E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie - Rüdiger Vaas - Triaplus
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E pluribus unum Integration in Psychologie, Physik und Philosophie Rüdiger Vaas ruediger.vaas@konradin.de Klinik Zugersee, Oberwil, 13. September 2018
Vorschau: Viele Facetten der „Integration“ Physik & Philosophie: Das Kleinste, das Größte und das Ganze Psychologie & Philosophie: Leib und Seele – Gehirn und Geist 3
Integration Bedeutung: Einbeziehung, Einbindung, Verschmelzung, Verknüpfung, Zusammenführung, Eingliederung in ein größeres Ganzes Gegenwörter: Assimilation vs. Differentiation, Desintegration, Trennung, Ausgrenzung, Abkapselung, Isolation, Abschiebung, Ausweisung, Verbannung, Abschottung Herkunft: Im 19. Jahrhundert entlehnt von lateinisch integratio = „Wiederherstellung“, der Substantivierung des Verbs integrare = „wiederherstellen, erneuern“ bzw. des Adjektivs integer/integra/integrum = „unangetastet, unversehrt“ 5
Ontologische Kontroversen Skeptizismus, Nihilismus Eklektizismus Monismus/Einheit Pluralismus/Vielheit Integration Dualismus Interaktion Parallelismus/Separation Reduktionismus/Supervenienz/Emergenz grounding/Fundamentalismus/Totalitarismus 7
Integration verschiedenes zusammen • wie getrennt? • wie zusammen? (nur) fallweise beantwortbar bzw. praktizierbar! • dynamisch! • Wechselwirkung – kausaler Kontakt – Verschmelzung • Kooperation vs. Symbiose vs. • Einheit – ontologisch vs. Versklavung vs. Parasitismus phänomenal/epistemisch – • Mit-/In-/Füreinander Illusion? – aber: • Teil/Ganzes Parallelismus??? • unification, Monismus • Ziele der Wissenschaft: explanatorische Erweiterung und Vereinheitlichung 8
Integration des Wissens • Vieles wissen wir, doch was und wie viel nicht? • Was sind prinzipielle Grenzen, und was verbirgt sich dahinter? • Wie hängt unser Wissen zusammen? • Einheit der Welt? • Was folgt aus dem Wissen? 9
„Einheitswissenschaft“ • Schriftenreihe des Logischen Empirismus, ab 1933 hrsg. von Rudolf Carnap, Otto Neurath, Charles W. Morris, Hans Hahn, Philipp Frank und Jørgen Jørgensen. • Nachfolgeprojekt: International Encyclopedia of Unified Science, hrsg. von Otto Neurath, Niels Bohr, John Dewey, Bertrand Russell, Rudolf Carnap und Charles W. Morris. • Ziel: Förderung einer einheitlichen Sichtweise der Wissenschaft • Brian McGuinness (Hrsg.): Unified science. The Vienna monograph series. Otto Neurath Reidel, (1882–1945) Dordrecht 10 1987
E pluribus unum „aus vielen eines“ • Wappenspruch im offiziellen Großen Siegel (Hoheitszeichen) der USA seit 1782 • bis 1956 inoffizielles Motto, dann Kongress-Resolution 396: „In God we trust“ als Motto • Vereinigung der 13 Kolonien/ Bundesstaaten • heute oft auch: „Schmelztiegel“ der verschiedenen Völker und Ethnien 11
E pluribus unum 1776 vorgeschlagen von Pierre Eugene du Simitiere • damals Titelmotto des The Gentle- man’s Magazin (Artikel-Kollektion) • früher auf The Gentleman’s Journal von Huguenot P. A. Motteux, London • Moretum (Kräuterkäse-Anleitung von Pseudo-Vergil): „color est e pluribus unus“ (Einheitsfärbung durch Umrühren) • Augustinus: Confessiones (intimes Einswerden von Freunden), Enarrationes in Psalmos (Sammeltaufe), De trinitate • Cicero, De Officiis: „Wenn jede Person die andere so liebt wie sich selbst, entsteht eines aus vielen [unus fiat ex pluribus], wie Pythagoras die Dinge in der Freundschaft zu sein wünscht.“ • Heraklit: „Das Eine besteht aus allen Dingen, und alle Dinge sind vom Einen.“ 12
