Theodosia - SCSC Ingenbohl
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Zeitschrift der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz Institut Ingenbohl CH-6440 Brunnen 132. Jahrgang Nr. 1/2017
Redaktionsteam: Schwester Christiane Jungo Schwester Edelgund Kuhn Schwester Anna Affolter Schwester Elsit J. Ampattu Schwester Dorothee Halbach Adresse: christiane.jungo@kloster-ingenbohl.ch Druck: Triner Media + Print 6430 Schwyz Umschlag: Schwester Gielia Degonda 2
Inhalt Theodosia 2017, 1 Bild 4 Vision 2020 – Kloster Hegne 25 «ein geprägter Ort» Editorial 5 Sr. Josefa M. Harter, Hegne, Sr. Christiane Jungo Provinz Baden-Württemberg Das Gebet des Bruder Klaus 7 Führen mit einer Vision in Zeiten 29 P. Josef Rosenast SAC, Bruder- grosser Veränderungen Klausen-Kaplan Sachseln, Schweiz Sr. Magdalena Walcher, Wels, Provinz Europa Mitte Das Rad des Bruder Klaus 9 nach Josua Boesch Kurznachrichten aus unseren 33 Sr. Christiane Jungo, Ingenbohl, Provinzen und Vikariaten Mutterprovinz Schweiz Volksmission in Brasilien Sr. Gabriella Di Mouro, Nova Iguaçu, Das «Buch» des Bruder Klaus 10 Vikariat Brasilien Nach einer Predigt von P. Josef Banz, † 2012, ehemaliger Bruder-Klausen- Mitteilungen der Generalleitung 36 Kaplan Verstorbene Schwestern 37 «Den Strom nicht stauen, 12 im Jahr 2016 sondern ihm ein Bett anweisen» P. Theodosius Florentini (1808–1865) Sr. Zoe Maria Isenring, Ingenbohl, Mutterprovinz Schweiz 3
Editorial Das Jahr 2017 steht in der Schweiz im Zeichen des Landesheiligen Niklaus von Flüe, liebevoll «Bruder Klaus» genannt. 1417 ist er geboren, 1487 gestorben. Da- zwischen liegt ein Leben als Bauer, als Ehemann und Familienvater von zehn Kin- dern, als Mann mit öffentlichen Ämtern, als Einsiedler, als Ratgeber und Friedens- stifter, immer als Sucher nach dem «Einig Wesen». Er hat sich nicht selbst geführt, sondern wurde von Gott geführt, bis er ab 1467 20 Jahre lang als Einsiedler und Mystiker im Ranft in einer einfachen Klause lebte. Nicht irgendwo in der Fremde, sondern unweit seines Wohnortes führte er ein Leben mit der Schau in die Tiefe des Glaubens und mit einem Sinn für das konkrete Leben. Gleichsam der Welt entflohen, kam die Welt zu ihm. Immer mehr wurde er als Mann Gottes und als Ratgeber wahrgenommen. Bis heute geht eine Faszination von ihm aus, sind sei- ne Impulse Hilfen zu einem Leben «verbunden mit Gott und offen für die Men- schen», im Jubiläumsmotto ausgedrückt mit «Mehr Ranft». Im Zusammenhang mit Bruder Klaus bringt die «Theodosia» als Beiträge: «Das Gebet des Bruder Klaus», «Das Rad des Bruder Klaus nach Josua Boesch» und das «’Buch’ des Bruder Klaus». Am 15. August 2016 präsentierte Sr. Zoe Maria Isenring das neue Theodosiusbuch «Man muss den Strom nicht stauen, sondern ihm ein Bett anweisen». In der «Theo- dosia» sind die vorgestellten Texte auf den Seiten 12 – 24 für alle verfügbar und regen zum Lesen des Buches an. Alle Ordensgemeinschaften stehen seit Jahren in Veränderungsprozessen von bisher unbekanntem Ausmass. Nach innen und nach aussen hat sich ihr Erschei- nungsbild verändert und verändert sich weiterhin. Auch die Lebensform selbst steht im Wandel. Angebahnt haben sich die Veränderungen schon vor längerer Zeit, aber plötzlich sind sie nah und da. Es ist höchste Zeit, sie bewusst wahrzu- nehmen und darauf zu reagieren. Die Dinge beim Namen zu nennen, nimmt die Unsicherheit und Ungewissheit zwar nicht weg, aber es bringt einen kleinen Schritt weiter. Der Provinzoberinnen-Kongress 2016 hat sich mit dem Thema befasst (s. «Theodosia» 2016, 4). Jede Provinz, jedes Vikariat geht den Veränderungspro- zessen im konkreten Lebensumfeld unterschiedlich nach, weil sie sich auch auf verschiedenen Ebenen auswirken. Die Provinz Baden-Württemberg beschäftigt sich schon längere Zeit mit Verände- rungsprozessen und teilt ihre Erfahrungen mit uns: «Vision 2020 – Kloster Hegne ‹ein geprägter Ort›». 5
Auch die Provinz Europa Mitte ist initiativ geworden und nimmt uns mit auf ihren bisherigen Weg unter dem Titel «Führen mit einer Vision in Zeiten grosser Verän- derungen». Unter «Kurznachrichten aus unseren Provinzen und Vikariaten» lernen wir «Volks- mission in Brasilien» als hilfreiche Form der Evangelisierung kennen. Durch die «Mitteilungen der Generalleitung» erfahren wir von Ernennungen und von bevorstehenden Generalvisitationen. Angefügt ist eine kleine Statistik des Jahres 2016. Traditionsgemäss führt die Nummer 1 eines neuen Jahres alle verstorbenen Schwestern des vergangenen Jahres auf: «Eingegangen in Gottes Verheissung». Mit Hilde Domin dürfen wir für jede sagen: «Es blüht hinter dir her.» Sr. Christiane Jungo 6
Das Gebet des Bruder Klaus P. Josef Rosenast, SAC, Wallfahrtskaplan in Sachseln, Schweiz Als Vorbereitung auf den Tag des Geweihten Lebens im Mutterhaus führte P. Josef Rosenast in zwei Impulsreferaten zu Schwerpunkten im Leben des heiligen Bruder Klaus. Im kurzen Ausschnitt folgen wir seinen Gedanken zum Gebet des Bruder Klaus. Das Gebet begegnet war wie dem Apostel Tho- mas. Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, Nimm alles von mir, was mich was mich hindert zu dir. hindert zu dir … Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, Niklaus von Flüe hat erkannt, was das was mich fördert zu dir. wirklich Wesentliche ist für unsere Exis- Mein Herr und mein Gott, tenz und unsere Beziehung zu unserem nimm mich mir Schöpfer und Erlöser. Wenn Jesus und gib mich ganz zu eigen dir. Christus das Wesentlichste in meinem Leben sein soll, dann muss zuerst ein- Mein Herr und mein Gott … mal alles weggeräumt werden, was die- se Beziehung zu Jesus stören oder blo- Schon die Anrede in diesem Gebet ist ckieren könnte: Frau, Kinder, Haushalt, bedeutsam: «Mein Herr und mein Gott.» Karriere, Essen, Wärme, der gute Ruf …, Damit anerkennt Niklaus von Flüe, dass alles wurde ihm genommen. es eine Autorität über ihm gibt, der er Auch wir alle müssen uns immer wieder sich unterordnet. Auch wenn er als ehe- fragen, welche Dinge aus unserem Le- maliger Familienvater, Unternehmer, ben verschwinden müssten, damit Er Politiker und Richter selber ein Mensch voll und ganz zum Zug kommen kann. mit Autorität ist, so ist ihm klar, dass es Dinge wie: Zerrbilder und falsche Vor- noch eine Instanz über ihm gibt. Ich bin stellungen von Gott – Misstrauen gegen als Mensch nicht mein eigener Chef, ich Gott – Sünde – ungesunde Bindungen habe einen Herrn über mir. Und so (an Personen, an den Zeitgeist; sprach der Apostel Thomas Jesus an schlechte Gewohnheiten, Süchte …) – bei der Begegnung mit Ihm nach der multimediale Zerstreuung (TV, Inter- Auferstehung (Joh 20,28), als er mit Be- net…) – Orientierung am Diesseits – An- stimmtheit erkannte, dass Jesus nicht sehen vor der Welt – die Meinung der mehr tot war, sondern wirklich lebte. andern über mich – Egoismus – Materi- Und Bruder Klaus wollte hiermit sagen, alismus – Zeitmangel – Sorgen und dass ihm Jesus so klar und lebendig Ängste – Bequemlichkeit – Resignation 7
