Einsatz digitaler und analoger medien an ausserschulischen lernorten - Lorenz Kampschulte, Anje Ostermann, Felix Müller, Mathias Ropohl, Julia ...
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einsatz digitaler und analoger medien an ausserschulischen lernorten Lorenz Kampschulte, Anje Ostermann, Felix Müller, Mathias Ropohl, 1 Julia Schwanewedel, Hendrik Härtig, Anke Lindmeier
inhalt einleitung.................................................................................................................. 3 Das Projekt MiU Medieneinsatz charakterisieren Außerschulische Lernorte medieneinsatz an ausserschulischen lernorten................................................... 9 Funktionen der Medien Studienergebnisse medieneinsatz an der schnittstelle schule – ausserschulischer lernort.......... 14 Funktionen der Medien Studie Medienangebot, Studie Vor- und Nachbereitung einsatzbeispiel.......................................................................................................... 20 ausblick.................................................................................................................... 22 Weiterführende Literatur Impressum Titel: Einsatz digitaler und analoger Medien an außerschulischen Lernorten Autorinnen und Autoren: Lorenz Kampschulte, Anje Ostermann, Felix Müller, Mathias Ropohl, Julia Schwanewedel, Hendrik Härtig, Anke Lindmeier l.kampschulte@deutsches-museum.de Herausgeber: IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Olshausenstraße 62, 24118 Kiel • Postanschrift: IPN 24098 Kiel E-Mail / Web: info@leibniz-ipn.de, www.ipn.uni-kiel.de Vertreten durch das Direktorium: Prof. Dr. Olaf Köller, Geschäftsführender Wissenschaftlicher Direktor Bent Hinrichsen, Geschäftsführender Administrativer Direktor Prof. Dr. Ute Harms, Direktorin Prof. Dr. Aiso Heinze, Direktor Prof. Dr. Oliver Lüdtke, Direktor Prof. Dr. Knut Neumann, Direktor Prof. Dr. Ilka Parchmann, Direktorin Design / Gestalterisches Konzept: Emanuel Kaiser / IPN Lektorat: Beate von der Heydt ISBN: 978-3-89088-302-1
einleitung Im Bereich des außerschulischen Lernens gibt es in Deutschland eine unüber- schaubare Vielfalt von Angeboten – nicht nur Schülerlabore, Museen, Science Center, Zoos und Aquarien, auch viele Unternehmen, städtische Versorger, Ämter oder auch Bauernhöfe und Handwerksbetriebe bieten mehr oder weni- ger stark didaktisch aufbereitete außerschulische Lerngelegenheiten an. Dabei variieren nicht nur die Themen der Angebote, sondern auch die Formate er- heblich. Abgesehen von einigen wenigen größeren Anbietern sind die Angebo- te durchwegs sehr regional oder sogar lokal ausgerichtet, was einen systemati- schen Überblick weiter erschwert. Auch das Forschungsfeld zu außerschulischem Lernen ist heterogen – die Vielfalt erzeugt auch hier Schwierigkeiten in Bezug auf Vergleichbarkeit und systematische Erfassung. Im Rahmen des Projekts MiU sollte ein erster Über- blick über die an außerschulischen Lernorten in Deutschland eingesetzten Medien erreicht und deren Funktion charakterisiert werden. Ein Fokus lag auf der Schnittstelle zwischen dem schulischen und dem außerschulischen Lernort: Wie kann mithilfe von Medien die Schnittstelle gestaltet werden, sodass die verschiedenen Lernorte besser ineinandergreifen? Ziel dieser Broschüre ist es, einen praxisorientierten Überblick über den Me- dieneinsatz an außerschulischen Lernorten zu geben sowie die Rolle von Medien an der Schnittstelle Schule – außerschulischer Lernort näher zu be- leuchten. Klar umrissene Funktionsbeschreibungen sowie Beispiele für Medien und Einsätze bieten eine realitätsnahe Unterstützung für die Entwicklung oder Überprüfung der Angebote außerschulischer Lernorte. Wobei sich gerade für die Schnittstelle die Betrachtung von beiden Seiten lohnt – aus Sicht des außer- schulischen Lernorts und aus der Perspektive der Lehrkraft. Denn auch wenn die Forschung heterogen ist – eines zeigt sich deutlich: Ein nachhaltiger Erfolg bezüglich Motivation und Interesse, aber im Besonderen auch beim fachlichen Wissenserwerb der Schülerinnen und Schüler, kann nur erreicht werden, wenn die beiden Lernorte sinnvoll miteinander verknüpft werden. Hier können analoge und digitale Medien eine wichtige Rolle spielen. 3
Das Projekt MiU Die vorliegende Broschüre ist im Projekt „Medien im mathe- matisch-naturwissenschaftlichen Unterricht“ (MiU) entstanden. Anlass für das Projekt war 2016 die Befundlage zum Einsatz von Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unter- richt. Es lag seinerzeit eine Reihe von deskriptiven Befunden zur Verfügbarkeit von Medien in Schulen vor. Jedoch gab es keine Befunde zu den Funktionen, mit denen die Medien beim Lehren und Lernen eingesetzt wurden. Gerade hier wurde ein deutliches Desiderat gesehen, sowohl aus lehr-lern-theo- retischer als auch aus unterrichtspraktischer Perspektive. Im Rahmen von MiU wurde der Medieneinsatz zunächst auf einer Expertentagung aus theoretischer Perspektive reflektiert. Die Ergebnisse wurden in einem Tagungsband festgehalten. Ein Hauptdiskussionspunkt war, welche Funktionen Medien für das Lehren und Lernen im mathematisch-naturwissenschaft- lichen Unterricht einnehmen können. Dieser Fragestellung wurde für schulische und außerschulische Lernorte und auch für die Schnittstelle beider Lernorte in einer Befragung nachge- gangen. Die vorliegende Broschüre fasst zentrale Erkenntnisse mit Bezug auf außerschulischen Lernorten zusammen. Projektlaufzeit: 2016 bis 2019 Projektförderer: Joachim Herz Stiftung Ropohl, M., Lindmeier, A., Härtig, H., Kampschulte, L., Mühling, A. & Schwanewedel, J. (Hrsg.) (2018). Medieneinsatz im mathematisch- naturwissenschaftlichen Unterricht: Fachübergreifende Perspektiven auf zentrale Fragestellungen. Hamburg: Joachim Herz Stiftung Verlag. 4
