EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW

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EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
EILDIENST
                                             4 /2017

Aus dem Inhalt:
   70 Jahre Landkreistag Nordrhein-Westfalen 1947-2017
    entrale Forderungen des LKT NRW an den neuen Landtag
    Z
    und die neue Landesregierung
 Ordnung   und Steuerung von Migration und Flucht
EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
EILDIENST Heft 4/2017                                                                           Auf ein Wort

                                      Maut in Deutschland:
                                      Verursachergerechte Finanzierung
                                      von Infrastruktur oder zurück in
                                      die Zeit der Wegezölle?
                                       Es währte Jahrhunderte: Fast jede Burg am Rhein diente historisch vor allem
                                       einem Zweck – Wegezölle von vorbeifahrenden Schiffen zu erheben. Die
                                       Wegezölle bereicherten zwar den einzelnen Burgherren, volkswirtschaftlich
                                       war ein solches Verhalten jedoch kontraproduktiv und hat über lange Zeit die
                                       wirtschaftliche Entwicklung deutlich gehemmt. Anno 2017 hat indessen der
                                       Bund – mit Zustimmung der Mehrheit der Länder – beschlossen, eine Maut
                                       für Pkw auf den Bundesautobahnen und einigen autobahnähnlichen Bundes-
                                       straßen zu erheben. Dabei sollen einheimische Autofahrer weitgehend (aber
                                       nicht gänzlich) entlastet werden, so dass die Maut überwiegend von ausländi-
                                       schen Autofahrern aufzubringen sein dürfte. Das gesamte System soll zudem
                                       nach Schadstoffklassen und anderem mehr differenziert werden.
                                       Im Ergebnis droht ein administrativer Koloss, nur um einen relativ überschau-
baren Einnahmeanteil von (überwiegend) ausländischen Kraftfahrern zu erzielen. Die Verwaltungskosten dieses
Konstruktes werden erheblich sein: Es muss eine Infrastruktur für den Einzug der Maut bei inländischen Fahrern
aufgebaut werden, voraussichtlich auch unter intensiver Mitwirkung der Kfz-Zulassungsstellen der Kreise und kreis-
freien Städte. Überdies muss ein Verkaufssystem für ausländische Kraftfahrer einschließlich der Möglichkeit von
zeitlich beschränkten Maut-Tickets aufgebaut werden. Darüber hinaus muss ein Kontrollsystem auf den Autobah-
nen aufgebaut werden. Gerade der administrative Mehraufwand für die Kfz-Zulassungsstellen sollte bei der ganzen
Angelegenheit nicht außen vor bleiben, steht doch zu erwarten, dass diese in nicht unerheblichem Umfang bei der
Datenerfassung sowie beim Vollzug (Stichwort: Zulassung nur bei Nachweis der Mautzahlung) eingebunden werden.
Auch der verkehrswirtschaftliche Schaden dürfte größer sein als der Nutzen, betrachtet man vor allem das Risiko von
Ausweichverkehren auf Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen.
Nicht zuletzt ist die Maut geeignet, speziell für unser Bundesland, Nordrhein-Westfalen, spürbare volkswirtschaftliche
Nachteile auszulösen. Kein Bundesland ist mit einem benachbarten Staat wirtschaftlich so eng verflochten wie Nord­
rhein-Westfalen mit dem Königreich der Niederlande. Hinzu kommen die Beziehungen zwischen Nordrhein-West­
falen und dem Königreich Belgien. Viele niederländische Unternehmer haben regelmäßig Kunden in Nordrhein-West-
falen, die touristischen Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Königreich der Niederlande sind äußerst
intensiv, die Flughäfen haben einen erheblichen Anteil niederländischer Fluggäste und legendär sind nicht zuletzt die
vielen niederländischen Weihnachtsmarktbesucher. All dies ist für Nordrhein-Westfalen ein riesiger Wirtschaftsfaktor,
und in dieser Dimension mit keiner anderen Relation zwischen einem deutschen Bundesland und einem benachbar-
ten ausländischen Staat zu vergleichen – auch nicht mit dem (im Wesentlichen sprachgleichen) Verhältnis zwischen
Bayern und der Republik Österreich. All diese positiven nachbarschaftlichen Aspekte werden nunmehr gefährdet, um
einen relativ geringvolumigen Vorteil mit hohem administrativem Aufwand zu erzielen.
Um es klar zu sagen: Eine Nutzerfinanzierung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturen ist nicht prinzipiell falsch. Ver-
kehrspolitiker haben schon seit langem die grundsätzliche Forderung aufgestellt, dass der Verkehr auch den Verkehr
finanzieren soll. Der jetzt vorgesehene Vorschlag für eine Autobahn-Maut, die ganz überwiegend von Ausländern
aufgebracht werden soll, bedeutet jedoch in ihrer jetzt geplanten Gestaltung eher ein verkehrspolitisches Eigentor.
Eine Nutzerfinanzierung müsste in ein Gesamtkonzept eingebunden werden, es müssten alle Ebenen (Bund, Länder,
Kommunen) hiervon partizipieren können, es müsste dann eine systematische Umorientierung vom jetzigen System
der Kfz- und Energiesteuer auf Benzin und Diesel vorgenommen werden und – und das ist in einer eng besiedelten
europäischen Region vielleicht die wichtigste Forderung – ein solches Konzept müsste europaweit eingebunden wer-
den. Hiervon ist jedoch das jetzige Maut-Konzept meilenweit entfernt. Es dient weder der Verkehrssteuerung, noch
der Finanzierung von verkehrlichen Infrastrukturen, noch einer möglichen Verlagerung vom Verkehrsträger Straße
auf den Verkehrsträger Schiene, sondern bedient in erster Linie regionale Vorstellungen – in diesem Fall offenbar
Vorstellungen des bayerischen Bundesverkehrsministers – von einer „Mautgerechtigkeit“.
Das reale Ergebnis dieser so ausgestalteten deutschen Maut dürfte nicht so weit entfernt von den wirtschaftlichen
Auswirkungen der mittelalterlichen Wegezölle am Rhein entfernt liegen.

                                                                        Dr. Martin Klein
                                                                        Hauptgeschäftsführer
                                                                        des Landkreistages Nordrhein-Westfalen

                                                                                                                  121
EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
Inhalt                                                                                                        EILDIENST Heft 4/2017

EILDIENST                                                                                            4/2017

                                                Auf ein Wort
                                                        Wort                                                                   121

                                                Thema Aktuell
 Kavalleriestraße 8
 40213 Düsseldorf                               Zentrale Forderungen des Landkreistages NRW an den neuen Landtag
 Telefon 0211/ 300 491-0                        und die neue Landesregierung                                                  125
 Telefax 02 11/ 300 491-660
 E-Mail: presse@lkt-nrw.de
 Internet: www.lkt-nrw.de
                                                Aus dem Landkreistag
 Impressum
 EILDIENST – Monatszeitschrift                  Vorstand des LKT NRW am 21.03.2017                                            130
 des Landkreistages
 Nordrhein-Westfalen
                                                70 Jahre Landkreistag NRW                                                     130
 Herausgeber:
 Hauptgeschäftsführer
 Dr. Martin Klein

 Redaktion:                                     Themen
 Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn
 Beigeordneter Dr. Christian v. Kraack
 Hauptreferent Dr. Markus Faber                 Ordnung und Steuerung von Migration und Flucht –
 Referentin Dr. Andrea Garrelmann
 Referentin Dorothée Heimann                    Kuratoriumssitzung des Freiherr-vom-Stein-Instituts Münster                   156
 Referent Thomas Krämer
 Referentin Kirsten Rüenbrink
 Hauptreferent Dr. Kai Zentara
                                                Land und Kommunen garantieren das hohe Niveau der
                                                Lebensmittelsicherheit in Nordrhein-Westfalen                                 161
 Quelle Titelbild:
 LWL, Internetportal „Westfälische
 Geschichte“                                    Servicekonto.NRW auf den Weg gebracht                                         161
 Redaktionsassistenz:
 Gaby Drommershausen
 Astrid Hälker
 Heike Schützmann
                                                Das Porträt
 Herstellung:                                   Landrat Andreas Müller, Kreis Siegen-Wittgenstein –
 ALBERSDRUCK GMBH & CO KG
 Leichlinger Straße 11                          Wir sind mehr als Durchschnitt!                                               162
 40591 Düsseldorf

 ISSN 1860-3319
                                                Im Fokus

                                                Kommunale Bildungs- und Kultureinrichtungen und Schulen sind
                                                Bildungspartner NRW – Gemeinsame Erklärung 2025                               165

                                                Medien-Spektrum: Aktuelle Pressemitteilungen

                                                Rückführung von Geflüchteten ohne Bleiberecht:
                                                NRW-Kreise für stärkere Rolle des Bundes                                      167

                Kreise in Nordrhein-Westfalen
                                                Bürokratieabbau konkret –
                                                Widerspruchsverfahren abschaffen                                              167

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EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
EILDIENST Heft 4/2017                                                           Inhalt

EILDIENST                                                                   4/2017

Kurznachrichten

Arbeit und Soziales

Equal Pay Day: Frauen verdienten 2016 in NRW
22 Prozent weniger als Männer                                         167

