DOKUMENTATION 4. KULTURKONFERENZ RUHR KOOPERATION UND EIGENSINN 2015
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2015 DOKUMENTATION 4. KULTURKONFERENZ RUHR KOOPERATION UND EIGENSINN NEUE ALLIANZEN IN DER REGIONALEN KULTUR 25. SEPTEMBER 2015 RINGLOKSCHUPPEN RUHR
BEGRÜSSUNG INTERKULTUR RUHR 06/07 20/21 »DAS NETZWERKEN IST DIE »DIE STADTGESELLSCHAFT WIRD THEATERPRAXIS DER ZUKUNFT!« SICH GRUNDLEGEND VERÄNDERN.« ERÖFFNUNGSIMPULS REGIONALE KUNSTVEREINERUHR ZUSAMMENARBEIT ALS MOTOR VON KULTURENTWICKLUNG UND TRANSFORMATION 22/23 08/09 »BEI UNS GIBT ES KEINE ZENTRALE SPINNE IM NETZ, BEI UNS IST JEDER VEREIN MIT SEINEN UREIGENEN KOMPETENZEN »CO-OPETITION IST DIE KÖNIGS DISZIPLIN EINGEBUNDEN.« DER KULTURPOLITIK UND DES KULTURMANAGEMENTS.« RUHRKUNSTMUSEEN/RUHRBÜHNEN ACTOPOLIS 24/25 10/11 »MICH INTERESSIERT AM NETZWERK INS BESONDERE DAS MARKETING. »ES GIBT KEINE THEMEN MEHR, WIR MÜSSEN JA DIE ISOLIERT AUF LOKALER EBENE WAHRGENOMMEN WERDEN.« DISKUTIERT WERDEN KÖNNEN.« KREATIV.QUARTIERE RUHR N.I.C.E 12/13 26/27 »PROJEKTE DES WANDELS, DIE LANGFRISTIG »ICH GLAUBE, DASS ERFOLGREICHES ANGELEGT SIND, MÜSSEN AUCH DIE MIT INSTALLIEREN VON KOOPERATIONEN EIN BEZIEHEN, DIE GEWANDELT WERDEN IMMER NOCH SEHR STARK ANALOG SOLLEN. UND DAS GEHT NUR MITEINANDER, VOM MENSCHEN ABHÄNGT.« NICHT KURATORISCH.« ERIH NETZWERK X 14/15 28/29 »WIR MÜSSEN AUTHENTISCH »MAN MUSS AUCH SEIN, OHNE ZU EINEM DISNEYLAND DAS KRITISCHE POTENZIAL ZU VERKOMMEN.« DER REGION NUTZEN.« WISSENSNACHT RUHR FINALIMPULS »SEID UMSCHLUNGEN« 16/17 30/31 »NUR WAHRE EGOISTEN »WIR SIND KEIN UFO, DAS HIER KOOPERIEREN ERFOLGREICH.« FÜR SECHS WOCHEN LANDET, SONDERN WIR HABEN UNSERE WURZELN HIER IN DER REGION.« 02 03
VON LINKS NACH RECHTS: Dr. Matthias Makowski, Regionalleiter Goethe-Institute Südosteuropa Lukas Crepaz, Geschäftsführer Kultur Ruhr GmbH Peter Carp, Intendant Theater Oberhausen Prof. Dieter Gorny, Geschäftsführer european centre for creative economy Prof. Kurt Mehnert, Rektor Folkwang Universität der Künste Christiane Baum, Geschäftsführerin ERIH e.V. Dr. Walter Hauser, Vorstand ERIH e.V. VON LINKS NACH RECHTS: Ute Schäfer, Kulturministerin NRW Dr. Patrick S. Föhl, Leiter Netzwerk Kulturberatung, Berlin Karola Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin Matthias Frense, Künstl. Leiter Ringlokschuppen Ruhr Johan Simons, Künstl. Leiter Ruhrtriennale 2015 – 2017 Benedikte Baumann, Moderatorin VON LINKS NACH RECHTS: Regina Völz, Moderatorin Ulrike Rose, Moderatorin Dr. Annette Klinkert, city2science Maria Baumeister, Regionalverband Ruhr Jörg Stüdemann, Stadtdirektor und Kulturdezernent Stadt Dortmund VON LINKS NACH RECHTS: Jürgen Fischer, Referatsleiter Kultur und Sport Regionalverband Ruhr Katja Aßmann, Künstl. Leiterin Urbane Künste Ruhr Dr. Uwe Schramm, Geschäftsführer Kunsthaus Essen e.V. Andreas Bomheuer, Dezernent für Kultur, Integration und Sport Stadt Essen Axel Biermann, Geschäftsführer Ruhr Tourismus GmbH Bettina Pesch, Geschäftsführende Direktorin Theater Dortmund VON LINKS NACH RECHTS: Dr. Beate Reese, Direktorin Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr Prof. Dr. Ferdinand Ullrich, Direktor Kunsthalle Recklinghausen Reinhard Krämer, Gruppenleiter Kultur Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW Joscha Hendricksen, Künstler Dipl. Ing. Svenja Noltemeyer, Raumplanerin 04 05
BEGRÜSSUNG KULTURFÖRDERGESETZ EINFÜHRUNG UND TAGESMODERATION: Als erstes deutsches Bundesland hat Ulrike Rose Nordrhein-Westfalen auf Initiative von Kulturmanagerin Kulturministerin Ute Schäfer 2014 eine BEGRÜSSUNG: allgemeine gesetzliche Regelung für die Ute Schäfer Kulturförderung verabschiedet. Im Kul- Ministerin für Familie, Kinder, turfördergesetz werden die wesentlichen Jugend, Kultur und Sport des Landes Ziele, Schwerpunkte und Grundsätze Nordrhein-Westfalen der Kulturförderung in Nordrhein-West- Karola Geiß-Netthöfel falen definiert; es soll darüber hinaus zu RVR-Regionaldirektorin mehr Transparenz und Planungssicher- Matthias Frense heit in der Kulturförderung beitragen. Künstlerischer Leiter Ringlokschuppen Ruhr Sie waren durchweg sehr persönlich, die Begrü- konferenz zu wählen, da ging es sicherlich auch menzuarbeiten – nämlich breite Unterstützung ßungsworte zur 4. Kulturkonferenz Ruhr am darum, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen der zu finden.« 25. September im Ringlokschuppen in Mülheim Solidarität für diesen in der Region wichtigen Sein Fazit fand Frense in jenen Worten, an der Ruhr. Aus unterschiedlichen Gründen: Kulturort, der gefährlich ins Trudeln geraten die Matthias Lilienthal, Intendant der Münchner Zogen Kulturministerin Ute Schäfer und Karola war.« Kammerspiele, in einem offenen Brief an den Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin des Regional- Die Krise – sie ist ein gutes Dreivierteljahr Mülheimer Kulturdezernenten richtete: »Das verband Ruhr, unter dem Eindruck der Kabi- nach der drohenden Insolvenz überwunden, Netzwerken ist die Theaterpraxis der Zukunft.« nettsumbildung zum 1. Oktober vor allem ein dank substanzieller Hilfen der Stadt Mülheim Ein Schluss, zu dem auch Karola durchweg positives Resümee der gemeinsamen an der Ruhr, des Landes und der Kunststiftung Geiß-Netthöfel kam: »Ich habe mir in meinen Arbeit, wählte Matthias Frense, Künstlerischer NRW. Einiges habe sich geändert, »treu geblie- Anfangsjahren sagen lassen müssen, dass es nie Leiter des Ringlokschuppen Ruhr, seine Worte ben sind wir uns in der Praxis, zeitgenössisches eine Kooperation im Bereich der RuhrBühnen geben wird. Und jetzt ist genau dieses zarte »DAS NETZWERKEN IST DIE Pflänzchen gerade gepflanzt worden, und wir werden hoffentlich bald die Erfolge sehen. Ich glaube, genau so sollte es weitergehen.« THEATERPRAXIS DER ZUKUNFT!« Bereits heute bescheinige etwa der aktuelle Umweltwirtschaftsbericht der Metropole Ruhr »eine deutschlandweite Spitzenposition im unter dem Eindruck der gerade erst überstande- Theater gemeinsam mit ganz unterschiedlichen Bereich der Umweltwirtschaft«. Ähnlich positiv nen Krise seines Hauses. Dieser wie jene jedoch Partnern in lokalen, regionalen, bundesweiten falle das Resümee des Wissensgipfels Ruhr aus. machten den rund 300 anwesenden Kreativen, und internationalen Netzwerken zu produzie- »Und auch im Bereich Kunst und Kultur sind den Vertretern von Theatern, Museen, Kultur- ren«, resümierte Frense. Ein Verfahren, das wir spitze. Das kann immer alles noch besser initiativen und Verwaltungen eines klar: Das so bereits »in der Geschichte der Soziokultur« werden, das ist klar, auch bei den Kooperatio- »DIE LANDESREGIERUNG Thema der Kulturkonferenz, »Kooperation und Eigensinn – Neue Allianzen in der regionalen angelegt sei. Und das, ohne den Beteiligten »Beliebigkeit« zu verordnen. Im Gegenteil: Die nen. Aber wenn man einem Kind immer nur erklärt, was es nicht kann, wird es das irgend- STAND UND STEHT Kultur«, wird in der Metropole Ruhr tatsächlich auf vielerlei Weise gelebt. jeweilige »Selbstdefinition« der Partner müsse umso präziser sein. Insbesondere da es längst wann auch nicht können. Man muss das beto- nen, was gut läuft.