Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann

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Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee

„        Heinz W. Weiss, Alexander W. Rogachev, Daniel Ehrbar

1.       Einleitung                            rätin M. Calmy-Rey in eben diesem Zen-
«Der Aralsee – eine ökologische Katas-         tralasien. Die Schweiz trat 1992 dem IWF
trophe» [1] – der See ist annähernd vom        (Internationaler Währungs-Fonds) und der
Erdboden verschwunden (Bild 1), und die        Weltbank bei. Die vier zentralasiatischen
ehemalige Fischerflotte rostet auf dem         Länder Kirgistan, Tadschikistan, Turkme-
Sand vor sich hin (Bild 2). Das alles wirkt    nistan und Usbekistan gehören seither der
sich in erschreckendem Masse auf Men-          Stimmrechtsgruppe der Schweiz im Exe-
schen, Tiere und Pflanzen aus – wurden         kutivrat an. Kasachstan gehört nicht dazu,
doch Spuren der Windverfrachtungen             hingegen Aserbeidschan, [Neuer Status
von Salz, Pestiziden und Schwermetallen        von Kasakhstan: siehe www.edf.admin.
(alle einmal im Aralseebecken abgelagert)      ch] sowie Polen und Serbien. In der Folge
in über 1000 Kilometer Entfernung in den       leistete die Schweiz in den betroffenen
zentralasiatischen Gebirgsregionen ge-         Ländern Entwicklungszusammenarbeit,
funden. Und «entstanden ist die Krise nicht    deren Volumen heute noch substanziell
nur im Aralsee-Einzugsgebiet, sondern          ist (Kasten 1).                                  Bild 1. Der Aralsee – Satelliten-Aufnahme
darüber hinaus in Köpfen von unzähligen                 Die fünf zentralasiatischen Regie-      (Quelle: http://www.teamdochnoch.de/
Führungskräften, Politikern, Wasserwirt-       rungen schufen im Jahre 1993 den «In-            s9y/uploads/netz/aral11.jpg, abgerufen
schaftlern und anderen Spezialisten der        ternational Fund for Saving the Aral Sea»        am 7. Mai 2010).
ehemals für das Gebiet verantwortlichen        (IFAS). Dessen «Executive Committee»
Sowjetunion» [1].                              (EC IFAS) war massgeblich am ersten                Kasten 1: Die Rettung des Aralsees
                                               Weltbankprogramm (gesamtes Volumen                   läuft an [«Zürcher Oberländer»,
2.      «Tour» durch Zentralasien              ca. 500 Mio. US-Dollar) zur Rettung des                          10. Feb. 1995]
Die Grenzen der fünf seit 1991 unabhän-        Aralsees mitbeteiligt. Im Jahre 2002 ent-         Die Schweiz unterstützt ein Programm
gigen Staaten Kasachstan, Kirgistan, Ta-       schieden die fünf Präsidenten, ein zweites        der Weltbank zur Rettung des Aralsees.
dschikistan, Turkmenistan und Usbekistan       Programm zur Rettung des Aralsees vor-            Die Erfahrung der Schweiz im Bereich
wurden von Stalin in den 1920er-Jahren         zuschlagen, das «Aral Sea Basin Program           der Wassernutzung soll die zentralasi-
willkürlich gezogen – in vielen Fällen quer    2» (2003–2010), mit finanziellen Vorstel-         atischen Republiken im Einzugsbereich
durch einzelne Volksgruppen hindurch. Die      lungen von rund 600 Millionen Dollar [2].         des Aralsees dabei unterstützen, ein
«Neue Zürcher Zeitung» vom 9. Oktober          Es ist nicht bekannt, wie viel davon aktiviert    leistungsfähiges Netz hydro-meteoro-
2009 berichtet vom Besuch von Bundes-          werden konnte. Nichtsdestotrotz ist das           logischer Dienste auszubauen und
                                                                                                 die Wassernutzung zu optimieren.
                                                                                                 Die Austrocknung des Aralsees, der
                                                                                                 zwischen Kasachstan und Usbekistan
                                                                                                 liegt, sei ein länderübergreifendes Pro-
                                                                                                 blem (Bild 3). Ohne die enge Zusam-
                                                                                                 menarbeit der betroffenen Republiken
                                                                                                 sei eine dauerhafte Verbesserung des
                                                                                                 ökologischen Zustands im Aralbecken
                                                                                                 nicht möglich.
                                                                                                 Die Studie ist Teil des Weltbank-Pro-
                                                                                                 gramms von 1992 zum Schutz des
                                                                                                 Aralsees. Die Schweiz plant, sich vor-
                                                                                                 erst mit 1.5 Millionen Dollar aus dem
                                                                                                 Rahmenkredit für die Osthilfe zu be-
                                                                                                 teiligen. In der jetzigen Startphase des
                                                                                                 Programms geht es vor allem um die
                                                                                                 Durchführung von Studien über Vorfi-
                                                                                                 nanzierung und Machbarkeit und um
                                                                                                 die Verwirklichung von Pilotprojekten
                                                                                                 (Bild 4).
Bild 2. Die Fischerflotte rostet vor sich hin (Quelle: Felix Esselborn, www3.uni-bonn.de).

«Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                      83
Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Bild 5. Der Pyandj-Fluss im Pamir/Ost-Tadschikistan–Quellgebiet des Amu Darja
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                                             EC IFAS heute mit Vorschlägen zu einem        rannen [3]. Sagenumwobene Städte ver-
                                             dritten Rettungsprogramm beschäftigt.         leiten zum verweilen: Herat (Afghanistan),
                                                                                           Merv (Turkmenistan), Khiva (Bild 7), Buk-
                                             3.     Die Seidenstrassen                     hara (Bild 8), Samarkand (Bild 9) (alle drei
Bild 3. Der Aralsee 1960–1990 (Quelle:       Die Seidenstrassen verbinden den Orient       Usbekistan; Kasten 2), Kashgar (Westpro-
«Zürcher Oberländer», 10.02.1995).           mit dem Okzident und führten während          vinz von China, Land der Uiguren) [4].
                                             zweieinhalb Jahrtausenden zu einem inten-             Das wohl bekannteste und folgen-
                                             siven Austausch zwischen Ost und West.        reichste Beispiel für die Verbreitung von
                                             Sie durchqueren einen transkontinentalen      Krankheiten entlang der Seidenstrassen
                                             Binnenraum, an dem bis anhin noch jede        ist die Ausbreitung der Pest im 14. Jahr-
                                             Grossmacht gescheitert ist, die glaubte,      hundert. In den 1330er-Jahren brach in
                                             seine Kulturen ignorieren zu können. Die      China die Beulenpest aus. Von China aus
                                             Seidenstrassen sind Wege durch Wüsten         verbreitete sich diese rasch entlang der
                                             und Oasen, durch Gebirge, die fast so hoch    Seidenstrassen und erreichte über Han-
                                             sind wie der Himalaya (rund 7500 m ü.M.),     delsschiffe aus Kaffa auf der Halbinsel
                                             über Ströme, die Oxus heissen (Bild 5) und    Krim 1348 auch Mitteleuropa [Wikipedia].
                                             Gelber Fluss. Auf diesen Routen kam die       Unabhängig davon fand die u.a. seit etwa
                                             Seide (Bild 6) nach Rom, das freilich von     1800 im städtischen Untergrund von Zü-
                                             den Chinesen so wenig wusste wie diese        rich lebende, braungraue Wanderratte aus
                                             von ihm. Es waren die Wege der Träumer,       Nordchina und der Mongolei ihren Weg
Bild 4. Meteorologische Pilotstation         Händler, Nomaden, Spione, Missionare,         über die Seidenstrassen. Die asiatische
Chimgan/Usbekistan (1996).                   Religionsträger, wüsten Horden und Ty-        Immigrantin verdrängte die vorher hei-

                                            Kasten 2: «Samarkand und darüber hinaus» [3]
 Marakanda (so von den Griechen genannt) wurde im 5. Jahrhundert v.Chr. als Afrasiab von einem sogdischen König gegründet,
 heute «fruchtbare» (samar) «Ansiedlung» (kand): Samarkand, eine Stadt so alt wie Rom. Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die
 in der Folge diese ostwestliche Relaisstation regierten? Von Alexander dem Grossen 329 v.Chr. [5] erobert und dem mazedonischen
 Weltreich zugeschlagen, dann in der Hand der Parther, eines persischen Stammes, der sich ganz Zentralasien unterjochen sollte,
 bis es 97 n.Chr. unter die Herrschaft der Han-Chinesen geriet. Im 7. Jahrhundert expandierte das Reich der Mitte noch einmal nach
 Westen, unter den Tang, doch wenig später waren die Araber da. Der Islam fasste Fuss.
 Es war der sagenhafte Mongolenherrscher Dschingis Khan, Bezwinger Chinas, Herrscher über den Okzident bis ins schlesische
 Liegritz, der die Stadt um 1220 in den Erdboden trieb. Und es war ein nicht minder furchtbarer Potentat, den das neben den Ruinen
 erblühte Samarkand so bezauberte, dass er es 1369 zur Hauptstadt seines Reiches erhob – Timur Leng oder Tamerlan (1336–1405).
 Zweihundert Jahre Timuridenherrschaft machten Samarkand zum Knotenpunkt, globalen Markt, multikulturellen Zentrum Zen-
 tralasiens und zur architektonischen Wunderkammer. «Glücklich ist, wer die Welt verlässt, bevor die Welt auf ihn verzichtet» ist auf
 der Holztür zu lesen, die ins Innere des Mausoleums Gur-e Amir führt.
 Im Jahre 751 stand hier die erste Papierfabrik westlich von China, 1070 verfasste ein Araber, Omar Khayyam, eine der grundle-
 genden Abhandlungen zur Algebra. Es war noch in der Blüte Samarkands, als der Gelehrte Fürst Ulugh Bek ein Observatorium er-
 richten liess, das beste der damaligen Welt (1428/29, [5]), dessen Messdaten bis heute annähernd gültig sind. Doch schon um 1500,
 als die Schaibaniden, ein Nomadenstamm und Vorläufer der heutigen Usbeken, Timurs Kapitale seinen Nachfahren entrangen,
 begann der Niedergang. 1868 fiel Samarkand unter Zar Alexander II. an Russland, das die Eisenbahn brachte und die Baumwolle
 nahm. 1924 schlugen die sowjetischen Machthaber die überwiegend tadschikisch bevölkerte Stadt und Region der Usbekischen
 Sozialistischen Sowjetrepublik (SSR) zu. Timur Leng wurde nach der Unabhängigkeit 1991 zum Vater der usbekischen Nation,
 obwohl er selber eigentlich ein Turkmongole und Abkömmling von Dschingis Khan war. Im Zentrum der Hauptstadt Taschkent hat
 das Standbild von Timur Leng (Bild 10) dasjenige von Karl Marx ersetzt.

