E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie - Rüdiger Vaas - Triaplus

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E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie - Rüdiger Vaas - Triaplus
E pluribus unum
           Integration in
Psychologie, Physik und Philosophie
          Rüdiger Vaas
           ruediger.vaas@konradin.de
  Klinik Zugersee, Oberwil, 13. September 2018
E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie - Rüdiger Vaas - Triaplus
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E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie - Rüdiger Vaas - Triaplus
Vorschau:
 Viele Facetten der „Integration“
 Physik & Philosophie:
Das Kleinste, das Größte
und das Ganze
 Psychologie & Philosophie:
Leib und Seele –
Gehirn und Geist
                               3
E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie - Rüdiger Vaas - Triaplus
Google-Bildersuche „Integration“

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Integration
Bedeutung:
 Einbeziehung, Einbindung, Verschmelzung,
 Verknüpfung, Zusammenführung,
 Eingliederung in ein größeres Ganzes
Gegenwörter:
 Assimilation vs. Differentiation, Desintegration,
 Trennung, Ausgrenzung, Abkapselung, Isolation,
 Abschiebung, Ausweisung, Verbannung, Abschottung
Herkunft:
 Im 19. Jahrhundert entlehnt von lateinisch
 integratio = „Wiederherstellung“, der Substantivierung
 des Verbs integrare = „wiederherstellen, erneuern“
 bzw. des Adjektivs integer/integra/integrum =
 „unangetastet, unversehrt“                        5
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„Integration“: sehr viele Bedeutungen

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Ontologische Kontroversen

Skeptizismus, Nihilismus                     Eklektizismus

 Monismus/Einheit          Pluralismus/Vielheit

             Integration       Dualismus
                    Interaktion        Parallelismus/Separation

  Reduktionismus/Supervenienz/Emergenz

grounding/Fundamentalismus/Totalitarismus                    7
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Integration
verschiedenes zusammen
• wie getrennt?
• wie zusammen?
(nur) fallweise beantwortbar
bzw. praktizierbar!
• dynamisch!
• Wechselwirkung – kausaler
Kontakt – Verschmelzung
                               • Kooperation vs. Symbiose vs.
• Einheit – ontologisch vs.
                                 Versklavung vs. Parasitismus
phänomenal/epistemisch –
                               • Mit-/In-/Füreinander
Illusion? – aber:
                               • Teil/Ganzes
Parallelismus???
                               • unification, Monismus
• Ziele der Wissenschaft:
explanatorische Erweiterung und Vereinheitlichung       8
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Integration des Wissens

• Vieles wissen wir, doch was und wie viel nicht?
     • Was sind prinzipielle Grenzen,
       und was verbirgt sich dahinter?
• Wie hängt unser Wissen zusammen?
     • Einheit der Welt?
• Was folgt aus dem Wissen?

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E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie - Rüdiger Vaas - Triaplus
„Einheitswissenschaft“
• Schriftenreihe des Logischen Empirismus,
ab 1933 hrsg. von Rudolf Carnap, Otto Neurath, Charles W.
Morris, Hans Hahn, Philipp Frank und Jørgen Jørgensen.
• Nachfolgeprojekt: International Encyclopedia of Unified Science,
hrsg. von Otto Neurath, Niels Bohr, John Dewey, Bertrand Russell,
Rudolf Carnap und Charles W. Morris.
• Ziel: Förderung einer einheitlichen Sichtweise der Wissenschaft
                                                     • Brian
                                                     McGuinness
                                                     (Hrsg.):
                                                     Unified
                                                     science.
                                                     The Vienna
                                                     monograph
                                                     series.
 Otto Neurath                                        Reidel,
 (1882–1945)                                         Dordrecht
                                                             10
                                                     1987
E pluribus unum
„aus vielen eines“
• Wappenspruch im offiziellen
Großen Siegel (Hoheitszeichen)
der USA seit 1782
• bis 1956 inoffizielles Motto,
dann Kongress-Resolution 396:
„In God we trust“ als Motto
• Vereinigung der 13 Kolonien/
Bundesstaaten
• heute oft auch: „Schmelztiegel“ der
verschiedenen Völker und Ethnien

