Ein Magazin von - Tecnolumen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Bodenleuchte BULO XL/BLON 16 P Die neue Zeit bringt eine ganz mehr Platz für frische Gedanken Durchdacht, raffiniert und immer grundsätzliche Frage mit sich: Wie und neue Ideen. Eine spürbar funktional – Oliver Niewiadomski fühle ich mich wohl und sicher? schöne Haptik, ausgelöst durch übersetzt Mathematisches Unser Zuhause muss zukünftig noch hervorragende Materialität, ist in eine pointierte Formensprache. mehr leisten. Dabei geht es um viel „echt“ in einer digitalisierten Welt. So auch bei der Bodenleuchte mehr als nur um heimelige Trends Lieblingsstücke können Menschen BULO XL, die sich auf ihrem wie Cocooning oder Hygge. Es geht Halt und etwas Verlässliches Sockel je nach Gusto in Szene darum, dass wir mehr Ruhe und und Unverrückbares bieten. setzen lässt. Privatsphäre brauchen, um uns TECNOLUMEN vereint seit jeher zurückzuziehen, Kraft zu tanken und diese wesentlichen Faktoren und eine Atmosphäre des Wohlfühlens produziert Leuchtenklassiker zu erschaffen. Besonders groß wird „Made in Germany“ nach handwerk- die Herausforderung für jene sein, licher Tradition mit kleinen Unter- die das Homeoffice in ihre häus- nehmen, die wie wir größten Wert liche Welt integrieren müssen – auf eine herausragende Qualität und Wohlfühlinseln benötigen. legen. Machen wir das Beste draus! Die gesamte Einrichtungsbranche befasst sich mit dem Thema und seinen Ausprägungen, damit in einem guten Zusammenspiel alles menschenfreundlich und inspirierend Ihr Carsten Hotzan unter einen Hut zu bringen ist. Geschäftsführer TECNOLUMEN Gutes Licht ist dabei ein ganz wesent- licher Faktor, um Räume wirken zu lassen, Bereiche intelligent abzugrenzen und Wohlfühloasen zu pointieren. Ein reduziertes Design, das sich auf das Wesentliche beschränkt, erzeugt wohltuenden Freiraum im Kopf und lässt 4 Zweck & Form − Die Sammlung von Prof. Dr. Klaus Struve 6 Bauhaus-Stehleuchten 8 Handmade in Germany – Alte Handwerkskunst mit Leib und Seele 12 Von Arts and Crafts über De Stijl bis zum Bauhaus 16 Oliver Niewiadomski – Ein Porträt 18 Gropius-Türdrücker, Serie 130 – Die Sonderedition bei TECNOLINE
Zweck & Form — Die Sammlung von Prof. Dr. Klaus Struve Gleich hinter der Haustür stapeln sich Kartons, liegen Leuchten und Türbeschläge, stehen Möbel. „Entschuldigen Sie das Durcheinander“, Prof. Dr. Klaus Struve schlängelt sich durch sein Wohnzimmer, „die Sachen kommen gerade alle von einer Ausstellung zurück“. Nichts Ungewöhnliches im Leben des 77-jährigen Oldenburgers. Mit seiner Sammlung „Zweck und Form“ ist er weit über den norddeutschen Raum hinaus bekannt. Kein Leichtes also, sich zu begren- zweck, wichtig sei ihm vielmehr zen. Nichtsdestotrotz gibt es das Bewahren von Kulturgütern. natürlich Schwerpunkte in Struves „Mein Ziel ist es, die Dinge so zu Sammlung. Neben Leuchten restaurieren, dass sie wieder dauer- und Türgarnituren finden sich ein haft benutzt werden können“, paar Industrie- und sogenannte betont Struve. Gestaltung und Mutteruhren mit Nebenuhren für Schönheit der historischen Objekte den Gebrauch in Fabriken und sollen so auch weiterhin wahr- Möbel aus gebogenem Buchenholz. genommen werden. Das bedeutet Diese Bugholzmöbel gehörten nicht, dass seine Fundstücke nicht einst zu den ersten Sammlungs- auch abweichend genutzt werden objekten, Produkte des industrial- dürfen. Eine Leuchte kann zur isierten Möbelbaus, Wiener Kaffee- Skulptur, zu einem Kunstwerk haus-Möbel. Wie kann bei einer werden, und ein Türknauf darf solchen Fülle von Objekten die durchaus auch als Briefbeschwerer Übersicht bewahrt werden? „Die auf einem Schreibtisch seinen Archivierung aller Sammlungs- Platz finden. objekte ist noch unvollständig“, Auf dem Weg zum Ausgang der gesteht Struve. Die professionelle Lagerhalle umkurvt Prof. Struve Lagerung von Archivalien zur wieder geschickt Abgestelltes und Geschichte der Leuchten und Gestapeltes. Fällt es nicht schwer, Beschläge ist aufwendig – und vor etwas wegzugeben, wenn die Suche allem platzraubend. Hunderte nach dem Schmuckstück lang von Decken-, Wand- und (Schreib-) und der Aufwand der Restaurierung Tischleuchten, etwa tausend hoch waren? „Nein!“ Klaus Struve Türgarnituren und eine Vielzahl an schüttelt nachdrücklich den Kopf. Bugholzmöbeln stehen, liegen „Die Dinge müssen doch benutzt Seine Sammlung ist umfassend. Produkte, sondern Produkte Glasschirme in verschiedenen oder hängen in Regalen, auf Tischen werden!