« VERLÄSSLICH AN IHRER SEITE, Etwa auch im Sinne des eindeutigen Zu- nicht mehr darum gehe, die Gesellschaft abzu- »Vieles im Ruhrgebiet ist inzwischen sehr sammenhalts. Matthias Frense: »Als RVR-Refe- bilden, sondern darum, sie aktiv mitzugestalten. gut gelungen«, analysierte auch Ministerin DAS HATTEN WIR IN DER ratsleiter Jürgen Fischer mir Anfang des Jahres Mehr noch: »Gerade durch die Krise haben wir Schäfer. Und dennoch blieben Kooperationen in sagte, dass der Verband beabsichtige, den Ring- hier sehr eindrucksvoll zu spüren bekommen, der Metropole Ruhr eine »immense Herausfor- lokschuppen als Austragungsort für die Kultur- was es außerdem bedeutet, mit Partnern zusam- derung« und verliefen nicht immer ohne »Rei- VERGANGENHEIT bungsverluste«. Zugleich müsse man eine solche Entwicklung im Sinne Karl Gansers jedoch nicht UND DAS WIRD AUCH als einen »linearen Planungsprozess, sondern als einen Lernprozess« betrachten. »Und solche ZUKÜNFTIG SO BLEIBEN. Prozesse dauern. Dafür braucht man einen lan- NACHHALTIGKEITSVEREINBARUNG gen Atem. Aber den haben sie, denn das kreati- ve Potenzial dieser Region ist enorm groß.« Und DA BIN ICH MIR GANZ SICHER.« Der Regionalverband Ruhr (RVR) und das Land Nordrhein-Westfalen stellen seit auf eine Allianz, so die scheidende Ministerin, könne sich die Metropole Ruhr bei dieser Auf- 2012 im Rahmen einer gemeinsamen gabe verlassen: »Die Landesregierung stand und Vereinbarung jährlich jeweils 2,4 Mio. steht verlässlich an Ihrer Seite, das hatten wir in der Vergangenheit und das wird auch zukünf- Euro zur Verfügung, um die Nachhal- tig so bleiben. Da bin ich mir ganz sicher.« tigkeit der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 zu sichern. Die gemeinsam ausgerichtete jährliche Kulturkonferenz Ute Schäfer Ruhr ist Teil dieser Vereinbarung. Die scheidende Ministerin Ute Schäfer in ihrer Abschiedsrede bei der 4. Kulturkonferenz Ruhr. 06 07
IMPULS REGIONALE ZUSAMMENARBEIT ALS STIFTUNG OPER IN BERLIN MOTOR VON Die Stiftung Oper in Berlin wurde 2004 KULTURENTWICKLUNG mit den fünf eigenständigen Betrieben UND TRANSFORMATION Deutsche Oper Berlin, Komische Oper Berlin, Dr. Patrick S. Föhl, Staatsoper Unter den Linden, Staatsballett Leiter Netzwerk Kulturberatung, Berlin Berlin und dem Bühnenservice gegründet. Die drei Opern und das Ballett fungieren als autonome Häuser mit eigenständigen Kräfte bündeln, Mehrwerte schaffen und die ei- künstlerischen Leitern. Sämtliche stif- gene Zukunft sichern: Die Ziele, die Dr. Patrick S. Föhl, Leiter des Netzwerk Kulturberatung, re- tungsübergreifenden Bereiche sowie die gionalen Allianzen im Kulturbereich in seinem zentralen Theaterwerkstätten sind hin- Impulsvortrag verordnete, waren klar umrissen. gegen seit Herbst 2010 an einem Standort Der Weg dorthin, auch das wurde deutlich, ist vereint. Dieses Konzept ist bundesweit keinesfalls ein leichter – und keinesfalls ein Notwendig dafür seien jedoch geeignete transformativ denke, müsse zunächst Sichtbar- schneller. Kulturelle Transformationsprozesse Strukturen jenseits erzwungener Allianzen. keit herstellen, etwa über eine Netzwerkanalyse. bislang einzigartig. brauchen Zeit, bedürfen des partizipativen Dia- »Es ist wichtig, Kooperationen nicht nur pro- »Wen gibt es schon? Wer arbeitet mit wem logs ebenso wie der objektiven Vermittlung und jektbezogen zu denken, sondern strategisch zusammen? Es gibt überall längst Schlüssel- des Aufbrechens überholter Strukturen. Die anzugehen.« Die tatsächlichen Strukturen aller- personen und die muss man stärken.« Vorgaben dieses Prozesses resultieren gleicher- dings erschöpften sich vielfach in überforderten Und auch die »andere Seite« gelte es im maßen aus gesellschaftlichen Entwicklungen wie Kulturämtern und finanziellen Mitteln, »die zu Sinne eines Audience Building miteinzubeziehen. aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten. 95 Prozent an eine feste Infrastruktur gebunden »Gerade Jugendliche wollen partizipieren.« Ein Föhl: »Betrachtet man die Kulturentwick- sind«. Lösungen wiederum hätten sich bislang Punkt, für den etwa soziokulturelle Zentren lungsprozesse der vergangenen zehn Jahre, vor allem auf zwei Möglichkeiten konzentriert: prädestiniert seien, resümierte Föhl und ging dann erkennt man, dass so gut wie alles, was im das Wachstumsparadigma, verbunden mit der damit auf einen Einwurf Rainer Bodes (Leiter Kulturmanagement diskutiert wird, mit Koope- Forderung nach immer mehr, »was weder funk- LAG Soziokulturelle Zentren) ein, der gefragt rationen zu tun hat.« Und das mit allen Impli- tioniert noch nachhaltig ist«; und das Abbaupa- hatte: »Was sagen Sie einem Intendanten, der kationen: »Zu viel Kooperation kann auch Dinge radigma, was immer schwierig umzusetzen sei. der Meinung ist, sein Stadttheater sei der Na- zerstören, und nicht immer sind Kooperationen Sinnvoller sei es, Vorhandenes gezielt bel der Welt? Wie ändert man diese Haltung?« sinnvoll. Wenn sich alles verflüssigt, muss man anders zu nutzen. »Wir müssen Ankereinrich- Föhl: »Indem man aufzeigt, wo die Kompeten- sich fragen, was von der eigenen Kompetenz tungen zu Kulturknotenpunkten für die Region zen liegen.« Es gebe feste Einrichtungen und noch bleibt.« Kooperation und Eigensinn – zwei als solche machen, so dass alle Beteiligten davon »viele freischwimmende Akteure«; hier müsse Pole. Und wie so oft ist der goldene Mittelweg profitieren.« In Thüringen, wo man sich seit das Prinzip der Cultural Governance neue Misch- entscheidend. »Co-Opetition ist die Königsdis- mehr als 300 Jahren an einer Theaterreform verhältnisse schaffen, ohne klassische Prozesse ziplin der Kulturpolitik und des Kulturmanage- versuche, »diskutiert man das derzeit sehr of- zu ersetzen. ments. Es geht darum, beides hinzubekommen. Konkurrenz ebenso wie Kooperation.« Beispiel »CO-OPETITON IST Stiftung Oper in Berlin. »Bis vor wenigen Jahren waren die drei Opernhäuser der Stadt Konkur- renten. Nicht selten gab es die Zauberflöte mehr- mals am gleichen Abend.« Seit 2004 regelt eine Stiftung den gemeinsamen Auftritt der drei In- DIE KÖNIGSDISZIPLIN DER stitutionen und stimmt die Programme ab. Die Häuser agieren nach wie vor autark, die Stiftung KULTURPOLITIK UND ist dennoch nicht gänzlich unumstritten. »Ein solcher Prozess braucht Zeit. Es ist kein leichter DES KULTURMANAGEMENTS.« Job zwischen den Häusern zu vermitteln. Doch vom Gefühl her würde ich sagen, da entwickelt sich etwas.« fen; vor einigen Jahren war diese Einstellung Eine Entwicklung, die geeigneter Vermitt- Generell sei es schwierig, Prestige zu tei- nicht selbstverständlich«. Förderlich sei, dass ler bedürfe. »Hier sehe ich klare Chancen für len, zumal man es in den seltensten Fällen mit der Diskurs nicht unter Zwang, sondern unter das Kulturmanagement.« Zugleich bestehe das gleich großen Partnern zu tun habe. »Doch strategischen, konzeptionellen und gesell- Risiko, dass das Kulturmanagement die Kultur wenn ein Großer von den kreativen Kräften des schaftsorientierten Bedingungen geführt werde. ersetze, resümierte Prof. Dr. Ferdinand Ullrich, Kleineren lernen kann, muss er auch zulassen, Ein erster Schritt also. Direktor der Kunsthalle Recklinghausen. »Da wer- dass der Kleinere sichtbar wird. Es ist nicht Ein zweiter: der Blick über den Tellerrand. den nicht mehr Kunsthistoriker zu Museums- einfach, ein Level zu finden, auf dem sich beide »Auf Dauer ist es einfach nicht konstruktiv, direktoren ernannt, sondern Kulturmanager. Es wohlfühlen.