Diskursiver Literaturunterricht - Didaktische Annäherungen an das literarische Unterrichtsgespräch - Ingenta Connect

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PR 2021, 75. Jahrgang, S. 323-338
                      © 2021 Katja Siepmann - DOI https://doi.org/10.3726/PR032021.0029

                                             Katja Siepmann

                     Diskursiver Literaturunterricht
                        Didaktische Annäherungen an das
                         literarische Unterrichtsgespräch

Literaturunterricht zählt zu den Kernstü-                   Identität. Hilfreich sind hier die didakti-
cken des Bildungsauftrags der Schule.                       schen Prinzipien der Perspektivenvielfalt
Eine Einführung in die literale Kultur be-                  und Diskursivität, welche eng miteinander
schränkt sich deshalb nicht auf die tech-                   verflochten sind, denn Perspektivenviel-
nische Beherrschung des Lesen- und                          falt zielt auf einen diskursiven Unterricht
Schreibenlernens, sondern erfährt erst                      ab. Ein Unterricht, der dem Gespräch
in der Begegnung mit Werken der Lite-                       über Literatur Raum gibt und in die Tiefe
ratur aus Geschichte und Gegenwart                          geht, verlangt dabei sowohl von den Lehr-
ihren tieferen Sinn. Literaturunterricht                    kräften als auch von den Lernenden ein
will Gesprächsanlässe schaffen und                          Umdenken und eine Neugestaltung der
Gesprächsprozesse unterstützen, das                         Gesprächsführung.
Denken anregen, neue und ungewohnte                              Der folgende Beitrag möchte die kon-
Perspektiven aufzeigen sowie auch Irrita-                   zeptionellen Grundlinien des literarischen
tionen und Verfremdungen von Vertrautem                     Unterrichtsgesprächs in ihrer Bedeutung
und Bekanntem hervorrufen. Die Schüler                      für die Ausformulierung einer diskursi-
befassen sich über literarische Texte mit                   ven Didaktik aufzeigen und dabei auch
Weltanschauungen und Lebensentwürfen,                       einige praktisch bedeutsame Aspekte
sie lernen, sich damit auseinander zu set-                  ansprechen.
zen und dabei im Hin und Her der Argu-
mente auf gegensätzliche Perspektiven zu
stoßen und vielleicht auch einen Konsens                    Herausforderungen der
zu finden. Ein sachlicher Umgang mit diffe-                 Gesprächsführung im
renten Ansichten, mit verschiedenen Mei-                    Literaturunterricht
nungen und Positionen wird dabei geübt.
    Literatur bietet vielfältige Identifika-                Wenn eine Lehrkraft im Literaturunterricht
tionsmöglichkeiten für Kinder und Ju-                       ein Gespräch führen möchte, in welchem
gendliche, sodass über ein literarisches                    die Schüler nicht nur in einem „Lehrer-
Probehandeln Probleme in der Alltagswelt                    Schüler-Ping-Pong“1 auf die Lehrerfrage
bearbeitet werden können. Dies birgt auch                   reagieren und die Antworten herauszu-
die Chance für die Arbeit an der eigenen                    finden versuchen, von denen die Schüler

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denken, dass die Lehrkraft diese hören                      Rahmen des Frontalunterrichts in Deutsch-
möchte, so sind einige Schwierigkeiten zu                   land einen schlechten Ruf als die do-
beachten.                                                   minante Unterrichtschoreographie des
     Zum Ersten ist festzuhalten, dass                      lehrerzentrierten Unterrichts6, was durch
Unterrichtsgespräche nie ‚natürliche‘ Ge-                   eine Vielzahl an Studien belegt ist.7 So stellt
spräche sein können. Sie sind inszeniert                    im Fach Deutsch das Unterrichtsgespräch
und durch spezifische Aufträge und Fra-                     mit Impulsen und Fragen seitens der Lehr-
gestellungen reglementiert. Die Künstlich-                  kräfte die häufigste Form zur Aktivierung
keit der Lehrerfrage und die dominierende                   der Schüler dar, gefolgt von der Einzel-
Rolle der Lehrperson steht seit je her in der               und Gruppenarbeit.8 Kritik am fragend-
Kritik. Sinnvoll sind sowohl lehrer- als auch               entwickelnden Unterricht ergibt sich aus
schülerzentrierte Phasen, die klar unter-                   den hohen Sprechanteilen der Lehrkräfte9
schieden und in Balance gehalten werden                     und aus der paradoxen Anforderung das
müssen. Unterrichtsgespräche dienen                         Unterrichtsgespräch einerseits offen zu
dem wechselseitigen Anstoß und der Ent-                     gestalten, andererseits konsequent auf
wicklung von Ideen. Ein Unterrichtsge-                      ein Ziel hinzusteuern. Diese scheinbare
spräch besitzt zudem den Charakter eines                    Offenheit führt dazu, dass die Lehrkraft
‚Als ob’s‘.2 Das Unterrichtsgespräch wird                   zwar offen für die Antworten der Schü-
so geführt, als ob jeder Teilnehmer nur an                  ler sein möchte, diese Antworten jedoch
dem Gegenstand interessiert sei und als                     unberücksichtigt lässt, wenn sie nicht in
ob das Gespräch als echtes Gespräch                         die gewünschte Argumentationslinie pas-
außerhalb der Institution Schule stattfände.                sen.10 Der Wunsch nach einem ‚richtigen‘
Jeder Teilnehmende weiß aber, dass dem                      Ende führt oft zu einer Trivialisierung des
nicht so ist, hält jedoch an der Vorstellung                Inhalts und zu einem schlichten Frage- und
des ‚Als ob’s‘ fest, was dem Funktionieren                  Antwort-Spiel, in welchem die Schüler die
des Unterrichtsgesprächs dient.                             Perspektive der Lehrkraft oder die der Se-
     Mündliche Diskurse nehmen neben                        kundärliteratur einfach übernehmen, wofür
den Schreibaufgaben im Deutschunter-                        der Ausdruck IRF steht: teacher initiation,
richt eine große Rolle ein. Dabei ist der                   student response and teacher feedback.11
Literaturunterricht vor allem ein Gespräch                  Hier bleibt das Potenzial des Gruppenpro-
über Literatur.3 Texte in ihrer Mehrdeutig-                 zesses weitestgehend ungenutzt. Auch die
keit zu verstehen, sie zu interpretieren und                prompte Kommentierung einer Schüleräu-
sich darüber auszutauschen, Gedanken                        ßerung durch die Lehrperson hinterlässt
zu formulieren und sie vor einer Gruppe                     bei den Lernenden den Eindruck, dass sie
vorzutragen – dies sind grundlegende Fä-                    die Antwort, die die Lehrkraft als richtig
higkeiten, um Gespräche über Literatur                      ausweist, suchen sollen. Das eng gelenk-
führen zu können. Die Lehrkraft steht dabei                 te Gespräch verspielt und verschenkt die
steuernd zur Seite und setzt Impulse. Das                   Vielfalt möglicher Aspekte in der Erarbei-
Konzept des Gesprächs mit Literatur4 -                      tung. Beachtet der fragend-entwickeln-
beispielsweise durch ein Brieftagebuch -                    de Unterricht nicht das selbstständige
ist dagegen weniger stark verbreitet.                       Nachdenken, droht ein zähes, mühevolles
     Das gelenkte Unterrichtsgespräch,                      Abarbeiten des Lerngegenstands. Das li-
respektive das gebundene Unterrichtsge-                     terarische Unterrichtsgespräch folgt des-
spräch, das fragend-entwickelnde Unter-                     halb einer anderen Logik.
richtsgespräch5 – sie alle besitzen im

