DOKUMENTATION 4. KULTURKONFERENZ RUHR KOOPERATION UND EIGENSINN 2015

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2015

        DOKUMENTATION
       4. KULTURKONFERENZ RUHR
      KOOPERATION UND EIGENSINN
NEUE ALLIANZEN IN DER REGIONALEN KULTUR
            25. SEPTEMBER 2015
         RINGLOKSCHUPPEN RUHR
BEGRÜSSUNG                             INTERKULTUR RUHR

                06/07                                     20/21
           »DAS NETZWERKEN IST DIE                 »DIE STADTGESELLSCHAFT WIRD
         THEATERPRAXIS DER ZUKUNFT!«             SICH GRUNDLEGEND VERÄNDERN.«

        ERÖFFNUNGSIMPULS REGIONALE                     KUNSTVEREINERUHR
         ZUSAMMENARBEIT ALS MOTOR
        VON KULTURENTWICKLUNG UND
             TRANSFORMATION                               22/23
                08/09                         »BEI UNS GIBT ES KEINE ZENTRALE SPINNE
                                                 IM NETZ, BEI UNS IST JEDER VEREIN
                                               MIT SEINEN UREIGENEN KOMPETENZEN
     »CO-OPETITION IST DIE KÖNIGS DISZIPLIN               EINGEBUNDEN.«
          DER KULTURPOLITIK UND DES
            KULTURMANAGEMENTS.«
                                                RUHRKUNSTMUSEEN/RUHRBÜHNEN

                  ACTOPOLIS
                                                          24/25
                 10/11                           »MICH INTERESSIERT AM NETZWERK
                                                  INS BESONDERE DAS MARKETING.
         »ES GIBT KEINE THEMEN MEHR,                      WIR MÜSSEN JA
        DIE ISOLIERT AUF LOKALER EBENE              WAHRGENOMMEN WERDEN.«
         DISKUTIERT WERDEN KÖNNEN.«

                                                     KREATIV.QUARTIERE RUHR
                     N.I.C.E

                 12/13                                    26/27
                                              »PROJEKTE DES WANDELS, DIE LANGFRISTIG
       »ICH GLAUBE, DASS ERFOLGREICHES          ANGELEGT SIND, MÜSSEN AUCH DIE MIT
      INSTALLIEREN VON KOOPERATIONEN            EIN BEZIEHEN, DIE GEWANDELT WERDEN
        IMMER NOCH SEHR STARK ANALOG          SOLLEN. UND DAS GEHT NUR MITEINANDER,
           VOM MENSCHEN ABHÄNGT.«                        NICHT KURATORISCH.«

                     ERIH                                  NETZWERK X

                 14/15                                    28/29
          »WIR MÜSSEN AUTHENTISCH                       »MAN MUSS AUCH
       SEIN, OHNE ZU EINEM DISNEYLAND                DAS KRITISCHE POTENZIAL
               ZU VERKOMMEN.«                         DER REGION NUTZEN.«

             WISSENSNACHT RUHR                   FINALIMPULS »SEID UMSCHLUNGEN«

                 16/17                                    30/31
           »NUR WAHRE EGOISTEN                    »WIR SIND KEIN UFO, DAS HIER
         KOOPERIEREN ERFOLGREICH.«                 FÜR SECHS WOCHEN LANDET,
                                               SONDERN WIR HABEN UNSERE WURZELN
                                                      HIER IN DER REGION.«

02                                                                                     03
VON LINKS NACH RECHTS:
                                                                                                Dr. Matthias Makowski,
                                                                                                Regionalleiter Goethe-Institute Südosteuropa
                                                                                                Lukas Crepaz,
                                                                                                Geschäftsführer Kultur Ruhr GmbH
                                                                                                Peter Carp, Intendant Theater Oberhausen
                                                                                                Prof. Dieter Gorny, Geschäftsführer
                                                                                                european centre for creative economy
                                                                                                Prof. Kurt Mehnert,
                                                                                                Rektor Folkwang Universität der Künste
                                                                                                Christiane Baum,
                                                                                                Geschäftsführerin ERIH e.V.
                                                                                                Dr. Walter Hauser, Vorstand ERIH e.V.

     VON LINKS NACH RECHTS:
     Ute Schäfer,
     Kulturministerin NRW
     Dr. Patrick S. Föhl,
     Leiter Netzwerk Kulturberatung, Berlin
     Karola Geiß-Netthöfel,
     Regionaldirektorin
     Matthias Frense,
     Künstl. Leiter Ringlokschuppen Ruhr
     Johan Simons,
     Künstl. Leiter Ruhrtriennale 2015 – 2017
     Benedikte Baumann, Moderatorin

                                                                                                                                                                                                         VON LINKS NACH RECHTS:
                                                                                                                                                                                                         Regina Völz, Moderatorin
                                                                                                                                                                                                         Ulrike Rose, Moderatorin
                                                                                                                                                                                                         Dr. Annette Klinkert,
                                                                                                                                                                                                         city2science
                                                                                                                                                                                                         Maria Baumeister,
                                                                                                                                                                                                         Regionalverband Ruhr
                                                                                                                                                                                                         Jörg Stüdemann,
                                                                                                                                                                                                         Stadtdirektor und Kulturdezernent Stadt Dortmund

                                                                                                                                               VON LINKS NACH RECHTS:
                                                                                                                                               Jürgen Fischer,
                                                                                                                                               Referatsleiter Kultur und Sport Regionalverband Ruhr
                                                                                                                                               Katja Aßmann,
                                                                                                                                               Künstl. Leiterin Urbane Künste Ruhr
                                                                                                                                               Dr. Uwe Schramm,
                                                                                                                                               Geschäftsführer Kunsthaus Essen e.V.
                                                                                                                                               Andreas Bomheuer,
                                                                                                                                               Dezernent für Kultur, Integration und Sport Stadt Essen
                                                                                                                                               Axel Biermann,
                                                                                                                                               Geschäftsführer Ruhr Tourismus GmbH
                                                                                                                                               Bettina Pesch,
                                                                                                                                               Geschäftsführende Direktorin Theater Dortmund

                                VON LINKS NACH RECHTS:
                                Dr. Beate Reese,
                                Direktorin Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr
                                Prof. Dr. Ferdinand Ullrich,
                                Direktor Kunsthalle Recklinghausen
                                Reinhard Krämer,
                                Gruppenleiter Kultur Ministerium für Familie, Kinder, Jugend,
                                Kultur und Sport NRW
                                Joscha Hendricksen,
                                Künstler
                                Dipl. Ing. Svenja Noltemeyer,
                                Raumplanerin

04                                                                                                                                                                                                                                                          05
BEGRÜSSUNG                                                               KULTURFÖRDERGESETZ
                                                                                                EINFÜHRUNG UND TAGESMODERATION:
                                                                                                                                                                         Als erstes deutsches Bundesland hat
                                                                                                Ulrike Rose
                                                                                                                                                                         Nordrhein-Westfalen auf Initiative von
                                                                                                Kulturmanagerin
                                                                                                                                                                         Kulturministerin Ute Schäfer 2014 eine
                                                                                                BEGRÜSSUNG:
                                                                                                                                                                         allgemeine gesetzliche Regelung für die
                                                                                                Ute Schäfer
                                                                                                                                                                         Kulturförderung verabschiedet. Im Kul-
                                                                                                Ministerin für Familie, Kinder,
                                                                                                                                                                         turfördergesetz werden die wesentlichen
                                                                                                Jugend, Kultur und Sport des Landes
                                                                                                                                                                         Ziele, Schwerpunkte und Grundsätze
                                                                                                Nordrhein-Westfalen
                                                                                                                                                                         der Kulturförderung in Nordrhein-West-
                                                                                                Karola Geiß-Netthöfel
                                                                                                                                                                         falen definiert; es soll darüber hinaus zu
                                                                                                RVR-Regionaldirektorin
                                                                                                                                                                         mehr Transparenz und Planungssicher-
                                                                                                Matthias Frense
                                                                                                                                                                         heit in der Kulturförderung beitragen.
                                                                                                Künstlerischer Leiter Ringlokschuppen
                                                                                                Ruhr

                                                                                                Sie waren durchweg sehr persönlich, die Begrü-     konferenz zu wählen, da ging es sicherlich auch       menzuarbeiten – nämlich breite Unterstützung
                                                                                                ßungsworte zur 4. Kulturkonferenz Ruhr am          darum, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen der         zu finden.«
                                                                                                25. September im Ringlokschuppen in Mülheim        Solidarität für diesen in der Region wichtigen               Sein Fazit fand Frense in jenen Worten,
                                                                                                an der Ruhr. Aus unterschiedlichen Gründen:        Kulturort, der gefährlich ins Trudeln geraten         die Matthias Lilienthal, Intendant der Münchner
                                                                                                Zogen Kulturministerin Ute Schäfer und Karola      war.«                                                 Kammerspiele, in einem offenen Brief an den
                                                                                                Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin des Regional-         Die Krise – sie ist ein gutes Dreivierteljahr   Mülheimer Kulturdezernenten richtete: »Das
                                                                                                verband Ruhr, unter dem Eindruck der Kabi-         nach der drohenden Insolvenz überwunden,              Netzwerken ist die Theaterpraxis der Zukunft.«
                                                                                                nettsumbildung zum 1. Oktober vor allem ein        dank substanzieller Hilfen der Stadt Mülheim                 Ein Schluss, zu dem auch Karola
                                                                                                durchweg positives Resümee der gemeinsamen         an der Ruhr, des Landes und der Kunststiftung         Geiß-Netthöfel kam: »Ich habe mir in meinen
                                                                                                Arbeit, wählte Matthias Frense, Künstlerischer     NRW. Einiges habe sich geändert, »treu geblie-        Anfangsjahren sagen lassen müssen, dass es nie
                                                                                                Leiter des Ringlokschuppen Ruhr, seine Worte       ben sind wir uns in der Praxis, zeitgenössisches      eine Kooperation im Bereich der RuhrBühnen
                                                                                                                                                                                                         geben wird. Und jetzt ist genau dieses zarte

                                                                                                       »DAS NETZWERKEN IST DIE
                                                                                                                                                                                                         Pflänzchen gerade gepflanzt worden, und wir
                                                                                                                                                                                                         werden hoffentlich bald die Erfolge sehen. Ich
                                                                                                                                                                                                         glaube, genau so sollte es weitergehen.«