« Nicht zu vergessen: das Thema immer im Kleinklein zu arbeiten. Es gibt Her- besteht die Gefahr, dass wir den Inhalt verges- Geld. Nicht prinzipiell bedeute Kooperation ausforderungen, die von Landes- oder Bundes- sen. Für den bedarf es Leute vom Fach.« auch Einsparung, auch wenn es Theaterfusionen relevanz sind. Zentrale Plattformen im Internet »Richtig«, bekräftigte Föhl – und ergänzte: schon immer insbesondere im Nachgang finan- sehe ich etwa durchaus bei der Bundeskultur- »Doch der Kulturmanager als Diener der Kunst zieller Krisen gab. »Die aktuellen Finanzkrisen stiftung angesiedelt.« Ähnlich ausgerichtet: die hat ebenfalls ausgedient.« Wenn Kultur wieder sind jedoch dauerhafte, so dass ein grundsätzli- Wirtschaftsförderung, die die Koordination der sichtbar gemacht werden solle, sei Vermittlung ches Nachdenken über Kooperationen auch die kulturellen Bildung übernimmt. »Derzeit hat gefragt, etwa zwischen Kultur und Tourismus große Chance bedeutet, dass eine Generation jede Stadt ihr eigenes Tourismusbüro, und jedes im Sinne der Kunst – und dafür seien Kultur- von Kulturschaffenden heranwächst, für die davon leistet gute Arbeit. Was könnte daraus manager zuständig. »Wir sollten also lieber eine Allianzen das Handlungsprinzip der Zukunft werden, wenn man diese Ressourcen zentral für konstruktive Debatte führen, anstatt Kompeten- sind.« die Region einsetzt?« Kulturmanagement, das zen gegeneinander auszuspielen.« 08 09
EUROPÄISCHE NETZWERKE ACTOPOLIS – DIE KUNST ZU HANDELN MODERATORIN: Regina Völz REFERENTEN: Peter Carp, Intendant Theater Oberhausen Lukas Crepaz, Geschäftsführer Kultur Ruhr GmbH Dr. Matthias Makowski, Regionalleiter Goethe-Institute Südosteuropa Sechs Städte aus Südosteuropa und die Stadt Actopolis arbeite mit lokalen Künstlern Oberhausen kooperieren. Klingt zunächst und Akteuren, um dann gemeinsam darüber zu einmal absurd? Warum das keinesfalls so sei, reflektieren, was »uns verbindet und was wir erklärten Lukas Crepaz, Geschäftsführer der voneinander lernen können«. Und eben dieses Kultur Ruhr GmbH und Dr. Matthias Makowski, Reflektieren unterscheide Actopolis von anderen Regionalleiter der Goethe-Institute Südosteuropa. Projekten, führte Crepaz weiter aus. »Normaler- »In den beteiligten Städten Südosteuropas sind weise machen wir Projekte in den Städten, laden in einer postsozialistischen Transformation Künstler von außerhalb ein, reflektieren aber viele Prozesse aktuell, die hier in der Region hinterher nicht darüber, was uns das gebracht ebenfalls zu den Kernaufgaben gehören«, be- hat.« Aus solchen Formaten entwickle sich in richtete etwa Makowski. Und für Crepaz stellen der Regel keine neue Kooperationsmöglichkeit. könnten auch alleine in den Städten funktio- untergebracht ist, war nicht erdbebensicher – nieren«, meinte Makowski. »Aber uns ist die sei Leerstand in einem heruntergekommenen »ES GIBT KEINE THEMEN MEHR, Labor-Situation wichtig.« Will sagen: Die Ergeb- Viertel als temporäre Unterkunft genutzt wor- nisse sollen miteinander in Beziehung gesetzt den. »Daraus entstand die größere Idee, öffent- werden. Denn zum einen könnten die südost- liche Räume zu bespielen, sie Aktivisten und DIE ISOLIERT AUF LOKALER EBENE europäischen Städte von der Region Ruhrgebiet viel lernen. Umgekehrt gelte jedoch auch: Wie Gruppen zur Verfügung zu stellen.« Mittlerweile stehe hinter dem Urban Incubator eine Stiftung, DISKUTIERT WERDEN KÖNNEN.« mische sich die Kunst etwa in kollabierende Strukturen wie zum Beispiel in Athen ein? das Programm werde weiterbelebt. Die Inter- vention habe sich nachhaltig entwickelt. Wie sie ACTOPOLIS Actopolis ist ein dreijähriges Projekt des Auch das weitere Vorgehen ist bereits sich weiterhin auswirken wird, das untersuche Goethe-Instituts und Urbane Künste Ruhr in sich die Fragen unserer europäischen Zukunft Bei Actopolis hingegen gehe es immer um zwei festgezurrt: Von Januar bis Oktober 2016 soll Actopolis. Kooperation mit dem Theater Oberhausen. Die in der Metropole Ruhr in kondensierter Form: Aspekte: um die konkrete künstlerische In- in jeder beteiligten Stadt ein eigenes kleines Apropos Nutzen: Was das Projekt den »Ich glaube, dass sich die Entwicklungen hier tervention im öffentlichen Raum und um den Festival stattfinden. Das Material aller Aktionen örtlichen Kulturschaffenden bringe, wollte künstlerische Leitung liegt bei Katja Aßmann im Ruhrgebiet in den nächsten Jahren und Diskurs. in den Städten werde gesammelt und 2017 in Uri Bülbül vom Katakomben Theater in Essen und Angelika Fitz, die Projektleitung beim Jahrzehnten in ganz Europa bemerkbar machen Peter Carp hat als Intendant des Theater einer Ausstellung in Oberhausen präsentiert. wissen. »Wir verstehen uns als Ermöglicher«, Goethe-Institut Athen, bei den Goethe-Institu- werden.« Das auf drei Jahre angelegte europäi- Oberhausen schon viele Stadtraum-Projekte In Form einer Konferenz solle außerdem disku- antwortete Makowski. »Uns geht es in erster ten der jeweiligen Städte, bei Urbane Künste sche Projekt Actopolis befragt diese Prozesse und realisiert. Das Spannende an dieser Kooperati- tiert werden, »was wirklich bewegt, was erreicht Linie darum, den Kulturdialog herzustellen.« Entwicklungen in den Städten künstlerisch. on sei für ihn vor allem der mögliche Vergleich wurde und was das im globalen Kontext bedeu- Und Crepaz erklärte: »Wir können nicht die Ruhr und der Kultur Ruhr GmbH. Actopolis Zunächst: Der Name Actopolis verweise mit den anderen Städten und Ländern. Welche tet«, sagte Crepaz. »Es gibt keine Themen mehr, ganze Region bespielen.« Die Entscheidung für versammelt Künstler, Urbanisten, Aktivisten nicht nur auf Akropolis und damit auf die aktu- Erfahrungen würden dort mit Projekten im die isoliert auf lokaler Ebene diskutiert werden Oberhausen sei gefallen, weil dort hervorragende und Kuratoren aus Ankara/Mardin, Athen, elle Krise in Griechenland und die Krise unserer Stadtraum gemacht? Entscheidend sei, dass die können.« Vorarbeit geleistet worden sei. Auf die Frage von Belgrad, Bukarest, Oberhausen, Sarajevo Demokratie. Er verweise auch auf den »Aufruf künstlerischen Interventionen zu einer Hand- Moderatorin Regina Völz wollte es genauer Yasmine Freigang, LWL-Kulturabteilung, nach und Zagreb. Das Budget liegt insgesamt bei zu Action«, erläuterte Crepaz. Entsprechend lung führten. »Wenn wir erreichen, dass sich wissen: »Wird den Menschen, den Künstlern Zielen und Mehrwert, sprach Carp von einem gewählt ist folglich der Untertitel: die Kunst zu die Bürger nicht mehr nur als Konsumenten, vor Ort durch Actopolis die Möglichkeit gegeben, »ergebnisoffenen Kongress«. Wir wüssten gar 700.000 Euro. handeln. Worum geht es genau? Um die Frage, sondern als Handelnde erleben, dann haben öffentlich zu agieren und zu handeln? Oder nicht, wo es Überschneidungen und Anregun- »wie wir mit Künstlern und künstlerischen Mit- wir viel geschafft.