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Das literarische                                            gemeinsame Bemühen um ein Verständnis
Unterrichtsgespräch als                                     des Textes sichtbar.14
Gegensatz zum gelenkten
                                                            Besonderheiten des literarischen
Lehrer-Schüler-Gespräch                                     Unterrichtsgesprächs
Das literarische Unterrichtsgespräch wird                   Im Sinne des Ansatzes des literarischen
seit etwa zwei Jahrzehnten als Alternative                  Unterrichtsgesprächs ist die Begegnung
zum gelenkten Unterrichtsgespräch be-                       mit Literatur ein Gespräch und zwar kein
griffen, welches aufgrund seines hohen                      Gespräch über Literatur, sondern ein Ge-
Lenkungsgrades eine geringe Offenheit in                    spräch mit Literatur und mit Menschen.15 Im
seiner Struktur aufweist.12 Im literarischen                literarischen Gespräch wird zwischen der
Gespräch werden dagegen neuere Ansät-                       imaginativen, persönlichen Verstrickung in
ze des Literaturunterrichts verfolgt, die re-               einen Text, d.h. dem Austausch subjektiver
zeptionsästhetisch, hermeneutisch sowie                     Leseerfahrungen, und dem distanzierten
verstehensorientiert ausgerichtet sind.                     Reden darüber, d.h. der Vermittlung einer
Sie betonen allesamt Methoden der Inter-                    Interpretation, balanciert.16 Gegenüber
pretation, bei der der Leser den Sinn des                   dem gelenkten Unterrichtsgespräch sind
Textes (re)konstruiert und ihn nicht einfach                der Verzicht auf das Deutungsmonopol der
dem Text entnimmt. So wird der Polyva-                      Lehrperson und die dialogische Erarbei-
lenz literarischer Texte verstärkt Rechnung                 tung von Bedeutungen charakteristisch.17
getragen.13                                                 Im literarischen Unterrichtsgespräch hat
      Methodisch lässt sich der Gesprächs-                  die Lehrkraft die Aufgabe den Dialog über
verlauf des literarischen Unterrichts-                      einen literarischen Text zu initiieren und zu
gesprächs idealtypisch durch folgende                       moderieren. Kontrovers diskutiert wird, ob
Charakteristika skizzieren: Die leitende                    seitens der Lehrperson lenkende Eingriffe
Person – die nicht zwingend die Lehr-                       wünschenswert sind, da eine komplemen-
person sein muss – wählt im Voraus eine                     täre Gesprächssituation angestrebt wird.
mehrdeutige, rätselhafte Textstelle aus, die                So wird oftmals für eine Zurückhaltung
als Anreiz dient. Das Gespräch erfolgt in                   argumentiert und für eine weniger starke
einem Sitzkreis, sodass Konzentration und                   Lehrerlenkung plädiert. Eigene Deutungen
eine symmetrische Kommunikation erleich-                    einzubringen oder ein ‚turn taking‘, um
tert werden. Der Text wird zuerst vorge-                    dem Gespräch Schwung oder eine neue
tragen, dann verteilt und schließlich noch                  Richtung zu geben, sind jedoch ebenfalls
einmal still gelesen. Es erfolgt ein erster,                sinnvoll.18 Seitens der Schüler stellt die
anregender Gesprächsimpuls durch die                        Fähigkeit literarische Gespräche führen zu
leitende Person. Erste Deutungen und                        können eine der Voraussetzungen für die
Ideen, aber auch Nicht-Verstandenes oder                    literarische Bildung dar.19
Irritierendes werden dabei geäußert. Ziele                       Initiierende Impulse, die am subjekti-
sind ein freier Dialog mit Bezug zum Text                   ven Verstehen ansetzen („Habt ihr diese
und die Formulierung eigener Eindrü-                        Handlung erwartet? Begründet!“) oder die
cke und Erfahrungen. Am Ende werden                         provozieren und das Nachdenken anregen
wichtige Ergebnisse zum Verständnis des                     („Dass die Geschichte so endet, finde ich
Textes zusammengefasst und reflektiert.                     überraschend. Was denkt ihr darüber?“),
Die gemeinsame Suche nach dem Sinn                          können den Austausch anregen und den
steht im Mittelpunkt. Im Gespräch werden                    Dissens fördern, denn Differenzen im Ver-
unterschiedliche Bedeutungen und das                        stehen oder Werten sind elementar für

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ein Gespräch. Auch Verständnisprobleme                      sich folgende Impulse an: „Welche Fra-
tragen in produktiver Weise dazu bei und                    gen konnten am Text eindeutig geklärt
bieten Chancen für ein literarisches Ge-                    werden?“ oder „Welche Fragen bleiben
spräch. Die Äußerung unterschiedlicher                      kontrovers?“23
Lesarten des Textes, das Nicht-Verstehen                         Gewiss ist es notwendig, Klarheit in
von Textaussagen und der Zweifel am                         der Interpretation zu schaffen, aber es
eigenen Textverständnis – dies alles er-                    dürfen auch offene Fragen bzw. mehrere
möglicht ein gemeinsames gedankliches                       plausible und am Text begründbare Inter-
Durchdringen von Interpretationsansät-                      pretationen nebeneinander stehen bleiben.
zen.20 Das didaktische Verfahren des lite-                  Insofern kann die Offenheit eines Interpre-
rarischen Gesprächs trägt insgesamt der                     tationsprozesses auch ein Ergebnis von
Tatsache Rechnung, dass sich literarische                   Unterricht sein. Die Schüler müssen die
Texte einem unmittelbaren Verstehen und                     Möglichkeit verschiedener Lesarten einer
einer eindeutigen Auslegung entziehen.21                    Textstelle, die Widersprüchlichkeit der
    Darüber hinaus lernen die Schüler ihr                   Texte sowie die Unabschließbarkeit der
Verstehen und ihre Interpretation am Text                   Sinnbildung ebenso aushalten wie eine
zu begründen. Sie beurteilen also, ob ihr                   Irritation oder gar ein Unverständnis. Es
eigenes Verstehen dem Text angemessen                       ist Teil des dialektischen Verstehenspro-
und mit ihm als Ganzes vereinbar ist und                    zesses, wenn das Nicht-Verstehen mit
fundieren ihr Urteil mit ihrem Welt- bzw.                   seinem Innehalten und seiner Irritation im
Sprachwissen. Das Begründen und Be-                         Lektüreprozess weitere Bemühungen um
legen der Interpretation am Text, auf das                   ein Textverständnis anregt. Das Verste-
im nächsten Absatz genauer eingegangen                      hen ist nichts Absolutes. In diesem Sinne
wird, ist eine der wichtigsten Operationen                  meint Nicht-Verstehen nicht das völlige
im Umgang mit literarischen Texten. Ein                     Unverständnis, sondern, dass das Zu-
Text ist nicht beliebig auszulegen; eine                    sammenbringen von disparaten Textein-
Interpretation muss immer plausibel an den                  drücken aktuell nicht machbar ist. Es ist
Text zurückgebunden werden.22 Ein Bei-                      erforderlich, um nicht in eine affirmative
spiel für Lehrerimpulse, die Zusammen-                      Perspektive auf den Text zu geraten. Auch
hänge dieser Art herstellen, ist: „Worauf                   die Offenheit der Texte und in der Interpre-
stützt du deine Aussage?“. Auch stumme                      tation gilt es auszuhalten.
Impulse wie ein Bild oder Sachimpulse wie                        Im Literaturunterricht existiert demnach
ein Zitat können der Diskursivität dienen                   ein Spannungsfeld zwischen Eindeutigkeit
und Begründungen provozieren sowie Be-                      und Offenheit – sowohl im Unterrichts-
urteilungen herausfordern. Die Lehrkraft                    prozess als auch auf der Ebene der Texte
unterstützt die Schüler in ihrem Interpre-                  selbst. Literarische Texte zeichnen sich
tationsprozess und übernimmt nicht die                      durch Offenheit, Mehrdeutigkeit und „Un-
Interpretation für sie. Vielmehr schlägt sie                enträtselbarkeit“24 aus, was den Schülern
durch wenige Impulse Bezüge auf Text-                       im Interpretationsprozess zu vermitteln ist.
stellen vor, fasst bereits Gesagtes zusam-                  In der Interpretation literarischer Texte gibt
men und hebt Positionen und Differenzen                     es kein ‚Schwarz-Weiß‘, sondern viele
hervor, sodass sie für das Gespräch zwi-                    Grautöne, d.h. Interpretationsspielräu-
schen den Schülern einen Rahmen baut.                       me, die durch die Texte selbst begrenzt
Um die Ergebnisse des literarischen Ge-                     sind. Alles, was am Text begründbar und
sprächs in ihrer Schnelllebigkeit für ihre                  belegbar ist, darf als eine zulässige Inter-
gemeinsame anschließende Reflexion im                       pretation gelten; man darf nichts ‚hinein-
folgenden Unterricht zu sichern, bieten                     interpretieren‘.25 Die eigene Hypothese