Reallöhne in NRW im Jahr 2016 um 1,7 Prozent gestiegen                168

Bauen und Planen

Regionale 2022/2025: Das ‚Bergische Rheinland‘
hat sich erfolgreich präsentiert                                      168

Genehmigte Wohnungen im Jahr 2016: + 21,6 Prozent gegenüber Vorjahr   169

Kommunale Boden- und Liegenschaftspolitik –
Veröffentlichung des Forum Baulandmanagement NRW                      170

Finanzen

Zahl der Insolvenzen war 2016 in NRW bereits das sechste Jahr
in Folge niedriger als im Vorjahr                                     170

Unternehmensumsätze in NRW stiegen 2015 auf eine neue Rekordhöhe      171

Kultur und Sport

KulturScouts Bergisches Land – „Kulturorte gemeinsam entdecken“       171

Radwanderkarte Märkischer Kreis im Buchhandel                         172

Das Reitkennzeichen im Kreis Viersen online bestellen                 172

Landwirtschaft

Anbaufläche für Freilandgemüse in NRW im Jahr 2016
um 6,6 Prozent gestiegen                                              172

Neue Medien

Kreis Coesfeld auf Facebook                                           172

Schule und Weiterbildung

NRW-Hochschulen: Zahl der Studienanfänger im Bereich Informatik
um fünf Prozent gestiegen                                             172

                                                                                    123
EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
Inhalt                                                                   EILDIENST Heft 4/2017

EILDIENST                                                      4/2017

          Neue Broschüre zur Berufsbildung in NRW – Schulische Vorbildung
          der Azubis wird immer besser                                                   173

          Jede(r) zwölfte Schüler/-in wird in NRW an einer
          privaten Ersatzschule unterrichtet                                             173

          Rhein-Sieg-Kreis übernimmt Koordination eines
          kreisweiten MINT-Netzwerkes                                                    174

          Umwelt und Natur

          NRW-Umweltdatenbericht – Fläche der Naturschutzgebiete
          hat sich in NRW seit 1980 versechzehnfacht                                     174

          Neue Regionalmarketing-Kampagne wird sichtbar –
          „Echt vielfältig“-Bus in Siegen-Wittgenstein unterwegs                         174

          Ökoprofit macht es möglich: Mehr Umweltschutz, weniger Ausgaben                176

          Wirtschaft und Verkehr

          Wirtschaftswachstum in NRW 2016 bei +1,8 Prozent                               176

          Zahl der Gewerbeanmeldungen in NRW im Jahr 2016
          um 1,1 Prozent niedriger als 2015                                              176

          Niederlande weiterhin wichtigster Handelspartner der NRW-Wirtschaft            177

          NRW-Industriebetriebe produzierten 2016 nahezu
          2,4 Milliarden Liter Mineralwasser                                             177

          Frauen gründen anders! 20 Jahre BeraterinnenNetzwerk Bonn/Rhein-Sieg           177

          2016 starteten über 20 Millionen Passagiere von den
          sechs größten NRW-Flughäfen                                                    178

          2016 erzielten die NRW-Industriebetriebe 0,5 Prozent
          weniger Umsatz als ein Jahr zuvor                                              178

          Persönliches

          Landrat Sebastian Schuster verabschiedet langjährigen Dezernenten
          Bernd Carl                                                                     178

          Hinweise auf Veröffentlichungen
                       Veröffentlichungen                                                 179

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EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
EILDIENST Heft 4/2017                                                                                        Thema aktuell

      Zentrale Forderungen des Landkreistages
      NRW an den neuen Landtag und die neue
      Landesregierung
 In seiner Sitzung am 21. März 2017 hat der Vorstand des LKT NRW die Kernpunkte für eine an den kommunalen Interessen aus-
 gerichtete Landespolitik mit Blick auf die Landtagswahl am 14. Mai 2017 beraten und einstimmig in einem Forderungskatalog
 beschlossen, der im Folgenden dargestellt ist:

Überblick                                      vor allem die Kreispolizeibehörde unter        Infolge des Zustroms von Flüchtlingen sind
                                               Leitung des von der Bevölkerung direkt         den Kommunen beträchtliche Kosten ent-
1.	Sicherheit und Ordnung im kreisange-       gewählten Landrats. Das bewährte Kon-          standen, die nur zu einem Teil durch den
     hörigen Raum wahren                       zept der Sicherheit aus einer Hand führt       Bund und das Land refinanziert werden.
2.	Integrationsbedingte Kosten der Kom-       wegen der organisatorischen Einbindung         Allein die Kreise in NRW haben bis zum
     munen durch Bund und Land refinan-        weiterer kommunaler Behörden und Ämter         Herbst 2016 über 700 neue Vollzeitstellen
     zieren                                    (Jugendamt, Sozialamt, Gesundheitsamt,         (im Sozialbereich, im Schulbereich und bei
3.	Benachteiligung des kreisangehörigen       Ordnungsamt, Ausländerbehörde, Stra-           den Ausländerbehörden) schaffen müssen,
     Raums durch das Gemeindefinanzie-         ßenverkehrsamt, Umweltamt etc.) „unter         um die zusätzlichen Aufgaben zu bewälti-
     rungsgesetz NRW beenden und Kreise        einem Dach“ zu einer kosteneffizienten         gen. Die verbleibende Finanzierungslücke
     an der Umsatzsteuer beteiligen            und entscheidungsstarken Struktur, die es      darf die ohnehin stark belasteten kommu-
4.	Effektive und effiziente Aufgaben-         zugleich ermöglicht, Fragen der Prävention     nalen Haushalte nicht noch mehr beein-
     wahrnehmung der Kommunen im               gezielt aufzugreifen.                          trächtigen. Der Landkreistag NRW fordert
     kreisangehörigen Raum sicherstellen       Obwohl die Zahl bestimmter Deliktsarten        hier auch weiterhin eine „schwarze Null“
5.	Kommunale Belange in der NRW-Lan-          wie zum Beispiel Wohnungseinbrüche in          für die Kommunen. Das Land, das verfas-
     desverfassung sichern                     einzelnen Landratsbehörden im Jahr 2015        sungsrechtlich eine ausreichende finan-
6.	Soziale Sicherungssysteme nachhaltig       um bis zu 80 Prozent angestiegen ist, ist      zielle Ausstattung der Kommunen sicher-
     und generationengerecht umbauen           die Zahl der Polizeivollzugsbeamten, die       zustellen hat, und der Bund, der über die
    • Kindertagesbetreuung: Finanzierung      den landratsgeführten Kreispolizeibehör-       wesentlichen Steuerungsinstrumente der
       auskömmlich aufstellen                  den zur Verfügung gestellt werden, seit        Migrationspolitik verfügt, müssen gemein-
    • Sozialer Arbeitsmarkt: Neue Modelle     dem Jahr 2000 um 721 Stellen (-5,4 %)          sam gewährleisten, dass für die wichtige
       praxisnah ausloten                      zurückgegangen, während bei den Poli-          Aufgabe der Integration die erforderlichen
    • Bundesteilhabegesetz: Eingliederungs­   zeipräsidien im gleichen Zeitraum ein          Mittel bereitstehen; denn nur so kann sie
       hilfe für Menschen mit Behinderun-      Zuwachs von 1.597 Stellen (+ 6,8 %)            vor Ort gelingen. Dies bedeutet, dass die
       gen landesrechtlich neu ausrichten      verzeichnet werden konnte. Bürgerin-           Anstrengungen zur Integration auf die
    • Unterhaltsvorschuss: Einseitige kom-    nen und Bürger erwarten aber auch im           Menschen mit Bleiberecht konzentriert
       munale Belastungen zurückbauen          kreisangehörigen Raum eine angemessene         werden und Menschen ohne Bleiberecht so
7. Infrastruktur und Mobilität im kreisan-    Polizeipräsenz. Dem Sicherheitsbedürf-         zügig wie möglich in ihre Herkunftsländer
     gehörigen Raum sichern und moderni-       nis der Bevölkerung in den Kreisen muss        zurückzuführen sind. Für geduldete Men-
     sieren                                    im gleichen Maße entsprochen werden            schen ist eine auskömmliche Finanzierung
8.	Schulische Inklusion praxisgerecht         wie dem entsprechenden Bedürfnis der           mit einer Aufnahme dieser Personengrup-
     gestalten und Struktur der Schulauf-      Bevölkerung im großstädtischen Raum.           pe in das Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW
     sicht dezentralisieren                    Und das auch am Wochenende und in der          durch das Land NRW sicherzustellen. Denn
    • Inklusion kindeswohlgerecht umset-      Nacht. Dazu bedarf es einer entsprechen-       die rechtlichen und tatsächlichen Vorga-
       zen und hochwertiges Förderschul-       den Grundstärke der Polizei. Tatsächlich       ben der Duldungsgründe werden ganz
       angebot gewährleisten                   betrug aber im Jahr 2016 die Polizeidichte     überwiegend vom Bund und vom Land
    • Stärkung der Schulverantwortung         in den Landratsbehörden nur zwischen 1,1       NRW (z.B. durch Verwaltungsvorschriften
       vor Ort – Schulaufsicht kommunali-      und 1,6 Planstellen pro 1.000 Einwohner,       oder die Aussetzung von Rückführungs-
       sieren                                  in den Polizeipräsidien dagegen zwischen       maßnahmen) geschaffen.
9.	Wirtschaftliche      Perspektiven    des   1,9 und 4,3 (vgl. Landtags-Drucksachen
     kreisangehörigen Raumes bei der Flä-      16/12643 und 16/12635). Im Rahmen der          3. Benachteiligung des
     chenentwicklung und Infrastrukturpla-     belastungsbezogenen Kräfteverteilung ist       kreisangehörigen Raums
     nung entfalten                            daher sicherzustellen, dass die Polizeidich-
10. Kommunale Umweltverwaltung stär-          te im kreisangehörigen Raum angehoben
                                                                                              durch das Gemeindefinanzie-
     ken                                       wird. Auch die für Schwerpunkteinsätze in      rungsgesetz NRW beenden
                                               den landratsgeführten Kreispolizeibehör-       und Kreise an der Umsatz-
1. Sicherheit und Ordnung                      den zur Verfügung stehenden Personal-          steuer beteiligen
im kreisangehörigen Raum                       stunden der Bereitschaftspolizei müssen
                                               wieder erhöht werden.                          Der Verfassungsgerichtshof NRW hat mit
wahren                                                                                        Urteilen vom 10.05.2016 festgestellt, dass
Bürgerinnen und Bürger haben einen                                                            das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG)
Anspruch auf Herstellung und Wahrung           2. Integrationsbedingte                        2012 gerade noch verfassungskonform
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.       Kosten der Kommunen durch                      war, weil der damalige Gesetzgeber über
Diesen Anspruch erfüllt in den Kreisen         Bund und Land refinanzieren                    keine bessere Erkenntnislage verfügte.