                                                                                                     THEATERPRAXIS DER ZUKUNFT!«                                                                                Bereits heute bescheinige etwa der aktuelle
                                                                                                                                                                                                         Umweltwirtschaftsbericht der Metropole Ruhr
                                                                                                                                                                                                         »eine deutschlandweite Spitzenposition im
                                                                                                unter dem Eindruck der gerade erst überstande-     Theater gemeinsam mit ganz unterschiedlichen          Bereich der Umweltwirtschaft«. Ähnlich positiv
                                                                                                nen Krise seines Hauses. Dieser wie jene jedoch    Partnern in lokalen, regionalen, bundesweiten         falle das Resümee des Wissensgipfels Ruhr aus.
                                                                                                machten den rund 300 anwesenden Kreativen,         und internationalen Netzwerken zu produzie-           »Und auch im Bereich Kunst und Kultur sind
                                                                                                den Vertretern von Theatern, Museen, Kultur-       ren«, resümierte Frense. Ein Verfahren, das           wir spitze. Das kann immer alles noch besser
                                                                                                initiativen und Verwaltungen eines klar: Das       so bereits »in der Geschichte der Soziokultur«        werden, das ist klar, auch bei den Kooperatio-

        »DIE LANDESREGIERUNG                                                                    Thema der Kulturkonferenz, »Kooperation und
                                                                                                Eigensinn – Neue Allianzen in der regionalen
                                                                                                                                                   angelegt sei. Und das, ohne den Beteiligten
                                                                                                                                                   »Beliebigkeit« zu verordnen. Im Gegenteil: Die
                                                                                                                                                                                                         nen. Aber wenn man einem Kind immer nur
                                                                                                                                                                                                         erklärt, was es nicht kann, wird es das irgend-

            STAND UND STEHT                                                                     Kultur«, wird in der Metropole Ruhr tatsächlich
                                                                                                auf vielerlei Weise gelebt.
                                                                                                                                                   jeweilige »Selbstdefinition« der Partner müsse
                                                                                                                                                   umso präziser sein. Insbesondere da es längst
                                                                                                                                                                                                         wann auch nicht können. Man muss das beto-
                                                                                                                                                                                                         nen, was gut läuft.«

      VERLÄSSLICH AN IHRER SEITE,
                                                                                                       Etwa auch im Sinne des eindeutigen Zu-      nicht mehr darum gehe, die Gesellschaft abzu-                »Vieles im Ruhrgebiet ist inzwischen sehr
                                                                                                sammenhalts. Matthias Frense: »Als RVR-Refe-       bilden, sondern darum, sie aktiv mitzugestalten.      gut gelungen«, analysierte auch Ministerin

         DAS HATTEN WIR IN DER
                                                                                                ratsleiter Jürgen Fischer mir Anfang des Jahres    Mehr noch: »Gerade durch die Krise haben wir          Schäfer. Und dennoch blieben Kooperationen in
                                                                                                sagte, dass der Verband beabsichtige, den Ring-    hier sehr eindrucksvoll zu spüren bekommen,           der Metropole Ruhr eine »immense Herausfor-
                                                                                                lokschuppen als Austragungsort für die Kultur-     was es außerdem bedeutet, mit Partnern zusam-         derung« und verliefen nicht immer ohne »Rei-

            VERGANGENHEIT                                                                                                                                                                                bungsverluste«. Zugleich müsse man eine solche
                                                                                                                                                                                                         Entwicklung im Sinne Karl Gansers jedoch nicht

          UND DAS WIRD AUCH                                                                                                                                                                              als einen »linearen Planungsprozess, sondern
                                                                                                                                                                                                         als einen Lernprozess« betrachten. »Und solche

         ZUKÜNFTIG SO BLEIBEN.
                                                                                                                                                                                                         Prozesse dauern. Dafür braucht man einen lan-
                                                      NACHHALTIGKEITSVEREINBARUNG                                                                                                                        gen Atem. Aber den haben sie, denn das kreati-
                                                                                                                                                                                                         ve Potenzial dieser Region ist enorm groß.« Und
      DA BIN ICH MIR GANZ SICHER.«                    Der Regionalverband Ruhr (RVR) und das
                                                      Land Nordrhein-Westfalen stellen seit
                                                                                                                                                                                                         auf eine Allianz, so die scheidende Ministerin,
                                                                                                                                                                                                         könne sich die Metropole Ruhr bei dieser Auf-
                                                      2012 im Rahmen einer gemeinsamen                                                                                                                   gabe verlassen: »Die Landesregierung stand und
                                                      Vereinbarung jährlich jeweils 2,4 Mio.                                                                                                             steht verlässlich an Ihrer Seite, das hatten wir
                                                                                                                                                                                                         in der Vergangenheit und das wird auch zukünf-
                                                      Euro zur Verfügung, um die Nachhal-
                                                                                                                                                                                                         tig so bleiben. Da bin ich mir ganz sicher.«
                                                      tigkeit der Kulturhauptstadt Europas
                                                      RUHR.2010 zu sichern. Die gemeinsam
                                                      ausgerichtete jährliche Kulturkonferenz
     Ute Schäfer                                      Ruhr ist Teil dieser Vereinbarung.
     Die scheidende Ministerin Ute Schäfer in ihrer
     Abschiedsrede bei der 4. Kulturkonferenz Ruhr.

06                                                                                                                                                                                                                                                            07
IMPULS
     REGIONALE
     ZUSAMMENARBEIT ALS
                                                                                                                                                                  STIFTUNG OPER IN BERLIN
     MOTOR VON                                                                                                                                                    Die Stiftung Oper in Berlin wurde 2004
     KULTURENTWICKLUNG                                                                                                                                            mit den fünf eigenständigen Betrieben
     UND TRANSFORMATION                                                                                                                                           Deutsche Oper Berlin, Komische Oper Berlin,
     Dr. Patrick S. Föhl,                                                                                                                                         Staatsoper Unter den Linden, Staatsballett
     Leiter Netzwerk Kulturberatung, Berlin                                                                                                                       Berlin und dem Bühnenservice gegründet.
                                                                                                                                                                  Die drei Opern und das Ballett fungieren
                                                                                                                                                                  als autonome Häuser mit eigenständigen
     Kräfte bündeln, Mehrwerte schaffen und die ei-
                                                                                                                                                                  künstlerischen Leitern. Sämtliche stif-
     gene Zukunft sichern: Die Ziele, die Dr. Patrick
     S. Föhl, Leiter des Netzwerk Kulturberatung, re-                                                                                                             tungsübergreifenden Bereiche sowie die
     gionalen Allianzen im Kulturbereich in seinem                                                                                                                zentralen Theaterwerkstätten sind hin-
     Impulsvortrag verordnete, waren klar umrissen.                                                                                                               gegen seit Herbst 2010 an einem Standort
     Der Weg dorthin, auch das wurde deutlich, ist
                                                                                                                                                                  vereint. Dieses Konzept ist bundesweit
     keinesfalls ein leichter – und keinesfalls ein             Notwendig dafür seien jedoch geeignete        transformativ denke, müsse zunächst Sichtbar-
     schneller. Kulturelle Transformationsprozesse        Strukturen jenseits erzwungener Allianzen.          keit herstellen, etwa über eine Netzwerkanalyse.
                                                                                                                                                                  bislang einzigartig.
     brauchen Zeit, bedürfen des partizipativen Dia-      »Es ist wichtig, Kooperationen nicht nur pro-       »Wen gibt es schon? Wer arbeitet mit wem
     logs ebenso wie der objektiven Vermittlung und       jektbezogen zu denken, sondern strategisch          zusammen? Es gibt überall längst Schlüssel-
     des Aufbrechens überholter Strukturen. Die           anzugehen.« Die tatsächlichen Strukturen aller-     personen und die muss man stärken.«
     Vorgaben dieses Prozesses resultieren gleicher-      dings erschöpften sich vielfach in überforderten          Und auch die »andere Seite« gelte es im
     maßen aus gesellschaftlichen Entwicklungen wie       Kulturämtern und finanziellen Mitteln, »die zu       Sinne eines Audience Building miteinzubeziehen.
     aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten.                95 Prozent an eine feste Infrastruktur gebunden     »Gerade Jugendliche wollen partizipieren.« Ein
           Föhl: »Betrachtet man die Kulturentwick-       sind«. Lösungen wiederum hätten sich bislang        Punkt, für den etwa soziokulturelle Zentren
     lungsprozesse der vergangenen zehn Jahre,            vor allem auf zwei Möglichkeiten konzentriert:      prädestiniert seien, resümierte Föhl und ging
     dann erkennt man, dass so gut wie alles, was im      das Wachstumsparadigma, verbunden mit der           damit auf einen Einwurf Rainer Bodes (Leiter
     Kulturmanagement diskutiert wird, mit Koope-         Forderung nach immer mehr, »was weder funk-         LAG Soziokulturelle Zentren) ein, der gefragt
     rationen zu tun hat.« Und das mit allen Impli-       tioniert noch nachhaltig ist«; und das Abbaupa-     hatte: »Was sagen Sie einem Intendanten, der
     kationen: »Zu viel Kooperation kann auch Dinge       radigma, was immer schwierig umzusetzen sei.        der Meinung ist, sein Stadttheater sei der Na-
     zerstören, und nicht immer sind Kooperationen              Sinnvoller sei es, Vorhandenes gezielt        bel der Welt? Wie ändert man diese Haltung?«
     sinnvoll. Wenn sich alles verflüssigt, muss man       anders zu nutzen. »Wir müssen Ankereinrich-         Föhl: »Indem man aufzeigt, wo die Kompeten-
     sich fragen, was von der eigenen Kompetenz           tungen zu Kulturknotenpunkten für die Region        zen liegen.« Es gebe feste Einrichtungen und
     noch bleibt.« Kooperation und Eigensinn – zwei       als solche machen, so dass alle Beteiligten davon   »viele freischwimmende Akteure«; hier müsse
     Pole. Und wie so oft ist der goldene Mittelweg       profitieren.« In Thüringen, wo man sich seit         das Prinzip der Cultural Governance neue Misch-
     entscheidend. »Co-Opetition ist die Königsdis-       mehr als 300 Jahren an einer Theaterreform          verhältnisse schaffen, ohne klassische Prozesse
     ziplin der Kulturpolitik und des Kulturmanage-       versuche, »diskutiert man das derzeit sehr of-      zu ersetzen.
     ments. Es geht darum, beides hinzubekommen.
     Konkurrenz ebenso wie Kooperation.« Beispiel