– … All das und andere Hindernisse Korrekturbereitschaft – Leidensbereit- sollen verschwinden mit Gottes Hilfe. schaft – Dienstbereitschaft usw. Nimm mich mir und gib mich ganz zu Gib alles mir, was mich fördert eigen dir … (führet) zu dir … Wenn ich mein Ego und seine kurzsich- tigen Wünsche und Begehrlichkeiten Wenn das weg ist, was meine Bezie- loslasse, dann gewinne ich mein wah- hung zu Gott hindert und blockiert, res Ich, also meine Identität, meine Be- dann ist das nächste Anliegen, dass rufung und meine Lebenserfüllung in Gott mir alles gibt, was mich näher zu Gott. Dann werden meine tiefsten Ihm bringt. Und auch hier muss jede Sehnsüchte gestillt. Dann ist Gott wirk- und jeder von uns prüfen, was auf uns lich Gott, und ich bin wirklich ich. In der zutreffen könnte, und dann Gott, wo nö- Beziehung zu Gott gewinnen wir am tig, auch konkret darum bitten, dass meisten, wenn wir alle Dinge und uns diese Dinge in unserem Leben mehr selber komplett loslassen. Weil Gott Gestalt gewinnen, damit Gott voll und wirklich unser Wohl will und weil er am ganz zum Zug kommen kann. Dinge besten weiss, worin es besteht. wie: Liebe – Versöhnungsbereitschaft – Vergebung – Barmherzigkeit – Glau- Übrigens kannte Martin Luther das Ge- ben und Vertrauen – Führung durch den bet von Bruder Klaus und erwähnte es Heiligen Geist – Orientierung am Jen- in einer seiner Schriften. Bruder Klaus seits – offenes Herz für Gott – offenes stand bei ihm in hohen Ehren. – Das Herz für unsere Mitmenschen – Zeiten Gebet war zuerst bei den Lutheranern, der Stille für die Begegnung mit Gott – dann erst bei den Katholiken, sehr be- Interesse an der Bibel und Verständnis liebt. r für ihre Aussagen – Gemeinschaft mit Quellen: «Mystiker – Mittler – Mensch» (Jubilä- anderen Christen – Lernbereitschaft – umsbuch 2017) 8
Das Rad des Bruder Klaus nach Josua Boesch Sr. Christiane Jungo, Ingenbohl, Mutterprovinz Schweiz halfen ihm Bruder Klaus und Franz von Assisi. Bruder Klaus besonders in der Zeit, als sich Josua Boesch in seinem 52. Lebensjahr als engagierter Pfarrer von Amt und Familie trennte und kunst- schaffender Eremit wurde. Die Begeg- nung mit Franziskus und mit dem Kreuz von San Damiano waren für ihn ent- scheidend. Vor diesem Kreuz wurde er angehaucht vom Auferstandenen, der ihm mit ausgestreckten Armen entge- genschaute. Diese Begegnung prägte ihn ganz tief. Franziskus führte ihn durch Zufälle und Fügungen nach Itali- en, nach Camaldoli in der Toskana. Ikone von Josua Boesch. Die Ikonen und seine zürichdeutschen Übertragungen der Bibel waren für Jo- Dem Neujahrsbrief 2017 unserer Gene- sua Boesch Formen spiritueller Ausein- raloberin, Sr. Marija Brizar, ist eine Iko- andersetzung mit dem Geheimnis der ne mit dem Rad-Symbol des Bruder Auferstehung. Deshalb bildet die Mitte Klaus vorangestellt. Gestaltet wurde sie des von ihm gestalteten Rades die Ge- von Josua Boesch, 1922 – 2012, der stalt des Auferstandenen. Künstler, reformierter Pfarrer und Eremit Die anschliessenden Ausführungen von war. Sein Leben war von Veränderungs- P. Josef Banz können uns helfen, uns prozessen geprägt. Im Laufe der Jahre der Symbolik des Meditationsrades zu fühlte er sich immer mehr zur Kontem- nähern, das Bruder Klaus selber sein plation hingezogen. Zum Durchbruch «Buch» nannte. r 9
Das «Buch» des Bruder Klaus Nach einer Predigt von P. Josef Banz, ehemaliger Wallfahrtskaplan in Sachseln, † 2012 Bruder Klaus war zeit seines Lebens auf sind unteilbar in ewiger Macht. Das be- der Suche nach dem «Einig Wesen». Er deutet diese Figur.» wollte Erde und Himmel, Welt und Gott miteinander verbinden. Auf dieser Su- che stiess er immer wieder auf den dreifaltigen Gott: So begegnete er drei Männern; in der Brunnenvision floss eine dreifache Quelle; der geheimnis- volle Pilger sprach «drei vollkommene Worte» aus. Im Ranft fand Bruder Klaus ein Zeichen, in dem er das übersprudelnde Leben des dreifaltigen Gottes dargestellt sah: Das Rad-Symbol. Es eröffnete ihm das Geheimnis des dreifaltigen Gottes: Dem Autor des «Pilgertraktates» (1487) zeigte Bruder Klaus sein «Buch»: Das Rad nach dem Pilgertraktat. «Wenn es dich nicht verdriesst, will ich dich auch mein Buch sehen lassen, in dem ich lerne und suche die Kunst die- Der kleine Punkt in der Mitte bedeutet ser Lehre. Und er brachte mir eine ge- für Bruder Klaus das Geheimnis Gottes. zeichnete Figur, vergleichbar einem Rad Der kleine Kreis, der ihn umgibt (die mit sechs Speichen. – Und er fing an Nabe) ist der Himmel, wo Gott und die und sagte zu mir: Siehst du diese Fi- Heiligen eine grosse Gemeinschaft bil- gur? So ist das göttliche Wesen. Der den. Der Reifen ist die geschaffene Welt Mittelpunkt ist die ungeteilte Gottheit, und unsere Lebenswirklichkeit. darin sich alle Heiligen erfreuen. Die drei Spitzen, die zum Punkt des inneren Drei Strahlen gehen aus von der Mitte. Zirkels führen, sind die drei Personen; Das liess Bruder Klaus das Wunder er- sie gehen von der einigen Gottheit aus leben, dass Gott nicht in sich bleiben und haben umgriffen den Himmel und will, sondern dass er dynamisch ist. Er alle Welt, sie sind in ihrer Gewalt. Und will aus sich heraustreten, das Du su- wie sie von der göttlichen Gewalt aus- chen. Gott ist Liebe. – Und drei Strahlen gehen, so führen sie wieder hinein und weisen zur Mitte. Gott möchte eine Ant- 10
wort empfangen: den Lobpreis der Der Lebensvorgang im Inneren Gottes Schöpfung, die Anbetung seiner Ge- betrifft auch uns Menschen. Denn der schöpfe, die Liebe derer, die von seiner eine Gott ist Urbild des einzelnen Men- Liebe ergriffen sind. schen, der dreifaltige Gott ist Urbild der Bruder Klaus war überwältigt vom im- menschlichen Gemeinschaft. mer wiederkehrenden Lebensvorgang Im Radsymbol sieht Bruder Klaus, wie mit einer ungeheuren Dynamik und un- Vater, Sohn und Heiliger Geist Himmel vorstellbaren Lebensfülle, vom Hinaus- und Erde, die ganze geschaffene Welt strömen und Zurückfluten der Liebe. Er und alle Menschen umgreifen, sie mit bricht aus seinem innersten Geheimnis ihrem Leben erfüllen und in den Schoss heraus und kehrt dorthin zurück. Der ihrer Liebe zurückholen. Vater spricht sich aus im WORT, im Das ist der tiefste Ruf auch an unser Sohn Gottes. Aus der Liebe zwischen Leben: Gott ist unterwegs zu uns in ei- Vater und Sohn erwächst der Heilige ner tiefen und suchenden Liebe. Gott Geist. Der eine Gott faltet sich ausein- möchte unsere Antwort, unsere Hin- ander in drei Personen – als der Drei- wendung zur Mitte, unsere herzliche faltige – und fügt sich doch wieder in Antwort auf seine Liebe. Einheit zusammen – als der Drei-einige. r 11
