Einsamkeit Themenschwerpunkt - connexia
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Inhaltsverzeichnis Editorial | 3 Alleine oder einsam? | 4 Betreuung und Pflege als Herausforderung in der Coronakrise | 5 Einsame Menschen verstehen und begleiten | 6 Interview mit Sepp Gröfler zum Thema „Einsamkeit“ | 10 Veranstaltungen | 12 Wandern in der Gruppe – ein Weg aus der Einsamkeit? | 14 Bewusst bewegt – statt ziemlich einsam | 16 Auf gute Nachbarschaft bauen | 17 Erfolgreiches Mittel gegen Einsamkeit – der betreute Mittagstisch | 18 SENIORENTANZ plus – zum ersten Mal in Vorarlberg | 20 Ich suche nicht – ich finde. | 21 „Bewusst gemacht“ – Unterschiedliche Sichtweisen | 22 Impressum und Vorschau | 23
Liebe Leserin, lieber Leser! Als wir uns im Herbst 2019 dazu entschlossen, in dieser Ausgabe das Thema Einsamkeit genauer zu beleuchten, hatten wir nicht die geringste Ah- nung, dass wir uns knapp ein halbes Jahr später in einer Situation sozialer Isolation befinden wer- den. Diese Pandemie zwingt uns, möglichst da- heim zu bleiben, soziale Kontakte zu meiden und schon sind wir alle mit dem Thema „allein sein und Einsamkeit“ konfrontiert. Nicht erst seit März wird Einsamkeit als neue Volkskrankheit gehandelt. In den USA hat sich der Anteil der Menschen, die unter Einsamkeit leiden, in den letzten 50 Jahren verdoppelt. Erhebungen in Österreich zeigen ähnliche Zahlen. In Großbri- tannien wurde bereits ein Ministerium für Einsam- keit ins Leben gerufen, das versucht, Menschen aus der Isolation und Anonymität zu holen. Somit haben wir gute Gründe, uns eingehend mit Fragen wie diesen auseinanderzusetzen: Wo liegt der Unterschied zwischen Einsamkeit und Allein- sein? Kann ein gewisses Maß an Einsamkeit auch gesund sein? Empfindet jeder Mensch das Gefühl des Alleinseins anders? Zur Erklärung: die Texte stammen alle aus der Zeit vor Corona und somit ist der eine oder andere Tipp gegen das Alleinsein im Moment nicht durchführbar – aber wir wissen, dass irgendwann wieder Normalität eintreten wird und wir können jetzt schon Pläne schmieden, was wir in der Zeit danach alles tun werden. Wir wünschen Ihnen eine gute Zeit und hoffen, dass Ihnen die Lektüre Spaß macht. Herzlichst, Ihr „daSein“ Redaktionsteam 3
Alleine oder einsam? so für wichtige Impulse für Gedächtnis, Sprache und Gefühlswelt. Natürlich ist es immer schwer zu beurteilen, was in einem anderen Menschen vorgeht, so gesehen gehört die Einsamkeit bis zu einem gewissen Grad zum Leben jedes Menschen. Gerade bei Menschen, die sich nicht oder nur eingeschränkt äußern können, ist die Validation ein Weg, diese Hürde zu umschiffen. Es ist eine Kommunikationsmethode, die auf der einfühlsamen Grundhaltung gegenüber desorientierten Menschen basiert. In der Vali- dation akzeptiert man die Wirklichkeit des Gegenübers – ein Zugang, der einer Einsamkeit entgegenwirken kann. Sehr gefährdet, sich alleingelassen und überfor- dert zu fühlen, sind allerdings pflegende Ange- Einsamkeit gilt als Risikofaktor für die Ent- hörige – je nachdem, wie sich ihr soziales Umfeld wicklung einer demenziellen Erkrankung. gestaltet und wie sehr sie auch bereit sind, Hilfe Das Empfinden von Einsamkeit ist nicht anzunehmen. Es könnte sogar sein, dass jemand, unbedingt von der Menge sozialer Kontakte der in einer demenziell veränderten Wirklich- abhängig. Viele Paare berichten von großer keit lebt, gar keine Einsamkeit (mehr) empfindet, Einsamkeit, etwa wenn sie sich nicht mehr während seine oder ihre Angehörigen, durch den viel zu sagen haben. Im Gegensatz dazu Pflegealltag isoliert, sich sehr einsam fühlen. erzeugt das selbstgewählte Alleinsein Nicht zufällig sind Burn-out und Depressionen keineswegs das Gefühl von Einsamkeit – sehr häufig im pflegenden Umfeld anzutreffen. zumindest nicht dauerhaft. Demenz ist eine Erkrankung, für die es ein gut funktionierendes soziales Netzwerk braucht, wie US-Forscher vom Rush University Medical Center auch das Bewusstsein, sich Erschöpfung und in Chicago belegen in einer im Jahr 2007 Isolation früh genug einzugestehen, und dem erschienenen Studie*, dass sich die Häufigkeit entgegenzuwirken. Einsamkeit ist also ein durch- einer demenziellen Erkrankung bei Personen, aus ernstzunehmendes Thema für die Gesundheit die an Einsamkeit leiden, verdoppelt. Eben- und sollte nicht einfach hingenommen werden. so erwiesen ist die schnellere Entwicklung der Krankheit bei fehlenden sozialen Kontakten. Das * Loneliness and Risk of Alzheimer Disease, Robert S. Wilson, ist nachvollziehbar, denn menschlicher Kontakt PhD; Kristin R. Krueger, PhD; Steven E. Arnold, MD; et al ist auch eine gesunde Art der Herausforderung, https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/ aktiviert verschiedene Gehirnareale, und sorgt fullarticle/482179 Daniela Egger, Aktion Demenz, Projektmanagement 4
Betreuung und Pflege als Herausforderung in der Coronakrise Seit Beginn der Coronakrise haben sich Die Vereine der Hauskrankenpflege sind nach die Herausforderungen im Pflege- und wie vor in vollem Umfang einsatzfähig. Es Betreuungsnetz fast täglich verändert. werden aber aufgrund der nötigen Schutz- Die Betreuung zu Hause durch die maßnahmen nur die nötigsten Pflegedienste 24-Stunden-Hilfe ist nach den Grenz- verrichtet. schließungen in manchen Fällen schwierig geworden, die ambulanten Dienste mussten Bei allen Schwierigkeiten bin ich beeindruckt, sich an die neuen Schutzvorschriften an- mit wie viel Anstrengung und Zusammenhalt passen und in den Pflegeheimen entstanden alle daran mitarbeiten, diese Krise zu meistern. besonders herausfordernde Situationen. Auch wenn wir noch länger die Auswirkungen Alle Pflegekräfte, aber auch die pflegenden dieser Pandemie spüren werden, bin ich opti- Angehörigen, gehen an die Grenzen ihrer mistisch, dass wir Stück für Stück wieder in Belastbarkeit und leisten Großartiges. ein „normales“ Leben zurückfinden werden. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle Bis dahin heißt es durchhalten, sich gegensei- ausdrücklich bedanken. tig unterstützen und zusammenzuhalten. Sehr bewährt hat sich das sogenannte Case- Herzlichen Dank an Sie alle, dass Sie so Management. Diese Servicestelle ist mitt- engagiert mitmachen. lerweile flächendeckend für alle Gemeinden des Landes eingerichtet. Hier bekommen die betroffenen Familien eine umfassende Infor- mation über das passende Leistungsangebot. Dabei wird die Unterstützung ganz individuell organisiert. Viel Engagement und Motivation haben wir auch bei den Mobilen Hilfsdiensten erlebt, auch dafür ein wirklich großes Dankeschön. Für die Dauer der Krise können die Dienste auch für mehrere Stunden bei gesenkten Ta- rifen in Anspruch genommen werden. Das ist vor allem eine Entlastung, wenn nun Angehö- rige vermehrt selbst pflegen oder Ausfälle bei der 24-Stunden-Betreuung kompensiert werden müssen. Aber auch bei personellen Engpässen in den Pflegeheimen sind Mitarbeitende der Mobilen Hilfsdienste ganz unkompliziert ein- gesprungen und tun das weiterhin. Landesrätin Katharina Wiesflecker 5