Charakteristik des Medieneinsatzes Die Beschreibung des Medieneinsatzes im Unterricht und an außerschulischen Lernorten ist kein ganz einfaches Thema: Es gibt eine große Variationsbreite an Medien und Einsatzszena- rien. Angelehnt an die Unterrichtsforschung können jedoch meist Merkmale auf der Oberflächen- und Tiefenstrukturebene unterschieden werden (vgl. Kunter & Trautwein, 2013). Quer dazu liegt die Unterscheidung zwischen den Eigenschaften des Mediums und dem konkreten Medieneinsatz. Daraus ergibt sich eine Matrix mit 2x2 Feldern zur differenzierten Beschrei- bung eines Medieneinsatzes (vgl. Tabelle unten). Die Merkmale der Oberflächenstruktur sind schnell zugäng- lich und stecken die Rahmenbedingungen der Mediennutzung ab: Welches Medium wird verwendet? Wie wird der Einsatz methodisch realisiert? Die Merkmale der Tiefenstruktur beziehen sich stärker auf die Rolle des Medieneinsatzes für den intendierten Zweck: Wie passen die Funktionalitäten des Mediums zur Intention? Wie unterstützt der Einsatz die intendierten Zielsetzungen? Eigenschaft des Mediums Eigenschaft des Medieneinsatzes (Was?) (Wie?) Ober- (A) Welches Medium wird verwendet? (B) Wie wird der Einsatz methodisch realisiert? flächen- Æ Beschreibung des Mediums und seiner Æ Beschreibung des Medieneinsatzes und seiner struktur- Eigenschaften, beispielsweise Merkmale, beispielsweise • Welche Art von Medium ist es? (z. B. • Wer steuert das Medium? (z. B. Lehrkraft, Ler- merkmale gegenständliches Modell, Computersimu- nende) lation) • In welcher Sozialform wird es eingesetzt? (z. B. • Welche Eigenschaften hat es? (z. B. ana- Einzelarbeit, Gruppe) log – digital, Grad der Interaktionsmög- lichkeiten, statisch – dynamisch) • Gibt es limitierende Voraussetzungen in Bezug auf Arbeitsweisen? (z. B. kollaboratives Arbeiten) • Gibt es limitierende technische Aspekte? (z. B. Lizenzen) Tiefen- (C) Wie passen die Funktionalitäten des Me- (D) Wie unterstützt der Einsatz die intendierten Ziel- diums zur Intention? setzungen? struktur- merkmale Æ Beschreibung des fachlichen Gehalts eines Æ Beschreibung der Passung zwischen dem konkre- Mediums mit Bezug zum intendierten Zweck, ten Medieneinsatz und den Zielsetzungen, beispiels- beispielsweise weise • Können durch das Medium die Ziele in- • Warum ist diese Art des Einsatzes für den Zweck haltlich abgebildet werden? (z. B. Passung passend? einer Visualisierung, Anschlussfähigkeit an Schulunterricht) • Welche Unterstützungsmaßnahmen oder zusätz- liche Arbeitsaufträge eignen sich zur Differenzie- • Welche Funktionalitäten sollen konkret rung? genutzt werden oder könnten hinderlich sein? (z. B. Funktionsumfang, Usability) 5
Wenn man also über „den Medieneinsatz“ spricht, kann das sehr unterschiedliche Schwerpunkte haben, was zu Kommuni- kationsschwierigkeiten führen kann. Die oben gezeigte Matrix bietet sich als Strukturierungshilfe an, insbesondere wenn bei der Entwicklung eines mediengestützten Angebots viele Designentscheidungen getroffen werden müssen und deren Konsequenzen auf verschiedenen Ebenen abgewogen werden müssen. Für eine ausführlichere Beschreibung der vier Felder und ihres Zusammenwirkens sei auf Ropohl et al. (2018) ver- wiesen. Im folgenden Beispiel wird aufgezeigt, wie mithilfe der Matrix ein Medieneinsatz an einem außerschulischen Lernort differen- ziert beschrieben werden kann. Beispiel Medieneinsatz Das Deutsche Museum München bietet Schulklassen als Lernumgebung die tabletgestützte Führung „Energie Interaktiv“ durch die Ausstellungen Energietechnik und Kraftmaschinen an. Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre Kennt- nisse über das Grund- konzept der Energie, insbesondere über For- men, Umwandlung und Erhaltung von Energie, im Kontext historischer und aktueller Maschinen an- wenden. Tabletgestützte Führung „Energie Interaktiv“ im Deutschen Museum, Simulation der Funktionsweise eines Wasserrads. 6