« wird zusammengesammelt, was dort sowieso gen gäbe, wenn wir uns nicht zusammensetzten teln in den Städten die Themen aufgreifen und Beteiligt sind gleichermaßen Künstler passiert, um es sichtbar zu machen?« Crepaz: und darüber redeten. »Wer fährt schon in alle aufarbeiten können, die relevant sind für die und Aktivisten, ebenso Urbanisten und lokale »Es wäre vermessen, zu behaupten, die Aktio- Städte und guckt sich an, welche Aktionen dort Entwicklung und Zukunft dieser Städte und für Gemeinschaften. Ein mögliches Thema: Flucht nen passierten, weil wir dort reingehen.« Das stattfinden? Und wenn andere Aktionen durch die Menschen, die in ihnen leben«, formulierte und Migration. »Wir befinden uns auf der klas- Spezifische dieses Projekts sei, diese Aktionen diese Kooperation überhaupt erst ermöglicht Crepaz. Themen wie Partizipation und Migrati- sischen Flüchtlingsroute«, erklärte Crepaz. Ein sichtbarer zu machen und in den europäischen werden, dann ist das ein riesiger Mehrwert, on, Fragen wie »Wem gehört die Stadt, wem der viertägiges Labor Ende September in Oberhau- Diskurs einzuspeisen. Als Beispiel nannte finde ich.« Enthusiastisch äußerte sich auch die öffentliche Raum?« seien zurzeit gleichermaßen sen erfasst geplante Künstler-Konzepte sowie Makowski das Projekt Formell – Informell in Moderatorin: »So viel Interesse von Kunst, sich heiß diskutiert in Städten wie Belgrad, Bukarest deren jeweilige Relevanz in den Städten und Belgrad. Aus einer Notwendigkeit heraus – das einzubringen und in den politischen Prozess oder Istanbul, schilderte Makowski. im städtevergleichenden Kontext. »Die Projekte Haus, in dem das Goethe-Institut in Belgrad einzugreifen, gab es selten.« 10 11
N.I.C.E. AWARD Der N.I.C.E. Award 2015 wurde am 23. September im Rahmen des 4. Forum d'Avignon Ruhr in Essen verge- ben. Die mit 8.000 Euro dotierte Auszeichnung ging an das Projekt »Machine to be another« aus Brasilien. Unter Verwendung digitaler Technik ermöglicht die Installation in Körper und Gedanken einer anderen Person einzutauchen und sich selbst im Körper des Gegenübers zu betrachten. Ausgezeichnet wurden jedoch ein Netzwerk schaffen, das als »Benefit« insgesamt fünf gesellschaftlich oder wirtschaftlich den Austausch von Ideen und Konzeptionen wegweisende internationale Kultur- und Kreativpro- vorhält, die man ansonsten nicht bekäme«. Das jekte zum diesjährigen Thema »Solving the World's Ziel: das innovative Potenzial von Kultur und Major Challenges – A Call for Innovations«. Arbeiten Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet zu stützen und sichtbar zu machen, »hier, aber auch in Euro- eingereicht hatten 213 Bewerber aus 29 Ländern. Der pa«. Viel zu oft seien Kulturhauptstädte so etwas N.I.C.E. Award wird vom NRW-Wirtschaftsministeri- wie ein »Formel 1-Zirkus«; »sie finden statt und um und den Städten Bochum, Dortmund, Essen und sind dann wieder weg«. Dafür zu sorgen, dass Gelsenkirchen finanziert. www.nice-europe.eu auch darüber hinaus etwas passiert, sei keine einfache Aufgabe: »Es war schon nicht leicht, 53 Städte und Gemeinden zu einer großen Ko- operation zu bewegen. Und es wäre sicherlich leichter gewesen, nach einem solchen Jahr zu sagen: Das war es jetzt erst einmal. Doch macht verbreitet hat.« Die willkommene Folge: Einrei- Osteuropa zu bemühen; »doch wir sind grund- EUROPÄISCHE das auch Sinn?« chungen auch aus den USA, Israel, Japan, Bra- sätzlich für vieles offen, ohne nachzuhalten, aus Weitermachen, sichtbar machen und das silien und Osteuropa. Als freiwilliger Verbund, welchem Land uns vielleicht noch Mitglieder NETZWERKE mit Mehrwert. Gemeistert hat N.I.C.E. diesen der nicht aus europäischen Mitteln gefördert fehlen«. Ebenso wenig könne man – so die Nach- N.I.C.E. NETWORK FOR programmatischen Dreiklang über ein zentra- les Instrument: einen Award, der diejenigen werde, erklärte Gorny mit Blick auf die Frage Christine Sutoris' (Kurzfilmtage Oberhausen), frage Jörg Obereiners, kulturpolitischer Sprecher Bündnis 90/Die Grünen im RVR – über das Feld INNOVATIONS IN anspricht, die im Netzwerk gebraucht werden warum ein europäisches Netzwerk einen Preis der Preisträger hinaus nachhalten, was aus CULTURE AND – die Kreativen selbst. Mehnert: »Sicher, jeder macht einen Award. Und trotzdem war und ist weltweit ausschreibe, könne man sich eine sol- che »Individualentscheidung« erlauben – und den Projekten geworden sei. »Dieser Austausch muss Teil kommender, intensiverer Entwicklun- CREATIVITY IN EUROPE dieser Preis sehr wichtig, weil man über ihn die die künstlerische Arbeit als solche hervorheben, gen sein.« Dies gilt auch für die verstärkte Ein- MODERATORIN: sichtbar macht, über die man spricht.« 2013 statt Grenzen aufzuziehen. »N.I.C.E. ist ein Teil beziehung der Wissenschaft, ein Aspekt, der von noch als Publikumspreis ausgelobt, verzeich- europäischer Arbeit in der Nachhaltigkeit der Dr. Annette Klinkert, Geschäftsführerin city2- Ulrike Rose nete der N.I.C.E. Award 2014 bereits 108 Bewer- Kulturhauptstadt RUHR.2010, der nicht nur neue science und Prof. Dr Angela Krewani vom Institut REFERENTEN: bungen und konnte 10.000 Euro an Preisgeld Kräfte freisetzt, sondern in unserer Region auch für Medienwissenschaft der Universität Marburg Prof. Dieter Gorny, in die Diskussion mit eingebracht wurde. Und EUROPEAN CREATIVE BUSINESS Geschäftsführer european centre das nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, NETWORK (ECBN), ROTTERDAM dass europäische Forschungsrahmenprogramme for creative economy Das European Creative Business Network (ECBN), das 2011 gegründet Prof. Kurt Mehnert, »ICH GLAUBE, DASS Fördermittel zusehends auch von sozialen Inno- vationen und interdisziplinären Kooperationen Rektor der Folkwang Universität ERFOLGREICHES INSTALLIEREN abhängig machen. Bewerbungshürden, die, so wurde, versteht sich als Netzwerk der Künste Klinkert, durch N.I.C.E. sehr gut aufgefangen aus Kreativzentren, Kreativquar- VON KOOPERATIONEN werden könnten. Mehr noch: »Vor zwei Wochen tieren, Kreativunternehmern und gab es den Wissensgipfel Ruhr; heute gibt es die Agenturen der Kultur und Kreativ- Bereits seine Entstehung kann exemplarisch für ten um Netzwerke eher beschleunigt. Trotzdem Kulturkonferenz Ruhr. Ich frage mich, ob es in wirtschaft. Ziel ist es, die einzelnen erfolgreiche Netzwerk-Arbeit herangezogen wer- den, doch der »Neuling« leistet noch viel mehr – glaube ich, dass erfolgreiches Installieren von Kooperationen immer noch sehr stark analog IMMER NOCH SEHR STARK diesen Zeiten nicht Sinn macht, beides zu ver- binden zu einem Innovationsgipfel Ruhr.« Netzwerk-Mitglieder und Partner europaweit zu vernetzen und ihnen und übertrifft im Jahr zwei nach Gründung bereits alle Erwartungen: Prof. Dieter Gorny, vom Menschen abhängt.« Was nicht zuletzt auch für das Nichtzustandekommen von Ko- ANALOG VOM MENSCHEN ABHÄNGT.