Einsame Menschen verstehen und begleiten Einsamkeit kann sich in vielen Armen gehalten, an der Haut gewärmt wird. Man Schattierungen zeigen. kann sagen, mit der Geburt zeichnet sich etwas Zum einen - Einsamkeit, die einfach zur ab, von dem das Leben auch weiter durchzogen Existenz des menschlichen Lebens gehört. wird. Ein Wechsel von Verbundenheit und auch Zum anderen - Einsamkeit, die das Maß notwendiger Einsamkeit. des Erträglichen übersteigen kann. Oder - gesuchte Formen von Einsamkeit, Damit wir Menschen uns mit Vertrauen und besser, gesuchtes „Alleinsein“. Liebesfähigkeit entwickeln können, brauchen wir Verbundenheit, Kontakt. Es ist wohl der Rhyth- Natürlich gibt es noch viele Formen von ver- mus des Lebens – Verbundenheit oder Bindung – deckter Einsamkeit. Z.B. zu lange abhängig in aber auch Trennung und notwendige Einsamkeit. einer unerträglichen Beziehung zu bleiben, weil Phasen von Einsamkeit sind oft auch schöpferi- das Trennen oder Loslassen Angst macht, oder sche Phasen. Ich gehe in unbekanntes Land, mit in einer Sucht hängen zu bleiben, um die Ein- mehr Autonomie. Man könnte sagen – Geburts- samkeit nicht zu spüren. Auf all das einzugehen prozesse gibt es mehrere im Leben. Geburtsphasen wäre jetzt zu viel, aber bei manchen Aspekten des Lebens verbunden mit Erfahrung von Ein- möchte ich mich vertiefen. samkeit und womöglich mit Entwicklung von ganz Neuem. Ich denke dabei auch an natürliche • Einsamkeit, die zur menschlichen Krisen des Lebens, in denen das Vertraute nicht Existenz gehört, mehr trägt und ich „hinaus“ muss. Das sind • Einsamkeit, die das Maß des Erträglichen Lebensübergänge, die wir alle durchmachen. übersteigen kann, und • Einsamkeit in Verbindung mit spiritueller Einsamkeitsunfähigkeit Erfahrung. Der Philosoph Odo Marquardt beklagt die zu- Um einsame Menschen zu verstehen, ist eines nehmende Einsamkeitsunfähigkeit unserer Ge- hilfreich – eigene Erfahrungen von Einsamkeit sellschaft und hat sogar ein Einsamkeitsplädoyer zu kennen. Sie trifft ja nicht nur die anderen, verfasst. Natürlich − Kontakt und Verbundenheit sondern ist tief verwoben mit der menschlichen ist ein Herzensanliegen im Leben, aber es braucht Existenz überhaupt. Das heißt – jeder und jede auch Einsamkeit, um zu wachsen, loszulassen erlebt Einsamkeit, nur das Ausmaß und die Tiefe und die Vergänglichkeit des Lebens zu begreifen. solcher Erfahrungen sind unterschiedlich. Was in der Erfahrung von Einsamkeit dazu kom- men kann – ich suche sie mir nicht, eher werde Gleich mit der Geburt beginnt es. Aus dem war- ich hineingeworfen. Die sog. Existenzphilosophen men, angenehmen Mutterschoß über die Wehen bezeichneten das als „Geworfenheit“. hinausgetrieben zu werden, in eine grelle und haltlose Weite fallen, von ein paar Händen auf- Es braucht diese „Geworfenheit“ in Neues, gefangen. Für das Baby ist die erste körperliche Fremdes, Unbekanntes. Erfahrung auf der Welt – Trennung! Leiblich Ein Loslösen aus Bindungen, aus Anpassung, erfahrene erste Einsamkeit – bis das Baby in den hinaus aus dem Komfort, hinein in ein neues Mag.a Barbara Knittel, Psychotherapeutin, Feldkirch 6
Erkennen und Denken, vielleicht hinein in einen bei Kurt Marti gefunden. Er war lange Jahre Pfar- Lebensentwurf, der nicht mehr so gemütlich, aber rer in Bern. Er ist als Dichter bekannt geworden. stimmig ist. Verbunden ist das oft mit Schmer- Im Februar 2017 ist er als 96-Jähriger gestorben zen, mit Widerstand, Zorn oder Trauer. Krank- und schreibt in seinem letzten Gedichtband: heit, Trennung und Scheidung, Verlust von Hei- mat, Erfahrung von Sterben, − womöglich schon „Heilige Vergänglichkeit, Spätsätze“ begleitet von geliebten Menschen und doch ganz • „Was ist schlimmer: abends allein ins Bett zu allein auf dem letzten Weg. kriechen oder morgens einsam zu erwachen?“ • „Still nagt Verzweiflung am Gemüt.“ Deshalb ist es so wichtig, Erfahrungen von Ein- • „Gewünscht wäre im Alter wahrscheinlich: samkeit nicht zu scheuen, sondern hineinzugehen, Heitere Resignation. Noch besser ist allerdings − wenn möglich hindurchzugehen. Ein Beispiel da- womöglich dankbare - Bejahung unserer für, dass in der Erfahrung von Einsamkeit auch Vergänglichkeit. Sie ist vom Schöpfer gewollt wesentliche Botschaften liegen können, habe ich und deshalb: heilige Vergänglichkeit.“ 7
In der Begleitung von einsamen Menschen ist Verletzungen unerträglich werden, also Trauma- es wichtig, unterscheiden zu lernen: Vermögen tisierungen geschehen, dann kann es schwierig sie es, den Weg zu gehen, bei dem – im Bild werden, sich mit Neugierde neue Lebensräume gesprochen – das Ende des Tunnels noch nicht zu erschließen. zu sehen ist, oder reichen die Kräfte nicht aus. Fragen helfen mir dabei: Keimt Neugierde auf? Menschen, die an den Folgen von schweren Ist trotz Erschöpfung eine Sammlung der Kräfte Traumatisierungen leiden, erleben oft diese quä- möglich? Im Bild der alten Schellackplatte, wo lende, schwer erträgliche Einsamkeit. In der Be- die Nadel an derselben Stelle hängen bleiben gleitung dieser Menschen ist es wirklich hilfreich, kann – bleiben diese einsamen Menschen im das zu erkennen und sie nicht zu beschwichtigen. Selben stecken, oder ist ein Ansatz von innerer Viel habe ich da von meinen Klientinnen und Beweglichkeit zu merken? Klienten gelernt, die oft verstummen, wenn es um ihre Einsamkeit geht. Die sich oft wie ein- Eine andere Seite von Einsamkeit: wenn zu gemauert in ihre Einsamkeit erleben. Manche viele Säulen der eigenen Existenz zerbrechen. bringen Erzählungen oder Gedichte mit, weil sich Um Ihnen dafür ein Beispiel zu bringen: in diesen Worten auch ihre eigenen Erfahrungen Die Philosophin Hannah Arendt, die als Jüdin im widerspiegeln, sie sich verstanden fühlen. Für 3. Reich in die USA flüchten musste, schreibt in sie – geliehene Worte. ihrem Essay „Wir Flüchtlinge“: Wir haben unser Zuhause und dann die Vertraut- Zum Beispiel bekam ich einmal ein Gedicht von heit des Alltags verloren. Wir haben unseren Beruf Ingeborg Bachmann in die Hand gedrückt, eben verloren und damit das Vertrauen eingebüßt, in von einer Dichterin, die von Krieg und Nachkriegs- dieser Welt irgendwie von Nutzen zu sein. Wir zeit gezeichnet, rastlos und einsam geworden war. haben unsere Sprache verloren und mit ihr