Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts. Ein Beitrag der geografischen Bildung zur digitalen Grundbildung.
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In: Fabian Pettig & Inga Gryl (Hrsg.). 2022 (in Druck). Geographische Bildung in digitalen Kulturen. Perspektiven für Forschung und Lehre.- Heidelberg: Springer. S. folgt. Claudia Breitfuss-Horner* & Alfons Koller** Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts. Ein Beitrag der geografischen Bildung zur digitalen Grundbildung. * claudia.breitfuss@ph-linz.at, Pädagogische Hochschule der Diözese Linz ** kol@ph-linz.at, Pädagogische Hochschule der Diözese Linz Digitale Kulturen im Sinne dieses Sammelban- 20 Im österreichischen Unterrichtsfach Geografie des sind als Situationsbeschreibungen, charak- und wirtschaftliche Bildung (GW) leisten Lehr- terisierende Elemente oder Metaphern für Ge- kräfte durch ihre tagtägliche Unterrichtsarbeit, sellschaften und soziale Gruppen im 21. Jh. zu ihre „digital-inklusiven“ methodischen Überle- 5 verstehen. Sie können auf allen Maßstabsebe- gungen (vgl. Narosy 2015) und ihre fachdidakti- nen wahrgenommen werden: von Lokal (im 25 schen Reflexionen wesentliche Beiträge zu die- Haushalt, am Wohn-, Arbeits- oder Freizeit- ser digitalen Grundbildung. Aus deren acht standort) über Regional (im Ort, im Staat oder Kompetenzbereichen soll auf Computational in den grenzüberschreitenden Regionen) bis hin Thinking Bezug genommen werden, das im 10 zu Global (im Sinne der digital vernetzten Welt). Sinne von Wing (2006) einen zentralen Teil der 30 Allgemeinbildung darstellt. Zusätzlich knüpft Digitale Grundbildung ist, so wie die „informati- dieses Unterrichtsbeispiel an verschiedene Ba- sche Bildung“ in der Schweiz und in Deutsch- siskonzepte der „geografischen Bildung“ an und land1, eine Forderung der österreichischen Bil- zeigt, welcher Beitrag zur digitalen Grundbil- dungspolitik, welche auf diese digitalen Kultu- dung möglich ist. Es fokussiert auf Algorithmen 15 ren reagiert und ihre Vorstellungen konkreti- 35 als Teil geografischer Arbeitsmethoden sowie siert. In Lehrplänen und Kompetenzmodellen Computational Thinking in den Lernprozessen wie bespielsweise digiKomp (vgl. BMBWF o. geografischer Bildung. J./a) wird sie für bestimmte Altersstufen ver- bindlich festgelegt. Der Bildungsauftrag der digitalen Grundbildung2 Ein Verständnis von der digitalen Grundbildung Medienkompetenz 40 wird in der Bildungs- und Lehraufgabe des Lehr- … Aspekte der Produktion, der Repräsentation, planes der verbindlichen Übung festgelegt der Mediensprache und Mediennutzung. … ver- (BMBWF 2018: 3; eigene Hervorhebungen): 50 schiedenen Aspekte der Medien und Medienin- „Digitale Kompetenz halte zu verstehen und kritisch zu bewerten so- wie selbst in vielfältigen Kontexten zu kommu- … auf Basis eines breiten Überblicks … jeweils nizieren. … 45 passende Werkzeuge und Methoden auszuwäh- len, diese zu reflektieren und anzuwenden. Politische Kompetenzen 55 fördern die Demokratie und die aktive Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger. …“ 1 2 Aufgrund der gebotenen Kürze wird ausschließlich auf die Eine Zusammenfassung der Umsetzung der digita- digitale Grundbildung und die Lehrpläne in Österreich Bezug len Grundbildung in Österreich seit 1985 entnehmen genommen. Die Überlegungen sind aber auf bundesdeutsche Sie bitte dem Anhang: „Die Initiativen der Bildungs- oder Schweizer Verhältnisse übertragbar. politik“. 1