“ Einiges daraus findet sich in Struves maschineller Massenproduktion. Farben, technisch bedingte Form- und an Wänden in einer Lagerhalle. Eigenheim, ein 1934 errichtetes Jene seriellen Kunstwerke, die anpassungen – in kleinen Details Sortieren? Nummerieren? Es Einfamilienhaus, dessen Ausstattung in den Jahrzehnten nach dem Ersten des gleichen Leuchtentyps finden gibt Wichtigeres zu tun. Zwischen er rekonstruierte und komplettierte. Weltkrieg bis zum Wiederaufbau sich Abweichungen, die das Serielle den Regalmetern finden sich unter- „Die Herausforderung war es, alle nach dem Zweiten Weltkrieg ent- zum Besonderen machen. Sammler schiedlich ausgestattete Arbeits- Leuchten zu beschaffen“, erzählt der worfen wurden. „Interessant Struve ist in seinem Element. plätze: Der gelernte Steinmetz promovierte Berufs- und Hochschul- sind für mich die Entwurfsarbeiten „Ich bin im ständigen Austausch mit restauriert seine Fundstücke, soweit lehrer stolz. Die Originalobjekte aus dem Bauhaus, ist die Wirkungs- Kollegen, über die Bestimmung es geht, selbst. Seine Sammellei- des Wohnhauses gehörten bis in die geschichte der 1920er-Jahre.“ von Objekten, ihre Markteinführung, denschaft diene nicht dem Selbst- 1950er-Jahre zur Standardaus- Damals, so die Idealvorstellung, den Zeitraum der Produktion stattung freistehender Ein- und sollte jeder Mensch in einem gewis- und die Verwendung verschiedener Zweifamilienhäuser. Und fallen sen Wohlstand und gestalterisch Sammlungsobjekte.“ somit nicht ganz zufällig in sein hochwertigen Umfeld wohnen kön- sammlerisches Interessengebiet. nen. Die Kehrseite der seriellen „Schwerpunkte meiner Sammlung Ausstattung: die Verschwendung. sind Objekte industrieller Produk- „Häuser wurden ohne Rücksicht auf tion, die in jedem Haus, in jedem das historisch Wertvolle moderni- Raum installiert und benutzt wurden siert. Viele meiner Objekte habe ich bzw. werden.“ Struve interessieren aus Containern gerettet.“ Man nicht handwerklich geschaffene hört, wie sehr ihm das Bewahren dieser Schätze am Herzen liegt. Wer allerdings glaubt, es gehe nur um die Anhäufung gleichartiger Produkte, der irrt. „Spannend für mich als Sammler ist die ständige Historische Leuchten, vor allem aus Veränderung serieller Produktionen.“ der Bauhaus-Zeit, Bugholzmöbel und Türbeschläge machen den Großteil der beeindruckenden Sammlung von Prof. Dr. Klaus Struve aus. 4 5
Stehleuchten sind mehr als nur Beleuchtung. Die Bauhäusler bewunderten schon seinerzeit die besondere Flexibilität und die Wirkung von Stehleuchten als Designelement im Raum. Anders als Decken- oder Wandleuchten können sie einerseits recht einfach umgesetzt und angeschlossen werden und andererseits einen Raum unterschiedlich in Szene setzen. Zudem werden sie als Deckenfluter für die Ausleuchtung eines bestimmten Bereiches wie auch als Leseleuchte in einer gemütlichen Lesecke ver- wendet. Heute finden sie wieder ihre Liebhaber. BH 23 Stehleuchte im Umfeld des Bau- DSL 23 Opalglas wird das Licht besonders Bauhaus-Stehleuchten Wer die skulptural anmutende hauses entstanden sein muss. BST 23 Gyula Pap entwarf in seinem gebrochen, sodass diese wie eine leuchtende Schicht über dem Diese Stehleuchte von 1923 lässt atmosphärisch abgegeben. Das Leuchte um 1923 entworfen hat, Ihre spielerische Form und ihre letzten Jahr als Studierender am dünnen, vernickelten Metallrohr zu klar den prägenden Stil der macht die Stehleuchte zu einem ist unbekannt – auf jeden Fall Aura der Beweglichkeit erinnern Bauhaus in Weimar für das von schweben scheint. Diese Leuchte Bauhaus-Ära erkennen, obwohl sehr schönen Stimmungslicht. Der war es ein Leuchtendesigner mit ebenso an Oskar Schlemmers Georg Muche und der Bauabtei- wurde 1925 als Beispiel funktionaler ihr Designer, der Architekt Richard Designklassiker kann in privaten einer Schwäche für Mechanik, Figuren des „Triadischen Balletts“ lung geplante Versuchshaus Gestaltung im Bauhausbuch Nr. 7, Döcker, nie am Bauhaus lernte Räumen wie dem Wohn-, Arbeits- denn der Leuchtenarm lässt sich wie an Marianne Brandts klare „Am Horn“ eine Stehleuchte. „Neue Arbeiten der Bauhauswerk- oder lehrte. Klare Formen und Linien oder Schlafzimmer ebenso brillieren durch ein Gegengewicht aus- und grazile Leuchtenentwürfe. Heute Das besondere Konstruktions- stätten“, abgebildet. Es gab sie nur treffen hier auf eine hohe Funk- wie in repräsentativen Räumen im richten. Klar ist auch, dass die setzt die BH 23 in anspruchsvoll merkmal ist, dass die Lichtquelle, in dem einen, heute leider verschol- tionalität und auf raffinierte Details. gewerblichen Bereich. gestalteten Räumen einen kunstbe- eine damals gerade erfundene lenen Exemplar im Versuchshaus Denn so schlicht die DSL 23 auch jahenden Akzent. kuppenverspiegelte Glühlampe, „Am Horn“. wirken mag – sie ist dank der fast nicht verdeckt war. Die nach Besondere Werkzeuge mussten schon frei schwebenden Aufhän- unten gerichteten Lichtstrahlen gebaut, Metallteile gedreht und gung des Leuchtenkopfs äußerst lassen die Lichtquelle dunkel veredelt werden, um der Stehlampe elegant und ein echter Hingucker. erscheinen und werden durch in allen Details die Konstruktion Dank der Leuchtenkugel aus eine waagerechte, matt geätzte und das Aussehen des Originals zu Glasscheibe aufgenommen und geben. 6 7