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muss anhand von Textstellen gestützt wer-                   Vor- und Nachteile des literarischen
den. Das textimmanente Arbeiten bildet so                   Unterrichtsgesprächs
die Grundlage für das Gespräch über Lite-
ratur. Etwas sachlich Falsches, was nicht                   Ein Vorteil des literarischen Unterrichtsge-
am Text belegbar ist, ist keine gültige Inter-              sprächs ist zum Ersten, dass es als das
pretation. Eine literaturwissenschaftliche                  intensive Gespräch über das Gelesene
Interpretation ist mehr als eine schriftliche               Raum für Deutungen gibt und die Mög-
Kommunikation oder eine Textsorte; sie ist                  lichkeit bietet, die eigenen Schemata zu
ein kommunikatives Handeln.                                 erweitern, zu korrigieren und auch infrage
     Oft erwarten Schülerinnen und Schü-                    zu stellen. Trotz der Gefahr institutioneller
ler eine klare Position von Seiten der Lehr-                Verengungen weisen literarische Gesprä-
kraft. Sie kann diese zwar einbringen, darf                 che in der Schule im Unterschied zu All-
sie aber nicht als die einzige richtige Lö-                 tags- und Fachgesprächen diese Vorzüge
sung darstellen. Sie muss für die Interpre-                 auf.27 Eigene Leseeindrücke zu schildern,
tationen der Schüler offen sein und diese                   verschiedene Sichtweisen zueinander in
zulassen, muss jedoch auch gleichzeitig                     Beziehung zu setzen, Textbezüge herzu-
immer die Begründung am Text einfordern                     stellen und über Sinndeutungen zu streiten
und an Stellen, an denen sie denkt, es läuft                – darum geht es im literarischen Gespräch.
in die falsche Richtung, darauf hinweisen,                  Für die Schule liegt der Bildungswert darin
wenn eine Deutung nicht am Text belegbar                    Lernergebnisse auch in ihrer möglichen
ist. Die Schüler müssen sich aber nicht der                 Vieldeutigkeit zu erarbeiten.
Interpretation der Lehrkraft anschließen.                       Entscheidend sind das Verhalten
Dies würde der Konzeption des literari-                     und die Haltung der Lehrkraft im literari-
schen Gesprächs zuwiderlaufen. Gerade                       schen Gespräch: Ein ernsthaftes Interes-
bei mehrdeutigen Texten kann die Lehr-                      se zu zeigen, um mit den Schülern über
kraft keine Lesart vorschreiben. Sie kann                   die ausgewählten Texte ins Gespräch zu
den Schülern verschiedene Richtungen                        kommen sowie die Schüler als vollwertige
aufzeigen, aber sie darf keine Richtung                     Gesprächspartner zu akzeptieren, prägen
vorgeben. Oft wird mit unterschiedlichen                    eine habituelle Voraussetzung und den
Ergebnissen gearbeitet, die alle plausibel                  professionellen Anspruch.28 So hat der
sein können, wenn sie am Text belegbar                      Aspekt, ob die Lehrkraft sich als Teil der
sind. Mit einer Pluralität und auch Kont-                   Interpretationsgemeinschaft im Unterricht
roversität müssen die Schüler umgehen                       begreift, einen entscheidenden Einfluss
lernen. Dies steht oft im Gegensatz zur                     auf die Gesprächsführung. Sie redet mit
Herstellung von Eindeutigkeit, die allzu oft                den Schülern über den Text und ihre ge-
eine Verengung schulischen Lernens be-                      meinsamen Deutungen und nicht vor den
deutet. Guter Literaturunterricht lässt also                Schülern über ihre eigene Interpretation
auch Fragen offen und unbeantwortet. Es                     als Vorlage. Auch lernt man als Lehrkraft
mag unbefriedigend sein keine Lösung zu                     im literarischen Gespräch Pausen aus-
erlangen, aber bestimmte Fragen lassen                      zuhalten und sie nicht als bedrückend zu
sich aufgrund der fehlenden textlichen In-                  erleben. Sie sind notwendig, um Raum
formationen nicht beantworten. Es lassen                    für Überlegungen und eine Atmosphäre
sich dann höchstens verschiedene Vermu-                     der Nachdenklichkeit zu sichern. Wichtig
tungen anstellen und Interpretationshypo-                   sind die Annäherungen an das literarische
thesen formulieren, warum das so ist.26                     Werk und die Entwicklung eigener Deu-
                                                            tungshypothesen sowie die Auseinander-
                                                            setzung mit Deutungshypothesen in ihrer

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Vielstimmigkeit, Polyvalenz und Offenheit.                  Beobachtungen anzustellen und ästheti-
Zu vermeiden ist in einem literarischen                     sche Urteile auszutauschen. Dabei haben
Gespräch die bloße Aneinanderreihung                        die vorgebrachten Begründungen einen
von Meinungen. Anzustreben sind Such-                       hohen Stellenwert.
bewegungen im Verstehensprozess, eine                           Das literarische Unterrichtsgespräch
Verknüpfung von Diskussionen und der                        steht letztlich in einem Spannungsverhält-
gemeinsame Austausch. Schülerinnen                          nis zwischen Authentizität und Inszenie-
und Schüler formulieren das Potenzial                       rung.32 Ein authentisches Gespräch bietet
eines literarischen Unterrichtsgesprächs                    eine ‚echte‘ Beziehung zu dem Text. Somit
wie folgt: „Das Gespräch half die Erzäh-                    bezieht sich die Kategorie der Authentizität
lung aus einem anderen Winkel zu sehen.                     darauf, dass es der Lehrkraft in authenti-
Ich dachte nicht, dass es so unterschied-                   scher Weise gelingt auf den Text neugierig
liche Meinungen gibt.“ „Es hat mir viele                    zu machen. Authentizität bedeutet aller-
neue Ansichtsweisen eröffnet, wie man die                   dings nicht, dass es einem Gespräch im
Erzählung deuten kann, auf die ich allein                   Freundeskreis gleichzusetzen ist. Es bleibt
nicht gekommen wäre.“29                                     ein künstliches, d.h. inszeniertes, Ge-
     Ein Nachteil des literarischen Unter-                  spräch in einem institutionellen Kontext.
richtsgesprächs ist, dass die Unterschie-                   Diese Spannung gilt es auszubalancieren.
de im Wissensstand zwischen Schülern                        Es kann deshalb in Konflikt geraten mit den
und Lehrkraft weiterhin bestehen, sodass                    Erwartungen, die ein leistungsorientiertes
die idealtypische Konstruktion einer sym-                   Schulsystem an die Schüler heranträgt.
metrischen Kommunikation nicht vollstän-                    Ein restlos freies Gespräch wie außerhalb
dig herstellbar ist. Außerdem ist es in der                 der Schule kann jedoch nicht vollständig
Praxis nicht möglich vollständig auf die                    im Unterricht verwirklicht werden.
Steuerung seitens der Lehrkraft zu ver-                         Das literarische Gespräch ist als Aus-
zichten, da deren Beiträge qua ihrer ins-                   tausch von Beobachtungen, Meinungen
titutionellen Rolle lenkend wirken und das                  und Thesen zum Text zu verstehen. Es
institutionell vorgegebene Rollenverhältnis                 verlangt hohe Präsenz und Flexibilität der
nicht außer Kraft gesetzt werden kann.30                    Lehrkraft. Die Annäherung an den Text ist
Es kann blockierend wirken, wenn einer-                     dabei als hermeneutische Bewegung zu
seits Wertungen zu vermeiden sind, an-                      verstehen. Der Umgang und das Einbrin-
dererseits Anregungen gegeben werden                        gen eigener Sichtweisen durch die Lehr-
müssen, um die Schüler über subjektive                      kraft bedarf einer sensiblen Aussteuerung.
Assoziationen hinauszuführen. Die Balan-                    Vorrangig geht es ja darum, das Denken
ce von Eingreifen und Redenlassen stellt                    in Alternativen zu fördern und möglichst
einen hohen Anspruch an die Gesprächs-                      viele Positionen einzubeziehen. Literari-
führung der Lehrkraft dar.                                  scher Unterricht ist im besten Fall kein
     Insgesamt ist zu konstatieren, dass li-                „Textverhör“33, sondern ein offener Dialog,
terarische Texte zum verweilenden Lesen                     bei dem Irritation und Nicht-Verstehen zu-
anhalten, denn sie sind nicht für die rasche                gelassen werden und auch auf die Alterität
Kenntnisnahme gemacht.31 Das Reden                          von Literatur eingegangen wird. Gerade
über Literatur im Unterricht bedeutet also,                 im literarischen Unterrichtsgespräch wird
sich Zeit für den Text zu nehmen, ihn wir-                  das literarische Lernen durch Erfahrung
ken zu lassen und eventuell auftretende                     von Alterität im Zuge der eigenen Identi-
Gesprächspausen als Gelegenheiten                           tätsentwicklung möglich, da im Dialog
für das Nachdenken zu begreifen. Spre-                      gemeinsam die heterogenen Auffassun-
chen über Literatur meint auch, genaue                      gen geprüft und diese auch mit eigenen

