Dran - Als sich die Welt veränderte Ein Rückblick auf die Tage, als die Corona-Krise begann und wir alle uns umstellen mussten - Kirchenmagazine.de
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Ausgabe Nahdran 1 /2020 Das katholische Magazin im Mindener Land Als sich die Welt veränderte Ein Rückblick auf die Tage, als die Corona-Krise begann und wir alle uns umstellen mussten
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Nahdran Editorial Unser Titelbild zeigt Propst am Dom Roland Falkenhahn Ende März bei der ersten Heiligen Messe Liebe Leser, im Mindener Dom, die vor einer Kamera anstatt vor Gläubigen stattfand. Foto: Flüter in diesen Zeiten Impuls: „Wir sind es wert“ von Pastor Christian Bünnigmann ... 18 ist es schwer, den Kinderseite: Der Flecken auf dem Mond und das Fronleichnamsfest ... 24 Namen „Nah dran“ Büchertipp: Yvonne Striet über den Roman „Die Frau, die nicht alterte“ mit Leben zu füllen. von Grégoire Delacourt ... 29 Die Mitarbeiterinnen Tipps und Termine: Kirchenmusikalische Veranstaltungen 2020 ... 29 und Mitarbeiter im Porträt: Organist Ferdinand Feldmann ... 30 pastoralen Team wollen für die Menschen Kreuzworträtsel ... 31 in unseren Gemeinden da sein. Wir wollen „nah dran“ sein, um unseren Auftrag zu leben, Glaubenszeugnis zu geben vom Dreifaltigen Gott. Die Kirche ist dazu da, den Menschen nah „Diese Zeit ist eine wichtige Erfahrung“ dran an Gott zu bringen. In der Gemein- Interview mit dem Propst am Dom Roland Falkenhahn ... 04 schaft mit allen Menschen, die an Jesus Christus, den Sohn Gottes glauben, wollen wir Zeugnis geben von der Hoffnung, die „Eine irgendwie unwirkliche Situation“ uns erfüllt und die uns der Dreifaltige Gott Die Corona-Krise Ende März: ein Stimmungsrückblick auf schenkt. die Tage, als alles anfing, aufgefangen in Interviews mit Gerade heute ist das Vertrauen auf diesen Menschen aus dem Pastoralverbund ... 08 Gott die vielleicht einzige Stütze, wenn das „Coronavirus“ uns den Boden unter den Füßen wegzieht. Gott beseitigt nicht einfach die Grausamkeiten dieses Lebens. Eine Frage, die alles änderte Aber er ist der einzige, der Hoffnung in der Wie Andrea Ulrich eine neue Gewissheit größten Dunkelheit, sogar über den Tod im katholischen Glauben fand ... 16 hinaus schenken will, auch indem er uns die Wirklichkeit des ewigen Lebens eröffnet. Verwurzelt in zwei Welten Wie uns die Heilige Schrift sagt, wird er Isaak Abatzidis gehört der griechisch-orthodoxen Kirche denen, die ihm vertrauen, alle Tränen abwi- an, seine Frau ist katholisch. Beide leben ihren Glauben. schen. Hier wird keine Trauer mehr sein, Den häuslichen Frieden hat das niemals gestört – im keine Klage, keine Mühsal (vgl. Offb). Gegenteil. ... 20 Hoffen wir, dass wir nach der Überwindung von „Corona“ bald wieder nah dran und damit mitten in Ihrem Leben sein können. Gott schütze und segne Sie! Eine Geschichte, die viel weiter zurückreicht Der Caritasverband Minden e.V. feiert in diesem Jahr die Ihr Pastor Bünnigmann Gründung vor 50 Jahren. ... 26 Herausgeber: Propst Roland Falkenhahn (V.i.S.d.P.) Tel.: 05251 8791900 Druck und Verlag: Bonifatius GmbH I M P R E SS U M Pastoralverbund Mindener Land, Mail: info@pressebuero-flueter.de Geschäftsführer: Rolf Pitsch, Tobias Siepelmeyer Großer Domhof 10, 32423 Minden Tel.: 0571 83764100 Anzeigen: Astrid Rohde (verantwortlich) Ein Kooperationsprojekt des Pastoralverbundes Tel.: 05251 153-222 Mindener Land und Der Dom, Kirchenzeitung Redaktion: Karl-Martin Flüter, Mail: anzeigen@bonifatius.de des Erzbistums Paderborn Michaela Schelte Anzeigenverkauf: Weserspucker-Verlag, Texte, Fotos und Gestaltung: Birgit König Pressebüro Karl-Martin Flüter* Tel.: 0571 8880632 *wenn nicht anders gekennzeichnet 3
Nahdran „Diese Zeit ist eine wichtige Erfahrung“ Ein Interview mit Propst am Dom Roland Falkenhahn 4
Nahdran Die Corona-Krise ging gerade in die zweite Woche, als sich „Nah dran“ zum Interview bei Propst Roland Falkenhahn meldete. Der Geistliche hatte einige Tage zuvor den ersten Gottesdienst vor einer Kamera im menschenleeren Mindener Dom gefeiert – eine Situation, die auch für ihn neu war. Die Fastenzeit, in deren Mitte der Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland fiel, ist geprägt durch die Aufforderung zur Enthaltsamkeit. Wie sehr sind diese „Enthaltsamkeit als Fastenopfer“ und das erzwungene „Social Distancing“ vergleichbar? Interview: Karl-Martin Flüter Propst Falkenhahn, es ist zwei Wochen vor Ostern, Vor einigen Tagen haben wir in der Messe für eine „Es gibt sicherlich die vierte Woche der Fastenzeit und die Welt befin- vor kurzem erst verstorbene Frau gebetet. Nach dem det sich seit Mitte März im Kontaktverbot. Wer kann, Gottesdienst habe ich den Mann der Verstorbenen keinen Menschen, soll zu Hause bleiben. Öffentliche und gastronomi- angerufen. der sein Leben einfach sche Einrichtungen haben geschlossen. Mehr als In diesem Gespräch ging es sofort um Einsamkeit. so weiterleben kann. zwei Personen sollen in der Öffentlichkeit nicht Das war ein älterer Mann, dessen Tochter und Enkel- zusammenkommen. Fast scheint es, als habe sich kinder zwar im Nachbarhaus leben, aber der Kontakt Viele werden sich in die Gesellschaft, gezwungen vom Corona-Virus, zu war im Zuge der Corona-Maßnahmen minimiert und der erzwungenen einer Fastenzeit entschlossen. das setzte ihm besonders zu. Dieser Mann hat deut- Ruhepause besinnen Propst Roland Falkenhahn: Die Fastenzeit ist eine lich zurückgemeldet, wie sehr er sich über diesen Zeit der Veränderung und Neuorientierung. In der Anruf gefreut hat. Jeder menschliche Kontakt wird in und tatsächlich zur gegenwärtigen Situation machen alle Menschen dieser besonderen Situation anders und mehr wert- Ruhe kommen. diese Erfahrung, auch wenn sie sonst nichts mit geschätzt. Für manche Menschen dem Begriff Fastenzeit anzufangen wissen. Für alle Ich glaube, dass die Menschen im Augenblick verändert sich etwas. Es gibt sicherlich keinen Men- jede Form von mitmenschlichem Kontakt wertschät- ist das eine neue, schen, der sein Leben einfach so weiterleben kann. zen. für einige sogar eine Viele werden sich in der erzwungenen Ruhepause bedrohliche Erfahrung.“ besinnen und tatsächlich zur Ruhe kommen. Das ist Wir führen das Gespräch Ende März. Der „Shut- für manche Menschen eine neue, für einige sogar down“ wird sich noch einige Wochen, vielleicht eine bedrohliche Erfahrung. sogar Monate fortsetzen. Haben Sie Sorge, dass sich Roland Falkenhahn soziale und psychische Probleme in Folge des gebo- ist Propst am Dom im Nehmen Sie diese Gefühle wahr, wenn Sie mit den tenen Social Distancing verstärken könnten? Mindener Dom, Lei- Menschen reden? Als Priester lebe ich alleine. Vielleicht fällt es mir leich- ter des Pastoralver- Ja, das nehme ich wahr. Wir feiern in jeder Heiligen ter, mit diesem Kontaktverbot umzugehen, als Men- bunds Mindener Land Messe die „Intentionen“. Das sind besondere Anlie- schen, die jetzt ihre Isolation deutlich spüren, darauf und stellvertretender gen von Gläubigen, die sich die Feier einer heiligen aber nicht vorbereitet waren. Das kann schwierig Dechant im Dekanat Messe in diesem Anliegen erbitten. sein. Herford-Minden. 5