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E pluribus unum
1776 vorgeschlagen von
Pierre Eugene du Simitiere
• damals Titelmotto des The Gentle-
man’s Magazin (Artikel-Kollektion)
• früher auf The Gentleman’s Journal
von Huguenot P. A. Motteux, London
• Moretum (Kräuterkäse-Anleitung
von Pseudo-Vergil): „color est e pluribus unus“ (Einheitsfärbung
durch Umrühren)
• Augustinus: Confessiones (intimes Einswerden von Freunden),
Enarrationes in Psalmos (Sammeltaufe), De trinitate
• Cicero, De Officiis: „Wenn jede Person die andere so liebt wie
sich selbst, entsteht eines aus vielen [unus fiat ex pluribus], wie
Pythagoras die Dinge in der Freundschaft zu sein wünscht.“
• Heraklit: „Das Eine besteht aus allen Dingen, und alle Dinge
sind vom Einen.“                                               12
Physik:
Das Kleinste, das Größte
    und das Ganze

                           13
14
__________

Das Standard-
 modell der
 Materie und
 Kosmologie
__________
Aus: R. Vaas: Vom Gottesteilchen zur Weltformel
„Ladung“

elektrische

Farbladung

schwacher
Isospin

Masse
Das Standardmodell der
   Elementarteilchen: Fermionen

Baryon                      Meson

                   Proton

                              Pion

         Neutron
                                    17
Fundamentale Wechselwirkungen:
    Die vier Kräfte der Natur

                             18
Grenzen des Standardmodells:
                Teilchen
• Das Standardmodell liefert eine exakte Beschreibung
der atomaren Bausteine – und kann doch nicht das
letzte Wort der Teilchenphysik sein.

 • Es existieren mindestens 30 Teilchenarten
   12 (Anti)Quarks
   12 Leptonen
    5 Vektorbosonen
    1 Higgs-Boson

 – warum?
 – warum so viele verschiedene?                  19
Grenzen des Standardmodells:
              Familien
• Es existieren drei Quark-Leptonen-Familien
   – warum?
• Es ist nur die erste Familie (u- und d-Quarks sowie
   Elektronen), die unsere vertraute Welt aufbaut.
• Aber: 6 Quarks nötig, damit CP-Symmetrie
   verletzende Zerfälle (K- und B-Mesonen)
   als Prozesse der Schwachen
   Wechselwirkung verständlich sind.
  (Makoto Kobayashi & Toshihide Maskawa 1973; NP 2008)

                                                  20
Grenzen des Standardmodells:
             Parameter
• Viele Teilchen-Eigenschaften werden nicht erklärt
   (Quantenzahlen wie elektrische Ladung,
   schwacher Isospin, Hyperladung und Farbe).
• Es gibt mindestens 19 zufällige Parameter.

                                                21
Grenzen des Standardmodells:
         Hierarchie-Problem
• Warum endet das Standardmodell auf der
   Energie- und Längenskala seiner Gültigkeit
   und nicht woanders?
• "Große Wüste" zwischen 10-17 und 10-33 cm
   bzw. zwischen 1000 und 1019 GeV.
• Aus theoretischen Gründen sollten die Fermionen-
   und Bosonen-Massen nicht so leicht sein, wie sie
   tatsächlich sind, sondern entweder 0 sein oder in
   der Größenordnung der Planck-Masse liegen
   (10-5 g bzw. 1019 GeV).
                                                22
Grenzen des Standardmodells:
           Materie-Überschuss
• Eigentlich sollte gleich viel Materie und Antimaterie
   im Urknall entstanden sein. Da sich Materie und
   Antimaterie aber gegen-
   seitig zerstrahlen, dürfte
   es heute überhaupt keine
   Materie mehr geben.
• Woher stammt also die
   anfängliche Asymmetrie?
   X-Zerfall?
   CP-Verletzungen
Aus: R. Vaas:
Vom Gottesteilchen                                   23
zur Weltformel
Grenzen des Standardmodells:
               Neutrinos
• Die drei Neutrino-Arten sind im SM masselos.
• Sie können sich aber ineinander umwandeln und
   müssen daher eine Ruhemasse besitzen.
• Deshalb muss das SM mit weiteren 9 Parametern
   ergänzt werden (für jede Neutrino-Art ein Eigenwert,
   ein Mischwinkel und eine CP-Verletzungsphase).
• Unbekannt ist, ob die Neutrino-Massen in derselben
   Größenordnung liegen oder ob sie sich stark
   unterscheiden (Hierarchie oder Anti-Hierarchie?).
• Gibt es sogar noch weitere, massereiche Neutrinos
   mit rechtshändigem Spin bzw. sterile Neutrinos
   (die nicht schwach wechselwirken)?              24
Unser seltsames Universum (LCDM)