                                                                       »CO-OPETITON IST
     Stiftung Oper in Berlin. »Bis vor wenigen Jahren
     waren die drei Opernhäuser der Stadt Konkur-
     renten. Nicht selten gab es die Zauberflöte mehr-
     mals am gleichen Abend.« Seit 2004 regelt eine
     Stiftung den gemeinsamen Auftritt der drei In-
                                                                   DIE KÖNIGSDISZIPLIN DER
     stitutionen und stimmt die Programme ab. Die
     Häuser agieren nach wie vor autark, die Stiftung
                                                                      KULTURPOLITIK UND
     ist dennoch nicht gänzlich unumstritten. »Ein
     solcher Prozess braucht Zeit. Es ist kein leichter           DES KULTURMANAGEMENTS.«
     Job zwischen den Häusern zu vermitteln. Doch
     vom Gefühl her würde ich sagen, da entwickelt
     sich etwas.«                                         fen; vor einigen Jahren war diese Einstellung             Eine Entwicklung, die geeigneter Vermitt-
           Generell sei es schwierig, Prestige zu tei-    nicht selbstverständlich«. Förderlich sei, dass     ler bedürfe. »Hier sehe ich klare Chancen für
     len, zumal man es in den seltensten Fällen mit       der Diskurs nicht unter Zwang, sondern unter        das Kulturmanagement.« Zugleich bestehe das
     gleich großen Partnern zu tun habe. »Doch            strategischen, konzeptionellen und gesell-          Risiko, dass das Kulturmanagement die Kultur
     wenn ein Großer von den kreativen Kräften des        schaftsorientierten Bedingungen geführt werde.      ersetze, resümierte Prof. Dr. Ferdinand Ullrich,
     Kleineren lernen kann, muss er auch zulassen,        Ein erster Schritt also.                            Direktor der Kunsthalle Recklinghausen. »Da wer-
     dass der Kleinere sichtbar wird. Es ist nicht              Ein zweiter: der Blick über den Tellerrand.   den nicht mehr Kunsthistoriker zu Museums-
     einfach, ein Level zu finden, auf dem sich beide      »Auf Dauer ist es einfach nicht konstruktiv,        direktoren ernannt, sondern Kulturmanager. Es
     wohlfühlen.« Nicht zu vergessen: das Thema           immer im Kleinklein zu arbeiten. Es gibt Her-       besteht die Gefahr, dass wir den Inhalt verges-
     Geld. Nicht prinzipiell bedeute Kooperation          ausforderungen, die von Landes- oder Bundes-        sen. Für den bedarf es Leute vom Fach.«
     auch Einsparung, auch wenn es Theaterfusionen        relevanz sind. Zentrale Plattformen im Internet           »Richtig«, bekräftigte Föhl – und ergänzte:
     schon immer insbesondere im Nachgang finan-           sehe ich etwa durchaus bei der Bundeskultur-        »Doch der Kulturmanager als Diener der Kunst
     zieller Krisen gab. »Die aktuellen Finanzkrisen      stiftung angesiedelt.« Ähnlich ausgerichtet: die    hat ebenfalls ausgedient.« Wenn Kultur wieder
     sind jedoch dauerhafte, so dass ein grundsätzli-     Wirtschaftsförderung, die die Koordination der      sichtbar gemacht werden solle, sei Vermittlung
     ches Nachdenken über Kooperationen auch die          kulturellen Bildung übernimmt. »Derzeit hat         gefragt, etwa zwischen Kultur und Tourismus
     große Chance bedeutet, dass eine Generation          jede Stadt ihr eigenes Tourismusbüro, und jedes     im Sinne der Kunst – und dafür seien Kultur-
     von Kulturschaffenden heranwächst, für die            davon leistet gute Arbeit. Was könnte daraus        manager zuständig. »Wir sollten also lieber eine
     Allianzen das Handlungsprinzip der Zukunft           werden, wenn man diese Ressourcen zentral für       konstruktive Debatte führen, anstatt Kompeten-
     sind.«                                               die Region einsetzt?« Kulturmanagement, das         zen gegeneinander auszuspielen.«

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EUROPÄISCHE
     NETZWERKE
     ACTOPOLIS – DIE KUNST
     ZU HANDELN
     MODERATORIN:
     Regina Völz
     REFERENTEN:
     Peter Carp,
     Intendant Theater Oberhausen
     Lukas Crepaz,
     Geschäftsführer Kultur Ruhr GmbH
     Dr. Matthias Makowski,
     Regionalleiter Goethe-Institute
     Südosteuropa

     Sechs Städte aus Südosteuropa und die Stadt               Actopolis arbeite mit lokalen Künstlern
     Oberhausen kooperieren. Klingt zunächst             und Akteuren, um dann gemeinsam darüber zu
     einmal absurd? Warum das keinesfalls so sei,        reflektieren, was »uns verbindet und was wir
     erklärten Lukas Crepaz, Geschäftsführer der         voneinander lernen können«. Und eben dieses
     Kultur Ruhr GmbH und Dr. Matthias Makowski,         Reflektieren unterscheide Actopolis von anderen
     Regionalleiter der Goethe-Institute Südosteuropa.   Projekten, führte Crepaz weiter aus. »Normaler-
     »In den beteiligten Städten Südosteuropas sind      weise machen wir Projekte in den Städten, laden
     in einer postsozialistischen Transformation         Künstler von außerhalb ein, reflektieren aber
     viele Prozesse aktuell, die hier in der Region      hinterher nicht darüber, was uns das gebracht
     ebenfalls zu den Kernaufgaben gehören«, be-         hat.« Aus solchen Formaten entwickle sich in
     richtete etwa Makowski. Und für Crepaz stellen      der Regel keine neue Kooperationsmöglichkeit.     könnten auch alleine in den Städten funktio-       untergebracht ist, war nicht erdbebensicher –
                                                                                                           nieren«, meinte Makowski. »Aber uns ist die        sei Leerstand in einem heruntergekommenen

        »ES GIBT KEINE THEMEN MEHR,
                                                                                                           Labor-Situation wichtig.« Will sagen: Die Ergeb-   Viertel als temporäre Unterkunft genutzt wor-
                                                                                                           nisse sollen miteinander in Beziehung gesetzt      den. »Daraus entstand die größere Idee, öffent-
                                                                                                           werden. Denn zum einen könnten die südost-         liche Räume zu bespielen, sie Aktivisten und
       DIE ISOLIERT AUF LOKALER EBENE                                                                      europäischen Städte von der Region Ruhrgebiet
                                                                                                           viel lernen. Umgekehrt gelte jedoch auch: Wie
                                                                                                                                                              Gruppen zur Verfügung zu stellen.« Mittlerweile
                                                                                                                                                              stehe hinter dem Urban Incubator eine Stiftung,