Nahdran Der Rückzug von der Welt ist in der katholischen Tra- aber dafür, dass es sich um einen kurzfristig ange- dition eine seit Jahrtausenden erprobte Lebensform. kündigten Versuch handelte, war das sehr ordentlich. Was können wir von dieser Kultur lernen? Wenn man sich Beschränkungen wie in der Fasten- Alle kirchlichen Veranstaltungen sind bis Mai abge- zeit selber auferlegt, kann man auf die Dinge schau- sagt. Welche Regeln gelten für Bestattungen? en, die abseits des Alltags wichtig sind. Das kann Beerdigungen finden nach den staatlichen Vorgaben etwas sehr Positives sein. in einem kleinen Kreis statt. Könnte die katholische Kirche nicht Ratschläge zum Wie ist es mit Besuchen bei schwerkranken Men- Rückzug und zum Alleinsein an die Hand liefern? schen? Im Grunde geht es um das, was ohnehin für die Stand Ende März – es kann sich ja alles schnell Fastenzeit gilt: Gebet und Werke der Nächstenliebe. verändern – besteht die Absprache, dass wir dem Auf einen Menschen zugehen, Kontakt halten, wenn Wunsch nachkommen, wenn jemand in Todesgefahr auch über das Telefon. nach der Krankensalbung verlangt. Das setzt natür- lich voraus, dass das Krankenhaus oder ein Pflege- „Wir haben sonst alle Wie ist es für Sie selbst, wenn Sie den Gottesdienst heim uns Zutritt gewährt. Bei der häuslichen Situati- ohne Menschen in der Kirche feiern müssen und er on ist es weniger kompliziert. sechs bis acht Wochen später am Tag im Internet zu sehen ist? ein Treffen der Arbeits- Es ist zwar schwierig, alleine die Messe zu zelebrie- Eine Frage an die Privatperson Roland Falkenhahn: gemeinschaft christli- ren, aber ganz ungewohnt ist es auch nicht. Katholi- Wie fühlen Sie sich in der aktuellen Situation? sche Priester feiern die Eucharistie auch für sich allei- Ich wäre eigentlich am Mittwoch für eine zehntägi- cher Kirchen (ACK). ne, wenn sie unterwegs sind oder während einer ge Pilgerreise nach Jordanien und Jerusalem gefah- Im Augenblick findet längeren Krankheitsphase. ren. Aber es ist gut so, dass ich jetzt hier, in meiner zweimal in der Woche Drei Priester aus unserem pastoralen Team feiern Gemeinde, für die ich verantwortlich bin, sein kann. täglich eine Messe. Das haben wir abgesprochen. Ich fühle mich gut. eine Videokonferenz Sie machen das natürlich jeder für sich und ohne statt, bei der wir uns weitere Teilnehmer. Aber ich weiß aus den Rückmel- Wie nehmen Sie den Zusammenhalt in der Gesell- im ACK darüber austau- dungen, dass es für die Gläubigen wichtig ist, das in schaft wahr? ihren Anliegen, den Intentionen, täglich eine Messe Abgesehen von denen, die Toilettenpapier horten schen, wie es in den gefeiert wird. und unsinnige Lebensmittellager anlegen, sehe ich verschiedenen Kirchen Aber es ist schon etwas anderes, in einer vollen die vielen positiven Beispiele, wenn Menschen ein- und Gemeinden aus- Kirche zu zelebrieren. Das merke ich bei der Predigt. ander helfen. Wir haben sonst alle sechs bis acht Wenn die Menschen vor mir sitzen, erhält man durch Wochen ein Treffen der Arbeitsgemeinschaft christ- sieht. Wir geben uns die Mimik oder Blicke der Zuhörer eine Rückmeldung. licher Kirchen (ACK). Im Augenblick findet zweimal gegenseitig Anregun- So schaue ich nur in die Kamera. in der Woche im ACK eine Videokonferenz statt, bei gen, was man vielleicht der wir uns darüber austauschen, wie es in den Wie ist der Zuspruch im Internet? verschiedenen Kirchen und Gemeinden aussieht. noch für die eigene Interessant ist der Zuspruch zu unserer ersten, ins Wir geben uns gegenseitig Anregungen, was man Gemeinde tun könnte.“ Internet hochgeladenen Messe. 570 Menschen vielleicht noch für die eigene Gemeinde tun könnte. haben diesen Film angeklickt, 270 haben sich den ganzen Gottesdienst angeschaut. Einige haben Die Religionen und Kirchen wachsen also in der Not Rückmeldungen gegeben. Viele waren dankbar zusammen? dafür, dass es diesen Gottesdienst mit einem lokalen Ja, so ist es. Das ist eine positive Entwicklung. Bezug im Internet gibt. Eine Rückmeldung kam von einer Familie, die hier in Minden in der Gemeinde Überrascht Sie dieser große Zusammenhalt? sehr aktiv war, aber dann in die Schweiz gezogen ist. Es überrascht mit nicht. Aber es ist schön, das wahr- Die hatten das mitbekommen, dass unsere Messe zunehmen. Das wird uns allen guttun, auch wenn online war. Sie haben sich den Gottesdienst in der Corona irgendwann Vergangenheit ist. Schweiz angeschaut. Können wir gestärkt aus dieser Krise hinausgehen? Das ist doch eine zufriedenstellende Größenordnung Man weiß, wie schnell man wieder in den Alltagstrott von Teilnehmern der Messe, oder? verfällt, wenn die Ausnahmesituation erstmal vorbei Ja, zumindest für den Anfang. Natürlich sind die ist. Dennoch glaube ich, dass diese Zeit für viele Besucherzahlen der Gottesdienste sonst viel höher, Menschen eine wichtige Erfahrung sein wird. 6
Nahdran Ende März war der Dom offen für Kirchenbesucher, auch wenn überall an das Gebot, Abstand zu halten, erinnert wurde. 7
Nahdran „Eine irgendwie unwirkliche Situation“ Ende März prägte die Corona-Krise bereits das öffentliche Leben. Kontaktverbot, geschlossene Kirchen, Kindergärten und Schulen, Läden und Cafés. Niemand wusste, was noch kommen würde. Ein Stimmungsrückblick auf die ersten „Corona-Tage“, aufgefangen in Interviews mit Menschen aus dem Pastoralverbund Mindener Land. Der Mindener Dom blieb weiter geöffnet. Küster Mario Cairone sorgte sich um seine Familie in Italien. 8