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Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Tabelle 1. Die grössten Seen der Welt.

                                              mass er etwa 430 auf 285 Kilometer und
                                                                                                 Kasten 3: Der Usboi: M ythos und
                                              war von der Oberfläche her mit 66 500
                                                                                                           Wirklichkeit [1]
                                              Quadratkilometer (km2) der viertgrösste
                                                                                              Der grösste Teil des (nunmehr funk-
                                              See der Welt (Tabelle 1, [1]). Wie alle ab-
                                                                                              tionslosen) Deltas des Amu Darja
                                              flusslosen Seen reagierte der Aralsee aller-
                                                                                              wurde geologisch gesehen im Pleisto-
                                              dings empfindlich auf die Änderungen der
                                                                                              zän gebildet (ältere Abteilung des Quar-
Bild 6. Teppich-Knüpferinnen in Samar-        Wassermenge seiner Flüsse. Seine mitt-
                                                                                              tärs, seit 2 Mio. Jahren). Auf diesem
kand mit traditioneller Seidentracht.         lere Tiefe betrug etwa 16 m, im mittleren
                                                                                              Schwemmkegel kann sich das Fluss-
                                              Becken waren es 29 m. Die tiefste Stelle
                                                                                              bett seitlich verlagern, und daher lässt
mische, grauschwarze und kleinere Haus-       lag mit 68 m sehr nahe am Westufer. Der
                                                                                              es sich auch leicht durch den Menschen
ratte – welche ihrerseits ursprünglich aus    nördliche Teil des Sees (Kleiner See) war
                                                                                              umlenken. Die Einwohner von China je-
Südindien eingewandert war [Wikipedia].       vom Südteil durch die grosse Wüsteninsel
                                                                                              denfalls hatten die entsprechenden Fä-
        Heute haben die Seidenstrassen        Kokaral beinahe getrennt – er bildet mitt-
                                                                                              higkeiten. Im Weiteren lenkten zum Bei-
einen eher romantischen, abenteuer-           lerweile einen eigenen See. Das gesamte
                                                                                              spiel die Mongolen und die Turkmenen
lichen Stellenwert [3] – das touristische     Volumen des Sees betrug selten über
                                                                                              zu ihrer Zeit durch ihre Zerstörungen
Potenzial wächst aber weiterhin. Viele        1000 km3; es handelt sich also um eine
                                                                                              die Hauptgerinne des Stromes zum
Destinationen sind direkt mit dem Flug-       gewaltige flache «Pfütze». Einen Abfluss
                                                                                              Usboi bzw. Sary-Kamysch See (Bild 12)
zeug erreichbar – so hat zum Beispiel Sa-     hatte der Aralsee in historischer Zeit nicht,
                                                                                              um. Die Umlenkung des Amu Darja zum
markand einen modernen, internationa-         abgesehen vom Usboi, der zeitweise eine
                                                                                              Kaspischen Meer war im Übrigen lange
len Flughafen. Der Bau von Strassen, der      Verbindung zum Kaspischen Meer her-
                                                                                              Zeit eines der bevorzugten Projekte in
durch die Entdeckung grosser Ölreserven       stellte [1]; Kasten 3. Das Wasser des Aral-
                                                                                              führenden russischen Kreisen.
begünstigt wurde, hat den Zugang zu un-       sees war klar, und man konnte ohne Wei-
                                                                                              Der Sary-Kamysch liegt etwas höher
wirtlichen Gegenden erleichtert. Der Aus-     teres in 20 bis 25 m Tiefe den Grund sehen.
                                                                                              als die Talsohle des früheren Usboi; er
bau des asiatischen Strassen-Fernstre-        Seine Farbe war, von Ferne gesehen, ein
                                                                                              konnte also nur bei Hochwasser vom
ckennetzes (Bild 11) wird in jüngster Zeit    Blau «wie das der Ägäis».
                                                                                              Amu Darja gespiesen werden. Heute
vorangetrieben. Seit 2005 wurden bereits               Man weiss heute, dass sich der
                                                                                              nimmt er die Drainageabwässer aus
26 Mrd. Dollar in Renovierung und Aus-        Seespiegel des Aralsees bis etwa 1960
                                                                                              den Bewässerungsgebieten längs des
bau des Streckennetzes investiert [Wiki-      zwei Jahrhunderte lang kaum verändert
                                                                                              Amu Darja auf, im Mittel immerhin etwa
pedia].                                       hatte. Man hat auch festgestellt, dass der
                                                                                              140 m3/s. Interessant ist im Weiteren
                                              See offensichtlich seit dem Auftreten des
                                                                                              die Tatsache, dass der Sary-Kamysch
4.     Die Entwicklung                        Menschen noch nie um mehr als etwa 15 m
                                                                                              gelegentlich mit Wasser aus dem Aral-
       des Aralsees                           abgesunken war. Letzteres war der Fall,
                                                                                              see gespiesen wurde, wenn letzterer
Der mittlere Seespiegel des Aralsees lag      als ihm ein Abfluss (des Amu Darja) zum
                                                                                              die natürliche Überlaufkote von etwa
1960 um 53 m über dem mittleren Mee-          Kaspischen Meer am meisten Wasser ent-
                                                                                              58 m ü.M. erreichte (Bild 13).
resspiegel der Ozeane, d.h. 80 m über dem     zog. Es bestehen nachgewiesenermassen
des Kaspischen Meeres [1]. Um diese Zeit      seit mindestens 2500 Jahren künstliche

Bild 7. Khiva – «Stadt mit Museumscharakter».                         Bild 8. Bukhara – «Heilige Stadt des Ostens».

«Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                   85
Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Umlenkungen zur Sary-Kamysch-Senke            1960 heisst das, dass damals pro Jahr im       weiter abgesunken ist. Dies ist aus der Gra-
(entlang des Usboi); Kasten 3.                Schnitt 60 km3 zufliessen mussten.             fik Bild 15 klar ersichtlich, rund 27 m beträgt
                                                       Die Entwicklung des Aralsees seit     die Differenz zwischen 1960 und 2010. Der
5.      Der Wasserhaushalt                    den 1950er-Jahren kann einerseits anhand       Salzgehalt ist dabei auf ein Vielfaches des-
        des Aralsees                          von Karten und Satellitenaufnahmen ver-        jenigen von 1960 angestiegen [8].
Der Amy Darja hat ab seiner Quelle eine       folgt werden. Das Resultat ist bekannt, wie
totale Länge von 2600 km. Die Einzugs-        in Bild 1 zu sehen ist. Und dies trotz einem   6.      Aralsee Nord, Syr Darja
gebietsgrösse beträgt 465 000 km2, wobei      Wasser-Dargebot im Aralseebecken von                   und Arnasay
aber nur ca. 220 000 km2 zum Abfluss bei-     (je nach Quelle und Betrachtungsweise)         Seit etwa 2000 verfolgt Kasachstan, un-
tragen. Der Syr Darja hat eine Länge von      im Schnitt etwa zwischen 110 und 135 Ku-       terstützt von Weltbank (WB) sowie Inter-
2200 km, mit einem totalen Einzugsge-         bikkilometer (km3) Wasser pro Jahr. Eine       national Bank for Reconstruction and De-
biet von 460 000 km2; davon tragen rund       entsprechende Zusammenstellung ist in          velopment (IBRD), ein ambitiöses Projekt
150 000 km2 zum Abfluss bei [6]. Neben        Tabelle 2 gegeben [7], wo das Wasser-Dar-      zur Wiederbelebung des nördlichen Teils
den oberirdischen Zuflüssen besteht ein       gebot nach Herkunftsland aufgeführt ist.       des Aralsees, der vom Syr Darja gespiesen
Austausch mit dem Grundwasser, und                     Der Lattenpegel (Bild 14) bei der     wird. Ein Querdamm mit Schleusen regu-
zudem speist der Niederschlag den See         hydrometeorologischen Messstation Ak-          liert den Ausfluss zum südlich gelegenen
direkt. Für einen stabilen See muss der       tunsuk am Westufer des Aralsees anderer-       Hauptsee. Phase I des Projektes ist bereits
Zufluss die Verdunstung wettmachen, die       seits ist stummer Zeuge des Geschehens.        in Betrieb [u.a. «Tagesanzeiger»/Wissen/
gemäss [1] rund einen Meter pro Jahr aus-     Er musste im Übrigen verschoben werden,        Natur, «Das Wunder in der Wüste» vom 30.
macht. Für die Seeoberfläche von etwa         weil der See seit der Foto-Aufnahme 2001       November 2009; Internetseite Weltbank].

Bild 9. Samarkand – «Die Perle des Ostens».                                                  Bild 10. Standbild des Timur Leng (1336–
                                                                                             1405) in Taschkent/Usbekistan.

Bild 11. Einzige ganzjährig offene Stras-     Bild 12. Amu Darja-Delta mit (trockenem) Usboi-Tal zum Kaspischen Meer sowie Sary-
senverbindung zwischen West- und Ost-         Kamysch-Senke (Quelle: [1]).
Tadschikistan 2003, vor dem Ausbau.
Fluss: Pyandj.