Mit alten Werkzeugen, Geduld und Handmade in Germany — Alte Handwerkskunst Liebe zum Detail werden wie vor hundert Jahren die einzelnen Komponenten der mit Leib und Seele hochwertigen Leuchten und Designobjekte hergestellt und zusammengesetzt. Die hohe Kunst der Sorgfalt – in den Bremer Werkstätten für kunstgewerbliche Silberarbeiten (BWKS) entstehen Marianne Brandts Teekanne MBTK 24 und Édouard-Wilfrid Buquets EB 27 für TECNOLUMEN. Begonnen hat die Zusammenarbeit es alles in allem: für das Drücken Aufträge kommen auch aus der Hier werden vom Drechseln der baute Richard Schulze, der die Ge- In vielen Jahren haben die Familien- mit der Silberschmiede 1982. und Schleifen der den Formprin- Landeskirche Hannover. „Wenn die Holzform bis zum Nachpolieren schicke seines Vaters mittlerweile mitglieder ihre Geschichten hinter- Damals übernahm Björn Schulze zipien des Bauhauses konsequent ganze Gemeinde aus einem Silber- der Werkstücke alle Schritte in Hand- übernommen hatte, sie 1947 an lassen, deren Spuren überall im den Familienbetrieb in dritter folgenden geometrischen Bau- kelch trinkt, dann steckt sich keiner arbeit durchlaufen. Seit hundert gleicher Stelle wieder auf. „Mit Gold- Gebäude zu finden sind. Mit seiner Generation. „Das erste Werkstück, teile, das Drechseln des Griffes aus an. Für die sakralen Nutzer war die Jahren ist das so. Das Silberhand- Dollar“, erzählt Björn Schulze und Frau, die ebenfalls im Unternehmen das wir für TECNOLUMEN fer- Ebenholz bis hin zur Galvanisierung. antibakterielle Wirkung von Silber werk hat Tradition in der Familie lacht. „Zu der Zeit gab es ja kein tätig ist, wohnt Björn Schulze bis tigten, war eine Obstschale nach „Wir hämmern die Kanne nicht – wichtig.“ Neben der Restaurierung Schulze. „Mein Großvater Wilhelm Geld, da gab es nur die Zigaretten- heute auf dem Gelände der Bremer einem Entwurf von Josef Albers“, das wäre viel einfacher. Wir drücken historischer Kelche, Leuchter machte bei Koch & Bergfeld eine Währung.“ Werkstätten für kunstgewerbliche erzählt der gelernte Metalldrücker das Silber. Die gespannte Ober- und Taufschalen entstehen Gegen- Lehre zum Silberschmied und ging Silberarbeiten, die 2020 ihr 100- und Industriedesigner. Gemeinsam fläche inklusive der Lötungen glatt stände nach neuen Entwürfen. anschließend, wie damals üblich, 100 Jahre und ihre Geschichten jähriges Geschäftsjubiläum brachte man kurze Zeit später die zu halten ist eine hohe Kunst. auf Wanderschaft.“ Er ging nach feiern. Zwar gibt es nicht ebenso „Kollektion 1“ heraus, eine Samm- Wir können uns keine Schnitzer Silber, Meer und Zigaretten Oslo und arbeitete bei David Ander- Damals wie heute arbeiten die viele Marianne-Brandt-Teekannen, lung Walter Schnepels, in der erlauben.“ Die erste MBTK 24 sen, für den er nebenher auch BWKS mit verschiedenen Gestal- aber seit der ersten vor fast vierzig sich Silberarbeiten wie das Kaffee- entstand Anfang der 1980er-Jahre. „Früher verwendete man das Silber Rennjachten konstruierte. „Zwei tern zusammen, Friedrich Marby Jahren sind es stolze 194 Stück. Tee-Service von Boris Lacroix Im Programm findet sich auch die 750, allerdings ist der Kupferanteil davon fahren noch heute“, weiß etwa oder seinerzeit Wolfgang Die zwei jüngsten Exemplare verlie- (Art déco) neben Werken nach Ent- EB 27 von Édouard-Wilfrid Buquet. so hoch, dass sich das Silber grün der Enkel. 1920 kehrte der Ziseleur Tümpel (damaliger Bauhaus- ßen jüngst die traditionsreiche würfen von Björn Schulze fanden. Sie gehört zu den wichtigsten verfärbt. Mit dem Reichsgesetz von Wilhelm Schulze nach Bremen designer, Goldschmied und Silberschmiede im Bremer Westen. Eine zweite Kollektion folgte 1987. Produkten – als Tisch-, Wand- oder 1873 war das vorbei, ab da wurden zurück. „Damals war Deutschland Hochschullehrer). Neben fremden Stehvariante. „Wir haben mal eine Halbmond (Silber) und Krone Billiglohnland, in Skandinavien Entwürfen wurden aber auch Dinge brauchen Zeit Leuchte komplett in Sterlingsilber (Deutsches Reich) eingestempelt, hingegen waren die Löhne wahn- Stücke nach eigenen Ideen her- gebaut, obwohl niemand glaubte, um den Silberanteil zu garantieren.