Nahdran „Ich mache mir Sorgen um meine Familie in Italien “ Mario Cairone Wie geht es Ihnen momentan? Wie erleben Sie Was mir in diesen Tagen auffällt ist, dass ich häu- diese Zeit? fig von Dombesuchern angesprochen werde und Küster am Dom Mario Cairone: Es ist eine sehr seltsame Zeit. Ich mir Fragen gestellt werden. Antworten vom 24.03.2020 mache mir viele Sorgen, besonders auch um meine Ich glaube, dass der Grund dafür ist, dass das Familie in Italien. Pfarrbüro geschlossen ist und ich als „Person der Kirche“ gesehen werde. Die Priester sind auch oft Gottesdienste und sämtliche kirchliche Veran- hier. Aber ich glaube, für viele Menschen ist es staltungen müssen ruhen. Wie ist das für Sie als leichter mich anzusprechen. Die Hemmschwelle ist Küster? Wie macht sich das für Sie bemerkbar? bei manchen Personen da, einen Priester anzuspre- Mario Cairone: Eine meiner Hauptaufgaben als chen. Küster ist natürlich die Vor- und Nachbereitung der Heiligen Messe. Das entfällt jetzt völlig, weil wir kei- Gibt es Ihrer Meinung nach eine Chance, die sich ne Heiligen Messen mit der Gemeinde mehr feiern aus der Corona-Krise ergibt – für Kirche oder dürfen. Gesellschaft? Ich kann allerdings jetzt Aufgaben erledigen, zu Mario Cairone: Ich glaube, dass die Menschen denen ich sonst nur wenig Zeit habe, dazu gehört sensibler werden für das Wesentliche und die sicherlich auch das Putzen… Gemeinschaft mehr schätzen lernen. „In der Schule lerne ich lieber als zu Hause“ Laura, 9 Jahre Wie geht es Dir momentan? Wie ist es für Dich, dass die Erstkommunion nicht Laura: Gut! wie geplant stattfinden kann? Kommunionkind Laura: Ich finde es schade, aber Mama hat mir Antworten vom 23.03.2020 Wie findest Du es, dass Du nicht in die Schule erklärt, dass sie nicht ganz wegfällt, sondern irgend- gehen kannst? wann nachgeholt wird. Darum bin ich nicht mehr so Laura: Das ist doof. traurig. Ich freue mich darauf. Mir fehlen Frau Papenkort und Frau Stuppner und meine Freunde. Kannst Du die Entscheidung verstehen, dass die In der Schule lerne ich lieber als zu Hause mit Mama Erstkommunion abgesagt werden musste? oder Papa. Laura: Ja, besser als wenn wir krank werden. „Facebook, Whatsapp und Co. reichen nicht “ Cornelia Dusella Wie geht es Ihnen momentan? liche Kontakt. Facebook, Whatsapp und Co. sind Cornelia Dusella: Wir versuchen so gut wie mög- zwar eine Lösung, aber keine ausreichende. Erstkommunionkatechetin lich mit der Situation klarzukommen, in der Hoff- Antworten vom 24.03.2020 nung, dass die Maßnahmen dazu führen, dass wir Gibt nach eine Chance, die sich aus der Corona- letztlich unbeschadet aus dieser Krise herauskom- Krise ergibt – für Kirche oder Gesellschaft? men, und dass sich möglichst schnell eine – wie Cornelia Dusella: Vielleicht schaffen es die Kir- auch immer aussehende – Normalität einstellt. chen, durch Präsenz und neue Wege, die Gläubi- gen wieder unter ein Dach zu bekommen. Gottesdienste, sämtliche kirchliche Veranstal- Und vielleicht führen die Internet-Gottesdienste tungen und ehrenamtliche Arbeiten müssen in der Folge der Krise dazu, dass sich insbesonde- ruhen. Wie ist das für Sie? Was fehlt Ihnen re auch die jüngeren Gemeindemitglieder wieder besonders? für die Kirche einsetzen oder sogar begeistern las- Cornelia Dusella: Mir fehlt insbesondere der Kon- sen. Die Chance ist da, hoffen wir, dass sie auch takt zu den Anderen, besser gesagt der persön- genutzt wird. 10
Nahdran „Das Prinzip der Nächstenliebe in den Fokus rücken“ Wie geht es Ihnen momentan? Wie erleben Sie Die Kirchen sind geöffnet, so dass ich jederzeit Matthias Janda diese Zeit? für mich das Gebet in der Kirche führen kann, das Matthias Janda: Innerlich bin ich schon angespannt. ich möchte. Die Befürchtung, dass die Kirche als Ort Mitarbeiter im Gemeinde- Ich stelle mir natürlich die Fragen: Wie kann ich der Besinnung und des Glaubens eine Zeitlang nicht verband Bielefeld meine Familie über die schwierigen Wochen und mehr zur Verfügung stehe, hat sich sehr schnell auf- Antworten vom 25.03.2020 Monate begleiten, dass die Familie unbeschadet die gelöst. Situation übersteht? Wie versorge ich meine Eltern, Schwiegereltern und ältere Nachbarn? Gibt es Ihrer Meinung nach eine Chance, die sich Grundsätzlich vertraue ich darauf, dass meine aus der Corona-Krise ergibt – für Kirche oder Familie die Situation meistert. Kraft gibt mir dabei Gesellschaft? auch der Glaube. Matthias Janda: Für mich gibt es die große Chance, dass wir Menschen verstehen, dass nur eine Soli- Gottesdienste, sämtliche kirchliche Veranstaltun- dargemeinschaft der Schlüssel zur Bewältigung gro- gen und ehrenamtliche Arbeiten müssen ruhen. ßer gesellschaftlicher Fragestellungen und Krisen ist. Wie ist das für Sie? Was fehlt Ihnen besonders? Deshalb kann ich mir das Wiedererstarken des rück- Matthias Janda: Das Fehlen der Gottesdienste war sichtvollen Miteinanders als fast vergessene Form erst sehr ungewohnt. Aber in der heutigen Zeit mit des Umgangs untereinander vorstellen. den unterschiedlichen Kommunikationskanälen Die Kirche hat die Chance, das Prinzip der Nächs- habe ich mich schnell daran gewöhnt, Gottesdienste tenliebe wieder in der Gesellschaft in den Fokus des über die Onlinekanäle zu feiern. individuellen Handelns zu rücken. „Die Situation fühlt sich irgendwie unwirklich an“ Wie geht es Ihnen momentan? Wie erleben Sie In „meinen“ diözesanen Fachgruppen (Orgel / Peter Wagner diese Zeit? C-Kurs-Leitung / Kinderchorleitung), der Zuarbeit für Peter Wagner: Auch wenn ich mich grundsätzlich das Referat Kirchenmusik und der Diözesankom- Kirchenmusiker im gut fühle, nehme ich die gegenwärtige Situation mission für Kirchenmusik geht der Betrieb über die PV Mindener Land doch als irgendwie „unwirklich“ war. Sie wirkt latent medialen Kontaktwege weiter. Speziell arbeite ich an Antworten vom 25.03.2020 auch bedrohlich auf mich. zwei Publikationen: „Stilgerechte NGL-Begleitung auf der Orgel“ und „Leadsheets für Organisten“. Wie verändert die Corona-Krise Ihre Arbeit als Kir- Die Arbeit der Dekanatssingschule ist bei allen chenmusiker? Chorgruppen (MiniChor, Kinderchor, Jugendchor) Peter Wagner: Das Orgelspiel im Gottesdienst natürlich auch eingestellt. Ebenso der Erwachsenen- beschränkt sich auf nichtöffentliche (Live-)Stream- chorbereich. Gottesdienste, konzertante Veranstaltungen entfallen Sollte die Krise von Dauer sein, werden wir zumin- gänzlich. In Zusammenarbeit mit den anderen Deka- dest die Arbeit mit dem Vokalensemble irgendwie natskirchenmusikern bestücken wir derzeit die Bis- per digitaler Kommunikationswege wieder aufneh- tums-Internetseite mit entsprechenden Audiotracks, men. Videos sind geplant. Da der Unterrichtsbetrieb derzeit gänzlich einge- Gibt es Ihrer Meinung nach eine Chance, die sich stellt ist, werden Orgelschüler, Teilnehmer der kir- aus der Corona-Krise ergibt – für Kirche oder chenmusikalischen C-Ausbildung, Lehrgangs- und Gesellschaft? Seminarteilnehmer auf digitalem Weg mit Unter- Peter Wagner: Was ich aus der Corona-Krise mitneh- richtsmaterial und -aufgaben versorgt. Dies betrifft men werde kann ich derzeit noch überhaupt nicht den kompletten Kanon der Ausbildungsfächer, sagen. Singen und Sprechen, Liturgisches Orgelspiel, und Einerseits stehen wir noch am Anfang, andererseits Liturgiegesang, Chorleitung, Tonsatz, Gehörbildung, bin ich viel zu sehr mit der praktischen und emoti- oder Chorpraktisches Klavierspiel. Video-Tutorials sind onalen Bewältigung der Krisensituation beschäftigt. bereits angedacht. Bleiben wir zuversichtlich! 11