«Man muss den Strom nicht stauen, sondern ihm ein Bett anweisen» Der Einsatz von P. Theodosius Florentini für christliche Institutionen Sr. Zoe Maria Isenring, Ingenbohl, Mutterprovinz Schweiz Grundlage dieses Artikels ist das Wort von P. Theodosius Florentini: «Man muss den Strom nicht stauen, sondern ihm ein Bett anweisen.» Dieser Text wurde zum Teil am 15. August 2016 zur Präsen- tation des neuen Buches über P. Theodosius vorgetragen. Sr. Zoe Maria Isenring las die erläuternden Zwischentexte und Frau Leontina Lechmann, eine Schauspielerin, die Zitate von P. Theodosius. Titel des Buches: Sr. Zoe Maria Isenring, «Man muss den Strom nicht stauen, sondern ihm ein Bett anwei- sen» – P. Theodosius Florentini (1808–1865). Academic Press Fribourg 2016 Von seiner Heimat im Münstertal GR der durch das Münstertal fliesst und bei hatte P. Theodosius die Erfahrung, was Unwettern viel Geröll mit sich trägt, be- ein Fluss anrichten kann, wenn ihm kein reitete den Bewohnern bis in die neues- Bett zugewiesen wird. Der Rombach, te Zeit Sorge. Immer wieder über- Rombach bei Müstair (Foto Valentin Pitsch, Müstair). 12
schwemmte er das Tal und richtete hungsstätten für Jugendliche, Fabriken grossen Schaden an. Wie immer, wenn … Sie sollten sich zum Wohl der Men- P. Theodosius einer Not begegnete, galt schen auswirken. sie ihm als Anruf, sie zu beheben. Der Fluss musste korrigiert werden. Seine Das christlich-katholische Leben Landsleute verweigerten ihm die Zu- neu beleben stimmung. Er begriff nicht, schlug sein Käppchen über den Tisch und rief ent- Bei meiner Vertiefung in Leben und rüstet aus: «Vu eschat asens» – ihr seid Werk von P. Theodosius fiel mir beson- Esel! P. Theodosius gab nicht auf, inter- ders auf, was er zur Wiedergeburt der venierte beim Kloster und erreichte, katholischen Kirche zunächst der dass dieses den geschädigten Bauern Schweiz beitrug. Die katholische Kirche zum jährlichen Pachtzins von 390 Fran- schien im 19. Jahrhundert ausgedient ken Land vermietete. zu haben. Der Sonderbundskrieg von Wie P. Theodosius hier in einer konkre- 1847 mit der politischen und militäri- ten Situation handelte, ist ein Bild für schen Niederlage der katholischen das, wie er mit Menschen und Situatio- Kantone und die Gründung des Bun- nen umging. Er erlebte den Übergang desstaates 1848 lasteten wie ein Trau- von der geschlossenen, weltanschau- ma auf der katholischen Schweiz. Die lich einspurigen Gesellschaft in die mo- kantonalen Konfessionsstaaten ver- derne, offene, pluralistische Gesell- schwanden im Bundesstaat. Die Katho- schaft. Er spürte, dass moderne Insti- liken stellten die kleinere und schwä- tutionen die Zukunft bestimmen werden chere Konfessionsgruppe dar; sie sa- und sich zum Wohl der Menschen aus- hen sich in eine ausgesprochene wirken können. Er erkannte aber auch, Minderheitslage versetzt, fühlten sich dass sie zugleich Momente in sich tru- im Bundesstaat diskriminiert und ka- gen, die Schaden anrichten werden, men sich als Hinterbänkler und Eidge- wenn sie sich lösen vom Grundstrom nossen zweiter Klasse vor. Eine gewis- des christlichen Glaubens. se Lethargie und Stagnation trat ein. Dieser Grundstrom sollte in alle Berei- che hineinwirken, sie beleben und mo- Nach dem Tod von P. Theodosius sagte difizieren, ihnen Richtung weisen und ein schweizerischer Abgeordneter an Tiefe verleihen. Für sie schuf er «Bach- die deutsche katholische Generalver- bette», sei es in der Pastoral, seien es sammlung des Piusvereins: Gottesdienstformen, Vereine, Ordens- Wie oft hat der Selige in Deutschland gemeinschaften, Schulen und Erzie- und in der Schweiz, dies- und jenseits 13
des Rheins, Sie in Ihren grossen Katho- das Priestertum und der von diesem likenversammlungen, uns in unseren ausgehende Geist der Seelsorge. Als bescheidenen Piusvereinen für die Seelsorger war er Schulmann und Pä hohe Mission der christlichen Wieder- dagoge. Als Seelsorger ging er an die geburt unserer Zeit begeistert und ge- Lösung der sozialen Zeitfragen heran. einigt! Als Seelsorger näherte er sich der In- Wollte P. Theodosius das katholische dustrie und wollte dem Arbeiter zu Hilfe Leben in der Schweiz neu beleben, eilen. musste er seinen Blick auch auf die Ver- Aus dieser Perspektive sollen jetzt Hin- einigung der Katholiken im öffentlichen weise auf einige «heilende Bachbette» Leben richten. Immer ging es ihm dar- angeführt werden, für die sich P. Theo- um, die Kräfte zu sammeln und zu ei- dosius einsetzte nen. Zunächst galt sein Interesse dem Piusverein. Sein Mitbruder P. Cajetan Reform der Sonntags- und schreibt: Fortbildungsschulen Er suchte das Gefühl der Zusammenge- hörigkeit unter den Katholiken zu we- P. Theodosius erkannte die Notwendig- cken und ihnen eine bessere Meinung keit, die der Schule entlassenen Ju- von sich selber beizubringen … . Er gendlichen bis 18 Jahre zu erfassen wollte der albernen Meinung begegnen, und religiös zu beeinflussen. Praktisch als ob die Katholiken das Wort Gottes und freimütig sprach er über die dama- nicht hätten und dasselbe nicht verkün- lige Einrichtung der Sonntags- und digen dürften oder könnten. Fortbildungsschule in Chur. Wir verneh- men seine Äusserungen aus einem Bei- Einsätze aus der Mitte seiner trag in der SGG in Frauenfeld 1861: Berufung als Seelsorger – «heilende Ich will erzählen, wie es bei uns steht in Bachbette» Chur. Wir haben dort eine Lehrlings- schule von 9–11 und von 1–3 Uhr. Nun Mit dem Eintritt in den Kapuzinerorden ist betreffend dieselbe folgendes zum äusserte sich bei P. Theodosius der Wil- Vorschein gekommen. Die Fortschritte le, Gott in die Mitte seines Lebens zu sind ordentlich, die Handschriften rein- setzen. Spürbar wurde dieser Wille vor lich. Alle Meister sind beteiligt, dass sie allem in seinem Sendungsverständnis. ihre Lehrlinge in dieselbe schicken sol- Seine Vision spiegelt sich in einer kaum len. … Aber ich habe keine Lehrlinge überschaubaren Vielzahl von Aktivitäten mehr in die Kirche gebracht. … Wenn wider. Die Mitte seines Lebens aber war man vier Stunden in der Sonntagsschu- 14
Frau Leontina Lechmann und Sr. Zoe Maria. le gewesen, so mag man nicht noch in Volksmissionen die Kirche gehen.» Als Mittel zur Besse- rung fügte P. Theodosius an: «Ich habe Die Tradition der Volksmission hatte 40 Sonntagsschulen zu gründen ver- sich bei den Kapuzinern in der Schweiz sucht. Zuerst hat man gemeint: das ist seit dem 17. Jahrhundert eingebürgert. schön; man ist dafür begeistert gewe- Nachdem die Jesuiten 1848 verboten sen, dann sind sie alltäglich geworden, worden waren, sprangen die Kapuziner daher Verminderung der Besuchenden, in diese Lücke ein. Volksmissionen wur- zuletzt drei und vier und das Ganze hör- den ihr traditionelles Arbeitsfeld. te auf. Da gilt es, bei den Leuten Lust zu Wie sehr P. Theodosius vom Segen und wecken, dass sie gerne kommen. Das der Notwendigkeit der Volksmissionen geschieht, indem man den Gesang be- überzeugt war, zeigt uns ein Unterricht nutzt und gesellige Unterhaltungen an- auf das Fest des hl. Vinzenz von Paul knüpft. am 19. Juli. Er schreibt: Man sagt: wir haben einen gescheiten und frommen Pfarrer und genug Unter- 15