heute                          380000 Jahre nach Urknall:
• Standardmodell-Materie:
  Quarks, Leptonen, Bosonen
• Dunkle Materie
  (stabiles SUSY-Teilchen?)
• Dunkle Energie
  (Kosmologische Konstante?)
                                                   25
• Inflaton
Quintessenz-Inflation - Darkon

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__________

 Die Große
  Einheit
__________
Grenzen des Standardmodells:
        Feinabstimmungen
• Wenn man das SM auf Größenskalen von 10-19
  Protonen-Durchmesser erweitert, wären extreme
  Feinabstimmungen der Parameter notwendig, um
  nicht zu eklatanten Widersprüchen zu führen.
• Daher liegt es nahe, dass das SM nur einen
  eingeschränkten Geltungsbereich hat
  und bei höheren Energien und somit kleineren
  Maßstäben versagt.

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Grenzen des Standardmodells:
           Vereinheitlichung
• Bei höheren Energie-Skalen, wie sie im frühen
   Universum vorherrschten, waren die Naturkräfte
   nicht getrennt, sondern eine Einheit.
• Die Vereinheitlichung der Schwachen und
   Elektromagnetischen Wechselwirkung zur
   Elektroschwachen Wechselwirkung ist bereits
   experimentell erwiesen und im Standardmodell
   integriert.
• Grand Unified Theories (GUTs) vereinheitlichen
   auch die Starke Kraft
  (JogeshPati,Abdus Salam, Howard Georgi,Sheldon Glashow)

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Grand
    Unified
   Theories
    (GUTs)
Vereinheitlichung der
Kopplungskonstanten
im SM und MSSM
(minimales super-
symmetrisches SM)

Aus: R. Vaas:
Vom Gottesteilchen      30
zur Weltformel
Große Vereinheitlichung

• Grand Unified Theories beschreiben, wie sich
   Quarks, Antiquarks und Leptonen bei 1016 GeV als
   gleichberechtigte Teilchen verhalten. Dazu ist die
   Existenz von X-Teilchen (Leptoquarks) als
   Austauschteilchen nötig.
• Die Neutrino-Massen und -Mischungen könnten eine
   Art Messsonde für die Physik auf der GUT-
   Energieskala sein.
• Protonenzerfall vorausgesagt – aber bislang nicht
   gemessen.
                                                31
Tiefere Fundamente?
Präquarks
Möglicherweise sind die Quarks und Leptonen gar
nicht fundamental, sondern aus noch einfacheren,
kleineren Bausteinen zusammengesetzt.
• Präonen: 3 Typen
  (Jogesh C. Pati & Abdus Salam, 1974)
  ("prä", lateinisch: "vor-")
• Rischonen: 2 Typen
  (Haim Harari, 1979)
  ("rischon", hebräisch: "ur-")
Gerard 't Hooft plädiert für eine unprätentiösere
Nomenklatur: Quarks, Quinks, Sexks, Septemks...
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Supersymmetrie (SUSY)
• Erfolgversprechendster Kandidat für eine Theorie
   jenseits des Standardmodells
  (Bruno Zumino, Julius Wess, Peter van Nieuwenhuizen...)
• Durch Symmetrieprinzipien bestehende
   fundamentale Verwandtschaft zwischen
   Fermionen und Bosonen;
  bei hohen Energien können sie sich ineinander
   umwandeln;
  Symmetriebrechung mit der Ausdehnung/Abkühlung
   des Universums.