C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts Dieses Kompetenzmodell ist eine Weiterent- 65 Im Vergleich zum TPACK-Modell der Gesell- wicklung der Digi.komp-Modelle, die in Öster- schaft für digitale Bildung (vgl. Harris & Hofer reich für verschiedene Altersstufen entwickelt 2011) geht es aber deutlich über dieses hinaus. 60 wurden (vgl. BMBWF o. J./a). Diese Modelle Anstelle des Wissenstransfers von der Lehrper- sind inhaltsorientiert, bauen aufeinander auf; son zu den Lernenden steht ein kompetenzori- sie bilden Module ab, welche die Lernenden bis 70 entierter Bildungsauftrag im Mittelpunkt. zu einer gewissen Altersstufe absolvieren sol- len. Spatial citizenship Education und digitale Grundbildung Im Fokus stehen die Schüler*innen: Sie sollen ständig zu informieren und zu kommunizieren, auf ihr durch Digitalität durchdrungenes „Leben 95 ihre eigene Meinung zu bilden und diese aktiv und Wirtschaften“ vorbereitet werden (vgl. Fel- zu vertreten – und das nicht nur im „realen“ Le- 75 genhauer & Gäbler 2019). Technologien, die ben, sondern auch in der netzwerkbasierten schon lange in unserem Alltag Einzug gehalten Kommunikation des „virtuellen“ Alltags (com- haben, werden endlich auch in der Schule ver- munication, participation and negotiation). pflichtend thematisiert. Die Anwendung geo- 100 In diesem Sinne werden alle drei Komponenten grafischer Arbeitsmethoden verbunden mit di- der Spatial Citizenship Education (vgl. Jekel et 80 gitalen Werkzeugen eröffnen den Schüler*in- al. 2015) angesprochen, welche ja auch als ein nen eigene Entscheidungsmöglichkeiten, wie Beitrag der geografischen Bildung für digitale sie diese im schulischen, beruflichen und priva- Kulturen angesehen werden kann. Technology ten Kontext einsetzen können und wollen (tech- 105 and methodology competencies stehen der di- nology and methodology competencies; vgl gitalen Kompetenz im Modell der digitalen 85 Jekel et al. 2015). Grundbildung nahe. Reflecion and reflexivity so- Ziel ist es, durch regelmäßige Verwendung den wie communication, participation and negotia- Umgang mit unterschiedlichen Medien, wie tion fördern Medienkompetenz und politische Bild, Text, Ton, Karten und anderen interaktiven 110 Kompetenzen im Sinne der Grundbildung. (vgl. Geomedien, zu üben sowie ihre Verwendung im HGD 2020, BMBWF o.J./b, Jekel et al. 2015). – 90 Alltag kritisch zu reflektieren (reflecion and re- Dies zeigt eine Argumentationslinie auf, wie ge- flexivity). ografische Bildung digitale Grundbildung unter- stützen kann. Die Lernenden werden befähigt, digitale Me- dien kompetent zu verwenden, sich eigen- 115 Computational Thinking als Teil der digitalen Grundbildung Die Digitale Grundbildung fordert die inhaltli- o Technische Problemlösung che Vermittlung von folgenden acht Kompe- o Computational Thinking tenzbereichen (vgl. BMBWF 2018): 130 Speziell beim Kompetenzbereich Computatio- o Gesellschaftliche Aspekte von Medien- nal Thinking fragen sich viele Lehrpersonen: 120 wandel und Digitalisierung Welchen Wert hat das für meinen Unterricht? o Informations-Daten- und Medienkompe- Sind Programmieren und Codieren (engl. tenz Coding) Teil der geografischen Bildung? Was ist o Betriebssysteme und Standard-Anwen- 135 überhaupt Computational Thinking? (vgl. Mi- dungen cheuz 2017) 125 o Mediengestaltung o Digitale Kommunikation und Social Media Bei Computational Thinking geht es aber um o Sicherheit weit mehr als Programmieren oder die 2
C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts Bedienung eines Computers: Es geht um das Allgemeinbildung von Jugendlichen sein soll 140 Verstehen, wie Wirkmechanismen (Regeln, Al- (vgl. Wing 2006). gorithmen, Automatisierung, …) – von Nut- Der Lehrplan zur Verbindlichen Übung Digitale zer*innen oft unbemerkt – agieren, und infor- Grundbildung nennt folgende Richtlernziele in- matische „Denk-“Prozesse unseren Alltag be- 175 nerhalb des Computational Thinking (BMBWF einflussen. Wenn man Informationen googelt, 2018: 7): 145 den Wetterbericht auf das Smartphone