“ sinnig hoch. Darum gründete gestellt. „Mein Großvater entwarf Zu den kunstvollsten, aber auch dass sie sich verkaufen lässt. Aber Die Techniken für die Arbeiten mein Großvater für David Andersen typisch norwegisches Design.“ aufwendigsten Produkten gehört dann stand sie nicht lange auf allerdings haben sich über die Jahr- eine Zweigstelle.“ Sehr zum Unmut Und das mit großem Erfolg: Auf bis heute die Teekanne MBTK dem Messestand – Brad Pitt hat sie zehnte kaum verändert. der Osloer Belegschaft, deren der Weltausstellung gewann er 1937 24 nach dem Entwurf Marianne gekauft“, erzählt Schulze schmun- Protest Andersen schließlich nach- mit seiner „Pariser Schale“ die Brandts. Die Herstellung dieser zelnd und nicht ganz ohne Stolz. Bis gab. Wilhelm Schulze übernahm Goldmedaille. In Vitrinen stehen Kanne bedarf vieler kleiner Schritte. heute wird die Buquet-Leuchte die Bremer Werkstatt. Als die Be- Kannen, Kerzenhalter und Sahne- Mehr als fünfzig Stunden dauert von Hand in Bremen-Walle gefertigt. triebsgebäude im Zweiten Weltkrieg kännchen der Familienmitglieder. Orientierung bieten ein Jahrzehnte fast vollständig zerstört wurden, „Bei unserem Onkel Wilhelm alter Prototyp und an einem Spind Schulze jr. ist der Einfluss des Bau- klebende Zeichnungen. „Wir hauses zu sehen.“ In den 1950er- bekamen von Herrn Schnepel eine Jahren brachte man ein eigenes originale Buquet-Leuchte und da- Leuchtenprogramm auf den Markt. nach haben wir zunächst ein Muster Unter dem Namen „Werkkunst“ entwickelt.“ wurden damals Leuchten gebaut und vertrieben. „Wir bekamen von Herrn Schnepel eine originale Buquet-Leuchte und danach haben wir zunächst ein Muster entwickelt.“ 8 9
Von Arts and Crafts über De Stijl bis zum Bauhaus Doch wo nahm die Entwicklung ihren Anfang? Blicken wir in die sich entwickelnden maschinellen Möglichkeiten. Allgemein veränder- Vorgeschichte des Bauhauses, ten die neuen Produktionsformen schauen wir zwei Jahrhunderte zu- das Design vieler Alltagsgegen- rück. Genau genommen in die stände. Denn die Industrialisierung 1780er-Jahre. Gesellschaftlich ein ermöglichte den Zugriff auf bisher epochaler Umbruch. Doch als Einzigartiges, machte Unikate die industrielle Revolution ihren zur Massenware und fand in der Siegeszug antrat, waren nicht Möglichkeit der unbegrenzten alle begeistert. Sahen die einen Reproduktion Eingang in die Regale im Übergang von der agrarischen der bürgerlichen Haushalte. Produktionsweise zur industriellen Mit der maschinellen Herstellung eine neue Ära der Menschheit und der damit einhergehenden mit unschätzbaren Chancen für Entkoppelung der handwerklichen Gesellschaft und Wirtschaft, Tätigkeit wuchs jedoch unweigerlich warnten die anderen vor kulturellen die Sehnsucht nach dem Ursprüng- Verlusten und Gefahren. Kunst- lichen. Statt des ornamentlos historiker wie John Ruskin und Industriegerechten wurden Natür- Gottfried Semper setzten sich mit lichkeit, Ehrlichkeit der Materialien Ähnliche Entwicklungen ließen den rasanten Veränderungen und ihrer Verarbeitung, hand- nicht lange auf sich warten. Unweit ihrer Zeit auseinander, verteidigten werkliche Qualität und Einfachheit Englands Hauptstadt entwickelte Was wäre das Bauhaus ohne seinen Gründervater Walter stellvertretend für viele innovativen Fortschrittsglauben und konser- die Maßstäbe für Arts and Crafts, eine Bewegung, die sich in England sich das schottische Glasgow zum führenden Zentrum für Architektur Gropius? Unvorstellbar. Aber was wäre das Bauhaus vativ-romantische Werterhaltung, Karl Marx und Friedrich Engels einen Namen machte und immer mehr Anhänger fand – auch über und Design. Die ansässige Schiff- bauindustrie beförderte die Nach- ohne seine Vorgeschichte? Denn ja, obwohl Gropius sahen statt technologischem und ökonomischem Fortschritt die die Grenzen der Insel hinaus. Kern dieser industriellen Gegenbewegung frage nach Kunsthandwerk und Gestaltung. Frances Newbery grün- Anfänge, Wurzeln oder Inspirationsquellen unerwähnt Verelendung des Proletariats. Un- geachtet des kontrovers geführten war die Aufhebung der Trennung von freier und angewandter Kunst. dete mit dem Ziel der Vermittlung traditioneller Handwerkstechniken ließ, entsprang das Bauhaus nicht einem genialen Geistes- Diskurses eröffnete 1851 die Weltausstellung in London ihre Tore. Inspiration fanden die Schaffenden im Form- und Farbschatz der Natur die „Glasgow School of Art“. Einer der bekanntesten Vertreter des blitz, sondern folgte einer Entwicklungsgeschichte, Mehr als 100.000 Exponate präsen- tierten den „Entwicklungsstand sowie im europäischen Mittelalter – und in der Kunst Japans. „Glasgow Style“ ist Charles Rennie Bild oben: Der Crystal Palace von Joseph Bild unten: Der berühmte Farbholzschnitt Macintosh, der gemeinsam mit Paxton war das Wahrzeichen „Unter der Welle im Meer die sich erzählen lässt. Eine gesellschaftshistorische wie der gesamten Menschheit“, zeigten die Vielfalt der Auseinandersetzung James Herbert McNair und den der Weltausstellung 1851 vor Kanagawa“ von Katsushika in London. 