richt, was brauchen wir fremde Pries- verfasste am 24. August 1864 ein Cir- ter? Zugegeben, dass euer Pfarrer ge- cular: lehrt und eifrig ist, so bleibt doch wahr, Um dem hochw. Klerus die so heilsa- dass er immer derselbe ist; dass der men Exerzitien zu ermöglichen wird Eindruck seines Unterrichts allmählich fortan sowohl im bischöflichen Seminar geringer wird; dass er in seiner Amts- in Chur, als im Kollegium Maria Hilf verwaltung zuweilen wehe tun muss Schwyz alle Jahre ein Triduum ange- und infolgedessen bei vielen das Ver- ordnet, also, dass innert 2–3 Jahren der trauen verliert; dass trotz seines uner- gesammte Klerus der Diözese den hei- müdeten Eifers durch das Zusammen- ligen Übungen beiwohnen kann. wirken verschiedener Umstände der religiöse Sinn erkaltet, die Anhörung Schwesternexerzitien des Wortes Gottes abnimmt, Lauigkeit Den Höhepunkt der Exerzitientätigkeit und Sünde überhandnimmt. erreichte P. Theodosius bei den Schwestern. Öfters hielt er bei den Schwestern in Menzingen Exerzitien. Exerzitientätigkeit Unvergesslich blieben in der Tradition von Ingenbohl die ersten Exerzitien im P. Theodosius baute die Exerzitien in Nigg’schen Hof. Am 5. März 1856 die gesamte religiöse Erneuerung ein. schickte Mutter M. Theresia, selbst noch in Chur stationiert, einige Schwes- Priesterexerzitien tern zum Aufräumen nach Ingenbohl. Schon im Oktober 1846 führte er mit Man richtete in grosser Eile einige Räu- Professor Bäder in Chur zwei Exerziti- me ein, denn es galt, das Gebäude not- enkurse für Priester durch, die auch Bi- dürftig für die ersten Exerzitien mit Pro- schof Kaspar von Carl mit seiner Teil- fessfeier vorzubereiten. Für die Exerzi- nahme beehrte. 1854 liess Bischof Mi- tien kamen die Schwestern aus den rer in der Kathedrale zu St. Gallen durch Armen- und Waisenhäusern an. Acht P. Theodosius und P. Verekundus Pries- Novizinnen legten am Ende der Exerzi- terexerzitien abhalten. Es beteiligten tien ihre ersten Gelübde ab; die Pro- sich 77 Priester, mit ihrem Bischof an fessschwestern erneuerten die heiligen der Spitze. Schon 1855 kam ein Exerzi- Gelübde. tienkurs in Steinerberg SZ zustande. Eine Schwester berichtet: «Wenn 1856 folgte ein Kurs in Altdorf, 1857 ein P. Theodosius am Schluss der heiligen Kurs für den Klerus im Schloss Sonnen- Übungen an die scheidenden Schwes- berg TG, 1860 in Schwyz. Theodosius tern aus der Tiefe des Herzens das letz- 16
Das Flötentrio Sr. Johanna Rüegg, Sr. Anna Affolter, Sr. Mirjam Oeschger. te Abschiedswort richtete, wenn er noch ein Wort über die Exerzitien zu spre- einmal die Hand zum Segen ausstreck- chen. Nach einigem Zögern begann te, blieb kein Auge trocken, auch das Theodosius seine Erklärungen: seinige nicht.» Wie die Offiziere, Soldaten und Rekru- ten von Zeit zu Zeit in Lagern sich sam- Lehrerexerzitien meln, um sich für die Schwierigkeiten P. Theodosius hatte im September 1859 des Kampfes zu üben und zu stählen, in Schwyz Lehrerexerzitien gehalten. so haben auch diejenigen, die in geisti- Darüber reagierten Zeitungen unfreund- ger Beziehung besondere Berufspflich- lich. Wie die Volksmissionen erregten ten zu erfüllen haben, von Zeit zu Zeit auch die Exerzitien den Unwillen der besondere Übungen notwendig. Und Liberalen, besonders wenn diese aus hieher gehören die Lehrer. In seinen serhalb eines Klosters stattfanden. Als Vorträgen habe er ihnen zunächst die P. Theodosius 1859 in Solothurn bei ei- Wichtigkeit des Lehrerberufes ans Herz ner Versammlung der SGG erschien, gelegt. Wie die gegenwärtige Generati- wurde er vom Rektor der zürcherischen on gebildet werde, so gestalte sich die Kantonsschule in freundschaftlicher künftige Gesellschaft. Er habe zu ihnen Weise beim Mittagessen aufgefordert, über die Pflichten gegenüber den Kin- 17
dern, den Eltern, den Schulbehörden, schwiegen, andere spendeten ihm Bei- der Gemeinde, der Erziehungsbehörde fall, der Rektor aus Zürich schloss mit gesprochen. Dann habe er ihnen ans einem Hoch auf den Exerzitienmeister. Herz gelegt sich möglichst von Partei- ungen fernzuhalten und alle Kinder Im Verlauf des Jahres 1855 unterbreite- gleichmässig zu behandeln; denn sie te P. Theodosius dem General der Je- seien für die Kinder aller Parteien als suiten in Rom den Vorschlag, in der Lehrer bestellt. Schweiz ein Haus zu gründen, das so- Mit diesen Worten machte P. Theodosi- wohl als Ausbildungszentrum für die us den besten Eindruck. Einzelne Volksmissionare wie als Exerzitienhaus Sr. Zoe Maria Isenring, umrahmt von Sr. Marie-Marthe Schönenberger, Provinzoberin, und Sr. Marija Brizar, Generaloberin. 18
dienen könnte. Der Generalprokurator handen, eine konfidentielle Bespre- des Ordens machte im empfehlenden chung kann in keinem Fall zum Nachtei- Sinne dem Provinzial der Kapuziner le werden. Einigung und festes Wirken Mitteilung von der Bitte des P. Theodo- kann nur Segen bringen. sius und ersuchte ihn um seine Mei- Er schrieb auch an Bischof Marilley, die nung. Im Provinzarchiv der Kapuziner geplante Konferenz sei von sehr gros liegen keine Äusserungen vor, die von ser Bedeutung. Und an den Bischof von einem solchen Versuch berichten. Erst Sitten: viele Jahre später ging dieser Wunsch Ich erhoffe mit Zuversicht von der Kon- des P. Theodosius in Erfüllung. Der Je- ferenz eine neue Kräftigung des katho- suitenorden übernahm 1929 das ehe- lischen Glaubens und Lebens unter den malige Kurhaus und etablierte das ers- Geistlichen und Gläubigen unserer hl. te Exerzitienhaus der Schweiz, das «Bil- Kirche. dungshaus Bad Schönbrunn». Schon Bischof Marilley hatte gewisse praktische Fragen zur Behandlung durch die Bischöfe vorgeschlagen, de- Einsatz für die Einigung der nen P. Theodosius folgende Punkte hin- katholischen Schweiz in der zufügte: Verbreitung guter Bücher und Schweizerischen Bischofs- Zeitungen, Sorge für genügenden konferenz Priesternachwuchs, Synodalversamm- lungen und Exerzitien, Vollmachten, Etienne Marilley, Bischof von Lausanne- Dispensen und Dispenstaxen, gemein- Genf (1846–1879), machte bei einem same Grundsätze für Beerdigung von Besuch im Ordinariat St. Gallen die Katholiken, Erziehungsfragen, neutrale mündliche Anregung zu einer Bischofs- Schule, Feiertage und Fasttage, Ein- konferenz. P. Theodosius ging mit Freu- heits-Katechismus, eine jährliche ge- de auf den Plan ein und gestand: meinsame Ansprache der Bischöfe an Wir haben selbst schon eine Zuschrift den Klerus und an das Volk, stete Ver- an sämtliche Ordinariate bearbeitet. bindung unter den Bischöfen. Er schrieb am 30. November 1860 an Am 3. und 4. Dezember 1861 kamen die das bischöfliche Ordinariat von Chur Generalvikare zu einer vorbereitenden und bat um allseitige Empfehlung des Generalversammlung zusammen, um Projektes und fügte bei: einem seit Langem gefühlten Bedürfnis Davon darf uns nichts abhalten. Das entgegenzukommen. 1863 wurde die Bedürfnis, besonders in Bezug auf Schweizer Bischofskonferenz als die Mischehen und Mischschulen ist vor- weltweit erste Versammlung der Bi- 19
