Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts. Ein Beitrag der geografischen Bildung zur digitalen Grundbildung.

Die Seite wird erstellt Hein-Peter Schreiber
 
WEITER LESEN
Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts. Ein Beitrag der geografischen Bildung zur digitalen Grundbildung.
In: Fabian Pettig & Inga Gryl (Hrsg.). 2022 (in Druck). Geographische Bildung in digitalen Kulturen. Perspektiven für
     Forschung und Lehre.- Heidelberg: Springer. S. folgt.

     Claudia Breitfuss-Horner* & Alfons Koller**

     Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts.
     Ein Beitrag der geografischen Bildung zur digitalen Grundbildung.
     * claudia.breitfuss@ph-linz.at, Pädagogische Hochschule der Diözese Linz

     ** kol@ph-linz.at, Pädagogische Hochschule der Diözese Linz

   Digitale Kulturen im Sinne dieses Sammelban-                 20 Im österreichischen Unterrichtsfach Geografie
   des sind als Situationsbeschreibungen, charak-                  und wirtschaftliche Bildung (GW) leisten Lehr-
   terisierende Elemente oder Metaphern für Ge-                    kräfte durch ihre tagtägliche Unterrichtsarbeit,
   sellschaften und soziale Gruppen im 21. Jh. zu                  ihre „digital-inklusiven“ methodischen Überle-
 5 verstehen. Sie können auf allen Maßstabsebe-                    gungen (vgl. Narosy 2015) und ihre fachdidakti-
   nen wahrgenommen werden: von Lokal (im                       25 schen Reflexionen wesentliche Beiträge zu die-
   Haushalt, am Wohn-, Arbeits- oder Freizeit-                     ser digitalen Grundbildung. Aus deren acht
   standort) über Regional (im Ort, im Staat oder                  Kompetenzbereichen soll auf Computational
   in den grenzüberschreitenden Regionen) bis hin                  Thinking Bezug genommen werden, das im
10 zu Global (im Sinne der digital vernetzten Welt).               Sinne von Wing (2006) einen zentralen Teil der
                                                                30 Allgemeinbildung darstellt. Zusätzlich knüpft
   Digitale Grundbildung ist, so wie die „informati-
                                                                   dieses Unterrichtsbeispiel an verschiedene Ba-
   sche Bildung“ in der Schweiz und in Deutsch-
                                                                   siskonzepte der „geografischen Bildung“ an und
   land1, eine Forderung der österreichischen Bil-
                                                                   zeigt, welcher Beitrag zur digitalen Grundbil-
   dungspolitik, welche auf diese digitalen Kultu-
                                                                   dung möglich ist. Es fokussiert auf Algorithmen
15 ren reagiert und ihre Vorstellungen konkreti-
                                                                35 als Teil geografischer Arbeitsmethoden sowie
   siert. In Lehrplänen und Kompetenzmodellen
                                                                   Computational Thinking in den Lernprozessen
   wie bespielsweise digiKomp (vgl. BMBWF o.
                                                                   geografischer Bildung.
   J./a) wird sie für bestimmte Altersstufen ver-
   bindlich festgelegt.

     Der Bildungsauftrag der digitalen Grundbildung2
   Ein Verständnis von der digitalen Grundbildung                    Medienkompetenz
40 wird in der Bildungs- und Lehraufgabe des Lehr-                 … Aspekte der Produktion, der Repräsentation,
   planes der verbindlichen Übung festgelegt                       der Mediensprache und Mediennutzung. … ver-
   (BMBWF 2018: 3; eigene Hervorhebungen):                      50 schiedenen Aspekte der Medien und Medienin-

     „Digitale Kompetenz                                           halte zu verstehen und kritisch zu bewerten so-
                                                                   wie selbst in vielfältigen Kontexten zu kommu-
     … auf Basis eines breiten Überblicks … jeweils
                                                                   nizieren. …
45   passende Werkzeuge und Methoden auszuwäh-
     len, diese zu reflektieren und anzuwenden.                      Politische Kompetenzen
                                                                55   fördern die Demokratie und die aktive Teilhabe
                                                                     der Bürgerinnen und Bürger. …“

1                                                                    2
  Aufgrund der gebotenen Kürze wird ausschließlich auf die             Eine Zusammenfassung der Umsetzung der digita-
digitale Grundbildung und die Lehrpläne in Österreich Bezug          len Grundbildung in Österreich seit 1985 entnehmen
genommen. Die Überlegungen sind aber auf bundesdeutsche              Sie bitte dem Anhang: „Die Initiativen der Bildungs-
oder Schweizer Verhältnisse übertragbar.                             politik“.

                                                                                                                        1
Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts. Ein Beitrag der geografischen Bildung zur digitalen Grundbildung.
C. Breitfuss & A. Koller (2022)       Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

     Dieses Kompetenzmodell ist eine Weiterent-             65 Im Vergleich zum TPACK-Modell der Gesell-
     wicklung der Digi.komp-Modelle, die in Öster-             schaft für digitale Bildung (vgl. Harris & Hofer
     reich für verschiedene Altersstufen entwickelt            2011) geht es aber deutlich über dieses hinaus.
  60 wurden (vgl. BMBWF o. J./a). Diese Modelle                Anstelle des Wissenstransfers von der Lehrper-
     sind inhaltsorientiert, bauen aufeinander auf;            son zu den Lernenden steht ein kompetenzori-
     sie bilden Module ab, welche die Lernenden bis         70 entierter Bildungsauftrag im Mittelpunkt.
     zu einer gewissen Altersstufe absolvieren sol-
     len.