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Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Nach Vollendung der Phase II soll das         onierten praktisch gar nicht mehr, Strom     renden Wasserkraftanlagen (WKA). Ge-
Wasser wieder bei Aralsk stehen (Bild 3).     gab es nur einige Stunden am Tag, und die    mäss einem ersten Entwurf aus dem Jahre
        Das Projekt hat noch weitere Kom-     Gasversorgung war nahezu abgebrochen.        1978 sollte die Wasserkraftanlage Rogun
ponenten, welche den Lauf des Syr Darja       Nur noch die wichtigsten Fabriken und die    mit 335 m Dammhöhe Nurek um gut 10%
betreffen. Nahe der Grenze zu Usbekis-        Spitäler wurden mehr oder weniger regel-     übertreffen und damit neu die höchste
tan liegt der Dschardara-Staudamm, zur        mässig mit Energie versorgt. Frierende Be-   Talsperre der Welt werden. Die maximal
Regulierung des Flusses und für die Be-       wohner fällten in ihrer Verzweiflung Bäume   vorgesehene installierte Turbinenleistung
wässerung (Bilder 16, 17); Kasten 4. Über-    und Sträucher [«Neue Zürcher» Zeitung
schüssiges Wasser wird in die angren-         vom 19. Januar 2008].                         Kasten 4: Syr Darja-Arnasay-Aydarkul
zenden Senken Arnasay und Aydarkul                    Die eigene Stromproduktion in Ta-     Die Arnasay–Aydarkul-Senke erhielt in
geleitet, von wo es u.a. auch zur Bewäs-      dschikistan basiert vor allem auf dem Nu-     den letzten Jahren nicht nur überschüs-
serung in Usbekistan genutzt wird. Diese      rek-Staudamm (Bilder 20, 21) am Vaksch-       siges Sommer-Hochwasser, sondern
Projektkomponenten bestehen aus An-           Fluss, 270 km nördlich des Pyandj, der        auch Winter-Wasser. Grund ist die
passung und Sanierung der Sperrstelle am      ab der Stelle des Zusammenflusses Amu         erhöhte Winter-Stromproduktion am
Dschardara-Staudamm, im Weiteren der          Darja heisst. Die Sperre besteht aus einem    Toktogul-Stausee in Kirgistan – für Ei-
Entfernung von Engpässen am Unterlauf         300 m hohen Schüttdamm, gut 700 m             genbedarf mangels anderer Energie-
des Syr Darja. Logischerweise beeinflusst     lang. Die Gesamt-Nennleistung beträgt         quellen, aber sehr zum Unmut von Us-
dies auch den Wasserhaushalt der Arna-        3000 Megawatt (MW) – genug um nahezu          bekistan und Kasachstan, welche das
say und Aydarkul-Senke (Bilder 17, 18).       ganz Tadschikistan mit Strom zu versor-       Wasser während der Sommermonate
                                              gen. Weil nun aber die Unterlieger-Staaten    brauchen.
7.     Wasserkraft in Tadschikistan           vor allem im Sommer Wasser für ihre Be-       Die Toktogul-Talsperre, eine 215 Meter
Ein Foto (Bild 19) zeigt Bewohner eines       wässerungen brauchen, nicht aber im Win-      hohe Gewichtsmauer aus Beton, ist in
Mehrfamilienhauses in der Hauptstadt          ter, sind der Winter-Produktion von elek-     Kirgistan ein Teil der Naryn-Syr-Darja-
Duschanbe (mehr als 1 Mio. EW) im Januar      trischer Energie klare Grenzen gesetzt.       Kaskade. Der Stausee ist 65 km lang
2008 beim Kochen im Freien. Zum Jahres-               Der Rogun-Staudamm ist am             und hat eine Fläche von rund 280 km2
wechsel hatte eine Kältewelle (mit Tempe-     Vaksch-Fluss geplant, 70 km flussauf-         (halb so gross wie der Bodensee),
raturen von –15 bis –20 °C) in der gesamten   wärts des Nurek-Staudammes, 340 km            Stauinhalt 20 km3, installierte Leistung
Region eingesetzt, welcher die Energie-       oberhalb des Zusammenflusses mit dem          ist 1200 MW. Der See wurde ab 1976
versorgung des Landes nicht gewachsen         Pyandj. Die geplante Sperrstelle liegt        geflutet.
war. Die zentralen Heizkraftwerke funkti-     am Kopf einer Kaskade von fünf existie-

                                                                     Bild 13. Schnitt durch Aralsee-West, Sary-Kamysch-Senke und
Tabelle 2. Wasser-Dargebot im Einzugsgebiet des Aralsees.            Usboi-Tal zum Kaspischen Meer (Quelle: [1]).

Bild 14. Lattenpegel Aktunsuk am Westufer des Aralsees, zwis-        Bild 15. Wasserspiegel Aralsee Aktunsuk am Westufer 1950–
chenzeitlich verschoben. Einzige langjährige Messeinrichtung         2010 (Monatsmittel) (Quelle: Gidromet Usbekistan).
(Quelle: Herbert Rothen, Murten, 2001).

«Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                 87
Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Bild 16. Zentralasien mit Syr Darja und Amu Darja, schema-          Bild 17. Schematischer Lageplan Tschardara-Stausee mit
tischer Lageplan (Quelle: DEZA).                                    Aydarkul-Arnasay-Senke (Quelle: DEZA).

Bild 18. Hydrologische Messstation Arnasay (Quelle: Gidromet        Bild 19. Bewohner eines Hauses in Duschanbe (mehr als 1 Mio.
Usbekistan).                                                        Einwohner)/Tadschikistan beim Kochen im Freien (Quelle:
                                                                    «Neue Zürcher Zeitung», 19.01.2008).