schöfe eines Landes gegründet, die re- wachsenen entbehren des katholischen gelmässig zusammentrifft, rechtlich Gottesdienstes, sie entbehren des strukturiert ist und sich mit kirchlichen Empfangs der heiligen Sakramente, der Leitungsfunktionen befasst. Empfang derselben ist wenigstens oft mit grossen Schwierigkeiten verbun- Aufbau des kirchlichen Lebens den, sie entbehren all der Anregungen in der Diaspora zu einem frommen, tugendhaften Wan- del, welche der gesamte äussere Ge- Die Entstehung der Diaspora: P. Theo- brauch des Gottesdienstes der katholi- dosius kam in eine Zeit, in der die Ver- schen Kirche so reichlich in sich trägt, mischung der Konfessionen wirksam und es fehlt ihnen in Freud und Leid, im wurde. Die in der Verfassung von 1848 Leben und insbesondere im Sterben garantierten Freiheiten schufen eine die treue und trostvolle Hirtensorge ei- völlig neue Situation. Die Möglichkeit, nes katholischen Seelsorgers. den Wohnort über die Kantonsgrenzen P. Theodosius scheute sich nicht, von hinaus frei wählen zu können, brachte den Protestanten zu lernen. Als er 1859 die Bevölkerung in Bewegung. Das stei- in Schwyz bei der Versammlung des gende Arbeitsplatzangebot der Städte Piusvereins die inländische Mission an- und ihrer Agglomerationen liessen vor regte und sich für die Katholiken in der allem eine Wanderbewegung aus länd- Diaspora einsetzte, bezog er sich als lich-katholischen Gebieten in die städ- Vorbild auf den Gustav-Adolf-Verein der tisch-industriellen Zentren der ur- deutschen Protestanten. Sie hätten ei- sprünglich reformierten Kantone entste- nen eigenen Verein gebildet für die Un- hen. Die aus ländlichen Gebieten terstützung der protestantischen Inter- erfolgten Auswanderungen führten zu essen in ihrer Diaspora. Er sagte: einer Vermischung der Konfessionen Nehmen wir ein Beispiel an unseren und liessen in den reformierten Orten protestantischen Glaubensbrüdern. Es starke katholische Diasporakolonien ist bekannt, wo ihrer 20–30 in katholi- entstehen. Es bestand die Gefahr der schen Ortschaften niedergelassen sind, Entfremdung von der katholischen Kir- da fordern sie auch eine Kirche, Schule che in reformierten Städten. für ihre Konfession, und sie haben Zum Fest des hl. Felix von Valois recht. Denn da, wo man seinen Kultus schrieb er einen Unterricht über die Si- verbreiten will, muss man auch das Mit- tuation der Diaspora-Katholiken: tel dazu wählen. Aber wir haben ein Die Kinder wachsen auf ohne genügen- gleiches Recht und gleiches Bedürfnis. den katholischen Unterricht, die Er- Was also tun? 20
Es konnte unmöglich an allen Orten, wo tig gelöst, seinen Nachfolgern auf die- Katholiken sich in protestantischen Ge- ser Kanzel den Weg gezeigt». bieten aufhielten, katholische Pfarreien mit Kirchen errichtet werden. Man Einsatz für verschiedene Gruppen musste zum organisierten Anschluss an von Armen und Hilfsbedürftigen angrenzende katholische Gemeinden Zuflucht nehmen: Einpfarrung von Die christliche Nächstenliebe richtet Randkatholiken, Anbindung an Beste- sich vor allem gegen die Benachteilig- hendes. ten. An der 5. Generalversammlung des Das stete Wachstum der Zahlen katho- Piusvereins sprach P. Theodosius am lischer Einwohner in Zürcher Gemein- 19./20. August 1862 in Solothurn über den liess P. Theodosius die zwischen- das Patronat mit besonderer Beziehung zeitliche Idee der «Wandermissionare» zu den Armen, Gesellen, Dienstboten verwerfen. Es konnten die kantons- und und Verdingkindern. Mit praktischem bistumsübergreifenden Notlösungen Sinn ging er auf die Lebensverhältnisse überwunden werden. Auf Anregung von dieser Gruppen ein, um die Notwendig- Domdekan Greith aus St. Gallen wurde keit nachzuweisen, dieselben vor sittli- der Plan gefasst, im Kanton Zürich vier chen Gefahren und auch vor physi- Missionsstationen zu errichten: Winter- schem Elend zu bewahren. thur, Stäfa/Hombrechtikon, Rüti/Bubi- Bekannt ist sein Einsatz für die Kinder kon und Wald/Fischental. und Jugendlichen, für die Armen und Die katholischen Einwohner von Winter- Kranken. Ich will eine Gruppe von Ar- thur ergriffen selber die Initiative. 1862 men aufgreifen, die selten erwähnt wird, erreichten sie die staatliche Anerken- der wir uns als Gemeinschaft in der nung einer Kirchgemeinde. Am 10. Au- Frühzeit sehr zuwandten. gust 1862 konnte P. Theodosius nach P. Theodosius griff in der Patronatsrede fast 350 Jahren den ersten katholischen die Situation der Dienstboten auf und Gottesdienst in Winterthur feiern. Seine dachte auch an weibliche Dienstboten. Predigt war ein Meisterwerk von Klug- Was soll man da tun? Antwort: man heit. Der Winterthurer Landbote schrieb soll gute Dienstboten zu bilden versu- hierüber: «P. Theodosius vermied alles chen. Das ist eine schwierige Aufgabe. und jedes, was auch nur entfernt auf Gute Dienstboten wachsen nur in gu- irgendeine Art und Weise wehetun oder ten Familien oder guten Anstalten auf. missdeutet werden konnte, und zwar P. Theodosius spricht dann von den ohne Zwang mit aller Unbefangenheit. Gefahren, denen Dienstboten ausge- Damit hat er seine Aufgabe mustergül- setzt sind. Wie können die Dienstboten 21
aus diesen Gefahren herausgerissen Unter den «heilenden Bachbetten» werden? müssten selbstverständlich auch die Wohin mit diesen? Hier ist das schwie- beiden Ordensgemeinschaften von rigste Problem zu lösen. Wohin mit Menzingen und Ingenbohl erwähnt wer- Dienstboten, die in Gefahr sind? Kann den, die P. Theodosius gründete und man ihnen andere Plätze anweisen? mit denen er am meisten Erfolg hatte. Wohl, aber dies ist nicht immer der Fall. Ihre Entstehungsgeschichte sprengt Kann man ihnen auf längere Zeit keine den Rahmen dieser Darstellung. Sie Plätze anweisen, was dann tun? Hier sind ausführlich im Theodosius-Buch will ich Ihnen sagen, dass sich in Mün- behandelt. Dabei versuchte ich vor al- chen ein Verein konstituierte unter dem lem die sogenannte Trennungsge- Namen Marienverein. Dieser Verein hat schichte mit Einfühlung beider Seiten eine eigene Gebäulichkeit sich ange- darzustellen. schafft. Wer einen Dienst will, meldet sich in dem Haus, und von dort wird Eine Würdigung seines Wirkens ihm die Persönlichkeit angewiesen, die- sen oder jenen Dienst zu bekommen. Schliessen will ich mit einer Würdigung P. Theodosius weist dann auf den An- von P. Cajetan Krauthahn. Dieser war fang eines solchen Vereins in der Stadt Vikar bei P. Theodosius in Chur, kannte Luzern hin. Zu seinen Lebzeiten konnte