       Spatial citizenship Education und digitale Grundbildung
     Im Fokus stehen die Schüler*innen: Sie sollen             ständig zu informieren und zu kommunizieren,
     auf ihr durch Digitalität durchdrungenes „Leben        95 ihre eigene Meinung zu bilden und diese aktiv
     und Wirtschaften“ vorbereitet werden (vgl. Fel-           zu vertreten – und das nicht nur im „realen“ Le-
  75 genhauer & Gäbler 2019). Technologien, die                ben, sondern auch in der netzwerkbasierten
     schon lange in unserem Alltag Einzug gehalten             Kommunikation des „virtuellen“ Alltags (com-
     haben, werden endlich auch in der Schule ver-             munication, participation and negotiation).
     pflichtend thematisiert. Die Anwendung geo-
                                                           100 In diesem Sinne werden alle drei Komponenten
     grafischer Arbeitsmethoden verbunden mit di-
                                                               der Spatial Citizenship Education (vgl. Jekel et
  80 gitalen Werkzeugen eröffnen den Schüler*in-
                                                               al. 2015) angesprochen, welche ja auch als ein
     nen eigene Entscheidungsmöglichkeiten, wie
                                                               Beitrag der geografischen Bildung für digitale
     sie diese im schulischen, beruflichen und priva-
                                                               Kulturen angesehen werden kann. Technology
     ten Kontext einsetzen können und wollen (tech-
                                                           105 and methodology competencies stehen der di-
     nology and methodology competencies; vgl
                                                               gitalen Kompetenz im Modell der digitalen
  85 Jekel et al. 2015).
                                                               Grundbildung nahe. Reflecion and reflexivity so-
     Ziel ist es, durch regelmäßige Verwendung den             wie communication, participation and negotia-
     Umgang mit unterschiedlichen Medien, wie                  tion fördern Medienkompetenz und politische
     Bild, Text, Ton, Karten und anderen interaktiven      110 Kompetenzen im Sinne der Grundbildung. (vgl.
     Geomedien, zu üben sowie ihre Verwendung im               HGD 2020, BMBWF o.J./b, Jekel et al. 2015). –
  90 Alltag kritisch zu reflektieren (reflecion and re-        Dies zeigt eine Argumentationslinie auf, wie ge-
     flexivity).                                               ografische Bildung digitale Grundbildung unter-
                                                               stützen kann.
       Die Lernenden werden befähigt, digitale Me-
       dien kompetent zu verwenden, sich eigen-

115    Computational Thinking als Teil der digitalen Grundbildung
       Die Digitale Grundbildung fordert die inhaltli-           o   Technische Problemlösung
       che Vermittlung von folgenden acht Kompe-                 o   Computational Thinking
       tenzbereichen (vgl. BMBWF 2018):
                                                           130 Speziell beim Kompetenzbereich Computatio-
       o    Gesellschaftliche Aspekte von Medien-              nal Thinking fragen sich viele Lehrpersonen:
 120        wandel und Digitalisierung                         Welchen Wert hat das für meinen Unterricht?
       o    Informations-Daten- und Medienkompe-               Sind Programmieren und Codieren (engl.
            tenz                                               Coding) Teil der geografischen Bildung? Was ist
       o    Betriebssysteme und Standard-Anwen-            135 überhaupt Computational Thinking? (vgl. Mi-
            dungen                                             cheuz 2017)
 125   o    Mediengestaltung
       o    Digitale Kommunikation und Social Media              Bei Computational Thinking geht es aber um
       o    Sicherheit                                           weit mehr als Programmieren oder die

                                                                                                               2
C. Breitfuss & A. Koller (2022)        Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

    Bedienung eines Computers: Es geht um das                    Allgemeinbildung von Jugendlichen sein soll
140 Verstehen, wie Wirkmechanismen (Regeln, Al-                  (vgl. Wing 2006).
    gorithmen, Automatisierung, …) – von Nut-
                                                               Der Lehrplan zur Verbindlichen Übung Digitale
    zer*innen oft unbemerkt – agieren, und infor-
                                                               Grundbildung nennt folgende Richtlernziele in-
    matische „Denk-“Prozesse unseren Alltag be-
                                                           175 nerhalb des Computational Thinking (BMBWF
    einflussen. Wenn man Informationen googelt,
                                                               2018: 7):
145 den Wetterbericht auf das Smartphone holt
    oder den nächsten Supermarkt virtuell sucht,                 o   „Nennen und Beschreiben von Abläufen
    sind wir tagtäglich mit Algorithmen konfron-                     aus dem Alltag,
    tiert. Unsere Suchanfragen und Bewegungs-                    o   Verwenden, Erstellen und Reflektieren von
    muster werden in der Regel mitprotokolliert            180       Codierung (Geheimschrift, QR-Codes),
150 und ausgewertet. Diese Informationen ent-                    o   Nachvollziehen und Ausführen von ein-
    scheiden, was einem bei der nächsten Web-Su-                     deutigen Handlungsanleitungen und
    che angezeigt wird und was verborgen bleibt.                 o   das verbale und schriftliche Formulieren
                                                                     eindeutiger Algorithmen.“
      Computational Thinking bedeutet aber auch in-
      formatisches Denken, populistisch formuliert,        185 Weiters wird auch die kreative Nutzung von
155   „Denken wie ein Computer“ oder „Kommuni-                 Programmiersprachen genannt, wo Schüler*in-
      zieren, sodass der Computer es versteht“. Oft            nen einfache Programme mit geeigneten Tools
      steht dabei die Mensch-Computer-Schnittstelle            erstellen, um Probleme zu lösen und unter-
      im Mittelpunkt, wie ja schon Strobl (2009) Kar-          schiedliche Programmiersprachen und Produk-
      ten als Interface zwischen Nutzer*innen und          190 tionsabläufe zu kennen (vgl. BMBWF 2018: 7).
160   Datenbank bezeichnet hat. Während die ana-               In diesem Sinne leistet Computational Thinking
      loge Karte Informationen speicherte und zu-              einen Beitrag zum formalen Denken. Analysie-
      gleich ihre Visualisierung enthielt, sind im Feld        ren und Abstrahieren stehen im Mittelpunkt,
      der digitalen Geomedien Daten auf einem Ser-             wie es in verschiedenen Bildungsanliegen im-
      ver in der Cloud (über das Internet erreichbar)      195 mer schon ein Thema war; beispielsweise in der
165   gespeichert, die Suche und Abfrage genauso               Beschäftigung mit der Mengenlehre in der Ma-
      wie die Darstellung und Visualisierung steuern           thematik, in der Darstellung in Struktogrammen
      dann der/die Nutzer*in und Algorithmen. Com-             in der Informatik oder beim Lesen und Interpre-
      putational Thinking wird so zu einer grundle-            tieren von Metaphern in Sprachfächern wie La-
      genden Fähigkeit, die neben Lesen, Schreiben         200 tein, Griechisch oder Deutsch.
170   und Rechnen ein fixer Bestandteil der