« Unterstützung bei der Erschließung Geschäftsführer european centre for creative eco- operationen gelte: »Da sollten wir uns nichts neuer Märkte und neuer Kooperati- nomy (ecce), und Prof. Kurt Mehnert, Rektor der vormachen, das liegt nicht so sehr in der Un- Folkwang Universität der Künste, präsentierten beweglichkeit der Institutionen. Es sind die onen zu bieten. mit N.I.C.E. eines der jüngsten Netzwerke, in das Menschen, die sich wehren. Entscheidend ist die Region derzeit eingebunden ist. 2013 hervor- ein ständiger Prozess der Kommunikation.« gegangen aus dem Forum d'Avignon Ruhr und Nur daraus entwickelten sich positive Kräfte. vergeben. Gute Zahlen, doch erst der Auftakt: stimuliert, auf dem Weg des Wandels und der dem European Creative Business Network (ECBN) »Und dann geht es natürlich auch darum, was »Für 2015 kommen wir auf 213 Bewerbungen Veränderung weiterzumachen.« erfährt das Network for Innovations in Culture dabei herauskommt, wenn ich bei einem Netz- aus 29 Ländern und insgesamt 20.000 Euro Der nächste Schritt ist evident: »Jetzt and Creativity in Europe bereits weltweiten Zu- werk mitmache.« Was also ist der »Benefit« Preisgeld; ein Riesenerfolg und eine unglaub- kommt es darauf an, diesen Prozess dauerhaft spruch – und liefert, so Gorny, nicht zuletzt von N.I.C.E.? liche Steigerung – und das nicht nur quantita- und über den Award hinaus in Gang zu hal- auch der Metropole Ruhr »immensen kreativen Gorny: »Als wir angefangen haben, N.I.C.E. tiv, sondern auch qualitativ. Wir wurden mit ten.« Ein Anspruch, der dem Netzwerk-Neuling Input«. zu konzipieren, war die Kulturhauptstadt Eu- tollen Ideen geradezu bombardiert.« Dabei, so N.I.C.E. zusätzliche Professionalisierung abver- Eine positive Gesamtentwicklung, die ropas RUHR.2010 gerade ausgelaufen, und Mehnert, bilde das Teilnehmerfeld nicht allein lange – »und da sprechen wir dann irgendwann nicht unbedingt den digitalen Netzwerken als wir mussten uns fragen, wie wir den Diskurs Europa beispielhaft ab, sondern rekrutiere sich auch von Geld, Management und Verwaltungs- solchen, sondern den Leistungen von Menschen beibehalten, wie wir dafür sorgen können, aus kreativen Regionen weltweit. Gorny: »Tat- optimierung«. Aktuell habe man nicht die zu verdanken sei. Gorny: »Wir leben in der Zeit dass Europa weiter hierher kommt.« Auf euro- sächlich kam es zu dem Effekt, dass sich quasi Ressourcen, um sich, wie von Tina Jermann, des Netzes und nicht zuletzt auch durch die päischer Ebene seien in solchen Fällen zeitlich mehrere Netzwerke übereinander gelegt haben Geschäftsführerin Exile Kulturkoordination technologischen Entwicklungen werden Debat- begrenzte »Projektaufrufe« üblich, »wir wollten und sich die Ausschreibung unglaublich schnell vorgeschlagen, aktiv um Teilnehmer etwa aus 12 13
EUROPÄISCHE Die Potenziale von Industriekultur wirtschaft- lich nutzen und sie als Marke im Tourismus sehr heterogen.« Aufgebaut und konzeptioniert von Kulturschaffenden und Denkmalschützern NETZWERKE etablieren, und das auf regionaler wie auf euro- mangelte es vielerorts an einem touristischen ERIH EUROPEAN päischer Ebene – das will der Verein European Route of Industrial Heritage (ERIH). Erste Über- Konzept. Viele dieser anfänglichen Problemfel- der habe man, insbesondere in der Metropole EUROPEAN ROUTE OF INDUSTRIAL HERITAGE ROUTE OF INDUSTRIAL legungen in diese Richtung gab es bereits 1999. Ruhr, inzwischen jedoch gut gemeistert: »In- Der Verein European Route of Industrial Heritage Mittlerweile fungiert ERIH als größtes Netz- dustriekultur hat heute einen gleichberechtigten HERITAGE werk für Industriekultur in Europa und ist, so Stellenwert mit dem antiken Erbe; früher ist (ERIH) ist 1999 aus einer Initiative der Metropole MODERATORIN: ERIH-Geschäftsführerin Christiane Baum, »über dieses Thema in Reiseführern gar nicht vorge- Ruhr, der Niederlande, Belgiens und Großbritanniens Benedikte Baumann die Ländergrenzen hinaus ein Begriff«. Der kommen.« hervorgegangen und seit 2008 als Verein eingetragen, eigentliche Prozess der Markenbildung indes ist Inventarisierung, Kategorisierung und REFERENTEN: der sich über Mitgliedsbeiträge finanziert. ERIH längst noch nicht abgeschlossen – und so muss- Sichtbarmachung: Die Ziele von damals gelten Christiane Baum, te etwa auch Moderatorin Benedikte Baumann noch heute. Ein weiteres Aufgabenfeld: die versteht sich als touristisches Informationsnetzwerk Geschäftsführerin ERIH – European bekennen, bislang »keine Ahnung« gehabt zu Beratung der Akteure vor Ort, etwa im Aufbau zum industriellen Erbe in Europa und vertritt aktuell Route of Industrial Heritage e.V. haben, »was die Abkürzung ERIH überhaupt eigener Routen, eigener Formate und förde- rund 1.100 Standorte in 44 europäischen Ländern. Dr. Walter Hauser, bedeutet«. rungswürdiger, europäischer Kooperationen. Zu ihnen gehören 84 Ankerpunkte; sie bilden die vir- Dabei lag, bilanzierte Dr. Walter Hauser, Als zentrale Plattform fungiert ein gemeinsamer Vorstand ERIH – European Route of tuelle ERIH -Hauptroute, und 19 Regionale Routen. Alle die Entstehung des europäischen Vereins durch- Internetauftritt. ERIH-Geschäftsführerin Chris- Industrial Heritage e.V. aus »hier in dieser Region«. Ausschlaggebend tiane Baum: »Ein so großes Netzwerk funktio- Standorte sind zudem 13 Europäischen Themenrouten für die Entwicklung eines länderübergreifenden niert nur über ›Kümmerer‹.« zugeordnet. NRW stellt zehn Ankerpunkte, drei Regio- Netzwerks sei dabei vor allem zweierlei gewesen: Und dennoch: gänzlich ohne regiona- nale Routen, darunter die Route der Industriekultur als »Zum einen ist die Story der Industrialisierung le Eigenleistungen, ohne Eigensinn, geht es »Vorreiter in diesem Bereich«, sowie 70 Standorte im zunächst einmal Teil einer genuin europäischen nicht. Denn tatsächlich tritt ERIH erst dann Geschichte. Zum anderen haben wir selbst diese auf den Plan, wenn zumindest eine »minimale Feld der Europäischen Routen. www.erih.net »WIR MÜSSEN AUTHENTISCH SEIN, OHNE ZU EINEM DISNEYLAND ZU VERKOMMEN.« Geschichte mittlerweile als spezifisches kulturel- Grundstruktur für Besucher« vorhanden ist. les Erbe anerkannt.« Hier Gemeinsamkeiten zu Ein museales Konzept allerdings, so Baum nutzen, sei grundlegende Idee von ERIH gewe- auf eine Nachfrage Peter Liedtkes (Pixelprojekt sen. Doch: »Es waren nicht Nationen, die sich Ruhrgebiet), sei keinesfalls vonnöten. »Die Orte industrialisiert haben, sondern Regionen. Daher sollen authentisch ihre Geschichte erzählen. war es nur logisch, eine europäische Struktur Eine Infotafel wäre da das Minimum«. Ob diese auf den vorhandenen regionalen Netzwerken Geschichte auch soziale oder ökologische Pro- aufzubauen.« bleme vor Ort aufgreifen könne, hakte Liedtke ERIH also als übergeordnetes »Dach« – mit nach. »Wir diskutieren diese ›Dark Side of In- einer zentralen Aufgabe: die touristische Ver- dustrialization‹ immer wieder sehr stark und marktung des Themas »Industriekultur«. Was haben deshalb etwa die Themenroute Krieg und gerade zu Beginn nicht einfach war. Hauser: Industrialisierung entwickelt«, erwiderte Hauser. »Industriekultur hatte lange Zeit kein Image. Unter touristischen Aspekten stoße man hier Zudem waren und sind die einzelnen Standorte jedoch durchaus an Grenzen. Tatsächlich sei der Aufbau des Netzes nur dadurch gelungen, dass man zentrale Qualitäts- 100 Euro für Privatpersonen und 500 Euro für GmbH) auf, »Mitglieder, Hardliner, die sagen, kriterien entwickelt habe, die sich vorrangig an Ankerpunkte erhebt, ein entscheidender Faktor. Industriekultur darf auch nur Industriekultur. der touristischen Vermarktung orientierten. Baum: »Wir arbeiten mit schmalen Mitteln und Andere zeigen auch Ausstellungen, die nichts Baum: »Der Besucher muss enttäuschungsre- einem kleinen Team.