                                                                                                                                    125
EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
Thema aktuell                                                                                                      EILDIENST Heft 4/2017

Er hat jedoch darauf hingewiesen, dass         Die Kreise mit besonders hohen Sozial­         bewältigen sind. Die kleinteilige Verwal-
insbesondere durch die Verortung des           leistungsbelastungen erhalten die propor-      tungsstruktur im Bereich der öffentlichen
sogenannte Soziallastenansatzes erheb-         tional höchsten Steueranteile. Damit kön-      Jugendhilfe muss daher unter fachlichen
liche, letztlich nicht zu rechtfertigende      nen Konflikte, die mit der Refinanzierung      wie wirtschaftlichen Gesichtspunkten drin-
Verwerfungen bei den Mittelzuweisungen         über die Kreisumlage einhergehen, mini-        gend korrigiert werden.
insbesondere im kreisangehörigen Raum          miert werden. Die kreisangehörigen Städte      Obwohl die nordrhein-westfälischen Kom-
bestehen. Hintergrund dieser Entwicklung       und Gemeinden erhalten durch die dann          munen einwohnerstark sind, führt die
sind die enormen und überproportionalen        eröffnete Senkung der Umlage ihrerseits        derzeitige Aufgabenzuordnung (gestuftes
Ausgabensteigerungen im Sozialbereich.         finanzielle Spielräume.                        Aufgabenmodell) letztlich dazu, dass Nord­
Allein in den Leistungsarten Hilfe zur Pfle-                                                  rhein-Westfalen im bundesweiten Ver-
ge, Eingliederungshilfe für Menschen mit       4. Effektive und effiziente                    gleich vielfach über die – gemessen an den
Behinderungen, Hilfe zum Lebensunter-          Aufgabenwahrnehmung der                        Einwohnerzahlen – kleinsten Aufgabenträ-
halt, Hilfe zur Gesundheit, Hilfe zur Über-                                                   ger verfügt. Die aktuellen und künftigen
windung besonderer sozialer Schwierigkei-
                                               Kommunen im kreisange­                         Herausforderungen werden diese Aufga-
ten und Hilfe in anderen Lebenslagen, Kin-     hörigen Raum sicherstellen                     benträger kaum effizient und wirtschaft-
der- und Jugendhilfe sowie bei den Kosten      Die Aufgabenzuordnung im kreisangehö-          lich bewältigen können. Die Aufgabenzu-
der Unterkunft und Heizung (KdU) nach          rigen Raum im Allgemeinen und die an           ordnung im kreisangehörigen Raum sollte
dem SGB II ist im Zeitraum der Haushalts-      der Einwohnerzahl orientierte Zuweisung        deshalb auf den Prüfstand gestellt und in
jahre 2007 bis 2015 bei den Kreisen eine       bestimmter Aufgaben an kreisangehö-            Abhängigkeit davon zeitgemäß weiter-
Steigerung der Nettoaufwendungen (also         rige Städte und Gemeinden (gestuftes           entwickelt werden. Maßstab hierfür sollte
unter Berücksichtigung der Bundesbetei-        Aufgabenmodell) im Besonderen bedür-           sein, dass kommunale Aufgaben mit dem
ligung an den KdU) um 5,856 Milliarden         fen dringend einer Überprüfung. Dies gilt      Ziel einer sachgerechten Aufgabenvertei-
Euro, nämlich von 10,6 Milliarden Euro auf     umso mehr, als mit der Reform des Kom-         lung so ortsnah wie nötig und so fachlich
16,4 Milliarden Euro, festzustellen. Dies      munalverfassungsrechts im Jahre 2007 die       und wirtschaftlich wie möglich erledigt
bedeutet eine Steigerung um 55,3 Prozent       für die Aufgabenverteilung maßgeblichen        werden. Zugleich sollten die im Jahre 2007
bei einer mittleren jährlichen Steigungsrate   Einwohnerschwellenwerte        herabgesetzt    herabgesetzten Einwohnerschwellenwerte
von 5,6 Prozent.                               wurden. Dass zugleich die Möglichkeit der      und die seinerzeit eingeführte Möglichkeit
Die strukturellen Finanzierungsprobleme        aufgabenträgerunabhängigen Zusammen-           der aufgabenträgerunabhängigen Zusam-
der Kommunen und namentlich der Krei-          arbeit eingeführt wurde, war ein weiterer      menarbeit korrigiert werden.
se als Hauptkostenträger der sozialen Lei-     Schritt in die falsche Richtung.
stungen müssen durch eine Neugestaltung        Angesichts der nach wie vor schwierigen        5. Kommunale Belange in
des GFG zügig einer angemessenen und           kommunalen Haushaltslage, der zuneh-           NRW-Landesverfassung
nachhaltig verfassungskonformen Lösung         menden Komplexität vieler Aufgaben und
zugeführt werden. Der Landkreistag NRW         des sich verschärfenden Fachkräfteman-
                                                                                              sichern
fordert, verschiedene Lösungselemente          gels ist es nicht mehr sachgerecht, dass       Die in der ablaufenden Legislaturperiode
zu kombinieren: Der kommunale Anteil           etwa Gemeinden ab 20.000 Einwohnern            des Landtags NRW eingesetzte Verfas-
an den Steuereinnahmen des Landes, der         die Aufgaben der unteren Bauaufsicht           sungskommission hat sich trotz des inhalt-
sogenannte Verbundsatz, ist schrittweise       erledigen. Gleiches gilt für das allen Städ-   lich weitgehend erreichten Einvernehmens
wieder auf das Niveau zu erhöhen, das er       ten und Gemeinden obliegende Einsam-           in den kommunalrelevanten Handlungs-
Anfang der 1980er Jahre hatte (28,5 %          meln und Befördern von Abfällen der pri-       feldern aufgrund anderweitiger politischer
statt derzeit 23 %). Dies beseitigt die        vaten Haushalte sowie von Abfällen zur         Dissense nicht mit der nötigen Zweidrit-
wesentliche Ursache der jahrzehntelan-         Beseitigung aus anderen Herkunftsberei-        telmehrheit auf Verbesserungen der kom-
gen strukturellen Unterfinanzierung der        chen; Möglichkeiten zur Realisierung von       munalen Stellung in der Landesverfassung
NRW-Kommunen. Zudem ist die Teil-              Synergie- und Einsparpotentialen und zur       einigen können. Um Fehlentwicklungen in
schlüsselmasse für die Kreise zu erhöhen;      Reduzierung der Gebühren für die Bürge-        der Praxis zu Lasten der Kommunen ent-
hinzu kommen muss die Bildung einer            rinnen und Bürger werden insoweit nur          gegenzuwirken und den Stellenwert der
eigenen GFG-Säule zur Finanzierung von         unzureichend genutzt. Ebenso kritisch ist      kommunalen Selbstverwaltung inhaltlich
sozialleistungsgeprägten Aufgaben, die         die Zuordnung der Aufgaben des örtlichen       und verfahrensrechtlich zu stärken, bedarf
nur die Kreise und kreisfreien Städte zu       Jugendhilfeträgers zu beurteilen. Dass es in   es folgender Ergänzungen in der Landes-
schultern haben. Zudem ist die Einfüh-         Nordrhein-Westfalen nicht weniger als 186      verfassung:
rung progressiver Kreis- beziehungsweise       Träger der öffentlichen Jugendhilfe gibt,      • Absicherung der finanziellen Mindest-
Landschaftsumlagen und weiterer sozial-        ist im bundesweiten Vergleich beispiellos.        ausstattung der Kommunen
lastenorientierter Sonderansätze zu prüfen.    Damit sind Kostenbelastungen verbunden,        • Streichung des Leistungsfähigkeitsvor-
Außerdem ist eine originäre Steuerbetei-       die den kreisangehörigen Raum bei einer           behalts zugunsten des Landes in Artikel
ligung für die Kreise, namentlich bei der      Gesamtbetrachtung des Aufwands in den             79 Satz 2 Landesverfassung
Umsatzsteuer – gegebenenfalls auch bei         Kreisjugendämtern und den gemeindlichen        • Schutz der Kommunen bei der Umset-
der Einkommensteuer – zu schaffen (vgl.        Jugendämtern überproportional treffen.            zung der Schuldenbremse im Land
Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg         Hinzu kommt, dass kleinere Gemeinden,             Nord­rhein-Westfalen
vom Mai 2016). Insofern ist statt eines        die die Aufgaben der öffentlichen Jugend-      • Verankerung der Beteiligungsrechte der
ansonsten bei der Umsatzsteuer­verteilung      hilfe wahrnehmen, schon im Regelbetrieb           kommunalen Spitzenverbände bei kom-
geltenden wirtschaftsbezogenen Schlüssels      schnell an die Grenzen ihrer fachlichen           munalrelevanten Rechtsetzungsvorha-
eine sozialleistungsbezogene Verteilung        Leistungsfähigkeit stoßen. Umso mehr              ben statt in den Geschäftsordnungen
zu Grunde zu legen. Mit dieser Maßnah-         gilt das bei zusätzlichen Herausforde-            von Landtag und Landesregierung
me kann adäquat auf die Ausgabensteige-        rungen, die etwa infolge des Zustroms          • Einbeziehung bundes- und europarecht-
rungen im Sozialbereich reagiert werden.       unbegleiteter minderjähriger Ausländer zu         licher übertragener Aufgaben in den