die Natürlichkeit unserer Reaktionen, die Einfachheit Meine Zweifel, bitter und ungestillt, unserer Gebärden und den ungezwungenen Aus- versickern in den Abendtiefen. druck unserer Gefühle. Unsere Identität wechselt Müdigkeit singt an meinem Ohr, so häufig, dass keiner herausfinden kann, wer ich lausche ... wir eigentlich sind. [...] und das bedeutet den Das war doch gestern schon! Zusammenbruch unserer privaten Welt. Das kommt und geht doch wieder! (Hannah Arendt) Die Schlafwege kenn ich bis ins Sie findet Worte für etwas, das damals und jetzt süßeste Gefild. z.B. Flüchtlinge erleben. Sie drückt zugleich sehr Ich will dort nimmer gehen. eindrücklich aus, was passiert, wenn zu viele Noch weiß ich nicht, wo mir der Säulen menschlicher Existenz zusammenbre- dunkle See chen. Hannah Arendt selbst ist ihren Weg sehr die Qual vollendet. beeindruckend weitergegangen und doch hat die Ein Spiegel soll dort liegen, Einsamkeit für sie ein kaum erträgliches Ausmaß klar und dicht, angenommen. und will uns, funkelnd vor Schmerz, Wenn zu viele Säulen der menschlichen Existenz die Gründe zeigen. zugleich brechen oder körperliche und seelische (Ingeborg Bachmann, „Dem Abend gesagt“) 8
Dass Schmerzen funkeln können und dass so die „Kurz nach Martins Tod hatte ich Angst vor Lebensgründe gezeigt werden! Ein Spiegel soll Palm gehabt, die anders war, als die Angst, die dort liegen klar und dicht. Das klingt fast so, als ich früher vor ihm gehabt hatte. Nach Martins ob die Verfasserin aus einer Erstarrung aufge- Tod hatte ich Angst vor seinem Schmerz ... taucht ist und fast Unerträgliches spürt und in Der Schmerz hatte alles in ihm herausgewühlt, Worte bringt. So ein mitgebrachtes Gedicht kann was er nicht brauchen konnte, und das war so helfen Spuren zu suchen. Die Einsamkeit hat gut wie alles in Palm. nicht alles verschluckt, sondern auch da lassen sich Botschaften finden. Palm hatte über die Jahre einen Glauben in sich installiert, aber keiner konnte sicher sein, Was in meiner Arbeit mit Menschen wichtig ob dieser Glaube solide genug war für ununter- geworden ist, das ist - ihre Erfahrungen zu brochene Stunden in Palms stillem Haus, würdigen. und athletisch genug, um alles zu stemmen, Und zugleich mit ihnen unterscheiden zu ler- was nicht mehr da war.“ Mariana Leky nen. Ist diese Erfahrung „jetzt“, oder gehört sie in frühere Jahre? Das braucht viel Geduld, Die Menschen im Ort merken das und gehen zu orten – wo gehört die Einsamkeit hin? Erst sehr sorgfältig mit Palm und seiner Art zu dann wird es möglich, sich aus manchen Erstar- glauben um, aber klar ist ihnen auch, dass er rungen zu lösen und zu merken – nicht jedes mit dieser Art seine Einsamkeit stillt – „ist Alleinsein ist so schrecklich wie diese früheren dieser Glaube solide genug für ununterbrochene Erfahrungen. Das Alleinsein z.B. in der Natur, Stunden in Palms stillem Haus?“ mit Musik, in Stille – auszuprobieren, richtig zu üben. Wir nennen das im psychotherapeutischen Was gibt mir Halt? Wie schöpfe ich Vertrauen? Bereich: allein sein kann zum Trigger werden Wenn ich Menschen in einer therapeutischen für frühere schreckliche Erfahrungen. Deshalb Arbeit begleite, kommt das Thema – was gibt diese neue Übung. Zum anderen wird körper- mir Halt? Wie schöpfe ich Vertrauen? Ihr liche Bewegung wichtig. Nach einem Spazier- spiritueller Bereich klingt damit an. Meine gang anders gestimmt heimzukommen. Oder Aufgabe dabei ist – ihnen nichts ein- und Ausschau zu halten nach möglichen sozialen nichts auszureden – sondern zu horchen – wie Netzwerken. Aber das allein wäre jetzt ein große Defizite werden über den Glauben gestillt, eigenes Thema. wieweit ist das hilfreich, wieweit verhindert es Erfahrungen von Einsamkeit, in der sich auch Bei meinem Nachdenken zu Einsamkeit in Ver- eine innere Weite anbahnen kann. bindung mit spiritueller Erfahrung bin ich auf eine seltsame Geschichte gestoßen: Mariana Leky Wieder habe ich dabei Kurt Marti im Ohr – hat in ihrem Buch „Was man von hier aus sehen „Gott ist nie Ersatz, erst recht nicht für die kann“ (Dumont 2017) von Palm erzählt, der in lebenslange Geliebte“. Und danach spricht er einem Dorf wohnt, mit eigenartigen Mitbewoh- von der „Heiligen Vergänglichkeit“. nern, die aber untereinander gut in Verbindung sind. Palm ist Witwer, war ein gewalttätiger Da wird der Schmerz der Einsamkeit nicht Mann, alkoholabhängig. Als sein Sohn Martin bagatellisiert, aber ein „und““ wird für möglich bei einem schrecklichen Unfall sein Leben ver- gehalten. Einsamkeit „und“ Verbundenheit. liert, wird bei Palm vieles anders. 9
Interview mit Sepp Gröfler zum Thema „Einsamkeit“ einsamkeit 200 Stunden pro Jahr und sind im Schnitt 10 wennst nit kommst Jahre lang bei der Telefonseelsorge. Zwei Kolle- hüft koa zwinga gen sind seit Beginn dabei, also 38 Jahre lang! hüft nua s´wortn Welches sind die häufigsten Themen a schritt auf die zua eurer Anrufenden? und du verkriachst di Häufig rufen Menschen mit psychischen Belas- bist oft nit da tungen, mit Beziehungsthemen oder mit Themen aus dem sozialen Umfeld an. wenn i di brauch und nit zum loswerden Wie oft beschäftigt „Einsamkeit“ wennst oam übrig bist die Anrufenden? Einsamkeit wird kaum als vorrangiges Thema Quelle: Gedichtband Sepp Gröfler angegeben, wird aber in zweiter Linie bei ca. „sich aufmachen…“ Jänner 2020 20 Prozent der Anrufenden genannt. Häufig melden sich Leute wegen körperlicher Beschwer- Sepp Gröfler, Leiter der Telefonseelsorge Vorarl- den, als Kernproblem stellt sich aber die Einsamkeit berg, ist Jahrgang 1961, Sozial- und Sexualpä- heraus. Sie ist nicht sichtbar und oft schambesetzt, dagoge, Familien- und Gruppenarbeiter. Er ist man fühlt sich unwichtig oder nicht wertvoll. verheiratet, hat drei Kinder und ein Enkelkind. Ältere Menschen entschuldigen sich teilweise, wegen so einer Lappalie wie Einsamkeit anzuru- Du leitest seit genau 20 Jahren die Telefon- fen. Es ist ein Tabu, das niemand gerne zugibt. seelsorge, was sind deine Aufgaben? Ich führe die Geschäfte und leite zusammen mit Welche Personen- und welche Altersgruppen meiner Stellvertreterin, Barbara Moser-Natter, betrifft das Thema? ein Team von 93 ehrenamtlichen Mitarbeitenden. Einsamkeit zieht sich durch alle Altersgruppen, Meine Aufgaben sind abwechslungsreich und häuft sich aber im Alter. Es reduziert sich die vielseitig. Ich organisiere Aus- und Fortbildungen, Mobilität, Kinder gründen eigene Familien, sowie Feste und Feiern, bin Ansprechpartner für Freunde versterben, das fehlende Umfeld isoliert. die Mitarbeitenden, kümmere mich um Öffent- Häufig betroffen sind Männer nach Trennungen lichkeits- und Vernetzungsarbeit. Zusammen