1936 brannte der Hokusai beeinflusste auch die Schwestern Margaret und Francis gestalterische Entwicklung. Strömungen, die das Bauhaus mit Industriedesign sowie aktuelle Produktionsformen. Rund sechs MacDonald als „The Four“ die Kristallpalast ab. Entwicklungsgeschichte in Europa. Verbindung von Architektur und erst möglich machten, und Theorien, auf deren Basis Millionen Besucher sahen Un- vergessenes wie Joseph Paxtons Einrichtung propagierte und in „Tea Rooms“ umsetzte. Prägend diese bis heute einflussnehmende Haltung der Gestaltung Kristallpalast. Semper verglich diese überbordende Vielfalt, der in für sie war die Arts-and-Crafts- Bewegung, deren Gedanke des fußt. der Ausstellung dargebotenen Industrieprodukte mit einer „baby- „Gesamtkunstwerks“ ermöglichte das hierarchiefreie Sich-Bewegen lonische Sprachverwirrung“. zwischen dem Dasein als Künstler, Bei aller Skepsis und Ablehnung, Architekt und Gestalter. Zusammen die gezeigten Werkstücke aus der mit der Veränderung der Formen- ganzen Welt brachten europäische sprache durch Einflüsse aus dem Designer auf neue Gedanken. Japonismus, dem Symbolismus der Der Brite Edward William Godwin MacDonald-Schwestern, dem gehörte zu den aufregendsten Wiener Jugendstil sowie genuin Gestaltern dieser Zeit, seine Werke schottischer Formen charakteri- waren modern und aufgrund des sierte er das Neue des „Glasgow Verzichts auf historische Bezüge Style“. zeitlos. Der Japonismus zählte zu den wichtigsten Einflüssen, passte er in seiner Reduktion und Schlicht- heit doch hervorragend zu den Charles Rennie Mackintosh war wahrscheinlich der wichtigste Verfechter des Jugendstils in Großbritannien und einer der einflussreichsten schottischen Designer. Heute noch sehr bekannt: sein „Hill House Chair“. 12 13
De Stijl war eine niederländische Gruppe von Malern, Architekten und Designern, die 1917 eine Künstlervereinigung gründeten und eine Zeitschrift desselben Die DS-28-Klavierleuchte Namens herausgaben. ist eine auf die Grundformen reduzierte Tischleuchte aus dem Formenrepertoire der De-Stijl-Bewegung. Gerrit Rietvelds bekannter „Rot-blauer Stuhl“ gilt als Musterbeispiel der avantgardistischen Kunstbewegung De Stijl. Glasgow und Wien? Tatsächlich Zufall? Kaum. Denn auch in den Glasgow, Wien, Niederlande – möbelprogramm zu den erfolg- an das Selbstverständnis als Künst- die Industrialisierung und die serielle reichten die Einflüsse der österrei- Niederlanden regte sich Wider- überall entstand aus den neuen reichsten Vertretern. Der 1907 von ler, die künstlerische Freiheit Herstellung Einzug, wurde auch chischen Vertreter bis hoch in stand gegen das für die industrielle industriellen Möglichkeiten ein zwölf Künstlern und Architekten und damit die Unabhängigkeit von hier die Industrie zum Partner. den Norden. Zum Beispiel Josef Herstellung optimiert Gestaltete. Diskurs um das Historische, das zusammen mit zwölf Firmen der Industrie. Diese konsequente Zusammenar- Hoffmann: Architekt, Mitbegründer De Stijl nannte sich die Bewegung Naturgegebene, die Verbindung gegründete Deutsche Werkbund Walter Gropius lehnte, wie van de beit, die industrielle Herstellung der Wiener Secession, späterer der Vertreter, die die Ästhetik von Produktion und Design. Und verstand sich als Plattform zur Velde, die industrielle Produktion also und der damit veränderte Her- Gründer der Wiener Werkstätten, des geometrischen Stils in die freie Deutschland? Natürlich blieb Förderung der Zusammenarbeit nicht ab, suchte jedoch wie dieser stellungsprozess, veränderte Professor an der Wiener Kunst- Kunst, den farbigen Geometrismus auch hier die Moderne nicht unbe- von Gestalter und Industrie. Mit nach einer Formulierung für das die Art der Herangehensweise gewerbeschule und Vertreter des in Malerei übertrugen. Theo van antwortet. Die Dritte Deutsche dabei: AEG und Kaffee Hag. Ange- Verhältnis von Kunst und Technik. innerhalb des Gestaltungsprozesses. modernen, rationalen Designs. Doesburg sprach vom „Willen zum Kunstgewerbeausstellung in strebt wurde eine „Systematik des Er positionierte sich schließlich