Die Schülerinnen und Schüler erkunden die Ausstellungen in kleinen Gruppen und untersuchen ausgewählte Exponate mit einem Tablet-PC mithilfe von Fragen und Simulationen. Die Lernum- gebung konzentriert sich auf die verschiedenen Funktionen, Eigenschaften und Anwendungen von Maschinen, wobei der Schwerpunkt auf dem Grundkonzept der Energie liegt. Beispiels- weise simulieren die Schülerinnen und Schüler ein Wasserrad und können dabei verschiedene Parameter wie z. B. die Schaufelform und das Volumen des Zuflusses verändern, um den opti- malen Wirkungsgrad zu bestimmen. Eigenschaft des Mediums Eigenschaft des Medieneinsatzes (Was?) (Wie?) Ober- (A) Medienart (B) Methodische Merkmale des Medieneinsatzes flächen- Æ Einsatz von Simulationen auf Tablets: Æ Der Medieneinsatz ist an museumspädagogischen struktur- • digitales Medium Fragestellungen ausgerichtet: • Selbstregulationsunterstützung durch Strukturie- merkmale • grafische Umsetzung der Zusammenhänge rung des informellen Lernortes • dynamisch-manipulierbare Elemente • Kollaborationsunterstützung durch Kleingruppen (Touch, Drag & Drop) • Motivationsunterstützung durch wettbewerbs- artigen Charakter Tiefen- (C) Potenzial des Mediums vor dem fachlichen (D) Funktion des Medieneinsatzes im fachlichen Hintergrund Lernprozess struktur- merkmale Æ Themenbereich: Energie, fachliche Arbeits- Æ Tabletgestützte Führung insgesamt: weise Experimentieren • Verbindung der physikalischen Themen zum • verschiedene Energieformen und ihre Alltag sowie Einbettung in historischen Kontext, Quellen sowie deren Umwandlung um Relevanz zu erhöhen • Wirkungsgrad (qualitativ) • Spielerischer Zugang (Wettbewerb) führt zu vertiefter/andauernder Auseinandersetzung • hypothesengeleitetes Experimentieren, Anwendung der Variablenkontrollstrategie Æ Werkzeugfunktion der Simulationsmodelle: • anschlussfähig im Physikunterricht der • Veranschaulichung durch Nutzung eines Sek. I und Sek. II oder in integrierten vereinfachten Modells (didaktische Reduktion) MINT-Fächern • Experimentieren durch virtuelle Untersuchung und Analyse verschiedener Einflussfaktoren Die Führung ist als computergestützte Lernumgebung für die eigenständige Arbeit in Klein- gruppen konzipiert und strukturiert so das eigenständige Erkunden in der Ausstellung (Feld B). Durch die vorgegebene Führung innerhalb der App (auf Basis von Stationen, den dort gestell- ten Aufgaben sowie einem Zeitlimit) wird der Prozess dennoch soweit extern gesteuert, dass ein strukturierter Lernprozess möglich ist. Die Führung nutzt die bestehende Ausstellung zur Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen und eignet sich daher be- sonders zur Vertiefung naturwissenschaftlicher Konzepte. Die enge Verbindung zur Ausstellung führt zu einer stärkeren Bindung an den Alltag der Schülerinnen und Schüler sowie an den historischen Kontext der Energieerzeugung. Die verwendeten Simulationsmodelle haben Werk- zeugcharakter: Durch den Einsatz vereinfachter Modelle können die Schülerinnen und Schüler einerseits zentrale Einflussgrößen virtuell verändern und so Rückschlüsse auf die physikalischen Zusammenhänge ziehen, andererseits aber auch Schritte des Erwerbs wissenschaftlicher Er- kenntnisse anwenden, wie z. B. die Formulierung und Prüfung von Hypothesen am Modell (Feld C). 7
Außerschulische Lernorte Außerschulische Lernorte sind Orte, die außerhalb der Schule liegen und von Schülerinnen und Schülern im Klassenverband besucht werden. Sie verfolgen das Ziel, den schulischen Unterricht um zusätzliche Dimensionen zu erweitern: Steht in der Schule der Neuerwerb von Wissen im Vordergrund, so geht es an außerschulischen Lernorten eher um die Festigung und Integration bestehen- den Wissens. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Ausdifferenzierung und Vertiefung des Wissens (Falk & Dierking, 1998) bzw. auch auf der praktischen Anwendung in einer realitätsnahen Umgebung oder der Herstellung von All- tagsbezügen bzw. historischen Bezügen. So sollen Schülerinnen und Schüler dabei unterstützt werden, eigene (naturwissenschaftsbezogene) Einstellungen auszubilden und anschließend Entscheidungen evidenzbasiert treffen zu kön- nen (Schiepe-Tiska et al., 2013). Beim Besuch eines außerschulischen Lernorts steht aber nicht immer nur das Lernen selbst im Vordergrund, vielmehr geht es auch um das Besuchserlebnis selbst: Der Besuch und die Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten soll Spaß machen und damit Interesse für ein Thema wecken, was sich allgemeiner auf die Motivation, sich weiter mit naturwissen- schaftlichen Inhalten auseinanderzusetzen, auswirken soll. Die Vielfalt außerschulischer Lernorte ist gewaltig: Neben Schülerlaboren, Mu- seen, Science Centern und Zoos können auch Industriebetriebe, Bauernhöfe oder der Steinbruch zum Lernort werden. Die Angebote richten sich an unter- schiedliche Klassenstufen und haben verschiedene fachliche Schwerpunkte. Ähnlich vielfältig sind die Beweggründe, einen außerschulischen Lernort ein- zurichten und zu betreiben: Bei Museen ist es meist die traditionelle Bildungs- arbeit, die mit der Institution selbst verknüpft ist. In Industriebetrieben und an Universitäten dienen Programme des außerschulischen Lernens oft der Öffent- lichkeitsarbeit oder der Gewinnung von Nachwuchs für die jeweilige Institu- tion. Bei Universitäten kommt in den letzten Jahren verstärkt auch die Nutzung der Lernorte im Rahmen der Ausbildung von Studierenden, z. B. für ein Lehr- amt, zum Tragen. Aber auch politisch motivierte Förderprogramme treiben den Aufbau von Lernorten voran und tragen so dazu bei, die bunte Landschaft weiter zu vergrößern. 8