        DISKUTIERT WERDEN KÖNNEN.«                                                                         mische sich die Kunst etwa in kollabierende
                                                                                                           Strukturen wie zum Beispiel in Athen ein?
                                                                                                                                                              das Programm werde weiterbelebt. Die Inter-
                                                                                                                                                              vention habe sich nachhaltig entwickelt. Wie sie
                                                                                                                                                                                                                  ACTOPOLIS
                                                                                                                                                                                                                  Actopolis ist ein dreijähriges Projekt des
                                                                                                                  Auch das weitere Vorgehen ist bereits       sich weiterhin auswirken wird, das untersuche       Goethe-Instituts und Urbane Künste Ruhr in
     sich die Fragen unserer europäischen Zukunft        Bei Actopolis hingegen gehe es immer um zwei      festgezurrt: Von Januar bis Oktober 2016 soll      Actopolis.
                                                                                                                                                                                                                  Kooperation mit dem Theater Oberhausen. Die
     in der Metropole Ruhr in kondensierter Form:        Aspekte: um die konkrete künstlerische In-        in jeder beteiligten Stadt ein eigenes kleines           Apropos Nutzen: Was das Projekt den
     »Ich glaube, dass sich die Entwicklungen hier       tervention im öffentlichen Raum und um den         Festival stattfinden. Das Material aller Aktionen   örtlichen Kulturschaffenden bringe, wollte           künstlerische Leitung liegt bei Katja Aßmann
     im Ruhrgebiet in den nächsten Jahren und            Diskurs.                                          in den Städten werde gesammelt und 2017 in         Uri Bülbül vom Katakomben Theater in Essen          und Angelika Fitz, die Projektleitung beim
     Jahrzehnten in ganz Europa bemerkbar machen               Peter Carp hat als Intendant des Theater    einer Ausstellung in Oberhausen präsentiert.       wissen. »Wir verstehen uns als Ermöglicher«,        Goethe-Institut Athen, bei den Goethe-Institu-
     werden.« Das auf drei Jahre angelegte europäi-      Oberhausen schon viele Stadtraum-Projekte         In Form einer Konferenz solle außerdem disku-      antwortete Makowski. »Uns geht es in erster         ten der jeweiligen Städte, bei Urbane Künste
     sche Projekt Actopolis befragt diese Prozesse und   realisiert. Das Spannende an dieser Kooperati-    tiert werden, »was wirklich bewegt, was erreicht   Linie darum, den Kulturdialog herzustellen.«
     Entwicklungen in den Städten künstlerisch.          on sei für ihn vor allem der mögliche Vergleich   wurde und was das im globalen Kontext bedeu-       Und Crepaz erklärte: »Wir können nicht die
                                                                                                                                                                                                                  Ruhr und der Kultur Ruhr GmbH. Actopolis
            Zunächst: Der Name Actopolis verweise        mit den anderen Städten und Ländern. Welche       tet«, sagte Crepaz. »Es gibt keine Themen mehr,    ganze Region bespielen.« Die Entscheidung für       versammelt Künstler, Urbanisten, Aktivisten
     nicht nur auf Akropolis und damit auf die aktu-     Erfahrungen würden dort mit Projekten im          die isoliert auf lokaler Ebene diskutiert werden   Oberhausen sei gefallen, weil dort hervorragende    und Kuratoren aus Ankara/Mardin, Athen,
     elle Krise in Griechenland und die Krise unserer    Stadtraum gemacht? Entscheidend sei, dass die     können.«                                           Vorarbeit geleistet worden sei. Auf die Frage von   Belgrad, Bukarest, Oberhausen, Sarajevo
     Demokratie. Er verweise auch auf den »Aufruf        künstlerischen Interventionen zu einer Hand-             Moderatorin Regina Völz wollte es genauer   Yasmine Freigang, LWL-Kulturabteilung, nach
                                                                                                                                                                                                                  und Zagreb. Das Budget liegt insgesamt bei
     zu Action«, erläuterte Crepaz. Entsprechend         lung führten. »Wenn wir erreichen, dass sich      wissen: »Wird den Menschen, den Künstlern          Zielen und Mehrwert, sprach Carp von einem
     gewählt ist folglich der Untertitel: die Kunst zu   die Bürger nicht mehr nur als Konsumenten,        vor Ort durch Actopolis die Möglichkeit gegeben,   »ergebnisoffenen Kongress«. Wir wüssten gar          700.000 Euro.
     handeln. Worum geht es genau? Um die Frage,         sondern als Handelnde erleben, dann haben         öffentlich zu agieren und zu handeln? Oder          nicht, wo es Überschneidungen und Anregun-
     »wie wir mit Künstlern und künstlerischen Mit-      wir viel geschafft.«                               wird zusammengesammelt, was dort sowieso           gen gäbe, wenn wir uns nicht zusammensetzten
     teln in den Städten die Themen aufgreifen und             Beteiligt sind gleichermaßen Künstler       passiert, um es sichtbar zu machen?« Crepaz:       und darüber redeten. »Wer fährt schon in alle
     aufarbeiten können, die relevant sind für die       und Aktivisten, ebenso Urbanisten und lokale      »Es wäre vermessen, zu behaupten, die Aktio-       Städte und guckt sich an, welche Aktionen dort
     Entwicklung und Zukunft dieser Städte und für       Gemeinschaften. Ein mögliches Thema: Flucht       nen passierten, weil wir dort reingehen.« Das      stattfinden? Und wenn andere Aktionen durch
     die Menschen, die in ihnen leben«, formulierte      und Migration. »Wir befinden uns auf der klas-     Spezifische dieses Projekts sei, diese Aktionen     diese Kooperation überhaupt erst ermöglicht
     Crepaz. Themen wie Partizipation und Migrati-       sischen Flüchtlingsroute«, erklärte Crepaz. Ein   sichtbarer zu machen und in den europäischen       werden, dann ist das ein riesiger Mehrwert,
     on, Fragen wie »Wem gehört die Stadt, wem der       viertägiges Labor Ende September in Oberhau-      Diskurs einzuspeisen. Als Beispiel nannte          finde ich.« Enthusiastisch äußerte sich auch die
     öffentliche Raum?« seien zurzeit gleichermaßen       sen erfasst geplante Künstler-Konzepte sowie      Makowski das Projekt Formell – Informell in        Moderatorin: »So viel Interesse von Kunst, sich
     heiß diskutiert in Städten wie Belgrad, Bukarest    deren jeweilige Relevanz in den Städten und       Belgrad. Aus einer Notwendigkeit heraus – das      einzubringen und in den politischen Prozess
     oder Istanbul, schilderte Makowski.                 im städtevergleichenden Kontext. »Die Projekte    Haus, in dem das Goethe-Institut in Belgrad        einzugreifen, gab es selten.«

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N.I.C.E. AWARD
                                                                                                                                                                                                                     Der N.I.C.E. Award 2015 wurde am 23. September im
                                                                                                                                                                                                                     Rahmen des 4. Forum d'Avignon Ruhr in Essen verge-
                                                                                                                                                                                                                     ben. Die mit 8.000 Euro dotierte Auszeichnung ging
                                                                                                                                                                                                                     an das Projekt »Machine to be another« aus Brasilien.
                                                                                                                                                                                                                     Unter Verwendung digitaler Technik ermöglicht die
                                                                                                                                                                                                                     Installation in Körper und Gedanken einer anderen
                                                                                                                                                                                                                     Person einzutauchen und sich selbst im Körper des
                                                                                                                                                                                                                     Gegenübers zu betrachten. Ausgezeichnet wurden
                                                                                                                                                     jedoch ein Netzwerk schaffen, das als »Benefit«                   insgesamt fünf gesellschaftlich oder wirtschaftlich
                                                                                                                                                     den Austausch von Ideen und Konzeptionen                        wegweisende internationale Kultur- und Kreativpro-
                                                                                                                                                     vorhält, die man ansonsten nicht bekäme«. Das                   jekte zum diesjährigen Thema »Solving the World's
                                                                                                                                                     Ziel: das innovative Potenzial von Kultur und                   Major Challenges – A Call for Innovations«. Arbeiten
                                                                                                                                                     Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet zu stützen und
                                                                                                                                                     sichtbar zu machen, »hier, aber auch in Euro-
                                                                                                                                                                                                                     eingereicht hatten 213 Bewerber aus 29 Ländern. Der
                                                                                                                                                     pa«. Viel zu oft seien Kulturhauptstädte so etwas               N.I.C.E. Award wird vom NRW-Wirtschaftsministeri-
                                                                                                                                                     wie ein »Formel 1-Zirkus«; »sie finden statt und                 um und den Städten Bochum, Dortmund, Essen und
                                                                                                                                                     sind dann wieder weg«. Dafür zu sorgen, dass                    Gelsenkirchen finanziert. www.nice-europe.eu
                                                                                                                                                     auch darüber hinaus etwas passiert, sei keine
                                                                                                                                                     einfache Aufgabe: »Es war schon nicht leicht,
                                                                                                                                                     53 Städte und Gemeinden zu einer großen Ko-
                                                                                                                                                     operation zu bewegen. Und es wäre sicherlich
                                                                                                                                                     leichter gewesen, nach einem solchen Jahr zu
                                                                                                                                                     sagen: Das war es jetzt erst einmal. Doch macht     verbreitet hat.« Die willkommene Folge: Einrei-     Osteuropa zu bemühen; »doch wir sind grund-
                                              EUROPÄISCHE                                                                                            das auch Sinn?«                                     chungen auch aus den USA, Israel, Japan, Bra-       sätzlich für vieles offen, ohne nachzuhalten, aus
                                                                                                                                                            Weitermachen, sichtbar machen und das        silien und Osteuropa. Als freiwilliger Verbund,     welchem Land uns vielleicht noch Mitglieder
                                              NETZWERKE                                                                                              mit Mehrwert. Gemeistert hat N.I.C.E. diesen        der nicht aus europäischen Mitteln gefördert        fehlen«. Ebenso wenig könne man – so die Nach-
                                              N.I.C.E. NETWORK FOR                                                                                   programmatischen Dreiklang über ein zentra-
                                                                                                                                                     les Instrument: einen Award, der diejenigen
                                                                                                                                                                                                         werde, erklärte Gorny mit Blick auf die Frage
                                                                                                                                                                                                         Christine Sutoris' (Kurzfilmtage Oberhausen),
                                                                                                                                                                                                                                                             frage Jörg Obereiners, kulturpolitischer Sprecher
                                                                                                                                                                                                                                                             Bündnis 90/Die Grünen im RVR – über das Feld
                                              INNOVATIONS IN                                                                                         anspricht, die im Netzwerk gebraucht werden         warum ein europäisches Netzwerk einen Preis         der Preisträger hinaus nachhalten, was aus
                                              CULTURE AND                                                                                            – die Kreativen selbst. Mehnert: »Sicher, jeder
                                                                                                                                                     macht einen Award. Und trotzdem war und ist
                                                                                                                                                                                                         weltweit ausschreibe, könne man sich eine sol-
                                                                                                                                                                                                         che »Individualentscheidung« erlauben – und
                                                                                                                                                                                                                                                             den Projekten geworden sei. »Dieser Austausch
                                                                                                                                                                                                                                                             muss Teil kommender, intensiverer Entwicklun-
                                              CREATIVITY IN EUROPE                                                                                   dieser Preis sehr wichtig, weil man über ihn die    die künstlerische Arbeit als solche hervorheben,    gen sein.« Dies gilt auch für die verstärkte Ein-
                                              MODERATORIN:                                                                                           sichtbar macht, über die man spricht.« 2013         statt Grenzen aufzuziehen. »N.I.C.E. ist ein Teil   beziehung der Wissenschaft, ein Aspekt, der von
                                                                                                                                                     noch als Publikumspreis ausgelobt, verzeich-        europäischer Arbeit in der Nachhaltigkeit der       Dr. Annette Klinkert, Geschäftsführerin city2-
                                              Ulrike Rose
                                                                                                                                                     nete der N.I.C.E. Award 2014 bereits 108 Bewer-     Kulturhauptstadt RUHR.2010, der nicht nur neue      science und Prof. Dr Angela Krewani vom Institut
                                              REFERENTEN:                                                                                            bungen und konnte 10.000 Euro an Preisgeld          Kräfte freisetzt, sondern in unserer Region auch    für Medienwissenschaft der Universität Marburg
                                              Prof. Dieter Gorny,                                                                                                                                                                                            in die Diskussion mit eingebracht wurde. Und
     EUROPEAN CREATIVE BUSINESS
                                              Geschäftsführer european centre                                                                                                                                                                                das nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund,
     NETWORK (ECBN), ROTTERDAM                                                                                                                                                                                                                               dass europäische Forschungsrahmenprogramme
                                              for creative economy
     Das European Creative Business
     Network (ECBN), das 2011 gegründet
                                              Prof. Kurt Mehnert,                                                                                               »ICH GLAUBE, DASS                                                                            Fördermittel zusehends auch von sozialen Inno-
                                                                                                                                                                                                                                                             vationen und interdisziplinären Kooperationen
                                              Rektor der Folkwang Universität
                                                                                                                                                           ERFOLGREICHES INSTALLIEREN
                                                                                                                                                                                                                                                             abhängig machen. Bewerbungshürden, die, so
     wurde, versteht sich als Netzwerk
                                              der Künste                                                                                                                                                                                                     Klinkert, durch N.I.C.E. sehr gut aufgefangen
     aus Kreativzentren, Kreativquar-
                                                                                                                                                               VON KOOPERATIONEN
                                                                                                                                                                                                                                                             werden könnten. Mehr noch: »Vor zwei Wochen
     tieren, Kreativunternehmern und                                                                                                                                                                                                                         gab es den Wissensgipfel Ruhr; heute gibt es die
     Agenturen der Kultur und Kreativ-        Bereits seine Entstehung kann exemplarisch für      ten um Netzwerke eher beschleunigt. Trotzdem                                                                                                               Kulturkonferenz Ruhr. Ich frage mich, ob es in
     wirtschaft. Ziel ist es, die einzelnen   erfolgreiche Netzwerk-Arbeit herangezogen wer-
                                              den, doch der »Neuling« leistet noch viel mehr –
                                                                                                  glaube ich, dass erfolgreiches Installieren von
                                                                                                  Kooperationen immer noch sehr stark analog
                                                                                                                                                             IMMER NOCH SEHR STARK                                                                           diesen Zeiten nicht Sinn macht, beides zu ver-
                                                                                                                                                                                                                                                             binden zu einem Innovationsgipfel Ruhr.«
     Netzwerk-Mitglieder und Partner
     europaweit zu vernetzen und ihnen
                                              und übertrifft im Jahr zwei nach Gründung
                                              bereits alle Erwartungen: Prof. Dieter Gorny,
                                                                                                  vom Menschen abhängt.« Was nicht zuletzt
                                                                                                  auch für das Nichtzustandekommen von Ko-                   ANALOG VOM MENSCHEN
                                                                                                                                                                    ABHÄNGT.«
     Unterstützung bei der Erschließung       Geschäftsführer european centre for creative eco-   operationen gelte: »Da sollten wir uns nichts
     neuer Märkte und neuer Kooperati-        nomy (ecce), und Prof. Kurt Mehnert, Rektor der     vormachen, das liegt nicht so sehr in der Un-
                                              Folkwang Universität der Künste, präsentierten      beweglichkeit der Institutionen. Es sind die
     onen zu bieten.
                                              mit N.I.C.E. eines der jüngsten Netzwerke, in das   Menschen, die sich wehren. Entscheidend ist
                                              die Region derzeit eingebunden ist. 2013 hervor-    ein ständiger Prozess der Kommunikation.«
                                              gegangen aus dem Forum d'Avignon Ruhr und           Nur daraus entwickelten sich positive Kräfte.      vergeben. Gute Zahlen, doch erst der Auftakt:       stimuliert, auf dem Weg des Wandels und der
                                              dem European Creative Business Network (ECBN)       »Und dann geht es natürlich auch darum, was        »Für 2015 kommen wir auf 213 Bewerbungen            Veränderung weiterzumachen.«
                                              erfährt das Network for Innovations in Culture      dabei herauskommt, wenn ich bei einem Netz-        aus 29 Ländern und insgesamt 20.000 Euro                  Der nächste Schritt ist evident: »Jetzt
                                              and Creativity in Europe bereits weltweiten Zu-     werk mitmache.« Was also ist der »Benefit«          Preisgeld; ein Riesenerfolg und eine unglaub-       kommt es darauf an, diesen Prozess dauerhaft
                                              spruch – und liefert, so Gorny, nicht zuletzt       von N.I.C.E.?                                      liche Steigerung – und das nicht nur quantita-      und über den Award hinaus in Gang zu hal-
                                              auch der Metropole Ruhr »immensen kreativen               Gorny: »Als wir angefangen haben, N.I.C.E.   tiv, sondern auch qualitativ. Wir wurden mit        ten.« Ein Anspruch, der dem Netzwerk-Neuling
                                              Input«.                                             zu konzipieren, war die Kulturhauptstadt Eu-       tollen Ideen geradezu bombardiert.« Dabei, so       N.I.C.E. zusätzliche Professionalisierung abver-
                                                    Eine positive Gesamtentwicklung, die          ropas RUHR.2010 gerade ausgelaufen, und            Mehnert, bilde das Teilnehmerfeld nicht allein      lange – »und da sprechen wir dann irgendwann
                                              nicht unbedingt den digitalen Netzwerken als        wir mussten uns fragen, wie wir den Diskurs        Europa beispielhaft ab, sondern rekrutiere sich     auch von Geld, Management und Verwaltungs-
                                              solchen, sondern den Leistungen von Menschen        beibehalten, wie wir dafür sorgen können,          aus kreativen Regionen weltweit. Gorny: »Tat-       optimierung«. Aktuell habe man nicht die
                                              zu verdanken sei. Gorny: »Wir leben in der Zeit     dass Europa weiter hierher kommt.« Auf euro-       sächlich kam es zu dem Effekt, dass sich quasi       Ressourcen, um sich, wie von Tina Jermann,
                                              des Netzes und nicht zuletzt auch durch die         päischer Ebene seien in solchen Fällen zeitlich    mehrere Netzwerke übereinander gelegt haben         Geschäftsführerin Exile Kulturkoordination
                                              technologischen Entwicklungen werden Debat-         begrenzte »Projektaufrufe« üblich, »wir wollten    und sich die Ausschreibung unglaublich schnell      vorgeschlagen, aktiv um Teilnehmer etwa aus