Nahdran „Auf eine katastrophale Weise einmalig“ Christian Bünnigmann Wie geht es Ihnen momentan? ziehen. Was hätten meine Großeltern gesagt, wenn Christian Bünnigmann: Die momentane Katastrophe sie im Zweiten Weltkrieg gefragt worden wären, wel- Pastor im PV Mindener ist mir unheimlich und ängstigt mich. Um die Men- che Chance sich daraus ergibt? Ich glaube, dass wir Land schen, die ich liebe, mache ich mir große Sorgen, die Konsequenzen der jetzigen Situation auf medizi- Antworten vom 25.03.2020 besonders um die Alten und die mit Vorerkrankungen. nischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene Schwer ist es mir auch, wenn ich Menschen nicht so noch nicht erfasst haben. Sie werden auf eine katas- zugewandt sein kann, wie ich es gerne möchte, vor trophale Weise einmalig in der bisherigen Geschichte allem im Zusammenhang der Feier der Heilige Messe sein. Gerade in der Krise setze ich meine Hoffnung und der Spendung der Sakramente. auf die Gottesmutter, die uns in Fatima ihr Unbefleck- tes Herz als Zuflucht angeboten hat. Sie schenkt mir Gibt es eine Chance, die sich aus der Corona-Krise die feste Zuversicht, dass Gott die Kirche und die Welt ergibt – für Kirche oder Gesellschaft? aus dem dunklen Abgrund wieder in sein helles Licht Christian Bünnigmann: Ob sich aus dieser Pandemie setzen wird. Wenn ich also eine Chance benenne, eine Chance ergibt, halte ich für eine schwierige Frage. dann ist es die, dass wir in der neuen Zuwendung zu Ich möchte einen vielleicht zu steilen Vergleich heran- Gott Heilung im umfassenden Sinn finden. 12
Nahdran „Es ist gut, dass wir unsere Freiheiten schätzen lernen“ Wie geht es Ihnen momentan? Wie erleben Sie abbrechen mussten, war notwendig aber sehr scha- Dorothee Georg diese Zeit? de. Dorothee Georg: Es ist eine seltsame, unwirklich Gerade der Erstkommunionssamstag ist ein Erstkommunionkatechetin erscheinende Zeit. Bei jedem Gang vor die Haustür besonders schöner Baustein in der Vorbereitung, Antworten vom 23.03.2020 überlegt man sich, ob dieser wirklich notwendig ist. weil den Kindern die Bedeutung von Gemein- Und wenn man dann doch das eigene Haus ver- schaft nochmal ganz bewusst wird. Das, was wir im lässt, geht man jedem Menschen so gut es geht aus Moment überall meiden. dem Weg. Gibt es eine Chance, die sich aus der Corona-Krise Gottesdienste, sämtliche kirchliche Veranstaltun- ergibt – für Kirche oder Gesellschaft? gen und ehrenamtliche Arbeiten müssen ruhen. Dorothee Georg: Sollte die Corona-Krise für über- Wie ist das für Sie? Was fehlt Ihnen besonders? haupt etwas gut sein, dann dafür, dass wir unsere Dorothee Georg: Momentan vermisse ich die per- bisher als selbstverständlich angesehenen Freiheiten sönlichen Kontakte am meisten. Dass wir die Erst- und Möglichkeiten nicht mehr als selbstverständlich kommunionsvorbereitung so kurz vor dem Ziel ansehen, sondern zu schätzen lernen. Es ist der vierte Fastensonntag – und der erste Sonntag seit Beginn der Corona-Krise, an dem im Mindener Dom eine Premiere stattfindet: Die Heilige Messe wird nur unter Teilnahme weniger Helfer vor der Kamera gefeiert. Das ist in Minden nicht anders als sonst wo in Deutschland. In keiner Kirche, egal welcher Kon- fession, wird an diesem Tag vor Gläubigen gebetet. Das Video, das die Kamera aufnimmt, ist zwei Stunden später im Internet zu sehen. Küster Maria Cairone hat zuvor vorsorglich die Tore des sonst noch geöffneten Doms verschlossen – nur damit nicht doch Kirchgänger plötzlich in den Bänken sitzen. Man könne jetzt lernen, was das Eigentliche sei, sagt der Propst in der Predigt. „Das Eigentliche ist das Hier und Jetzt.“ Er liest aus dem Johan- nes-Evangelium die Geschichte von der Heilung eines blinden Menschen vor. Der Wille Jesu sei es, allen Menschen die Augen zu öffnen, betont der Propst. Auch die Corona-Krise zeige uns die Grenzen unserer scheinbar grenzenlosen Welt auf, in der technisch doch so vieles mög- lich erscheine: „Wir alle müssen Kinder des Lichts werden, um der Zeit der Dunkelheit zu ent- kommen.“ Hinweis: Das Foto entstand vor dem Kontaktverbot. 13
Nahdran 14
Nahdran „Wir nehmen mehr Anteil an den Sorgen anderer“ Wie geht es Ihnen momentan? digend und auch ungewohnt. Ich bin ja als Mama Christine Fuchs Christine Fuchs: Uns geht es soweit ganz gut. Die eines Kommunionkindes selbst betroffen von den gewohnten Strukturen fehlen aber sehr. Wir alle müs- vielen Fragen. Dinge wie „Hoffentlich hat das Ganze Erstkommunionkatechetin sen uns umstellen. Vor allem die Aufgabe, unsere keine negativen finanziellen Folgen (Feier, Kuchen und Mutter eines Erstkom- munionkindes Kinder zu „unterrichten“, ist eine Herausforderung. etc.)“ und „Das Erstkommunionkleid passt in einigen Monaten doch gar nicht mehr…!“ waren genauso Antworten vom 23.03.2020 Gottesdienste, sämtliche kirchliche Veranstaltun- Thema wie die Tatsache, dass die Kinder sich so gen und ehrenamtliche Arbeiten müssen ruhen. intensiv und mit Freude auf den Termin vorbereitet Wie ist das für Sie? Was fehlt Ihnen besonders? haben und im ersten Moment sehr traurig waren Christine Fuchs: Sonntagmorgen habe ich zum ers- über die Absage und es kaum glauben konnten. ten Mal einen Gottesdienst im Auto im Radio verfolgt. Das war schon sehr seltsam. Auch die anstehende Gibt es eine Chance, die sich aus der Corona-Krise Osterpassion wird mir fehlen. Das abrupte Ende unse- ergibt – für Kirche oder Gesellschaft? rer Kommunionvorbereitungsstunden haben wir uns Christine Fuchs: Ich merke aktuell, dass wir als Men- so nicht vorgestellt. Wenn es so weit ist, werden wir schen trotz räumlicher Distanz näher zusammenrü- uns auf jeden Fall mit allen Kindern nochmal treffen. cken. Wir nehmen mehr Anteil an den Sorgen anderer Zu Beginn der Berichterstattung rund um Coro- und stehen uns gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite. na, hofften wir noch, dass die Kommunion nur um Das ist eine schöne Erfahrung in diesen unsicheren einige Wochen verschoben wird. Die Fragen aus Zeiten. Zum Glück haben wir alle das Privileg, dass den Reihen der Eltern unserer Erstkommunionkinder unser Gesundheitssystem zu den besten der Welt zu den Auswirkungen der Corona-Krise konnte ich gehört und die Versorgung mit dem Nötigsten für alle meist nicht sofort beantworten. Das war unbefrie- sichergestellt ist. Ich bete, dass das auch so bleibt. „Neu erkennen, was im Leben wirklich wichtig ist“ Wie geht es Ihnen momentan? Wie erleben Sie ein. Dazu haben wir ein Gebetsheft entwickelt und Michaela Schelte diese Zeit? online gestellt. Michaela Schelte: Es ist eine wirklich seltsame Zeit. Die Kontakte und die Arbeit mit den Menschen Gemeindereferentin Jeden Morgen hoffe ich, dass Corona nur ein Alp- fehlen mir sehr. Im Pastoralteam haben wir unsere im PV Mindener Land