Physik: Das Kleinste, das Größte und das Ganze 13
14
__________ Das Standard- modell der Materie und Kosmologie __________
Aus: R. Vaas: Vom Gottesteilchen zur Weltformel „Ladung“ elektrische Farbladung schwacher Isospin Masse
Das Standardmodell der Elementarteilchen: Fermionen Baryon Meson Proton Pion Neutron 17
Fundamentale Wechselwirkungen: Die vier Kräfte der Natur 18
Grenzen des Standardmodells: Teilchen • Das Standardmodell liefert eine exakte Beschreibung der atomaren Bausteine – und kann doch nicht das letzte Wort der Teilchenphysik sein. • Es existieren mindestens 30 Teilchenarten 12 (Anti)Quarks 12 Leptonen 5 Vektorbosonen 1 Higgs-Boson – warum? – warum so viele verschiedene? 19
Grenzen des Standardmodells: Familien • Es existieren drei Quark-Leptonen-Familien – warum? • Es ist nur die erste Familie (u- und d-Quarks sowie Elektronen), die unsere vertraute Welt aufbaut. • Aber: 6 Quarks nötig, damit CP-Symmetrie verletzende Zerfälle (K- und B-Mesonen) als Prozesse der Schwachen Wechselwirkung verständlich sind. (Makoto Kobayashi & Toshihide Maskawa 1973; NP 2008) 20
Grenzen des Standardmodells: Parameter • Viele Teilchen-Eigenschaften werden nicht erklärt (Quantenzahlen wie elektrische Ladung, schwacher Isospin, Hyperladung und Farbe). • Es gibt mindestens 19 zufällige Parameter. 21
Grenzen des Standardmodells: Hierarchie-Problem • Warum endet das Standardmodell auf der Energie- und Längenskala seiner Gültigkeit und nicht woanders? • "Große Wüste" zwischen 10-17 und 10-33 cm bzw. zwischen 1000 und 1019 GeV. • Aus theoretischen Gründen sollten die Fermionen- und Bosonen-Massen nicht so leicht sein, wie sie tatsächlich sind, sondern entweder 0 sein oder in der Größenordnung der Planck-Masse liegen (10-5 g bzw. 1019 GeV). 22
Grenzen des Standardmodells: Materie-Überschuss • Eigentlich sollte gleich viel Materie und Antimaterie im Urknall entstanden sein. Da sich Materie und Antimaterie aber gegen- seitig zerstrahlen, dürfte es heute überhaupt keine Materie mehr geben. • Woher stammt also die anfängliche Asymmetrie? X-Zerfall? CP-Verletzungen Aus: R. Vaas: Vom Gottesteilchen 23 zur Weltformel
Grenzen des Standardmodells: Neutrinos • Die drei Neutrino-Arten sind im SM masselos. • Sie können sich aber ineinander umwandeln und müssen daher eine Ruhemasse besitzen. • Deshalb muss das SM mit weiteren 9 Parametern ergänzt werden (für jede Neutrino-Art ein Eigenwert, ein Mischwinkel und eine CP-Verletzungsphase). • Unbekannt ist, ob die Neutrino-Massen in derselben Größenordnung liegen oder ob sie sich stark unterscheiden (Hierarchie oder Anti-Hierarchie?). • Gibt es sogar noch weitere, massereiche Neutrinos mit rechtshändigem Spin bzw. sterile Neutrinos (die nicht schwach wechselwirken)? 24
Unser seltsames Universum (LCDM) heute 380000 Jahre nach Urknall: • Standardmodell-Materie: Quarks, Leptonen, Bosonen • Dunkle Materie (stabiles SUSY-Teilchen?) • Dunkle Energie (Kosmologische Konstante?) 25 • Inflaton
Quintessenz-Inflation - Darkon 26
