Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee - Basler & Hofmann
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Ein Mosaik aus Zentralasien und Aralsee Heinz W. Weiss, Alexander W. Rogachev, Daniel Ehrbar 1. Einleitung rätin M. Calmy-Rey in eben diesem Zen- «Der Aralsee – eine ökologische Katas- tralasien. Die Schweiz trat 1992 dem IWF trophe» [1] – der See ist annähernd vom (Internationaler Währungs-Fonds) und der Erdboden verschwunden (Bild 1), und die Weltbank bei. Die vier zentralasiatischen ehemalige Fischerflotte rostet auf dem Länder Kirgistan, Tadschikistan, Turkme- Sand vor sich hin (Bild 2). Das alles wirkt nistan und Usbekistan gehören seither der sich in erschreckendem Masse auf Men- Stimmrechtsgruppe der Schweiz im Exe- schen, Tiere und Pflanzen aus – wurden kutivrat an. Kasachstan gehört nicht dazu, doch Spuren der Windverfrachtungen hingegen Aserbeidschan, [Neuer Status von Salz, Pestiziden und Schwermetallen von Kasakhstan: siehe www.edf.admin. (alle einmal im Aralseebecken abgelagert) ch] sowie Polen und Serbien. In der Folge in über 1000 Kilometer Entfernung in den leistete die Schweiz in den betroffenen zentralasiatischen Gebirgsregionen ge- Ländern Entwicklungszusammenarbeit, funden. Und «entstanden ist die Krise nicht deren Volumen heute noch substanziell nur im Aralsee-Einzugsgebiet, sondern ist (Kasten 1). Bild 1. Der Aralsee – Satelliten-Aufnahme darüber hinaus in Köpfen von unzähligen Die fünf zentralasiatischen Regie- (Quelle: http://www.teamdochnoch.de/ Führungskräften, Politikern, Wasserwirt- rungen schufen im Jahre 1993 den «In- s9y/uploads/netz/aral11.jpg, abgerufen schaftlern und anderen Spezialisten der ternational Fund for Saving the Aral Sea» am 7. Mai 2010). ehemals für das Gebiet verantwortlichen (IFAS). Dessen «Executive Committee» Sowjetunion» [1]. (EC IFAS) war massgeblich am ersten Kasten 1: Die Rettung des Aralsees Weltbankprogramm (gesamtes Volumen läuft an [«Zürcher Oberländer», 2. «Tour» durch Zentralasien ca. 500 Mio. US-Dollar) zur Rettung des 10. Feb. 1995] Die Grenzen der fünf seit 1991 unabhän- Aralsees mitbeteiligt. Im Jahre 2002 ent- Die Schweiz unterstützt ein Programm gigen Staaten Kasachstan, Kirgistan, Ta- schieden die fünf Präsidenten, ein zweites der Weltbank zur Rettung des Aralsees. dschikistan, Turkmenistan und Usbekistan Programm zur Rettung des Aralsees vor- Die Erfahrung der Schweiz im Bereich wurden von Stalin in den 1920er-Jahren zuschlagen, das «Aral Sea Basin Program der Wassernutzung soll die zentralasi- willkürlich gezogen – in vielen Fällen quer 2» (2003–2010), mit finanziellen Vorstel- atischen Republiken im Einzugsbereich durch einzelne Volksgruppen hindurch. Die lungen von rund 600 Millionen Dollar [2]. des Aralsees dabei unterstützen, ein «Neue Zürcher Zeitung» vom 9. Oktober Es ist nicht bekannt, wie viel davon aktiviert leistungsfähiges Netz hydro-meteoro- 2009 berichtet vom Besuch von Bundes- werden konnte. Nichtsdestotrotz ist das logischer Dienste auszubauen und die Wassernutzung zu optimieren. Die Austrocknung des Aralsees, der zwischen Kasachstan und Usbekistan liegt, sei ein länderübergreifendes Pro- blem (Bild 3). Ohne die enge Zusam- menarbeit der betroffenen Republiken sei eine dauerhafte Verbesserung des ökologischen Zustands im Aralbecken nicht möglich. Die Studie ist Teil des Weltbank-Pro- gramms von 1992 zum Schutz des Aralsees. Die Schweiz plant, sich vor- erst mit 1.5 Millionen Dollar aus dem Rahmenkredit für die Osthilfe zu be- teiligen. In der jetzigen Startphase des Programms geht es vor allem um die Durchführung von Studien über Vorfi- nanzierung und Machbarkeit und um die Verwirklichung von Pilotprojekten (Bild 4). Bild 2. Die Fischerflotte rostet vor sich hin (Quelle: Felix Esselborn, www3.uni-bonn.de). «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden 83
