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Geburtshilfe ∕ Frauen-Heilkunde ∕ Strahlen-Heilkunde ∕ Forschung ∕ Konsequenzen Heinen L, Muin D Ein Überblick über Quecksilber – Empfehlungen für Schwangere und Stillende Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2018; 36 (1) (Ausgabe für Österreich), 12-14 Homepage: www.kup.at/speculum Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031112 M, Verlagsort: 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A/21
Staudin ger Ab sofort in unserem Verlag Thomas i e n e l K Maurice Thomas Staudinger Maurice Kienel EC M O ECMO die Kitteltasche für die Kitteltasche für 2. Auflage Jänner 2019 ISBN 978-3-901299-65-0 2. Auflage 78 Seiten, div. Abbildungen 2018 Copyright eber au d in ger - Herausg 19.80 EUR Thomas St Bestellen Sie noch heute Ihr Exemplar auf Krause & Pachernegg GmbH www.kup.at/cd-buch/75-bestellung.html
For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH. 36. Jahrgang, 1/2018 Ein Überblick über Quecksilber – Empfehlungen für Schwangere und Stillende L. Heinen, D. Muin Vorkommen und Formen von Queck finerien, Thermometerfabriken und auch Zahnkli- silber niken mit schlechtem Umgang mit Quecksilber. Trotz seiner bekannten potenziellen Gesundheits- Quecksilber (Hg), von der International Mineralogy risiken findet Quecksilber des weiteren immer Association als bis dato einzig bekanntes flüssiges noch Anwendung in Alltagsgegenständen: u.a. in Mineral anerkannt, kommt sowohl in organischer Quecksilber-Manometern und Thermometern, als auch anorganischer Form vor: In elementarer Leuchtstofflampen, Batterien, Zahnfüllungen, Bio- Form findet sich Quecksilber als Quecksilber(II) ziden in der Papierindustrie, Pharmazeutika, Far- oxid im sehr seltenen Mineral Montroydit. Als ben, auf Saatgut, als Laborreagenzien und indus- elementares Quecksilber (Hg) kann es aus dem triellen Katalysatoren. Nach der Abfallentsorgung in Gebieten mit ehemals vulkanischer Aktivität wird Quecksilber wiederum in Luft, Gewässern vorkommenden, rot leuchtenden Quecksilbererz und Böden freigesetzt. Zinnober (HgS) über Röstverfahren mit Sauerstoff (O2) nebst Schwefeldioxid (SO2) gewonnen werden. Durch seine praktische Persistenz in der Umwelt Am häufigsten liegt es jedoch als organisches Me- und Nahrungskette weist daher fast jeder Mensch thylquecksilber (MeHg) vor. mehr oder weniger hohe Spuren von Methylqueck- silber im Gewebe auf. Die Hauptaufnahme des In seinen verschiedenen Elementarzuständen selben in den menschlichen Körper erfolgt dabei in Luft, Wasser und Boden durchläuft Quecksilber vor allem über die Nahrung: Auch wenn der regel- eine Reihe von komplexen chemischen und phy- mäßige Fischkonsum heutzutage als eine von allen sikalischen Transformationen: In der Atmosphäre Gesundheitsorganisationen anerkannte wichtige wird der größte Teil von Quecksilber in Dampf Protein- und Nährstoffquelle von Omega-3-Fett- evaporiert und zirkuliert als Schwebeteilchen dort säuren, verschiedenen Vitaminen und Mineralstof- bis zu einem Jahr, wo es bis zu tausende Kilometer fen gilt, ist er dennoch der Hauptaufnahmeweg weiter von der ursprünglichen Emissionsquelle von Methylquecksilber. Prinzipiell lässt sich sagen, transportiert werden kann. Nach Ablagerung auf dass die Methylquecksilberakkumulation umso hö- der Erde wird Quecksilber schließlich in Böden her ist, je älter, größer und öliger der