traum war. Aber leider ist es Realität. persönlichen Kontakte auf das Minimum reduziert. Antworten vom 24.03.2020 Unsere Dienstgespräche finden über FaceTime statt. Wie verändert die Corona-Krise Ihre Arbeit als Jeden Tag treffen wir uns als Pastoralteam über die- Gemeindereferentin? ses Medium, um uns auszutauschen und voneinan- Michaela Schelte: Viele meiner Hauptarbeitsschwer- der zu hören, wie es dem anderen geht. punkte ruhen. Die religionspädagogische Arbeit in den Kindertagesstätten, der Unterricht in der Schule, Gibt es eine Chance, die sich aus der Corona-Krise die Gottesdienste, die Erstkommunionvorbereitung... ergibt – für Kirche oder Gesellschaft? Die ersten Tage der Krise standen unter dem Michaela Schelte: Ich denke, dass die Krise uns Fokus, Entscheidungen hinsichtlich einer Situation zu viel Zeit gibt, neu zu erkennen, was wirklich wichtig treffen, die niemand kennt. Wir haben im Pastoral- und wesentlich im Leben ist. Geld oder materieller team mit unseren Entscheidungen gerungen, haben Reichtum sind Dinge, die nicht wirklich helfen oder „pro“ und „contra“ gesammelt. Stunde um Stunde glücklich machen. Gemeinschaft, Freundschaften, Foto links: kam eine neue Botschaft, die uns wie ein Schlag Familie, Zufriedenheit, Freude und persönliche Frei- Mitteilung an der Ein- traf und vor neue Herausforderungen stellte. Weil wir heit sind unbezahlbare und wertvolle Güter, die ich in gangstür zum Altenheim keine öffentlichen Gottesdienste mehr feiern dürfen diesen Zeiten ganz anders und neu schätzen lerne. St. Michael. Von Anfang – was natürlich sinnvoll ist – können die Gläubigen Auch erlebe ich, dass Menschen mehr aufeinander waren die Auflagen sehr restriktiv. Sie wurden seit- jetzt die Sonntagsmesse im Internet verfolgen. Und Acht geben, Rücksicht nehmen, einander zuhören, dem verschärft. Besuche jeden Abend um 19 Uhr laden wir alle Menschen für- und miteinander beten. Ich glaube, dass diese waren wenig später nicht zu einem gemeinsamen Gebet von zu Hause aus Krisenzeit ein Impuls ist, neu zu Gott zu finden. mehr erlaubt. 15
Nahdran Eine Frage, die alles änderte Wie Andrea Ulrich eine neue Gewissheit im katholischen Glauben fand Andrea Ulrich ist ein rationaler Mensch. Die Juristin Konversion. Es dauerte eine Woche, dann meldete hat es gelernt, Probleme sachlich anzugehen und sie sich, um ihren Entschluss mitzuteilen. Sie war zu lösen. „Wenn man mir eine Aufgabe gibt, dann bereit katholisch zu werden. arbeite ich sie ab“, sagt sie über sich selbst. Sie Im Frühjahr 2019 war es so weit. In einer Heili- ist im Dorf Friedewalde evangelisch aufgewachsen gen Messe wurde Andra Ulrich im Mindener Dom und hatte mit „Kirche“ viele Jahre nichts zu tun. „In in die katholische Kirche aufgenommen. Eine Kerze der Jugend war ich total evangelisch“, erinnert sie brannte für sie auf dem Altar, sie sprach das katholi- sich, „ich kannte praktisch keine Katholiken.“ Ihr sche Glaubensbekenntnis und empfing zum ersten Mann ist katholisch und in der Kirche engagiert, Mal die Heilige Kommunion. auch die Kinder wurden katholisch getauft. Andrea Es fühlte sich richtig an. Erklären kann sie das Ulrich machte das nichts. Sie begleitete ihren Mann alles aber immer noch nicht. Sie weiß nur eines: und ihre Kinder auch in katholische Gottesdienste. „Mir geht es nach wie vor gut. Das war die richtige „Mir war das An ihrer Kirchenferne änderte das nichts. Aber nicht alles im Leben lässt sich rational erklä- Entscheidung.“ Sie ist viel gelassener geworden, hat And- Grundvertrauen ren. Als Andrea Ulrich im März 2018 an Brustkrebs erkrankte, war das eine solche Situation. Zunächst rea Ulrich an sich selbst festgestellt: „Alles was geschieht, geschieht. Ich überstehe das schon.“ abhanden ging sie auch dieses lebensbedrohliche Problem mit der gewohnten Effizienz an. Sie redete vom Diese Einstellung blieb auch, als ihr Mann einen Unfall hatte. ersten Tag an offen über ihre Erkrankung und zog „Das Vertrauen ist einfach da“, sagt sie. Das gekommen. das „volle Programm“ durch. Im Advent 2018 stand macht vielleicht auch den großen Unterschied zu nach der Therapie noch die Rehabilitation an. Es ihrem Leben vor der an sich harmlosen Frage von Dass alles am schien, als hätte sie auch diese Herausforderung erfolgreich bestanden und alles sei wieder gut. Pastor Falke-Böhne aus: „Mir war das Grundvertrau- en abhandengekommen. Dass alles am Ende gut Ende gut wird, Es reichte ein Satz, um diese Gewissheit zu erschüttern, eine scheinbar lapidare, alltägliche Fra- wird, konnte ich nicht mehr glauben.“ Getragen von der neuen Gewissheit engagiert ge: „Wie geht es Ihnen?“ Die Frage hatte ihr Pastor konnte ich nicht Dr. Marcus Falke-Böhne gestellt, ein Bekannter ihres sich Andrea Ulrich in ihrer neuen Kirche. Im Herbst vergangenen Jahres wurde sie Katechetin. Sie Mannes. Danach war nichts mehr so, wie es vor- bereitete Kommunionkinder auf die erste heilige mehr glauben.“ her war. Andrea Ulrich merkte plötzlich, wie müde und ausgebrannt sie war. Wie sehr sie die Krank- Kommunion vor und leitete sogar Gruppenstunden. Auch diese Glaubenspraxis hat sie als Stärkung heit geschlaucht hatte. „Ich fühlte mich seelisch erfahren. Beim nächsten Kommunionkurs, der im verwundet“, sagt sie. Herbst 2020 startet, wird sie wieder als Katechetin In der folgenden Nacht schlief sie kaum. Am mitmachen. Dieses Mal wird auch ihre Tochter Paula nächsten Morgen schickte sie Propst Roland Falken- als Kommunionkind dabei sein. hahn eine Nachricht. „Ich habe eine halbe Stunde So ist aus der „ökumenischen Familie“ Ulrich für zwei Sätze gebraucht“, erinnert sie sich. Dieses eine rein katholische Familie geworden – eine Sel- Problem ließ sich nicht einfach so aus der Welt tenheit in der durch und durch evangelischen Ort- organisieren. schaft Friedewalde. Der Propst empfahl ihr, einfach mal die Anbe- Dem evangelischen Pfarrer hat Andrea Ulrich tungskapelle im Mindener Dom aufzusuchen. Dort schon früh von ihrer geplanten Konversion berich- überfiel die evangelisch sozialisierte, eher kirchen- tet. „Er hat das akzeptiert“, sagt sie. Einige Nachbarn fremde Frau ein Bedürfnis, das ihr bis dahin unbe- waren nicht überrascht, als sie von ihrem Konfessi- kannt war. „Ich habe mich hingekniet und gebetet.“ onswechsel hörten. Zu ihrer Verwunderung erfuhr Andrea Ulrich traf Marcus Falke-Böhne, der mit Andrea Ulrich, was manche Freunde und Bekannte seiner Frage alles ausgelöst hatte, zu einem länge- schon vorher vermutetet hatten: „Wir haben uns ren Gespräch. Am Ende stand die Frage nach einer immer schon gedacht, dass das bei dir ansteht.“ 16
Nahdran Andrea Ulrich 17