      Wegbeschreibung als Algorithmus und Kommunikationsprozess
    Als exemplarisches Beispiel für Computational          215   o   Lagebeziehungen wie „vor, nach, hinter“
    Thinking soll nun folgende, fast banal klingende                 etc.,
    Aufgabenstellung aus dem GW-Unterricht die-                  o   Richtungsangaben, bestehend aus Him-
205 nen: „Beschreibe den Weg von A nach B, bei-                      melsrichtungen, Zielorten (z. B. „in Rich-
    spielsweise von der Schule bis zur Haltestelle                   tung von“) oder einfach „links“ oder“
    deines Regionalbusses.“                                220       rechts“ der Bewegungsrichtung,
                                                                 o   Distanzangaben in Schritten oder metri-
    Üblicherweise erwartet man die Antwort in der
                                                                     schen Maßen sowie
    Fachsprache, welche verschiedene Elemente
                                                                 o   Bewegungsangaben wie „gehe“, „folge“,
210 enthält:
                                                                     „biege … ab“, ...
      o    Positionsangaben wie „an dieser Stelle“,
           „an der Adresse“, „in der Straße“, „bei die-    225   Bei dieser Wegbeschreibung oder der Hand-
           ser Landmarke“, „bei diesem Point-of-Inte-            lungsanleitung, wie man von A nach B kommt,
           rest“ oder „an der Koordinate“,                       wird ein wiederholbarer Ablauf Schritt für

                                                                                                               3
C. Breitfuss & A. Koller (2022)             Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

 Abbildung 1: Grafische Handlungsanleitung auf Basis der Basemap (1a) und Google Maps (1b)
 1a: Routenplaner https://anachb.vor.at,                                1b: Routenplaner von http://maps.google.at,
 VOR 2016                                                               Google Inc. 2020

    Schritt – so genau wie möglich – mündlich,                           dazu wäre im Geografie- bzw. GW-Unterricht
    schriftlich oder grafisch kommuniziert. Jede                         denkbar.
230 einzelne Anweisung muss genau festgelegt
                                                                      Abbildung 4 zeigt dieselbe Wegbeschreibung –
    sein, damit der gesamte Vorgang von jemand
                                                                      automatisiert erstellt – aus einem Routenpla-
    anderen nachvollzogen und wiederholt werden
                                                                  250 ner, in diesem Fall Google Maps. Jeder einzelne
    kann. Abbildung 1 a/b stellt eine grafische
                                                                      Schritt ist eine Anweisung. Wenn man den An-
    Handlungsanleitung dar, einen Straßenplan mit
                                                                      weisungen genau folgt, ist die Beschreibung
235 eingezeichnetem Routenvorschlag.
                                                                      nachvollziehbar und führt zum gewünschten
      Eine Handskizze wäre eine alternative Möglich-                  Zielort.
      keit. In ihr sind freihand wesentliche Landmar-
                                                                  255    Ohne es explizit genannt zu haben, wird bei die-
      ken (Points-of-Interest) sowie die Wegroute ge-
                                                                         sen Beispielen mit Algorithmen gearbeitet:
      zeichnet. Vgl. Abb. 2.

240 Dieselbe Handlungsanleitung könnte auch in
    textlicher Form erfolgen oder als Audio oder Vi-                  Von der Schule zur Bushaltestelle:
    deo bereitgestellt werden. Auch eine kombi-                         1. Du stehst vor dem Eingang der Schule.
    nierte Form mit einer mündlichen Beschreibung                          Wende dich nach links und folge dem Ver-
    der Handskizze oder der Wegroute am Stadt-                             lauf der Krankenhausstraße.
245 plan inklusive den Hintergrundüberlegungen                          2. Überquere die Khevenhüllerstraße und
                                                                           folge dem Straßenverlauf.
                                                                        3. Biege in die Eisenhandstraße nach rechts
                                                                           ab.
                                                                        4. Biege bei der nächsten Kreuzung in die
                                                                           Volksfeststraße nach links ab.
                                                                        5. Folge der Volksfeststraße, bis du den Hes-
                                                                           senplatz erreicht hast. Er hat Parkcharakter.
                                                                        6. Biege links ab, und du siehst die Bushalte-
                                                                           stelle.