holt oder den nächsten Supermarkt virtuell sucht, o „Nennen und Beschreiben von Abläufen sind wir tagtäglich mit Algorithmen konfron- aus dem Alltag, tiert. Unsere Suchanfragen und Bewegungs- o Verwenden, Erstellen und Reflektieren von muster werden in der Regel mitprotokolliert 180 Codierung (Geheimschrift, QR-Codes), 150 und ausgewertet. Diese Informationen ent- o Nachvollziehen und Ausführen von ein- scheiden, was einem bei der nächsten Web-Su- deutigen Handlungsanleitungen und che angezeigt wird und was verborgen bleibt. o das verbale und schriftliche Formulieren eindeutiger Algorithmen.“ Computational Thinking bedeutet aber auch in- formatisches Denken, populistisch formuliert, 185 Weiters wird auch die kreative Nutzung von 155 „Denken wie ein Computer“ oder „Kommuni- Programmiersprachen genannt, wo Schüler*in- zieren, sodass der Computer es versteht“. Oft nen einfache Programme mit geeigneten Tools steht dabei die Mensch-Computer-Schnittstelle erstellen, um Probleme zu lösen und unter- im Mittelpunkt, wie ja schon Strobl (2009) Kar- schiedliche Programmiersprachen und Produk- ten als Interface zwischen Nutzer*innen und 190 tionsabläufe zu kennen (vgl. BMBWF 2018: 7). 160 Datenbank bezeichnet hat. Während die ana- In diesem Sinne leistet Computational Thinking loge Karte Informationen speicherte und zu- einen Beitrag zum formalen Denken. Analysie- gleich ihre Visualisierung enthielt, sind im Feld ren und Abstrahieren stehen im Mittelpunkt, der digitalen Geomedien Daten auf einem Ser- wie es in verschiedenen Bildungsanliegen im- ver in der Cloud (über das Internet erreichbar) 195 mer schon ein Thema war; beispielsweise in der 165 gespeichert, die Suche und Abfrage genauso Beschäftigung mit der Mengenlehre in der Ma- wie die Darstellung und Visualisierung steuern thematik, in der Darstellung in Struktogrammen dann der/die Nutzer*in und Algorithmen. Com- in der Informatik oder beim Lesen und Interpre- putational Thinking wird so zu einer grundle- tieren von Metaphern in Sprachfächern wie La- genden Fähigkeit, die neben Lesen, Schreiben 200 tein, Griechisch oder Deutsch. 170 und Rechnen ein fixer Bestandteil der Wegbeschreibung als Algorithmus und Kommunikationsprozess Als exemplarisches Beispiel für Computational 215 o Lagebeziehungen wie „vor, nach, hinter“ Thinking soll nun folgende, fast banal klingende etc., Aufgabenstellung aus dem GW-Unterricht die- o Richtungsangaben, bestehend aus Him- 205 nen: „Beschreibe den Weg von A nach B, bei- melsrichtungen, Zielorten (z. B. „in Rich- spielsweise von der Schule bis zur Haltestelle tung von“) oder einfach „links“ oder“ deines Regionalbusses.“ 220 rechts“ der Bewegungsrichtung, o Distanzangaben in Schritten oder metri- Üblicherweise erwartet man die Antwort in der schen Maßen sowie Fachsprache, welche verschiedene Elemente o Bewegungsangaben wie „gehe“, „folge“, 210 enthält: „biege … ab“, ... o Positionsangaben wie „an dieser Stelle“, „an der Adresse“, „in der Straße“, „bei die- 225 Bei dieser Wegbeschreibung oder der Hand- ser Landmarke“, „bei diesem Point-of-Inte- lungsanleitung, wie man von A nach B kommt, rest“ oder „an der Koordinate“, wird ein wiederholbarer Ablauf Schritt für 3