Medieneinsatz an ausserschulischen Lernorten Die Vielfalt der Medien, die an außerschulischen Lernorten eingesetzt werden, ist groß. Umfangreiche Computersimulationen, aufwändig gestaltete interaktive Modelle oder auch Messinstrumente aus der realen Forschung sollen tieferge- hende Einblicke in das jeweilige Thema ermöglichen. An den außerschulischen Lernorten können häufig auch spezifischere Medien angeschafft und unterhal- ten werden, während in der Schule eher universelle oder einfache, kostengüns- tige Medien zur Verfügung stehen. Einordnung der Funktionsbereiche der Medien in das Didaktische Dreieck, angepasst auf außerschulische Lernorte (nach Petko, 2014). Auch wenn die Vielfalt groß ist, letztendlich lassen sich je nach Intention fünf zentrale Funktionsbereiche unterscheiden (erstmals definiert für den Schulkon- text von Petko, 2014): Medien als Informations- und Präsentationsmittel, Me- dien zur Gestaltung von Lernaufgaben, Medien als Werkzeug und Arbeitsmit- tel, Medien zur Lernberatung und Kommunikation, Medien zur Prüfung und Beurteilung. Die Funktionen stehen jeweils im spezifischen Zusammenhang zum Lern-/Vermittlungsziel und zu den Besuchenden und den Vermittelnden (sog. didaktisches Dreieck). Petkos Modell lässt sich auch auf den Medien- einsatz an außerschulischen Lernorten übertragen. Im Folgenden werden die einzelnen Funktionsbereiche kurz erläutert. 9
Informations- und Präsentationsmittel Funktion: Präsentation von Inhalten oder Medium für Recher- che durch die Besucherinnen und Besucher Beispiel: Die Einführung ins Schülerlabor wird auf einem inter- aktiven Whiteboard präsentiert; Schülerinnen und Schüler lesen während eines Laborbesuchs ausgewählte wissenschaft- liche Veröffentlichungen, um die Ergebnisse ihres eigenen Ver- suchs mit echten wissenschaftlichen Daten abzugleichen. Typische Medien: Präsentationssoftware, Infotafeln, Guide-App Gestaltung von Lernaufgaben Funktion: Strukturierung des Lernens und Adaption der Inhalte an unterschiedliche Zielgruppen Beispiel: Im Schülerlabor arbeiten die Teilnehmenden mit einem Laufzettel, auf dem nicht nur die verschiedenen Statio- nen eingezeichnet sind, sondern auch die zentralen Erkennt- nisse jeder Station von ihnen selbst eintragen werden. Typische Medien: Arbeitsblätter, (digitale/analoge) Rallye Schülerlabor Nanotechnologie Laufzettel Name: _______________________________ Nr. Name des Frage Beobachtungen und Experiments Ideen 1 2 10 3 4
Werkzeug und Arbeitsmittel Funktion: Erstellen, Bearbeiten und Dokumentieren von Inhalten sowie Experimentieren, Simulieren und Modellieren von Vorgängen Beispiel: Während eines Museumsbesuchs dreht die Schul- klasse einen Film über die Ausstellung, um diesen später auf der Internetseite der Schule zu präsentieren. Typische Medien: Foto/Video-Kamera, Textverarbeitungs- software, Messgeräte Lernberatung und Kommunikation Funktion: Kommunikation der Teilnehmenden untereinander oder Unterstützung durch Mitarbeitende des Lernorts vor/ nach dem Besuch Beispiel: Bei einer Stadtrallye tauschen sich die einzelnen Schülergruppen mittels einer Messenger-App über den aktuellen Bearbeitungsstand aus. Typische Medien: Videokonferenz, Chats 11
Prüfung und Beurteilung Funktion: Überprüfen des aktuellen Leistungsstandes der Teilnehmenden (auch spielerisch z. B. durch ein Quiz) Beispiel: Zu Beginn eines Arbeitsblatts für einen Versuch im Schülerlabor finden sich einige Fragen zum richtigen Umgang mit den eingesetzten Gefahrstoffen. Typische Medien: Arbeitsblätter, digitales/analoges Quiz Kurztest Laborsicherheit Sicherheit im Labor ist wichtig! Kreuze die richtigen Lösungen an! 1. Welche Teile gehören zur persönlichen Schutzausrüstung, die hier im Labor getragen werden muss? £ Kittel £ Sonnenbrille £ Handschuhe £ Schutzbrille £ Gehörschutz £ Sicherheitsschuhe 2. Mit welchem Gefahrensymbol wird folgende Stoffeigenschaft bezeichnet? „Zerstört Metalle und verätzt Körpergewebe; schwere Augenschäden sind möglich“ £ £ £ £ 3. Welche Schutzmaßnahmen sind dabei zu beachten? £ Schutzbrille tragen £ Die Funktionen und Beispiele geben einen Überblick über die Einsatzbreite von Medien an außerschulischen Lernorten. Letztendlich kommt es aber auch hier immer auf eine gute Passung von zu vermittelndem Inhalt und gegebenen Rahmen- bedingungen an. Petko unterstreicht die Relevanz einer sinn- vollen Einbindung der Medien: „Denn Medieneinsatz an sich ist noch kein Element zur Förderung von Unterrichtsqualität. Erst wenn Medien gut gemacht sind und sinnvoll eingesetzt werden, […] ist ein Medieneinsatz im Unterricht wirklich sinn- voll.“ (Petko, 2014, S.117). Im Kern gilt dies auch für den Me- dieneinsatz an außerschulischen Lernorten und an der Schnitt- stelle Schule – außerschulischer Lernort. Auf Seite fünf haben wir Ihnen mit der 2x2 Matrix ein Hilfsmittel zur strukturierten Charakterisierung des Einsatzes von Medien vorgestellt. 12
