videos Digitale Videokamera / Webcam Digitale Endgeräte Bildungsverantwortliche (n=40) Digitales Textmaterial / Lehrbücher Dozierende (n=222) VR-Anwendungen 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % Abbildung 5: Gewünschte Weiterbildungsangebote für Dozierende zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht Die Weiterbildungsmöglichkeiten für Dozierende ge- Zukünftige Unterrichtsmethoden: stalten sich in den Bildungszentren sehr unterschied- ein Ausblick lich. Dabei geht es nicht nur um den unterschiedlichen Umfang des Weiterbildungsangebots, sondern auch um Zum Abschluss des Telefongesprächs wurden die Bil- Schwierigkeiten, die in den unterschiedlichen Beschäfti- dungsverantwortlichen gebeten, hinsichtlich des Unter- gungsverhältnissen begründet sind. So berichtete eine richts in ihrem Bildungszentrum einen Ausblick über die der Gesprächspersonen unter den Bildungsverantwort- nächsten fünf bis zehn Jahre zu geben. Die meisten Bil- lichen, dass Weiterbildungen für festangestellte Dozie- dungsverantwortlichen (30 Nennungen) erläuterten, dass rende finanziell gefördert und von der Kammer getragen sie auch weiterhin mit dem Einsatz von Online-Unterricht werden, und dass es zweimal im Jahr eine zentrale Wei- rechnen. 20 von ihnen gingen davon aus, dass der Anteil terbildungswoche für alle Dozierenden gebe. Bei freien des Online-Unterrichts zunehmen werde, wenngleich 13 Honorardozierenden sei hingegen keine Pflichtschulung Gesprächspersonen angaben, dass auch der Präsenz- möglich. In der Online-Umfrage gaben hierzu 91 % der unterricht weiterhin stattfinden werde (13 Nennungen). Bildungsverantwortlichen an, dass in ihrem Bildungs- Insgesamt sieben Bildungsverantwortliche gaben an, zentrum Weiterbildungsangebote für festangestellte Do- dass sie durch den Einsatz von Online- und Blended- zierende angeboten werden, für freiberufliche Dozieren- Learning-Angeboten mit einem größeren Einzugsgebiet de besteht dieses Angebot nur in gut der Hälfte (52 %) von Bildungsangeboten rechnen werden. Sechs Perso- der Bildungszentren. nen waren der Meinung, dass mobile Endgeräte beim Lernen zukünftig eine wichtige Rolle spielen werden, und „Üblicherweise sind Lehrgänge bei freien insgesamt fünf Befragte sagten aus, dass eine vollstän- Dozierenden ‚ihr persönliches Bier‘, aber wenn dige Digitalisierung der Unterrichtsmaterialien angestrebt jemand Interesse bekundet und noch Plätze frei sind, werde. Es gab auch aussagekräftige Einzelaussagen der kann auch eine Honorarkraft teilnehmen. Wenn freie Bildungsverantwortlichen dahingehend, dass durch den Dozierende mit ihrem Wissen dann gehen, muss ich Einsatz digitaler Medien deutlich mehr Austausch zwi- das akzeptieren.“ schen den Dozierenden erwartet werde, dass die „Fron- Auszug aus Telefongespräch mit Bildungsverantwortlichen talbeschallung“ nicht mehr gefragt sei und die Dozieren- den stattdessen als Lernbegleitungen aufgefasst würden. Seite 9
Digitaler Aufbruch im Handwerk Schlussfolgerungen für das ProNet- den Einsatz digitaler Medien im Lehralltag und für den Weiterbildungsprogramm Erwerb digitaler Kompetenzen (vgl. Autorengruppe Bil- dungsberichterstattung 2020, S. 241). Das Lehrpersonal Die durch die Bildungsverantwortlichen erwartete, auch in den Bildungsstätten des Handwerks ist jedoch nicht über die Zeit der COVID-19-Pandemie hinausgehende, verpflichtet, obligatorische Aus- und Fortbildungen zu Digitalisierung im Weiterbildungsbereich wird langfristig durchlaufen, im Gegensatz zu z. B. Lehrenden an Schu- tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen, wie sie len. Die Integration digitaler Medien in den Unterricht ge- auch im wissenschaftlichen Diskurs erwartet werden lingt nur, wenn neben der Ausstattung auch langfristig (u. a. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, eine technische Unterstützung, z. B. bei der Wartung der S. 18, EDUCAUSE 2021, S. 4). Durch den Einsatz di- Hardware und der Installation von Software, sowie eine gitaler Medien im Lehralltag nehmen die Kompetenz- pädagogische Unterstützung, etwa beim Einsatz digita- anforderungen an das Bildungspersonal im Handwerk ler Medien im Unterrichtsalltag, sichergestellt sind (vgl. zu. Die erhobenen Daten der durchgeführten Bedarfs- Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. 