« Von 1.100 Standorten sei- mit dem Thema zu tun haben. Schwellenangst sistent wissen, was ihn vor Ort erwartet.« Qua- en gerade einmal 170 zahlende Mitglieder. Und kann ich mir als Standort nicht erlauben, wenn litätskriterien, die André Sebastian, Leiter des auch Sponsoren etwa aus der Wirtschaft blieben ich in irgendeiner Form Einkommen erwirt- Kulturbüros Münsterland, gezielt hinterfragte: eher die Ausnahme. Worin denn der Mehrwert schaften muss. Neue Leute, junge Leute wird »Wonach entscheiden Sie, wer ein Ankerpunkt für zahlende Privatleute bestehe, wollte Christian man nur mit dem Thema ›Industriekultur‹ werden darf und wer nicht?« Auch dazu habe Strüder (Programmleitung Flottmann-Hallen) wohl nicht gewinnen können. Wir müssen au- es Diskussionen im Verein gegeben: »Wie misst wissen. Die Antwort erhielt er von Jolanta Nölle thentisch sein, ohne zu einem Disneyland zu man die historische Bedeutung eines Ortes, wie (Stiftung Zollverein): »Sie investieren damit in verkommen.« viele Punkte gibt es für eine Toilette, wie viele Ihre Region. Wenn Sie das nicht wollen, müssen für einen Busparkplatz? Im Laufe der Jahre ist eine relativ weiche Liste an Kriterien entstan- Sie das auch nicht. Aber dank ERIH steht Ihnen ganz Europa frei, Sie lernen dadurch etwas ken- »INDUSTRIEKULTUR HAT HEUTE den. Man kann einfach nicht ein einziges Sche- ma über Europa legen. Hier im Ruhrgebiet sind nen, was Sie vielleicht niemals kennengelernt hätten, wenn Sie nicht Mitglied wären.« EINEN GLEICHBERECHTIGTEN STELLENWERT MIT DEM ANTIKEN die Menschen sehr verwöhnt, weil es so viel gut Mehr Spielraum soll ERIH in den kom- gemachte Industriekultur gibt. Anderswo ist menden drei Jahren die Förderung über Creative das nicht so.« Wer es nicht schaffe, falle jedoch Europe bringen – Mittel, die etwa in den Re- nicht gleich für immer raus, »wir geben den Or- ten konkrete Handlungsempfehlungen«. Manch- launch der Website und den Ausbau des Netz- werks fließen. »Auch werden wir neue Formate ERBE; FRÜHER IST DIESES mal stimmten auch alle Voraussetzungen – »nur die 500 Euro Jahresbeitrag sind nicht drin«. entwickeln.« Formate, die sich, so Baum, auch unter ökonomischen Gesichtspunkten beweisen THEMA IN REISEFÜHRERN GAR Die Finanzierung bleibt auch für den Verein selbst, der Mitgliedsbeiträge zwischen müssten. »Wir haben«, griff sie einen Einwurf Axel Biermanns (Geschäftsführer Ruhr Tourismus NICHT VORGEKOMMEN.« 14 15
PROJEKTPRÄSENTATION Wenig Zeit für die Planung, ein vorgegebenes Thema, kein bestehendes Planungsnetzwerk: geholfen, geeignete Formate zu finden. Denn es gab oft den Willen, gab ein Thema, aber es WISSENSNACHT RUHR Die Voraussetzungen für die erste WissensNacht fehlte die Erfahrung, wie man so etwas attraktiv MODERATORIN: Ruhr im Oktober 2014 waren alles andere als präsentiert.« Zugleich habe man auch zentrale optimal. Geplant im Rahmen der klimametropole Veranstaltungsorte initiiert, um den Partnern Ulrike Rose RUHR 2022, als zentraler Beitrag der Metropo- den Druck zu nehmen, das eigene Haus »bespie- REFERENTINNEN: le Ruhr zur Landesinitiative KlimaExpo.NRW, len« zu müssen. Maria Baumeister, erarbeitete sich das für die Region gänzlich neue Reichte allein die Chance auf Sichtbarma- Regionalverband Ruhr Format jedoch innerhalb weniger Monate nicht chung wirklich als Motivation, den »Elfenbein- Dr. Annette Klinkert, nur ein funktionierendes Netzwerk, sondern turm« zu verlassen? Ulrike Rose hakte nach. initiierte zugleich gezielt die Annäherung von »Durchaus«, resümierte Dr. Annette Klinkert: city2science GmbH Wissenschaft und Gesellschaft. Entscheidendes »Auf europäischer Ebene vollzieht sich gerade Mittel in diesem Prozess: das Besinnen auf die ein deutlicher Wandel, den das Forschungs- besonderen Kompetenzen der Organisatoren rahmenprogramm Horizont 2020 vielleicht am und Partner. deutlichsten beschreibt. Fördermittel werden »Als wir begonnen haben, gab es noch hier nicht mehr nur von der wissenschaftlichen keine etablierte Kooperation zwischen wissen- Exzellenz abhängig gemacht, sondern auch von schaftlichen Institutionen und öffentlichen Antworten auf gesellschaftliche Fragen und Einrichtungen im Bereich Wissenschaftskom- von aktiven Dialogen mit Bürgern – für viele munikation. Tatsächlich mussten wir die Wis- Wissenschaftler ist das immer noch eine Her- senslandschaft erst einmal grundsätzlich für die ausforderung.« Gesellschaftlicher Mehrwert und Idee gewinnen«, resümierte Maria Baumeister interdisziplinäre Ansätze seien gefragt, »und da vom RVR. Schlimmer noch: »In der Wissen- kann die Beteiligung an einem Wissenschafts- schaft werden Festivals teils noch mit Argwohn festival Berührungsängste ab- und Kompetenzen betrachtet. Der direkte Dialog mit der Gesell- aufbauen«. Das Festival schließlich begeisterte rund »NUR WAHRE EGOISTEN 8.000 Besucher. Zu wenig, ließ Eleonore Lubitz (Fraktion Die Linke im RVR) durchklingen. Die Zahl sei eine Herausforderung, das Format ge- KOOPERIEREN ERFOLGREICH.« meinsam weiterzuentwickeln, konterte Klinkert: »Man muss ein neues Format auch wachsen lassen. Dieses Fest lebt von der Bereitschaft sehr schaft war lange Zeit zweitrangig, es gibt wenig kluger, engagierter und kreativer Menschen, Erfahrungen.« Und es gab weitere Herausfor- Teile ihrer Freizeit damit zu verbringen, ande- derungen: fehlende personelle und finanzielle ren Menschen ihre Arbeit näher zu bringen.« Ressourcen bei den Hochschulen etwa. Und Ein neues Format brauche Zeit – »auch die nicht zuletzt: der Eigensinn – die Einzelinter- ExtraSchicht hat klein angefangen«. essen von Hochschulen, Forschungseinrichtun- Letztere, stellte Klinkert klar, solle in Zu- gen, Instituten und von Städten und Wirtschaft. kunft keinesfalls kopiert werden, trotz verstärk- Eine Koordinierungsleistung von höchstem ter Einbindung von Kultureinrichtungen und Anspruch. Baumeister: »Hier gilt tatsächlich Geisteswissenschaften. »Die WissensNacht ist das Stichwort Co-Opetition: Nur wahre Egoisten Teil eines Strategieprozesses zur Wissensmetro- WISSENSNACHT RUHR 2014 kooperieren erfolgreich. Am Ende haben sehr pole Ruhr und damit Baustein der Regionalent- Die erste WissensNacht Ruhr fand am 2. Oktober 2014 viele begeistert mitgemacht, auch die Kritiker wicklung, nicht einfach Teil der Eventkultur.« statt – beteiligt waren 120 Institutionen und Lehrstühle der Anfangsphase.