ihn also aus der Nähe. Er schreibt in das Institut der Barmherzigen Schwes- seiner Biografie über ihn, die er bereits tern noch keine solchen Häuser grün- 1865 verfasste: den. Später aber führte die Gemein- Wer hat diese ehrwürdige Gestalt und schaft allein in der Schweiz mehrere imponierende Figur mit ihren klaren Au- solcher Marienheime: in Luzern das gen und gewinnenden Manieren nicht Dienstbotenasyl 1874–1905; in Basel gekannt? Und wer hat ihn gekannt und das Marienhaus 1880–1993 und das nicht geliebt oder bewundert? Wer hat Dienstbotenasyl Lindenberg 1894– nicht gerne mit ihm gesprochen und 1908; in Solothurn das «Mägde-Asyl über sein tiefes, allseitiges Wissen ge- Marienhaus» im Forst 1897–1978; Olten staunt? Wer hat ihn je um Rath gefragt 1898-1963, das Marienheim in Bern und keinen bekommen, wer seine Hilfe 1920-1948. Auch die Provinzen Oberös- angesprochen und ist mit leeren Hän- terreich, Steiermark-Kärnten, Baden- den von ihm gegangen? Württemberg, Tirol-Vorarlberg riefen Das Wirken des P. Theodosius war kein früh Heime für Dienstmädchen ins Le- auf ein einzelnes Fach sich beschrän- ben. kendes, sondern ein universelles. Sein 22
schöpferischer Geist bewegte sich nicht in ausgetretenen Geleisen oder auf der Heerstrasse der Alltäglichkeit, sondern er hob sich über das Niveau des Gewöhnlichen und strebte erhabe- nen Zielen nach. … Theodosius war ein ebenso treuer Sohn der Kirche und muthiger Verfechter ihrer Rechte, als ein feuriger Patriot und gewissenhafter Bürger des Staates, nicht weniger ein Freund des Volkes und politischer Frei- heit, als ein Verteidiger der Autorität des Gesetzes. Mit der gleichen Sicher- heit und Geistesgegenwart bewegte er Theodosiusbüste vor dem Theodosianum in sich auf dem glatten Salonboden der Zürich. obern und höchsten Aristokratie, wie in seinem Kloster oder Hospize, dem Ar- Aufmerksamkeit, sondern widmete ihm menhause oder dem Spitale. Derselbe einen Theil seines Lebens und seiner Geist, der die Gebrechen der Zeit er- von keinem günstigen Erfolge gekrön- kannte, fand auch Mittel, denselben zu ten Thätigkeit. Die Fabriken sah er als begegnen. «Nicht die Zeiten sind ein nothwendiges Übel der Zeit an, und schlecht, sondern die Menschen ma- da sie einmal durch die Bedürfnisse chen sie dazu; lasst uns die Menschen derselben ins Leben gerufen waren, so bessern, pflegte er zu sagen, dann wer- war es nach seiner Ansicht nicht am den auch die Zeiten besser.» Von Sor- Platze gegen dieselben, wie gegen gen und verwickelten Geschäften weg, Windmühlen, zu streiten, sondern sie welche die Denkkrafte jedes Menschen mit dem Geiste der Religion zu durch- in Anspruch genommen hätten, trat er dringen. Man muss, pflegte er zu sagen, mit geglätteter Stirne in die Schule und den Strom nicht stauen, sondern ihm unterwies die ihm zujauchzenden Klei- ein Bett anweisen. Gerade die Fabrik- nen mit einer Ruhe, Klarheit und Hinge- unternehmen verursachten ihm die bung, als ob er keine andere Beschäfti- grössten Bitterkeiten, vermehrten die gung auf der Welt hätte, als Unterrichts- Zahl seiner Gegner und machten seine ertheilung im Katechismus. Freunde besorgt, und offen gesagt, wa- Wie der Schule, schenkte er dem Fab- ren wir stets der Ansicht und sprachen rikwesen nicht bloss eine fortdauernde es ohne Hehl aus, dass der Eifer des 23
von Nächstenliebe glühenden Mannes chen Schatze seines Gedächtnisses sich auf ein Feld verirrt habe, das er oder aus dem Evangeliumsabschnitte besser nicht betreten hätte. Allein gros des Tages einen Text hervor, zerlegte se Männer müssen mit einem andern ihn, wie ein Prosector den Cadaver, mit Massstab gemessen werden, als All- logischem Scharfsinn in Abtheilungen tagsmenschen. Es würde sich schlecht und Unterabtheilungen und bildete sich geziemen für einen Pygmäen, den Kri- ein Predigtgerippe, das auf der Kanzel tiker und Schulmeister zu spielen ge- Fleisch und Blut annahm. genüber einem Riesen. … Und wie stand er auf der Kanzel? Bald Ganz zum Schluss füge ich eine kurze drohend, wie Johannes der Täufer; bald Würdigung von Sr. Cornelia Fürer an. mildernd, wie der Jünger der Liebe. Mit Sie folgte P. Theodosius von Menzingen dem Schwert des Wortes versetzte er nach Chur und erlebte ihn dort in manche Wunde, mit dem Öle der Barm- nächster Nähe. In fast dichterischer herzigkeit heilte er sie wieder. … Das Weise spricht sie über seine imponie- Predigen … war für ihn eine Erholung rende Erscheinung: von den Mühen und den Strapazen der Wer hat ihn gesehen, den ehrwürdigen, Arbeit. Geist und Körper befähigten ihn vor der Zeit mit Silberhaar geschmück- in gleicher Weise dazu, indem der eine ten Mann, emporragend aus der Men- unerschöpflich, der andere nicht zu er- ge, majestätischen und leichten Schrit- müden war. Jeden Augenblick war er tes einhergehend, und das leutseligste, bereit, die Kanzel zu besteigen, und allen Hilfsbedürftigen ein offenes Herz eine halbe Stunde Vorbereitung genüg- im Busen tragend – wer hat ihn gese- te ihm, um über jedes beliebige Thema hen und kann ihn vergessen! Und seine geistvoll zu sprechen. Im engen Raum friedlichen, immer heiteren unvergleich- der Zelle oder im Refektorium auf und lichen Gesichtszüge – wer hat sie gese- ab gehend, die Hände reibend oder den hen und bewahrt sie nicht tief im Her- Bart streichend, holte er aus dem rei- zen! r 24
Vision 2020 – Kloster Hegne «ein geprägter Ort» Organisationsentwicklung im Kloster Hegne Sr. Josefa M. Harter, Hegne, Provinz Baden-Württemberg Ziehe Kraft aus deinen Wurzeln, finde Halt im Grund, der trägt, Kraft ziehen aus den Wurzeln, Halt fin- schau zurück auf deinen Ursprung, den auf dem Weg, auf dem wir in unse- doch nach vorne geht der Weg. rer Zeit und Gegenwart Zukunft vorbe- reiten und gestalten – dies trifft zu für In diesem Liedvers, den wir bei ver- viele Vorhaben und Entscheidungen, schiedenen Anlässen immer wieder die wir als Kloster mit unseren Mitarbei- gerne singen, finden wir vieles von dem terinnen und Mitarbeitern in den Wer- ausgedrückt und gedeutet, was uns ken und Klosterbetrieben umgesetzt derzeit bewegt und beschäftigt und haben. Es gilt in besonderer Weise für was wir an Neuem angepackt haben. den Organisationsentwicklungspro- Werte-Kompass für die Schule. 25