Abbildung 2: Grafische Handlungsanleitung in einer händischen              Abbildung 3: Textliche Handlungsanleitung einer Lehr-
Wegskizze. (Zeichnung eines Jugendlichen)                                  person zu Abb. 1a

                                                                                                                              4
C. Breitfuss & A. Koller (2022)            Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

                                                                   „Ein Algorithmus (auch genannt Lösungsverfah-
                                                               260 ren) ist eine Handlungsvorschrift zur Lösung ei-
                                                                   nes Problems in endlich vielen Schritten. Diese
                                                                   Verarbeitungsvorschrift besteht aus einer end-
                                                                   lichen Folge von eindeutig ausführbaren Anwei-
                                                                   sungen, welche bei gleichen Voraussetzungen
                                                               265 immer gleiche Ergebnisse liefert. Der Algorith-
                                                                   mus wird durch einen aus elementaren Anwei-
                                                                   sungen bestehenden Text beschrieben.“ (ZUM
                                                                   2021)

Abbildung 4: Textliche Handlungsanleitung aus dem Rou-
tenplaner von Google Maps
(vgl. http://maps.google.com, Google 2020)

      Im unterrichtlichen Kontext
270   Dieses konkrete Unterrichtsbeispiel für die Se-                4. Vergleiche diese Route mit der, die du täg-
      kundarstufe I könnte folgendermaßen formu-                        lich nimmst. Notiere deine Überlegungen,
      liert sein:                                              290      warum die Route eventuell abweichen
                                                                        wird.
          1. Öffne den Routenplaner anachb.vor.at in
                                                                     5. Verfasse auf einem Extra-Blatt schriftlich
              einem Web-Browser.
                                                                        eine eigene Anleitung zum Finden der
275       2. Wähle zwischen einer der Aufgabenstel-
                                                                        Wegroute. Gib den Ausgangsort an, be-
              lungen:
                                                               295      nenne aber das Ziel deines Weges nicht.
             a. Wenn du sehr nahe bei der Schule
                                                                     6. Tausche diese Anleitung mit deinem/dei-
                 wohnst: Lass dir deinen Weg zu Fuß von
                                                                        ner Sitznachbar*in aus.
                 zu Hause zur Schule anzeigen.
                                                                     7. Löse auch ihre bzw. seine Aufgabenstel-
280          b. Lass dir deinen Fußweg von zu Hause zu
                                                                        lung. Suche den Startpunkt im Routenpla-
                 deiner Einstiegshaltestelle deines Bus-
                                                               300      ner bzw. im digitalen Stadtplan. Verfolge
                 ses anzeigen.
                                                                        die Route und ermittle das Ziel.
             c. Lass dir deinen Fußweg von der Schule
                                                                     8. Vergleiche gemeinsam mit deinem/deiner
                 zu deiner Bushaltestelle anzeigen.
                                                                        Sitznachbar*in die gefundenen Routen. Er-
285       3. Gib in den Routenplaner die beiden Adres-
                                                                        örtere die Unterschiede und eventuell auf-
              sen bzw. die Adresse und deine Haltestelle
                                                               305      getretene Probleme.3
              ein.

      Reflexion und Evaluierung
      Der Vergleich zweier Lösungen (in Pkt. 8 des Un-             Vorgang, um festzustellen, wie genau eine
      terrichtsverlaufes) ist ein äußerst wichtiger            310 Handlungsanleitung sein muss, um dieser

      3
       Eine ähnliche Aufgabenstellung des Autoren-                   https://gw.schule.at/portale/geografie-und-wirt-
      teams auf nationaler Maßstabsebene wäre am Bil-                schaftskunde/lernpakete/detail/weg-routensuche-
      dungsportal von schule.at zu finden:                           in-oesterreich.html.

                                                                                                                    5
C. Breitfuss & A. Koller (2022)    Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

    folgen zu können. Den Lernenden soll bewusst           Ausgangspunkt wähle ich? Die Verwendung von
    gemacht werden, dass viele Informationen bei           unterschiedlichen Routenplanern liefert ver-
    der Beschreibung des Vorgangs vorausgesetzt            schiedene Ergebnisse: Der Routenplaner vom
    werden, wie zum Beispiel der genaue Start-         360 Verkehrsverbund Ost-Region (Abb. 1a) nimmt
315 punkt: Gehe ich vom Haupteingang der Schule            trotz gleicher Adresseingabe einen anderen
    weg oder von einem Nebeneingang? Gibt es               Ausgangspunkt als der Routenplaner von
    dort, wo ich in den Bus steige, mehrere Ein-           Google Maps (Abb. 1b). Auch werden automa-
    stiegsmöglichkeiten?                                   tisiert Alternativ-Routen angeboten.