Bild 5. Der Pyandj-Fluss im Pamir/Ost-Tadschikistan–Quellgebiet des Amu Darja (früher Oxus). EC IFAS heute mit Vorschlägen zu einem rannen [3]. Sagenumwobene Städte ver- dritten Rettungsprogramm beschäftigt. leiten zum verweilen: Herat (Afghanistan), Merv (Turkmenistan), Khiva (Bild 7), Buk- 3. Die Seidenstrassen hara (Bild 8), Samarkand (Bild 9) (alle drei Bild 3. Der Aralsee 1960–1990 (Quelle: Die Seidenstrassen verbinden den Orient Usbekistan; Kasten 2), Kashgar (Westpro- «Zürcher Oberländer», 10.02.1995). mit dem Okzident und führten während vinz von China, Land der Uiguren) [4]. zweieinhalb Jahrtausenden zu einem inten- Das wohl bekannteste und folgen- siven Austausch zwischen Ost und West. reichste Beispiel für die Verbreitung von Sie durchqueren einen transkontinentalen Krankheiten entlang der Seidenstrassen Binnenraum, an dem bis anhin noch jede ist die Ausbreitung der Pest im 14. Jahr- Grossmacht gescheitert ist, die glaubte, hundert. In den 1330er-Jahren brach in seine Kulturen ignorieren zu können. Die China die Beulenpest aus. Von China aus Seidenstrassen sind Wege durch Wüsten verbreitete sich diese rasch entlang der und Oasen, durch Gebirge, die fast so hoch Seidenstrassen und erreichte über Han- sind wie der Himalaya (rund 7500 m ü.M.), delsschiffe aus Kaffa auf der Halbinsel über Ströme, die Oxus heissen (Bild 5) und Krim 1348 auch Mitteleuropa [Wikipedia]. Gelber Fluss. Auf diesen Routen kam die Unabhängig davon fand die u.a. seit etwa Seide (Bild 6) nach Rom, das freilich von 1800 im städtischen Untergrund von Zü- den Chinesen so wenig wusste wie diese rich lebende, braungraue Wanderratte aus von ihm. Es waren die Wege der Träumer, Nordchina und der Mongolei ihren Weg Bild 4. Meteorologische Pilotstation Händler, Nomaden, Spione, Missionare, über die Seidenstrassen. Die asiatische Chimgan/Usbekistan (1996). Religionsträger, wüsten Horden und Ty- Immigrantin verdrängte die vorher hei- Kasten 2: «Samarkand und darüber hinaus» [3] Marakanda (so von den Griechen genannt) wurde im 5. Jahrhundert v.Chr. als Afrasiab von einem sogdischen König gegründet, heute «fruchtbare» (samar) «Ansiedlung» (kand): Samarkand, eine Stadt so alt wie Rom. Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die in der Folge diese ostwestliche Relaisstation regierten? Von Alexander dem Grossen 329 v.Chr. [5] erobert und dem mazedonischen Weltreich zugeschlagen, dann in der Hand der Parther, eines persischen Stammes, der sich ganz Zentralasien unterjochen sollte, bis es 97 n.Chr. unter die Herrschaft der Han-Chinesen geriet. Im 7. Jahrhundert expandierte das Reich der Mitte noch einmal nach Westen, unter den Tang, doch wenig später waren die Araber da. Der Islam fasste Fuss. Es war der sagenhafte Mongolenherrscher Dschingis Khan, Bezwinger Chinas, Herrscher über den Okzident bis ins schlesische Liegritz, der die Stadt um 1220 in den Erdboden trieb. Und es war ein nicht minder furchtbarer Potentat, den das neben den Ruinen erblühte Samarkand so bezauberte, dass er es 1369 zur Hauptstadt seines Reiches erhob – Timur Leng oder Tamerlan (1336–1405). Zweihundert Jahre Timuridenherrschaft machten Samarkand zum Knotenpunkt, globalen Markt, multikulturellen Zentrum Zen- tralasiens und zur architektonischen Wunderkammer. «Glücklich ist, wer die Welt verlässt, bevor die Welt auf ihn verzichtet» ist auf der Holztür zu lesen, die ins Innere des Mausoleums Gur-e Amir führt. Im Jahre 751 stand hier die erste Papierfabrik westlich von China, 1070 verfasste ein Araber, Omar Khayyam, eine der grundle- genden Abhandlungen zur Algebra. Es war noch in der Blüte Samarkands, als der Gelehrte Fürst Ulugh Bek ein Observatorium er- richten liess, das beste der damaligen Welt (1428/29, [5]), dessen Messdaten bis heute annähernd gültig sind. Doch schon um 1500, als die Schaibaniden, ein Nomadenstamm und Vorläufer der heutigen Usbeken, Timurs Kapitale seinen Nachfahren entrangen, begann der Niedergang. 1868 fiel Samarkand unter Zar Alexander II. an Russland, das die Eisenbahn brachte und die Baumwolle nahm. 1924 schlugen die sowjetischen Machthaber die überwiegend tadschikisch bevölkerte Stadt und Region der Usbekischen Sozialistischen Sowjetrepublik (SSR) zu. Timur Leng wurde nach der Unabhängigkeit 1991 zum Vater der usbekischen Nation, obwohl er selber eigentlich ein Turkmongole und Abkömmling von Dschingis Khan war. Im Zentrum der Hauptstadt Taschkent hat das Standbild von Timur Leng (Bild 10) dasjenige von Karl Marx ersetzt. 84 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden