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Supersymmetrie (SUSY)
• Die drei Kräfte des Standardmodells vereinigen sich
  in supersymmetrischen GUTs bei 1016 GeV
  – was in GUTs ohne SUSY nicht der Fall zu sein
  scheint
  (Howard Georgi, Helen Quinn & Steven Weinberg)
• Die Unifikationsmasse der SUSY-GUTs ist circa
  20x bis 30x größer als für gewöhnliche GUTs.
• Insbesondere das Minimale Supersymmetrische
   Standardmodell der Elementarteilchen (MSSM)
   ist eine vollständig spezifizierte, konsistente und
   berechenbare Theorie, die sich mit allen bekannten
   Präzisionstests der Elektroschwachen
   Wechselwirkung vereinbaren lässt.
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Unsere Welt und ihr Schatten
• Jedes Fermion (Spin = 1/2) hat ein Boson
   (ganzzahliger Spin) als Partner und umgekehrt.
• Spartikel sind schwerer, unterscheiden sich um
   halbzahligen Spin von Standard-Teilchen.
• Sie werden Sfermions (Spin = 0) und Sleptonen
   sowie Bosinos genannt.
• Sie haben dieselben Quantenzahl (Farbladung,
   schwacher Isospin, Hyperladung, elektrische
   Ladung) wie Partikel.
• Das leichteste SUSY-Teilchen wäre stabil, ein idealer
   Kandidat für die ominöse Dunkle Materie im All und
   vielleicht vom LHC zu erzeugen und zu entdecken.
                                                  35
Rettende SUSY
• Wenn SUSY stimmt, gibt es nicht nur ein Higgs-
   Teilchen, sondern wohl fünf: drei neutrale und zwei
   geladene.
• Sie würden auch schützende Stabilität gewährleisten
   und Dilemma verhindern zwischen
   • Skylla einer riesigen, aber nicht beobachteten
   neuen Naturkraft und völliger Unberechenbarkeit und
   • Charybdis eines instabilen, kollabierenden
   Vakuums, das unser Universum vernichten würde.

                                                    36
SUSY: Leistung und Grenzen
• SUSY war eine Lösung auf der Suche nach
   einem Problem; rund 10000 Arbeiten wurden
   über Jahre hinweg ohne Anwendungsabsichten
   geschrieben.
• SUSYs Gültigkeit ist überprüfbar, z.B. mit LHC;
   macht z.B. Voraussagen zu den Zerfällen und
   Massen der Higgs-Bosonen. Das leichteste Higgs-
   Teilchen sollte dem MSSM gemäß leichter als
   130 GeV sein.
• SUSY ist aber keine fundamentale, sondern nur
   eine effektive Theorie. Doch ihre Bestätigung
   würde ein Fenster zur Planck-Skala aufstoßen.
                                                   37
---säulen3

   Theorie der
Quantengravitation
                     38
Physik-Nobelpreis 2017

                                   39
              www.nobelprize.org
Arten von
Gravitationswellen

Aus: R. Vaas:
                          40
Signale der Schwerkraft
Vereinheitlichung
xxxxxxxxxx

                         Vereinheitlichung
                  Aus: R. Vaas:                  41
                  Vom Gottesteilchen zur Weltformel
Quantengravitation – die "Weltformel"?
Theory of Everything (Begriff: John Ellis 1986)
= final theory = ultimate theory = primary theory

• (Super)String-/M-Theorie: Strings und Branen
• Euklidische Quantengravitation
   (Stephen Hawking, Gary Gibbons ...)
• Quantengeometrie (Loop Quantum Gravity):
   Spin networks/foams
   (Abhay Ashtekar, Lee Smolin, Carlo Rovelli, Jerzy Lewan-
   dowski, Chris Isham, John Baez, Thomas Thiemann ...)
• Kausale Dynamische Triangulation
   (Jan Ambjørn, Jerzy Jurkiewicz, Renate Loll)
• Nichtkanonische Quantengravitation, Twistoren
   (Roger Penrose)
• Nichtkommutative Geometrien, causal sets
   (Rafael D. Sorkin) ...                                42
Stephen Hawking: Ist das Ende der
  Theoretischen Physik in Sicht?

                                43
Ist das Ende der Theoretischen Physik
 in Sicht? (Antrittsvorlesung 29.4.1980)
"... dass das Ziel der Theoretischen Physik in nicht allzu ferner
Zukunft, sagen wir am Ende unseres Jahrhunderts, erreicht sein
wird. Ich meine damit, dass wir unter Umständen über eine
vollständige, schlüssige und vereinheitlichte Theorie der
physikalischen Wechselwirkungen verfügen könnten, die alle
überhaupt möglichen Beobachtungen beschreibt."