    Ebenso der Aspekt der Abweichungen zur Le-         365 Das Wissen über Existenz und Verwendung von
320 benswelt der Lernenden (in Pkt. 4 des Unter-           Algorithmen im Alltag liefert Schüler*innen
    richtsverlaufes) ist wesentlich: Kann ein Rou-         eine Basis, sich damit kritisch auseinanderzu-
    tenplaner die Abkürzung kennen, die ich täglich        setzen: Ist dies - auch meiner Meinung nach -
    nehme? Warum wird mir diese Route vorge-               die beste Route? Welche Faktoren werden in
    schlagen? Warum nehme ich eine andere? Wie         370 Betracht gezogen, welche werden ignoriert?
325 kann ich die vorgeschlagene auf meine favori-          Muss ich mich jetzt an diesen Vorschlag halten?
    sierte Route ändern?                                   – Das ist ein wesentliches Anliegen von Spatial
                                                           Thinking und Spatial Citizenship Education (vgl.
    Im Sinne der Auseinandersetzung mit Codie-
                                                           Traun et al. 2013, Jekel et al. 2015).
    rung als Teil digitaler Kulturen verdienen auch
    die Zusatzinformationen in den Geomedien Be-       375 Auch fächerverbindende bzw. übergreifende
330 achtung: Sind diese sparsam wie in der Base-           Themen können angesprochen werden: Wie
    map (Abb. 1a)? Oder fordern diese zum Weiter-          gelangt man zum kürzesten Weg? Wie werden
    klicken auf, wie in Google Maps (Abb. 1b)? Wes-        die Algorithmen weiterentwickelt, um zum
    halb werden Geodienste unterschiedlich gestal-         schnellsten, billigsten oder ökologisch günstigs-
    tet? Wer trägt jeweils die Herausgeberschaft       380 ten Weg zu gelangen. Damit werden Fragen der
335 und welche Interessen verfolgt diese?                  Visualisierung mit Graphen, einem alltagstaug-
                                                           lichen Inhalt des Mathematikunterrichts, oder
    Alternativ zur Verwendung eines Routenpla-
                                                           bei Modellierung auch des Informatikunter-
    ners könnte prinzipiell die Aufgabenstellung
                                                           richts angesprochen.
    auch mit einem analogen Stadtplan gelöst wer-
    den. Dieser müsste vorab in einer Trafik, einem    385 Die Lösung der Aufgabenstellung bleibt dabei
340 Buchgeschäft oder einer Tourist*inneninforma-          nicht im Anforderungsbereich I, der Wegbe-
    tion gekauft bzw. organisiert werden. Dabei            schreibung, stehen. Schüler*innen gelangen in
    bleibt das Lernen aber auf klassische Kartenle-        den Anforderungsbereich II (Vergleichen und
    sefähigkeiten des 20. Jh. beschränkt (vgl.             Analysieren verschiedener Routenvorschläge)
    Claaßen 1997). Die Verwendung eines Routen-        390 und III (Reflektieren meines eigenen Verhal-
345 planers entspricht wohl eher der Lebenswelt            tens, Stellung beziehen und begründen). Ein hö-
    der Jugendlichen: Dieser Geodienst ist über das        heres Maß an Eigenleistung der Lernenden wird
    Smartphone erreichbar, Internetverbindung              gefordert.
    über ein öffentliches W-Lan oder mobiles Inter-
                                                           Dieses Unterrichtsbeispiel setzt beim lebens-
    net stehen meist zur Verfügung. Alternativ dazu
                                                       395 weltlichen Bezug an, bei einer alltäglichen Auf-
350 könnte auch ein Offline-Routenplaner verwen-
                                                           gabe. Es fördert die digitale Kompetenz durch
    det werden, wie er z. B. in Guru-Maps (2020)
                                                           Auswahl und Nutzung eines Softwarewerkzeu-
    global verfügbar ist.
                                                           ges, es fordert die Reflexion der Ergebnisse und
    Weiters bringt die Verwendung des Routenpla-           der Handlungsweisen ein und leitet Erkennt-
    ners auch die Gelegenheit zu einer weiterfüh-      400 nisse für zukünftige Handlungsentscheidungen
355 renden Diskussion: Welchen Ausgangspunkt               ein. In diesem Sinne erfüllt es auch viele Krite-
    hat der Routenplaner gewählt, welchen                  rien von Kompetenzorientierung.

                                                                                                           6
C. Breitfuss & A. Koller (2022)       Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

      Basiskonzepte und geografische Bildung
    Das vorliegende Unterrichtsbeispiel kann aus                gen mit. – Dies könnte man dem Basiskonzept
405 verschiedenen Gründen als Teil des Geografie-               place zuordnen.
    bzw. GW-Unterrichts betrachtet werden. For-
                                                                Die bewusste Unterscheidung zwischen space
    mal gesehen, kann es folgenden Richtlernzielen
                                                          445   und place und die differenzierte Argumentati-
    bzw. Kompetenzbeschreibungen des GW-Lehr-
                                                                onsweise sind Teil der geografischen Bildung.
    plans zugeordnet werden:
                                                                ➢ Raumkonstruktion und Raumkonzepte:
410       o   5. Schulstufe4
                                                              Ähnliche verhält es sich mit dem Bezug zu ver-
      „ … ihr persönliches Leben auf verschiedenen            schiedenen Raumkonzepten, beispielsweise je-
      Maßstabsebenen mit Hilfe von Geomedien ein-         450 nen von Wardenga (2002, 2017): Die simple
      ordnen und darstellen.“ (Lehrplankommission             Verortung von Ausgangs- und Zielpunkt wäre
      GW 2020: 5)                                             dem Containerraum zuzuordnen. „Räume als
415       o   6. Schulstufe                                   System von Lagebeziehungen materieller Ob-
                                                              jekte“ (Wardenga 2002: 47) werden bei der Be-
      Erwerben grundlegender Informationen und
                                                          455 stimmung der automatisierten Routenwahl
      Fertigkeiten für die richtige Wahl von Verkehrs-
                                                              durch minimale Distanz oder minimale Zeit an-
      mitteln.“ (BMUKK 2020: 4)
                                                              gesprochen. Spricht hingegen der Lernende von
          o   7. Schulstufe                                   seinen persönlichen Motiven für eine gewählte
420 „Unterwegs in Österreich: Schüler suchen Ver-             Route, kommen „Räume als Kategorien von Sin-
    kehrsverbindungen mit Hilfe von Karten aus ih-        460 neswahrnehmung“ zur Sprache. Und blickt man

    rer unmittelbaren Umgebung, … Dabei soll die              auf die Visualisierung in einem Geodienst, so
    Rolle des Verkehrsgeschehens im Alltagsleben              werden manche Zusatzinformation angezeigt,
    … bewusst gemacht werden“ (Antoni et al.                  andere aber fehlen; der Algorithmus konstru-
425 1985: 30,31)                                              iert ein bestimmtes Bild von Raum.