sind und junge Menschen, die sich im Trubel mit wir sozusagen Mädchen für alles (vom Krisenge- Problemen allein gelassen fühlen. spräch bis zum Einkauf von Obst und Schokolade). Ich vertrete die Telefonseelsorge nach außen, die Erkennt ihr die Ursache der Einsamkeit? Mitarbeitenden bleiben anonym. Es gibt sehr unterschiedliche Ursachen und Fak- toren, die Einsamkeit fördern. Es gibt persönliche Was magst du an deiner Arbeit? Faktoren: es fällt Menschen schwer, auf andere Die Zusammenarbeit mit unserem Team von zuzugehen, sie können nicht zuhören oder haben Ehrenamtlichen. Sie sind hoch motiviert, bringen nicht gelernt, über ihre Angelegenheiten zu eine gute Form der Selbstorganisation ein, sie sprechen oder Wünsche und Gefühle zu formu- denken und helfen mit, damit die gemeinsame lieren. Auch aus einer Depression heraus kann Aufgabe gelingt. Ich erfahre sehr viel Wertschät- man in die Einsamkeit rutschen und seine zung durch meine Mitarbeitenden, aber auch von Kontakte verlieren. Unser Perfektionsanspruch außen. Diese gebührt aber eigentlich dem Team. steht uns im Weg, teils sehr erfolgreiche Men- Die Mitarbeitenden arbeiten durchschnittlich schen sprechen nicht über sich oder ihre Pro- 10
bleme und fühlen sich unter vielen Menschen benennen was jemand gut macht, loben …, einsam und alleine gelassen. Andere Faktoren dann kommt auch viel zurück! Immer hilfreich wie z.B. ungünstige Architektur (fehlende im Kontakt ist eine gesunde Portion Humor. Gemeinschafts- oder Begegnungsräume ...), finanzielle Faktoren: jemand kann es sich nicht Was können pflegende Angehörige tun, leisten, an Theater, Ausflügen, Urlaubsfahrten um nicht zu vereinsamen? teilzunehmen, oder kann nicht ins Kaffeehaus Als Angehöriger sollte man sich nicht selbst auf- gehen. Manche Lebensumstände fördern Ein- geben. Wichtig ist zu spüren, was brauche ich, samkeit, wie z.B. Single-Dasein, Kinderlosigkeit, was gibt mir Kraft, was macht mir Spaß – diese oder beruflich sehr eingespannte Menschen, die Dinge beibehalten, nicht aufgeben! Es gibt viele versäumen, Freundschaften zu pflegen. In den Angebote der Entlastung, diese sollen genutzt Bereichen des Wohnbaues, oder der wirtschaft- werden. Das ist eine Holschuld der Angehörigen, lichen und sozialen Sicherheit, … ist auch die sie sollen aktiv bleiben und Angebote, am besten Politik gefordert, Lebenssituationen für einsame themenfremde, in Anspruch nehmen. Selbstauf- Menschen zu verbessern. gabe nützt niemandem etwas. Man hat nicht für alles Verantwortung, man darf etwas davon Was ist die Folge von Einsamkeit? abgeben. Hilfe annehmen ist nicht leicht, aber Einsamkeit macht krank und kann schlussendlich man darf sich auch um sich selbst kümmern, sogar der Grund für einen Suizid sein. Wichtig nicht nur um die Patientin, den Patienten in der wäre, dass das Problem enttabuisiert wird. Ein- Familie. Und es ist gut, sich beschenken zu lassen. samkeit darf sein, es sollte eine Normalisierung stattfinden. Fast jeder Mensch kennt das Gefühl. Darf ich eine persönliche Frage stellen? Einsamkeit kann auch frei gewählt werden und Kennst du das Gefühl der Einsamkeit? als positiv empfunden werden, man darf sich Ja, ich kenne das Gefühl gut. Ich suche häufig manchmal auch zurückziehen. das Alleinesein, das ist für mich eine Kraftquelle, ich kann dann Kreativität entwickeln. Auch Lan- Was ratet ihr euren Anrufenden, geweile kann ich auskosten und dann zur Kraft wenn sie über Einsamkeit klagen? für Aktivität werden lassen. In der Einsamkeit Der erste Schritt ist, sich bewusstwerden und komme ich gut in Kontakt zu mir selbst. Aber sich eingestehen, dass man sich einsam fühlt. es darf nicht zu lange andauern, dann wird es Daraus entsteht ein Veränderungswunsch. Wir bedrohlich, wird es schwierig, aus mir heraus zu regen die Menschen zum Nachdenken an, in dem können. Dann ist es auch keine selbstbestimmte wir Fragen stellen: Wofür „brennen“ sie? Ist es Einsamkeit mehr. Ich kenne den depressiven ihr Garten, Briefmarken oder Sport … wo finden Anteil der Einsamkeit, von Phasen, in denen sie Gleichgesinnte? Was sind ihre Stärken, was ich mitten unter Menschen bin und mich nicht kann ihr Beitrag sein, um in Kontakt zu kom- mitteilen kann. Man schneidet sich selbst ab, men, was mögen sie an sich selbst? kann sich nicht anvertrauen. Manchmal schaffe ich selbst den Weg zurück, manchmal holt mich Mich selbst zu mögen ist Voraussetzung, dass meine Familie heraus. Aus dem Alleinesein her- auch andere Menschen mich mögen. Man kann aus kann ich gut Menschen kennenlernen, da ich den Kontakt zu Menschen üben, neugierig sein, dann offen bin für andere. Finde deinen eigenen Smalltalk ist hilfreich, um in Beziehung zu Weg und achte auf eine gute Balance. kommen. Man kann sich einfach bedanken, ein Kompliment machen – im Sinne einer wert- Danke für das Gespräch. schätzenden Rückmeldung, aufmerksam sein, Das Gespräch führte Luise Hämmerle. 11
Veranstaltungen Mo 14. September 2020 Mo 5. Oktober 2020 Finanzierung von häuslicher Pflege Innehalten - vom Wert der Langsamkeit und Heimaufenthalt und der Pausen Manfred Lackner | 19 Uhr | Seniorenheim Dr. Franz Josef Köb | 19 Uhr | Sozialsprengel Wolfurt, Gartenstraße 1 | freiwillige Spende | Rheindelta, Franz-Reiter-Straße 12, Höchst | Veranstalter: connexia Eintritt: € 5 | Veranstalter: connexia Mo 14. September 2020 Mi 7. Oktober 2020 Heimische Blütenessenzen - liebevolle Hilfe Die heilende Kraft der Gedanken aus der Natur Clemens Maria Mohr | 19.45 Uhr | Pfarrsaal Bertram Sonderegger | 19 Uhr | Rathaus Thüringen, Sägawinkl 14 | Eintritt: € 5 | Lauterach, Hofsteigstraße 2a | Eintritt: € 5 | Veranstalter: connexia Veranstalter: connexia Do 8. Oktober 2020 Di 22. September 2020 Mit Resilienz erfolgreicher durchs Leben gehen Gehör als Integrationsfaktor Christian Singer | 19.30 Uhr | Betreutes Prim. Dr. Wolfgang Elsäßer | 18 bis 19.30 Uhr | Wohnen Mäder, Bühl 3 | Freier Eintritt | Ort und Anmeldung: Lebensraum Bregenz, Veranstalter: connexia Clemens-Holzmeister-Gasse 2, Bregenz, T 05574-52700 | Freier Eintritt | Veranstalter: Di 13. Oktober 2020 Bildungshaus Batschuns Wir brauchen ein neues Bild des Alterns Dr. Franz Josef Köb | 18.30 bis 20.30 Uhr | Di 29. September 2020 Anmeldung: Amt der Stadt Dornbirn, Soziales, So viel Unterstützung wie notwendig - von Pflege und Senioren: E isabel.benzer@dornbirn.at | der Kunst, das richtige Maß zu finden Ort: Treffpunkt an der Ach | Freier Eintritt | Barbara Bischof-Gantner | 18.30 Uhr | Im Veranstalter: Bildungshaus Batschuns Schützengarten, Lustenaus Treffpunkt für Gesundheit und Soziales, Schützengartenstr. 8 | Freier Eintritt | Veranstalter: connexia 12