Fisch ist, da und Sedimenten über Stoffwechselzyklen von Bak- sich MeHg auch in der aquatischen Nahrungskette terien methyliert. Als Methylquecksilber (MeHg), selbst biologisch anreichert: Große Fische essen der giftigsten Form von Quecksilber, gelangt es kleine Fische und nehmen dabei wieder Queck- in weiterer Folge in die tierische (v.a. aquatische) silber auf. Die Liste der Fische mit dem höchsten und menschliche Nahrungskette, wo es in höherer MeHg-Gehalt führen daher Haie, Schwertfische, Konzentration als in atmosphärischer und erdiger Hechte, Königsmakrelen, Zander, Barrakudas, gro- Umgebung akkumuliert, insbesondere in Meer- ße Thunfische und Schwertfische an. Dort reichert und Süßwasserfischen sowie Säugetieren. sich MeHg im Muskelgewebe des Fisches an, wes- halb sich der Quecksilbergehalt des verunreinigten Fisches entgegen allgemeiner Annahme durch Exposition Enthäuten oder Entfetten nicht reduzieren lässt. Als gefährdete Populationen sieht die Weltge- Zahnfüllungen, die mit Quecksilberamalgam sundheitsorganisation Menschen mit traditionell hergestellt wurden, können für viele Bevölkerungs- hohem Konsum von kontaminierten Fischen und gruppen eine relevante Quelle von elementaren Meeresfrüchten an, sowie jene mit langfristiger Quecksilberdämpfen sein, da Amalgamoberflächen berufsbedingter Exposition in Chloralkalianlagen, im Mund Quecksilberdampf verursachen, der inha- 12 Quecksilberminen, Gold- und Silberbergbau, Raf- liert wird. Die geschätzte durchschnittliche Tages-
36. Jahrgang, 1/2018 absorption von Quecksilberdampf aus Zahnfüllun- so kann Quecksilber negative Auswirkungen auf gen variiert zwischen 3 und 17 μg Quecksilber. die menschliche Gesundheit haben. Wichtige Fak- toren für den Schweregrad der Nebenwirkungen sind dabei: Pharmakokinetik von Quecksilber im a) die chemische Form von Quecksilber, menschlichen Körper b) Dosis, c) exponierte Person (Feten sind vulnerabler als In seiner metallischen (flüssigen) Form wird ele- Erwachsene), mentares Quecksilber (Hg0) vom menschlichen d) Expositionsdauer und Verdauungssystem nicht signifikant absorbiert e) Expositionsweg (Einatmen, Nahrung oder oder umgewandelt. Wird es in dieser Form einge- Hautkontakt). nommen, so gelangt es fast vollständig über den Stuhl aus dem menschlichen Körper, so dass es im Die vulnerabelsten Organe für die Toxizität Organismus nur wenig toxische Wirkung ausübt. von Quecksilber und Quecksilberverbindungen In ähnlicher Weise führt der Hautkontakt mit flüs- sind das Nervensystem, die Nieren und das Herz- sigem elementarem Quecksilber zu einer relativ Kreislauf-System. Nach Inhalation von Hg0-Dampf geringen Absorption in den Körper und verursacht wurden beim Menschen neurologische und Ver- im allgemeinen nur leichte Symptome (wie Haut haltensstörungen beobachtet. Zu den Symptomen irritationen, Dermatitis oder Hautausschläge). gehören Zittern, das zunächst die Hände betrifft und sich manchmal auch auf andere Körperteile Gefährlicher ist jedoch die Inhalationsexposition ausbreitet, emotionale Labilität (gekennzeichnet von Hg0-Dämpfen: Ungefähr 80 % der inhalierten durch Reizbarkeit, übermäßige Erregung, Schüch- Dämpfe werden dabei vom Lungengewebe absor- ternheit, Selbstvertrauensverlust und Nervosität), biert, und sobald es absorbiert ist, verteilt sich Hg0 Schlaflosigkeit, neuromuskuläre Veränderungen leicht im Körper. Dies ist dann auch