12                                                                                                                                                                                                                                                                                                           13
EUROPÄISCHE                         Die Potenziale von Industriekultur wirtschaft-
                                         lich nutzen und sie als Marke im Tourismus
                                                                                             sehr heterogen.« Aufgebaut und konzeptioniert
                                                                                             von Kulturschaffenden und Denkmalschützern
     NETZWERKE                           etablieren, und das auf regionaler wie auf euro-    mangelte es vielerorts an einem touristischen

     ERIH EUROPEAN                       päischer Ebene – das will der Verein European
                                         Route of Industrial Heritage (ERIH). Erste Über-
                                                                                             Konzept. Viele dieser anfänglichen Problemfel-
                                                                                             der habe man, insbesondere in der Metropole         EUROPEAN ROUTE OF INDUSTRIAL HERITAGE
     ROUTE OF INDUSTRIAL                 legungen in diese Richtung gab es bereits 1999.     Ruhr, inzwischen jedoch gut gemeistert: »In-
                                                                                                                                                 Der Verein European Route of Industrial Heritage
                                         Mittlerweile fungiert ERIH als größtes Netz-        dustriekultur hat heute einen gleichberechtigten
     HERITAGE                            werk für Industriekultur in Europa und ist, so      Stellenwert mit dem antiken Erbe; früher ist        (ERIH) ist 1999 aus einer Initiative der Metropole
     MODERATORIN:                        ERIH-Geschäftsführerin Christiane Baum, »über       dieses Thema in Reiseführern gar nicht vorge-       Ruhr, der Niederlande, Belgiens und Großbritanniens
     Benedikte Baumann                   die Ländergrenzen hinaus ein Begriff«. Der           kommen.«                                            hervorgegangen und seit 2008 als Verein eingetragen,
                                         eigentliche Prozess der Markenbildung indes ist           Inventarisierung, Kategorisierung und
     REFERENTEN:                                                                                                                                 der sich über Mitgliedsbeiträge finanziert. ERIH
                                         längst noch nicht abgeschlossen – und so muss-      Sichtbarmachung: Die Ziele von damals gelten
     Christiane Baum,                    te etwa auch Moderatorin Benedikte Baumann          noch heute. Ein weiteres Aufgabenfeld: die          versteht sich als touristisches Informationsnetzwerk
     Geschäftsführerin ERIH – European   bekennen, bislang »keine Ahnung« gehabt zu          Beratung der Akteure vor Ort, etwa im Aufbau        zum industriellen Erbe in Europa und vertritt aktuell
     Route of Industrial Heritage e.V.   haben, »was die Abkürzung ERIH überhaupt            eigener Routen, eigener Formate und förde-          rund 1.100 Standorte in 44 europäischen Ländern.
     Dr. Walter Hauser,                  bedeutet«.                                          rungswürdiger, europäischer Kooperationen.          Zu ihnen gehören 84 Ankerpunkte; sie bilden die vir-
                                               Dabei lag, bilanzierte Dr. Walter Hauser,     Als zentrale Plattform fungiert ein gemeinsamer
     Vorstand ERIH – European Route of                                                                                                           tuelle ERIH -Hauptroute, und 19 Regionale Routen. Alle
                                         die Entstehung des europäischen Vereins durch-      Internetauftritt. ERIH-Geschäftsführerin Chris-
     Industrial Heritage e.V.            aus »hier in dieser Region«. Ausschlaggebend        tiane Baum: »Ein so großes Netzwerk funktio-        Standorte sind zudem 13 Europäischen Themenrouten
                                         für die Entwicklung eines länderübergreifenden      niert nur über ›Kümmerer‹.«                         zugeordnet. NRW stellt zehn Ankerpunkte, drei Regio-
                                         Netzwerks sei dabei vor allem zweierlei gewesen:          Und dennoch: gänzlich ohne regiona-           nale Routen, darunter die Route der Industriekultur als
                                         »Zum einen ist die Story der Industrialisierung     le Eigenleistungen, ohne Eigensinn, geht es
                                                                                                                                                 »Vorreiter in diesem Bereich«, sowie 70 Standorte im
                                         zunächst einmal Teil einer genuin europäischen      nicht. Denn tatsächlich tritt ERIH erst dann
                                         Geschichte. Zum anderen haben wir selbst diese      auf den Plan, wenn zumindest eine »minimale
                                                                                                                                                 Feld der Europäischen Routen. www.erih.net