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EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
EILDIENST Heft 4/2017                                                                                         Thema aktuell

   Schutzbereich des Konnexitätsprinzips        Sozialer Arbeitsmarkt:                        menlegung von Arbeitslosen- und Sozial-
• S chaffung eines nachgelagerten Kosten­      Neue Modelle praxisnah ausloten               hilfe im Jahr 2005 dar. Sie betrifft einen
   ermittlungsverfahrens sowie Möglich-         Langzeitarbeitslosigkeit bewirkt tiefgrei-    Bereich, der – wie die Bruttoausgaben von
   keit der Verlängerung der Jahresfrist zur    fende negative Folgen für die Betroffenen,    inzwischen etwa 4,5 Milliarden Euro allein
   Erhebung einer kommunalen Verfas-            ihre Familien und die öffentlichen Haus-      in unserem Land zeigen – sowohl für die
   sungsbeschwerde                              halte aller Ebenen. Die Betroffenen fin-      etwa 180.000 leistungsberechtigten Men-
• Anpassung des Belastungsausgleichs           den sich teils in einer zumindest subjektiv   schen mit Behinderung als auch für die
   im Rahmen des Konnexitätsprinzips mit        perspektivlosen Situation, sind mit dem       kommunale Verwaltung, die ihn bislang
   Rückwirkung                                  Gefühl der Nutzlosigkeit konfrontiert und     allein bearbeitet und finanziert, von essen-
• Geltung des Konnexitätsprinzips auch         der Gefahr fehlender Tagesstruktur aus-       tieller Bedeutung ist. Die Reform dieses
   für Verwaltungsvorschriften oder Richt-      gesetzt, die wiederum ihre Arbeitsmarkt­      Bereichs tritt mit dem BTHG schrittweise
   linien des Landes.                           integrationsfähigkeit beeinträchtigt. Die     in Kraft: Nach ersten Leistungsverände-
                                                möglichen Auswirkungen auf das familiäre      rungen in der Eingliederungshilfe nach
6. Soziale Sicherungssysteme                    Umfeld sind offensichtlich. Damit besteht     dem SGB XII zum 01.01.2017 werden die
nachhaltig und generationen-                    die Gefahr der Verfestigung der Langzeit-     grundlegenden Änderungen in Teil 1 des
                                                arbeitslosigkeit in der Familie über Gene-    SGB IX, die für alle Rehabilitationsträger
gerecht umbauen                                 rationen hinweg. Deshalb sollten Wege         gelten, und die Änderungen im Vertrags-
Kindertagesbetreuung:                           einer deutlich verstärkten aktiven Rolle      recht zum 01.01.2018 in Kraft treten. Zum
Finanzierung auskömmlich aufstellen             der öffentlichen Hand in der Beschäfti-       01.01.2020 schließlich wird das Herzstück
Die grundlegende Gesamtreform der               gungsförderung von Langzeitarbeitslosen       der Reform – die Trennung von Fach-
Finanzierung der Kindertagesbetreuung           angestrebt werden. Solche Wege können         und existenzsichernden Leistungen unter
muss bis zum Kindergartenjahr 2019/2020         neben der öffentlich-geförderten Beschäf-     Abschaffung der Unterscheidung zwischen
stehen. Dabei gilt es, das Pauschalfinanzie-    tigung auch die unmittelbar öffentliche       ambulanten und stationären Leistungen –
rungssystem konsequent auskömmlich zu           Beschäftigung umfassen. Sie sind jedoch       Geltung erlangen. Der Kern der Eingliede-
gestalten. Grundlage muss eine Kindpau-         nur dann sinnvoll zu beschreiten, wenn alle   rungshilfe – die Fachleistung – wird dann
schale sein, die die beiden gleichwertigen      öffentlichen Leistungen eingebracht wer-      nicht mehr über das SGB XII, sondern über
Betreuungsbereiche – Kindertageseinrich-        den können, die derzeit in die Finanzierung   das SGB IX abgewickelt.
tungen und Kindertagespflege – auch in der      der Arbeitslosigkeit im Einzelfall fließen.   Im Interesse der Menschen mit Behin-
Finanzierung gleichstellt. Die Steuerbarkeit    Die Kommunen allein wären mit der Finan-      derung wie der Verwaltung müssen die
durch die örtliche Jugendhilfeplanung           zierung überfordert: Sie können ihren Teil    Zuständigkeiten für die Umsetzung dieser
muss dabei verstärkt werden. Eine Aufnah-       beitragen. Damit die Maßnahmen tragen,        grundlegenden Veränderung in Nord­
me der bestehenden fachlich-personellen         müssen und können sie haushaltsneutral        rhein-Westfalen frühzeitig geregelt wer-
und organisatorischen Anforderungen             sein. Auf kommunaler Seite stünden dabei      den. Zugleich sind die Voraussetzungen
und eine kindeswohlgemäße Öffnungs-             in Nordrhein-Westfalen bis zu 1,5 Milliar-    dafür zu schaffen, dass das Land NRW im
zeitenlösung sind dabei inhaltlich ebenso       den Euro aus möglichen Aufwandserspar-        Rahmen des Konnexitätsprinzips („wer
dringend anzugehen wie eine Neujustie-          nissen bei den Kosten für Unterkunft und      bestellt, bezahlt“) die den Kommunen ent-
rung der Anteile der Trägergruppen. Um          Heizung für etwa 350.000 Langzeitarbeits-     stehenden finanziellen Mehrbelastungen
diese große Gesamtreform zu schaffen,           lose zur Verfügung. Würde auf eine unter      ausgleicht und sich damit endlich substan-
sind Einzelschritte wie zum Beispiel eine       gleichbleibendem öffentlichem Mittelein-      tiell an den Kosten der Eingliederungshil-
alleinige Ausdehnung der Elternbeitrags-        satz dauerhafte Selbstunterhaltungsbefä-      fe beteiligt. Derzeit liegen auf Landes-
befreiung zu vermeiden: Um diese große          higung dieser Zahl an Langzeitarbeitslosen    ebene keine Ausführungsbestimmungen
Gesamt­  reform zu schaffen, sind isolierte     abgezielt und würden dafür je Fall etwa       zum SGB IX vor. Die jetzige Verordnung
Einzelschritte zu vermeiden. Eine alleinige     Bruttogehälter von 1.250 Euro monatlich       zur Regelung von Zuständigkeiten nach
Ausdehnung der Elternbeitragsbefreiung          angestrebt, müssten hierfür jährlich 5,25     dem Sozialgesetzbuch IX würde ins Leere
würde die finanziellen Spielräume des           Milliarden Euro in Nordrhein-Westfalen        laufen.
Landes erschöpfen, ohne eine Gesamt-            aufgewendet werden. Damit wären 3,75          Auch das Ausführungsgesetz zum SGB XII
lösung zu erreichen. Hinzukommt, dass           Miiliarden Euro von nicht kommunaler          muss grundlegend angepasst werden, um
eine soziale Komponente abgeschafft             Seite erforderlich. Da dieses Verhältnis      die Trennung von Fach-  und existenzsi-
würde, da einkommensstärkere Eltern             von kommunaler Möglichkeit und erfor-         chernden Leistungen bei Aufhebung der
auch höhere Beiträge zu zahlen haben und        derlichem sonstigem öffentlichem Mittel-      Unterscheidung zwischen ambulanten und
einkommensschwache Eltern beitragsfrei          beitrag grundsätzlich auf jeden einzelnen     stationären Leistungen vollziehen zu kön-
gestellt werden. Eine schlichte Kompen-         Fall anwendbar ist, setzt eine öffentliche    nen. Es ist daher frühzeitig größtmögliche
sation der ausfallenden Elternbeiträge für      Beschäftigungsförderung stets die Einbrin-    Klarheit für die betroffenen Menschen wie
die kommunale Seite durch das Land nach         gung der SGB II-Regelleistungen des Bun-      auch die Verwaltung zu schaffen.
dem Konnexitätsprinzip („wer bestellt,          des voraus.
bezahlt“) würde hier nicht ausreichen.                                                        Unterhaltsvorschuss:
Denn eine auch teilweise Beitragsfreistel-      Bundesteilhabegesetz:                         Einseitige kommunale Belastung
lung gäbe den Anreiz, dass Eltern mehr          Eingliederungshilfe für Menschen mit          zurückbauen
Stunden buchen würden. Infolge dessen           Behinderungen landesrechtlich neu             Durch die Reform des Unterhaltsvorschus-
nähmen die absoluten Trägeranteile aller        ausrichten                                    ses werden künftig Kinder und Jugend-
Trägergruppen zu, die diese wiederum            Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und      liche bis zum Erreichen der Volljährigkeit
nicht leisten könnten. Eine isolierte Eltern-   Selbstbestimmung von Menschen mit             maximal 18 Jahre Unterhaltsvorschusslei-
beitragsbefreiung wäre daher ein Struktur­      Behinderungen (Bundesteilhabegesetz –         stungen erhalten können. Auch wenn der
eingriff, der tiefgreifende Wirkungen auf       BTHG) stellt die größte Reform im Bereich     künftige UVG-Anspruch im Bereich der
das gesamte Finanzierungssystem hätte.          der Sozialgesetzgebung seit der Zusam-        12-  bis 17-Jährigen nur für qualifizierte