Do 15. Oktober 2020 Di 3. November 2020 Finanzierung von Betreuung und Pflege Nutzen von Krebsvorsorge und Nutzen und Peter Hämmerle, Amt der Vorarlberger Landes- Schaden von Krebsfrüherkennung regierung | Martin Mähr, BH Feldkirch | Dr. Hans Concin | 19 Uhr | Sozialzentrum Bürs, 19 bis 20.30 Uhr | Information und Ort: Judavollastraße 3a | Eintritt: € 5 | Veranstalter: Feldkirch, Haus Nofels, Senioren-Betreuung connexia Feldkirch: T +43 (0)5522 3422-6882 | Freier Eintritt | Veranstalter: Bildungshaus Batschuns Do 5. November 2020 Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Do 15. Oktober 2020 Grundzüge der Erwachsenenvertretung „Futter fürs Hirn“ - Gedächtnistraining Dr. Bertram Metzler | 20 Uhr | Vereinehaus An- und Bewegung delsbuch, Hof 720 | Eintritt: € 5 | Veranstalter: Isabelle Naumann | 20 Uhr | Kulturraum connexia Lingenau, Hof 15 | Eintritt: € 5 | Veranstalter: connexia Mo 9. November 2020 Menschen mit Demenz betreuen/pflegen – Mo 19. Oktober 2020 als Angehörige selbst im Lot bleiben Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung Sonja Schiff, MA | 18.30 bis 20 Uhr | Anmel- Sylvia Rickmann | 19 Uhr | SeneCura Sozialzen- dung: Amt der Stadt Dornbirn, Soziales, Pflege trum Hohenems, Angelika-Kauffmann-Straße 6 | und Senioren, E isabel.benzer@dornbirn.at | Freier Eintritt | Veranstalter: connexia Ort: Treffpunkt an der Ach | Freier Eintritt | Veranstalter: Bildungshaus Batschuns Mi 21. Oktober 2020 Gesunde Grenzen einfordern – ein freies Nein! Di 17. November 2020 Mag.a Sabine Fleisch | 18 bis 19.30 Uhr | An- Braucht es Vertretung? meldung: Stelle Mitanand, T +43 (0)5 1755 547 | Vorsorgevollmacht, gewählte, gerichtliche und Ort: Sozialzentrum Rankweil, Haus Klosterreben, gesetzliche Erwachsenenvertretung Klosterreben 4 | Freier Eintritt | Veranstalter: Mag. Günther Nägele | 18.30 Uhr | Im Schützen- Bildungshaus Batschuns garten, Lustenaus Treffpunkt für Gesundheit und Soziales, Schützengartenstraße 8 | Do 22. Oktober 2020 Freier Eintritt | Veranstalter: connexia Futter fürs Hirn Isabelle Naumann | 18 bis 19.30 Uhr | Freier Di 17. November 2020 Eintritt | in Kooperation mit: Rund um die Pflege Die leisen Kräfte, die uns tragen daheim | Anmeldung, Ort und Veranstalter: Elmar Simma | 19.30 Uhr | Sozialzentrum Bildungshaus Batschuns St. Vinerius, Sonnenbergstraße 1, Nüziders | Eintritt: € 5 | Veranstalter: connexia Mi 28. Oktober 2020 Demenz verstehen Do 19. November 2020 Dipl.-Theol., BPhil Christian Müller-Hergl | Demenz - jeder kann etwas tun 19 bis 20.30 Uhr | Information und Ort: Dr. Josef Bachmann | 19.30 Uhr | Haus der Feldkirch, Haus Nofels, Senioren-Betreuung Generationen, Schulgasse 5, Götzis | Feldkirch: T +43 (0)5522 3422-6882 | Freier Freier Eintritt | Veranstalter: connexia Eintritt | Veranstalter: Bildungshaus Batschuns 13
Wandern in der ein Weg aus der Gruppe – Einsamkeit? Do 19. November 2020 Gehst du noch oder rennst du schon? Christiane Huber-Hackspiel | 19 Uhr | Casino Kleinwalsertal, Walserstraße 131, Riezlern | Freiwillige Spenden | Veranstalter: connexia Di 24. November 2020 Umgang mit herausfordernden Situationen für pflegende Angehörige | Vortrag und Workshop Antje Schindler | 14 bis 21 Uhr | Freier Eintritt | in Kooperation mit: Rund um die Pflege daheim, Plattform gegen Gewalt und Bundeskanzleramt Abt. Kinder- und Jugendhilfe | Anmeldung, Ort und Veranstalter: Bildungshaus Batschuns Regelmäßige Veranstaltungen Ein düsterer Tag - graue Stimmung! Du Gesprächsgruppen für betreuende schaust aus dem Fenster und überlegst, was und pflegende Angehörige du tun kannst. Es gäbe genug kleine Din- Die Gesprächsgruppen finden an mehreren Orten ge, die eigentlich erledigt werden müssten, Vorarlbergs statt. Nähere Informationen finden aber irgendwie hast du keine rechte Lust Sie auf der Homepage: www.bildungshaus- dazu. Es ruft auch niemand an; die Kinder batschuns.at oder unter T +43 (0)5522 44290-23 sind berufstätig, die Nachbarin ist verreist. Du bist allein. Alles ist so öde ... Fängt so TANDEM die Einsamkeit an? Begleitung von Kleingruppen, Familien, Einzelberatungen für Angehörige von Menschen Der Mensch ist ein soziales Wesen. Hast du schon mit Demenz. Information: Christiane Massimo, einmal bemerkt, wie schon kleine Kinder im Wä- DGKPin | M +43 (0)664 3813047 | E christiane. gelchen aufeinander zustreben? Falls wir nicht massimo@bhba.at | Veranstalter: Bildungshaus zum Einsiedler geboren sind, brauchen wir die Batschuns menschliche Gesellschaft. Psyche und Bewegung hängen eng zusammen. Wir brauchen beides: Trauercafés körperlichen Einsatz und Gemeinschaft. Hospiz Vorarlberg berät und begleitet Trauernde. Trauercafés finden regelmäßig in Lochau, Dorn- Einsamkeit lässt sich mit einem Trichter ver- birn, Rankweil, Krumbach, Bludenz und Riezlern gleichen. Je tiefer man hinein gerät, desto statt. Zusätzlich bieten unsere Hospizteams schwieriger wird es, wieder herauszukommen. in den Regionen individuelle Beratung und Begleitung für Trauernde an. Information und Veranstalter: Hospiz Vorarlberg 14
schief angeschaut, wenn ich zu langsam gehe? Habe ich die richtige Ausrüstung? Nur Mut! Su- che deine Bergschuhe hervor, packe Regenschutz und ein wenig Proviant zusammen und komm zum angegebenen Treffpunkt! Umkehren kannst du immer noch. Am Bahnhof trifft sich eine muntere Gruppe. Man macht sich bekannt, und – siehe da! – es gibt sogar zwei oder drei bekannte Gesichter. Beim Losgehen merkst du rasch: Das Gehtempo ist gar nicht so schnell wie befürchtet. An flacheren Wegstücken bleibt sogar Zeit für einen kleinen Gedankenaustausch und Späße. Aber dann wird es steil, der Atem wird kurz, du bleibst zurück. Rümpft dann jemand die Nase wegen deines Gehtempos? Nein, es finden sich sogar ein paar, die auch ganz gerne lang- samer gehen. Gibt es Auswege? – Viele Vereine bieten Akti- vitäten an: Vorträge, Gymnastik, auch Tanzen. Bald kommt die Teepause. Das allererste Fremd- Man käme unter Leute, kann Kontakte knüp- sein und die Startängste sind schon überwunden. fen. In Alpenvereinen und manchen Gemeinden Es geht ja! Am Wegrand liegt welkes Laub in gibt es Wandergruppen. Die Bewegung in Ge- bunten Farben; der gezackte Nadelwald hebt sich sellschaft und in der Natur ist eine der besten von einem grauen Horizont ab; es gibt sogar ein Möglichkeiten, aus der Sackgasse der Isolation paar Sonnenstrahlen und einen Fernblick auf die herauszukommen. Frische Luft und Naturerleb- Schweizer Berge. Alltagssorgen werden klein. Du nisse schaffen Abwechslung und Anregung. Viele genießt die frische, würzige Luft und die muntere Freundschaften sind auf gemeinsamen Wegen Gesellschaft. Man lacht und neckt sich kamerad- schon entstanden. schaftlich, weist auf kleine Besonderheiten des Weges hin. Zurück zum grauen Nachmittag. Du bist also al- lein und überlegst. Plötzlich fallen dir Freunde Schließlich ist das Ziel erreicht, es gibt einen ein, die dich schon vor längerer Zeit eingeladen fröhlichen Ausklang im Gasthaus. Nun gestehst haben, bei ihrer Wandergruppe mitzugehen. Oder du dir ein, dass du ganz froh bist, ausruhen du bist beim Vereinsschaukasten vorbeigekom- zu können. Das Essen schmeckt, eine wohlige men, hast Bilder und Wanderausschreibungen ge- Müdigkeit und Zufriedenheit erfüllt dich. Bist sehen. Aber dann kamen die Bedenken, Stolper- du nächste Woche wieder dabei? – Selbstver- steine, die du dir selbst in den Weg legst. Bin ich ständlich, gerne! Freude zu teilen ist eines vom genügend fit, passt das Wetter, werde ich nicht Schönsten, was uns das Leben schenkt. Dora Klapper, Alpenverein Bregenz 15