C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts Abbildung 1: Grafische Handlungsanleitung auf Basis der Basemap (1a) und Google Maps (1b) 1a: Routenplaner https://anachb.vor.at, 1b: Routenplaner von http://maps.google.at, VOR 2016 Google Inc. 2020 Schritt – so genau wie möglich – mündlich, dazu wäre im Geografie- bzw. GW-Unterricht schriftlich oder grafisch kommuniziert. Jede denkbar. 230 einzelne Anweisung muss genau festgelegt Abbildung 4 zeigt dieselbe Wegbeschreibung – sein, damit der gesamte Vorgang von jemand automatisiert erstellt – aus einem Routenpla- anderen nachvollzogen und wiederholt werden 250 ner, in diesem Fall Google Maps. Jeder einzelne kann. Abbildung 1 a/b stellt eine grafische Schritt ist eine Anweisung. Wenn man den An- Handlungsanleitung dar, einen Straßenplan mit weisungen genau folgt, ist die Beschreibung 235 eingezeichnetem Routenvorschlag. nachvollziehbar und führt zum gewünschten Eine Handskizze wäre eine alternative Möglich- Zielort. keit. In ihr sind freihand wesentliche Landmar- 255 Ohne es explizit genannt zu haben, wird bei die- ken (Points-of-Interest) sowie die Wegroute ge- sen Beispielen mit Algorithmen gearbeitet: zeichnet. Vgl. Abb. 2. 240 Dieselbe Handlungsanleitung könnte auch in textlicher Form erfolgen oder als Audio oder Vi- Von der Schule zur Bushaltestelle: deo bereitgestellt werden. Auch eine kombi- 1. Du stehst vor dem Eingang der Schule. nierte Form mit einer mündlichen Beschreibung Wende dich nach links und folge dem Ver- der Handskizze oder der Wegroute am Stadt- lauf der Krankenhausstraße. 245 plan inklusive den Hintergrundüberlegungen 2. Überquere die Khevenhüllerstraße und folge dem Straßenverlauf. 3. Biege in die Eisenhandstraße nach rechts ab. 4. Biege bei der nächsten Kreuzung in die Volksfeststraße nach links ab. 5. Folge der Volksfeststraße, bis du den Hes- senplatz erreicht hast. Er hat Parkcharakter. 6. Biege links ab, und du siehst die Bushalte- stelle. Abbildung 2: Grafische Handlungsanleitung in einer händischen Abbildung 3: Textliche Handlungsanleitung einer Lehr- Wegskizze. (Zeichnung eines Jugendlichen) person zu Abb. 1a 4
C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts „Ein Algorithmus (auch genannt Lösungsverfah- 260 ren) ist eine Handlungsvorschrift zur Lösung ei- nes Problems in endlich vielen Schritten. Diese Verarbeitungsvorschrift besteht aus einer end- lichen Folge von eindeutig ausführbaren Anwei- sungen, welche bei gleichen Voraussetzungen 265 immer gleiche Ergebnisse liefert. Der Algorith- mus wird durch einen aus elementaren Anwei- sungen bestehenden Text beschrieben.“ (ZUM 2021) Abbildung 4: Textliche Handlungsanleitung aus dem Rou- tenplaner von Google Maps (vgl. http://maps.google.com, Google 2020) Im unterrichtlichen Kontext 270 Dieses konkrete Unterrichtsbeispiel für die Se- 4. Vergleiche diese Route mit der, die du täg- kundarstufe I könnte folgendermaßen formu- lich nimmst. Notiere deine Überlegungen, liert sein: 290 warum die Route eventuell abweichen wird. 1. Öffne den Routenplaner anachb.vor.at in 5. Verfasse auf einem Extra-Blatt schriftlich einem Web-Browser. eine eigene Anleitung zum Finden der 275 2. Wähle zwischen einer der Aufgabenstel- Wegroute. Gib den Ausgangsort an, be- lungen: 295 nenne aber das Ziel deines Weges nicht. a. Wenn du sehr nahe bei der Schule 6. Tausche diese Anleitung mit deinem/dei- wohnst: Lass dir deinen Weg zu Fuß von ner Sitznachbar*in aus. zu Hause zur Schule anzeigen. 7. Löse auch ihre bzw. seine Aufgabenstel- 280 b. Lass dir deinen Fußweg von zu Hause zu lung. Suche den Startpunkt im Routenpla- deiner Einstiegshaltestelle deines Bus- 300 ner bzw. im digitalen Stadtplan. Verfolge ses anzeigen. die Route und ermittle das Ziel. c. Lass dir deinen Fußweg von der Schule 8. Vergleiche gemeinsam mit deinem/deiner zu deiner Bushaltestelle anzeigen. Sitznachbar*in die gefundenen Routen. Er- 285 3. Gib in den Routenplaner die beiden Adres- örtere die Unterschiede und eventuell auf- sen bzw. die Adresse und deine Haltestelle 305 getretene Probleme.3 ein. Reflexion und Evaluierung Der Vergleich zweier Lösungen (in Pkt. 8 des Un- Vorgang, um festzustellen, wie genau eine terrichtsverlaufes) ist ein äußerst wichtiger 310 Handlungsanleitung sein muss, um dieser 3 Eine ähnliche Aufgabenstellung des Autoren- https://gw.schule.at/portale/geografie-und-wirt- teams auf nationaler Maßstabsebene wäre am Bil- schaftskunde/lernpakete/detail/weg-routensuche- dungsportal von schule.at zu finden: in-oesterreich.html. 5