      Konzeptionell betrachtet, knüpft dieses Unter-      465   ➢ Wahrnehmung und Darstellung / Precep-
      richtsbeispiel an folgende Basiskonzepten der               tion und Representation:
      geografischen Bildung an; vgl. Artikel von Pich-           Die Überlegungen zum 3. und 4. Raumbegriff,
      ler & Jekel in diesem Sammelband.                          der Raumwahrnehmung und der Raumkon-
                                                                 struktion, lassen sich auf dieses Basiskonzept
430       ➢ Place und Space                               470    übertragen. Hinzu kommen wesentliche Fra-
    Die Suche mittels Routenplaner basiert auf dem               gen der Visualisierung, der Auswahl bzw. Re-
    physischen Abstand, der Entfernung von Aus-                  duktion der Information sowie der grafischen
    gangs- zu Zielpunkt. Hinzu kommen als Eigen-                 Gestaltung mit Signaturen.
    schaft die Dauer zur Überwindung dieser Dis-
435 tanz mit einem bestimmten Verkehrsmittel. –
                                                              Darüber hinaus spielt die Algorithmizität (vgl
    Diese können dem Basiskonzept space zugeord-          475 Pichler & Jekel in diesem Band) in diesem Un-
    net werden.                                               terrichtsbeispiel eine zentrale Rolle. Es ist ein
                                                              gutes Beispiel für ubiquitäre Verfügbarkeit und
    Wenn Lernende hingegen von ihrer bevorzug-                Interaktivität der Geomedien. Es ist aber auch
    ten Route sprechen, wenn sie argumentieren,               ein Beispiel für die Integration in verschiedene,
440 warum sie diese wählen, spielen viele persönli-       480 bestehende Basiskonzepte, wie es die beiden
    che Aspekte, Wahrnehmungen und Erfahrun-                  Autoren fordern.

      4
          aufsteigend ab 2023/24 gültig

                                                                                                              7
C. Breitfuss & A. Koller (2022)              Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

    Fazit
    Dieses Unterrichtsbeispiel ermöglicht, mit den                    gezielt zu nutzen, sind Teilaspekte von Compu-
    Daten und Ergebnissen von Geodiensten be-                         tational Thinking, einem der Kompetenzberei-
485 wusst umzugehen, Geomedien kritisch und re-                   495 che der digitalen Grundbildung. In diesem Sinne
    flektiv zu nutzen sowie eigene Handlungsoptio-                    stellen (digitale) Geomedien nicht nur ein all-
    nen zu entwickeln. Damit trägt es zur geografi-                   tägliches Werkzeug dar, sondern tragen als not-
    schen Bildung sowie zum Bildungsauftrag des                       wendiger Bestandteil zur Medienkompetenz
    GW-Unterricht genauso bei wie zur Förderung                       unserer Jugendlichen bei. Dies zu fördern, ist
490 digitaler Kompetenzen innerhalb der digitalen                 500 Anliegen und regelmäßige Praxis der geografi-
    Grundbildung. Sich der Algorithmen in unserem                     schen Bildung sowie des GW-Unterrichts.
    Alltag bewusst zu werden und ihre Verwendung

    Literatur
    Antoni, W., Atschko, G., Forster, F., Friedl, G., Ladinger, P., Leitinger, J., Meier, E., Paschinger, A. & Sitte, W. (1985).
        Lehrplanservice, Geografie und Wirtschaftskunde (HS & AHS) Kommentarheft 2 (S. 28 – 47). Wien: ÖBV.
        https://www.edugroup.at/fileadmin/DAM/eduhi/data_dl/Lehrplan85_Geografie_und_Wirtschafts-
        kunde_Kommentar.pdf (1.11.2020).
    BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung. (2014). Grundsatzerlass zur Medienerziehung.
       https://www.bmbwf.gv.at/dam/jcr:f874e171-83ea-4e51-902b-48b373b3a187/2012_04.pdf (11.03.2021).
    BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (2020). Digitale Schule, Digitale Endgeräte
       für Schülerinnen und Schüler. https://digitaleschule.gv.at/digitale-endgerate-fur-schulerinnen-und-schuler/
       (24.3.2021).
    BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (2018). Lehrplan Verbindliche Übung Digi-
       tale Grundbildung. https://www.ris.bka.gv.at/Doku-
       mente/BgblAuth/BGBLA_2018_II_71/BGBLA_2018_II_71.pdfsig (11.03.2021).
    BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (o. J./a). Digitale Kompetenzen Informati-
       sche Bildung. https://digikomp.at/ (11.03.2021).
    BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (o. J./b). Globales Lernen und Global Citi-
       zenship Education. https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/ba/globales_lernen.html
       (24.3.2021).
    BMUKK – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur. (2000). Lehrplan der AHS-Unterstufe für Geografie
       und Wirtschaftskunde, Bildungs- und Lehraufgabe. In Bundesgesetzblatt II 133 v. 11.5.2000, 1044 – 1048.
       https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs9_784.pdf?4dzgm2 (30.1.2016).
    Boyer, L. & Scholda H. (1990). Die Integration der EDV/Informatik in die Unterrichtsgegenstände – Informatik als
        Unterrichtsprinzip. In A. Reiter & A. Rieder (Hrsg.) Didaktik der Informatik. Informations- und kommunikaions-
        technische Grundbildung (S. 158 – 168). Wien: Jugend & Volk.
    Claaßen K. (1997). Arbeit mit Karten. In Praxis Geografie 11, 4 – 13.
    Felgenhauer, T. & Gäbler K. (2019). Geografien digitaler Alltagskultur, Überlegungen zur Digitalisierung in Schule
         und Unterricht. In GW-Unterricht 154, 5 – 20. https://doi.org/10.1553/gw-unterricht154s5 .
    Google Inc. (2020). Google Maps. http://maps.google.com (24.3.2021).
    Guru Maps. (2020). Guru Maps. https://gurumaps.app/ (24.3.2021).
    HGD -Hochschulverband für Geografiedidaktik. (2020). Der Beitrag des Fachs Geografie zur Bildung in einer durch
        Digitalisierung und Mediatisierung geprägten Welt. http://geografiedidaktik.org/wp-content/uplo-
        ads/2020/11/Positionspapier_Geografische_Bildung_und_Digitalisierung_2020.pdf (24.3.2021).
    Jekel, T., Gryl. I. & Oberrauch A. (2015). Education for Spatial Citizenship: Versuch einer Einordnung. In GW-Unter-
          richt 137, 5 – 13. http://www.gw-unterricht.at/images/pdf/gwu_137_05_13-_jekel_gryl_oberrauch.pdf
          (8.12.2017).