Tabelle 1. Die grössten Seen der Welt. mass er etwa 430 auf 285 Kilometer und Kasten 3: Der Usboi: M ythos und war von der Oberfläche her mit 66 500 Wirklichkeit [1] Quadratkilometer (km2) der viertgrösste Der grösste Teil des (nunmehr funk- See der Welt (Tabelle 1, [1]). Wie alle ab- tionslosen) Deltas des Amu Darja flusslosen Seen reagierte der Aralsee aller- wurde geologisch gesehen im Pleisto- dings empfindlich auf die Änderungen der zän gebildet (ältere Abteilung des Quar- Bild 6. Teppich-Knüpferinnen in Samar- Wassermenge seiner Flüsse. Seine mitt- tärs, seit 2 Mio. Jahren). Auf diesem kand mit traditioneller Seidentracht. lere Tiefe betrug etwa 16 m, im mittleren Schwemmkegel kann sich das Fluss- Becken waren es 29 m. Die tiefste Stelle bett seitlich verlagern, und daher lässt mische, grauschwarze und kleinere Haus- lag mit 68 m sehr nahe am Westufer. Der es sich auch leicht durch den Menschen ratte – welche ihrerseits ursprünglich aus nördliche Teil des Sees (Kleiner See) war umlenken. Die Einwohner von China je- Südindien eingewandert war [Wikipedia]. vom Südteil durch die grosse Wüsteninsel denfalls hatten die entsprechenden Fä- Heute haben die Seidenstrassen Kokaral beinahe getrennt – er bildet mitt- higkeiten. Im Weiteren lenkten zum Bei- einen eher romantischen, abenteuer- lerweile einen eigenen See. Das gesamte spiel die Mongolen und die Turkmenen lichen Stellenwert [3] – das touristische Volumen des Sees betrug selten über zu ihrer Zeit durch ihre Zerstörungen Potenzial wächst aber weiterhin. Viele 1000 km3; es handelt sich also um eine die Hauptgerinne des Stromes zum Destinationen sind direkt mit dem Flug- gewaltige flache «Pfütze». Einen Abfluss Usboi bzw. Sary-Kamysch See (Bild 12) zeug erreichbar – so hat zum Beispiel Sa- hatte der Aralsee in historischer Zeit nicht, um. Die Umlenkung des Amu Darja zum markand einen modernen, internationa- abgesehen vom Usboi, der zeitweise eine Kaspischen Meer war im Übrigen lange len Flughafen. Der Bau von Strassen, der Verbindung zum Kaspischen Meer her- Zeit eines der bevorzugten Projekte in durch die Entdeckung grosser Ölreserven stellte [1]; Kasten 3. Das Wasser des Aral- führenden russischen Kreisen. begünstigt wurde, hat den Zugang zu un- sees war klar, und man konnte ohne Wei- Der Sary-Kamysch liegt etwas höher wirtlichen Gegenden erleichtert. Der Aus- teres in 20 bis 25 m Tiefe den Grund sehen. als die Talsohle des früheren Usboi; er bau des asiatischen Strassen-Fernstre- Seine Farbe war, von Ferne gesehen, ein konnte also nur bei Hochwasser vom ckennetzes (Bild 11) wird in jüngster Zeit Blau «wie das der Ägäis». Amu Darja gespiesen werden. Heute vorangetrieben. Seit 2005 wurden bereits Man weiss heute, dass sich der nimmt er die Drainageabwässer aus 26 Mrd. Dollar in Renovierung und Aus- Seespiegel des Aralsees bis etwa 1960 den Bewässerungsgebieten längs des bau des Streckennetzes investiert [Wiki- zwei Jahrhunderte lang kaum verändert Amu Darja auf, im Mittel immerhin etwa pedia]. hatte. Man hat auch festgestellt, dass der 140 m3/s. Interessant ist im Weiteren See offensichtlich seit dem Auftreten des die Tatsache, dass der Sary-Kamysch 4. Die Entwicklung Menschen noch nie um mehr als etwa 15 m gelegentlich mit Wasser aus dem Aral- des Aralsees abgesunken war. Letzteres war der Fall, see gespiesen wurde, wenn letzterer Der mittlere Seespiegel des Aralsees lag als ihm ein Abfluss (des Amu Darja) zum die natürliche Überlaufkote von etwa 1960 um 53 m über dem mittleren Mee- Kaspischen Meer am meisten Wasser ent- 58 m ü.M. erreichte (Bild 13). resspiegel der Ozeane, d.h. 80 m über dem zog. Es bestehen nachgewiesenermassen des Kaspischen Meeres [1]. Um diese Zeit seit mindestens 2500 Jahren künstliche Bild 7. Khiva – «Stadt mit Museumscharakter». Bild 8. Bukhara – «Heilige Stadt des Ostens». «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden 85