                                           »WIR MÜSSEN AUTHENTISCH SEIN,
                                             OHNE ZU EINEM DISNEYLAND
                                                  ZU VERKOMMEN.«
                                         Geschichte mittlerweile als spezifisches kulturel-   Grundstruktur für Besucher« vorhanden ist.
                                         les Erbe anerkannt.« Hier Gemeinsamkeiten zu        Ein museales Konzept allerdings, so Baum
                                         nutzen, sei grundlegende Idee von ERIH gewe-        auf eine Nachfrage Peter Liedtkes (Pixelprojekt
                                         sen. Doch: »Es waren nicht Nationen, die sich       Ruhrgebiet), sei keinesfalls vonnöten. »Die Orte
                                         industrialisiert haben, sondern Regionen. Daher     sollen authentisch ihre Geschichte erzählen.
                                         war es nur logisch, eine europäische Struktur       Eine Infotafel wäre da das Minimum«. Ob diese
                                         auf den vorhandenen regionalen Netzwerken           Geschichte auch soziale oder ökologische Pro-
                                         aufzubauen.«                                        bleme vor Ort aufgreifen könne, hakte Liedtke
                                               ERIH also als übergeordnetes »Dach« – mit     nach. »Wir diskutieren diese ›Dark Side of In-
                                         einer zentralen Aufgabe: die touristische Ver-      dustrialization‹ immer wieder sehr stark und
                                         marktung des Themas »Industriekultur«. Was          haben deshalb etwa die Themenroute Krieg und
                                         gerade zu Beginn nicht einfach war. Hauser:         Industrialisierung entwickelt«, erwiderte Hauser.
                                         »Industriekultur hatte lange Zeit kein Image.       Unter touristischen Aspekten stoße man hier
                                         Zudem waren und sind die einzelnen Standorte        jedoch durchaus an Grenzen.
                                                                                                   Tatsächlich sei der Aufbau des Netzes nur
                                                                                             dadurch gelungen, dass man zentrale Qualitäts-      100 Euro für Privatpersonen und 500 Euro für         GmbH) auf, »Mitglieder, Hardliner, die sagen,
                                                                                             kriterien entwickelt habe, die sich vorrangig an    Ankerpunkte erhebt, ein entscheidender Faktor.       Industriekultur darf auch nur Industriekultur.
                                                                                             der touristischen Vermarktung orientierten.         Baum: »Wir arbeiten mit schmalen Mitteln und         Andere zeigen auch Ausstellungen, die nichts
                                                                                             Baum: »Der Besucher muss enttäuschungsre-           einem kleinen Team.« Von 1.100 Standorten sei-       mit dem Thema zu tun haben. Schwellenangst
                                                                                             sistent wissen, was ihn vor Ort erwartet.« Qua-     en gerade einmal 170 zahlende Mitglieder. Und        kann ich mir als Standort nicht erlauben, wenn
                                                                                             litätskriterien, die André Sebastian, Leiter des    auch Sponsoren etwa aus der Wirtschaft blieben       ich in irgendeiner Form Einkommen erwirt-
                                                                                             Kulturbüros Münsterland, gezielt hinterfragte:      eher die Ausnahme. Worin denn der Mehrwert           schaften muss. Neue Leute, junge Leute wird
                                                                                             »Wonach entscheiden Sie, wer ein Ankerpunkt         für zahlende Privatleute bestehe, wollte Christian   man nur mit dem Thema ›Industriekultur‹
                                                                                             werden darf und wer nicht?« Auch dazu habe          Strüder (Programmleitung Flottmann-Hallen)           wohl nicht gewinnen können. Wir müssen au-
                                                                                             es Diskussionen im Verein gegeben: »Wie misst       wissen. Die Antwort erhielt er von Jolanta Nölle     thentisch sein, ohne zu einem Disneyland zu
                                                                                             man die historische Bedeutung eines Ortes, wie      (Stiftung Zollverein): »Sie investieren damit in     verkommen.«
                                                                                             viele Punkte gibt es für eine Toilette, wie viele   Ihre Region. Wenn Sie das nicht wollen, müssen
                                                                                             für einen Busparkplatz? Im Laufe der Jahre ist
                                                                                             eine relativ weiche Liste an Kriterien entstan-
                                                                                                                                                 Sie das auch nicht. Aber dank ERIH steht Ihnen
                                                                                                                                                 ganz Europa frei, Sie lernen dadurch etwas ken-           »INDUSTRIEKULTUR HAT HEUTE
                                                                                             den. Man kann einfach nicht ein einziges Sche-
                                                                                             ma über Europa legen. Hier im Ruhrgebiet sind
                                                                                                                                                 nen, was Sie vielleicht niemals kennengelernt
                                                                                                                                                 hätten, wenn Sie nicht Mitglied wären.«                    EINEN GLEICHBERECHTIGTEN
                                                                                                                                                                                                          STELLENWERT MIT DEM ANTIKEN
                                                                                             die Menschen sehr verwöhnt, weil es so viel gut            Mehr Spielraum soll ERIH in den kom-
                                                                                             gemachte Industriekultur gibt. Anderswo ist         menden drei Jahren die Förderung über Creative
                                                                                             das nicht so.« Wer es nicht schaffe, falle jedoch    Europe bringen – Mittel, die etwa in den Re-
                                                                                             nicht gleich für immer raus, »wir geben den Or-
                                                                                             ten konkrete Handlungsempfehlungen«. Manch-
                                                                                                                                                 launch der Website und den Ausbau des Netz-
                                                                                                                                                 werks fließen. »Auch werden wir neue Formate
                                                                                                                                                                                                              ERBE; FRÜHER IST DIESES
                                                                                             mal stimmten auch alle Voraussetzungen – »nur
                                                                                             die 500 Euro Jahresbeitrag sind nicht drin«.
                                                                                                                                                 entwickeln.« Formate, die sich, so Baum, auch
                                                                                                                                                 unter ökonomischen Gesichtspunkten beweisen               THEMA IN REISEFÜHRERN GAR
                                                                                                   Die Finanzierung bleibt auch für den
                                                                                             Verein selbst, der Mitgliedsbeiträge zwischen
                                                                                                                                                 müssten. »Wir haben«, griff sie einen Einwurf
                                                                                                                                                 Axel Biermanns (Geschäftsführer Ruhr Tourismus               NICHT VORGEKOMMEN.«

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PROJEKTPRÄSENTATION     Wenig Zeit für die Planung, ein vorgegebenes
                                                                                        Thema, kein bestehendes Planungsnetzwerk:
                                                                                                                                             geholfen, geeignete Formate zu finden. Denn
                                                                                                                                             es gab oft den Willen, gab ein Thema, aber es
                                                                WISSENSNACHT RUHR       Die Voraussetzungen für die erste WissensNacht       fehlte die Erfahrung, wie man so etwas attraktiv
                                                                MODERATORIN:            Ruhr im Oktober 2014 waren alles andere als          präsentiert.« Zugleich habe man auch zentrale
                                                                                        optimal. Geplant im Rahmen der klimametropole        Veranstaltungsorte initiiert, um den Partnern
                                                                Ulrike Rose
                                                                                        RUHR 2022, als zentraler Beitrag der Metropo-        den Druck zu nehmen, das eigene Haus »bespie-
                                                                REFERENTINNEN:          le Ruhr zur Landesinitiative KlimaExpo.NRW,          len« zu müssen.
                                                                Maria Baumeister,       erarbeitete sich das für die Region gänzlich neue          Reichte allein die Chance auf Sichtbarma-
                                                                Regionalverband Ruhr    Format jedoch innerhalb weniger Monate nicht         chung wirklich als Motivation, den »Elfenbein-
                                                                Dr. Annette Klinkert,   nur ein funktionierendes Netzwerk, sondern           turm« zu verlassen? Ulrike Rose hakte nach.
                                                                                        initiierte zugleich gezielt die Annäherung von       »Durchaus«, resümierte Dr. Annette Klinkert:
                                                                city2science GmbH       Wissenschaft und Gesellschaft. Entscheidendes        »Auf europäischer Ebene vollzieht sich gerade
                                                                                        Mittel in diesem Prozess: das Besinnen auf die       ein deutlicher Wandel, den das Forschungs-
                                                                                        besonderen Kompetenzen der Organisatoren             rahmenprogramm Horizont 2020 vielleicht am
                                                                                        und Partner.                                         deutlichsten beschreibt. Fördermittel werden
                                                                                               »Als wir begonnen haben, gab es noch          hier nicht mehr nur von der wissenschaftlichen
                                                                                        keine etablierte Kooperation zwischen wissen-        Exzellenz abhängig gemacht, sondern auch von
                                                                                        schaftlichen Institutionen und öffentlichen           Antworten auf gesellschaftliche Fragen und
                                                                                        Einrichtungen im Bereich Wissenschaftskom-           von aktiven Dialogen mit Bürgern – für viele
                                                                                        munikation. Tatsächlich mussten wir die Wis-         Wissenschaftler ist das immer noch eine Her-
                                                                                        senslandschaft erst einmal grundsätzlich für die     ausforderung.« Gesellschaftlicher Mehrwert und
                                                                                        Idee gewinnen«, resümierte Maria Baumeister          interdisziplinäre Ansätze seien gefragt, »und da
                                                                                        vom RVR. Schlimmer noch: »In der Wissen-             kann die Beteiligung an einem Wissenschafts-
                                                                                        schaft werden Festivals teils noch mit Argwohn       festival Berührungsängste ab- und Kompetenzen
                                                                                        betrachtet. Der direkte Dialog mit der Gesell-       aufbauen«.
                                                                                                                                                   Das Festival schließlich begeisterte rund

                                                                       »NUR WAHRE EGOISTEN
                                                                                                                                             8.000 Besucher. Zu wenig, ließ Eleonore Lubitz
                                                                                                                                             (Fraktion Die Linke im RVR) durchklingen. Die
                                                                                                                                             Zahl sei eine Herausforderung, das Format ge-