eine Gefahr für (wie Schwäche, Muskelschwund oder Muskelzu- die schwangere Frau wie auch ihr Ungeborenes, da ckungen), Kopfschmerzen, Polyneuropathie (wie Hg0 sowohl die Plazenta- als auch die Blut-Hirn- Parästhesien, sensorischer Verlust, hyperaktive Schranke passieren kann. Sehnenreflexe, verlangsamte sensorische und mo- torische Nervenleitungsgeschwindigkeiten), Ge- Auch nach Einnahme von Methylquecksilber er- dächtnisverlust und kognitive Defizite. folgt eine rasche und fast vollständige (ca. 95 %) Resorption von MeHg über den Magen-Darm-Trakt. Bei höheren Konzentrationen können auch nach- Im Körper verteiltes Methylquecksilber verbindet teilige Nieren- und Schilddrüseneffekte, Lungen- sich mit Cystein und wird über ein neutrales Ami- funktionsstörungen, Sehstörungen und Taubheit nosäureträgerprotein in die Zellen transportiert. beobachtet werden. Als Auswirkung nach kurzzei- MeHg wird dabei im ganzen Körper verteilt und tiger Exposition von Hg0-Dampf bei Erwachsenen passiert ebenso die Blut-Hirn-, wie auch die Pla- konnten Schädigungen der Mundschleimhaut und zenta-Schranke. Im Hirn wird Methylquecksilber Lungen, Angina pectoris, Husten, Übelkeit, Erbre- oxidiert und akkumuliert bei chronischer Exposi- chen, Durchfall und erhöhter Blutdruck beobach- tion in Hirnzellen, was langfristig zum Untergang tet werden. Folgen einer chronischen Exposition von Neuronen und damit zum Ausfall nervaler von Quecksilber im Erwachsenenalter machen sich Funktionen und Demenz führen kann. klinisch nach durchschnittlich 20 Jahren bemerk- bar. MeHg hat eine relativ lange biologische Halb- wertszeit von 44 bis 80 Tagen. Die Ausscheidung Da das Methylquecksilber-Cystein-Konjugat von Methylquecksilber aus dem Körper erfolgt sowohl die Plazentaschranke als auch die Blut- hauptsächlich über Stuhl, Urin und Haare sowie in Hirn-Schranke passieren kann, ist der Fetus in geringen Mengen über die Muttermilch. seiner Entwicklungsphase besonders empfindlich gegenüber den toxischen Wirkungen von Methyl- quecksilber. Laut WHO wird das fetale zentrale Effekte von Quecksilber im mensch Nervensystem als empfindlichstes Organ für die lichen Körper schädliche Wirkung von MeHg in der Schwan- gerschaft angesehen. Anhand epidemiologischer Wie schon oben geschildert, weisen fast alle Men- Untersuchungen nach Methylquecksilbervergif- schen Spuren von Quecksilber in ihren Geweben tungsepisoden, wie z. B. in Japan und im Irak, weiß (z. B. in den Haaren) auf. Diese niedrigen Werte man, dass Neugeborene, deren Mütter während werden von der WHO als nicht gesundheitsschäd- der Schwangerschaft einer unnatürlich hohen lich gesehen. Überschreiten jedoch die MeHg-Ex- Methylquecksilberkonzentrationen ausgesetzt wa- positionswerte die festgelegten Grenzwerte (s.u.), ren, grobe entwicklungsneurologische Auffällig- 13
36. Jahrgang, 1/2018 keiten (Sprechen, Gehen) bis hin zur Zerebralpa- Tabelle 1: Empfehlung des American Congress of rese mit verändertem Muskeltonus und fehlenden Obstetricians and Gynecologists (ACOG) zum siche- Sehnenreflexen aufweisen können. ren Verzehr von Fisch in der Schwangerschaft und Stillzeit (1 Portion entspricht einer Handfläche eines Quecksilber kann dosisabhängig auch in die Mut- Erwachsenen) termilch übertreten, wo es mit einer Halbwertszeit 2–3 Portionen pro Woche von bis zu 65 Tagen persistiert. Sofern die unbe- Anchovis denkliche Dosis von bis zu 