Ein neuer Berufsstand war entstan- Die ästhetische Erziehung der Men- Stil“, dem ultimativen Stil der Dresden suchte 1906 nach dem Entwerfens im Kontext industrieller mit der Gründung seines Bauhauses den, welcher die Brücke zwischen schen über eine alle Alltagsgegen- Moderne und der umfassenden Platz der Kunst im neuen System Produktion“. Aber wie? Durch und dem Statement „Kunst und Historie und Moderne, zwischen stände erfassende Gestaltung Gestaltung aller Bereiche, wie sie der Industrialisierung und dem Einschränkung der künstlerischen Technik – eine neue Einheit“. So Kunst und Handwerk schlug. Das war sein Ziel – über das Schaffen bereits Mackintosh und Hoffmann mit ihr einhergehenden Kapitalis- Freiheit? Gestalter als Dienstleister ‚neu‘ war diese Verbindung freilich Bauhaus wurde zur „Schule der eines Gesamtkunstwerkes also, propagierten. „Räume als begehbare mus. Die Chance: effiziente der Industrie? Ein Diskurs, der nicht. Die industrielle Herstellung Gestaltung“, zum Ausbildungsort für wie eben jene englische Arts-and- Kunstwerke“. Produktionsweisen. Das „Maschi- 1914 im Werkbundstreit seinen spielte für die Vertreter der neu Gestalter. Crafts-Bewegung es anstrebte. nenmöbelprogramm“ sollte Höhepunkt fand. Und während gegründeten Schule zunächst keine Statt der gebogenen Linie und die künstlerische Gestaltung und Hermann Muthesius in seinen zehn Rolle. Die Tendenz zur Versach- Quelle: „Von Arts and Crafts dem Organischen folgte er jedoch den Anspruch hoher Qualität Thesen die Loslösung der Kunst lichung, die Verbindung von zum Bauhaus. Kunst und Design – eine neue Einheit!“, sehr bald dem Geometrischen. mit der maschinellen Herstellung von der Gestaltung forderte, einen Geometrie und Maschinenästhetik Wienand Verlag, Köln 2019 Ganz wie der Schotte Charles Rennie auf der Basis einer sachlichen deutschen Stil etablieren wollte, hatte nichts mit tatsächlicher indus- Macintosh. Formensprache zusammenbrin- wirtschaftlichen Erfolg und den Ex- trieller Serienproduktion zu tun. gen. Wobei der angewandten port in die Welt zum Ziel hatte Vielmehr propagierte das Bauhaus, Kunst die zentrale Rolle zukommen und damit ein neues Selbstverständ- strebten seine Vertreter nach der sollte. Für das gehobene Bildungs- nis als Gestalter zu etablieren Aufhebung der Trennung von Kunst bürgertum, die sich neu entwi- suchte, glaubte Henry van de Velde und Handwerk – ein Ziel also, ckelnde Mittelklasse der Konsum- welches sie mit der Arts-and-Craft- gesellschaft, entstanden serielle Bewegung verband. „Wenn wir Tischleuchte SF 28. Aus dem Kreis der im und kostengünstige Möbelreihen in eine Flasche entwerfen, sollten wir schwedischen Funktionalismus „edle(r) Einfachheit“. Frei kombi- uns fragen, ob sie funktioniert, parallel zum Bauhaus nierbar, qualitativ hochwertig und – ob sie allen Anforderungen an eine wirkenden Architekten kam der statt individuell – mit „gestalteri- Flasche genüge leistet, und ob sie Entwurf dieser Tischlampe. sche(r) Corporate Identity“. noch besser funktionieren könnte, Richard Riemerschmid, Mitbegrün- und zuletzt (…), ob sie schön ist.“ der des Deutschen Werkbundes, Am Ende machte die Moderne auch und Bruno Paul gehörten mit ihren vor dem Bauhaus nicht Halt. Mit Maschinenmöbeln und dem Typen- Hannes Meyer, in den 1920er-Jahren einer der bekanntesten Architekten des Funktionalismus und ab 1928 Direktor des Bauhauses, hielten Die DS 36 wurde zum Ende der Bauhaus-Epoche, etwa um 1930, in den Niederlanden erschaffen. 14 15
Die Pendelleuchte BULO HLON 11 Kugel, Würfel, Zylinder — für Oliver Niewiadomski sind die wurde von Oliver Niewiadomski im Jahr 2010 für TECNOLUMEN Grundformen der Geometrie die Archetypen des Designs, die entworfen. sein kreatives Schaffen als Designer wie seine Lehre an der Hochschule für Künste Bremen prägen. „Solche Formen treffen auf Sehgewohnheiten, die das Verstehen erleichtern.“ Dem Gestalter aber geht es natürlich nicht einfach um die Reproduktion bekannter Formen. Es geht um die Inter- pretation des Themas. Darum, aus dem Vertrauten etwas Überraschendes, Innovatives, etwas Neues zu schaffen. Die puristisch gestaltete Tischleuchte SQUARE MLON verbreitet warmweißes, dimmbares LED-Licht, wirkt gleichzeitig als schöner Blickfang und repräsentiert eindrucksvoll die stilvolle Oliver Niewiadomski – Ein Porträt Sachlichkeit der Bauhaus-Ära, für die TECNOLUMEN steht. Ursprünglich wollte der 1963 in Die BULO XL ist zum Beispiel sein und forscht er an Modellen und Schnepel, bei dem Material und Hamburg geborene Niewiadomski Ergebnis der Auseinandersetzung Prototypen. „Gestalten ist ein Technologie eine große Rolle spie- Instrumentenbauer werden. „Ich mit der geometrischen Form hybrider Prozess. Ideen muss ich len. „Die größte Herausforderung wollte Geigen bauen. Aber die sind, der Kugel, die er auf eigene Weise ausprobieren, Theorie und Praxis ist der komplizierte Herstellungs- wie sie sind, perfekt.