2001 in München:
"Ursprünglich glaubte ich, wir würden die 'Theorie für alles' bis
zum Ende des 20. Jahrhunderts finden. Trotz großer Fortschritte
scheint das Ziel immer noch genauso weit entfernt. Ich musste
meine Erwartungen korrigieren, denke aber immer noch, dass
wir es bis zum Ende des Jahrhunderts schaffen, und vielleicht
schon sehr bald. Da bin ich Optimist. Nur meine ich jetzt das 21.
Jahrhundert."                                                44
Psychologie:
Leib und Seele – Gehirn und
           Geist

                          45
Evolution ist überall!

                         46
„Der Weltknoten“
    Der Weltknoten
     Arthur Schopenhauer (1788-1860)

• Spiritualismus vs. Naturalismus
• Idealismus vs. Realismus
• Solipsismus vs. Externalismus
• Neurophilosophie ?
• Formale Ontologie !
                                       47
Genauer: Viele Probleme!

• Intentionalität (Repräsentationen)
• Qualia (phänomenaler Gehalt)
• Selbstwissen,präreflexives Selbstbewusstsein
  de-se-Attributionen (vs. de re, de dicto)
• Perspektivität (erste vs. dritte Person)
• mentale Verursachung (und Willensfreiheit)
• Temporalität, Zeitbewusstsein
• Personalität, personale Identität
                                         48
Hauptproblem

     Ontologie
     der Subjektivität
     und mentalen Verursachung

• Hinweis:
  Vorsicht: mereologischer Fehlschluss:
  Verwechslung der Eigenschaften des Ganzen
  mit denen seiner Teile
  z.B. "visueller Cortex sieht Kanten",
       "Gehirn denkt", "Ich ist Neuronenmuster"
                                                  49
verändert nach
             Leib-Seele-Problem              Peter Bieri
(1) Dualismus: Das Mentale ist nicht physisch.
(2) Mentale Verursachung: Das Mentale ist im Bereich des
Physischen kausal wirksam und wird physisch verursacht.
(3) Physikalische Geschlossenheit: Es gibt keinen
nichtphysischen Einfluss auf das Physische.
Daraus resultiert ein Trilemma, denn jeweils zwei
der Prämissen implizieren die Falschheit der dritten.
Das Rätsel des Bewusstseins besteht in der
Erklärungslücke zwischen (1) und (2): Wie, wenn
überhaupt, kann die anscheinend bewusstlose
Materie Bewusstsein hervorbringen?
Und das Problem der Willensfreiheit besteht in der
Unvereinbarkeit von (2) und (3), wenn (2) die Be-
dingung (1) erfordert: Wie können Entscheidungen
getroffen und physisch realisiert werden?         50
Die Opponenten im Vergleich
Kompatibilismus vs. Determinismus vs. Libertarismus

                                                  51
  schwache vs. keine vs. starke Willensfreiheit
Leib-Seele-Problem
(1) Dualismus: Das Mentale ist nicht physisch.
(2) Mentale Verursachung: Das Mentale ist im Bereich des
Physischen kausal wirksam und wird physisch verursacht.
(3) Physikalische Geschlossenheit: Es gibt keinen
nichtphysischen Einfluss auf das Physische.

Das Problem zu bewältigen heißt entweder
• Lösung: man muss zeigen, daß der Widerspruch
nur scheinbar, aber nicht wirklich besteht, die Sätze
also vereinbar sind (Kompatibilität), oder
• Auflösung: man verwirft eine oder mehrere der
Prämissen (Elimination).

                                                     52
Ontologische Hypothesen

Substanzdualismus (SD): Physisches und Psychisches sind wesensverschiedene,
unabhängige Substanzen; physikalische Geschlossenheit des Physischen (PG);
Abwärtskausalität (AK): Entitäten auf „höheren“ Beschreibungsstufen können auf
solche „niedererer“ einwirken (z.B. Organe auf Moleküle), selbst wenn sie von der-
selben ontologischen Art sind; monistische Eigenschaftsontologie (ME) im Gegen-
satz zu einer dualistischen; kausale Kompatibilität (KK) / Koexistenz (KE) der
mentalen Verursachung über nichtphysische Eigenschaften mit physischer Verur-
sachung bei physikalischer (kausaler) Geschlossenheit; globale Supervenienz (GS):
keine Änderung auf der „höheren“ Beschreibungsebene ohne eine Änderung auf der
„niedrigeren“, zum Beispiel keine Veränderung von Bewusstseinszuständen ohne
eine Veränderung im Gehirn oder der Umwelt; multiple Realisierbarkeit (MR):
Physische Eigenschaften oder Prozesse können (nicht: müssen) auf ganz 53
unterschiedlichen "Substraten" beruhen.                        aus: Vaas 2007/2018
Neuronale Korrelate des Bewusstseins
                         neuronale                   bewusste
    Außenwelt
                          Aktivität                Repräsentation