__________ Die Große Einheit __________
Grenzen des Standardmodells: Feinabstimmungen • Wenn man das SM auf Größenskalen von 10-19 Protonen-Durchmesser erweitert, wären extreme Feinabstimmungen der Parameter notwendig, um nicht zu eklatanten Widersprüchen zu führen. • Daher liegt es nahe, dass das SM nur einen eingeschränkten Geltungsbereich hat und bei höheren Energien und somit kleineren Maßstäben versagt. 28
Grenzen des Standardmodells: Vereinheitlichung • Bei höheren Energie-Skalen, wie sie im frühen Universum vorherrschten, waren die Naturkräfte nicht getrennt, sondern eine Einheit. • Die Vereinheitlichung der Schwachen und Elektromagnetischen Wechselwirkung zur Elektroschwachen Wechselwirkung ist bereits experimentell erwiesen und im Standardmodell integriert. • Grand Unified Theories (GUTs) vereinheitlichen auch die Starke Kraft (JogeshPati,Abdus Salam, Howard Georgi,Sheldon Glashow) 29
Grand Unified Theories (GUTs) Vereinheitlichung der Kopplungskonstanten im SM und MSSM (minimales super- symmetrisches SM) Aus: R. Vaas: Vom Gottesteilchen 30 zur Weltformel
Große Vereinheitlichung • Grand Unified Theories beschreiben, wie sich Quarks, Antiquarks und Leptonen bei 1016 GeV als gleichberechtigte Teilchen verhalten. Dazu ist die Existenz von X-Teilchen (Leptoquarks) als Austauschteilchen nötig. • Die Neutrino-Massen und -Mischungen könnten eine Art Messsonde für die Physik auf der GUT- Energieskala sein. • Protonenzerfall vorausgesagt – aber bislang nicht gemessen. 31
Tiefere Fundamente? Präquarks Möglicherweise sind die Quarks und Leptonen gar nicht fundamental, sondern aus noch einfacheren, kleineren Bausteinen zusammengesetzt. • Präonen: 3 Typen (Jogesh C. Pati & Abdus Salam, 1974) ("prä", lateinisch: "vor-") • Rischonen: 2 Typen (Haim Harari, 1979) ("rischon", hebräisch: "ur-") Gerard 't Hooft plädiert für eine unprätentiösere Nomenklatur: Quarks, Quinks, Sexks, Septemks... 32
Supersymmetrie (SUSY) • Erfolgversprechendster Kandidat für eine Theorie jenseits des Standardmodells (Bruno Zumino, Julius Wess, Peter van Nieuwenhuizen...) • Durch Symmetrieprinzipien bestehende fundamentale Verwandtschaft zwischen Fermionen und Bosonen; bei hohen Energien können sie sich ineinander umwandeln; Symmetriebrechung mit der Ausdehnung/Abkühlung des Universums. 33
Supersymmetrie (SUSY) • Die drei Kräfte des Standardmodells vereinigen sich in supersymmetrischen GUTs bei 1016 GeV – was in GUTs ohne SUSY nicht der Fall zu sein scheint (Howard Georgi, Helen Quinn & Steven Weinberg) • Die Unifikationsmasse der SUSY-GUTs ist circa 20x bis 30x größer als für gewöhnliche GUTs. • Insbesondere das Minimale Supersymmetrische Standardmodell der Elementarteilchen (MSSM) ist eine vollständig spezifizierte, konsistente und berechenbare Theorie, die sich mit allen bekannten Präzisionstests der Elektroschwachen Wechselwirkung vereinbaren lässt. 34
Unsere Welt und ihr Schatten • Jedes Fermion (Spin = 1/2) hat ein Boson (ganzzahliger Spin) als Partner und umgekehrt. • Spartikel sind schwerer, unterscheiden sich um halbzahligen Spin von Standard-Teilchen. • Sie werden Sfermions (Spin = 0) und Sleptonen sowie Bosinos genannt. • Sie haben dieselben Quantenzahl (Farbladung, schwacher Isospin, Hyperladung, elektrische Ladung) wie Partikel. • Das leichteste SUSY-Teilchen wäre stabil, ein idealer Kandidat für die ominöse Dunkle Materie im All und vielleicht vom LHC zu erzeugen und zu entdecken. 35