“ Und wie ließe interpretiert. Um Licht und Körper miteinander abgleichen, Potenziale prozess“, erzählt Niewiadomski – sich das Bestehende weiterdenken, zusammenzubringen schnitt der neuer Technologien ausloten.“ und die Begeisterung über diese wenn das Perfekte bereits erreicht Designer die Form in Scheiben, Wichtig ist ihm die Unabhängigkeit knifflige Aufgabe ist ihm noch immer wurde, Innovatives nur in kleinen setzte das Licht in ihr Zentrum und dieses Prozesses. Das Warten auf anzuhören. Schritten entwickelt werden kann? ließ sie, auf einem Fuß ruhend, frei die Umsetzung seiner Ideen durch Und so suchte der Gestalter andere beweglich. Nur Form und Funktion? andere würde den Workflow brem- Licht jedoch spielt eine besondere Möglichkeiten, die Herausforderung Oder ist das Herausschneiden nicht sen, weshalb er sich immer wieder Rolle in seiner Arbeit. „Gutes mit der Perfektion immer wieder doch eine verkehrte Form des neue Technologien aneignet, Licht ist extrem wichtig für unser neu anzugehen. Denn wer denkt, Ornaments? Wegnehmen statt Hin- wenn erforderlich. Gerade habe er Wohlbefinden. Und immer wieder eine Kugel sei eine Kugel und damit zufügen. Niewiadomski schmunzelt, Schweißen gelernt, erzählt er, ein kleines Wunder.“ Das klingt in ihrer Form auserzählt, entfacht das sei zwar eine gute Frage, aber: sodass er einen Gedanken in ent- fast nach Poesie. Ja. Nein. Eigent- eine begeisterte Gegenrede. „Gott Nein. „Es geht immer darum, eine sprechendem Material gleich lich gehe es ihm auch hier um steckt im Detail!“ Und dabei geht Form zu entwickeln, die weder ein nebenan ausprobieren kann. Die das Sachliche. Das Funktionale. es nicht um die Verfremdung des Zuviel noch ein Zuwenig aufweist.“ Wahl des Materials ist ein sinnlicher Aber natürlich sprächen seine Bekannten durch das Hinzufügen Das Bauhaus habe diese Idee zur Prozess. „Es muss klar und rein Entwürfe eine bestimmte Ziel- schmückender Ornamente. „Auf Maxime erhoben. Bekanntes wurde sein, nicht von Lügen überlagert.“ gruppe an. „Auch sachliches Design keinen Fall!“ Niewiadomski lacht – neu gedacht und auf der Grundlage Zu Studentenzeiten beizte er alles kann emotional abholen.“ Emotio- und es ist ihm damit sehr ernst. Das innovativer technischer Möglich- ab, was von Farbschichten verdeckt nal oder sachlich, am Ende stehen Ziel seiner Gestaltung sind eine keiten überraschend anders inter- wurde – diese Haltung habe sich Konzentration und Aufmerksamkeit, klare Formensprache, logische pretiert. So eröffneten die Erfindung nicht wesentlich verändert. Design, die geistige Freiheit. „Ich muss Funktionalität und sinnliche Material- der Glühbirne oder das Biegen Maschinen, Architektur, mathema- nicht immer die Form neu erfinden. wahl. von Stahlrohr völlig neue Räume tische Skulpturen – Niewiadomski Mit den Formen der Geometrie „Es geht darum, aus Gegebenem und boten gestalterische Freiheiten. ist vielseitig interessiert und in kennen wir diese ja bereits. Viel Die FLAD-Tischleuchte ist eine das Beste herauszuholen, Notwen- „Der Freischwinger von Mart vielen Themen unterwegs. So lieber gebe ich in ihnen möglichst moderne und energieeffiziente diges zu fordern und das Ergebnis Stam war eine intellektuelle Heraus- entwirft der Bremer Professor für intelligente Details und entwickle LED-Schreibtischleuchte. Über einen innovativen Wippfuß pointiert zu formulieren.“ Ornamente forderung. Ein Stuhl mit nur zwei Konstruktive Geometrie für so ihre Identität weiter.“ So wie die kann die Leuchte ohne Gelenke erzählen eine Geschichte, etwas Beinen, undenkbar! Es brauchte TECNOLINE eine moderne Baube- BULO XL die Auflösung der Kugel in zwei verschiedene Positionen über die Form Hinausweisendes. fünfzig Jahre, bis er tatsächlich ver- schlagskollektion. Ein intensiver bedeutet, die MLON mehr ist als ein bewegt werden. Niewiadomskis Entwürfe hingegen standen wurde.“ Entwicklungsprozess mit Charlotta kleiner leuchtender Quader mit erzählen in ihrer Klarheit und Eine technologische Innovation, farbigem Kabel. Oder das Vernähen Reduktion ihre eigene Geschichte. welche Niewiadomskis Umgang mit des Stromkabels der Schreibtisch- „Meine Entwürfe sind funktional Formen und Themen bereicherte, lampe FLAD den Möglichkeitsraum und sprechen die Sinne an.“ ist die LED-Technologie. Wie lassen des Designs nutzt: „Ich zeige das sich die entstehenden Freiräume Kabel als entworfenes Detail zur gestalterisch nutzen? Sein Atelier Kultivierung der Produktidentität.“ ist Büro, Labor und Werkstatt zugleich. Hier zeichnet, konstruiert 16 17