241). analyse machen deutlich, dass beim Lehrpersonal in den Bildungszentren des Handwerks eher verhaltene 3. Der Einzugsbereich der einzelnen Bildungszentren Einstellungen gegenüber dem Einsatz digitaler Medien wird sich durch Blended-Learning- und Online-Ange im Bildungsalltag vorherrschen. Ordnet man die vorlie- bote ausweiten. Die Angebote führen zu einer räumli- genden Ergebnisse der Bedarfsanalyse dem aktuellen chen und zeitlichen Flexibilisierung, sodass bei virtuel- wissenschaftlichen Diskurs der Weiterbildung zu, las- len Seminaren mit einer höheren Kursstärke gerechnet sen sich fünf zentrale Befunde ableiten, die wiederum werden kann. Digitale Angebote können den klassischen Konsequenzen für das zu entwickelnde Weiterbildungs- Präsenzunterricht ergänzen, der vor Ort aufgrund zu ge- programm im Projekt ProNet Handwerk aufzeigen. ringer Anmeldezahlen nicht kostendeckend realisierbar gewesen wäre. Die Erweiterung des Einzugsgebiets der 1. Es ist zu erwarten, dass die im Rahmen von För- Bildungszentren sowie die erhöhte Kursstärke virtueller derprogrammen zur Verfügung gestellten Mittel des Seminare können zu einer zunehmenden Heterogenität Bundes und der Länder, wie z. B. „Sonderprogramm der Teilnehmenden in den Kursen führen. Das Weiterbil- ÜBS-Digitalisierung“, flächendeckend in den rund 600 dungsprogramm sollte das berücksichtigen und passen- Bildungszentren des Handwerks (vgl. ZDH 2021) zu de Inhalte für das Lehrpersonal im Umgang heterogener einer Verbesserung der technischen Infrastruktur füh- Gruppen zur Verfügung stellen. Die zunehmende räum- ren. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die liche und zeitliche Flexibilität von virtuellen Seminaren massiven Investitionen in die technische Infrastruk- erfordert u. a. auch Weiterbildungsangebote, die sich an tur einen positiven Einfluss auf die Einstellungen und den Arbeitsalltag des Bildungspersonals anpassen und Kompetenzen der Lehrkräfte haben, d. h., wenn das asynchron abgerufen werden können. Learning Nuggets, Bildungspersonal keine Gelegenheit hat, Erfahrungen d. h. kleine Lernhäppchen für zwischendurch, werden ein mit digitalen Medien zu sammeln, sind die Einschät- Baustein für das „Learning on demand“ im Rahmen des zung der eigenen Kompetenzen und die Einstellungen Weiterbildungsprogramms sein. eher negativ (vgl. Autorengruppe Bildungsbericht- erstattung 2020, S. 270 u. 279). Die technischen 4. Bildungsverantwortliche haben in ihren Bildungszentren Anschaffungen in den ÜBS des Handwerks führen einen Digitalisierungsschub beobachtet, der auch Dozie- demnach zu einer offeneren Haltung des Bildungsper- rende mit geringem technologischen Wissen im Lehralltag sonals, allein durch die zunehmende Möglichkeit, auf erfasst hat. Die Bildungszentren mussten ihren Präsenz- digitale Medien zugreifen und Erfahrungen sammeln unterricht abrupt auf Online-Lehre umstellen, wodurch zu können. Folgerichtig wird auch der Wunsch und alle Dozierenden gezwungen waren, digitale Medien in Bedarf nach Weiterbildungen für den Einsatz digitaler ihrem Lehralltag einzusetzen. Es ist wichtig, dass ins- Medien im Unterricht weiter steigen. besondere Dozierende Unterstützung erhalten, die dem integrativen Einsatz digitaler Medien in den Unterrichts- 2. Für das Lehrpersonal werden digitale Kompetenzen alltag skeptisch gegenüberstehen, auch wenn diese Ziel- zunehmend relevanter. Eine umfangreiche technische gruppe besonders schwer zu erreichen ist. Eine aktuelle Ausstattung ist keine ausreichende Voraussetzung für Untersuchung aus der Schweiz zu diesem Thema konnte Seite 10