« Ein Prozess, der nicht nur bewusst einen in- Wie aber konnte man derart unterschied- terdisziplinären Ansatz verfolge, sondern sich mit etwa 400 Wissenschaftlern. Insgesamt wurden liche Teilnehmer tatsächlich motivieren? Über auch dem neuen Innovationsbegriff verpflichtet rund 8.000 Besuchern 225 Programmpunkte an elf die Nutzung vorhandener Allianzen etwa und fühle – und Partnern, wie von Jeanette Schmitz, Orten in sechs Städten geboten; zentrale Veranstal- durch die gezielte Suche nach »Kümmerern«, Geschäftsführerin des Gasometer Oberhausen, tungsorte waren das Dortmunder U, das Haus der Tech- nach Multiplikatoren vor Ort, um die Aufgaben angefragt, auch die Freiheit lasse, »im darauf- nik Essen, der Wissenschaftspark Gelsenkirchen, das Blue zu bündeln, die Belastungen zu verteilen und folgenden Jahr auszusetzen, weil das eigene den Partnern damit zuletzt ausreichend Raum Konzept da gerade nicht passt«. Square Bochum und das Tectrum Duisburg. Gefördert für die Umsetzung eigener Ideen zu geben. Zen- Die inhaltliche Erweiterung geht auch mit wurde das Festival vom Wissenschaftsministerium NRW, trale Schnittstelle und »Tellerdreher« blieb dabei einer räumlichen einher: mit der gezielteren der Stiftung Mercator, der KlimaExpo.NRW und der stets der RVR. Wichtige Partner waren etwa die Bespielung der städtischen Quartiere und mit Europäischen Union. Die zweite WissensNacht Ruhr wird Universitätsallianz Ruhr, das Wissenschaftsforum der Einbindung internationaler Akteure. Die Ruhr und UniverCity Bochum. Bewerbung um die offizielle Teilnahme an der am 30. September 2016 stattfinden. Durch Eigenmittel Einerseits also wissenschaftliches Know- European Researchers' Night sei, so das Fazit des RVR und Fördergelder soll hierfür ein Etat in Höhe how gepaart mit Multiplikatoren. Auf der ande- Klinkerts, ein logischer nächster Schritt, der von etwa 500.000 Euro eingerichtet werden. ren Seite standen die originären Kompetenzen das Festival – und damit auch die Arbeit der des RVR: »Wir haben in Kooperation mit city2- Akteure vor Ort – weiter bereichern wird. science den Partnern sehr bewusst auch dabei 16 17
LINKS: Mittagspause RECHTS OBEN Akkreditierung RECHTS UNTEN Empfang der Kultur- hauptstadt Europas WROCLAW 2016 18 19
INTERKULTUR RUHR Interkultur Ruhr ist eine gemein- same Initiative des NRW-Kultur- ministeriums, der Kommunen und des RVR. Das Projekt ist geplant PROJEKTPRÄSENTATION als Werkstatt und Bühne für zeit- gemäße Auseinandersetzungen INTERKULTUR RUHR mit kultureller Diversität. MODERATORIN: 700.000 Euro Budget stehen für Benedikte Baumann einen Zweijahres-Programmzyklus REFERENTEN: zur Verfügung. Jürgen Fischer, Referatsleiter Kultur und Sport Regionalverband Ruhr Jörg Stüdemann, Stadtdirektor und Kulturdezernent Stadt Dortmund Wer sich in diesen Wochen und Monaten mit sei, weitübergreifend und vielschichtig, nannte in eine andere Form von Kultur-, von Sozial- abgebrochen, nun solle das Gespräch mit dem dem Thema »Interkultur« beschäftigt, der steht Stüdemann als zweite zentrale Beobachtung und Jugendpolitik? Und wie könnten wir mit Zweitplatzierten aufgenommen werden. Geplant vor völlig neuen Herausforderungen, neuen Er- den neuen Status der Migranten-Selbstorgani- den Wünschen nach einem gesicherten Identi- sei der erste Programmzyklus für 2016/17. fahrungen und Erkenntnissen. »Zum ersten Mal sationen und der ethnischen Ökonomie. Die tätsentwurf umgehen, die teils auch dumpfer, »Was ist, wenn auch die beiden ande- gelingt ein Durchbruch an Interkulturalität in einen würden jetzt sichtbar als Experten – und nationalistischer Natur seien? ren Bewerber die Gespräche abbrechen? Wird einem Ausmaß, wie es kein anderes kulturpoli- Stüdemann appellierte ausdrücklich an die Po- Benedikte Baumann hielt als Fazit ein dann das Projekt neu ausgeschrieben?«, wollte tisches Programm hätte aufschreiben und mo- litik, diesen Spezialisten mehr Geld zukommen neues gestalterisches Prinzip fest: die Koopera- Andreas Felix Kroll, freier Kulturmanager wis- tivieren können«, resümierte Jörg Stüdemann, zu lassen –, die anderen seien als Helfer aktiv tion von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen. sen. Möglicherweise ja, antwortete Fischer. Aber Stadtdirektor und Kulturdezernent der Stadt geworden. Die Betreiber von Hochzeitssälen Apostolos Tsalastras, Kulturdezernent der Stadt er sei zuversichtlich, dass das Programm An- Dortmund. Er erzählte im ersten Teil des Forums beispielweise hätten in Dortmund in Tausen- Oberhausen, hielt diese Unterscheidung für fang des Jahres starten könne. über spontane Netzwerke der Stadt Dortmund der-Portionen Essen hergestellt und abgeliefert. verkürzt. »Dazwischen gibt es die Künstler, die »Wir haben unglaublich viel Zeit mit den im Bereich Flucht und Asyl. Netzwerke, die Die dritte wichtige Erfahrung sei die nicht ehrenamtlich unterwegs sind. Die müssen organisatorischen Fragen über Kräfteverhältnisse sich aus der tagesaktuellen Situation heraus Akzeptanz der kulturellen Leistungen der Hin- davon leben. Da gibt es solch ein Potenzial. Un- verbracht«, erklärte Stüdemann. »Das sollten organisierten und entwickelten. Die Moderato- zugekommenen, und zwar in einem frühen sere Aufgabe ist es, das weiter zu fördern und wir für die Zukunft lernen.« Auch Fischer rin Benedikte Baumann bezeichnetet diese als Stadium. Da suche jemand zum Beispiel einen zu organisieren.« räumte ein: »Wenn ich an Diskussionsrunden »gelebte Interkultur«. Musiker oder jemanden, der sich für Literatur Jürgen Fischer, Referatsleiter beim Regional- denke, bei denen sehr akademisch darüber Anlass war die Aufgabe der Stadt Dort- interessiere. »Es gibt ein anerkanntes Gegen- verband Ruhr, stellte im Anschluss den aktuellen gesprochen wurde, ob der richtige Begriff nun mund, ab dem 6. September etwa 1.000 Flücht- über, mit dem man sich auch kulturell ausein- Stand des Projekts Interkultur Ruhr vor. Eben da »DIE STADTGESELLSCHAFT WIRD linge unterzubringen. Das Herausragende dieser andersetzen möchte«, erklärte Stüdemann. All sollen Künstler für ein Zweijahres-Programm Ausnahmesituation: »Wir hatten Helfer zu Hun- diese Beobachtungen seien seiner Ansicht nach zum Thema gefördert werden. Und auch Fischer derten, die sich selbst mobilisiert und organi- ein Hinweis auf erhebliche Verschiebungen sieht einen Quantensprung in der Veränderung siert hatten.« 700 Menschen hätten in wenigen Stunden zur Verfügung gestanden und 14 Tage in der Gesellschaft: »Die Stadtgesellschaft wird sich grundlegend verändern.« der Stadtgesellschaft durch die aktuelle Flücht- lingssituation. »Ich glaube, wir würden heute SICH GRUNDLEGEND VERÄNDERN.« lang ehrenamtlich den Flüchtlingen geholfen. Und darüber wollen sich die Städte aus- über das Projekt Interkultur Ruhr anders reden.« Der Kulturdezernent sprach von einer tauschen. Am 27. November soll es eine Ver- Das Projekt ist eine Weiterentwicklung des ›Interkultur‹, ›Transkultur‹ oder gar ›post- soziologisch interessanten Zusammensetzung anstaltung des NRW-Kulturministeriums, der Themenfelds »Interkultur« bei RUHR.2010. Ziel migrantisch‹ sei, dann kommt mir das heute dieser Gruppe ehrenamtlicher Helfer, darunter Kultursekretariate und der beteiligten Städte sei weder ein Festival, noch ein theoretisches relativ lächerlich vor.« Als Akteure hätten sie Mitglieder aus Migranten-Communities, gebil- geben. Stüdemann: »Anhand von praktischen Konzept. »Wir wollen die Begegnung ermög- den Zustand der Gesellschaft unterschätzt. Statt dete junge Leute, Mitglieder der linken Szene Projekten wollen wir uns abprüfen.« Welchen lichen mit einer Reihe von Veranstaltungen«, über Wochen und Monate habe sich in Dort- und Rentner. Diese Zusammensetzung existiere Status hätten diese Phänomene in den einzel- erklärte Fischer. 21 Bewerbungskonzepte wur- mund binnen einer Stunde ein Netzwerk gebil- projektbezogen in dieser Form zum ersten Mal nen Städten? Was könne man daraus für eine den eingereicht, das Fach-Kuratorium habe drei det. Fischer: »Nicht um zu diskutieren, sondern in einer Stadtgesellschaft. Neben dieser beson- sich verändernde Stadtpolitik ablesen? Und wie davon ausgewählt, die geeignet erschienen. Der um zu handeln.« Es gebe gute, ermutigende deren Form des Ehrenamtes, die interkulturell könne man den Stimulus, der da sei, einbinden erste Bewerber hat die Vertragsverhandlungen Formen der Interkultur in den Städten. 20 21