C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts folgen zu können. Den Lernenden soll bewusst Ausgangspunkt wähle ich? Die Verwendung von gemacht werden, dass viele Informationen bei unterschiedlichen Routenplanern liefert ver- der Beschreibung des Vorgangs vorausgesetzt schiedene Ergebnisse: Der Routenplaner vom werden, wie zum Beispiel der genaue Start- 360 Verkehrsverbund Ost-Region (Abb. 1a) nimmt 315 punkt: Gehe ich vom Haupteingang der Schule trotz gleicher Adresseingabe einen anderen weg oder von einem Nebeneingang? Gibt es Ausgangspunkt als der Routenplaner von dort, wo ich in den Bus steige, mehrere Ein- Google Maps (Abb. 1b). Auch werden automa- stiegsmöglichkeiten? tisiert Alternativ-Routen angeboten. Ebenso der Aspekt der Abweichungen zur Le- 365 Das Wissen über Existenz und Verwendung von 320 benswelt der Lernenden (in Pkt. 4 des Unter- Algorithmen im Alltag liefert Schüler*innen richtsverlaufes) ist wesentlich: Kann ein Rou- eine Basis, sich damit kritisch auseinanderzu- tenplaner die Abkürzung kennen, die ich täglich setzen: Ist dies - auch meiner Meinung nach - nehme? Warum wird mir diese Route vorge- die beste Route? Welche Faktoren werden in schlagen? Warum nehme ich eine andere? Wie 370 Betracht gezogen, welche werden ignoriert? 325 kann ich die vorgeschlagene auf meine favori- Muss ich mich jetzt an diesen Vorschlag halten? sierte Route ändern? – Das ist ein wesentliches Anliegen von Spatial Thinking und Spatial Citizenship Education (vgl. Im Sinne der Auseinandersetzung mit Codie- Traun et al. 2013, Jekel et al. 2015). rung als Teil digitaler Kulturen verdienen auch die Zusatzinformationen in den Geomedien Be- 375 Auch fächerverbindende bzw. übergreifende 330 achtung: Sind diese sparsam wie in der Base- Themen können angesprochen werden: Wie map (Abb. 1a)? Oder fordern diese zum Weiter- gelangt man zum kürzesten Weg? Wie werden klicken auf, wie in Google Maps (Abb. 1b)? Wes- die Algorithmen weiterentwickelt, um zum halb werden Geodienste unterschiedlich gestal- schnellsten, billigsten oder ökologisch günstigs- tet? Wer trägt jeweils die Herausgeberschaft 380 ten Weg zu gelangen. Damit werden Fragen der 335 und welche Interessen verfolgt diese? Visualisierung mit Graphen, einem alltagstaug- lichen Inhalt des Mathematikunterrichts, oder Alternativ zur Verwendung eines Routenpla- bei Modellierung auch des Informatikunter- ners könnte prinzipiell die Aufgabenstellung richts angesprochen. auch mit einem analogen Stadtplan gelöst wer- den. Dieser müsste vorab in einer Trafik, einem 385 Die Lösung der Aufgabenstellung bleibt dabei 340 Buchgeschäft oder einer Tourist*inneninforma- nicht im Anforderungsbereich I, der Wegbe- tion gekauft bzw. organisiert werden. Dabei schreibung, stehen. Schüler*innen gelangen in bleibt das Lernen aber auf klassische Kartenle- den Anforderungsbereich II (Vergleichen und sefähigkeiten des 20. Jh. beschränkt (vgl. Analysieren verschiedener Routenvorschläge) Claaßen 1997). Die Verwendung eines Routen- 390 und III (Reflektieren meines eigenen Verhal- 345 planers entspricht wohl eher der Lebenswelt tens, Stellung beziehen und begründen). Ein hö- der Jugendlichen: Dieser Geodienst ist über das heres Maß an Eigenleistung der Lernenden wird Smartphone erreichbar, Internetverbindung gefordert. über ein öffentliches W-Lan oder mobiles Inter- Dieses Unterrichtsbeispiel setzt beim lebens- net stehen meist zur Verfügung. Alternativ dazu 395 weltlichen Bezug an, bei einer alltäglichen Auf- 350 könnte auch ein Offline-Routenplaner verwen- gabe. Es fördert die digitale Kompetenz durch det werden, wie er z. B. in Guru-Maps (2020) Auswahl und Nutzung eines Softwarewerkzeu- global verfügbar ist. ges, es fordert die Reflexion der Ergebnisse und Weiters bringt die Verwendung des Routenpla- der Handlungsweisen ein und leitet Erkennt- ners auch die Gelegenheit zu einer weiterfüh- 400 nisse für zukünftige Handlungsentscheidungen 355 renden Diskussion: Welchen Ausgangspunkt ein. In diesem Sinne erfüllt es auch viele Krite- hat der Routenplaner gewählt, welchen rien von Kompetenzorientierung. 