Digitaler Aufbruch im Handwerk einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Hand- (vgl. Schmid et al. 2018, S. 36). Kompetenzen im Um- lungskompetenz und der Selbstwirksamkeit Lehrender gang mit digitalen Medien werden mehrheitlich informell, und der erfolgreichen Durchführung von Online-Unterricht d. h. zu 81 % in Eigenverantwortung über das Selbststu- aufzeigen. Demnach beurteilt eine typische Lehrperson dium oder mithilfe von Mitgliedern des Kollegiums, er- mit sehr hohem technologischen Wissen die Lehrerfah- worben (vgl. ebd., Schmidt-Hertha 2020, S. 326). Anders rung mit einer fast zweieinhalbmal höheren Wahrschein- als die Bildungsverantwortlichen in den Bildungszentren lichkeit als sehr positive Erfahrung als eine vergleichbare des Handwerks sehen Dozierende oftmals keine Mög- Lehrperson mit sehr geringem technologischen Wissen. lichkeit der Weiterbildung über das eigene Bildungszen- Gleiches gilt für die Selbstwirksamkeit: Eine typische trum. Demnach müssen bestehende, formelle Weiterbil- Lehrperson mit sehr hoher Selbstwirksamkeit beurteilt dungsangebote besser kommuniziert und die in dieser die Lehrerfahrung mit einer fast zweieinhalbmal höheren Bedarfsanalyse erfassten Weiterbildungsbedarfe durch Wahrscheinlichkeit als sehr positive Erfahrung als eine passgenaue Weiterbildungsangebote bedient werden. vergleichbare Lehrperson mit sehr geringer Selbstwirk- Informelles Lernen, d. h. „didaktisch nicht organisier- samkeit (vgl. Hänni & Aeschlimann 2021, S. 34). Nied- tes Lernen in alltäglichen Lebenszusammenhängen, rigschwellige Weiterbildungsangebote für Lehrpersonen das von Lernenden nicht immer als Erweiterung ihres mit sehr geringem technologischen Wissen müssen die Wissens und ihrer Kompetenzen wahrgenommen wird“ Antwort auf dieses Ergebnis sein. Eine direkte und sen- (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, S. VIII), sible Zielgruppenansprache ermuntert Interessierte zur sollte in der Umsetzung der Weiterbildungsangebote Teilnahme. Gleichzeitig wird die Hemmschwelle bei der aufgegriffen werden, z. B. durch mögliche Mentoren-Pro- Kontaktaufnahme zu den Verantwortlichen für das Weiter- jekte (vgl. Hardt et al. 2020). bildungsprogramm gesenkt. Kontakte zu anderen Lehr- personen, bspw. über eine gemeinsame Lernplattform, helfen Ziele kooperativ zu verfolgen. 5. Bildungsverantwortliche und Dozierende in den Bil- dungszentren des Handwerks wünschen sich aktuell und langfristig Weiterbildungsangebote zur Integration digitaler Medien in den Bildungsalltag. Diese Weiterbil- dungsangebote sollen nicht nur technologisches Wissen für Dozierende bereitstellen, sondern auch mediendi- daktische und didaktisch-methodische Themen aufgrei- fen. Besonders gefragt sind Angebote zur Entwicklung von Blended-Learning-Lehrgängen und zur Aktivierung von Lernenden. Außerdem wünschen sich sowohl Do- zierende als auch Bildungsverantwortliche Weiterbil- dungsangebote für die Verwendung von LMS und von interaktiven Whiteboards/Smartboards. Es sollten neue, innovative Lernwege in Betracht gezogen werden, die es dem Lehrpersonal ermöglichen, auf vielfältige Weise und dem eigenen Lerntyp entsprechend, Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien aufzubauen. Unter den Dozierenden ist von einer maximalen Heterogenität hin- sichtlich der Mediennutzung auszugehen, die u. a. in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Erwerbstätigkeit steht (vgl. Engel et al. 2018). Laut einer Studie der Ber- telsmann Stiftung haben 40 % der Lehrenden in der Er- wachsenenbildung noch nie an einer Fort- oder Weiter- bildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen Seite 11
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Herausgeber Ansprechpersonen Anke Hallwaß Projektleiterin Zentralstelle für die Weiterbildung im M +49 157 78820050 Handwerk e. V. (ZWH) E ahallwass@zwh.de Sternwartstraße 27–29 40223 Düsseldorf T +49 211 30 20 09-0 Astrid Dolle F +49 211 30 20 09-99 Bildungsreferentin E pronet@zwh.de M +49 157 80540005 Stand: Dezember 2021 E adolle@zwh.de www.zwh.de Vereinsregister: Amtsgericht Düsseldorf VR 8315 Geschäftsführer: www.pronethandwerk.de Sebastian Knobloch Verbundpartner HWK Dresden, HWK Erfurt, HWK Niederbayern-Oberpfalz, Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik, Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung gGmbH, Hochschule Ruhr West, Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e. V.
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