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Lebensentwürfen abgeglichen werden.                         hat, von sich selbst absehen zu lernen.
Daher braucht ein Dialog immer auch die                     Sich aufgrund divergierender Ansich-
Kontroverse. Erkennbar ist, dass sich der                   ten mit den verschiedenen Seiten eines
Rezipient im kontroversen Umgang mit Li-                    Gegenstands zu befassen, wird als ele-
teratur zudem mit den literarischen Figuren                 mentar für Bildungsprozesse angesehen.34
vergleicht und dadurch neue Einsichten                          Der Literaturunterricht dient als Ort der
gewinnt. Der Perspektivenwechsel führt                      Horizonterweiterung, der diskursiven Ver-
zur Perspektivenerweiterung und zum Hi-                     ständigung und der Interpretation der Welt
neinversetzen in andere und manchmal                        im Spiegel von Texten. Die Deutung der
auch zum Verstehen der Perspektive des                      Wirklichkeit geschieht in unterschiedlichen
anderen. Dabei finden ein Rückbezug auf                     Perspektiven, gemäß der Pluralität mög-
sich selbst und eine Selbstreflexion statt.                 licher Weltdeutungen. Dass Ergebnisse
So entstehen neben veränderten Sichtwei-                    offen und streitbar sein können, stellt eine
sen auf andere auch neue Sichtweisen auf                    bedeutsame Erkenntnis dar, was in diskur-
das eigene Ich. Dies ist ein unabschließba-                 siven Strukturen erfahrbar wird. Das dis-
rer Prozess der eigenen Entwicklung. Lite-                  kursive Lernen35 verfolgt den Ansatz des
ratur prägt das eigene Leben, die eigene                    offenen Dialogs, der davon ausgeht, dass
Identität. Schülerinnen und Schüler müs-                    Subjekte unterschiedliche, widersprüch-
sen lernen, damit umzugehen. Dies be-                       liche und ambivalente Sichtweisen besit-
darf einer diskursiven Haltung sich selbst,                 zen. Die diskursive Verständigung erlaubt
der Literatur und den anderen gegenüber.                    es, sich eben gerade nicht auf vorgefer-
Diese Haltung ist im Unterricht in einem                    tigte Lösungen zu verlassen, sondern eine
Wechselspiel von Zeigen und Entdecken                       Pluralität, Widersprüchlichkeit und Ambi-
zu fördern.                                                 valenz zu erkennen. Widersprüchlichkeit
                                                            heißt es deshalb, weil kein Verstehen ein-
Förderung von Perspektivenvielfalt im                       deutig, keine Sichtweise vollständig und
literarischen Unterrichtsgespräch                           allgemein gültig sein kann. Und schließlich
                                                            ist jeder Versuch eines Verstehens am-
Das didaktische Prinzip der Perspektiven-                   bivalent, da niemand frei von Wertungen
vielfalt dient der Einlösung des Bildungs-                  ist und jeder bestimmte Vorurteile besitzt,
anspruchs des Literaturunterrichts. Seine                   über die es zu sprechen gilt.
bildungstheoretische Bedeutung für einen                        Ein diskursives Unterrichtsgespräch
diskursiven Literaturunterricht bildet sich                 setzt auf produktive Konflikte, die sich
wie folgt heraus: Auf der Suche nach                        aus Deutungsdifferenzen ergeben. So ist
‚der Wahrheit‘ hilft das Prinzip der Per-                   es nicht sinnig eine vorgegebene Inter-
spektivenvielfalt falsche Eindeutigkeiten                   pretation nur nachzuvollziehen, sondern
zu vermeiden. Relevant sind das Be- und                     vielmehr eigene Deutungsansätze zu er-
Hinterfragen von Aussagen als Befreiung                     arbeiten. Aus den Deutungsdifferenzen er-
von Scheinklarheiten, das Aushalten offe-                   gibt sich das Strittige, über welches sich
ner Fragen und das Finden verschiedener                     zu sprechen lohnt. Dies ist Voraussetzung
Wahrheiten, das Prüfen von Weltdeutun-                      für die Prozesse des Argumentierens und
gen sowie der Umgang mit Pluralität, mit                    Interpretierens.
Fremdheit und Dissens. Es geht darum,                           In einem diskursiven Unterrichtsge-
mit Helmut Plessner gesprochen, die Welt                    spräch stellen das Lesen und Verstehen
„mit anderen Augen“ sehen zu lernen und                     eines literarischen Textes eine kognitive
neue Standpunkte spielerisch einzuneh-                      Herausforderung dar, die auf Informa-
men und dabei, wie Gadamer es formuliert                    tionsverarbeitung und auf dem Gewinn

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ästhetischer Erfahrung basiert. Der Verste-                 nicht zur Verfügung steht. Lernende be-
hensprozess ist offen und unabschließbar,                   nötigen aber Zeit für Zwischenräume, um
nicht aber unverbindlich. Ein Klima des                     ein fragendes Denken, neue Sichtweisen
Vertrauens und des gegenseitigen Ernst-                     auf bisher Gedachtes und eine Unterbre-
nehmens gibt die nötige Sicherheit im ge-                   chung des Selbstverständlichen zulassen
meinsamen Gespräch.                                         zu können. In literarischen Unterrichtsge-
     Zu beachten sind hier die verschie-                    sprächen liegt die Chance „Schonräume
denen Ausprägungen des Prinzips der                         der Langsamkeit“ zu schaffen.36 In diesen
Perspektivenvielfalt, die Duncker/Siep-                     Momenten der Langsamkeit zeigt sich oft
mann in diesem Heft näher beschreiben.                      eine „Umwendung des Blicks“, wie Platon
Perspektivenvielfalt ist von der Katego-                    treffend ausdrückte. Sachverhalte werden
rie der Affirmativität abzugrenzen, die zu                  neu wahrgenommen und beurteilt. In der
überwinden ist, da sie einen bejahenden,                    Verzögerung sind neue Denkbewegun-
bestätigenden, eindeutigen Zugriff auf                      gen möglich. Umwege gehören dazu. Den
die Wirklichkeit beschreibt. Perspekti-                     Schülern muss Zeit gegeben werden Er-
venvielfalt entfaltet sich in den Qualitäten                fahrungen zu machen, denn die Entwick-
der Pluralität, Relativität, Diskursivität und              lung von Neugierde und Interesse braucht
schließlich der Positionalität. Insbesonde-                 Zeit. Im Moment der Verzögerung entsteht
re die Gegenüberstellung von Affirmativität                 Distanz, die eine Reflexivität und Nach-
und Diskursivität ist fruchtbar, da Letztere                denklichkeit freisetzt.37 Zeit ermöglicht den
auf die Thematisierung von Widersprü-                       Gewinn von Erfahrung und sie ermöglicht
chen und Gegensätzen von Perspektiven                       eine Distanzierung im Nachdenken über
zielt und dadurch die Kontroversität und                    das Selbstverständliche und Alltägliche.
Problemhaltigkeit einer Sache sichtbar
wird. Diskursivität und Perspektivenvielfalt                Die Bedeutung der Textauswahl
meinen keine inhaltliche oder methodische
Beliebigkeit, sondern begründen ein kom-                    Entscheidend für ein gelingendes literari-
munikatives Aushandeln subjektiver Welt-                    sches Unterrichtsgespräch ist neben dem
deutungen unter Einbeziehung fachlicher                     Gesprächsverhalten der Teilnehmenden
Kenntnisse. Im besten Fall wird eine Po-                    auch die Textauswahl. Die Texte müssen
sitionalität erreicht, die auf argumentative,               Anreize für Gesprächsanlässe bieten. Ge-
sachlich begründete Entscheidungen und                      eignet sind Texte, die mit ihrer Botschaft,
Urteile nach einer kommunikativen Aus-                      ihrer Vielschichtigkeit, ihrer Rätselhaftig-
einandersetzung und der Beachtung von                       keit oder ihrer ungewöhnlichen sprach-
unterschiedlichen Perspektiven abzielt.                     lichen Gestaltung anregen. Literatur
Positionalität entsteht über den Weg der                    erschafft Perspektivenwechsel, denn Lite-
Diskursivität, ansonsten bleiben lediglich                  ratur zeigt nicht nur etwas, sondern macht
affirmative Entscheidungen stehen.                          zugleich den Blickpunkt deutlich, von dem
     So wird im argumentativ ausgerichte-                   aus etwas so aussieht, wie es sich zeigt.
ten literarischen Unterrichtsgespräch in                    Literatur wird als ein Angebot im Sinne
besonderem Maße die Urteilskraft ausge-                     einer sprachlichen Simulation von Lebens-
bildet: Analogien und Differenzen werden                    welten begriffen.38
abgewogen, Veränderungen in Meinun-                             Hinsichtlich der Textauswahl ist der
gen und Urteilen wahrgenommen. Dafür                        Bezug zur Lebenssituation der Schüler
braucht es Muße, Konzentration und Kon-                     zu beachten. Allerdings muss auch Un-
templation – eine Zeit zum Denken, die                      erwartetes und Erwartungswidriges zur
in gängigen Unterrichtsgesprächen oft                       Sprache kommen. Es sind nicht nur solche