6
C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts Basiskonzepte und geografische Bildung Das vorliegende Unterrichtsbeispiel kann aus gen mit. – Dies könnte man dem Basiskonzept 405 verschiedenen Gründen als Teil des Geografie- place zuordnen. bzw. GW-Unterrichts betrachtet werden. For- Die bewusste Unterscheidung zwischen space mal gesehen, kann es folgenden Richtlernzielen 445 und place und die differenzierte Argumentati- bzw. Kompetenzbeschreibungen des GW-Lehr- onsweise sind Teil der geografischen Bildung. plans zugeordnet werden: ➢ Raumkonstruktion und Raumkonzepte: 410 o 5. Schulstufe4 Ähnliche verhält es sich mit dem Bezug zu ver- „ … ihr persönliches Leben auf verschiedenen schiedenen Raumkonzepten, beispielsweise je- Maßstabsebenen mit Hilfe von Geomedien ein- 450 nen von Wardenga (2002, 2017): Die simple ordnen und darstellen.“ (Lehrplankommission Verortung von Ausgangs- und Zielpunkt wäre GW 2020: 5) dem Containerraum zuzuordnen. „Räume als 415 o 6. Schulstufe System von Lagebeziehungen materieller Ob- jekte“ (Wardenga 2002: 47) werden bei der Be- Erwerben grundlegender Informationen und 455 stimmung der automatisierten Routenwahl Fertigkeiten für die richtige Wahl von Verkehrs- durch minimale Distanz oder minimale Zeit an- mitteln.“ (BMUKK 2020: 4) gesprochen. Spricht hingegen der Lernende von o 7. Schulstufe seinen persönlichen Motiven für eine gewählte 420 „Unterwegs in Österreich: Schüler suchen Ver- Route, kommen „Räume als Kategorien von Sin- kehrsverbindungen mit Hilfe von Karten aus ih- 460 neswahrnehmung“ zur Sprache. Und blickt man rer unmittelbaren Umgebung, … Dabei soll die auf die Visualisierung in einem Geodienst, so Rolle des Verkehrsgeschehens im Alltagsleben werden manche Zusatzinformation angezeigt, … bewusst gemacht werden“ (Antoni et al. andere aber fehlen; der Algorithmus konstru- 425 1985: 30,31) iert ein bestimmtes Bild von Raum. Konzeptionell betrachtet, knüpft dieses Unter- 465 ➢ Wahrnehmung und Darstellung / Precep- richtsbeispiel an folgende Basiskonzepten der tion und Representation: geografischen Bildung an; vgl. Artikel von Pich- Die Überlegungen zum 3. und 4. Raumbegriff, ler & Jekel in diesem Sammelband. der Raumwahrnehmung und der Raumkon- struktion, lassen sich auf dieses Basiskonzept 430 ➢ Place und Space 470 übertragen. Hinzu kommen wesentliche Fra- Die Suche mittels Routenplaner basiert auf dem gen der Visualisierung, der Auswahl bzw. Re- physischen Abstand, der Entfernung von Aus- duktion der Information sowie der grafischen gangs- zu Zielpunkt. Hinzu kommen als Eigen- Gestaltung mit Signaturen. schaft die Dauer zur Überwindung dieser Dis- 435 tanz mit einem bestimmten Verkehrsmittel. – Darüber hinaus spielt die Algorithmizität (vgl Diese können dem Basiskonzept space zugeord- 475 Pichler & Jekel in diesem Band) in diesem Un- net werden. terrichtsbeispiel eine zentrale Rolle. Es ist ein gutes Beispiel für ubiquitäre Verfügbarkeit und Wenn Lernende hingegen von ihrer bevorzug- Interaktivität der Geomedien. Es ist aber auch ten Route sprechen, wenn sie argumentieren, ein Beispiel für die Integration in verschiedene, 440 warum sie diese wählen, spielen viele persönli- 480 bestehende Basiskonzepte, wie es die beiden che Aspekte, Wahrnehmungen und Erfahrun- Autoren fordern. 4 aufsteigend ab 2023/24 gültig 7