Umlenkungen zur Sary-Kamysch-Senke 1960 heisst das, dass damals pro Jahr im weiter abgesunken ist. Dies ist aus der Gra- (entlang des Usboi); Kasten 3. Schnitt 60 km3 zufliessen mussten. fik Bild 15 klar ersichtlich, rund 27 m beträgt Die Entwicklung des Aralsees seit die Differenz zwischen 1960 und 2010. Der 5. Der Wasserhaushalt den 1950er-Jahren kann einerseits anhand Salzgehalt ist dabei auf ein Vielfaches des- des Aralsees von Karten und Satellitenaufnahmen ver- jenigen von 1960 angestiegen [8]. Der Amy Darja hat ab seiner Quelle eine folgt werden. Das Resultat ist bekannt, wie totale Länge von 2600 km. Die Einzugs- in Bild 1 zu sehen ist. Und dies trotz einem 6. Aralsee Nord, Syr Darja gebietsgrösse beträgt 465 000 km2, wobei Wasser-Dargebot im Aralseebecken von und Arnasay aber nur ca. 220 000 km2 zum Abfluss bei- (je nach Quelle und Betrachtungsweise) Seit etwa 2000 verfolgt Kasachstan, un- tragen. Der Syr Darja hat eine Länge von im Schnitt etwa zwischen 110 und 135 Ku- terstützt von Weltbank (WB) sowie Inter- 2200 km, mit einem totalen Einzugsge- bikkilometer (km3) Wasser pro Jahr. Eine national Bank for Reconstruction and De- biet von 460 000 km2; davon tragen rund entsprechende Zusammenstellung ist in velopment (IBRD), ein ambitiöses Projekt 150 000 km2 zum Abfluss bei [6]. Neben Tabelle 2 gegeben [7], wo das Wasser-Dar- zur Wiederbelebung des nördlichen Teils den oberirdischen Zuflüssen besteht ein gebot nach Herkunftsland aufgeführt ist. des Aralsees, der vom Syr Darja gespiesen Austausch mit dem Grundwasser, und Der Lattenpegel (Bild 14) bei der wird. Ein Querdamm mit Schleusen regu- zudem speist der Niederschlag den See hydrometeorologischen Messstation Ak- liert den Ausfluss zum südlich gelegenen direkt. Für einen stabilen See muss der tunsuk am Westufer des Aralsees anderer- Hauptsee. Phase I des Projektes ist bereits Zufluss die Verdunstung wettmachen, die seits ist stummer Zeuge des Geschehens. in Betrieb [u.a. «Tagesanzeiger»/Wissen/ gemäss [1] rund einen Meter pro Jahr aus- Er musste im Übrigen verschoben werden, Natur, «Das Wunder in der Wüste» vom 30. macht. Für die Seeoberfläche von etwa weil der See seit der Foto-Aufnahme 2001 November 2009; Internetseite Weltbank]. Bild 9. Samarkand – «Die Perle des Ostens». Bild 10. Standbild des Timur Leng (1336– 1405) in Taschkent/Usbekistan. Bild 11. Einzige ganzjährig offene Stras- Bild 12. Amu Darja-Delta mit (trockenem) Usboi-Tal zum Kaspischen Meer sowie Sary- senverbindung zwischen West- und Ost- Kamysch-Senke (Quelle: [1]). Tadschikistan 2003, vor dem Ausbau. Fluss: Pyandj. 86 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden
Nach Vollendung der Phase II soll das onierten praktisch gar nicht mehr, Strom renden Wasserkraftanlagen (WKA). Ge- Wasser wieder bei Aralsk stehen (Bild 3). gab es nur einige Stunden am Tag, und die mäss einem ersten Entwurf aus dem Jahre Das Projekt hat noch weitere Kom- Gasversorgung war nahezu abgebrochen. 1978 sollte die Wasserkraftanlage Rogun ponenten, welche den Lauf des Syr Darja Nur noch die wichtigsten Fabriken und die mit 335 m Dammhöhe Nurek um gut 10% betreffen. Nahe der Grenze zu Usbekis- Spitäler wurden mehr oder weniger regel- übertreffen und damit neu die höchste tan liegt der Dschardara-Staudamm, zur mässig mit Energie versorgt. Frierende Be- Talsperre der Welt werden. Die maximal Regulierung des Flusses und für die Be- wohner fällten in ihrer Verzweiflung Bäume vorgesehene installierte Turbinenleistung wässerung (Bilder 16, 17); Kasten 4. Über- und Sträucher [«Neue Zürcher» Zeitung schüssiges Wasser wird in die angren- vom 19. Januar 2008]. Kasten 4: Syr Darja-Arnasay-Aydarkul zenden Senken Arnasay und Aydarkul Die eigene Stromproduktion in Ta- Die Arnasay–Aydarkul-Senke erhielt in geleitet, von wo es u.a. auch zur Bewäs- dschikistan basiert vor allem auf dem Nu- den letzten Jahren nicht nur überschüs- serung in Usbekistan genutzt wird. Diese rek-Staudamm (Bilder 20, 21) am Vaksch- siges Sommer-Hochwasser, sondern Projektkomponenten bestehen aus An- Fluss, 270 km nördlich des Pyandj, der auch Winter-Wasser. Grund ist die passung und Sanierung der Sperrstelle am ab der Stelle des Zusammenflusses Amu erhöhte Winter-Stromproduktion am Dschardara-Staudamm, im Weiteren der Darja heisst. Die Sperre besteht aus einem Toktogul-Stausee in Kirgistan – für Ei- Entfernung von Engpässen am Unterlauf 300 m hohen Schüttdamm, gut 700 m genbedarf mangels anderer Energie- des Syr Darja. Logischerweise beeinflusst lang. Die Gesamt-Nennleistung beträgt quellen, aber sehr zum Unmut von Us- dies auch den Wasserhaushalt der Arna- 3000 Megawatt (MW) – genug um nahezu bekistan und Kasachstan, welche das say und Aydarkul-Senke (Bilder 17, 18). ganz Tadschikistan mit Strom zu versor- Wasser während der Sommermonate gen. Weil nun aber die Unterlieger-Staaten brauchen. 