zess, den wir im Januar 2015 eröffne- und Mutter Maria Theresia Scherer ge- ten. prägt und gelebt haben: Miteinander – Verantwortung – Offenheit – Vertrauen. Für uns Schwestern ist es eine grosse Wir sind überzeugt, dass diese Haltun- Herausforderung, im Weniger- und Äl- gen, wenn sie von uns und in unseren terwerden Gewohntes aufzugeben und Häusern und Werken mehr und mehr Veränderungen positiv zu gestalten. Wir gelebt werden, wie ein Kompass rich- sehen darin aber auch eine Chance, als tungsweisend sind – nicht nur für die Gemeinschaft im Vertrauen auf Gott Zukunft unseres Klosters, sondern auch und im Zusammenstehen zu wachsen für eine menschenfreundliche Zukunft und uns in unserer Berufung zu vertie- in Kirche und Welt. In den folgenden fen. So machten wir uns mit unseren Monaten gab es für alle Schwestern Führungs- und Leitungskräften und den und Mitarbeiter Angebote, den Werte- ca. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Kompass mit Umsetzungshilfen für den tern auf den Weg in einem von Fachleu- Alltag kennen zu lernen und zu erleben. ten begleiteten Organisationsentwick- lungsprozess, bei uns kurz OE-Prozess Vier Projektgruppen, die sich jeweils genannt. In diesem Prozess geht es aus Schwestern und Mitarbeitenden zu- darum, das Kloster Hegne als gepräg- sammensetzen, arbeiten an Themen ten Ort und als spirituellen Anziehungs- und Lösungen, die wichtig sind, damit punkt zu erhalten, weiterzuentwickeln die zwei Leitsätze des Hegne-Werte- und in eine gute Zukunft zu führen. Kompasses konkret werden: Auch mit immer weniger und älteren Durch Freude und klare Kommunikation Schwestern soll weiterleben, was wir im Gemeinschaft stärken. Blick auf die Bedürfnisse der Zeit als Spirituell fundiert, fachlich kompetent Auftrag sehen: Bildung, Pflege, Beher- und wirtschaftlich gesichert Zukunft ge- bergung, Begleitung. stalten. Wir erleben, dass diese Zusammenar- Ein erster Schritt in diesem Prozess war beit für das gegenseitige Verstehen zunächst die Erstellung des sog. Heg- sehr hilfreich ist und den Blick auf bei- ne-WerteKompasses für Führung den Seiten weitet. und Teamarbeit. Er wurde entwickelt von Schwestern der Provinzleitung und Ein weiterer Schwerpunkt im OE-Pro- den Führungskräften und umfasst vier zess war eine professionell durchge- Werte, die ganz wesentlich unsere führte schriftliche Befragung der Mit- Gründer Pater Theodosius Florentini arbeitenden und der Schwestern. Die 26
Arbeit im Steuerkreis. Auswertung ergab ein hilfreiches «Stim- Ausdruck. Anlässlich einer kleinen Aus- mungsbild» und zeigte auf, in welchen stellung dieser elf Bilder ergab sich ein Bereichen und in welche Richtung wir lebendiger Austausch mit allen Schwes- lernen und weiterwachsen wollen und tern, in dem viel Zuversicht und Zu- müssen. kunftshoffnung spürbar waren. Anfang Februar 2016 fanden sich elf Im Prozessverlauf schälte sich mehr Mitschwestern «unter 60», also unsere und mehr die Erkenntnis heraus, dass «jüngeren», zu einem Workshop zusam- auch strukturelle Veränderungen in den men. Kreativ und erlebnisorientiert um- Blick zu nehmen sind. So entschieden kreisten sie das Motto des Treffens wir uns für die Gründung einer Stiftung «Nach vorne schauen – Miteinander als neuer Rechtsform und Struktur für Zukunft ermöglichen». Unter anderem unsere Werke, um das «Kloster Hegne brachte jede Teilnehmerin ihr inneres als geprägten Ort» zu erhalten und un- Zukunftsbild «Kloster Hegne als ge- seren Auftrag auch in Zukunft erfüllen prägter Ort» auf einer Leinwand zum zu können. Mit diesem Vorhaben stehen 27
Gruppe Schwestern unter 60 im gleichen Boot. wir nun in der zweiten Etappe unseres dürfnis der Zeit, ist der Wille Gottes» zu Prozesses. Klärung der Rollen und neuen Wegen ermutigt. Unser OE-Pro- Kompetenzen und der Führungs- und zess ist die Antwort auf ein Bedürfnis Kommunikationsstrukturen ist die Her- unserer Zeit und Provinz, ein nicht nur ausforderung, der wir uns im laufenden notwendiger, sondern auch ein sehr he- Prozess gegenübersehen. Ebenso ist rausfordernder und arbeitsintensiver uns die Grundlegung einer spirituellen Weg für alle Beteiligten. Stiftungskultur wichtig. Mit diesem An- liegen wurde eine neu gebildete Pro- Wir freuen uns sehr, dass die im Kon- jektgruppe betraut. gress 2016 entwickelte Vision der Kon- gregation die Zukunftsspur, an der wir Schon immer hat uns das Motto unse- arbeiten, unterstützt und verstärkt. res Gründers P. Theodosius «Was Be- r 28
Führen mit einer Vision in Zeiten grosser Veränderungen Sr. Magdalena Walcher, Wels, Provinz Europa Mitte Ziehen wir uns mehr und mehr zurück, Unsere Situation weil wir den Anschluss an den raschen Wandel unserer Gesellschaft kaum Fast alle Kreuzschwestern haben sich mehr schaffen oder weil wir unsere mittlerweile aus Altersgründen aus der Energie für unsere Schwestern brau- operativen Ebene unserer Werke zurück- chen? Wie gestalten wir die Zukunft un- gezogen. Früher haben sie in den Ein- serer Provinz und unserer Einrichtungen richtungen durch ihre Arbeit das Charis- in einer Welt, die sich rasant verändert? ma unseres Ordens implizit einschliess- Das fragten wir uns in der Provinzlei- lich vorgelebt. Heute braucht es in tung. Orden seien religiöse Kraftwerke, unseren 44 Betrieben für über 6000 Mit- sagte der Bischofsvikar der Diözese arbeiter und Mitarbeiterinnen eine expli- Linz vor einigen Jahren. Werden wir zite ausdrückliche Vermittlung unserer bald ein stillgelegtes Kraftwerk sein? Werte und unserer Sendung. Führungs- Gruppenarbeit der Oberinnen. 29
kräfte haben uns nach unseren Zielen Menschenbild reflektiert und erkannt: und unserem Geist gefragt. Das hat uns Die Liebe ermächtigt uns, die Würde in der Provinzleitung bewogen, den Auf- und Freiheit jedes Menschen als höchs- trag der Kreuzschwestern in einem Ma- tes Gut zu achten. Und unser Brust- nifest, dem «Weckruf» niederzuschrei- kreuz empfiehlt uns, aus einem Minus ben. Fachleute haben uns bei der Ent- ein Plus zu machen. wicklung unserer Vision begleitet. Mit drei richtungsweisenden Haltungen «Achtsamkeit, Miteinander auf Au- Unser Ziel und unsere Vision genhöhe, Dankbarkeit» wollen wir zur «Kultur der Liebe» in unseren Werken, Papst Franziskus schrieb in seinem aber auch in unseren Orden beitragen. apostolischen Brief an die Orden: «Ich Die Werte, die wir vor einigen Jahren in erwarte, dass ihr die Welt aufweckt!» den Leitlinien formulierten, ergänzten Der Weckruf «Wieder neue Wege ge- wir im «Weckruf» mit neun zeitgemäs hen» ist laut unseren Konstitutionen sen Handlungsschritten. Zum Beispiel: (Art. 61) auch ein Auftrag der Kreuz- Wir werden … neue Wege gehen. … schwestern. Unser Charisma gründet in der «Kultur der Liebe» Raum und Zeit der barmherzigen Liebe Gottes, daraus geben. … von Lösungen ausgehen und schöpfend, wollen wir Beiträge zu einer nicht von Problemen. … Projekte star- «Kultur der Liebe» schaffen. Die «Kul- ten, die Selbstbestimmung und Selbst- tur der Liebe» entspricht der Vision des wirksamkeit fördern. … die Eigenver- Evangeliums, an dem wir uns orientie- antwortung unserer Mitarbeiter und ren. Als franziskanischer und handeln- Mitarbeiterinnen stärken. Und wir wer- der Orden wollen wir mit dem göttlichen den fröhlich sein. Meistens. Lebenselixier «Liebe» unsere Welt be- reichern. Angesichts der vielfachen Vision kommunizieren Fremdbestimmung durch die heutige Konsumorientierung, Informationsüber- Mit dem «Weckruf» wollten wir Be- lastung und Überregulierung am Arbeits- wusstseinsprozesse anstossen, um un- platz möchten wir mit Massnahmen und sere Kreuzschwestern-Identität zu stär- Projekten die Werte «Selbstbestim- ken und unserem Auftrag eine Dynamik mung» und «Selbstwirksamkeit» in zu geben. Zuerst haben wir in Work- unseren Bildungs-, Gesundheits- und shops unseren «Weckruf» den Ge- sozialen Einrichtungen fördern mit dem schäftsführern und Geschäftsführerin- wunderbaren Ziel «Werden wie ich nen unserer Betriebe kommuniziert. bin». Wir haben unser Gottes- und Danach präsentierten wir ihn den Füh- 30