Rettende SUSY • Wenn SUSY stimmt, gibt es nicht nur ein Higgs- Teilchen, sondern wohl fünf: drei neutrale und zwei geladene. • Sie würden auch schützende Stabilität gewährleisten und Dilemma verhindern zwischen • Skylla einer riesigen, aber nicht beobachteten neuen Naturkraft und völliger Unberechenbarkeit und • Charybdis eines instabilen, kollabierenden Vakuums, das unser Universum vernichten würde. 36
SUSY: Leistung und Grenzen • SUSY war eine Lösung auf der Suche nach einem Problem; rund 10000 Arbeiten wurden über Jahre hinweg ohne Anwendungsabsichten geschrieben. • SUSYs Gültigkeit ist überprüfbar, z.B. mit LHC; macht z.B. Voraussagen zu den Zerfällen und Massen der Higgs-Bosonen. Das leichteste Higgs- Teilchen sollte dem MSSM gemäß leichter als 130 GeV sein. • SUSY ist aber keine fundamentale, sondern nur eine effektive Theorie. Doch ihre Bestätigung würde ein Fenster zur Planck-Skala aufstoßen. 37
---säulen3 Theorie der Quantengravitation 38
Physik-Nobelpreis 2017 39 www.nobelprize.org
Arten von Gravitationswellen Aus: R. Vaas: 40 Signale der Schwerkraft
Vereinheitlichung xxxxxxxxxx Vereinheitlichung Aus: R. Vaas: 41 Vom Gottesteilchen zur Weltformel
Quantengravitation – die "Weltformel"? Theory of Everything (Begriff: John Ellis 1986) = final theory = ultimate theory = primary theory • (Super)String-/M-Theorie: Strings und Branen • Euklidische Quantengravitation (Stephen Hawking, Gary Gibbons ...) • Quantengeometrie (Loop Quantum Gravity): Spin networks/foams (Abhay Ashtekar, Lee Smolin, Carlo Rovelli, Jerzy Lewan- dowski, Chris Isham, John Baez, Thomas Thiemann ...) • Kausale Dynamische Triangulation (Jan Ambjørn, Jerzy Jurkiewicz, Renate Loll) • Nichtkanonische Quantengravitation, Twistoren (Roger Penrose) • Nichtkommutative Geometrien, causal sets (Rafael D. Sorkin) ... 42
Stephen Hawking: Ist das Ende der Theoretischen Physik in Sicht? 43
Ist das Ende der Theoretischen Physik in Sicht? (Antrittsvorlesung 29.4.1980) "... dass das Ziel der Theoretischen Physik in nicht allzu ferner Zukunft, sagen wir am Ende unseres Jahrhunderts, erreicht sein wird. Ich meine damit, dass wir unter Umständen über eine vollständige, schlüssige und vereinheitlichte Theorie der physikalischen Wechselwirkungen verfügen könnten, die alle überhaupt möglichen Beobachtungen beschreibt." 2001 in München: "Ursprünglich glaubte ich, wir würden die 'Theorie für alles' bis zum Ende des 20. Jahrhunderts finden. Trotz großer Fortschritte scheint das Ziel immer noch genauso weit entfernt. Ich musste meine Erwartungen korrigieren, denke aber immer noch, dass wir es bis zum Ende des Jahrhunderts schaffen, und vielleicht schon sehr bald. Da bin ich Optimist. Nur meine ich jetzt das 21. Jahrhundert." 44
Psychologie: Leib und Seele – Gehirn und Geist 45
Evolution ist überall! 46
„Der Weltknoten“ Der Weltknoten Arthur Schopenhauer (1788-1860) • Spiritualismus vs. Naturalismus • Idealismus vs. Realismus • Solipsismus vs. Externalismus • Neurophilosophie ? • Formale Ontologie ! 47