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Texte auszuwählen, in denen die Schüler                     Dramatische Texte eignen sich aufgrund
auf Bekanntes treffen, sondern auch sol-                    ihres Spielcharakters und ihrer Unmittel-
che, die zunächst fremd sind und dadurch                    barkeit gut für die Förderung des Hinein-
neue Perspektiven und Horizonte öffnen                      versetzens in fremde Personen und zur
können. Texte, die Lebenswelten zeigen,                     Erprobung und Übernahme fremder Per-
denen die Schüler ansonsten kaum be-                        spektiven. Romane bieten die Möglichkeit
gegnen, sind von Belang.39 Eine reine                       tief in eine neue, fremde Welt einzudringen
Bestätigung der Sichtweisen von Wirk-                       und insbesondere Kurzgeschichten beför-
lichkeit wäre auf Dauer wohl langweilig.                    dern eine Fragehaltung seitens der Schü-
Interessant sind Texte, die die Chance                      lerinnen und Schüler.
bieten irritierende, fremde Ansichten des                        Besonders interessant für einen diskur-
Menschen und der Welt kennenzulernen,                       siven Literaturunterricht ist das multiper-
sich an ihnen verstehend abzuarbeiten                       spektivische Erzählen als Form narrativer
und selbstkritisch zu stärken. Die Wider­                   Vermittlung, bei der ein Sachverhalt aus
ständigkeit des Textes darf die Lernenden                   mehreren Erzählperspektiven im Neben-
jedoch nicht verprellen. Texte und The-                     einander dargestellt wird. Dadurch, dass
men müssen eine Herausforderung und                         eine Handlung aus verschiedenen points
dürfen keine Überforderung bedeuten.                        of view erzählt wird, kann die Kohärenz
So ist bei der Konfrontation mit fremden                    erst in der Rezeption hergestellt werden.
und ungewöhnlichen Sichtweisen auf die                      Das erzählte Geschehen wird in mehre-
Anschlussfähigkeit an die Lebenswelt                        re Versionen aufgefächert. So entsteht
der Schülerinnen und Schüler zu achten.                     die definitive Perspektivenabhängigkeit
Auch hier zeigen sich wieder didaktische                    menschlicher Erfahrung. Der Roman Die
Balanceakte.                                                Blechtrommel von Günter Grass gilt als ein
     Literarische Texte ermöglichen zum                     gutes Beispiel hierfür. Die Vielschichtigkeit
einen das Sich-Einfühlen, eine Verstri-                     literarischer Texte ist sowohl eine emotio-
ckung in den Text und zum anderen das                       nale als auch eine kognitive Herausforde-
Sich-In-Distanz-Setzen. Ergriffenheit und                   rung, da das Interpretieren immer eine Art
Identifikation sind bei der Behandlung von                  der Problemlösung darstellt. Interpreta-
literarischen Texten nicht zu verhindern, oft               tionen helfen zudem Verstehensprozesse
auch erwünscht. Andererseits bedarf es                      bewusst zu machen und zu reflektieren.
auch der Distanzierung als Voraussetzung                    Des Weiteren ist Interpretieren immer ein
und Ergebnis von Reflexion. Reflexion und                   Verständigen über das Verständnis, da im
Distanz zum Gelesenen eröffnen Möglich-                     Klassenverband die eigenen Vorstellungen
keiten des Vergleichs und des Gewinns                       vom Text diskutiert und durch das wech-
von Erkenntnissen. Die Schüler sollen er-                   selseitige Aushandeln von Verständnis
kennen, dass literarische Texte nicht das                   neue Perspektiven gewonnen werden.41
Leben abbilden, sondern immer ausge-                             Des Weiteren zeigt sich die Interpre-
wählte Facetten des Lebens in einer be-                     tation in der Unterrichtskommunikation als
stimmten Perspektive zeigen. 40                             eine „kognitive Operation“ und als ein ge-
     Literarische Texte fördern die Diskur-                 meinsames Aushandeln konkurrierender
sivität per se. Das Potenzial von Texten für                Deutungshypothesen literarischer Texte.
einen diskursiven Literaturunterricht liegt                 Als Textsorte ist sie das Resultat des Ver-
in ihrer Mehrdeutigkeit, Widersprüchlich-                   stehens von Texten. In jeder Interpretation
keit und Perspektivenvielfalt. Texte müssen                 drücken sich verschiedene Perspektiven
von sich aus eine Konflikthaltigkeit mitbrin-               auf den Text und auf die Wirklichkeit aus,
gen, über die es sich zu sprechen lohnt.                    abhängig von dem jeweiligen Kontext. So