                                                                                                                                     127
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Thema aktuell                                                                                                      EILDIENST Heft 4/2017

SGB II-Aufstocker gilt, werden sich die Lei-   dem Landeshaushalt für den Wegfall der        E-Bikes werden auch im kreisangehöri-
stungsaufwendungen auf Ebene der kom-          Entflechtungsmittel zufließenden Mittel       gen Raum größere Entfernungen mit dem
munalen Unterhaltsvorschusskassen ten-         der Höhe und der grundsätzlichen Verwen-      Fahrrad zurückgelegt. Mindestens ein Drit-
denziell verdoppeln – Verwaltungssach-         dung nach in verlässlicher Weise für den      tel der entsprechenden Investitionssumme
und Verwaltungspersonalaufwand noch            Bereich der verkehrlichen Infrastrukturen     sollte daher für den Ausbau von regiona-
nicht mitgerechnet. Es ist nicht akzeptabel,   gesichert werden. Zudem sollten die Mittel    len Radschnellwegen im kreisangehörigen
dass durch eine Gesetzesreform auf Bun-        für die Zukunft in Höhe der Preissteigerung   Raum verwendet werden.
desebene, die dies bewirkt und im Zuge         dynamisiert werden. Bei der Verteilung der
derer der Bund seine eigene Beteiligung an     Mittel für den Straßenbau und die Schiene     8. Schulische Inklusion
den örtlichen Gesamtleistungsaufwendun-        sollte ein möglichst transparentes Verfah-    praxisgerecht gestalten und
gen auf 40 Prozent erhöht, der durch das       ren gewählt werden, wobei dafür Sorge
Land selbstgetragene Anteil auf 12 Prozent     zu tragen ist, dass die Mittel aus einem
                                                                                             Struktur der Schulaufsicht
sinkt, während die Kommunen weiter 80          solchen „Landes-GVFG“ in angemessener         dezentralisieren
Prozent der im Land verbleibenden 60 Pro-      Weise auch dem kreisangehörigen Raum          Inklusion kindeswohlgerecht umsetzen
zent, also 48 Prozent, zu tragen haben. Die    zu Gute kommen.                               und hochwertiges Förderschulangebot
anderen Länder stellen ihre Kommunen           Im Bereich des ÖPNV müssen die Belan-         gewährleisten
teils ganz frei. Selbst der Mittelwert der     ge des kreisangehörigen Raums stärker         Als der Landtag sich für die Einführung der
kommunalen Beteiligung an den Landes-          berücksichtigt werden. Nur so kann eine       Inklusion im Schulbereich – dem gemein-
gesamtaufwendungen bundesweit liegt            angemessene Antwort auf die Herausfor-        samen Unterricht von Schülerinnen und
bei etwa 24,5 Prozent. Der bundesweit          derungen des demografischen Wandels           Schülern mit und ohne Behinderungen in
einzigartige und beispiellos hohe Überwäl-     gefunden werden. Dies erfordert in Orien-     den Regelschulen – aussprach, tat er dies
zungssatz des Landes von 80 Prozent auf        tierung an §§ 7a und 7b des niedersäch-       im Kontext eines großen Schulkonsenses.
die kommunale Ebene muss daher bereits         sischen Nahverkehrsgesetzes eine wei-         Grundlage war dabei, dass Kinder und
in einem ersten Schritt auf 40 Prozent hal-    tere Flexibilisierung der Ausgleichsmittel    Jugendliche nach ihren Bedürfnissen best-
biert werden.                                  nach § 11a ÖPNV-Gesetz NRW und eine           möglich zu fördern sind. Da die Sorge für
                                               Aufstockung der landesseitig zur Verfü-       die Kinder die Sorge der Eltern ist, ist das
7. Infrastruktur und Mobilität                 gung gestellten Ausgleichsmittel um eine      diesen zustehende Wahlrecht zwischen
im kreisangehörigen Raum                       „demografische Komponente“ zur Förde-         einer Beschulung an Regelschulen und
                                               rung von Verkehrsleistungen mit einem         einer solchen in den vielfältigen Förder-
sichern und modernisieren                      speziellen Demografiebezug (Angebote          schulen mit ihren hohen Spezialisierungen
Das Land ist gefordert, sich weiterhin für     zur Förderung der Seniorenmobilität, Aus-     zu sichern.
die Förderung des Breitbandausbaus ein-        weitung der Angebote von Schüler- oder        Würde das Förderschulangebot dadurch
zusetzen. Zwar konnten über die Kofi-          Auszubildendentickets, Finanzierung von       ausgedünnt, dass infolge mangeln-
nanzierung des Bundesprogramms für             Nachtbusnetzen oder anderen Angeboten         den pädagogischen Personals und einer
die Breitbandförderung erste Lücken            für die Randzeiten etc.). Weiterhin soll-     immer restriktiveren Handhabung der
geschlossen werden. Ziel muss aber sein,       ten regionale Schnellbusverbindungen mit      Mindestgrößenverordnung kein zumut-
in Nordrhein-Westfalen eine flächendec-        einem SPNV-ähnlichen Charakter (aber          bares Förderschulangebot in erreichbarer
kende Versorgung mit glasfaserbasierten        nicht als Ersatz für SPNV-Leistungen) künf-   Entfernung mehr besteht, würde das aus
Breitbandanschlüssen zu erreichen. Dazu        tig mit Mitteln aus einem entsprechenden      Sicht der Eltern für ihr Kind Beste ausge-
sollten insbesondere die Aufgreifschwelle      Fördertopf des Landes in der Größenord-       schlossen. Das Wahlrecht der Eltern und
für eine Förderung deutlich erhöht (auf        nung von rund 30 bis 50 Millionen Euro        das Förderbedürfnis der Kinder verlangen,
Übertragungsraten von mindestens 50 bis        pro Jahr finanziert werden.                   die Mindestgrößen der Förderschulen im
100 Mbit/s), die symmetrische Versorgung       Die kommunalen Verantwortlichkeiten           Schulgesetz zu verankern, in dem auch die
von Upstream und Downstream ange-              und Gestaltungsspielräume im Bereich          Größen der Regelschulen bestimmt sind.
strebt und verstärkt Gewerbebetriebe,          des SPNV haben sich bewährt und sind          Der allein exekutive Weg der Mindestgrö-
Bildungseinrichtungen und andere öffent-       deshalb zu wahren. Die im Rahmen der          ßenverordnung muss ausgeschlossen wer-
liche Institutionen an das glasfaserbasierte   Enquete-Kommission zu Finanzierungsop-        den. Der Landtag muss sich hier zu einer
Breitband angeschlossen werden. Außer-         tionen des öffentlichen Personennahver-       unmittelbaren Regelung im Schulgesetz
dem sollten die unterschiedlichen Förder-      kehrs in Nordrhein-Westfalen (Enquete-        bekennen.
programme auf Landesebene möglichst            Kommission IV) unterbreiteten Vorschläge
mit einheitlichen Regeln und Leitplanken       für eine Hochzonung der Kompetenzen für       Stärkung der Schulverantwortung vor Ort
für die Förderkulissen ausgestattet werden.    sogenannte RE-Verbindungen und lang-          – Schulaufsicht kommunalisieren
Schließlich sollte die Beratung durch Breit-   laufende RB-Verbindungen auf die Lan-         Schulen gehören zum Kernbereich der ört-
band.NRW gestärkt werden (z. B. durch          desebene werden abgelehnt. Eine derarti-      lichen Gemeinschaft. Ihr Bestand und die
die Bereitstellung von Musterformularen,       ge Teil-Zentralisierung der Aufgabenver-      Organisation der Schullandschaft sorgen
Handreichungen und Hilfestellungen, aber       antwortung und Organisationsstrukturen        nicht nur in der Elternschaft, sondern auch
auch das Angebot von Schulungen für die        im SPNV würde potentiell zu Lasten des        in Kreistagen sowie Stadt- und Gemeinde-
kommunalen Breitbandkoordinatoren).            kreisangehörigen Raums gehen und könn-        räten für intensive Diskussionen. Die derzeit
Auch für die Zeit nach dem Jahre 2019          te keinesfalls mitgetragen werden.            uneinheitlich nach Schulformen getrennt
bedarf es einer landesgesetzlichen Rege-       Bei der künftigen Planung und Ausgestal-      verorteten Schulaufsichten haben einen
lung zur Sicherung der bisherigen Entflech-    tung regionaler Radschnellwege müssen         ineffizienten Personaleinsatz zwischen dem
tungsmittel/GVFG-Mittel für den Bereich        Verbindungen in den kreisangehörigen          Ministerium für Schule und Weiterbildung
der Verkehrsinfrastrukturen („Landes-          Raum und innerhalb des kreisangehörigen       NRW, den Bezirksregierungen und den
GVFG“). In einem solchen „Landes-GVFG“         Raums hinreichend berücksichtigt werden.      Kreisen und kreisfreien Städten, bei denen
könnten die aus den Umsatzsteueranteilen       Nicht zuletzt durch die Verbreitung von       die unteren Schulaufsichtsbehörden ange-