Nahdran Wir sind es wert Wir sind es wert, dass Gott uns liebt. Dieser Gedanke kann befreiend wirken. Ein geistliches Wort von Pastor Christian Bünnigmann über eine uralte Gewissheit Liebe Leserinnen und Leser! Nun ist der „Neue“ auch schon über hundert Tage in Minden und die Schonfrist der Eingewöhnungs- tes zu uns fordert uns heraus, darauf – durch unser zeit läuft allmählich aus. Vom „Neuen“ könnte man Leben – eine dankbare und bejahende Antwort zu erwarten, dass er wirklich Neues bringt und als geben. Gott will allen, die so sein Angebot anneh- Priester Neues zu verkünden hat. Dabei sagt doch men, eine Gemeinschaft des göttlichen Lebens mit das Alte Testament im Buch Kohelet, dass es nichts ihm und untereinander schenken! Uns soll ein Leben Neues unter der Sonne gäbe. Damit soll gesagt sein: in der Herrlichkeit des Dreifaltigen Gottes zuteilwer- Alles sei irgendwie schon einmal da gewesen. Oder den, ein ewiges Glück, das wir uns gar nicht vorstel- auch: Immer dann, wenn Menschen meinten, sie len können. hätten jetzt die ganz neue Entwicklung eingeleitet, Nun könnte man mir vorwerfen, dass diese das über alle Maßen erhabene Neue gefunden, rei- Gedanken zwar herzerwärmend, aber doch ziemlich che der Blick in die Geschichte einfach nicht weit weltfremd sind. Machen wir es also konkret: Welche genug, um zu erkennen, Bedeutung hat das für dass das oder Ähnliches „Ich bin es wert, das zu erleben, weil mich, für mein jetziges schon einmal da gewe- Leben, dass Gott mir auf sen war. Gott mich liebt! Weil ich sein Kind bin, diese unaussprechliche Das einzig wirklich weil er mich aus seiner freien Wahl, Weise zugewandt ist? Neue unter der Sonne, aus Liebe, in der Taufe zu seinem Als ich vor einigen die Neuheit, die alles Jahren im Urlaub war, verändert, ist, dass Gott Kind gemacht hat. Gott schenkt mir empfand ich in einem sich dem Menschen diese Würde, sodass ich es wert bin, Augenblick: „Schöner neu zugewandt hat; glücklich zu sein.“ kann es nicht werden!“ dass Gott sich in der Zugleich wurde mir Menschwerdung sei- bewusst, was es bedeu- nes Sohnes uns ganz geschenkt hat. Gott hat den tet: „Ich habe es nicht verdient. Aber ich bin es wert.“ Menschen wieder „gottfähig“ gemacht. Er hat dem Natürlich hatte ich den Urlaub selbst bezahlt. Aber Menschen durch den Tod und die Auferstehung sei- kein Geld der Welt konnte das Glück dieses Moments nes Sohnes, Jesus Christus das Angebot des göttli- kaufen. Nein, ich hatte diesen Moment des Glücks chen Lebens gemacht. – Das ist wirklich neu! Und nicht verdient! Was hätte ich Gott bezahlen sollen das kann sich der Mensch auch nicht selbst machen, dafür, dass er mir das Leben geschenkt hat? Dass er selbst ausdenken oder konstruieren. Das muss sich mich diesen Augenblick hat erleben lassen? Aber: Ich der Mensch schenken lassen. – Und Gott will es ihm bin es wert, das zu erleben, weil Gott mich liebt! Weil schenken! ich sein Kind bin, weil er mich aus seiner freien Wahl, In der Taufe sind wir hineingenommen in das aus Liebe, in der Taufe zu seinem Kind gemacht hat. Leben des Dreifaltigen Gottes – des Vaters, des Soh- Gott schenkt mir diese Würde, sodass ich es wert nes und des Heiligen Geistes. Auch das klingt für uns bin, glücklich zu sein, solche Momente zu erleben; nicht unbedingt neu, weil wir seit zweitausend Jah- zu erfahren, was es bedeutet, von Gott geliebt zu ren daran gewöhnt sind. Und doch ist dies das abso- sein. In der Schönheit dieses Augenblicks ließ Gott lut Neue, was alle Grenzen sprengt, sogar die – für mich etwas von sich selbst, von seiner unendlichen den Menschen – unüberwindbare Grenze des Todes. Schönheit und Herrlichkeit erfahren. Wir sollen nicht verlöschen, wir sollen nicht verder- Dieser Gedanke, es nicht verdient zu haben, aber ben im Tod. Wir sind gerufen, in unserem Leben die durch Gott es wert zu sein, paart sich mit einem Gabe Gottes, das Geschenk des göttlichen, ewigen zweiten Gedanken: „Gott sieht mich und er liebt Lebens anzunehmen. Diese freie Hinwendung Got- mich.“ Ich meine, mich gut zu kennen. Und von Zeit 18
Nahdran zu Zeit erschaudere ich, wenn ich in die Abgründe wenn Ihnen die Augen nicht feucht werden, haben Christian Bünnigmann meiner Seele schaue. Gott kennt mich ungleich bes- Sie vielleicht spüren können, was dieses „ganz ist seit Januar 2020 Pastor im Pastoralverbund ser, als ich mich selbst kenne! Er kennt mich durch Neue“ bedeutet, dass sich Gott dem Menschen, also Mindener Land. und durch, bis zum Grund – mit allem Guten und auch Ihnen und mir ganz persönlich, zugewandt hat. meinen Stärken, aber eben auch mit meinen Schwä- Dabei ist dieses Neue zweitausend Jahre alt! Zur Zei- chen, allem Schlechten und Bösen – der Sünde. Und tenwende ist Gott einer von uns geworden, der in doch liebt mich Gott mit einer Liebe, die alles über- allem uns gleich ist außer der Sünde. Jesus Christus trifft, was ich in meinem Leben an Liebe erfahren ist für uns gestorben und von den Toten auferstan- habe, mit einer unauslöschlichen Liebe. den, um uns sein Leben zu schenken: Nicht, weil „Gott kennt mich und er liebt mich.“ Wenn Sie wir es verdient hätten, sondern weil Gott uns dessen – vielleicht in der Stille der Anbetungskapelle des wert macht! Er sieht mich und aus seinem freien Wil- Domes, in der eucharistischen Gegenwart des Herrn len liebt er mich! – diesen Satz einmal auf sich wirken lassen, dann kann es sein, dass Ihnen die Tränen kommen. Für Redaktioneller Hinweis: Dieser Text entstand vor der diese Tränen brauchen Sie sich nicht zu schämen. Corona-Krise und nimmt deshalb keinen Bezug auf Für diese Tränen dürfen Sie dankbar sein! Und auch die seitdem entstandene katastrophale Lage. 19
Nahdran Verwurzelt in zwei Welten Isaak Abatzidis gehört der griechisch-orthodoxen Kirche an, seine Frau ist katholisch. Beide leben ihren Glauben. Den häuslichen Frieden hat das niemals gestört – im Gegenteil. 20
Nahdran Isaak und Elke Abatzidis 21