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
stellen Interpretationen Konstrukte dar,                        Ziel des literarischen Unterrichtsge-
die in einer kulturellen Ordnung unter                      sprächs ist es, sich an konkurrierenden
bestimmten Fragestellungen hergestellt                      Interpretationen und damit an verschiede-
werden und mit der sich die Schüler mit                     nen Perspektiven abzuarbeiten, sich aber
ihrer Perspektive auf den Text in den Inter-                auch der Vorläufigkeit und Unvollkom-
pretationsprozess einbringen. Die Schü-                     menheit der Interpretationen bewusst zu
ler weisen dem Text eine aktualisierende                    werden. Ein Scheitern des Diskurses ist
Bedeutung zu, sodass die Literatur eine                     möglich, allerdings nicht im Sinne einer
Bedeutung erhält, der ein Bezug zur Le-                     nicht sachgemäßen Gesprächsführung,
benswelt der Kinder und Jugendlichen                        sondern im Übereinstimmen zum Dis-
innewohnt.42                                                sens, dem Nichtfinden des Konsenses
    Das gemeinsame Nachdenken besitzt                       nach dem diskursiven Durchgang durch
im literarischen Unterrichtsgespräch einen                  die Sache, sodass die gegenteiligen
hohen Stellenwert. Das Besprechen der                       Meinungen konstruktiv ausgehalten wer-
Interpretationsfragen in der Gruppe lässt                   den müssen. Letztlich meint das diskur-
mehr Gedanken und Herangehensweisen                         sive Gesprächsverhalten im literarischen
zu als in Einzel- oder Partnerarbeit, was                   Unterrichtsgespräch die Auseinanderset-
sich als fruchtbar erweist. Das Darlegen                    zung mit kontroversen Denk-, Argumen-
des Textverstehens gegenüber anderen,                       tations- und Interpretationsmustern. Hier
das Begründen und das Sprechen über die                     spielt auch die Fähigkeit zur Reflexion und
Begründungen fördern außerdem die Tiefe                     Selbstreflexion eine Rolle. Der Umgang
der kognitiven Verarbeitung. Das Denken                     mit Literatur ermöglicht stets die Selbst-
und Erkennen werden hier zu einem ge-                       reflexion und die Auseinandersetzung mit
meinschaftlichen Prozess.                                   dem Fremden. Im Sinne Nietzsches möch-
    Abschließend gilt die Mehrdeutigkeit                    te das literarische Unterrichtsgespräch
als eine Besonderheit ästhetischer Pro-                     Raum und Zeit zum Reden und damit „Zeit
dukte, so auch literarischer Texte. Lite-                   zum Denken“44 ohne einen direkten „Ver-
rarische Texte lassen sich zum einen auf                    wertungszwang“45 geben. Fehler sind als
unterschiedliche Wirklichkeiten beziehen                    Erkenntnisse für sich selbst zu werten,
und zum anderen ist ihre Sinnaussage                        als produktive Chance zur Verbesserung.
selbst schon mehrdeutig, denn Texte pro-                    Es geht um ein auf Kenntnis beruhendes
vozieren durch Leerstellen das Einsetzen                    Nachdenken und Kommunizieren über
eigener Sinnentwürfe und damit viele                        die Welt. Das konzentrierte Nachdenken
verschiedene Bedeutungsmöglichkeiten.                       und Nachsinnen über die Textgrundlage
Durch die Einnahme unterschiedlicher                        und das geistige Sich-Versenken in die
Perspektiven wird die Mehrdeutigkeit im                     Textstelle sind von zentraler Bedeutung
Gespräch erfahrbar. Die Mehrdeutigkeit                      in einem Literaturunterricht, welcher der
erschließt sich den Lernenden erst, indem                   Logik des literarischen Gesprächs folgt.
sie miteinander über ihr individuelles Text-                Es wird eine neue Art des Denkens be-
verstehen und ihre Interpretationen ins                     deutsam: ein Denken über den eigenen
Gespräch kommen. Texte provozieren                          Horizont hinaus.
nicht eindeutig verifizierbare Interpretatio-                   Zentrale Bestandteile in einem solchen
nen. Folglich darf es im Gespräch nicht                     Unterrichtsverständnis sind die Konzentra-
die eine richtige Interpretation geben. Im                  tion auf die jeweilige Textstelle sowie das
Gespräch werden vielmehr Fehlinterpreta-                    aktive Einlassen auf die Interpretation ent-
tionen und unpassende Wirklichkeitsbezü-                    gegen einer „Sofortness“46, welche eine
ge falsifiziert.43                                          Ungeduld gemäß eines extrem kurzen

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unmittelbaren Reiz-Reaktions-Verhältnis-                    abgearbeitet werden können, und fördert
ses bzw. eine passive Konsumhaltung be-                     eine frageorientierte Denk- und Lesehal-
schreibt. Auch das ‚Sich-Aneignen‘ des                      tung. Fragen sind immer Anregungen und
Textes und die Entwicklung eines Sinns für                  demnach Erschließungs- und Deutungs-
die Eigenart des Textes sind von Bedeu-                     anlässe des Textes.
tung. Zentral ist, sich von dem Text einneh-                    Lehrerfragen, die auch für die Lehr-
men zu lassen und sogleich wieder in eine                   kraft ‚echte‘ Fragen sind, führen zu einem
kritische Distanz zu ihm zu treten. Dieses                  ‚echten‘ Gespräch und zu einem diskursi-
Unterrichtsverständnis bietet die Chance                    ven Austausch über Textverständnisse und
eine Frage neugierig zu verfolgen, auch                     nicht zu einer Abfragerei, in der die Schü-
wenn eine definitive Antwort manchmal                       ler erraten, welchen Begriff die Lehrkraft
ausbleibt. Der diskursive Argumentations-                   hören möchte. Gute Lehrerfragen sind
und Interpretationsprozess ist hier das Ziel.               diejenigen, die aus dem Impuls der Sache
                                                            oder aus dem Gespräch heraus entstehen
                                                            und die wiederum auf Schülerseite neben
Diskursivität im Literaturunterricht                        Antworten neue Fragen evozieren. Gute
                                                            Fragen fordern den Dialog heraus und sind
Zusammenfassend beschreibt der Begriff                      nicht geschlossen. Sie generieren Wis-
der Diskursivität Folgendes: Diskursiv be-                  sen, denn ohne dieses werden unsachlich
nennt ein Verfahren der Texterschließung,                   Vorurteile und Stereotype diskutiert.
welches auf der Hermeneutik beruht und                          Auch hinsichtlich der Fragepraxis
bei dem verschiedene Lesarten diskutiert,                   muss die Lehrkraft beachten, dass es
verglichen sowie ergebnisoffene Gesprä-                     nicht um den Nachvollzug fremder Inter-
che geführt werden.47 Zu den Wesens-                        pretationen, speziell der Lehrkraft, geht,
merkmalen der Hermeneutik gehört u.a.                       sondern um eine eigene Texterschließung
die zirkuläre Bewegung des Verstehens­                      und das selbstständige Verstehen und Mit-
prozesses. Zudem bedeutet ‚Diskurs‘                         denken der Interpretationsschritte. So ist
Gespräch und Erörterung. Neben diskur-                      es sinnvoll das Unterrichtsgespräch statt
siven Sprechkompetenzen werden auch                         zur Erkenntnisfindung zur Erkenntnisver-
diskursive Textkompetenzen im Deutsch-                      arbeitung und -reflexion zu nutzen.49 Dabei
unterricht gefördert. Diskursive Fähigkei-                  regen didaktisch sinnvolle Fragen zum
ten befähigen zur kritischen Teilhabe am                    Staunen und Nachdenken an, ermitteln
öffentlichen Diskurs. Es gilt Gehörtes,                     Vorkenntnisse der Schüler und beziehen
Gesprochenes, Gelesenes und Geschrie-                       Kenntnisse neu aufeinander. Divergente,
benes eigenständig und reflektiert mitein-                  d.h. auf unterschiedlichen Denkwegen zu
ander zu verknüpfen.48                                      unterschiedlichen Lösungen kommende,
     Die Bedeutung von Fragen im Litera-                    offene Fragen, sind konvergenten Fragen
turunterricht ist immens. Literatur ist wie                 vorzuziehen, da sie so eigene Gedanken
ein Ensemble von Antworten zu lesen, zu                     anregen.
dem die Fragen erst noch formuliert wer-                        Neben der Fragetechnik als eine
den müssen. Literatur stellt sich als ein                   Schlüsselqualifikation von Lehrkräften ist
Horizont dar, der erkundet werden muss.                     das Potenzial von Schülerfragen zu nen-
Wichtiger als das ‚Antworten-im-Text-Su-                    nen, die sich aus dem Material oder dem
chen‘ ist das ‚Fragen-an-den-Text-Stellen‘.                 Gespräch heraus ergeben. Eine schüler-
Ein dialogisch-diskursiver Unterrichts-                     seitige Fragengenerierung trägt zu einem
stil fordert Fragen an den Text heraus,                     besseren Textverständnis im Unterrichts-
macht die Probleme sichtbar, die am Text                    prozess bei, sodass die Lehrkraft ihr