C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts Fazit Dieses Unterrichtsbeispiel ermöglicht, mit den gezielt zu nutzen, sind Teilaspekte von Compu- Daten und Ergebnissen von Geodiensten be- tational Thinking, einem der Kompetenzberei- 485 wusst umzugehen, Geomedien kritisch und re- 495 che der digitalen Grundbildung. In diesem Sinne flektiv zu nutzen sowie eigene Handlungsoptio- stellen (digitale) Geomedien nicht nur ein all- nen zu entwickeln. Damit trägt es zur geografi- tägliches Werkzeug dar, sondern tragen als not- schen Bildung sowie zum Bildungsauftrag des wendiger Bestandteil zur Medienkompetenz GW-Unterricht genauso bei wie zur Förderung unserer Jugendlichen bei. Dies zu fördern, ist 490 digitaler Kompetenzen innerhalb der digitalen 500 Anliegen und regelmäßige Praxis der geografi- Grundbildung. Sich der Algorithmen in unserem schen Bildung sowie des GW-Unterrichts. Alltag bewusst zu werden und ihre Verwendung Literatur Antoni, W., Atschko, G., Forster, F., Friedl, G., Ladinger, P., Leitinger, J., Meier, E., Paschinger, A. & Sitte, W. (1985). Lehrplanservice, Geografie und Wirtschaftskunde (HS & AHS) Kommentarheft 2 (S. 28 – 47). Wien: ÖBV. https://www.edugroup.at/fileadmin/DAM/eduhi/data_dl/Lehrplan85_Geografie_und_Wirtschafts- kunde_Kommentar.pdf (1.11.2020). BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung. (2014). Grundsatzerlass zur Medienerziehung. https://www.bmbwf.gv.at/dam/jcr:f874e171-83ea-4e51-902b-48b373b3a187/2012_04.pdf (11.03.2021). BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (2020). Digitale Schule, Digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler. https://digitaleschule.gv.at/digitale-endgerate-fur-schulerinnen-und-schuler/ (24.3.2021). BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (2018). Lehrplan Verbindliche Übung Digi- tale Grundbildung. https://www.ris.bka.gv.at/Doku- mente/BgblAuth/BGBLA_2018_II_71/BGBLA_2018_II_71.pdfsig (11.03.2021). BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (o. J./a). Digitale Kompetenzen Informati- sche Bildung. https://digikomp.at/ (11.03.2021). BMBWF – Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. (o. J./b). Globales Lernen und Global Citi- zenship Education. https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/ba/globales_lernen.html (24.3.2021). BMUKK – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur. (2000). Lehrplan der AHS-Unterstufe für Geografie und Wirtschaftskunde, Bildungs- und Lehraufgabe. In Bundesgesetzblatt II 133 v. 11.5.2000, 1044 – 1048. https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs9_784.pdf?4dzgm2 (30.1.2016). Boyer, L. & Scholda H. (1990). Die Integration der EDV/Informatik in die Unterrichtsgegenstände – Informatik als Unterrichtsprinzip. In A. Reiter & A. Rieder (Hrsg.) Didaktik der Informatik. Informations- und kommunikaions- technische Grundbildung (S. 158 – 168). Wien: Jugend & Volk. Claaßen K. (1997). Arbeit mit Karten. In Praxis Geografie 11, 4 – 13. Felgenhauer, T. & Gäbler K. (2019). Geografien digitaler Alltagskultur, Überlegungen zur Digitalisierung in Schule und Unterricht. In GW-Unterricht 154, 5 – 20. https://doi.org/10.1553/gw-unterricht154s5 . Google Inc. (2020). Google Maps. http://maps.google.com (24.3.2021). Guru Maps. (2020). Guru Maps. https://gurumaps.app/ (24.3.2021). HGD -Hochschulverband für Geografiedidaktik. (2020). Der Beitrag des Fachs Geografie zur Bildung in einer durch Digitalisierung und Mediatisierung geprägten Welt. http://geografiedidaktik.org/wp-content/uplo- ads/2020/11/Positionspapier_Geografische_Bildung_und_Digitalisierung_2020.pdf (24.3.2021). Jekel, T., Gryl. I. & Oberrauch A. (2015). Education for Spatial Citizenship: Versuch einer Einordnung. In GW-Unter- richt 137, 5 – 13. http://www.gw-unterricht.at/images/pdf/gwu_137_05_13-_jekel_gryl_oberrauch.pdf (8.12.2017). 8