Bewusst bewegt – statt ziemlich einsam Ein Plädoyer für Tanz- und Bewegungs- traurige: Besonders für ältere Menschen ist es gruppen (im Kampf gegen die Einsamkeit) in unserer schnelllebigen Zeit meist schwierig, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Trotzdem Wir in Vorarlberg sind in der glücklichen hat jeder eine Eigenverantwortung, man muss Lage, dass es von den verschiedensten auch einmal seine Komfortzone verlassen, über Vereinen und Institutionen (meist durch den eigenen Schatten springen, den Kontakt zu Ehrenamtliche) ein breitgefächertes Mitmenschen suchen. Manchmal braucht es auch Bewegungsangebot für Seniorinnen Menschen, die, wenn sie eine drohende Verein- und Senioren gibt, sei es Tanz, Pilates, samung bemerken, der betroffenen Person gut Sitzgymnastik, Turngruppen, Osteo- zureden und sie auf die verschiedenen Möglich- poroseturnen, u.v.m. keiten des Entgegenwirkens aufmerksam machen. Gerade diese Bewegung stellt eine der drei von Wie wirken die Bewegungsgruppen nun der Sicheres Vorarlberg empfohlenen Säulen zur Einsamkeit entgegen? Sturzprävention dar. Sie fördert Kraft, Mobilität Wie erwähnt ist es äußerst wichtig, sich selbst und Beweglichkeit und ermöglicht vielfach ein etwas Gutes zu tun, aus dem Haus zu gehen, mit selbstbestimmtes Leben. Was aber haben jetzt Menschen mit denselben Interessen Kontakte zu diese Bewegungsangebote mit der Einsamkeit knüpfen. Genau das findet alles in den Tanz- zu tun? Jede, jeder von uns hat sicher im Le- und Bewegungsgruppen statt: Einerseits tut man ben schon Einsamkeit erfahren, sei es als Kind, etwas für das körperliche, andererseits aber auch wenn Mitschülerinnen oder Mitschüler uns ge- für das psychische Wohlergehen. Man verbringt hänselt haben, als Erwachsene im Berufsleben, Zeit mit Gleichgesinnten, hält ein Schwätzchen, vielleicht in einer Beziehung, in der wir uns sitzt gemütlich nach dem Turnen beisammen und nichts mehr zu sagen hatten, oder aber wenn kann sich wohlfühlen. die geliebte Partnerin, der geliebte Partner stirbt und man plötzlich alleine zurückbleibt. Solche Fixpunkte im Alltag, der kleine Tapeten- wechsel zwischendurch stellen oftmals den Dabei muss man zwischen Einsamkeit und Höhepunkt der Woche für ältere Menschen dar. Alleinsein unterscheiden. Bewusst Zeit mit Menschen auf derselben • Alleinsein wird nicht unbedingt als drückend Wellenlänge zu verbringen und sich dabei noch empfunden, im Gegenteil, man genießt Ruhe körperlich zu betätigen ist Balsam für unsere und Stille sogar manchmal bewusst. Seele. Machen Sie sich auf, werden Sie aktiv und • Einsamkeitt hingegen bedrückt, sie lässt sich informieren Sie sich, welche Gruppe für Sie oder oft kaum ertragen, man erlebt sie unfreiwillig Ihre Angehörigen die passende ist und wirken Sie und allgegenwärtig. der Einsamkeit frühzeitig entgegen! Richtig glücklich und zufrieden ist der Mensch Mehr Informationen erhalten Sie bei: als „Rudeltier“ im Normalfall in Gesellschaft Sicheres Vorarlberg, T +43 (0)5572 54343, anderer. Hier ist die Realität aber leider oft eine E info@sicheresvorarlberg.at Mario Amann, MBA, Geschäftsführer Sicheres Vorarlberg 16
Auf gute Nachbarschaft bauen Einsamkeit wird zunehmend zu einem Herausforderung Einsamkeit großen Thema in unserer Gesellschaft. „Einsamkeit ist eine der großen Herausforde- Um dieser Herausforderung wirksam zu rungen unserer Gesellschaft, sie steigt in vielen begegnen, gewinnt eine aktive und Ländern. Einsamkeit ist keine Krankheit, aber sorgetragende Nachbarschaft an Bedeu- sie macht krank“, sagt Ingrid Böhler, Fachbe- tung. Das Projekt LE.NA – Lebendige reichsleiterin der PfarrCaritas. Im Gegensatz Nachbarschaft – der Caritas Vorarlberg zum Alleinsein leidet man unter der Einsam- will eine gute Basis schaffen, um den ge- keit. „Man sucht sich diesen Zustand nicht aus sellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. – eher im Gegenteil: Man wünscht sich mehr soziale Kontakte und Bindungen als man hat.“ Es ist still geworden in der großen Wohnung. Karls Kinder sind schon lange ausgezogen, seine Aufmerksam sein Frau vor drei Jahren verstorben. Die seltenen Doch zurück zu Karl. Für ihn hat sich eine gu- Besuche der Kinder und Enkelkinder bringen te Lösung gefunden. Karl und seine Nachbarin immer wieder Leben in den ansonsten ruhig haben eine Vereinbarung getroffen: Wenn bis gewordenen Alltag Karls. Doch er möchte sich 9 Uhr die Rollläden nicht hochgezogen sind, nicht beklagen. „Ich komme gut alleine zu- kommt sie vorbei und schaut, ob bei Karl alles recht“, so der Pensionist, „nur manchmal sind in Ordnung ist. „Das gibt mir die Sicherheit, die Tage sehr lang und mir fehlt der Kontakt zu die ich brauche“, freut sich Karl über diese anderen Menschen.“ Nachbarschaftshilfe. Inzwischen hat sich eine Kathrin Galehr-Nadler, Caritas Vorarlberg 17