1,7 ng Quecksilber / g Atlantische Makrele Atlantischer Quakfisch Muttermilch nicht überschritten wird, empfiehlt Auster die WHO weiterhin das Stillen des Neugeborenen, Barsch da der Benefit der Muttermilch gegenüber dem Felchen sehr unwahrscheinlichen Risiko einer MeHg-Ne- Flunder benwirkung beim Kind überwiegt. Forelle Hecht Hering Hummer Empfehlung in Schwangerschaft und Jakobsmuschel Stillzeit Kabeljau Königsmakrele Krabbe Laut WHO liegt die tolerierbare wöchentliche Auf- Lachs nahmemenge ohne nennenswerte kurz-und lang- Langusten fristige Gesundheitsrisiken für Mutter und deren Meeräsche Nachkommen für Gesamtquecksilber bei 5 μg / kg Merlan Muschel Körpergewicht (WHO, 1978) und für Methylqueck- Pazifische Makrele silber bei 1,6 μg / kg Körpergewicht (WHO, 2004 Sardine und 2007). Schellfisch Scholle Schwarzer Seebarsch Für Schwangere und Stillende hat die US- Seehecht Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) in Süßwasserhering Kooperation mit der US-Umweltbehörde (EPA) Thunfisch Empfehlungen zum sicheren Verzehr von Fischen Tilapia und Meeresfrüchten herausgegeben. Der Konsum Tintenfisch Wels von öligem, quecksilberhältigem Fisch soll dabei Max. 1. Portion pro Woche vermieden werden. Eine detaillierte Auflistung des Blaufisch American Congress of Obstetricians and Gyneco- Buffalofish logists (ACOG) der empfohlenen und zu vermei- Chilenischer Seebarsch denden Fischsorten kann Tabelle 1 entnommen Delphinfisch werden. Felsenfisch Gestreifter Bass Heilbutt Karpfen LITERATUR: bei der Verfasserin. Meerforelle Schafskopf-Meerbrasse Schnapper Korrespondenzadresse: Seeteufel Dr. Dana Muin Spanische Makrele Universitätsklinik für Frauenheilkunde Thunfisch (frisch / in Dosen) Medizinische Universität Wien Torpedobarsch A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18–20 Zackenbarsch Zobelfisch E-Mail: dana.muin@meduniwien.ac.at Zu vermeiden (hohe MeHg-Konzentration) Fliesenfisch Granatbarsch Großaugen-Thunfisch Hai Marlin Schwertfisch 14
Mitteilungen aus der Redaktion Abo-Aktion Wenn Sie Arzt sind, in Ausbildung zu einem ärztlichen Beruf, oder im Gesundheitsbereich tätig, haben Sie die Möglichkeit, die elektronische Ausgabe dieser Zeitschrift kostenlos zu beziehen. Die Lieferung umfasst 4–6 Ausgaben pro Jahr zzgl. allfälliger Sonderhefte. Das e-Journal steht als PDF-Datei (ca. 5–10 MB) zur Verfügung und ist auf den meisten der marktüblichen e-Book-Readern, Tablets sowie auf iPad funktionsfähig. Bestellung kostenloses e-Journal-Abo Besuchen Sie unsere zeitschriftenübergreifende Datenbank Bilddatenbank Artikeldatenbank Fallberichte Haftungsausschluss Die in unseren Webseiten publizierten Informationen richten sich ausschließlich an geprüfte und autorisierte medizinische Berufsgruppen und entbinden nicht von der ärztlichen Sorg- faltspflicht sowie von einer ausführlichen Patientenaufklärung über therapeutische Optionen und deren Wirkungen bzw. Nebenwirkungen. Die entsprechenden Angaben werden von den Autoren mit der größten Sorgfalt recherchiert und zusammengestellt. Die angegebenen Do- sierungen sind im Einzelfall anhand der Fachinformationen zu überprüfen. Weder die Autoren, noch die tragenden Gesellschaften noch der Verlag übernehmen irgendwelche Haftungsan- sprüche. Bitte beachten Sie auch diese Seiten: Impressum Disclaimers & Copyright Datenschutzerklärung
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