Gruppenbild mit Geschäftsführern/-innen, Provinzleitung, Wirtschaftsleitung. rungskräften in den jeweiligen Einrich- Kreuzschwestern ein Stück des Weges tungen und unseren Konventoberinnen. gehen, haben wir ein Curriculum mit Wir haben eine neue Website und ein fünf Modulen entworfen. Darin inspirie- Magazin der Kreuzschwestern ge- ren wir andere Menschen mit unseren staltet, um viele Mitarbeitende mit un- Werten, ermöglichen ihnen, unter ande- seren Werten vertraut zu machen. Da- rem neue Perspektiven für ihr Leben zu bei war uns wichtig, den Inhalt unserer gewinnen und eine neue Beziehungs- Spiritualität in eine zeitgemässe und qualität kennen zu lernen. verständliche Sprache zu übersetzen. Unsere Führungskräfte haben uns rück- Ein Auftrag gemeldet: Der Auftrag ist kraftvoll, ent- wicklungsoffen und ein starker Motiva- Dank vieler engagierter und kompeten- tionsschub. Er eröffnet viele Gestal- ter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tungsmöglichkeiten. Ansprechend sind wird schon vieles von unseren normati- die zeitgemässe Formulierung des Cha- ven Vorgaben in unseren Einrichtungen rismas und die wertschätzende Einbe- verwirklicht. Nun ist das Management ziehung zur Mitgestaltung … unserer Betriebe aufgefordert, für die Damit unser «Weckruf» eine Bereiche- Umsetzung zu sorgen und die «Kultur rung für alle werden kann, die mit uns der Liebe» fördern. Wir haben sie auch 31
beauftragt, Projekte zu entwickeln, die und die Werke unseres Ordens als Erbe eine Antwort auf die «Bedürfnisse der an kommende Generationen weiterge- Zeit» sind und für die Zukunft richtungs- ben. In einem gemeinsamen Suchpro- weisend sein könnten. zess mit unseren Mitarbeitern und Mit- arbeiterinnen haben wir uns viel vorge- Dranbleiben nommen. Jetzt gilt es, dialogisch und achtsam an unserer Vision dranzublei- Mit einer kühnen Entscheidung haben ben und sie gemeinsam mit unseren wir uns für eine neue Lebendigkeit ent- Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wei- schieden. Wir wollen unsere Spiritualität terzuentwickeln. r 32
Kurznachrichten aus unseren Provinzen und Vikariaten Volksmission in Brasilien Sr. Gabriella Di Mouro, Nova Iguaçu, Vikariat Brasilien Die Schwestern in Brasilien erfahren Volksmissionen als hilfreiche Form der Evangelisierung. Darun- ter fallen verschiedene Aktivitäten zur Glaubenserneuerung und -vertiefung für alle Alters- und Be- rufsgruppen. In unserem Vikariat sind Volksmissio- Oftmals werden wir auch gebeten, bei nen nicht neu. Für die Fastenzeit und einer Volkmission mitzuhelfen zur Vor- die Karwoche sind wir Schwestern und bereitung von Patronatsfesten oder Ju- Novizinnen immer wieder eingeladen, in biläen. Wir nehmen auch teil an Beru- den Gemeinden, die keinen Priester ha- fungsmissionen zusammen mit den ben, mit dem Volk die Liturgie zu gestal- Franziskanern in Minas Gerais, und ten und zu feiern. neuerdings macht eine Schwester Mis- Kathedrale in Camaçari, Aussendung der Missionare und Missionarinnen. 33
Mission in Tinguá, Sr. Beatriz Krstacic, Sr. Gabriella, Assoziierte Olinda, drei Freiwillige, rechts aussen P. Felix, Pfarrer. sionserfahrung mit den Redemptoristen rend der Woche sind wir in einer Familie in Bahia. untergebracht, wo wir schlafen und die Mahlzeiten einnehmen können. In Be- Was geschieht während der Zeit der gleitung der Kommunionhelfer oder an- Volksmission? Zunächst machen wir derer Gemeindemitglieder, die sich zur uns vertraut mit dem Ort, nehmen Kon- Verfügung stellen, besuchen wir vormit- takt auf mit dem verantwortlichen tags Kranke und Betagte und Familien Priester, den Verantwortlichen und en- in schwierigen Situationen. Meistens gagierten Laien der Gemeinde. Im All- sind wir herzlich willkommen – auch gemeinen dauert eine Volksmission wenn der Kochtopf auf dem Herd war- eine Woche. Sie beginnt mit der Aus- ten muss. Wir versuchen in erster Linie sendung der Missionare und Laien und zuzuhören. Beim Abschied schenken endet mit einer Abschiedsmesse. Wäh- wir einen Rosenkranz, eine Medaille 34
oder ein Novenenbüchlein unserer seli- Staat Rio de Janeiro, und Camaçari, im gen Mitschwestern. Wir benützen auch Staat Bahia, eine Volksmission abhal- die Gelegenheit, um das Programm der ten. Zusammen mit der Gruppe der Be- Missionstage zu verteilen und zu den rufungspastoral stellten sich auch eini- Veranstaltungen mit den Kindern, Frau- ge Mitschwestern zur Verfügung, die en und Betagten einzuladen und zur früher in diesen Pfarreien gewirkt hat- Mitarbeit in verschiedenen pastoralen ten. Gross war die Freude der Leute, Gruppen zu motivieren. bekannte Schwestern wiederzusehen. Wenn die Situation des Ortes es er- Wir wurden in allen Familien herzlich laubt, laden wir abends zu Gebet und aufgenommen, und sie teilten mit uns, Eucharistiefeier ein. was sie hatten. Auf den Strassen wur- Normalerweise ist der Sonntagnachmit- den wir mit Sympathie begrüsst, und tag für ein Treffen mit den Jugendlichen wir mussten über die abwesenden reserviert, auch um das Interesse für Schwestern berichten. Die Leute erin- Berufungen zu wecken. nern sich in Liebe an ihr Wirken. Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums Wir freuten uns sehr, festzustellen, wie unseres Vikariates hat die Gruppe der viele der pastoralen Tätigkeiten, die die Berufungspastoral sich vorgenommen, Schwestern begonnen haben, bis heute in den Pfarreien, in denen früher unsere von Gemeindemitgliedern weitergeführt Schwestern gewirkt haben, als Zeichen werden und gewachsen sind. Das be- der Dankbarkeit die Durchführung einer merkten wir besonders in Itanhomi. In Volksmission vorzuschlagen. Diese Tinguá begleitete uns Pater Felix wäh- Pfarreien sind ein Teil unserer Geschich- rend der Volksmission, um die ihm te. Die Gläubigen haben uns geholfen anvertraute Herde besser kennenzuler- bei unserer Inkulturation, und gemein- nen. In Camaçari sahen wir mit Erstau- sam sind wir in Brasilien im Glauben ge- nen und Freude, dass aus der Gemein- wachsen, im Land des heiligen Kreuzes. de des heiligen Thomas von Canterbury Im Jubeljahr konnten wir in den Pfarrei- unterdessen der Sitz einer grossen Diö en Itanhomi, Minas Gerais, Tinguá, im zese geworden ist. r 35
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