Erfolgreiches Mittel – der betreute Mittagstisch Freundschaft zwischen Karl und seiner Nach- Einsamkeit – ein Thema, das viele ältere barin entwickelt. Die regelmäßigen Besuche Menschen ganz „schleichend“ betrifft. und die guten Gespräche sind für Karl zu einer Oft unbemerkt von den Angehörigen, großen Bereicherung geworden. so Angehörige noch vorhanden sind. Aufgrund der zunehmend eingeschränkten Kleine Gesten im Alltag Mobilität sind doch viele ältere Menschen „Oft reicht es schon, aufmerksam zu sein und geneigt, sich immer mehr vom „öffent- mit wachen Augen der Nachbarschaft zu be- lichen Leben“ – aus der Gesellschaft - gegnen“, schildert Ingrid Böhler. „Nicht jeder zurückzuziehen. Mensch hat das Glück, auf ein gut funktionie- rendes soziales Netz zurückgreifen zu können“, Ein probates Mittel dagegen ist der „Mittags- gibt sie zu bedenken. tisch“, der mittlerweile in den meisten Ge- meinden des Landes Einzug gehalten hat. In „Mit dem Projekt LE.NA versuchen wir, sorge- geselliger Runde Mittag zu essen, dabei Haus- tragende Nachbarschaft zu stärken und mannskost zu genießen, macht Spaß und bietet Initiativen umzusetzen, die die Gemeinschaft im Gelegenheit für so manches Schwätzchen, viel- Fokus haben.“ So nennt die Fachbereichsleiterin leicht auch für einen zünftigen Jass oder eine beispielsweise Begegnungstreffs wie das Café Schafkopfpartie. Jedenfalls eine willkommene LE.NA in Bludenz und in Rankweil-Paspels Abwechslung im Alltag. Viele Mittagstische oder den Treff für Alleinerziehende in Feldkirch- werden vom MOHI, dem Mobilen Hilfsdienst, Gisingen, mit denen Orte geschaffen wurden, organisiert, mit Abhol- und Bring-Service und die ein nachbarschaftliches Miteinander vor allem mit Betreuung. Eine MOHI-Helferin ermöglichen. Regelmäßig gibt es dort die kümmert sich um das Wohl der Gäste beim Möglichkeit zum gemütlichen Austausch. Mittagstisch. Zudem erhalten die Besucherinnen und Besu- Betreuter Mittagstisch in Thal bei Sulzberg: cher bei Bedarf auch einen niederschwelligen 30 Besucher bei 300 Einwohnern Zugang zu professionellen Hilfsangeboten. Thal gehört zur Gemeinde Sulzberg, liegt am „Uns ist außerdem wichtig, aus den LE.NA Fuße des „Sulzberges“, direkt an der Grenze zu Besucherinnen und Besuchern Teams aufzu- Deutschland und hat rund 300 Einwohner. Das bauen, die mit alleinstehenden Menschen ins alte Dorfgasthaus „Krone“, gleich neben der Gespräch kommen“, erläutert Ingrid Böhler. Kirche, wurde vom Selbsthilfeverein Thal vor „Denn in fast jeder Nachbarschaft gibt es 30 Jahren mit viel Eigeninitiative geschmack- Menschen wie Karl.“ voll renoviert und behutsam restauriert. Es ist der zentrale Treffpunkt des Dorfes und des Das Projekt LE.NA ist Teil der Initiative „Auf alle 14 Tage stattfindenden Mittagstisches. gesunde Nachbarschaft!“ des Fonds Gesundes Die „Krone“ – ein altehrwürdiges Dorfgasthaus Österreich. Mehr Informationen gibt es unter mit Charme und Ambiente, gepaart mit einer www.caritas-vorarlberg.at/lena exzellenten Küche. 18
gegen Einsamkeit Seit 9 Jahren ein Fixpunkt: alle 14 Tage Gesellschaft wider, so wie früher – als es eine der betreute Mittagstisch im Gasthaus Krone Selbstverständlichkeit war, dass mehrere Genera- in Thal tionen zusammen in einem Haus wohnten. Ungefähr 30 Personen besuchen den Mittags- Dass auch Seniorinnen und Senioren aus dem tisch. Somit nutzen 10 Prozent der Einwohner Nachbardorf jenseits der Grenze den Mittagstisch dieses Angebot, eine unglaublich hohe Akzep- besuchen, wird sehr geschätzt. Sie bringen Neu- tanz. Der Mittagstisch ist offen: Es ist jeder igkeiten „über die Grenze“ mit und beleben die herzlichst willkommen, egal ob alt ob jung, Gespräche. Es werden Erinnerungen aufgefrischt, ob Familie oder alleinstehend. Also nicht nur wie es mal war, als man zu Fuß unterwegs und Senioren! Es herrscht eine quirlige Atmosphäre, der Kontakt zum Nachbardorf über der Grenze gefüllt mit regem Gedankenaustausch und ganz natürlich war. Die Besucherinnen und spannenden Diskussionen. Gerade die Durchmi- Besucher des Mittagstisches sind an diesem schung der Generationen ist von unschätzbarem Donnerstag wieder mittendrin im gesellschaft- Wert und bereichernd: spiegelt sie doch unsere lichen Leben des Dorfes. Kitty Hertnagel, Einsatzleitung MOHI Sulzberg, Landesvorsitzende ARGE MOHI 19
Seniorentanz plus Der Bundesverband Seniorentanz Österreich SENIORENTANZ plus ist ein ganzheitliches hat zum ersten Mal die Ausbildung zur Aktivierungskonzept, t das vor allem in betreuten Tanzleiterin „SENIORENTANZ plus“ in Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheimen, Vorarlberg angeboten. Tagesheimstätten, in Seniorenclubs, in Selbsthilfe- gruppen, usw. Anwendung findet. Seniorentanz Vom 17. bis 23. November 2019 haben sich 13 „plus“ belebt alle Sinne. Tänze im Sitzen fördern Teilnehmerinnen im Pflegeheim Birkenwiese in die Beweglichkeit, regen zur Kommunikation Dornbirn getroffen, um an der ersten Woche an und rufen Erinnerungen wach. Sie beinhalten dieses Lehrgangs teilzunehmen. Zwei weitere gezielte Gedächtnisübungen und fördern die Lehrgangswochen folgen innerhalb von einein- Koordination. Sie heben das Wohlbefinden von halb Jahren (jeweils Sonntag bis Freitag). Der Körper, Geist und Seele. Lehrgang beinhaltet zusätzlich Praktika bei ausgebildeten Seniorentanzleiterinnen „plus“, „In dieser Woche erlernten wir Hintergrund- eine schriftliche Praxis- bzw. Hausarbeit, sowie wissen über Rhythmik und Musik. Wir bekamen eine Lehrprobe. Einblick in die Methodik und den Aufbau eines Stundenbildes und erforschten den Tanzschlüssel. Die Referentin Ursula Palfy und Co-Referentin Einen interessanten Nachmittag durften wir Pia Schlosser erarbeiteten mit Einfühlungsver- mit Dorit Wilhelm erleben. Unter dem Motto mögen, enormer Geduld und viel Humor haupt- »Sprachtraining« übermittelte sie speziell sächlich Tänze im Sitzen und Tänze am Sessel. Wissenswertes für uns als künftige Tanzleiter- Der Inhalt spannte sich von Thementänzen über innen über die Stimme und das Auftreten. Bewegungstänze mit Gesang bis zu Kommuni- Vieles durften wir in kleinen Gruppen erarbeiten kationstänzen und mehr. und in der großen Gruppe vortragen. Gabriele Wießner, Vorsitzende des Bundesverbandes Seniorentanz Österreich (Foto: Karl Hömstreit) 20
Ich suche nicht – ich finde. Die Aufgaben waren spannend, sie forderten uns und sie machten Freude. Dabei lernten wir einander näher kennen. Wir erlebten eine spannende und arbeitsreiche Woche mit viel Spaß und Humor. Jetzt gilt es Mittanzstunden zu erwerben, zu üben und uns der Praxisarbeit zu widmen. Ich freue mich jetzt schon auf die folgende Lehrgangseinheit im kommenden März.