ist 3600 MW. Bis 1990, dem Zusammen-         Nach internationalem Recht sind die Un-       regt. Nicht klar scheinen weiterhin die Fi-
bruch der ehemaligen Sowjetunion, war        terlieger-Staaten Afghanistan, Usbekistan     nanzierung, die Rolle von potenziellen
ein grösserer Teil der Untertage-Bauten      und Turkmenistan dabei zu konsultieren,       Investoren aus Russland, allfälligen wei-
der WKA Rogun bereits fertig gestellt.       wo sich zum Teil auch heftiger Widerstand     teren Investoren und generell der interna-
                                                                                           tionalen Staatengemeinschaft. Mit dem
                        Kasten 5: Ein Unternehmer in Kirgistan                             Vollausbau von Rogun würde Tadschi-
 Gekürzt aus DEZA «Eine Welt» Nr.3 / September 2008, Autor Marcus Bensmann. Die            kistan zweifelsohne ein Netto-Exporteur
 verlassene Fabrikhalle im Stadtzentrum der kirgisischen Hauptstadt Bischkek war           von elektrischer Energie auch im Winter.
 voller Schutt, und durch die zerbrochenen Fenster zog es wie Hechtsuppe. Der Tatare       Im Moment wird jedenfalls im Land selber
 Rawil Bucharow hatte mit 38 Jahren genug von dem nomadenhaften Erwerbsleben               Geld gesammelt [Central Asia Online, 26th
 in Kirgistan. Im Frühjahr 2005 griff er deshalb in den Hallen in Bischkek zum Besen.      January, 2010].
 Wenige Wochen später fegte die Tulpenrevolution in Kirgistan die alte Macht unter
 dem Präsidenten Askar Akajew aus dem Land und installierte eine neue. Der Tatare          8.      Land und Leute
 in der Fabrikhalle geriet unversehens in den politischen Wirbel seines Landes, und        Die Vielfalt von Völkern, Sitten, Gebräu-
 dieser stellte den noch jungen Unternehmergeist auf immer wieder neue Proben. Und         chen und Landschaften in Zentralasien ist
 dennoch war er erfolgreich. Er schuf in der leeren Fabrikhalle ein kleines Unternehmen    einzigartig (Bild 22). Dies wird offenkundig,
 zur Mullbindenproduktion, während das Land um ihn herum ins Chaos taumelte.               wenn man die Gegend bereist (Bilder 23,
 Doch das Unternehmen wuchs weiter und in der leeren Fabrikhalle war wieder Leben,         24). Dreitausend Jahre von Völkerwande-
 das auch die Beamten der Stadt anzog. Denn wo auf einmal Geld verdient wird, kann         rung aus allen Himmelsrichtungen liessen
 man als Staatsdiener die Hand aufmachen. Die Besuche begannen. Mal wurde der              einen Schmelztiegel entstehen, der sei-
 Mietvertrag in Frage gestellt, dann die Feuerversicherung geprüft. Der Tatare musste      nesgleichen sucht. So sollen in Taschkent
 sich nicht nur um die Wirtschaft kümmern, sondern das Unternehmen verteidigen.            noch über 100 Nationen vertreten sein
 Noch stellen im Jahre 2007 vor dem Erscheinen des Berichtes in der Fabrikhalle zehn       (Bild 25). Rund ein Drittel der Bevölke-
 Arbeiterinnen die Mullbinden her, die der Tatare an die Krankenhäuser und Apotheken       rung ist heute in der Landwirtschaft tätig
 verkauft. Doch Bucharow ist müde geworden, und er weiss nicht, ob er sein Unter-          (Bilder 26, 27, 28), gefolgt vom Dienstleis-
 nehmen retten kann. Aufträge sind da, aber das gierige Funkeln in den Augen der           tungssektor. Die industrielle Entwicklung
 neuen kirgisischen Staatsbeamten auch. (Anm. der Verfasser: Ob und wie die Firma          hält sich in Grenzen (Bild 29). Boden-
 des Rawil Bucharow den Volksaufstand gegen den Präsidenten Kurmanbek Bakijew              schätze aller Art, inklusive Öl und Erdgas,
 im April 2010 überstanden hat, bleibt noch herauszufinden.)                               sind in einzelnen der Länder in grossen
                                                                                           Mengen vorhanden. Deren Förderung sind

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Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Bild 20. Nurek-Wasserkraftanlage am Waksch-Fluss in Tadschi-          Bild 21. Nurek-Stausee am Waksch-Fluss in Tadschikistan (mit
kistan (3000 MW).                                                     300 Meter hohem Schüttdamm).

aber u.a. wegen ungenügender Erschlies-         ghanistan andererseits hat diesbezüglich
sung und langer Transportwege noch klare        noch keine Rechte angemeldet. Die Vertei-
Grenzen gesetzt. Mit der starken Bevölke-       lung des Wassers zwischen den Ländern
rungszunahme steigt entsprechend die            birgt Konfliktpotenzial, was eine regionale
Arbeitslosigkeit. Vor allem in den bergigen     wasserwirtschaftliche Rahmenplanung
Ländern Tadschikistan und Kirgistan (Kas-       unabdingbar macht. Zwar ist das Sparpo-
ten 5) ist die Unterbeschäftigung gross         tenzial bei der Bewässerung enorm, be-
– in der Grössenordnung von einer Million       dingte aber namhafte Investitionen in die
männlicher Tadschiken sucht ihr Einkom-         Bewässerungs-Infrastruktur. Wasser von
men im Ausland, vor allem in Russland und       aussen einführen (z.B. aus Sibirien) wird
Kasachstan. Das ist eine enorme Zahl, ver-      heute zu Recht nicht mehr als Option be-
glichen mit der Gesamtbevölkerung von           trachtet. Die teilweise Abkehr von Baum-
etwas über sieben Millionen.                    wolle und Reis (beide sehr wasserintensiv)
          Zur Zeit der ehemaligen Sowjetunion   hin zu Getreide (Bilder 26, 27, 28) und an-
war das Russisch die grenzüberschreitende       deren landwirtschaftlichen Produkten wird
Umgangssprache, aber die Landesspra-            ansatzweise praktiziert.
chen wurden in den meisten Schulen ge-                   Wasser stellt ein zentrales Risiko
lehrt und gesprochen; die Schrift war über-     als Naturgefahr dar – neben Massenbe-
all kyrillisch. Heute, knapp 20 Jahre nach      wegungen, Felsrutschungen, Erdbeben
der Unabhängigkeit, hat sich die Gewich-        usw. Vor allem Länder wie Tadschikistan
tung stark verschoben. Viele Jugendliche        und Kirgistan werden periodisch immer
auf dem Lande beherrschen nur noch die          wieder von Wasser-Gefahren betroffen
eigene Landessprache. Turkmenistan und          (Bild 36). Extreme Trockenperioden kön-       Bild 22. Traditionelles Rundbrot (mit un-
Usbekistan haben das lateinische Alphabet       nen zu Dürre-Ausfällen mit katastrophalen     zähligen Formen, Grössen und Zusam-
eingeführt. Russisch ist noch in Kasachstan     Folgen in der ganzen Region führen.           mensetzung).
eine offizielle Landessprache und in Kirgis-             Die fünf zentralasiatischen Länder
tan zweite Landessprache.                       müssen mit ihrem Konflikt- und Risikopo-
          In den Städten herrscht ein an-       tenzial umgehen, und die Unterstützung
dauernder Bau-Boom (Bilder 30, 31).             der internationalen Staatengemeinschaft
Neue Einfamilienhäuser (Bild 32) setzen         kann dabei positive Akzente setzen (u.a.
sich neben den bisherigen Plattenbauten         [9]). Ein Beispiel eines länderübergreifen-
(Bild 33) durch. Auf dem Land treffen sich      den, von der DEZA finanzierten Projektes
Tradition und Moderne (Bild 34).                ist in Kasten 6 angegeben.