7. Wasserkraft in Tadschikistan vor allem im Sommer Wasser für ihre Be- Die Toktogul-Talsperre, eine 215 Meter Ein Foto (Bild 19) zeigt Bewohner eines wässerungen brauchen, nicht aber im Win- hohe Gewichtsmauer aus Beton, ist in Mehrfamilienhauses in der Hauptstadt ter, sind der Winter-Produktion von elek- Kirgistan ein Teil der Naryn-Syr-Darja- Duschanbe (mehr als 1 Mio. EW) im Januar trischer Energie klare Grenzen gesetzt. Kaskade. Der Stausee ist 65 km lang 2008 beim Kochen im Freien. Zum Jahres- Der Rogun-Staudamm ist am und hat eine Fläche von rund 280 km2 wechsel hatte eine Kältewelle (mit Tempe- Vaksch-Fluss geplant, 70 km flussauf- (halb so gross wie der Bodensee), raturen von –15 bis –20 °C) in der gesamten wärts des Nurek-Staudammes, 340 km Stauinhalt 20 km3, installierte Leistung Region eingesetzt, welcher die Energie- oberhalb des Zusammenflusses mit dem ist 1200 MW. Der See wurde ab 1976 versorgung des Landes nicht gewachsen Pyandj. Die geplante Sperrstelle liegt geflutet. war. Die zentralen Heizkraftwerke funkti- am Kopf einer Kaskade von fünf existie- Bild 13. Schnitt durch Aralsee-West, Sary-Kamysch-Senke und Tabelle 2. Wasser-Dargebot im Einzugsgebiet des Aralsees. Usboi-Tal zum Kaspischen Meer (Quelle: [1]). Bild 14. Lattenpegel Aktunsuk am Westufer des Aralsees, zwis- Bild 15. Wasserspiegel Aralsee Aktunsuk am Westufer 1950– chenzeitlich verschoben. Einzige langjährige Messeinrichtung 2010 (Monatsmittel) (Quelle: Gidromet Usbekistan). (Quelle: Herbert Rothen, Murten, 2001). «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden 87
Bild 16. Zentralasien mit Syr Darja und Amu Darja, schema- Bild 17. Schematischer Lageplan Tschardara-Stausee mit tischer Lageplan (Quelle: DEZA). Aydarkul-Arnasay-Senke (Quelle: DEZA). Bild 18. Hydrologische Messstation Arnasay (Quelle: Gidromet Bild 19. Bewohner eines Hauses in Duschanbe (mehr als 1 Mio. Usbekistan). Einwohner)/Tadschikistan beim Kochen im Freien (Quelle: «Neue Zürcher Zeitung», 19.01.2008). ist 3600 MW. Bis 1990, dem Zusammen- Nach internationalem Recht sind die Un- regt. Nicht klar scheinen weiterhin die Fi- bruch der ehemaligen Sowjetunion, war terlieger-Staaten Afghanistan, Usbekistan nanzierung, die Rolle von potenziellen ein grösserer Teil der Untertage-Bauten und Turkmenistan dabei zu konsultieren, Investoren aus Russland, allfälligen wei- der WKA Rogun bereits fertig gestellt. wo sich zum Teil auch heftiger Widerstand teren Investoren und generell der interna- tionalen Staatengemeinschaft. Mit dem Kasten 5: Ein Unternehmer in Kirgistan Vollausbau von Rogun würde Tadschi- Gekürzt aus DEZA «Eine Welt» Nr.3 / September 2008, Autor Marcus Bensmann. Die kistan zweifelsohne ein Netto-Exporteur verlassene Fabrikhalle im Stadtzentrum der kirgisischen Hauptstadt Bischkek war von elektrischer Energie auch im Winter. voller Schutt, und durch die zerbrochenen Fenster zog es wie Hechtsuppe. Der Tatare Im Moment wird jedenfalls im Land selber Rawil Bucharow hatte mit 38 Jahren genug von dem nomadenhaften Erwerbsleben Geld gesammelt [Central Asia Online, 26th in Kirgistan. Im Frühjahr 2005 griff er deshalb in den Hallen in Bischkek zum Besen. January, 2010]. Wenige Wochen später fegte die Tulpenrevolution in Kirgistan die alte Macht unter dem Präsidenten Askar Akajew aus dem Land und installierte eine neue. Der Tatare 8. Land und Leute in der Fabrikhalle geriet unversehens in den politischen Wirbel seines Landes, und Die Vielfalt von Völkern, Sitten, Gebräu- dieser stellte den noch jungen Unternehmergeist auf immer wieder neue Proben. Und