“ So schreibt Ulrike Rigo, eine Teilnehmerin dieser 1. Lehrgangswoche. In der zweiten Woche werden die Auszubil- denden das Gedächtnistraining kennenlernen. Es beinhaltet zahlreiche Anregungen, Rätsel, Übungen, Liedtexte …, um den Tänzerinnen und Tänzern diese Einheit SENIORENTANZ plus zu einem Erlebnis zu machen. Für bereits ausge- Suchen – das ist Ausgehen von alten Beständen bildete Tanzleiterinnen/Tanzleiter STÖ besteht und ein Finden-Wollen von bereits Bekanntem die Möglichkeit, in die 2. Lehrgangswoche in Neuem. Finden – das ist das völlig Neue! einzusteigen. Das Neue auch in der Bewegung. Alle Wege sind offen und was gefunden wird, ist unbekannt. Die zweite Ausbildungsrichtung des Bundesver- Es ist ein Wagnis, ein heiliges Abenteuer! bandes Seniorentanz Österreich ist „Tanzen ab der Lebensmitte“. Hier wird nach unserer ganz Die Ungewissheit solcher Wagnisse können speziellen Methode auszubildenden Tanzleite- eigentlich nur jene auf sich nehmen, die sich rinnen und Tanzleitern das Anleiten von Tänzen im Ungeborgenen geborgen wissen, die in die der verschiedensten Tanzarten gelehrt. Tänze- Ungewissheit, in die Führerlosigkeit geführt rinnen und Tänzer kommen damit rasch und werden, die sich im Dunkeln einem unsichtbaren motiviert zu Tanzvergnügen. Spaß und Freude Stern überlassen, die sich vom Ziele ziehen im geselligen Miteinander stehen dabei im Mit- lassen und nicht – menschlich beschränkt und telpunkt der Tanzeinheit, ganz nach dem Motto: eingeengt – das Ziel bestimmen. Bleib in Schwung, Tanz hält jung. Dieses Offensein für jede neue Erkenntnis im Wir freuen uns auf Sie! Bei Fragen stehen die Außen und Innen: Das ist das Wesenhafte des Geschäftsstellenleiterin Monika Ratzenberger, modernen Menschen, der in aller Angst des und ich, Gabriele Wießner, die Vorsitzende des Loslassens doch die Gnade des Gehaltenseins Bundesverbandes STÖ, gerne zur Verfügung. im Offenwerden neuer Möglichkeiten erfährt. Ein Blick auf unsere Homepage lohnt sich: www.tanzenabderlebensmitte.at Pablo Picasso 21
„Bewusst gemacht“ Unterschiedliche Sichtweisen Kürzlich war ich in einem Konzert. Beruf wir ausüben, welcher Religion oder welcher Nach dem Konzert sagte ein Bekannter: Partei wir angehören, welche Zeitungen und „Das Stück XY war das langweiligste.“ Bücher wir lesen und, und, und. Manchmal Am nächsten Tag stand ein Bericht über hängt die Tönung unserer „Brille“ von ganz dieses Konzert in der Zeitung. Und der banalen Dingen ab, etwa ob wir ausgeschlafen Kritiker schrieb: „Das Stück XY war der und satt oder müde und hungrig sind, ob wir Höhepunkt des Konzertes!“ ein Gläschen zu viel getrunken haben, ob Föhn, Nebel oder Vollmond ist usw. Diese kleine Begebenheit hat mir wieder einmal bewusst gemacht, wie unterschiedlich wir Ein- Deshalb sollten wir uns immer wieder bewusst und-dasselbe wahrnehmen, erleben und bewerten. machen: Wir leben nicht in derselben Welt, son- Beide – mein Bekannter und der Kritiker – haben dern in höchst unterschiedlichen Welten! Wir ein und dasselbe Konzert gehört, haben es nehmen Ein-und-dasselbe nicht nur graduell aber ganz unterschiedlich wahrgenommen und unterschiedlich, sondern oft völlig gegenteilig bewertet. wahr. Das hilft uns zu erkennen, wie sinnlos und unproduktiv es ist, darüber zu streiten, wer Recht Und das passiert laufend, jeden Tag ein paar Mal, hat mit seiner Sichtweise, mit seiner Meinung. nicht nur im Konzert, sondern gerade auch in Wie viele Konflikte, Streitereien und Kriege – im den großen Lebensbereichen Partnerschaft, Fa- Großen wie im Kleinen – kommen daher, weil milie und Beruf. Das ist uns meist aber nicht be- eine oder einer meint, alle anderen müssten die wusst. Im Gegenteil: Wir nehmen an, wir gehen Welt so sehen und das Leben so leben, wie sie davon aus, ja wir sind fest überzeugt: Jeder sieht oder er. Gerade im familiären Bereich – zwischen die Welt so, wie ich sie sehe. Auf jeden Fall die Partnern, zwischen Eltern und Kindern, zwi- Menschen, die mir nahe sind, müssen die Welt schen Eltern und Schwiegerkindern, zwischen doch genau so sehen wie ich! Welch ein Irrtum! Geschwistern – entstehen zahlreiche Konflikte, Denn wir können „die Welt“, „das Leben“, „die weil unterschiedliche Sichtweisen nicht aner- Wirklichkeit“ an sich gar nicht wahrnehmen, kannt, sondern bekämpft werden. sondern wir können sie nur wahrnehmen durch unsere höchst persönlich gefärbte „Brille“. Eine Das führt bis zum Beziehungsabbruch und dar- alte Weisheit sagt: „Wir sehen die Welt nicht so aus resultierender Einsamkeit. Die Ärztin, Se- wie sie ist, sondern so wie wir sind.“ Was und xualmedizinerin und Psychotherapeutin Dr.in wie wir mit unserer „Brille“ wahrnehmen kön- Elia Bragagna schreibt: „Vielen Paaren fällt es nen, das hängt von vielen Faktoren ab: ganz schwer, einander zuzuhören, andere Meinungen, stark von unseren Kindheitserfahrungen, ob wir Gefühle oder Bedürfnisse zu akzeptieren, den eine sichere, eine unsichere oder eine ambiva- anderen ausreden zu lassen, ihn nicht ständig lente Bindung erlebt haben, dann wie wir auf- zu unterbrechen oder ihm zu widersprechen, ihn gewachsen sind, ob wir traumatische Erlebnisse zu verurteilen und zu entwürdigen. Es wird ein hatten, ob wir arm oder reich sind, wo wir woh- ständiger Kampf, den anderen zu der eigenen nen, welche Schulen wir besucht haben, welchen Meinung zu bekehren. Dr. Franz Josef Köb 22
Um wie viel leichter wäre der Beziehungsalltag, wenn wir akzeptieren könnten, dass wir unter- schiedliche Individuen mit verschiedenen Bedürf- nissen, Sichtweisen und Biografien sind.“ Zumindest dreierlei tut not: 1. Statt Rechthaberei und Sturheit sollten wir uns in der Haltung der Toleranz üben und uns immer wieder sagen: Es ist normal und erlaubt, den Lauf der Welt anders zu sehen und in der Folge anders zu sein. Wer anders denkt und anders lebt, ist nicht bösartig oder krank, sondern einfach anders. 2. Empathie lernen, das heißt nicht die Bezie- hung abbrechen, sondern in Verbindung blei- ben, dem andern zuhören, sich hineindenken und hineinfühlen in den andern. 3. Wir müssten die Kunst üben, gute Kompro- misse zu schließen, das heißt lernen, wie man konstruktiv und wertschätzend miteinander umgeht, wie man eine Lösung finden kann, auch wenn man eine andere, ja eine gegen- sätzliche Sichtweise und Meinung hat. Impressum Vorschau Herzinsuffizienz Medieninhaber und Herausgeber connexia – Gesellschaft für Gesundheit und Pflege gem. GmbH, Bildungshaus Batschuns, mit Unterstützung der Vbg. Landesregierung Redaktionsteam Claudia Längle und Dietmar Illmer, connexia – Gesundheit und Pflege; Christiane Massimo, Bildungshaus Batschuns; Luise Medieninhaber Hämmerle; Nikolaus Blatter, PhD, Amt der Vbg. Landesregierung Redaktions- adresse connexia – Gesellschaft für Gesundheit und Pflege gem. GmbH, A 6900 Bregenz, Quellenstraße 16, T +43 (0)5574 48787-0, andrea.kratzer@ connexia.at Für den Inhalt verantwortlich Die Herausgeber Layout Martin Caldonazzi, Atelier für Grafik Design Satz Andrea Kratzer, connexia – Gesund- heit und Pflege Druck Hecht Druck, Hard Copyright Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Redaktionsteams Bildquellennachweis Nikolaus Walter, Feldkirch „daSein“ ist kostenlos und erscheint viermal im Jahr Bestellungen an die Redaktionsadresse Auflage 7.500 Stück Mit Unterstützung von Die Inhalte wurden gewissenhaft recherchiert, die Redaktion übernimmt jedoch keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. 23
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