Studie: Medieneinsatz an außerschulischen Lernorten (ASL) Leitende Forschungsfrage: Welche Medien werden an außerschulischen Lernorten mit welcher Funktion eingesetzt? In dieser Studie wurden die Angaben von 81 oder Karten ein, meist in mehreren Funktio- Lernorten analysiert. Dabei zeigt sich, dass nen (z. B. als Arbeitsanweisung für Versuche Medien an außerschulischen Lernorten be- und als Evaluationsbogen). Fast alle Lernorte sonders häufig als Informations- und Präsen- geben an, Messgeräte und/oder Werkzeuge tationsmedium eingesetzt werden (255 Nen- zur Datenanalyse bzw. Simulation einzu- nungen, d.h. im Schnitt setzt jeder Lernort setzen – was bei außerschulischen Lernorten drei verschiedene Medien für diese Funktion erwartungskonform ist. Ähnlich häufig werden ein, z. B. PowerPoint-Präsentation, gedruck- Präsentationen (z. B. mit Beamern, Tafeln) ein- te Infotexte, Video). Da an außerschulischen gesetzt. Die häufige Nennung von Experimen- Lernorten meist im direkten Kontakt mit ten/Werkstücken und (originalen) Objekten Vermittelnden kommuniziert wird, werden er- zeugt wiederum von der praktischen Orientie- wartungsgemäß selten Medien in der Funktion rung der Angebote. „Lernberatung und Kommunikation“ genannt. Die Funktion „Prüfung und Beurteilung“ spielt an außerschulischen Lernorten eine sehr Studiendaten untergeordnete Rolle, was sich auch in der • Erhebung an 120 außerschulischen Lernorten in niedrigen Häufigkeit der Nennungen wieder- Deutschland mittels Online-Befragung spiegelt. • Der Schwerpunkt lag auf Schülerlaboren und Museen / Science Centern Die Vielfalt der an außerschulischen Lernorten • Erhebungszeitraum: April – Oktober 2018 eingesetzten Medien ist hoch. Praktisch alle Lernorte setzen Arbeits-/Informationsblätter Funktionen der an ASL eingesetzten Medien An ASL eingesetzte Medien [N=81] [N = 81] 300 Arbeits-/Infoblätter/Karten 163 255 250 Messgerät/Datenanalyse/… 90 Nennungen 200 Präsentation/Beamer 72 150 127 96 Experiment/Werkstück 48 100 47 51 (Original)Objekt 39 50 35 Infotafeln/Bilder/Karten 28 0 Tafel/Whiteboard/Flipchart 27 ng m nd el io nd n en el ne itt ilu ns u at u ab itt m tio te tio s- 24 n ik g PC/Medienterminal/… fg its un un ta ion ur nk au be m at Be Fu rn en at m er Ar Email/Telefon/Gespräch 23 Le äs m d re b un d Pr for Ko rn te n un vo Le ei In g Smartphone/Tablet 21 w un g ng eu üf ltu kz Pr Audio/Video 19 er ta W es G Webseite/Newsletter 14 Smartboard 13 Modell 11 Social Media 7 Ausstellung 5 VR-Brille 3 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 Nennungen 13
funktion der medien an der schnittstelle schule – ausserschulischer lernort Um den außerschulischen Lernort für die Rolle der Festigung und Integration des in der Schule erworbenen Wissens nutzbar zu machen, sind zwei Fakto- ren bedeutsam: Zum einen fachliche Kohärenz, die gewährleistet, dass Schü- lerinnen und Schüler unmittelbar ans Vorwissen anknüpfen können (Spiro et al., 1992). Zum anderen hat eine Vielzahl von Studien der vergangenen Jahre belegt, dass die schulische Vor- und Nachbereitung der Besuche für erwartete positive Effekte auf Motivation und Interesse sowie im Besonderen auch für den fachlichen Wissenserwerb der Schülerinnen und Schüler ausschlaggebend ist (z. B. Glowinski & Bayrhuber, 2011; Itzek-Greulich et al., 2016). Für beide Faktoren ist die Schnittstelle Schule – außerschulischer Lernort von besonderer Bedeutung. Entscheidend ist hier das enge Zusammenspiel zwischen dem Lernort und der Schule, genauer gesagt den Angeboten des Lernorts und der Lehrkraft, die den Besuch plant. Eine genaue Kenntnis der Aktivitäten am Lernort und der damit verbundenen Anforderungen ist wichtig, um eine entsprechende Vorbereitung der Klasse zu ermöglichen. Für die Weiterbeschäftigung nach dem Besuch im Unterricht ist es wichtig, geeignetes Material zur Diskussion oder Fortführung der Arbeiten zu haben. Um die Schnittstelle sinnvoll zu gestalten, sind beide Seiten in der Pflicht: Der Lernort, der entsprechende Informationen und Mate- rialien zur Verfügung stellt, sowie die Lehrkraft, die eine Vor- und Nachberei- tung durchführt und die dazu nötige Zeit aufbringt. Medien, egal ob digital oder analog, können die Vernetzung der Lernorte fördern und dabei helfen, die Vor- und Nachbereitung noch enger mit dem Be- such am außerschulischen Lernort zu verknüpfen und gleichzeitig die Kohärenz der Lernumgebungen zu stärken. Mit Blick auf die speziellen Anforderungen der Schnittstelle kommen dem Me- dieneinsatz weitere Funktionen zu, die die angezielte Kohärenz der Lernpro- zesse beeinflussen. Sie ergänzen die fünf generellen Funktionen, die Petko für Medien an ASL definiert hat (siehe vorangegangener Abschnitt). Mit ihrer Hilfe lassen sich allgemeine Funktionen, etwa „Informations- und Präsentationsmit- tel“, ausdifferenzieren und vor dem Hintergrund der spezifischen Bedürfnisse von besuchender Schulklassen betrachten. 14
Orientierung schaffen Funktion: Unterstützung der (räumlichen) Orientierung am Lernort Beispiel: Raumpläne und Zeitangaben zu Vorführungen Typische Medien: Papier, Website, Video Ausstellungspläne und Liste mit Vorführungen in der App zur organisa- torischen Vorbereitung des Museumsbesuchs. Besuch planen Funktion: Inhaltliche Vorbereitung des Besuchs Beispiel: vorab ausgehändigte Experimentieranleitungen oder Beobachtungsaufgaben Typische Medien: Papier, Lernmanagementsysteme (LMS) Arbeitsblatt Vorbereitung Besuch 1. Nenne drei Begriffe die Du mit der Zeit der Dampfmaschinen verbindest: _______________________________________ _______________________________________ _______________________________________ 2. Welche gesellschaftlichen Veränderungen hat die Einführung der Material zurherbeigeführt? Dampfmaschine inhaltlichen Vorbereitung des Besuchs: Arbeitsblatt mit Fragen zur Vorbereitung, Experimentieranleitungen. 15