Messing, roh Messing, trowalisiert trowalisiert, vernickelt Gropius-Türdrücker, Serie 130 — trowalisiert, brüniert Die Sonderedition bei TECNOLINE Handarbeit ist das Geheimnis des wir immer Original-Türgriffe von 1922 entwarf Walter Gropius Eckig oder rund, rau oder glatt, zier- lich oder die Handfläche füllend – Einzigartigen und Unübertroffenen“, Gropius aus den 1920er- oder so Charlotta Schnepel, Geschäfts- 1930er-Jahren dabei, denen man einen Türdrücker, der in seiner beim Eintreten in einen Raum beein- flussen Türdrücker, wenngleich führerin bei TECNOLINE. Diese auf- die vielen Jahre und erlebten wendige Handarbeit sieht man Geschichten ansieht“, erzählt Char- schlichten Form so zeitlos ist, unbewusst, unsere Wahrnehmung. Bei der Herstellung des Gropius‘- den Beschlägen an: Die entstehende lotta Schnepel und schmunzelt. Patina erhält erzählende Spuren „Und dann wollen sie genau diesen dass er auch noch hundert Türdrückers strebte TECNOLINE daher nicht die bloße Reproduktion und eine besondere Haptik – und Vintage-Look.“ Möglich wird diese macht vor allem jeden Türdrücker Qualität durch eine unübertroffene Jahre später in der modernen der Form an. Statt das Äußere des Türdrückers einfach nachzubauen zu einem unwiederholbaren Unikat. Versessenheit auf Perfektion. Roh und schwer. Langlebig und Schritt für Schritt wird jedes einzelne Architektur seinen Platz hat. wurde ein Formenbauer gefunden, der von einem historischen Original- vollendet. Stück gearbeitet. Produziert wird Das Besondere dieses von Walter seit über dreißig Jahren „Made in Zwischenzeitlich tatsächlich fast stück ein Bleimodell abnahm. Aus dieser Urform lässt das Bremer Gropius entworfenen Türdrückers Germany“, in einem Familienbe- war zunächst der am Vierkantstab trieb im Sauerland. Ob für privaten vergessen, wurde er in den Unternehmen seither traditionelle Sandgussformen erstellen, die immer rechtwinklig ansetzende konische Alt- oder Neubau, das Design- Griffhals. Verbaut wurde diese erste Hotel in Wien, den Hessischen Hof 1980er-Jahren wiederentdeckt nur ein einziges Mal verwendet werden. Kein Türdrücker ist daher Variante zunächst im Jenaer Stadt- in Frankfurt oder die Bremer theater, im Haus Otte in Berlin Glocke – Walter Gropius‘ Türdrücker und TECNOLINE 1983 von mit dem anderen identisch. Hinein- gegossen in diese Form wird hoch- sowie im Fagus-Werk in Alfeld, kurze findet sich heute in den unterschied- Zeit später überarbeitete Walter lichsten Umgebungen. den Erben Walter Gropius’ als wertiges Messing MS63, eine Kupfer-Zink-Legierung. Anschlie- Gropius den Entwurf noch einmal. 2013 ehrte TECNOLINE den zeit- Produziert wurden die Beschläge losen Klassiker mit einer Sonder- Produzent schließlich autorisiert. ßend werden die Rohteile gesägt, trowalisiert, brüniert und in weite- von der Berliner Bronzegießerei S. A. edition. Anlass war der 130. Loevy, die sich 1923 die Herstel- Geburtstag des Architekten und Dem Bremer Unternehmen ren Dutzenden Einzelschritten manuell bearbeitet und veredelt. lungsrechte sicherte. Ohne Erfolg, Industriedesigners Walter Gropius. wie sich bald herausstellen sollte. Neben Türdrückern namhafter nämlich ging es um mehr als nur „Um perfekte Qualität erreichen zu können verlassen wir uns nicht Denn obwohl die preußische Künst- Gestalter wie Ferdinand Kramer lerische Sachverständigenkammer und Wilhelm Wagenfeld werden eine perfekte Gestaltung, man einfach auf Maschinen, sondern auf unser Gefühl. dem Türdrücker einen ästhetischen vier Modelle der Serie 130 aus Wert zusprach, kam das Gericht Messing bis heute mit verschieden wollte nicht weniger als eine zu dem Schluss, dass „der puritani- bearbeiteten Oberflächen im sche Verzicht auf jede schmückende traditionellen Gussverfahren kompromisslose, vollkommene Zutat zu den Grundformen, die hergestellt. Man kann sie einfach strenge Sachlichkeit von Zylinder nicht aus der Hand legen. Fertigung. Vom Griff bis zur und Vierkant, der notwendigen Individualität im gegebenen Fall kleinsten Schraube. Entstanden entbehre“ und dem Türdrücker „keine eigentümlich künstlerische ist etwas Einzigartiges: Schöpfung innewohne“. Diese Sachlichkeit in der Beurteilung der die Serie 130. preußischen Sachverständigen lässt sich heute freilich nur noch schwer nachvollziehen. „Wenn wir bei Kundenterminen sind, haben 18 19
Sie können auch lesen