                                                                     KOOPERIEREN ERFOLGREICH.«                                               meinsam weiterzuentwickeln, konterte Klinkert:
                                                                                                                                             »Man muss ein neues Format auch wachsen
                                                                                                                                             lassen. Dieses Fest lebt von der Bereitschaft sehr
                                                                                        schaft war lange Zeit zweitrangig, es gibt wenig     kluger, engagierter und kreativer Menschen,
                                                                                        Erfahrungen.« Und es gab weitere Herausfor-          Teile ihrer Freizeit damit zu verbringen, ande-
                                                                                        derungen: fehlende personelle und finanzielle         ren Menschen ihre Arbeit näher zu bringen.«
                                                                                        Ressourcen bei den Hochschulen etwa. Und             Ein neues Format brauche Zeit – »auch die
                                                                                        nicht zuletzt: der Eigensinn – die Einzelinter-      ExtraSchicht hat klein angefangen«.
                                                                                        essen von Hochschulen, Forschungseinrichtun-               Letztere, stellte Klinkert klar, solle in Zu-
                                                                                        gen, Instituten und von Städten und Wirtschaft.      kunft keinesfalls kopiert werden, trotz verstärk-
                                                                                        Eine Koordinierungsleistung von höchstem             ter Einbindung von Kultureinrichtungen und
                                                                                        Anspruch. Baumeister: »Hier gilt tatsächlich         Geisteswissenschaften. »Die WissensNacht ist
                                                                                        das Stichwort Co-Opetition: Nur wahre Egoisten       Teil eines Strategieprozesses zur Wissensmetro-
     WISSENSNACHT RUHR 2014                                                             kooperieren erfolgreich. Am Ende haben sehr          pole Ruhr und damit Baustein der Regionalent-
     Die erste WissensNacht Ruhr fand am 2. Oktober 2014                                viele begeistert mitgemacht, auch die Kritiker       wicklung, nicht einfach Teil der Eventkultur.«
     statt – beteiligt waren 120 Institutionen und Lehrstühle                           der Anfangsphase.«                                   Ein Prozess, der nicht nur bewusst einen in-
                                                                                              Wie aber konnte man derart unterschied-        terdisziplinären Ansatz verfolge, sondern sich
     mit etwa 400 Wissenschaftlern. Insgesamt wurden
                                                                                        liche Teilnehmer tatsächlich motivieren? Über        auch dem neuen Innovationsbegriff verpflichtet
     rund 8.000 Besuchern 225 Programmpunkte an elf                                     die Nutzung vorhandener Allianzen etwa und           fühle – und Partnern, wie von Jeanette Schmitz,
     Orten in sechs Städten geboten; zentrale Veranstal-                                durch die gezielte Suche nach »Kümmerern«,           Geschäftsführerin des Gasometer Oberhausen,
     tungsorte waren das Dortmunder U, das Haus der Tech-                               nach Multiplikatoren vor Ort, um die Aufgaben        angefragt, auch die Freiheit lasse, »im darauf-
     nik Essen, der Wissenschaftspark Gelsenkirchen, das Blue                           zu bündeln, die Belastungen zu verteilen und         folgenden Jahr auszusetzen, weil das eigene
                                                                                        den Partnern damit zuletzt ausreichend Raum          Konzept da gerade nicht passt«.
     Square Bochum und das Tectrum Duisburg. Gefördert
                                                                                        für die Umsetzung eigener Ideen zu geben. Zen-             Die inhaltliche Erweiterung geht auch mit
     wurde das Festival vom Wissenschaftsministerium NRW,                               trale Schnittstelle und »Tellerdreher« blieb dabei   einer räumlichen einher: mit der gezielteren
     der Stiftung Mercator, der KlimaExpo.NRW und der                                   stets der RVR. Wichtige Partner waren etwa die       Bespielung der städtischen Quartiere und mit
     Europäischen Union. Die zweite WissensNacht Ruhr wird                              Universitätsallianz Ruhr, das Wissenschaftsforum     der Einbindung internationaler Akteure. Die
                                                                                        Ruhr und UniverCity Bochum.                          Bewerbung um die offizielle Teilnahme an der
     am 30. September 2016 stattfinden. Durch Eigenmittel
                                                                                              Einerseits also wissenschaftliches Know-       European Researchers' Night sei, so das Fazit
     des RVR und Fördergelder soll hierfür ein Etat in Höhe                             how gepaart mit Multiplikatoren. Auf der ande-       Klinkerts, ein logischer nächster Schritt, der
     von etwa 500.000 Euro eingerichtet werden.                                         ren Seite standen die originären Kompetenzen         das Festival – und damit auch die Arbeit der
                                                                                        des RVR: »Wir haben in Kooperation mit city2-        Akteure vor Ort – weiter bereichern wird.
                                                                                        science den Partnern sehr bewusst auch dabei

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     RECHTS UNTEN
     Empfang der Kultur-
     hauptstadt Europas
     WROCLAW 2016

18                         19
INTERKULTUR RUHR
                                                                                                                                                                                                               Interkultur Ruhr ist eine gemein-
                                                                                                                                                                                                               same Initiative des NRW-Kultur-
                                                                                                                                                                                                               ministeriums, der Kommunen und
                                                                                                                                                                                                               des RVR. Das Projekt ist geplant
     PROJEKTPRÄSENTATION                                                                                                                                                                                       als Werkstatt und Bühne für zeit-
                                                                                                                                                                                                               gemäße Auseinandersetzungen
     INTERKULTUR RUHR                                                                                                                                                                                          mit kultureller Diversität.
     MODERATORIN:
                                                                                                                                                                                                               700.000 Euro Budget stehen für
 Benedikte Baumann
                                                                                                                                                                                                               einen Zweijahres-Programmzyklus
     REFERENTEN:
                                                                                                                                                                                                               zur Verfügung.
 Jürgen Fischer,
 Referatsleiter Kultur und Sport
 Regionalverband Ruhr
 Jörg Stüdemann,
 Stadtdirektor und Kulturdezernent
 Stadt Dortmund

 Wer sich in diesen Wochen und Monaten mit         sei, weitübergreifend und vielschichtig, nannte    in eine andere Form von Kultur-, von Sozial-          abgebrochen, nun solle das Gespräch mit dem
 dem Thema »Interkultur« beschäftigt, der steht    Stüdemann als zweite zentrale Beobachtung          und Jugendpolitik? Und wie könnten wir mit            Zweitplatzierten aufgenommen werden. Geplant
 vor völlig neuen Herausforderungen, neuen Er-     den neuen Status der Migranten-Selbstorgani-       den Wünschen nach einem gesicherten Identi-           sei der erste Programmzyklus für 2016/17.
 fahrungen und Erkenntnissen. »Zum ersten Mal      sationen und der ethnischen Ökonomie. Die          tätsentwurf umgehen, die teils auch dumpfer,                »Was ist, wenn auch die beiden ande-
 gelingt ein Durchbruch an Interkulturalität in    einen würden jetzt sichtbar als Experten – und     nationalistischer Natur seien?                        ren Bewerber die Gespräche abbrechen? Wird
 einem Ausmaß, wie es kein anderes kulturpoli-     Stüdemann appellierte ausdrücklich an die Po-            Benedikte Baumann hielt als Fazit ein           dann das Projekt neu ausgeschrieben?«, wollte
 tisches Programm hätte aufschreiben und mo-       litik, diesen Spezialisten mehr Geld zukommen      neues gestalterisches Prinzip fest: die Koopera-      Andreas Felix Kroll, freier Kulturmanager wis-
 tivieren können«, resümierte Jörg Stüdemann,      zu lassen –, die anderen seien als Helfer aktiv    tion von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen.           sen. Möglicherweise ja, antwortete Fischer. Aber
 Stadtdirektor und Kulturdezernent der Stadt       geworden. Die Betreiber von Hochzeitssälen         Apostolos Tsalastras, Kulturdezernent der Stadt       er sei zuversichtlich, dass das Programm An-
 Dortmund. Er erzählte im ersten Teil des Forums   beispielweise hätten in Dortmund in Tausen-        Oberhausen, hielt diese Unterscheidung für            fang des Jahres starten könne.
 über spontane Netzwerke der Stadt Dortmund        der-Portionen Essen hergestellt und abgeliefert.   verkürzt. »Dazwischen gibt es die Künstler, die             »Wir haben unglaublich viel Zeit mit den
 im Bereich Flucht und Asyl. Netzwerke, die               Die dritte wichtige Erfahrung sei die       nicht ehrenamtlich unterwegs sind. Die müssen         organisatorischen Fragen über Kräfteverhältnisse
 sich aus der tagesaktuellen Situation heraus      Akzeptanz der kulturellen Leistungen der Hin-      davon leben. Da gibt es solch ein Potenzial. Un-      verbracht«, erklärte Stüdemann. »Das sollten
 organisierten und entwickelten. Die Moderato-     zugekommenen, und zwar in einem frühen             sere Aufgabe ist es, das weiter zu fördern und        wir für die Zukunft lernen.« Auch Fischer
 rin Benedikte Baumann bezeichnetet diese als      Stadium. Da suche jemand zum Beispiel einen        zu organisieren.«                                     räumte ein: »Wenn ich an Diskussionsrunden
 »gelebte Interkultur«.                            Musiker oder jemanden, der sich für Literatur            Jürgen Fischer, Referatsleiter beim Regional-   denke, bei denen sehr akademisch darüber
       Anlass war die Aufgabe der Stadt Dort-      interessiere. »Es gibt ein anerkanntes Gegen-      verband Ruhr, stellte im Anschluss den aktuellen      gesprochen wurde, ob der richtige Begriff nun
 mund, ab dem 6. September etwa 1.000 Flücht-      über, mit dem man sich auch kulturell ausein-      Stand des Projekts Interkultur Ruhr vor. Eben da

                                                                                                                                                              »DIE STADTGESELLSCHAFT WIRD
 linge unterzubringen. Das Herausragende dieser    andersetzen möchte«, erklärte Stüdemann. All       sollen Künstler für ein Zweijahres-Programm
 Ausnahmesituation: »Wir hatten Helfer zu Hun-     diese Beobachtungen seien seiner Ansicht nach      zum Thema gefördert werden. Und auch Fischer
 derten, die sich selbst mobilisiert und organi-   ein Hinweis auf erhebliche Verschiebungen          sieht einen Quantensprung in der Veränderung
 siert hatten.« 700 Menschen hätten in wenigen
 Stunden zur Verfügung gestanden und 14 Tage
                                                   in der Gesellschaft: »Die Stadtgesellschaft wird
                                                   sich grundlegend verändern.«
                                                                                                      der Stadtgesellschaft durch die aktuelle Flücht-
                                                                                                      lingssituation. »Ich glaube, wir würden heute
                                                                                                                                                            SICH GRUNDLEGEND VERÄNDERN.«
 lang ehrenamtlich den Flüchtlingen geholfen.             Und darüber wollen sich die Städte aus-     über das Projekt Interkultur Ruhr anders reden.«
       Der Kulturdezernent sprach von einer        tauschen. Am 27. November soll es eine Ver-              Das Projekt ist eine Weiterentwicklung des      ›Interkultur‹, ›Transkultur‹ oder gar ›post-
 soziologisch interessanten Zusammensetzung        anstaltung des NRW-Kulturministeriums, der         Themenfelds »Interkultur« bei RUHR.2010. Ziel         migrantisch‹ sei, dann kommt mir das heute
 dieser Gruppe ehrenamtlicher Helfer, darunter     Kultursekretariate und der beteiligten Städte      sei weder ein Festival, noch ein theoretisches        relativ lächerlich vor.« Als Akteure hätten sie
 Mitglieder aus Migranten-Communities, gebil-      geben. Stüdemann: »Anhand von praktischen          Konzept. »Wir wollen die Begegnung ermög-             den Zustand der Gesellschaft unterschätzt. Statt
 dete junge Leute, Mitglieder der linken Szene     Projekten wollen wir uns abprüfen.« Welchen        lichen mit einer Reihe von Veranstaltungen«,          über Wochen und Monate habe sich in Dort-
 und Rentner. Diese Zusammensetzung existiere      Status hätten diese Phänomene in den einzel-       erklärte Fischer. 21 Bewerbungskonzepte wur-          mund binnen einer Stunde ein Netzwerk gebil-
 projektbezogen in dieser Form zum ersten Mal      nen Städten? Was könne man daraus für eine         den eingereicht, das Fach-Kuratorium habe drei        det. Fischer: »Nicht um zu diskutieren, sondern
 in einer Stadtgesellschaft. Neben dieser beson-   sich verändernde Stadtpolitik ablesen? Und wie     davon ausgewählt, die geeignet erschienen. Der        um zu handeln.« Es gebe gute, ermutigende
 deren Form des Ehrenamtes, die interkulturell     könne man den Stimulus, der da sei, einbinden      erste Bewerber hat die Vertragsverhandlungen          Formen der Interkultur in den Städten.