Nahdran Hochzeit nach griechisch- 1979, als Isaak Abatzidis das erste Mal nach Deutsch- niki. „Die Gerüche, die Klänge, alles ist sofort wieder orthodoxem Ritus. land kam, musste er einen Kulturschock verkraften. da“, sagt er. Dazu gehört auch die Enge in der kleinen Ein Hochzeitsfoto von den Abatzidis aus dem Jahr „Selbst im Sommer waren die Innenstädte tot“, erin- griechisch-orthodoxen Kirche, in die er als Jugendlicher 1999 nert er sich. „In Griechenland spielte sich das Leben jeden Sonntag ging. „Wir mussten damals zur Messe immer draußen ab und hier war Totenstille.“ gehen“, sagt er. 41 Jahre lebt Isaak Abatzidis jetzt in Minden, zwei Seine religiöse Kindheit hat Isaak Abatzidis geprägt. Bis Drittel seines Lebens. Das hat ihn verändert, aber auch heute ist ihm sein Glaube und seine religiöse Praxis Deutschland hat sich verändert. Auch hier sitzen die wichtig. Manchmal fährt er am Sonntag nach Hanno- Leute jetzt in der Fußgängerzone, sobald es warm wird ver. Dort gibt es eine große Kirche, in der der zweiein- – wenn nicht Corona sie daran hindert. „Sakis“ Abatzi- halbstündige Gottesdienst der griechisch-orthodoxen dis – unter diesem Namen kennen ihn seine Freunde – Liturgie gefeiert wird. hat hier mit seiner Frau Elke eine Familie gegründet. „Das ist etwas ganz anderes als die katholische Die drei Söhne sind schon aus dem Haus. Messe“, sagt er – es gibt sehr viel mehr Weihrauch und viel mehr Aktion vor und in der „Ikonostase“, dem Sehr viel mehr Weihrauch und abgesperrten Altarbereich. Bei der Kommunion reicht viel Aktion vor der Ikonostase der Priester ungesäuertes Brot und Wein. „Es wird den Gläubigen auf einem kleinen Löffel in den Mund Auch wenn er schon so lange hier ist, kann sich Isaak geschleudert“, berichtet Isaak Abatzidis. „Das muss Abatzidis noch gut daran erinnern, wie das damals war, man können.“ Ein wenig gehe es zu wie auf einem in seinem kleinen Heimatdorf nördlich von Thessalo- Markt, sagt er über den griechisch-orthodoxen Gottes- 22
Nahdran dienst. „Man hört zu, beobachtet, ist andächtig. Es ist Abatzidis blieb an der Weser. Eigentlich hatte er in Frei- aber auch in Ordnung, mal nach draußen zu gehen.“ burg Sport studieren wollen. Aber schon wieder auf Isaak Abatzidis kennt und besucht auch katholische Distanz zu seiner Familie leben, wollte er auch nicht. Gottesdienste, denn als griechisch-orthodoxer Christ Weil es in Minden als akademische Ausbildung nur darf er die Heilige Kommunion dort empfangen. Aber das Fach Architektur gab, verlegte er sich auf Architek- immer noch findet er über die katholische Messe: „Im tur. Seit Jahrzehnten arbeitet er in diesem Beruf. Vergleich ist wenig los.“ Die Wurzeln aus beiden Zwei Priester bei Kulturen reichen tief der Hochzeit Elke Abatzidis hat dafür Verständnis, wenn ihr Mann 1983 lernte er seine Frau Elke kennen. 1986 heirateten die beiden. Sie zogen zu ihren Eltern nach Leteln. Dort Vasilopita Sakis hin und wieder am Sonntag für mehrere Stun- fühlt sich Isaak wohl. Die eigenen Eltern kehrten im den nach Hannover fährt. Sie selbst ist religiös, gehört Ruhestand nach Griechenland zurück, bis Isaak Abat- In Griechenland be- aber der katholischen Kirche an und engagiert sich zidis sie wieder nach Minden holte, um für die kranke kommen die Kinder ihre dort. Im Altenheim St. Michael, in dem sie als Pfle- Mutter da zu sein. Weihnachtsgeschenke gekraft im sozialen Dienst arbeitet, ist sie zugleich als Die Wurzeln aus beiden Kulturen reichen tief und an Neujahr am Tag des vom Erzbistum Paderborn ausgebildete Seelsorge- Isaak Abatzidis scheint die Wurzeln aus beiden Welten Heiligen Basilius, Vasílios und Kommunionhelferin tätig. bewahren zu können. Bis heute pflegt er Freundschaf- auf Griechisch. Zur Erinne- 1999 heirateten Elke und Sakis nach dem grie- ten, die in seine Kindheit in Griechenland zurückrei- rung an den Bischof, der chisch-orthodoxen Ritus. Aber neben dem Archiman- chen. den Armen half, gibt es driten der griechisch-orthodoxen Kirche nahm der Seinen Freund Paul trifft er jeden Sonntag in der einen eigenen Kuchen. katholische Pfarrer Clemens Schräder an der Feier teil. Mindener Innenstadt auf einen Kaffee. Die beiden In die Vasilopita wird eine Elke Abatzidis erinnert sich noch, wie der Archimandrit, sind in dem kleinen griechischen Dorf aufgewachsen Münze eingebacken. Und gefolgt von den Trauzeugen, dreimal um das Ehepaar und zusammen 1979 nach Deutschland gekommen. wer die in seinem Stück schritt und dabei ein weißes Band über den Kopf von Sie haben auch am selben Tag 1986 eine deutsche findet, startet angeblich mit Braut und Bräutigam hielt. Frau geheiratet. einer Extraportion Glück ins „Das fiel ihm schwer, er war so klein“, schmunzelt neue Jahr. sie. Aber das weiße Band haben Isaak und Elke Abat- Zu Neujahr gibt es einen Der Legende nach soll Ba- zidis gut aufbewahrt. „Jedem von uns wird ein Teil des griechischen Glückskuchen silius im vierten Jahrhundert Bandes einmal in den Sarg gelegt, das wissen auch nach Christus als Bischof unsere Kinder“, sagt Elke Abatzidis. Es bringt auch Vorteile, in zwei Kirchen verwurzelt zu von Caesarea einen Steu- Den christlichen Glauben in zwei Konfessionen in sein. Die Abatzidis wissen das durchaus zu schätzen ererlass erwirkt und unter einer Familie zu leben, zieht sich durch die Geschich- – und manchmal würde es sich lohnen, von ihnen den Armen auf besondere te und den Alltag der Abatzidis. Zwei der drei Söhne, zu lernen. Weise verteilt haben: Er Nicolas und Christopher, wurden nach dem griechisch- Das Weihnachtsfest feiert die Familie beispiels- ließ die Besitztümer, die orthodoxen Ritus getauft, einer, Raphael, ist katholisch. weise immer nach katholischer Tradition, mit Tan- zuvor von den römischen Da Nicolas im Studium als Drittfach katholische Theo- nenbaum, Liedern und Besuch der Christmette. Aber Statthaltern eingetrieben logie gewählt hat, musste ein Rituswechsel erfolgen. zu Neujahr gibt es den griechischen Glückskuchen wurden, in große Brote Heute unterrichtet er als Lehrer katholische Religion. „Vasilopita“, wie er in jeder griechischen Familie auf einbacken. Jeder Bürger den Tisch kommt. „Das ist eine schöne Tradition“, fin- bekam ein Stück ab. Und „Bei uns in Griechenland det Elke Abatzidis, die es jedes Mal übernimmt, den auf wundersame Weise soll gab es ja nichts“ Kuchen zu backen. jeder genau die Kostbarkei- In den Teig kommt ein Geldstück. Wenn er fertig ten, die er zuvor abtreten Isaak Abatzidis ist ein Kind zweier Welten. Seine Hei- ist, wird für jedes Familienmitglied ein Stück Kuchen musste, in seinem Teil mat: Das sind Deutschland und Griechenland. Als er geschnitten. In wessen Kuchenstück sich die Münze wiedergefunden haben. klein war, gingen seine Eltern nach Deutschland. „Bei findet, wird in diesem Jahr besonders viel Glück haben. uns in Griechenland gab es ja nichts“, sagt er, „keine Das gilt auch für die Verstorbenen des Haushalts Industrie, keine Arbeitsplätze, nur das Dorf.“ Er wuchs – und sogar für die Haustiere. Findet sich in dem für mit seiner Schwester bei den Großeltern in Griechen- sie reservierten Stück das Geld, dann darf man auch land auf. 1979 zog er nach Minden, zu seinen Eltern. ihnen Glück wünschen. So sind an einem Tag im Jahr Die hatten bei Melitta Arbeit gefunden, wie viele in Gedanken wieder alle zusammen – ein Brauch, andere aus seinem Heimatdorf. „Ein Drittel der Men- von dem man sich wünschen würde, dass er auch in schen aus unserem Dorf lebte in Minden.“ Auch Isaak Deutschland Verbreitung findet. 23