Vaas, R.:
• Why Neural Correlates Of Consciousness Are Fine,
But Not Enough.
Anthropology & Philosophy, Bd. 3, S. 121-141 (1999).
• Reine Nervensache: Neuronale Korrelate des Bewusst-
seins. Die größte Herausforderung der Hirnforschung.       54
Universitas, Bd. 73, Nr., 864, S. 26-53 (6/2018).
Wir sind nicht nur Gehirn!
Jedes Gehirn ...
• ist ein offenes System
• hat eine Geschichte (Evolution, Ontogenese...)
• hat einen Körper (Embodiment)
• hat eine Umwelt
• ... einschließlich der sozialen Interaktionen incl.
Sprache/Begriffe (bis hin zum Externalismus:
Bedeutung, Wissen etc.)
   Psychoneuroimmunoendokrinologie
     Psychobiologie, Psychosomatik
• Psyche + willkürliches Nervensystem + vegetatives =
autonomes Nervensystem + Hormonsystem + Immunsystem
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Wechselwirkung!!!
Falscher Dualismus: Gefühle vs. Vernunft
Die Architektur unseres Erlebens:
Emotionen und Rationalität werden in unterschiedlichen Gehirn-
regionen erzeugt und verarbeitet, stehen aber in enger Wechsel-
wirkung.
Denken und explizites, nichtemotionales Gedächtnis
werden in verschiedenen Bereichen der Großhirnrinde realisiert.
Gefühle stammen vor allem aus dem limbischen System.
• Seine unterste Ebene besteht aus Hirnarealen, welche die
primären Gefühle (angeborene Affektzustände) steuern.
• Die mittlere Ebene ist an den emotionalen Konditionierungen
und sekundären Gefühlen beteiligt. Dabei handelt es sich um
ein überwiegend implizites, also unbewusstes, aber zugleich
sehr nachhaltiges Lernen und Umlernen.
• Detaillierte und schnelle, aber auch flexiblere Lernvorgänge
sowie explizite Bewertungen finden vor allem auf der oberen,
bewusstseinsfähigen Ebene der Großhirnrinde statt.          56
Gefühle versus
      Vernunft
Die verschiedenen,
hierarchisch geordneten
Strukturen sind wechselseitig
miteinander verschaltet.
Doch sind die Einflüsse
der unteren Ebene(n)
wesentlich stärker
als die der oberen
(hier durch die Dicke der
Pfeile symbolisiert).
Deshalb ist es so schwer,
rational gegen übermächtige
Gefühle anzugehen.
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               G. Roth / R. Vaas
Die emotionale conditio humana
Keine ausschließlich rationale Grundlagen bei
• Plänen und Entscheidungen (selbst bei „Tabellen“)
• Handlungen (dass überhaupt; was; wieso so)
• Schlussfolgerungen (incl. Abbruch)
• Erkenntnis(theorie): Akzeptanz (“Zutrauen”)
  in bestimmte Annahmen – auch bei der Skepsis
durch
• Bewertungen (was ist gut, schön, wichtig, sinnvoll? … wahr?)
• Gewichtungen (sonst z.B. Verlieren im Nebensächlichen)
• Motivation
• Orientierung in der Komplexität
• Zeitvorteil (auch Warnung, Reaktion)
Eine funktionierende – praktische und theoretische! –
Rationalität ist auf Gefühle angewiesen!
→ Selbsterhaltung: Leben und Identität                  58
»Man hat als Mensch gerade noch so viel Verstand
 mitbekommen, dass man von seiner intellektuellen
 Ohnmacht dem Seienden gegenüber eine deutliche
 Vorstellung erlangen kann. Die Welt des Menschen-
 getriebes würde schöner aussehen, wenn diese
 Demut allen mitgeteilt werden könnte.«

Albert Einstein                                59
Danke fürs
Kommen und
  Zuhören!
 ruediger.vaas
 @konradin.de
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