chen und Landschaften in Zentralasien ist dennoch war er erfolgreich. Er schuf in der leeren Fabrikhalle ein kleines Unternehmen einzigartig (Bild 22). Dies wird offenkundig, zur Mullbindenproduktion, während das Land um ihn herum ins Chaos taumelte. wenn man die Gegend bereist (Bilder 23, Doch das Unternehmen wuchs weiter und in der leeren Fabrikhalle war wieder Leben, 24). Dreitausend Jahre von Völkerwande- das auch die Beamten der Stadt anzog. Denn wo auf einmal Geld verdient wird, kann rung aus allen Himmelsrichtungen liessen man als Staatsdiener die Hand aufmachen. Die Besuche begannen. Mal wurde der einen Schmelztiegel entstehen, der sei- Mietvertrag in Frage gestellt, dann die Feuerversicherung geprüft. Der Tatare musste nesgleichen sucht. So sollen in Taschkent sich nicht nur um die Wirtschaft kümmern, sondern das Unternehmen verteidigen. noch über 100 Nationen vertreten sein Noch stellen im Jahre 2007 vor dem Erscheinen des Berichtes in der Fabrikhalle zehn (Bild 25). Rund ein Drittel der Bevölke- Arbeiterinnen die Mullbinden her, die der Tatare an die Krankenhäuser und Apotheken rung ist heute in der Landwirtschaft tätig verkauft. Doch Bucharow ist müde geworden, und er weiss nicht, ob er sein Unter- (Bilder 26, 27, 28), gefolgt vom Dienstleis- nehmen retten kann. Aufträge sind da, aber das gierige Funkeln in den Augen der tungssektor. Die industrielle Entwicklung neuen kirgisischen Staatsbeamten auch. (Anm. der Verfasser: Ob und wie die Firma hält sich in Grenzen (Bild 29). Boden- des Rawil Bucharow den Volksaufstand gegen den Präsidenten Kurmanbek Bakijew schätze aller Art, inklusive Öl und Erdgas, im April 2010 überstanden hat, bleibt noch herauszufinden.) sind in einzelnen der Länder in grossen Mengen vorhanden. Deren Förderung sind 88 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden
Bild 20. Nurek-Wasserkraftanlage am Waksch-Fluss in Tadschi- Bild 21. Nurek-Stausee am Waksch-Fluss in Tadschikistan (mit kistan (3000 MW). 300 Meter hohem Schüttdamm). aber u.a. wegen ungenügender Erschlies- ghanistan andererseits hat diesbezüglich sung und langer Transportwege noch klare noch keine Rechte angemeldet. Die Vertei- Grenzen gesetzt. Mit der starken Bevölke- lung des Wassers zwischen den Ländern rungszunahme steigt entsprechend die birgt Konfliktpotenzial, was eine regionale Arbeitslosigkeit. Vor allem in den bergigen wasserwirtschaftliche Rahmenplanung Ländern Tadschikistan und Kirgistan (Kas- unabdingbar macht. Zwar ist das Sparpo- ten 5) ist die Unterbeschäftigung gross tenzial bei der Bewässerung enorm, be- – in der Grössenordnung von einer Million dingte aber namhafte Investitionen in die männlicher Tadschiken sucht ihr Einkom- Bewässerungs-Infrastruktur. Wasser von men im Ausland, vor allem in Russland und aussen einführen (z.B. aus Sibirien) wird Kasachstan. Das ist eine enorme Zahl, ver- heute zu Recht nicht mehr als Option be- glichen mit der Gesamtbevölkerung von trachtet. Die teilweise Abkehr von Baum- etwas über sieben Millionen. wolle und Reis (beide sehr wasserintensiv) Zur Zeit der ehemaligen Sowjetunion hin zu Getreide (Bilder 26, 27, 28) und an- war das Russisch die grenzüberschreitende deren landwirtschaftlichen Produkten wird Umgangssprache, aber die Landesspra- ansatzweise praktiziert. chen wurden in den meisten Schulen ge- Wasser stellt ein zentrales Risiko lehrt und gesprochen; die Schrift war über- als Naturgefahr dar – neben Massenbe- all kyrillisch. Heute, knapp 20 Jahre nach wegungen, Felsrutschungen, Erdbeben der Unabhängigkeit, hat sich die Gewich- usw. Vor allem Länder wie Tadschikistan tung stark verschoben. Viele Jugendliche und Kirgistan werden periodisch immer auf dem Lande beherrschen nur noch die wieder von Wasser-Gefahren betroffen eigene Landessprache. Turkmenistan und (Bild 36). Extreme Trockenperioden kön- Bild 22. Traditionelles Rundbrot (mit un- Usbekistan haben das lateinische Alphabet nen zu Dürre-Ausfällen mit katastrophalen zähligen Formen, Grössen und Zusam- eingeführt. Russisch ist noch in Kasachstan Folgen in der ganzen Region führen. mensetzung). eine offizielle Landessprache und in Kirgis- Die fünf zentralasiatischen Länder tan zweite Landessprache. müssen mit ihrem Konflikt- und Risikopo- In den Städten herrscht ein an- tenzial umgehen, und die Unterstützung dauernder Bau-Boom (Bilder 30, 31). der internationalen Staatengemeinschaft Neue Einfamilienhäuser (Bild 32) setzen kann dabei positive Akzente setzen (u.a. sich neben den bisherigen Plattenbauten [9]). Ein Beispiel eines länderübergreifen- (Bild 33) durch. Auf dem Land treffen sich den, von der DEZA finanzierten Projektes Tradition und Moderne (Bild 34). ist in Kasten 6 angegeben. 