                                                                                                                               8
C. Breitfuss & A. Koller (2022)           Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

      Lehrplankommission GW. (2020). Fachlehrplan für den Gegenstand Geografie und Wirtschaftliche Bildung. Entwurf
           5 v. 10.8.2020.-https://www.eduacademy.at/gwb/mod/resource/view.php?id=23815 (23.12.2020).
      Micheuz, P. (2017). Vom Coding zur Digitalen Grundbildung. In Schule aktiv, Coding, Als Baustein der digitalen
          Grundbildung. Sonderheft, 5 – 7. https://pubshop.bmbwf.gv.at/index.php?rex_media_type=pubshop_down-
          load&rex_media_file=coding_2017.pdf (19.03.2021).
      Narosy, T. (2015). Auf dem Weg zur „digital-inklusiven“ Fachdidaktik. Eine Einladung zum Diskurs. In IMST-Newslet-
          ter „Fachdidaktik meets digitale Medien“ 43, 3 – 8. https://www.imst.ac.at/app/webroot/files/ueber_imst/o-
          effentlichkeitsarbeit/imst_newsletter_43.pdf (24.3.2021).
      Reiter, A. (1990). EDV/Informatik im österreichischen Bildungswesen. In A. Reiter & A. Rieder (Hrsg.) Didaktik der
           Informatik. Informations- und kommunikaionstechnische Grundbildung. (S. 118 – 140). Wien: Jugend & Volk.
      Sitte, W. (2001). Lehrpläne II. Anhang: Gegenüberstellung - Der "GW-Lehrplan 1985/86" und der "GW-Lehrplan
            2000" im Vergleich.- In: Wolfgang Sitte und Helmut Wohlschlägl (Hrsg.) Beiträge zur Didaktik des "Geografie
            und Wirtschaftskunde"-Unterrichts.- Wien. (= Materialien zur Didaktik der Geografie und Wirtschaftskunde,
            Bd. 16). 233 - 247.
      Strobl, J. (2009). Kartographie als Benutzerschnittstelle für Geoinformation. In K. Kriz, W. Kainz & A. Riedl, Geokom-
           munikation im Umfeld der Geografie. Tagungsband zum Deutschen Schulgeografentag 2009 in Wien (S. 204 –
           208). Wien. (= Wiener Schriften zur Geografie und Kartographie 19).
      Traun, C., Jekel, T., Loidl, M., Vogler, R., Ferber, N. & Gryl, I. (2013). Neue Forschungsansätze der Kartographie und
           ihr Potential für den Unterricht. In GW-Unterricht 129, 5 – 17. http://www.gw-unter-
           richt.at/images/pdf/gwu_129_005_017_-traun_et_al.pdf (8.12.2017).
      VOR - Verkehrsverbund Ost-Region. (2016). Vor AnachB. https://anachb.vor.at/ (24.3.2021).
      Wardenga, U. (2002). Räume in der Geografie, Zu Raumbegriffen im Geografieunterricht. In: Wissenschaftliche
          Nachrichten 120, 47 – 52.
      Wing, J. (2006). Computational Thinking. http://www.cs.cmu.edu/~wing/publications/Wing06.pdf (11.03.2021).
      ZUM - Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet (Hrsg.). (2021). Algorithmus. https://unterrich-
          ten.zum.de/wiki/Algorithmus (11.03.2021).