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EILDIENST 4 /2017 - Aus dem Inhalt: Landkreistag NRW
EILDIENST Heft 4/2017                                                                                          Thema aktuell

siedelt sind, zur Folge. Allein eine Stärkung   lung, insbesondere bei für das Kreisgebiet     reform im Jahre 2008 ganz überwiegend
der unteren Schulaufsicht verspricht bei        bedeutsamen Planungen, sicherzustellen.        eine kommunale Aufgabe.
insgesamt gleichbleibendem Personalein-         Durch eine entsprechende Präzisierung          Dennoch ist in den letzten Jahren die
satz eine der Bedeutung und der öffent­         des Landesplanungsgesetzes könnten             Umweltverwaltung ausschließlich auf Lan-
lichen Wahrnehmung entsprechende Neu-           gemeindeübergreifend abgestimmte, flä-         desebene mit über 300 neuen Stellen seit
organisation der Schullandschaft. Dabei gilt    chensparende Planungen ermöglicht wer-         dem Jahr 2011 ausgestattet worden. Die
es, eine schulformübergreifende, ortsnahe       den. Das bisher zu diesem Zweck teilwei-       kommunalen Umweltbehörden, die den
Schulaufsicht zu stärken, die den Lehrkräf-     se eingesetzte Instrument der Förderung        weit überwiegenden Aufgabenbereich
ten und Eltern als Partner zur Seite steht,     interkommunaler Planungen funktioniert         bearbeiten, wurden dagegen nicht unter-
um für gelingende Bildungsbiografien eine       nur unzureichend und insbesondere nicht        stützt, was vor allem die Umsetzung von
weitere Verbesserung herbeizuführen. Der        in schwierigen Fällen (z. B. Outlet-Center).   Überwachungsanforderungen gefährdet.
Landkreistag NRW fordert deshalb eine           Auch eine Flexibilisierung der aktuell sehr    Darüber hinaus werden die Aufgaben in
Neuorganisation der Schulaufsicht unter         engen Anforderungen an die planerische         der Umweltverwaltung allgemein und
Schaffung einer schulformübergreifenden         Entwicklung ist unbedingt notwendig,           im Bereich der Umweltüberwachung im
Schulaufsichtsbehörde durch Verlagerung         um die wirtschaftliche Entwicklung nicht       Besonderen stetig erweitert und ausge-
aller diesbezüglichen Aufgabenbereiche          unnötig einzuschränken und insbesondere        baut, wiederum ohne dass den kommu-
der Bezirksregierungen auf die Schuläm-         die Existenz des Mittelstands zu sichern.      nalen Umweltbehörden entsprechende
ter der Kreise und kreisfreien Städte. Der      Die Weiterentwicklung im Bestand muss          Ressourcen zur Verfügung gestellt werden
personelle Mehrbedarf ist durch freiwer-        ebenso möglich bleiben wie sinnvolle Neu-      (z. B. das neue System einer risikobasier-
dende Kapazitäten der Bezirksregierungen        ansiedlungen. Es gibt heute bereits (auch      ten Planung von medienübergreifender
kostenneutral zu decken. Dazu ist darauf        größere) Kommunen, in denen keine einzi-       Umweltüberwachung, die Verpflichtung
hinzuweisen, dass auf Ebene der Bezirks-        ge nutzbare Fläche für Gewerbeansiedlun-       zur Dokumentation und Veröffentlichung
regierungen derzeit über 1.300 Vollzeit-        gen mehr zur Verfügung steht. Maßnah-          der Überwachungsergebnisse sowie die
äquivalente (VZÄ) und die Sachkosten für        men wie die Revitalisierung von Brachflä-      Umsetzung der Industrieemissions-Richt­
über 1.250 Arbeitsplätze im Bereich der         chen oder der Tausch von Gewerbeflächen        linie).
Abteilungen 4 der Bezirksregierungen zur        sind grundsätzlich zu begrüßen. Trotzdem       Damit die kommunale Umweltverwaltung
Disposition stünden. Einsparungen für das       werden diese Maßnahmen vielfach nicht          ihre Aufgaben weiterhin zuverlässig erfül-
Land infolge der Kommunalisierung ließen        ausreichen, ein hinreichendes Angebot an       len kann, ist eine ausreichende Personal-
sich damit prinzipiell ohne Zusatzbela-         Flächen für gewerbliche Ansiedlungen zu        ausstattung unbedingt notwendig. Die in
stung der kommunalen Seite im Rahmen            generieren. Insofern muss es auch mög-         den letzten Jahren erfolgten einseitigen
der konnexitätsrechtlichen Belastungsaus-       lich bleiben, zukünftig neue Flächen, ins-     Personalaufstockungen zugunsten des
gleichspflicht darstellen.                      besondere für die Ansiedlung im Bereich        Landes unter Missachtung der tatsächli-
                                                gewerblicher und industrieller Nutzung,        chen Aufgabenverteilung haben das seit
9. Wirtschaftliche Perspek-                     in Anspruch zu nehmen. Deshalb verlangt        vielen Jahren bestehende Überwachungs-
tiven des kreisangehörigen                      die weitere wirtschaftliche Entwicklung der    defizit nicht beseitigt; die steten Aufgaben-
                                                nordrhein-westfälischen Kommunen eine          zuwächse erschweren die Arbeit zusätzlich.
Raums bei der Flächenent-                       flexible Handhabung der grundlegenden          Ohne eine ausreichende Personalausstat-
wicklung und Infrastruktur-                     planerischen Regelwerke (insbesondere die      tung der kommunalen Umweltschutz-
planung entfalten                               Möglichkeit zur umfassenden Nutzung des        behörden steigt das Risiko ernsthafter
Kleinere und mittelständische Unterneh-         Flexibilisierungszuschlags beim Siedlungs-     Gefährdungslagen. In diesen Zusammen-
men bilden gerade im kreisangehörigen           flächenbedarf im Landesentwicklungs-           hang gehört auch die Verantwortung des
Raum das Rückgrat der Wirtschaft; der           plan). Hierfür muss das Land schnellstmög-     Landes, eine hinreichende Aus-  und Fort-
kreisangehörige Raum ist oftmals Kern-          lich die Grundlagen schaffen.                  bildung von Fachkräften zu fördern.
standort von Gewerbebetrieben und               Ebenso sind rechtliche Hemmnisse bei der       Eine den aktuellen Anforderungen an einen
produzierenden Unternehmen. Landtag             Planung und dem Bau großer verkehr­            vorbeugenden Umweltschutz gerecht wer-
und Landesregierung sind deshalb aufge-         licher Infrastrukturen (Straße und Schie-      dende Umweltverwaltung, die den Belan-
fordert, die Rahmenbedingungen für die          ne) zu verringern. Möglich wäre dies bei-      gen der Menschen und der Industriege-
Wirtschaft im kreisangehörigen Raum wei-        spielsweise durch eine Konzentration der       sellschaft dient, muss in einem industriell
terzuentwickeln.                                Beteiligungsverfahren, eine Straffung des      wie landwirtschaftlich gleichermaßen stark
Der Wettbewerb der Gemeinden um Ein-            Rechtsschutzverfahrens auf grundsätzlich       geprägten Land wie Nordrhein-Westfalen
wohnerinnen und Einwohner und Gewer-            nur eine oder maximal zwei gerichtliche        mit seiner hohen Bevölkerungsdichte in der
bebetriebe verhindert oftmals überörtlich       Instanzen, die Erweiterung der Fälle einer     Lage sein, orts- und bürgernah zu unter-
abgestimmte Planungen. Dieser Wett-             gesetzlich angeordneten sofortigen Voll-       suchen, zu beraten, zu genehmigen und
bewerb und die zugleich fehlende Koor-          ziehbarkeit im Planfeststellungsrecht sowie    zu überwachen. Die strukturellen Voraus-
dinierung führen regelmäßig dazu, dass          eine zeitliche Soll-Vorgabe des Gesetzge-      setzungen wurden bereits geschaffen, die
jede Gemeinde für sich eigene Flächen zur       bers für die Durchführung von Planfest-        Verwaltungsstrukturreform war der richti-
Verfügung stellt und somit insgesamt mehr       stellungsverfahren.                            ge Schritt; das Land muss nun die kommu-
Fläche ausgewiesen wird, als für eine abge-                                                    nale Umweltüberwachung auch personell
stimmte Planung notwendig wäre. Hier            10. Kommunale Umwelt­                          in die Lage versetzen, die weiter steigen-
sollte unter Wahrung der gemeind­     lichen    verwaltung stärken                             den Anforderungen zu erfüllen.
Planungshoheit dem Kreis eine koordinie-
rende Funktion übertragen werden, um            Die nordrhein-westfälische Umweltver-                    EILDIENST LKT NRW
eine nachhaltige Gewerbeflächenentwick-         waltung ist seit der Verwaltungsstruktur-            Nr. 4/April 2017   10.11.04.1