Genauer: Viele Probleme! • Intentionalität (Repräsentationen) • Qualia (phänomenaler Gehalt) • Selbstwissen,präreflexives Selbstbewusstsein de-se-Attributionen (vs. de re, de dicto) • Perspektivität (erste vs. dritte Person) • mentale Verursachung (und Willensfreiheit) • Temporalität, Zeitbewusstsein • Personalität, personale Identität 48
Hauptproblem Ontologie der Subjektivität und mentalen Verursachung • Hinweis: Vorsicht: mereologischer Fehlschluss: Verwechslung der Eigenschaften des Ganzen mit denen seiner Teile z.B. "visueller Cortex sieht Kanten", "Gehirn denkt", "Ich ist Neuronenmuster" 49
verändert nach Leib-Seele-Problem Peter Bieri (1) Dualismus: Das Mentale ist nicht physisch. (2) Mentale Verursachung: Das Mentale ist im Bereich des Physischen kausal wirksam und wird physisch verursacht. (3) Physikalische Geschlossenheit: Es gibt keinen nichtphysischen Einfluss auf das Physische. Daraus resultiert ein Trilemma, denn jeweils zwei der Prämissen implizieren die Falschheit der dritten. Das Rätsel des Bewusstseins besteht in der Erklärungslücke zwischen (1) und (2): Wie, wenn überhaupt, kann die anscheinend bewusstlose Materie Bewusstsein hervorbringen? Und das Problem der Willensfreiheit besteht in der Unvereinbarkeit von (2) und (3), wenn (2) die Be- dingung (1) erfordert: Wie können Entscheidungen getroffen und physisch realisiert werden? 50
Die Opponenten im Vergleich Kompatibilismus vs. Determinismus vs. Libertarismus 51 schwache vs. keine vs. starke Willensfreiheit
Leib-Seele-Problem (1) Dualismus: Das Mentale ist nicht physisch. (2) Mentale Verursachung: Das Mentale ist im Bereich des Physischen kausal wirksam und wird physisch verursacht. (3) Physikalische Geschlossenheit: Es gibt keinen nichtphysischen Einfluss auf das Physische. Das Problem zu bewältigen heißt entweder • Lösung: man muss zeigen, daß der Widerspruch nur scheinbar, aber nicht wirklich besteht, die Sätze also vereinbar sind (Kompatibilität), oder • Auflösung: man verwirft eine oder mehrere der Prämissen (Elimination). 52
Ontologische Hypothesen Substanzdualismus (SD): Physisches und Psychisches sind wesensverschiedene, unabhängige Substanzen; physikalische Geschlossenheit des Physischen (PG); Abwärtskausalität (AK): Entitäten auf „höheren“ Beschreibungsstufen können auf solche „niedererer“ einwirken (z.B. Organe auf Moleküle), selbst wenn sie von der- selben ontologischen Art sind; monistische Eigenschaftsontologie (ME) im Gegen- satz zu einer dualistischen; kausale Kompatibilität (KK) / Koexistenz (KE) der mentalen Verursachung über nichtphysische Eigenschaften mit physischer Verur- sachung bei physikalischer (kausaler) Geschlossenheit; globale Supervenienz (GS): keine Änderung auf der „höheren“ Beschreibungsebene ohne eine Änderung auf der „niedrigeren“, zum Beispiel keine Veränderung von Bewusstseinszuständen ohne eine Veränderung im Gehirn oder der Umwelt; multiple Realisierbarkeit (MR): Physische Eigenschaften oder Prozesse können (nicht: müssen) auf ganz 53 unterschiedlichen "Substraten" beruhen. aus: Vaas 2007/2018
Neuronale Korrelate des Bewusstseins neuronale bewusste Außenwelt Aktivität Repräsentation Vaas, R.: • Why Neural Correlates Of Consciousness Are Fine, But Not Enough. Anthropology & Philosophy, Bd. 3, S. 121-141 (1999). • Reine Nervensache: Neuronale Korrelate des Bewusst- seins. Die größte Herausforderung der Hirnforschung. 54 Universitas, Bd. 73, Nr., 864, S. 26-53 (6/2018).