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PROJEKTPRÄSENTATION           Entstanden ganz gezielt im Vorfeld der Kultur-
                                   hauptstadt RUHR.2010 haben die KunstVereine-
                                                                                             Die übergeordneten Ziele: eine Profilie-
                                                                                       rung im gesamteuropäischen Kontext sowie
                                                                                                                                           habt einen Künstler, dann fangt doch einfach
                                                                                                                                           an. Wir hier in Deutschland wollen möglichst
     KUNSTVEREINERUHR              Ruhr, ein Zusammenschluss von Kunstvereinen         die partizipative Einbindung von Partnern und       jeden Aspekt von vorneherein geklärt wissen,
     MODERATORIN:                  und Künstlerhäusern der Region, mittlerweile        Institutionen. Gezielte Öffentlichkeitsarbeit        gerade in finanzieller Hinsicht.« Apropos Finan-
                                   ihre ureigene, künstlerische »Nische« in der        sowie die Bildung »strategischer Allianzen« auch    zen: »Unsere Projekte sind immer fremdfinan-
 Regina Völz
                                   Metropole Ruhr eruiert: Über Projekt-Koope-         mit der Politik ergänzten die Aufgaben der Spre-    ziert.« Einer der wichtigsten Projektpartner der
     REFERENTEN:                   rationen hinaus bestimme insbesondere das           chergruppe, die sich damit noch einer weiteren      vergangenen Jahre: Urbane Künste Ruhr.
 Katja Aßmann,                     Denken in Künstler-Residenzen die Arbeit der        Herausforderung stellen müsse: »Das alles pas-             Aßmann: »Über gemeinsame Projekte
 Künstlerische Leiterin            Interessengemeinschaft. Nicht zuletzt, weil es in   siert parallel zum Tagesgeschäft; wir haben kei-    im Netzwerk haben wir jetzt eine gemeinsame
 Urbane Künste Ruhr                diesem Punkt, so Katja Aßmann, Künstlerische        ne eigenen Mittel, um jemanden zu engagieren,       Strategie für Residenzen, genauer: für eine
                                   Leiterin Urbane Künste Ruhr, bislang durchaus       der etwa Facebook betreut. Und je intensiver        RuhrResidenz entwickelt. Dass es dazu kam,
 Dr. Uwe Schramm,
                                   eine »Fehlstelle« gegeben habe: Vorhaben, die       der Prozess wird, desto schneller wird das ein      war ganz natürlich, denn neben einzelnen Mi-
 Geschäftsführer Kunsthaus Essen   über die Region hinaus internationale Verknüp-      Fulltime-Job.« Ganz entscheidend sei daher die      kro-Residenzen gab es 2010 gerade einmal zwei
                                   fungen herstellten. Vorhaben, die sich zugleich     Tatsache, dass man diese Aufgaben im Netzwerk       Residenzhäuser; das ist sehr wenig verglichen
                                   nur über ein Mittel realisieren ließen: die Netz-   auf verschiedene Schultern verteilen könne.         mit Europa.« Entscheidend sei die künftige
                                   werkarbeit.                                               Insbesondere mit Blick auf eines der          Fokussierung nicht allein auf den Nutzen für
                                         Kooperationen auf Projektebene unter Bei-     wichtigsten Ziele der KunstVereineRuhr: die         die Partner und die Region, sondern auch auf
                                   behaltung eigener Profile – »darum geht es bei       Etablierung beispielhafter Kooperationsmodel-       jenen der Residenzkünstler. »Das Prinzip mobi-
                                   KunstVereineRuhr«, erklärte Dr. Uwe Schramm,        le; künftig verstärkt etwa über Artist in Resi-     ler Residenzen ist da ganz entscheidend.« Eine
                                   Geschäftsführer des Kunsthaus Essen. Man ver-       dence-Programme, die als Schnittstelle zwischen     dezentral angelegte RuhrResidenz schaffe, so
                                   zichte auf einen Vereinsstatus, auf Mitgliedsbei-   lokaler und internationaler Kunstszene fun-         Schramm, Möglichkeiten, spezifische Fragestel-
                                   träge, nicht aber auf Organisationsstrukturen:      gieren und den Zugang zu neuen Netzwerken           lungen an bestimmten Punkten in der Region
                                   »Eine Sprechergruppe sorgt für Bindung nach         und damit auch neuen Märkten ermöglichen            zu verorten. Dies könne unter Umständen auch
                                   innen und außen.« Ein Punkt, an dem Regina          sollen. Eine Richtung, die die KunstVereineRuhr     eine Möglichkeit sein, Künstlerbünde geziel-
                                   Völz nachhakte: »Bei einer solchen Vielzahl an      2010 erstmals gemeinsam mit niederländischen        ter mit einzubinden. Ein Vorschlag, den Doris
                                   Partnern, wer entscheidet da genau?« Schramm:       Künstlern eingeschlagen hatten. Das damalige        Kirschner-Kamer (Bochumer Künstlerbund)
                                   »Bei uns gibt es keine zentrale Spinne im Netz,     Fazit: »Die Holländer sind in diesem Punkt deut-    einbrachte. Ein Zugeständnis gleichwohl unter
                                   bei uns ist jeder Verein mit seinen ureigenen       lich weiter als wir.« Warum dies so sei, wollte     Vorbehalt: »Jeder Kunstverein fährt da seine
                                   Kompetenzen eingebunden – und hat auch die          Jolanta Nölle (Stiftung Zollverein) wissen. »Weil   ganz eigene Linie. Es gibt Vereine, die sich von
                                   Möglichkeit, zu einem Projekt ›Nein‹ zu sagen.«     das Motto dort lautet: Ihr habt einen Raum, ihr     den lokalen Künstlern abgrenzen wollen, andere
                                                                                                                                           wollen sie einbinden. Meines Erachtens sollte
                                                                                                                                           man die Schnittstellen bedienen, etwa über

                                            »BEI UNS GIBT ES KEINE                                                                         das Prinzip der Local Guides. Nur so lässt sich
                                                                                                                                           aufzeigen, über welches Potenzial die Region

                                          ZENTRALE SPINNE IM NETZ,
                                                                                                                                           tatsächlich verfügt.«
                                                                                                                                                  Anders als bislang wolle man sich zu-
                                                                                                                                           dem bei der RuhrResidenz finanziell nicht von
                                          BEI UNS IST JEDER VEREIN                                                                         »Projekt zu Projekt« hangeln; hier gehe es laut
                                                                                                                                           Aßmann »um eine ständige Förderung«. Und

                                           MIT SEINEN UREIGENEN                                                                            Schramm konkretisierte auf die Nachfrage
                                                                                                                                           Heiner Remmerts (Literaturland Westfalen):

                                        KOMPETENZEN EINGEBUNDEN«
                                                                                                                                           »Irgendwann ist das System, sich in größere
                                                                                                                                           Projekte einzuklinken, ausgereizt. Deswegen
                                                                                                                                           arbeiten wir an diesem kontinuierlichen Pro-
                                                                                                                                           jekt, für das wir auch die Städte begeistern
                                                                                                                                           wollen, so dass künftig auch kleinere Institutio-   KUNST VEREINERUHR
                                                                                                                                           nen als touristisches Potenzial wahrgenommen        Die KunstVereineRuhr existieren seit 2006.
                                                                                                                                           werden.« Damit dies funktioniere, bedürfe es        Mitglieder sind: die Bochumer galerie janu-
                                                                                                                                           jedoch unbedingt der gezielten Kooperation.         ar, der Bochumer Kulturrat, der Kunstverein
                                                                                                                                                  Das Netzwerk also als Allheilmittel in
                                                                                                                                           schwierigen Zeiten? Unbedingt, erklärte Aß-
                                                                                                                                                                                               Bochum, Virtuell Visuell Dorsten, der Dortmun-
                                                                                                                                           mann: »So wie Künstler und Kuratoren heute          der Kunstverein, Hartware MedienKunstVerein
                                                                                                                                           arbeiten, geht es nicht mehr ohne Netzwerke,        Dortmund, das Künstlerhaus Dortmund, der
                                                                                                                                           ohne Zusammenschlüsse, nicht zuletzt auch,          Kunstverein Duisburg, das Kunsthaus Essen,
                                                                                                                                           um sich selbst zu stärken.«
                                                                                                                                                                                               der Kunstverein Ruhr Essen, KAM – Kunst am
                                                                                                                                                                                               Moltkeplatz Essen, der Kunstverein Gelsen-
                                                                                                                                                                                               kirchen, die Künstlersiedlung Halfmannshof
                                                                                                                                                                                               Gelsenkirchen, das Kunsthaus Mülheim, der
                                                                                                                                                                                               Mülheimer Kunstverein, der Kunstverein Reck-
                                                                                                                                                                                               linghausen, der Kunstverein Schwerte und der
                                                                                                                                                                                               Kunstverein Unna. www.kunstvereineruhr.de

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