                                                                                                                                       129
Aus dem Landkreistag                                                                                                  EILDIENST Heft 4/2017

      Vorstand des LKT NRW am 21.03.2017

D     er Vorstand des LKT NRW hat sich in
      seiner Sitzung am 21.03.2017, unter
Vorsitz von Präsident Landrat Thomas
                                                Gemeindefinanzierungsgesetzen der Jahre
                                                2011 bis 2015 sowie der Höhe ihrer jewei-
                                                ligen Schulpauschale/Bildungspauschale
                                                                                               ­– die geplante landesseitige Verantwor-
                                                                                                   tung dafür, sicherzustellen, dass bei voll-
                                                                                                   ziehbar Ausreisepflichtigen die Erreich-
Hendele, Kreis Mettmann, mit den am 14.         nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz               barkeit für Behörden und Gerichte sowie
Mai 2017 anstehenden Landtagswahlen             2016 bestimmen.                                    die Durchführung der Ausreise gesichert
beschäftigt und zentrale Forderungen an         Hinsichtlich der Rückkehrpolitik des Bun-          werden muss.
den neuen Landtag und die neue Landes-          des begrüßte der Vorstand die Maßnah-           Darüber hinaus sprachen sich die Vor-
regierung aufgestellt. Die Forderungen          men zur Beschleunigung der Rückführung          standsmitglieder dafür aus, dass der Bund
betreffen unter anderem die Sicherheit und      ausreisepflichtiger Personen, auf die sich      zukünftig eine ergänzende Vollzugszu-
Ordnung im kreisangehörigen Raum, die           die Spitzen von Bund und Ländern am             ständigkeit bei der Aufenthaltsbeendigung
Finanzierung der Kommunen, den Umbau            09.02.2017 geeinigt hatten. Begrüßt wur-        übernehmen kann. Dies könne sowohl als
der Sozialen Sicherungssysteme, die Infra-      den insbesondere                                eigene, punktuelle Aufgabenzuständigkeit
struktur und Mobilität im kreisangehörigen      – die vorgesehene Erweiterung der             des Bundes (z. B. wahrgenommen durch
Raum sowie die Schulische Inklusion. Die            Abschiebungshaft für Ausreisepflichtige,    das BAMF) als auch in Form einer gesetz-
konkreten Forderungen zu allen Themen-              von denen eine erhebliche Gefahr für        lichen „Amtshilfe“ erfolgen. Eine solche
feldern sind in einem Forderungspapier              Leib und Leben Dritter oder bedeutende      eigene Verwaltungszuständigkeit des Bun-
dargelegt, das einstimmig von Vorstand              Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus-     des sei insoweit konsequent, als nur der
verabschiedet wurde (vgl. dazu S. 125 ff.           geht,                                       Bund die rechtlichen Rahmenbedingungen
in diesem EILDIENST).                           ­– die Einführung der Möglichkeit einer       des Asylverfahrensrechts und des Asylver-
Die Vorstandsmitglieder beschäftigten sich          räumlichen Beschränkung des Aufent-         fahrens regeln könne.
in der Sitzung zudem mit der Kommunal-              halts für geduldete, ausreisepflichtige     Der Vorstand stimmte in seiner Sitzung
investitionsförderung des Bundes. Dieser            Ausländer, die die Rückführung durch        außerdem einer Rahmenvereinbarung zur
will finanzschwachen Kommunen 3,5 Mil-              vorsätzlich falsche Angaben, durch Täu-     Inklusionskompetenz der Jobcenter zu.
liarden Euro für die Förderung zusätzlicher         schung der Identität oder Staatsangehö-     Diese beschreibt einen kontinuierlichen
Investitionen in die Schulinfrastruktur zur         rigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer      Verbesserungsprozess hinsichtlich der
Verfügung stellen. Der Vorstand diskutier-          Anforderungen an die Mitwirkung bei         beruflichen Integration von Arbeitssuchen-
te über die derzeit noch ungeklärte Vertei-         der Beendigung von Ausreisehindernis-       den mit Behinderungen beziehungsweise
lung der Mittel innerhalb von Nordrhein-            sen verhindert oder verzögert haben,        gesundheitlichen Einschränkungen und
Westfalen und sprach sich für eine Vertei-       – die deutliche Stärkung der freiwilligen    zeigt in sechs Handlungsfeldern mög­
lung nach dem gleichen Schlüssel aus, der           Rückkehr,                                   liche Maßnahmen auf. Diskutiert wur-
auch beim Programm „Gute Schule 2020“            – die Forderung, dass neu ankommende         den des Weiteren aktuelle Polizeifragen,
zur Anwendung gelangt ist und damit spe-            und noch nicht auf die Kommunen ver-        die Umsetzung des Prostituiertenschutz­
ziell für das Ziel der Förderung der Schulin-       teilte Asylsuchende, die voraussichtlich    gesetzes in Nordrhein-Westfalen sowie das
frastruktur entwickelt wurde. Nach diesem           keinen Anspruch auf Schutz in Deutsch-      Onlinezugangsgesetz des Bundes.
Schlüssel würde sich das Kontingent jeder           land erlangen werden, möglichst aus der
Kommune jeweils zur Hälfte nach der                 Erstaufnahmeeinrichtung zurückgeführt                  EILDIENST LKT NRW
Höhe ihrer Schlüsselzuweisungen nach den            werden sollen, und                                  Nr. 4/April 2017   00.10.10

                             70 Jahre Landkreistag
                             Nordrhein-Westfalen 1947-2017
                             Von Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des
                             Landkreistages Nordrhein-Westfalen

Einleitung                                      Land Nordrhein-Westfalen gebildet. Wäh-        Auflösung Preußens durch das Alliierte
                                                rend das Land Nordrhein-Westfalen also         Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25.02.1947
Im Jahr 2016 konnte das Land Nordrhein-         eine Gründung von „oben nach unten“            überstehen.
Westfalen sein 70-jähriges Bestehen feiern.     war, bietet die Entstehungsgeschichte des      Mit der Bildung eigenständiger Länder
Die Gründung dieses Bindestrich-Landes          Zusammenschlusses der Kreise im neuen          in der britischen Besatzungszone waren
war Folge der von der britischen Militär-       Bundesland Nordrhein-Westfalen dazu das        die Briten bereits faktisch über den Fort-
regierung am 23.08.1946 beschlossenen           Gegenbild als Gründung von „unten nach         bestand Preußens hinweggegangen. An
Auflösung der Provinzen des ehemaligen          oben“, nämlich als Ausgangspunkt von           die Spitze der Kreise waren anstelle der
Landes Preußen. Unter dem Codenamen             Treffen der Repräsentanten und Vertreter       den alten Machthabern verpflichteten
„Operation Marriage“ wurden aus dem             der Kreise. Die Kreise im Rheinland und in     Landräte durch die Alliierten – amerika-
nördlichen Teil der preußischen Rheinpro-       Westfalen, die im Jahr 2016 ihr 200-jäh-       nische und britische Truppen – vom Drit-
vinz mit den Regierungsbezirken Aachen,         riges Bestehen feiern konnten1, hatten als     ten Reich unbelastete Landräte ernannt
Düsseldorf und Köln sowie der preußischen       von Preußen begründete Verwaltungsbe-
Provinz Westfalen mit den Regierungsbe-         zirke das Ende des Zweiten Weltkrieges         1
                                                                                                   Vgl. EILDIENST LKT NRW Nr. 10/Oktober
zirken Arnsberg, Minden und Münster das         überstanden und sollten auch die de-jure-          2016, S. 321 ff, S. 365 ff