PROJEKTPRÄSENTATION Entstanden ganz gezielt im Vorfeld der Kultur- hauptstadt RUHR.2010 haben die KunstVereine- Die übergeordneten Ziele: eine Profilie- rung im gesamteuropäischen Kontext sowie habt einen Künstler, dann fangt doch einfach an. Wir hier in Deutschland wollen möglichst KUNSTVEREINERUHR Ruhr, ein Zusammenschluss von Kunstvereinen die partizipative Einbindung von Partnern und jeden Aspekt von vorneherein geklärt wissen, MODERATORIN: und Künstlerhäusern der Region, mittlerweile Institutionen. Gezielte Öffentlichkeitsarbeit gerade in finanzieller Hinsicht.« Apropos Finan- ihre ureigene, künstlerische »Nische« in der sowie die Bildung »strategischer Allianzen« auch zen: »Unsere Projekte sind immer fremdfinan- Regina Völz Metropole Ruhr eruiert: Über Projekt-Koope- mit der Politik ergänzten die Aufgaben der Spre- ziert.« Einer der wichtigsten Projektpartner der REFERENTEN: rationen hinaus bestimme insbesondere das chergruppe, die sich damit noch einer weiteren vergangenen Jahre: Urbane Künste Ruhr. Katja Aßmann, Denken in Künstler-Residenzen die Arbeit der Herausforderung stellen müsse: »Das alles pas- Aßmann: »Über gemeinsame Projekte Künstlerische Leiterin Interessengemeinschaft. Nicht zuletzt, weil es in siert parallel zum Tagesgeschäft; wir haben kei- im Netzwerk haben wir jetzt eine gemeinsame Urbane Künste Ruhr diesem Punkt, so Katja Aßmann, Künstlerische ne eigenen Mittel, um jemanden zu engagieren, Strategie für Residenzen, genauer: für eine Leiterin Urbane Künste Ruhr, bislang durchaus der etwa Facebook betreut. Und je intensiver RuhrResidenz entwickelt. Dass es dazu kam, Dr. Uwe Schramm, eine »Fehlstelle« gegeben habe: Vorhaben, die der Prozess wird, desto schneller wird das ein war ganz natürlich, denn neben einzelnen Mi- Geschäftsführer Kunsthaus Essen über die Region hinaus internationale Verknüp- Fulltime-Job.« Ganz entscheidend sei daher die kro-Residenzen gab es 2010 gerade einmal zwei fungen herstellten. Vorhaben, die sich zugleich Tatsache, dass man diese Aufgaben im Netzwerk Residenzhäuser; das ist sehr wenig verglichen nur über ein Mittel realisieren ließen: die Netz- auf verschiedene Schultern verteilen könne. mit Europa.« Entscheidend sei die künftige werkarbeit. Insbesondere mit Blick auf eines der Fokussierung nicht allein auf den Nutzen für Kooperationen auf Projektebene unter Bei- wichtigsten Ziele der KunstVereineRuhr: die die Partner und die Region, sondern auch auf behaltung eigener Profile – »darum geht es bei Etablierung beispielhafter Kooperationsmodel- jenen der Residenzkünstler. »Das Prinzip mobi- KunstVereineRuhr«, erklärte Dr. Uwe Schramm, le; künftig verstärkt etwa über Artist in Resi- ler Residenzen ist da ganz entscheidend.« Eine Geschäftsführer des Kunsthaus Essen. Man ver- dence-Programme, die als Schnittstelle zwischen dezentral angelegte RuhrResidenz schaffe, so zichte auf einen Vereinsstatus, auf Mitgliedsbei- lokaler und internationaler Kunstszene fun- Schramm, Möglichkeiten, spezifische Fragestel- träge, nicht aber auf Organisationsstrukturen: gieren und den Zugang zu neuen Netzwerken lungen an bestimmten Punkten in der Region »Eine Sprechergruppe sorgt für Bindung nach und damit auch neuen Märkten ermöglichen zu verorten. Dies könne unter Umständen auch innen und außen.« Ein Punkt, an dem Regina sollen. Eine Richtung, die die KunstVereineRuhr eine Möglichkeit sein, Künstlerbünde geziel- Völz nachhakte: »Bei einer solchen Vielzahl an 2010 erstmals gemeinsam mit niederländischen ter mit einzubinden. Ein Vorschlag, den Doris Partnern, wer entscheidet da genau?« Schramm: Künstlern eingeschlagen hatten. Das damalige Kirschner-Kamer (Bochumer Künstlerbund) »Bei uns gibt es keine zentrale Spinne im Netz, Fazit: »Die Holländer sind in diesem Punkt deut- einbrachte. Ein Zugeständnis gleichwohl unter bei uns ist jeder Verein mit seinen ureigenen lich weiter als wir.« Warum dies so sei, wollte Vorbehalt: »Jeder Kunstverein fährt da seine Kompetenzen eingebunden – und hat auch die Jolanta Nölle (Stiftung Zollverein) wissen. »Weil ganz eigene Linie. Es gibt Vereine, die sich von Möglichkeit, zu einem Projekt ›Nein‹ zu sagen.« das Motto dort lautet: Ihr habt einen Raum, ihr den lokalen Künstlern abgrenzen wollen, andere wollen sie einbinden. Meines Erachtens sollte man die Schnittstellen bedienen, etwa über »BEI UNS GIBT ES KEINE das Prinzip der Local Guides. Nur so lässt sich aufzeigen, über welches Potenzial die Region ZENTRALE SPINNE IM NETZ, tatsächlich verfügt.« Anders als bislang wolle man sich zu- dem bei der RuhrResidenz finanziell nicht von BEI UNS IST JEDER VEREIN »Projekt zu Projekt« hangeln; hier gehe es laut Aßmann »um eine ständige Förderung«. Und MIT SEINEN UREIGENEN Schramm konkretisierte auf die Nachfrage Heiner Remmerts (Literaturland Westfalen): KOMPETENZEN EINGEBUNDEN« »Irgendwann ist das System, sich in größere Projekte einzuklinken, ausgereizt. Deswegen arbeiten wir an diesem kontinuierlichen Pro- jekt, für das wir auch die Städte begeistern wollen, so dass künftig auch kleinere Institutio- KUNST VEREINERUHR nen als touristisches Potenzial wahrgenommen Die KunstVereineRuhr existieren seit 2006. werden.« Damit dies funktioniere, bedürfe es Mitglieder sind: die Bochumer galerie janu- jedoch unbedingt der gezielten Kooperation. ar, der Bochumer Kulturrat, der Kunstverein Das Netzwerk also als Allheilmittel in schwierigen Zeiten? Unbedingt, erklärte Aß- Bochum, Virtuell Visuell Dorsten, der Dortmun- mann: »So wie Künstler und Kuratoren heute der Kunstverein, Hartware MedienKunstVerein arbeiten, geht es nicht mehr ohne Netzwerke, Dortmund, das Künstlerhaus Dortmund, der ohne Zusammenschlüsse, nicht zuletzt auch, Kunstverein Duisburg, das Kunsthaus Essen, um sich selbst zu stärken.« der Kunstverein Ruhr Essen, KAM – Kunst am Moltkeplatz Essen, der Kunstverein Gelsen- kirchen, die Künstlersiedlung Halfmannshof Gelsenkirchen, das Kunsthaus Mülheim, der Mülheimer Kunstverein, der Kunstverein Reck- linghausen, der Kunstverein Schwerte und der Kunstverein Unna. www.kunstvereineruhr.de 22
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