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Augenmerk auch darauf legen sollte.50                       im Literaturunterricht ihr volles Potenzial.
Inhaltliche Schülerfragen sind nie als Stö-                 Es geht um die Etablierung einer offenen
rungen, sondern als Ausdruck von Interes-                   Verständigungskultur und den streitba-
se anzusehen. Interessant sind jene, die                    ren, konstruktiven, aber doch gemeinsa-
Umwege des Lernens fördern, Gedanken                        men Diskurs, der ein Dialog ist, welcher
weiterentwickeln und Perspektivenwech-                      Rede und Gegenrede impliziert. Die Schü-
sel auslösen. Wichtig ist die Entwicklung                   ler müssen aufeinander eingehen, ob in
einer Fragehaltung und Fragekultur, so-                     Übereinstimmung oder Ablehnung. Im
dass die Schülerinnen und Schüler Zeit,                     Dialog werden bislang verborgene Text-
Gelegenheit und Vertrauen zur Formulie-                     bezüge deutlich und der Sinn des Textes
rung eigener Fragen und Ideen haben.                        erschließt sich den Schülern im gegensei-
Die Fragen der Schüler dienen somit als                     tigen Austausch von Positionen und Deu-
Sprungbrett für weitere Fragen, das Infra-                  tungen. Eigene Denkschemata können so
gestellen von Bestehendem, für Nachfor-                     erweitert werden.
schungen und Diskussionen.                                      Abschließend ist zu konstatieren, dass
    Die Gespräche im Literaturunterricht                    ein aktueller Literaturunterricht ohne Dis-
weisen eine relative Ergebnisoffenheit auf,                 kursivität und Perspektivenvielfalt nicht zu
da eine Textinterpretation relativ offen ist.               denken ist. Mehr noch: Um eine Identitäts-
Der Text gibt die Grenze des Interpreta-                    bildung der Schülerinnen und Schüler zu
tionsspielraumes vor. Im Fokus stehen                       fördern und gleichzeitig dem Bildungsan-
stets begründete Argumentationen und                        spruch durch Literatur gerecht zu werden,
Interpretationen. Es müssen nicht alle                      sind diskursive Unterrichtsverläufe unab-
Schülerinnen und Schüler dieselbe Inter-                    dingbar. Wechselseitiges Interpretieren,
pretation annehmen; sie muss aber am Text                   Erklären und Verstehen sind die Basis für
begründbar und belegbar sein. Es ist also                   das Beurteilen von Texten und des Einneh-
ein fehlbarer Prozess ohne den Anspruch                     mens neuer Sichtweisen auf die Realität.
auf Endgültigkeit und ausschließliche Gül-                  Ein diskursiver Literaturunterricht bietet die
tigkeit – auch seitens der Lehrperson.                      Chance Problem- und Fragestellungen neu
Auch kann das Endergebnis von der Lehr-                     zu denken und diese gemeinsam mit den
kraft nicht vorbestimmt werden. Einzelne                    Schülerinnen und Schülern zu entwickeln.
Interpretationsansätze und das Weiterfüh-
ren von Fragen und Denkansätzen können
nämlich nicht von vornherein abgeschätzt
werden und sind somit nicht planbar. Des                    Anmerkungen
Weiteren besitzt die Lehrkraft nicht den
                                                            1     Zabka, Thomas (2020): Gespräche über Lite-
Anspruch auf die alleinige Wahrheit. Auch
                                                                  ratur. In: Praxis Deutsch, H. 280, S. 4.
sie muss ihre ihr richtig erscheinenden                     2     Vgl. Köster, Juliane (2016): Aufgaben im
Interpretationsansätze stets prüfen und                           Deutschunterricht. Wirksame Lernangebote
ggf. neu bewerten – so wie sie mit den                            und Erfolgskontrollen. Seelze: Klett-Kallmey-
Ansätzen der Schüler verfährt. Im besten                          er, S. 57f.; Musolff, Hans-Ulrich / Helle-
Falle vollziehen dies auch die Schüler bei                        kamps, Stephanie (2003): Die Bildung und
den Ansätzen ihrer Mitschüler.                                    die Sachen. Zur Hermeneutik der modernen
                                                                  Schule und ihrer Didaktik. Frankfurt am Main:
    Erst durch die wechselseitige Ver-
                                                                  Peter Lang, S. 266.
ständigung sowie das spontane ‚Auf-                         3     Vgl. von Brand, Tilman (2015): Deutsch
einander-Bezugnehmen‘ und eben nicht                              unterrichten. Einführung in die Planung,
durch die Planbarkeit des Gesprächs                               Durchführung und Auswertung in den Sekun-
über den Text gewinnt die Diskursivität                           darstufen. 4. Aufl. Seelze: Klett-Kallmeyer, S.

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139; Zabka, Thomas (2020): Gespräche über              12    Vgl. z.B. Härle, Gerhard / Steinbrenner,
     Literatur. In: Praxis Deutsch, H. 280, S. 4-11;              Marcus (Hg.) (2014): Kein endgültiges Wort.
     Spinner, Kaspar H. (2011): Gespräch über                     Die Wiederentdeckung des Gesprächs im
     Literatur: Was Schülerinnen und Schüler                      Literaturunterricht. 3. Aufl. Baltmannswei-
     lernen sollen. In: Kirschenmann, Johannes /                  ler: Schneider Verlag Hohengehren; Garbe,
     Richter, Christoph / Spinner, Kaspar H. (Hg.):               Christine (2011): "Kein endgültiges Wort".
     Reden über Kunst. Fachdidaktisches For-                      Das Konzept des Literarischen Unterrichts-
     schungssymposium in Literatur, Kunst und                     gesprächs im Diskurs der aktuellen Literatur-
     Musik. München: kopaed, S. 63–72.                            didaktik. In: Steinbrenner, Marcus / Mayer,
4    Vgl. Kockler, Johannes / Becker, Susanne H.                  Johannes / Rank, Bernhard (Hg.): "Seit ein
     (2015): Literatur gemeinsam genießen und                     Gespräch wir sind und hören voneinander".
     individuell erschließen. In einem Briefbuch                  Das Heidelberger Modell des Literarischen
     mit Literatur sprechen. In: Deutsch 5-10,                    Unterrichtsgesprächs in Theorie und Praxis.
     H. 43, S. 8ff.                                               Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohen-
5    Vgl. z.B. Leubner, Martin / Saupe, Anja /                    gehren, S. 67–97; Steinbrenner, Marcus /
     Richter, Matthias (2010): Literaturdidaktik.                 Wiprächtiger-Geppert, Maja (2010): Ver-
     Berlin: Akademie Verlag, S. 155; von Brand,                  stehen und Nicht-Verstehen im Gespräch.
     Tilman (2015): Deutsch unterrichten. Ein-                    Das Heidelberger Modell des Literarischen
     führung in die Planung, Durchführung und                     Unterrichtsgesprächs. Leseforum.Ch (3).
     Auswertung in den Sekundarstufen. 4. Aufl.                   Online verfügbar unter: http://leseforum.ch/
     Seelze: Klett-Kallmeyer, S. 142f.                            myUploadData/files/2010_3_steinbrenner_
6    Vgl. z.B. Kunter, Mareike / Trautwein, Ulrich                wipraechtiger.pdf; Werner, Johannes (2014):
     (2013): Psychologie des Unterrichts. Pader-                  Schulisches Interpretieren als "Deutungs-
     born, München, Wien, Zürich: Ferdinand                       spiel". Die argumentierenden Formen des
     Schöningh, S. 115.                                           literarischen Gesprächs. In: Härle, Gerhard /
7    Vgl. Bohl, Thorsten / Kleinknecht, Marc                      Steinbrenner, Marcus (Hg.): Kein endgültiges
     (2010): Lernumgebung und Aufgabenkultur                      Wort. Die Wiederentdeckung des Gesprächs
     im Unterricht. In: Bohl, Thorsten / Helsper,                 im Literaturunterricht. 3. Aufl. Baltmannswei-
     Werner / Holtappels, Heinz Günter / Schel-                   ler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 191;
     le, Carla (Hg.): Handbuch Schulentwicklung.                  Härle, Gerhard / Steinbrenner, Marcus
     Theorie - Forschungsbefunde - Entwick-                       (2003): "Alles Verstehen ist … immer zu-
     lungsprozesse - Methodenrepertoire. Bad                      gleich ein Nicht-Verstehen". Grundzüge einer
     Heilbrunn: Julius Klinkhardt, S. 364.                        verstehensorientierten Didaktik des literari-
8    Vgl. Seidel, Tina (2011): Lehrerhandeln.                     schen Unterrichtsgesprächs. In: Literatur im
     In: Terhart, Ewald / Bennewitz, Hedda /                      Unterricht 4 (2), S. 149f.
     Rothland, Martin (Hg.): Handbuch der For-              13    Vgl. Becker, Susanne H. (2015): Das Poten-
     schung zum Lehrerberuf. Münster, New York,                   zial von Gesprächen für das literarische Ler-
     München, Berlin: Waxmann, S. 613.                            nen. In: Deutsch 5-10, H. 43, S. 30; Mayer,
9    Vgl. Gudjons, Herbert (2011): Frontalunter-                  Johannes (2014): Literarische Gespräche:
     richt - neu entdeckt. Integration in offene                  Strukturen - Verstehenslinien - Phasen. In:
     Unterrichtsformen. 3. Aufl. Bad Heilbrunn:                   Härle, Gerhard / Steinbrenner, Marcus (Hg.):
     Julius Klinkhardt, S. 61.                                    Kein endgültiges Wort. Die Wiederentde-
10   Vgl. Kunter, Mareike / Trautwein, Ulrich                     ckung des Gesprächs im Literaturunterricht.
     (2013): Psychologie des Unterrichts. Pader-                  3. Aufl. Baltmannsweiler: Schneider Verlag
     born, München, Wien, Zürich: Ferdinand                       Hohengehren, S. 141–174.
     Schöningh, S. 116.                                     14    Vgl. Steinbrenner, Marcus / Wiprächtiger-
11   Vgl. Baumert, Jürgen (2002): Deutschland im                  Geppert, Maja (2006): Literarisches Lernen
     internationalen Bildungsvergleich. In: Killius,              im Gespräch. Das "Heidelberger Modell" des
     Nelson / Kluge, Jürgen / Reisch, Linda (Hg.):                Literarischen Unterrichtsgesprächs. In: Pra-
     Die Zukunft der Bildung. Frankfurt am Main:                  xis Deutsch 33 (200), S. 15.
     Suhrkamp, S. 145; Cazden, Courtney B.                  15    Vgl. Härle, Gerhard (2010): Irritation und
     (2001): Classroom Discourse. The Langua-                     Nicht-Verstehen. Zur Hermeneutik als Pro-
     ge of Teaching and Learning. 2. Aufl. Ports-                 vokation für die Literaturdidaktik. In: Baum,
     mouth (NH): Heinemann, S. 30.                                Michael / Bönnighausen, Marion (Hg.):