Wir sind nicht nur Gehirn! Jedes Gehirn ... • ist ein offenes System • hat eine Geschichte (Evolution, Ontogenese...) • hat einen Körper (Embodiment) • hat eine Umwelt • ... einschließlich der sozialen Interaktionen incl. Sprache/Begriffe (bis hin zum Externalismus: Bedeutung, Wissen etc.) Psychoneuroimmunoendokrinologie Psychobiologie, Psychosomatik • Psyche + willkürliches Nervensystem + vegetatives = autonomes Nervensystem + Hormonsystem + Immunsystem 55 Wechselwirkung!!!
Falscher Dualismus: Gefühle vs. Vernunft Die Architektur unseres Erlebens: Emotionen und Rationalität werden in unterschiedlichen Gehirn- regionen erzeugt und verarbeitet, stehen aber in enger Wechsel- wirkung. Denken und explizites, nichtemotionales Gedächtnis werden in verschiedenen Bereichen der Großhirnrinde realisiert. Gefühle stammen vor allem aus dem limbischen System. • Seine unterste Ebene besteht aus Hirnarealen, welche die primären Gefühle (angeborene Affektzustände) steuern. • Die mittlere Ebene ist an den emotionalen Konditionierungen und sekundären Gefühlen beteiligt. Dabei handelt es sich um ein überwiegend implizites, also unbewusstes, aber zugleich sehr nachhaltiges Lernen und Umlernen. • Detaillierte und schnelle, aber auch flexiblere Lernvorgänge sowie explizite Bewertungen finden vor allem auf der oberen, bewusstseinsfähigen Ebene der Großhirnrinde statt. 56
Gefühle versus Vernunft Die verschiedenen, hierarchisch geordneten Strukturen sind wechselseitig miteinander verschaltet. Doch sind die Einflüsse der unteren Ebene(n) wesentlich stärker als die der oberen (hier durch die Dicke der Pfeile symbolisiert). Deshalb ist es so schwer, rational gegen übermächtige Gefühle anzugehen. 57 G. Roth / R. Vaas
Die emotionale conditio humana Keine ausschließlich rationale Grundlagen bei • Plänen und Entscheidungen (selbst bei „Tabellen“) • Handlungen (dass überhaupt; was; wieso so) • Schlussfolgerungen (incl. Abbruch) • Erkenntnis(theorie): Akzeptanz (“Zutrauen”) in bestimmte Annahmen – auch bei der Skepsis durch • Bewertungen (was ist gut, schön, wichtig, sinnvoll? … wahr?) • Gewichtungen (sonst z.B. Verlieren im Nebensächlichen) • Motivation • Orientierung in der Komplexität • Zeitvorteil (auch Warnung, Reaktion) Eine funktionierende – praktische und theoretische! – Rationalität ist auf Gefühle angewiesen! → Selbsterhaltung: Leben und Identität 58
»Man hat als Mensch gerade noch so viel Verstand mitbekommen, dass man von seiner intellektuellen Ohnmacht dem Seienden gegenüber eine deutliche Vorstellung erlangen kann. Die Welt des Menschen- getriebes würde schöner aussehen, wenn diese Demut allen mitgeteilt werden könnte.« Albert Einstein 59
Danke fürs Kommen und Zuhören! ruediger.vaas @konradin.de
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