      Anhang

505   Die Initiativen der Bildungspolitik
     Die Anliegen der digitalen Grundbildung beglei-                 einzelnen Schulstufen anzustrebende Kompe-
     ten die österreichische Schule schon fast durch                 tenzen konkretisiert und als digi.komp publi-
     ein halbes Jahrhundert. Es begann 1985/86 mit               525 ziert. In jedem der Modelle, digi.komp4,
     der Einführung der Computer in der verbindli-                   digi.komp8 und digi.komp12 wurde festgelegt,
 510 chen Übung bzw. im Pflichtfach Informatik im                    was am Ende der 4., 8. oder 12. Schulstufe als
     letzten Jahr der neunjährigen Schulpflicht. Sie                 digitale, informatische und medienbezogene
     setzte sich fort in der Diskussion über „Träger-                Kompetenzen zu erreichen ist. DigiKompP legt
     fächer“ in der Sek. I um 1990 herum und führte              530 dies für die Aus- und Fortbildung von Päda-
     zum Unterrichtsprinzip „Medienerziehung“, zu-                   gog*innen fest. (vgl. BMBWF o.J./a).
 515 letzt aktualisiert im Jahr 2014. Auch die Initiati-
                                                                     Ein weiterer wesentlicher Schritt war die Veran-
     ven des „8-Punkte-Planes“ mit der österreich-
                                                                     kerung der verbindlichen Übung Digitale
     weiten Einführung von Tablets oder Notebooks
                                                                     Grundbildung in der Sekundarstufe I (vgl. BMBF
     in der 5. Schulstufe im Schuljahr 2021/22 zählen
                                                                 535 2018). Dies erfolgt im Umfang von zwei bis vier
     genauso dazu (vgl. Reiter 1990, Boyer & Scholda
                                                                     Wochenstunden innerhalb von vier Jahren, wo-
 520 1990, BMBF 2014, BMBWF 2020).
                                                                     bei eine Wochenstunde 32 gehaltenen Unter-
      Neben Investitionen in Hardware und der Fest-                  richtsstunden entspricht.
      legung der Verantwortlichkeiten wurden die in

                                                                                                                           9
C. Breitfuss & A. Koller (2022)       Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts

    Bei der Umsetzung der Inhalte kann jede Schule             Der Lehrplan GW an Österreichs Schulen for-
540 entscheiden, ob die Stundentafel so abgeän-                dert von jeher schon den Einsatz vielfältiger
    dert wird, dass ein eigenes Unterrichtsfach ent-           Medien im Unterricht (vgl. Sitte 2001: 238). Für
    steht, ob man versucht, die Inhalte integrativ in      560 die Sekundarstufe I gab es bereits im Lehrplan
    den Unterricht der bestehenden Fächer einzu-               1985/86 ein eigenes Kapitel Funktion der Me-
    binden oder ob eine Mischform aus eigenem                  dien. Im Lehrplan 2000 werden in den didakti-
545 Unterrichtsfach und integrativer Form entwi-               schen Grundsätzen Formen der Medienarbeit
    ckelt wird. Auf den ersten Blick wirken die Kom-           angesprochen. Die Begriffe Geomedien, digital
    petenzbereiche der verbindlichen Übung etwas           565 oder computergestützt sind dabei noch nicht zu
    techniklastig, und es läge nahe, das Ganze auf             finden, sehr wohl aber der Begriff „elektro-
    ein eigenes Fach auszulagern, was aber – nach              nisch“. Mit dem Begriff der Geomedien wurde
550 Einschätzung des Autorenteams - nur bei einer              nun im Lehrplan 2020 ein Oberbegriff verwen-
    Minderheit an Schulen erfolgt ist. Die integra-            det, der analog und digital umfasst, zugleich
    tive Umsetzung fördert die fachliche und inhalt-       570 aber einen klaren Hinweis auf die Digitalität und
    liche Breite der Anwendungen von digitaler                 Medienaffinität der Lebenswelt der Jugendli-
    Grundbildung. Das Fach GW mit seinem integ-                chen und der Gesellschaft im 21. Jh., den digita-
555 rativen Anspruch von geografischer und wirt-               len Kulturen, setzt.
    schaftlicher Bildung ist dafür bestens geeignet.

      Anhang 2: Zur Einordnung

      Geografische Bildung in digitalen Kulturen
      Perspektiven für Forschung und Lehre
      Beitrag: „Best-Practice-Beispiel“

      #2 … vermittelt lebensweltbezogene Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie fachliche Konzepte im Umgang
      mit digitaler Geoinformation als Kulturtechnik

      #3 … befähigt, aufbauend auf individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten Phänomene, Strukturen und
      Prozesse mittels Geografischer Konzepte und digitaler Geomedien darzustellen, zu systematisieren und zu
      analysieren.

      Teaser

      Computational Thinking als Teil der digitalen Grundbildung ist ein fixer, aber oft unentdeckter Bestandteil
      des Geografie- bzw. GW-Unterrichts. Dieses Unterrichtsbeispiel zu Wegbeschreibungen und Routensuche
      mit Hilfe von Geomedien zeigt auf, wie einerseits geografische Basiskonzepte zur Anwendung kommen
      und andererseits Medienkompetenz neben der digitalen Kompetenz entwickelt wird.

      Zusammenfassung

      Computational Thinking ist einer von acht Kompetenzbereichen der digitalen Grundbildung, die von der
      fünften bis zur achten Schulstufe an Österreichs Schulen verpflichtet vermittelt wird. Ihr zentrales Anlie-
      gen ist das Verstehen von Wirkmechanismen, Regeln und Algorithmen in unserem von Digitalität durch-
      drungenen Alltag. Hier setzt das Unterrichtsbeispiel an, das auf Wegbeschreibungen und Routensuche
      fokussiert und Basiskonzepte wie space, place und Wahrnehmung und Darstellung der geografischen Bil-
      dung verwirklicht:

      Aktive Handlungsentscheidungen eröffnen den Lernenden Chancen auf Partizipation, sodass auch der Bei-
      trag von Geomedien zur „politischen Kompetenz“, dem dritten Teil der digitalen Grundbildung, deutlich
      wird.

                                                                                                              10
Sie können auch lesen