Nahdran KINDER SEITE A Der Flecken auf dem Mond und das Fronleichnamsfest Wer freut sich nicht, wenn es heißt: Heute ist schul- Juliane von Lüttich im Jahr 1209 zurück. In ihrer Vision frei! Im Mai und Juni gibt es einige Feiertage, die uns hat Juliane den Mond gesehen, der an einer Stelle einen freien Tag bescheren. Einer dieser Feiertage einen auffälligen, dunklen Fleck hatte. Christus hat ihr ist der „Fronleichnamstag“. Aber was steckt eigentlich dann erklärt, was dieser Fleck zu bedeuten hat: Im hinter diesem Feiertag? – Was feiern die Katholiken Kirchenjahr fehlt ein Fest – ein Fest, das die Eucharis- da eigentlich? tie in den Mittelpunkt stellt! Papst Urban IV. nahm die Fronleichnam ist ein altes Wort. Es ist das Fest Vision der Augustinerin Juliane sehr ernst und führte des „Leibes des Herrn“ („Fron“ = der Herr und „Leich- ein neues Kirchenfest ein, das Fronleichnamsfest. Bis nam“ = der Leib). Das Fest geht auf eine Vision von heute wird der Fronleichnamstag feierlich begangen. 24
Nahdran B Finde die Unterschiede Auf den ersten Blick könnte man meinen, Monstranz B ist eine Kopie von Monstranz A. Aber so ist es nicht! Finde die 10 Unterschiede und kreise sie ein! Deine Auflösung kannst Du bis zum 31. August 2020 sen- den an: Kath. Dompropstei, Großer Domhof 10, 32423 Minden Das kannst Du gewinnen: 1. Preis: Eine Kinderdomfüh- rung mit zehn Freunden und eine süße Überraschung für alle 2.-5. Preis: Je einen „Kinder- domführer“ und ein Mal- und Mitmachbuch Jung und Alt feiern gemeinsam Gottesdienst und meist von vier Personen getragen wird. Unter diesem ziehen in einer großen Prozession durch die Straßen Baldachin geht der Priester, der die Monstranz trägt. der Stadt: Viele Messdiener, Priester, der Diakon, die Die Monstranz ist ein goldener, kunstvoll gestal- Kommunionkinder, Chöre, eine Musikkapelle, viele teter Rahmen. Man könnte meinen, dass diese Kinder, Männer und Frauen sind unterwegs, um für Monstranz das eigentlich Wertvolle ist. Aber diese ihren „Glauben zu demonstrieren“. Die Straßen sind Monstranz will nur auf das wirklich Wertvolle hinwei- oft mit kleinen Fähnchen geschmückt. An hergerich- sen. In ihrer Mitte befindet sich eine kleine, runde teten Altären macht die Prozession Halt. Dort beten Brotscheibe. In diesem Brot, in der Hostie, ist Jesus und singen die Menschen und loben Gott. Christus wirklich gegenwärtig! Das ist das „Geheimnis Vielleicht hast Du das Wort „Baldachin“ schon mal des Glaubens“, der größte Schatz, den die Katholiken gehört. Ein Baldachin ähnelt einem Stoff-Dach, das haben. 25
Nahdran Eine Geschichte, die viel weiter zurückreicht Der Caritasverband Minden e.V. feiert die Gründung vor 50 Jahren. Aus bescheide- nen und vor allem ehrenamtlichen Anfängen hat sich die Caritas in der Diaspora zu einer profilierten Sozialpartnerin von Kirchengemeinden, Verbänden und Kom- munen entwickelt. Die Tradition geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. „50 Jahre Caritasverband in Minden bedeutet 50 nach dem Ersten Weltkrieg einen starken Moderni- Jahre nah an den Menschen, nah an den Sorgen tätsschub erlebte und die soziale Differenzen deutli- und Bedürfnissen. Dafür stehen wir“, sagt Susanne cher wurden, eröffnete der Sozialdienst katholischer Leimbach, Vorständin des Caritasverbandes Min- Frauen (SkF) 1926 eine Dienststelle in der Domstraße. den e.V. Sie leitet seit 2006 den Verband, zuerst als Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand 1945 die Geschäftsführerin und seit 2012 als Vorständin. Bahnhofsmission in katholischer Trägerschaft. Fünf Zum Jubiläum hatten die Mitarbeiterinnen und Jahre später gründete der katholische Fachverband Mitarbeiter ein umfangreiches Programm erarbeitet, IN VIA eine Mädchenbildungsstätte im heutigen das das ganze Jahr über immer wieder mit neuen Caritashaus neben der Mauritiuskirche. Die Leitung inhaltlichen Schwerpunkten überrascht hätte. Ange- übernahmen Schwestern aus einem anderen Orden, sichts der Corona-Krise hat der Caritasverband die der „Kongregation der Schwestern der Christlichen Feier um ein Jahr verschoben. „Jetzt ist nicht die Zeit Liebe“. Deren Gründerin Pauline von Mallinckrodt war des Feierns, sondern des Handelns“, sagt Susan- 1817 in Minden zur Welt gekommen und der Stadt Foto oben: Susanne Leimbach ne Leimbach, „deshalb handeln wir jetzt und feiern immer verbunden gewesen. 2021.“ Foto unten: „Not sehen und handeln“ ist das Motto der Caritas. Der Verband wuchs ständig weiter Das „Caritas-Haus“ in der Dieses Motiv beherzigten bereits die ersten katholi- So konnten die Gründer, die den hauptamtlichen Königstraße 9 in Minden. schen Orden und Einrichtungen, die vor anderthalb Caritasverband für das damalige Dekanat Minden Als Vermieter sorgte die Domgemeinde Minden Jahrhunderten in Minden tätig wurden. Schon 1864 am 17. Februar 1970 ins Leben riefen, auf eine schon für einen Durchbruch zum hatten die „Aachener Franziskanerinnen“ die häus- bestehende Struktur von Caritas-Diensten und -Ein- Nachbargebäude, sodass liche Krankenpflege in Minden übernommen. Im richtungen bauen. Angesichts der gewachsenen Auf- ein zusammenhängen- Zuge der industriellen Revolution war Minden wie gaben war die Gründung eines Caritasverbandes als der Gebäudekomplex viele Städte des Deutschen Reichs gewachsen. Die eingetragener Verein unumgänglich gewesen. Nach- entstanden ist. Fast alle Caritas-Beratungsdienste Arbeiter lebten unter schlechten Bedingungen. Hygi- dem zuerst ein geschäftsführender Vorstand den sind jetzt hier unter einem ene und Gesundheitsversorgung waren längst nicht Verband leitete, wurde 1974 Bernhard Nelskamp als Dach vereint. so gut entwickelt wie heute. Geschäftsführer eingestellt. 1978 folgte ihm Bernhard Die katholische Sozi- Ellerhorst in diesem Amt. alorganisationen halfen In den folgenden Jahren wuchs der Verband stän- in der Not. Die Aachener dig weiter. Die Familienpflege, die seit 1963 bestand, Franiskanerinnen, die im wurde ausgebaut. Heute ist sie Teil der Sozialstati- St. Michaelshaus auch on. Bereits im Gründungsjahr war die Jugend- und eine stationäre Alten- Familienhilfe entstanden. 1986 kam die Sozialpäda- und Krankenpflege gogische Familienhilfe hinzu und die Familienpflege einrichteten, waren im wurde in den Verband integriert. 1984 nahm der Klei- sozialen Leben Mindens derladen seine Arbeit auf. Er wird bis heute vom Cari- eine wichtige Größe. Sie tasverband gemeinsam mit dem SkF geführt wird. eröffneten ein Waisen- Die Alten- und Krankenpflege, mit der im 19. Jahr- haus und im Jahr 1904 hundert die Caritasarbeit in Minden begonnen hatte, einen Kindergarten. wurde bis in die 1990er Jahre in Regie der Haus- und In den 1920er Jah- Familienpflege geleistet. 1993 gründete der Verband re, als die Gesellschaft die Caritas-Sozialstation, deren Mitarbeiterinnen und 26
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