9. Konflikt- und Risiko- 10. Epilog mit Hadscha potenzial Wasser Nasreddin Das Wasser in Zentralasien stammt zur Der Aralsee – eine ökologische Katastro- Hauptsache aus den gebirgigen Oberlie- phe? Wohl schon, wenn man das Schrump- ger-Staaten Tadschikistan, Kirgistan und fen eines Sees als Massstab nimmt, der vor Afghanistan. Die Hauptnutzer sind die Un- 50 Jahren immerhin anderthalbmal so gross terlieger Usbekistan, Turkmenistan und war wie die Schweiz. Und die Wiederher- Kasachstan, aber auch Tadschikistan sel- stellung des nördlichen Aralsees ist dabei ber. Turkmenistan hat seine bewässerte wohl nur eine Ersatzmassnahme («Tage- Bild 23. Issyk-Kul-See in Kirgistan Fläche insbesondere seit dem Bau des sanzeiger»/Wissen/Natur/Eine-der-scho- (6200 km2, abflusslos, bis 700 m tief, über Kara-Kum-Kanals (Bild 35) vervielfacht. Af- ckierendsten… 08.04.2010). Zentralasien zehnmal so gross wie der Bodensee). «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden 89
Bild 24. Kirgistan Nähe Issyk-Kul-See, karge Weidelandschaft. Bild 25. Zentralasien – Vielvölkerstaaten. Bild 26. Baumwollfeld am Amy Darja. Bild 27. Weizenfeld in der Hunger-Steppe/Usbekistan. Bild 28. Reisfelder im Ferghana-Tal. Bild 29. Aluminium-Werk in der Nähe von Duschanbe. Bild 30. Park mit dem neuen Präsidentenpalast im Hintergrund, Bild 31. Neues Kongresszentrum Taschkent, 2009. Duschanbe 2009. 90 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden
Bild 32. Neue Einfamilienhäuser in Taschkent. Bild 33. Wohnblöcke («Plattenbauten») in Taschkent. Bild 34. Experten-Team beobachtet die Räumung eines Ge- Bild 35. Kara-Kum-Kanal (bis 360 m3/s) in Turkmenistan. Man schiebe-Rückhalteraumes, Muminabad/Tadschikistan. beachte auf der Reliefkarte rechts (von rechts nach links – oben nach unten): Syr Darja mit Aydarkul/Arnasay-Senke; Aralsee; Amu Darja mit Delta; Sary-Kamysch-See; Kaspisches Meer, Ostküste; Kara-Kum-Kanal (Quelle: [1]). Bild 36. Zerstörungsbild eines Murgangs («Schlammlawine») Bild 37. Khirmandschu – Abfluss-Messstation am Pyandj, aus- in Khuroson/Tadschikistan (Quelle: DEZA – Humanitäre Hilfe ser Funktion, mit Blick nach Afghanistan. 2009). ist ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit ge- Literatur Klaus Pander. DuMont Kunstreiseführer. rückt, aber nicht nur deswegen. Wenn man [1] René Letolle und Monique Mainguet, 8. aktualisierte Auflage, DuMont Reisever- bedenkt, dass Tadschikistan eine weit über Der Aralsee, Eine ökologische Katastrophe, lag, Ostfildern 2010. 1000 Kilometer lange Grenze mit seinem Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1996, 6. «Aral: The history of a dying sea». Interna- südlichen Nachbarn Afghanistan teilt (Bild (Französisch Original 1993). tional Fund for Saving the Aral Sea, Execu- 37). Im Einzugsgebiet des Aralsees leben [2] Programme of concrete actions ….. in the tive Committee (EC IFAS), Dushanbe, Taji- heute rund 50 Millionen Menschen (Bild 38), Aral Sea Basin for the period of 2003–2010. kistan 2003. die Arbeit brauchen und welche die Über- International Fund for Saving the Aral Sea, [7] Regionalexpertise – Destabilisierungs- und gangs-Volkswirtschaften noch nicht in ge- Executive Committee (EC IFAS), Dushanbe, Konfliktpotenzial prognostizierter Um- nügendem Masse bereitstellen können. Tajikistan 2003. weltveränderungen in der Region Zentral- «Und die Zukunft? In einigen Jahr- [3] Die Seidenstrassen. Vom Lauf der Welt. asien bis 2020/2050. Ernst Giese, Jenniver zehnten wird das Problem Aralsee viel- du753, Zeitschrift für Kultur Nr.1, Februar Sehring, WBGU, Berlin 2007. leicht vergessen