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C. Breitfuss & A. Koller (2022) Computational Thinking als integrierter Teil des GW-Unterrichts Bei der Umsetzung der Inhalte kann jede Schule Der Lehrplan GW an Österreichs Schulen for- 540 entscheiden, ob die Stundentafel so abgeän- dert von jeher schon den Einsatz vielfältiger dert wird, dass ein eigenes Unterrichtsfach ent- Medien im Unterricht (vgl. Sitte 2001: 238). Für steht, ob man versucht, die Inhalte integrativ in 560 die Sekundarstufe I gab es bereits im Lehrplan den Unterricht der bestehenden Fächer einzu- 1985/86 ein eigenes Kapitel Funktion der Me- binden oder ob eine Mischform aus eigenem dien. Im Lehrplan 2000 werden in den didakti- 545 Unterrichtsfach und integrativer Form entwi- schen Grundsätzen Formen der Medienarbeit ckelt wird. Auf den ersten Blick wirken die Kom- angesprochen. Die Begriffe Geomedien, digital petenzbereiche der verbindlichen Übung etwas 565 oder computergestützt sind dabei noch nicht zu techniklastig, und es läge nahe, das Ganze auf finden, sehr wohl aber der Begriff „elektro- ein eigenes Fach auszulagern, was aber – nach nisch“. Mit dem Begriff der Geomedien wurde 550 Einschätzung des Autorenteams - nur bei einer nun im Lehrplan 2020 ein Oberbegriff verwen- Minderheit an Schulen erfolgt ist. Die integra- det, der analog und digital umfasst, zugleich tive Umsetzung fördert die fachliche und inhalt- 570 aber einen klaren Hinweis auf die Digitalität und liche Breite der Anwendungen von digitaler Medienaffinität der Lebenswelt der Jugendli- Grundbildung. Das Fach GW mit seinem integ- chen und der Gesellschaft im 21. Jh., den digita- 555 rativen Anspruch von geografischer und wirt- len Kulturen, setzt. schaftlicher Bildung ist dafür bestens geeignet. Anhang 2: Zur Einordnung Geografische Bildung in digitalen Kulturen Perspektiven für Forschung und Lehre Beitrag: „Best-Practice-Beispiel“ #2 … vermittelt lebensweltbezogene Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie fachliche Konzepte im Umgang mit digitaler Geoinformation als Kulturtechnik #3 … befähigt, aufbauend auf individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten Phänomene, Strukturen und Prozesse mittels Geografischer Konzepte und digitaler Geomedien darzustellen, zu systematisieren und zu analysieren. Teaser Computational Thinking als Teil der digitalen Grundbildung ist ein fixer, aber oft unentdeckter Bestandteil des Geografie- bzw. GW-Unterrichts. Dieses Unterrichtsbeispiel zu Wegbeschreibungen und Routensuche mit Hilfe von Geomedien zeigt auf, wie einerseits geografische Basiskonzepte zur Anwendung kommen und andererseits Medienkompetenz neben der digitalen Kompetenz entwickelt wird. Zusammenfassung Computational Thinking ist einer von acht Kompetenzbereichen der digitalen Grundbildung, die von der fünften bis zur achten Schulstufe an Österreichs Schulen verpflichtet vermittelt wird. Ihr zentrales Anlie- gen ist das Verstehen von Wirkmechanismen, Regeln und Algorithmen in unserem von Digitalität durch- drungenen Alltag. Hier setzt das Unterrichtsbeispiel an, das auf Wegbeschreibungen und Routensuche fokussiert und Basiskonzepte wie space, place und Wahrnehmung und Darstellung der geografischen Bil- dung verwirklicht: Aktive Handlungsentscheidungen eröffnen den Lernenden Chancen auf Partizipation, sodass auch der Bei- trag von Geomedien zur „politischen Kompetenz“, dem dritten Teil der digitalen Grundbildung, deutlich wird. 10
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