3 / 2021                                 Pädagogische Rundschau                                                 335

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
Kulturtheoretische Kontexte für die Literatur-             des Literarischen Unterrichtsgesprächs. In:
      didaktik. Baltmannsweiler: Schneider Verlag                Praxis Deutsch 33 (200), S. 14f.
      Hohengehren, S. 18; Becker, Susanne H.               29    Siepmann, Katja (2019): Perspektivenvielfalt
      (2015): Das Potenzial von Gesprächen für                   im Literaturunterricht. Theoretische und qua-
      das literarische Lernen. In: Deutsch 5-10,                 litativ-empirische Untersuchungen zu einem
      H. 43, S. 30.                                              didaktischen Prinzip. Berlin: Peter Lang,
16    Vgl. Spinner, Kaspar H. (2004): Literari-                  S. 518.
      sches Verstehen und die Grenzen von PISA.            30    Vgl. Leubner, Martin / Saupe, Anja / Richter,
      In: Härle, Gerhard / Rank, Bernhard (Hg.):                 Matthias (2010): Literaturdidaktik. Berlin:
      Wege zum Lesen und zur Literatur. Balt-                    Akademie Verlag, S. 156f.
      mannsweiler: Schneider Verlag Hohengeh-              31    Vgl. Spinner, Kaspar H. (2011): Gespräch
      ren, S. 173.                                               über Literatur: Was Schülerinnen und Schü-
17    Vgl. Abraham, Ulf / Kepser, Matthis (2009):                ler lernen sollen. In: Kirschenmann, Johannes
      Literaturdidaktik Deutsch. Eine Einführung. 3.             / Richter, Christoph / Spinner, Kaspar H.
      Aufl. Berlin: Erich Schmidt, S. 136.                       (Hg.): Reden über Kunst. Fachdidaktisches
18    Vgl. Werner, Johannes (1996): Literatur im                 Forschungssymposium in Literatur, Kunst
      Unterrichtsgespräch. Die Struktur des litera-              und Musik. München: kopaed, S. 63.
      turezipierenden Diskurses. München: Ernst            32    Vgl. Härle, Gerhard (2011): "… und am
      Vögel, S. 202.                                             Schluss weiß ich trotzdem nicht, was der
19    Vgl. Abraham, Ulf / Kepser, Matthis (2009):                Text sagt". Grundlagen, Zielperspektiven und
      Literaturdidaktik Deutsch. Eine Einführung. 3.             Methoden des Literarischen Unterrichtsge-
      Aufl. Berlin: Erich Schmidt, S. 136.                       sprächs. In: Steinbrenner, Marcus / Mayer,
20    Vgl. Zabka, Thomas (2020): Gespräche über                  Johannes / Rank, Bernhard (Hg.): "Seit ein
      Literatur. In: Praxis Deutsch, H. 280, S. 9f.              Gespräch wir sind und hören voneinander".
21    Vgl. Härle, Gerhard (2004): Literarische Ge-               Das Heidelberger Modell des Literarischen
      spräche im Unterricht. Versuch einer Posi-                 Unterrichtsgesprächs in Theorie und Praxis.
      tions-bestimmung. In: Härle, Gerhard / Rank,               Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohen-
      Bernhard (Hg.): Wege zum Lesen und zur                     gehren, S. 44ff.
      Literatur. Baltmannsweiler: Schneider Verlag         33    Abraham, Ulf (2011): Die Wahrheit schweigt
      Hohengehren, S. 145.                                       grundsätzlich. Reden über Literatur im Un-
22    Vgl. Siepmann, Katja (2019): Perspektiven-                 terricht. In: Kirschenmann, Johannes / Rich-
      vielfalt im Literaturunterricht. Theoretische              ter, Christoph / Spinner, Kaspar H. (Hg.):
      und qualitativ-empirische Untersuchungen                   Reden über Kunst. Fachdidaktisches For-
      zu einem didaktischen Prinzip. Berlin: Peter               schungssymposium in Literatur, Kunst und
      Lang, S. 326.                                              Musik. München: kopaed, S. 53.
23    Vgl. Zabka, Thomas (2020): Gespräche über            34    Vgl. Fried, Johannes (2002): Erfahrung, Wis-
      Literatur. In: Praxis Deutsch, H. 280, S. 9ff.             sen und Gesellschaft - Erfahrungen der Wis-
24    Vgl. Siepmann, Katja (2019): Perspektiven-                 sens-gesellschaft. In: Killius, Nelson / Kluge,
      vielfalt im Literaturunterricht. Theoretische              Jürgen / Reisch, Linda (Hg.): Die Zukunft
      und qualitativ-empirische Untersuchungen                   der Bildung. Frankfurt am Main: Suhrkamp,
      zu einem didaktischen Prinzip. Berlin: Peter               S. 36.
      Lang, S. 325.                                        35    Vgl. Reich, Kersten (2008): Konstruktivis-
25    Vgl. ebd., S. 332.                                         tische Didaktik. Lehr- und Studienbuch mit
26    Vgl. ebd., S. 326ff.                                       Metho-denpool. 4. Aufl. Weinheim und Basel:
27    Vgl. Merkelbach, Valentin (1995): Zur Theo-                Beltz, S. 174.
      rie und Didaktik des literarischen Gesprächs.        36    Vgl. Dörpinghaus, Andreas (2015): Theorie
      In: Christ, Hannelore / Fischer, Eva / Fuchs,              der Bildung. Versuch einer "unzureichenden"
      Claudia / Merkelbach, Valentin / Reuschling,               Grundlegung. In: Zeitschrift für Pädagogik 61
      Gisela (Hg.): "Ja aber es kann doch sein…".                (4), S. 477; Dörpinghaus, Andreas / Uphoff,
      In der Schule literarische Gespräche führen.               Ina Katharina (2012): Die Abschaffung der
      Frankfurt am Main: Peter Lang, S. 37.                      Zeit. Wie man Bildung erfolgreich verhindert.
28    Vgl. Steinbrenner, Marcus / Wiprächtiger-                  Darmstadt: WBG, S. 81.
      Geppert, Maja (2006): Literarisches Lernen           37    Vgl. Dörpinghaus, Andreas (2015): Theorie
      im Gespräch. Das "Heidelberger Modell"                     der Bildung. Versuch einer "unzureichenden"

336                                     Pädagogische Rundschau                                           3 / 2021

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                            wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
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