sein, wenn die Mensch- 2005. «du» Verlags AG, CH-8583 Sulgen, [8] Physical Oceanography of the Dying Aral heit insgesamt mit dem Anstieg der Welt- Schweiz. Sea. Peter Zavialov, Springer in associa- meere konfrontiert sein wird. Dies wird ein [4] The Journey of Maps and Images on the tion with Praxis Publishing Ltd, Chichester, ganz anderes Problem von ganz anderer Silk Road. Edited by Philippe Foret, Andreas UK 2005. Tragweite sein. Das Beispiel des Aralsees Kaplony. Koninklije Brill NV, Leiden, The Ne- [9] Conflict Transformation in Central Asia. Ir- aber muss ein Alarmsignal für die Bewah- therlands 2008. rigation disputes in the Ferghana Valley. rung des Planeten sein» [1] (Bild 39); Kas- [5] Zentralasien. Usbekistan, Kirgistan, Ta- Christine Bichsel, Central Asian Studies, ten 7. dschikistan, Turkmenistan, Kasachstan. Routledge, Great Britain 2009. «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden 91
Kasten 6: Stabilität dank gerecht verteiltem Wasser – Ein DEZA-Projekt leistet Pionierarbeit. Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), gekürzt aus «Central Asia Briefing», November 2008. In Zentralasien wirkt das Fergana-Tal wie eine Oase. Die riesige Ebene, halb so gross wie die Schweiz und mit knapp zehn Millionen Einwohnern ein dicht besiedeltes Gebiet, ist eine bedeutende Kornkammer Zentralasiens. Zu Sowjetzeiten wurde in der Ebene ein riesiges Kanalnetz angelegt und die Verteilung des Wassers, das aus den Hochgebirgsketten darum herum stammt, neutral gesteuert, um die riesigen Baumwolle-Monokulturen zu bewässern. Mit dem Zerfall der Sowjetunion sind drei Staaten entstanden: Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan, die sich auf eine effektive Verteilung des Wassers einigen müssen. Das von der DEZA initiierte und finanzierte Projekt «Integrated Water Resource Ma- nagement in Ferghana Valley», das 2001 gestartet wurde, reorganisiert und verbessert das Wassermanagement, vorerst an drei Pilotkanälen in den drei Ländern sowie an zwei grenzüberschreitenden Flüssen. Dabei werden die verschiedenen Interessen über alle Hierarchien hinweg koordiniert und die interessierten Parteien einbezogen – bis hin zu den Kleinbauern. Das Projekt ist eng verbunden mit einem weiteren von der DEZA finanzierten Projekt, dem «Canal Automation Project», das die Automatisierung der Überwachung und der Wasserverteilung in den Kanälen zum Ziel hat. Die Projekte haben eine weit reichende Wirkung in der Region. Auf lokaler, bezirks- und nationaler Ebene hat es Entscheidungsträger für die Wasserproblematik sensi- bilisiert, und die Methoden und Erfahrungen aus den Projekten sind in die nationale Wasserpolitik eingeflossen und haben diese verbessert. Kasten 7: Hadscha Nasreddin – das Lächeln des Ostens (Bild 40; [10]) Wo und wann immer Hadscha Nasreddin auch auftauchte und mit einem Unbekannten ein Gespräch begann, zog sich sofort ein breites Lächeln über das Gesicht des Angesprochenen. Und das Lachen war so ansteckend, dass viele Menschen von allen Seiten herbeiströmten und man allenthalben den von vielen geliebten Namen rufen hörte: Hadscha Nasreddin. Nasreddin verfügte in seinem Testament Folgendes: «Wenn ich sterbe, begrabt mich mit dem Kopf nach unten.» «Was redest Du da, Hadscha? Wozu das denn?» «Wenn alles ganz schlimm und die Welt zu ihrem Ende kommt und sich dabei alles auf den Kopf stellt, so werde ich trotzdem in der richtigen Stellung liegen.» Bild 38. Sonnenuntergang über Taschkent (knapp 3 Mio. Einwohner). Bild 40. Hadscha Nasreddin – «Lächeln des Ostens». [10] Hadscha Nasreddin, Das berühmteste Lä- cheln des Ostens. Stiftung «Das Kultur- und Kunstforum Usbekistans». SAN’AT-Verlag, Taschkent, Usbekistan 2007. Anschrift der Verfasser Heinz W. Weiss, Basler & Hofmann AG CH-8133 Esslingen heinz.weiss@baslerhofmann.ch Daniel Ehrbar, Basler & Hofmann AG CH-8133 Esslingen daniel.ehrbar@baslerhofmann.ch Alexander W. Rogachev, Taschkent/Usbekistan alrogachev@mail.ru. Bild 39. Aralsee am Westufer (Quelle: Gidromet Usbekistan). 92 «Wasser Energie Luft» – 102. Jahrgang, 2010, Heft 2, CH-5401 Baden
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