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EILDIENST Heft 4/2017                                                                      Aus dem Landkreistag

beziehungsweise bestellt worden, die oft      im Bereich der Kommunalverwaltung zu          Gründung des Landkreistages
schon kurze Zeit nach der Besetzung des       erreichen und einen Primat der Politik vor    – eine westfälische Initiative
jeweiligen Kreisgebietes in ihr Amt als       der Verwaltung durchzusetzen. Die bis
Chefs der Kreisverwaltungen eingesetzt        dahin dominierenden Berufsbeamten – die       Bereits in der unmittelbaren Nachkriegs-
wurden. Nicht selten handelte es sich         früheren Bürgermeister beziehungsweise        zeit, spätestens aber im Verlauf des Jahres
dabei um Männer, die in der Zeit der Wei-     Landräte – wurden entmachtet, während         1946 hatten die westfälischen Kreise in
marer Republik bereits Landräte gewesen       die gewählten Räte und Kreistage aufge-       den drei westfälischen Regierungsbezirken
waren, aber durch die Nationalsozialisten     wertet wurden. Die Kreise – ihre damalige     Arnsberg, Minden und Münster für sich
seit 1933 aus ihren Ämtern gedrängt oder      Bezeichnung lautete noch „Landkreise“ –       jeweils regionale Landkreisvereinigungen
entlassen worden waren. Die Lebens-           wurden als untere rein staatliche Verwal-     gebildet. Am 13.02.1947 kam es zu einer
mittel- und Wohnraumbeschaffung, die          tungsbezirke beseitigt und die Landräte       Zusammenkunft dieser drei Landkreisver-
Wiedereröffnung von Verkehrsverbin-           sowie das übrige staatliche Verwaltungs-      einigungen in Bad Sassendorf. Nach einer
dungen, die Beseitigung von Zerstörun-        personal in den Kreisverwaltungen kom-        einstündigen Vorstandstagung der betei-
gen sowie der Wiederaufbau standen im         munalisiert. Damit wurden die Kommu-          ligten Vereinigungen fand die Vollver-
Mittelpunkt der Arbeit der insofern unter     nalbeamten aus der früher durchgehenden       sammlung, die Gründungsversammlung
britischem Befehl stehenden Kreis- und        Beamtenhierarchie herausgelöst. Außer-        des Westfälischen Landkreistages statt, an
Kommunalverwaltungen. Krisenbewälti-          dem erhielten die kommunalen Vertre-          der 20 Landräte, 23 Oberkreisdirektoren
gung auf fast allen existenziellen Feldern,   tungskörperschaften die Zuständigkeit für     und sieben weitere Kreisvertreter teilnah-
nicht zuletzt auch bei der gesundheitlichen   staatliche Auftrags­angelegenheiten. Mit      men. Es fehlten lediglich drei Landkreise.
und sozialen Versorgung der Bevölkerung       der Herauslösung der kommunalen Selbst-       Der frühere Landrat des Kreises Altena,
sowie der Integration von Flüchtlingen aus    verwaltung aus dem hierarchischen Instan-     Dr. Karl Bubner, der Ende März 1947 zum
den ehemaligen deutschen Ostgebieten          zenzug der staatlichen Zentralverwaltung      ersten Geschäftsführer des Westfälischen
bedeuteten riesige Herausforderungen für      erhielten die kommunalen Vertretungen         Landkreistages bestellt werden sollte, hielt
die in den Kreishäusern und Rathäusern        einen größeren Verantwortungsbereich          zu der Vollversammlung vom 13.02.1947
Tätigen. Nach Linderung und Bewältigung       und wurden damit weiter gestärkt3. Bereits    folgendes fest:
der größten Notsituation kam es nach und      ab September 1945 wurden die bestehen-        „Landrat Baurichter (Bielefeld) berichte-
nach zu Kontaktaufnahmen der Verwal-          den kommunalen Beiräte zu repräsentati-       te über die Gründung des Landkreistages
tungsspitzen untereinander.                   ven Versammlungen umgebildet. Um die          für die britische Zone im August 1946
Mit dem Erlass der am 01.04.1946 in Kraft     Jahreswende 1945/1946 begann die Auf-         in Iserlohn und über die Einrichtung der
tretenden Revidierten Deutschen Gemein-       teilung des traditionellen Bürgermeister-     Geschäftsstelle in Bad Godesberg. Er wies
deordnung und einer Instruktion von Ende      und Landratsamtes in die ehrenamtlichen       gleichzeitig darauf hin, dass es notwendig
Juli 1946 reformierte die britische Besat-    Bürgermeister- und Landratsstellen einer-     sei, bei der neuen Landesregierung in Düs-
zungsmacht das Kommunalverfassungs-           seits und den hauptamtlichen Gemeinde-        seldorf eine Geschäftsstelle für Westfalen
recht2. Beabsichtigt war eine „Dezentra-      direktor beziehungsweise Landrat anderer-     und Nordrhein aufzubauen. Es fand eine
lisierung des politischen Gefüges“ sowie      seits.                                        eingehende Debatte über die Frage statt,
die „Entwicklung des Verantwortungsge-        Die meisten amtierenden Bürgermeister         ob ein eigener Westfälischer Landkreis-
fühls der Ortsbehörden“. Dazu sollte die      und Landräte entschieden sich – vor die       tag gegründet werden sollte oder ob es
„örtliche Selbstverwaltung … neu organi-      Wahl gestellt – für die Position des Haupt-   bereits anzustreben sei, den Landkreistag
siert werden“. Insofern wurden Baustei-       gemeindebeamten, zumal diese im Gegen-        für Nord­rhein-Westfalen zu gründen. Die
ne des britischen Local Government auf        satz zum ehrenamtlichen Ratsvorsitz ent-      Vertreter der Kreise sprachen sich allge-
die Gemeindeverfassung in der britischen      sprechend dotiert war. Mit der Einführung     mein für die Bildung eines Westfälischen
Zone übertragen. Die politische Führung       der Revidierten Deutschen Gemeindeord-        Landkreistages aus.“
und Verwaltung lag damit ausschließlich       nung kam eine Reihe neuer Bürgermeister       Oberkreisdirektor Dr. Johannes Strunden,
bei dem von der Bevölkerung gewählten         und Landräte ins Amt, von denen viele in      Kreis Borken, wurde zum ersten Vorsitzen-
Rat beziehungsweise Kreistag als alleini-     den folgenden Jahren als führende Politi-     den gewählt und erhielt die Ermächtigung
gem und zentralem Organ der Gemeinde          ker im neu gegründeten Land Nordrhein-        zur Führung von Verhandlungen über
beziehungsweise des Kreises. Die Leitung      Westfalen oder auch auf Bundesebene           einen Zusammenschluss mit Nordrhein,
der Verwaltung oblag nicht mehr dem Bür-      Karriere machten. Mit den neuen Ämtern        wobei dieser Beschluss nicht ohne Wider-
germeister oder Landrat, sondern einem        konnte eine gute personelle Verbindung        spruch gefasst wurde. Sogar eine Satzung
im Auftrag des Gemeinderats beziehungs-       zwischen kommunaler Selbstverwaltung          für den Westfälischen Landkreistag wurde
weise Kreistags handelnden Hauptverwal-       und Landespolitik geschaffen werden,          bereits in dieser Sitzung beschlossen.
tungsbeamten, der als Gemeinde-, (Ober-)      da der Landtag eine Vielzahl von Bürger-      Sechs Wochen nach der Gründungsver-
Stadt- beziehungsweise Oberkreisdirek-        meistern und Landräten aufwies, die sich      sammlung kam es am 25.03.1947 auf der
tor bezeichnet wurde und im Bereich der       bei der Gesetzgebung für eine Stärkung        Burg Altena zu einer weiteren Mitglieder-
Kommunen nicht aktiv politisch tätig wer-     der kommunalen Selbstverwaltung ein-          versammlung, die unter anderem über
den durfte. Die gewählten Vorsitzenden        setzte. Mit den Gemeindewahlen vom            Straßenunterhaltung, provinzielle Land-
des Rates beziehungsweise des Kreistags       15.09.1946 und den Stadt- und Land-           schaftspflege sowie über Organisationsfra-
erhielten entgegen deutscher Selbstver-       kreiswahlen am 13.10.1946 lösten neuge-       gen des Deutschen Landkreistages beriet.
waltungstradition die Bezeichnung Bürger-     wählte Vertretungen die von der Militär-      Die Niederschrift enthält den Satz: „Es
meister in Gemeinden und Städten sowie        regierung ernannten Gemeinderäte und          bestand Einigkeit darüber, dass die west-
Landrat in den Kreisen. Diese rein ehren-     Kreistage ab. Nachdem insofern die kom-
amtliche und repräsentative Funktion der      munalverfassungsrechtlichen Verhältnisse      2
                                                                                                Vgl. Ansgar Weißer, Die „innere“    Landes-
Bürgermeister beziehungsweise Landrä-         konsolidiert waren, konnte zunehmend ein          gründung Nordrhein-Westfalens, S.    39
te war gewollt, um eine strikte Trennung      Blick über Kreis- und Gemeindegrenzen         3
                                                                                                 Vgl. Ansgar Weißer, Die „innere“   Landes-
von Entscheidungsinstanz und Exekutive        hinaus getan werden.                              gründung Nordrhein-Westfalens, S.    41

                                                                                                                                        131
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