Vorwissen aktivieren Funktion: Aufgaben, die gezielt das Vorwissen aktivieren sollen Beispiel: Fragestellungen entwickeln, die dann in der Ausstellung beantwortet werden sollen Typische Medien: Papier, Smartphone, Tablet Museumsbesuch - Arbeitsblatt Entwickle ausgehend vom Text drei zentrale Fragen, die Du beim Besuch im Museum beantworten möchtest: Frage 1: Frage 2: Vorbereitung im Unterricht mit Journalartikeln zum Thema des Besuchs. Darauf aufbauend werden Leitfragen entwickelt. Alltagsbezug herstellen Funktion: Bezug zum Alltag der Schülerinnen und Schüler herstellen Beispiel: Sammeln von Proben zu Hause, um sie anschließend am außerschulischen Lernort zu untersuchen Typische Medien: reale Objekte, LMS Fotodokumentation von Alltagsgegenständen aus Kunststoff zu Hause, Sammlung und Sortierung in einem digitalem Klassenportfolio. 16
Erinnerung schaffen / dokumentieren Funktion: Schaffen von Erinnerungsmomenten („cognitive anchors“) Beispiel: Fotografieren von Sammlungsobjekten, Mitnehmen von Analyseergebnissen Typische Medien: Papier, Smartphone / Tablet STM_0021.rhk 24.04.2019 Fotos von Objekten und Grafiken bzw. ausgedruckte Bilder des Raster- tunnelmikroskops zur Erinnerung an den Besuch. Weiterarbeit vorbereiten Funktion: Material zur Weiterarbeit im Schulunterricht bzw. an anderen Lernorten Beispiel: Datensätze zur weiteren Auswertung oder Analyseergebnisse zur Präsentation Typische Medien: reale / digitale Artefakte, Fotos, Videokonferenz Ergebnisse der Versuche werden als EXCEL-Datensatz mitgegeben und später im Unterricht weiter ausgewertet, Präsentation der Ergebnisse in einer schülerkuratierten Ausstellung in der Schule. 17
Studie: Medienangebot für die Schnittstelle Schule – außerschulischer Lernort Leitende Forschungsfrage: Wie werden Medien von außerschulischen Lernorten eingesetzt, um die Schnittstelle mit der Schule zu gestalten? Medien können in verschiedenen Funktionen Platz zwei und drei folgen reale und digitale dazu beitragen, die Übergänge an den Schnitt- Artefakte, in der Regel Objekte und Daten- stellen zu unterstützen und so ein kohären- sätze, die während des Aufenthalts am außer- teres Lernerlebnis für die Schülerinnen und schulischen Lernort entstanden sind. Obwohl Schüler zu schaffen. In der Studie zeigt sich, Lernmanagementsysteme (LMS) wie Moodle dass die dem Besuch nachgelagerten Funk- vermehrt in Schulen Einzug halten, gibt keiner tionen, „Erinnerung schaffen / dokumentie- der befragten außerschulischen Lernorte an, ren“ und „Weiterarbeit vorbereiten“, deutlich ein LMS einzusetzen oder eine Schnittstelle zu häufiger adressiert werden als Funktionen, die den schulischen Systemen zu bieten. sich auf die Vorbereitung beziehen. Um Lehr- kräften eine solide Vorbereitung der Klasse auf Studiendaten den Besuch am Lernort zu ermöglichen, könn- • Erhebung an 120 außerschulischen Lernorten in ten die Betreiber der Lernorte noch vermehrt Deutschland mittels Online-Befragung Angebote für diese Phase erarbeiten. • Der Schwerpunkt lag auf Schülerlaboren und Museen Bei den eingesetzten Medien zeigt sich eine / Science Centern klare Präferenz für das Medium Papier: einfach, • Erhebungszeitraum: April – Oktober 2018 aber vielseitig in der Anwendung, universell einsetzbar und problemlos an verschiedenen Orten zu nutzen, überzeugt es noch immer und wird entsprechend häufig eingesetzt. Auf An der Schnittstelle eingesetzte Medien Funktion der an der Schnittstelle eingesetzten [N = 52] Medien [N = 52] 60 60 50 50 Nennungen Nennungen 40 40 30 30 20 20 10 10 0 0 te n e . r S ite it ng en g te ng g nf ie kt ie LM zu be un k f ko p se ru iss ru ed rä fa fa be Pa r an eb ie te te rk ra ne eo w M gs nt pl te Ar Ar eh r W in d Vo re lta s rie ei Vi Er .L ch le le te W Al T O a ta pl su T ei FK re FK T gi s T T w Be ch FK FK FK di su T FK Be T FK 18
Studie: Vor- und Nachbereitung des Besuches außerschulischer Lernorte durch die Lehrkraft Leitende Forschungsfrage: Wie gestalten Lehrkräfte die Schnittstelle Schule – außerschuli- scher Lernort und welche Medien kommen dabei zum Einsatz? Im Rahmen des MiU-Projekts wurden 366 des übergeordneten Themas der Befragung MINT-Lehrkräfte zur Nutzung von Medien im (Medien im math.-nat. Unterricht) die Sach- Unterricht und zur Nutzung von außerschu- lage überschätzt wird. Als Formate für die lischen Lernorten befragt. 237 der Lehrkräfte Nachbereitung nutzen diese Lehrkräfte über- (65 %) haben in den Schuljahren 15/16 und wiegend das Klassengespräch oder Präsenta- 16/17 mindestens einmal einen außerschu- tionen durch die Schülerinnen und Schüler. lischen Lernort besucht, 141 sogar mehrere (39 %). Bei der Befragung lag ein besonderes Studiendaten Augenmerk auf der Vor- und Nachbereitung • 366 MINT-Lehrkräfte aus weiterführenden Schulen in der Besuche, da dies als Indikator für die Ver- Deutschland zahnung der Lernorte gelten kann. • 65 % der Lehrkräfte haben in den Schuljahren 15/16 Im Vergleich zu anderen Studien im MINT- und 16/17 mindestens einen außerschulischen Lern- ort besucht. Bereich (z. B. Glowinski 2007, Geyer 2008) zeigt sich hier ein erhöhter Zeiteinsatz für die • Erhebung über Schulanschreiben in vier Bundeslän- dern und Befragung im Rahmen von Vorbereitung: Allein die inhaltliche Vorbe- Tagungen/Fortbildungen für Lehrkräfte (deutschland- reitung in der Klasse dauert durchschnittlich weit) 77 Minuten, die Nachbereitung in der Klasse • Erhebungszeitraum: April - August 2018 immer noch über 60 Minuten. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass durch die Gelegen- heitsstichprobe aus vier Bundesländern wegen Durchschnittliche Vorbereitungsdauer des Durchschnittliche Nachbereitungsdauer des Besuchs am ASL Besuchs am ASL (total 237 Lehrkräfte in 378 Besuchen) (total 237 Lehrkräfte in 378 Besuchen) 240 180 180 Minuten Minuten 120 120 60 60 0 0 Nachbereitung im Nachbereitung Nachbereitung geschah Lehrkraft Lehrkraft in der Klasse in der Klasse Vorber. am Unterricht individuell (z.B. zu am außerschulischen organisatorisch inhaltlich organisatorisch inhaltlich ASL Hause) Lernort Durchschnitt [min] Maximum (Ausreißer bereinigt) [min] Durchschnitt [min] Maximum (Ausreißer bereinigt) [min] Formate der Nachbereitung (total 237 Lehrkräfte in 378 Besuchen) 80% 73% 60% 40% 30% 24% 20% 10% 12% 0% e n ep s- ch re e r tio ng ba e ag de rä om hr a tu el sp An nt , H Ja ei itt ge se ht in er m s rä ht hb un ric ag p ric er be eitr ac e l er N ein hü B nt Sc K U 19
einsatzbeispiel Im Folgenden wird ein umfangreich vor- und nachbereiteter Besuch eines Schülerlabors zum Thema Nanotechnologie skizziert. Dieser macht die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Medien deutlich und konkretisiert die in dieser Broschüre thematisierten Funktionen des Me- dieneinsatzes für ein gelingendes Zusammenspiel der Lernorte. Themeneinheit Unterricht Erarbeitung der Nanotechnologie-Grundlagen mithilfe des zur Verfügung gestellten Lernmaterials, Ergänzung um populärwissenschaftliche Artikel, Recherche zu Fragen und ergänzenden Inhalten mit Tablets. Funktionen: Besuchsplanung, Vorwissen Medien: Papier, Tablets, Präsentation schule Vorbereitung des Besuchs Entwickeln und Sammeln von Fragen, gemeinsame Strukturierung mit einer Mindmap, Präzisierung und Katalogisierung der Fragen, Besprechung organi- satorischer Aspekte des Besuchs (z. B. Anreise, Ablauf, Verhalten, Erwartun- gen) anhand von Informationen von der Webseite und Ablaufplänen. Funktionen: Orientierung, Vorwissen Medien: Papier, Präsentation (Mindmap), Webseite Am Lernort Einführung in den Tagesablauf durch die Kursleiterin, Sicherheitsunterwei- ausserschulischer lernort sung mit einer PowerPoint-Präsentation, schriftlicher Kurztest zur Sicherheit im Labor, Einteilung der Gruppen für die Stationenarbeit. Funktionen: Information und Präsentation, Prüfung und Beurteilung Medien: Präsentation, Papier Forschen im Labor Stationsarbeit der Gruppen: Experimentieren, praktisches Arbeiten an den Stationen, Strukturierung mit einem Laufzettel, auf dem nicht nur die Statio- nen, sondern auch die wichtigsten Beobachtungen/Erkenntnisse der einzel- nen Stationen festgehalten werden. Funktionen: Werkzeug und Arbeitsmittel, Gestaltung von Lernaufgaben Medien: Experimente/Messgeräte, Papier 20
Kontext im Labor Ergänzende Stationen zur Kontextualisierung der Themen sowie zur Natur ausserschulischer lernort der Naturwissenschaften, digitales Quiz zu Visionen und Auswirkungen der Nanotechnologie, wissenschaftliche Artikel lesen, Konferenzprogramm ana- lysieren. Funktionen: Informations- und Präsentationsmittel, Werkzeug und Arbeits- mittel, Gestaltung von Lernaufgaben Medien: Papier, Computer, digitales Quiz Abschluss im Labor Zusammenführen der Erkenntnisse aus den einzelnen Gruppen, Nachbespre- chung und Klärung offener Fragen, Abschluss. Sammeln der Messwerte aller Gruppen und zentrale Speicherung. Mitnehmen der Produkte des Labortags und der Daten auf einem USB-Stick. Funktionen: Werkzeug und Arbeitsmittel, Erinnerung, Weiterarbeit Medien: Computer, reale Artefakte, digitale Artefakte Nachbereitung in der Schule Aufarbeiten der einzelnen Versuchsstationen in Kleingruppen, Kurzpräsen- tation der Gruppen. Strukturierung der Themen für die Darstellung in einer kleinen schülerkuratierten Ausstellung. Funktionen: Erinnerung, Weiterarbeit Medien: Präsentation schule Präsentation in der Schule Aufbereitung der Ergebnisse für die Ausstellung in Kleingruppen, Ergänzung um thematischen Rahmen für eine vollständige Ausstellung (Einleitung und Abschluss, ggf. gesellschaftlicher Kontext). Bau der Ausstellung, Präsentation / Führungen etwa für weitere Klassen der Schule, Elternabend. Funktionen: Weiterarbeit Medien: Ausstellung, Video 21
ausblick Der digitale Wandel verändert unser Leben tiefgreifend, im Alltag und in der Schule. Die hitzige Diskussion um den Digitalpakt Schule in der Politik und in den Medien zeugt von der Brisanz des Themas digitaler Bildungsinfrastrukturen. Aber auch die Qualifizierung der Lehrkräfte in Aus- und Weiterbildung ist ein zentrales Thema. Smartboards, Tabletklassen und letztendlich auch das Smartphone in (fast) jeder Hosentasche eröffnen interessante neue Wege für die Bildung. Klar ist: Die Vielfalt der analogen und digitalen Medien, die heute an außerschulischen Lern- orten und an der Schnittstelle zur Schule zur Verfügung steht, war noch nie so groß. Mit den Möglichkeiten sind neue Angebote entstanden, aber auch die Ansprüche an die vermittelnden Lehrkräfte und außerschulischen Lernorte sind gewachsen. Wobei man