9.      Konflikt- und Risiko-                   10.     Epilog mit Hadscha
        potenzial Wasser                                Nasreddin
Das Wasser in Zentralasien stammt zur           Der Aralsee – eine ökologische Katastro-
Hauptsache aus den gebirgigen Oberlie-          phe? Wohl schon, wenn man das Schrump-
ger-Staaten Tadschikistan, Kirgistan und        fen eines Sees als Massstab nimmt, der vor
Afghanistan. Die Hauptnutzer sind die Un-       50 Jahren immerhin anderthalbmal so gross
terlieger Usbekistan, Turkmenistan und          war wie die Schweiz. Und die Wiederher-
Kasachstan, aber auch Tadschikistan sel-        stellung des nördlichen Aralsees ist dabei
ber. Turkmenistan hat seine bewässerte          wohl nur eine Ersatzmassnahme («Tage-         Bild 23. Issyk-Kul-See in Kirgistan
Fläche insbesondere seit dem Bau des            sanzeiger»/Wissen/Natur/Eine-der-scho-        (6200 km2, abflusslos, bis 700 m tief, über
Kara-Kum-Kanals (Bild 35) vervielfacht. Af-     ckierendsten… 08.04.2010). Zentralasien       zehnmal so gross wie der Bodensee).

«Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                     89
Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Bild 24. Kirgistan Nähe Issyk-Kul-See, karge Weidelandschaft.   Bild 25. Zentralasien – Vielvölkerstaaten.

Bild 26. Baumwollfeld am Amy Darja.                             Bild 27. Weizenfeld in der Hunger-Steppe/Usbekistan.

Bild 28. Reisfelder im Ferghana-Tal.                            Bild 29. Aluminium-Werk in der Nähe von Duschanbe.

Bild 30. Park mit dem neuen Präsidentenpalast im Hintergrund,   Bild 31. Neues Kongresszentrum Taschkent, 2009.
Duschanbe 2009.

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Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Bild 32. Neue Einfamilienhäuser in Taschkent.                            Bild 33. Wohnblöcke («Plattenbauten») in Taschkent.

Bild 34. Experten-Team beobachtet die Räumung eines Ge-                  Bild 35. Kara-Kum-Kanal (bis 360 m3/s) in Turkmenistan. Man
schiebe-Rückhalteraumes, Muminabad/Tadschikistan.                        beachte auf der Reliefkarte rechts (von rechts nach links – oben
                                                                         nach unten): Syr Darja mit Aydarkul/Arnasay-Senke; Aralsee;
                                                                         Amu Darja mit Delta; Sary-Kamysch-See; Kaspisches Meer,
                                                                         Ostküste; Kara-Kum-Kanal (Quelle: [1]).

Bild 36. Zerstörungsbild eines Murgangs («Schlammlawine»)                Bild 37. Khirmandschu – Abfluss-Messstation am Pyandj, aus-
in Khuroson/Tadschikistan (Quelle: DEZA – Humanitäre Hilfe               ser Funktion, mit Blick nach Afghanistan.
2009).

ist ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit ge-   Literatur                                               Klaus Pander. DuMont Kunstreiseführer.
rückt, aber nicht nur deswegen. Wenn man       [1] René Letolle und Monique Mainguet,                  8. aktualisierte Auflage, DuMont Reisever-
bedenkt, dass Tadschikistan eine weit über         Der Aralsee, Eine ökologische Katastrophe,          lag, Ostfildern 2010.
1000 Kilometer lange Grenze mit seinem             Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1996,        6. «Aral: The history of a dying sea». Interna-
südlichen Nachbarn Afghanistan teilt (Bild         (Französisch Original 1993).                        tional Fund for Saving the Aral Sea, Execu-
37). Im Einzugsgebiet des Aralsees leben       [2] Programme of concrete actions ….. in the            tive Committee (EC IFAS), Dushanbe, Taji-
heute rund 50 Millionen Menschen (Bild 38),        Aral Sea Basin for the period of 2003–2010.         kistan 2003.
die Arbeit brauchen und welche die Über-           International Fund for Saving the Aral Sea,     [7] Regionalexpertise – Destabilisierungs- und
gangs-Volkswirtschaften noch nicht in ge-          Executive Committee (EC IFAS), Dushanbe,            Konfliktpotenzial   prognostizierter   Um-
nügendem Masse bereitstellen können.               Tajikistan 2003.                                    weltveränderungen in der Region Zentral-
        «Und die Zukunft? In einigen Jahr-     [3] Die Seidenstrassen. Vom Lauf der Welt.              asien bis 2020/2050. Ernst Giese, Jenniver
zehnten wird das Problem Aralsee viel-             du753, Zeitschrift für Kultur Nr.1, Februar         Sehring, WBGU, Berlin 2007.
leicht vergessen sein, wenn die Mensch-            2005. «du» Verlags AG, CH-8583 Sulgen,          [8] Physical Oceanography of the Dying Aral
heit insgesamt mit dem Anstieg der Welt-           Schweiz.                                            Sea. Peter Zavialov, Springer in associa-
meere konfrontiert sein wird. Dies wird ein    [4] The Journey of Maps and Images on the               tion with Praxis Publishing Ltd, Chichester,
ganz anderes Problem von ganz anderer              Silk Road. Edited by Philippe Foret, Andreas        UK 2005.
Tragweite sein. Das Beispiel des Aralsees          Kaplony. Koninklije Brill NV, Leiden, The Ne-   [9] Conflict Transformation in Central Asia. Ir-
aber muss ein Alarmsignal für die Bewah-           therlands 2008.                                     rigation disputes in the Ferghana Valley.
rung des Planeten sein» [1] (Bild 39); Kas-    [5] Zentralasien. Usbekistan, Kirgistan, Ta-            Christine Bichsel, Central Asian Studies,
ten 7.                                             dschikistan, Turkmenistan, Kasachstan.              Routledge, Great Britain 2009.

«Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                              91
Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
Kasten 6: Stabilität dank gerecht verteiltem Wasser – Ein DEZA-Projekt leistet Pionierarbeit.
 Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), gekürzt aus «Central Asia Briefing», November 2008.
 In Zentralasien wirkt das Fergana-Tal wie eine Oase. Die riesige Ebene, halb so gross wie die Schweiz und mit knapp zehn Millionen
 Einwohnern ein dicht besiedeltes Gebiet, ist eine bedeutende Kornkammer Zentralasiens. Zu Sowjetzeiten wurde in der Ebene
 ein riesiges Kanalnetz angelegt und die Verteilung des Wassers, das aus den Hochgebirgsketten darum herum stammt, neutral
 gesteuert, um die riesigen Baumwolle-Monokulturen zu bewässern.
 Mit dem Zerfall der Sowjetunion sind drei Staaten entstanden: Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan, die sich auf eine effektive
 Verteilung des Wassers einigen müssen. Das von der DEZA initiierte und finanzierte Projekt «Integrated Water Resource Ma-
 nagement in Ferghana Valley», das 2001 gestartet wurde, reorganisiert und verbessert das Wassermanagement, vorerst an drei
 Pilotkanälen in den drei Ländern sowie an zwei grenzüberschreitenden Flüssen. Dabei werden die verschiedenen Interessen über
 alle Hierarchien hinweg koordiniert und die interessierten Parteien einbezogen – bis hin zu den Kleinbauern.
 Das Projekt ist eng verbunden mit einem weiteren von der DEZA finanzierten Projekt, dem «Canal Automation Project», das die
 Automatisierung der Überwachung und der Wasserverteilung in den Kanälen zum Ziel hat. Die Projekte haben eine weit reichende
 Wirkung in der Region. Auf lokaler, bezirks- und nationaler Ebene hat es Entscheidungsträger für die Wasserproblematik sensi-
 bilisiert, und die Methoden und Erfahrungen aus den Projekten sind in die nationale Wasserpolitik eingeflossen und haben diese
 verbessert.

                              Kasten 7: Hadscha Nasreddin – das Lächeln des Ostens (Bild 40; [10])
 Wo und wann immer Hadscha Nasreddin auch auftauchte und mit einem Unbekannten ein Gespräch begann, zog sich sofort ein
 breites Lächeln über das Gesicht des Angesprochenen. Und das Lachen war so ansteckend, dass viele Menschen von allen Seiten
 herbeiströmten und man allenthalben den von vielen geliebten Namen rufen hörte: Hadscha Nasreddin.
 Nasreddin verfügte in seinem Testament Folgendes:
 «Wenn ich sterbe, begrabt mich mit dem Kopf nach unten.» «Was redest Du da, Hadscha? Wozu das denn?» «Wenn alles ganz
 schlimm und die Welt zu ihrem Ende kommt und sich dabei alles auf den Kopf stellt, so werde ich trotzdem in der richtigen Stellung
 liegen.»

Bild 38. Sonnenuntergang über Taschkent (knapp 3 Mio. Einwohner).                         Bild 40. Hadscha Nasreddin – «Lächeln
                                                                                          des Ostens».

                                                                                          [10] Hadscha Nasreddin, Das berühmteste Lä-
                                                                                          cheln des Ostens. Stiftung «Das Kultur- und
                                                                                          Kunstforum    Usbekistans».   SAN’AT-Verlag,
                                                                                          Taschkent, Usbekistan 2007.

                                                                                          Anschrift der Verfasser
                                                                                          Heinz W. Weiss, Basler & Hofmann AG
                                                                                          CH-8133 Esslingen
                                                                                          heinz.weiss@baslerhofmann.ch

                                                                                          Daniel Ehrbar, Basler & Hofmann AG
                                                                                          CH-8133 Esslingen
                                                                                          daniel.ehrbar@baslerhofmann.ch

                                                                                          Alexander W. Rogachev, Taschkent/Usbekistan
                                                                                          alrogachev@mail.ru.
Bild 39. Aralsee am Westufer (Quelle: Gidromet Usbekistan).

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