hier deutlich differen- zieren muss: Neue Medien um der Neuheit Willen oder neue Medien, weil sie interessante neue Vermittlungswege schaffen? Letztendlich kommt es auf einen didaktisch sinnvollen Einsatz des Mediums an: Da kann das Smartphone für eine bestimmte Aufgabe genau das Richtige sein, es kann aber auch sein, dass Papier und Bleistift ihm deutlich überlegen sind, weil die Konzeption und Diskussion eines Ablaufs am Papier in der Gruppe einfach (noch?) besser funktioniert als am kleinen Display. Bei der sinnvollen Auswahl der Medien für bestimmte Funktionen und Einsatzfelder soll Ihnen diese Broschüre Unterstützung bieten. Quellen Falk, J. H. & Dierking, L. D. (1998). The museum experience. Washington, DC: Whalesback Books. Geyer, C. (2008). Museums- und Science Center-Besuche im naturwissenschaftlichen Unterricht aus einer motivationalen Perspektive: die Sicht von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern. Vol. 77. Berlin: Logos Verlag Berlin GmbH. Glowinski, I. (2007). Schülerlabore im Themenbereich Molekularbiologie als Interesse fördernde Lernumgebungen. Universität Kiel. Glowinski, I. & Bayrhuber, H. (2011). Student labs on a university campus as a type of out-of-school learning environment: Assessing the potential to promote students’ interest in science. International Journal of Environmental and Science Education, 6, 371–392. Itzek-Greulich, H., Flunger, B., Vollmer, C., Nagengast, B., Rehm, M. & Trautwein, U. (2016). Effectiveness of Lab-Work Learning Environments In and Out of School: A Cluster Randomized Study. Contemporary Educational Psychology, 48, 98-115. Kunter, M. & Trautwein, U. (2013). Psychologie des Unterrichts. Paderborn: Schöningh. Petko, D. (2014). Einführung in die Mediendidaktik. Weinheim: Beltz. Ropohl, M., Härtig, H., Kampschulte, L., Lindmeier, A., Ostermann, A. & Schwanewedel, J. (2018). Planungsbereiche für den Medieneinsatz im Fachunterricht. MNU Journal 3.2018, 148-155. Schiepe-Tiska, A., Schmidtner, S., Müller, K., Heine, J-H., Neumann, K. & Lüdtke, O. (2016). Naturwissenschaftlicher Unterricht in Deutschland in PISA 2015 im internationalen Vergleich. In: Reiss, K., Sälzer, C., Schiepe-Tiska, A., Klieme, E. & Köller, O. (Hrsg.). PISA 2015: Eine Studie zwischen Kontinuität und Innovation (S. 133-176) Münster: Waxmann. Spiro, R. J., Feltovich, P. J., Jacobson, M. J. & Coulson, R. L. (1992). Cognitive Flexibility, Constructivism, and Hypertext: Random Access Instruction for Advanced Knowledge Acquisition in Ill-Structured Domains. In Duffy, T. M. & Jonassen, D. H. (Hrsg.). Constructivism and the technology of instruction: A conversation (S. 56-80). New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates. 22
Weiterführende Literatur Wenn Sie sich weiter mit dem Thema Medieneinsatz an außerschulischen Lernorten und an der Schnittstelle zur Schule beschäftigen wollen, finden Sie hier weitere Inspiration: Einführung in die Mediendidaktik Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über die pädagogischen und psychologischen Grundlagen des Lernens und Unterrichtens mit digitalen Medien. www.beltz.de/fachmedien/paedagogik/buecher/produkt_produktdetails /4974-einfuehrung_in_die_mediendidaktik.html Medieneinsatz im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht In diesem Buch wird der Einsatz von analogen und digitalen Medien aus fach- didaktischer Perspektive beleuchtet – im Schulunterricht sowie an außerschuli- schen Lernorten. www.joachim-herz-stiftung.de/service/verlag/ Naturwissenschaften Digital: Toolbox für den Unterricht Eine Sammlung von 14 praxisorientierten Beispielen für den Einsatz digitaler Medien im Chemie-, Physik- und Biologieunterricht. www.joachim-herz-stiftung.de/fileadmin/Redaktion/JHS_Toolbox_interaktiv_mit_ Inhaltsverzeichnis.pdf Schülerkuratierte Ausstellungen EXPOneer Ein modulares System, mit dem Schülerinnen und Schüler selbstständig an ihrer Schule eine kleine, professionelle Ausstellung entwickeln und bauen können. www.exponeer.de Handbuch zum Einsatz von digitalen Medien in der Schule Eine Sammlung digitaler Werkzeuge und Apps zum Einsatz in der Schule und an anderen Lernorten, mit praktischen Beispielen (Englisch). www.irresistible-project.eu/data_storage/resources/IRRESISTIBLE_ICT-Tools_ Practical_Guide_2016.pdf 23
medieneinsatz an ausser- schulischen lernorten Die Vielfalt der an außerschulischen Lernorten eingesetzten Me- dien ist ähnlich hoch wie die Vielfalt der Lernorte selbst. Ziel dieser Broschüre ist es, einen Überblick über die Nutzung digitaler und analoger Medien an außerschulischen Lernorten sowie der Schnitt- stelle zum Schulunterricht zu geben. Dabei sollen klar umrissene Funktionsbeschreibungen sowie Beispiele für Medien und Einsätze eine realitätsnahe Unterstützung bieten, sowohl für die Entwick- lung neuer als auch die Überprüfung bestehender Angebote an außerschulischen Lernorten. Ein Blick auf den Medieneinsatz an der Schnittstelle Schule – außerschulischer Lernort lohnt sich aber auch für Lehrkräfte: Nur wenn beide Seiten gut kooperieren und die Aktivitäten sinnvoll ineinandergreifen, kann der Besuch an einem außerschulischen Lernort nachhaltig gestaltet werden.
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